L 12 AS 1451/10 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 287/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 1451/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Karlsruhe vom 12.02.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 23. Dezember 2009, mit dem die Antragsgegnerin durch Verwaltungsakt Regelungen einer Eingliederungsvereinbarung erlassen hat, anzuordnen. Außerdem verfolgt sie das Ziel, die Antragsgegnerin zur vollständigen Löschung ihres Bewerberprofils in der Internetdatenbank "Jobbörse" zu verpflichten. Die Klägerin bezieht seit 1.11.2009 Leistungen nach dem SGB II. Auf Initiative der Antragsgegnerin stellte sie sich bereits am 3. November 2009 bei ihrem persönlichen Ansprechpartner vor. Im Verlauf des Gesprächs wurde eine Eingliederungsvereinbarung erstellt. Zur Unterzeichnung kam es nicht. Am 13. November 2009 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, sie sei lediglich mit einer komplett anonymisierten Veröffentlichung ihres Profils einverstanden. In der Folge unterbreitete die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17. November 2009 einen eigenen Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung. Diesen Vorschlag besprach die Antragstellerin mit ihrem persönlichen Ansprechpartner. Auf dieser Grundlage wurde eine neue Eingliederungsvereinbarung erstellt. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2009 teilte die Antragstellerin mit, sie sehe sich außer Stande, die vorgelegte Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben. Diese sei nochmals abgeändert und gekürzt worden. Sie entspreche in wesentlichen Punkten nicht mehr den mündlich getroffenen Vereinbarungen. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 erließ die Antragsgegnerin daraufhin die Regelungen der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt. Die Regelungen seien - soweit nichts anderes vereinbart werde - für die Zeit vom 23. November 2009 bis 22. Juni 2010 gültig. Hiergegen legte die Antragstellerin am 27. Januar 2010 Widerspruch ein. Am gleichen Tag hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Sie trug vor, die Voraussetzungen für den Erlass einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt lägen nicht vor. Denn bereits bei dem Gespräch am 23. November 2009 habe sie sich mit der Antragsgegnerin mündlich auf eine Eingliederungsvereinbarung geeinigt. Die Antragsgegnerin habe lediglich im Nachhinein eigenmächtig Änderungen vorgenommen und die geänderte Eingliederungsvereinbarung dann per Verwaltungsakt erlassen. Außerdem seien mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. Dezember 2009 die Regelungen entgegen der gesetzlichen Vorschriften für sieben Monate erlassen und ihr Beginn um einen Monat auf den 23. November 2009 zurückdatiert worden. Es könne jedoch nicht verlangt werden, dass sie rückwirkend Eigenbemühungen erbringe. Auch habe die Antragsgegnerin vor Abschluss der Eingliederungsvereinbarung kein Eingliederungskonzept erstellt und auch kein Profiling durchgeführt. Sie habe das ergänzende Profiling vielmehr einfach als weitere Pflicht der Antragstellerin in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen. Darüber hinaus verweise die erlassene Eingliederungsvereinbarung lediglich auf die gesetzliche Möglichkeit, eine berufliche Weiterbildung zu beantragen, ohne eine konkrete Fortbildung zu benennen. Die Antragsgegnerin habe ihr jedoch bereits mündlich die berufsbegleitende Weiterbildung zur Gebäudeenergieberaterin zugesagt. Sie beantrage eine Kostenübernahme für diese Fortbildung schriftlich zuzusichern. Ferner werde sie durch die erlassene Regelung zu einem Integrationscoaching verpflichtet, obgleich die Teilnahme an dieser Maßnahme freiwillig sei und sie hierfür einen Gutschein erhalten habe. Da sie das Coaching bereits am 3. Dezember 2009 auf freiwilliger Basis begonnen habe, bestehe auch kein Anlass für die Aufnahme einer entsprechenden Verpflichtung in den Bescheid. Erst recht dürfe die Antragsgegnerin keinen Bericht über den Verlauf der Maßnahme verlangen, da ein professionelles Coaching Diskretion und Neutralität erfordere, was nicht mehr gegeben sei, wenn die Informationen zur Beurteilung durch Dritte weitergegeben würden. Soweit die Antragsgegnerin die Vorlage von mindestens drei Bewerbungsbemühungen am letzten Werktag eines jeden Monats verlange und dabei als ersten Nachweistermin den 31. Januar 2010, einen Sonntag, benenne, sei diese verwirrende Regelung zu präzisieren. Ansonsten bleibe unklar, wann sie genau die Bewerbungen für Januar 2010 vorlegen müsse. Im Übrigen verlange die Antragsgegnerin, wenn sie auch die Vorlage von Antwortschreiben der Arbeitgeber fordere, Nachweise für Bewerbungsbemühungen, auf die sie keinen Einfluss habe. Desweiteren lasse die getroffene Regelung, dass die Bewerbungsbemühungen auch bei Zeitarbeitsfirmen, in Call¬-Centern und im Büro zu erfolgen habe, keinen Bezug zu ihrer beruflichen Qualifikation erkennen. Sofern sie dieser Verpflichtung nachkomme, verblieben vielmehr wegen der Deckelung der Bewerbungskostenübernahme durch die Antragsgegnerin keine ausreichenden finanziellen Möglichkeiten, sich auf geeignete Stellen zu bewerben. Die damit erfolgte Einschränkung auf größtenteils schlecht bezahlte und unqualifizierte Hilfsarbeitertätigkeiten sei angesichts ihrer beruflichen Qualifikation rechtswidrig. Außerdem sei auch die Aufnahme der Regelungen zu Meldepflichten und Ortsabwesenheit in die Eingliederungsvereinbarung unzulässig, da sich hieraus eine rechtswidrige Doppelsanktion bei Pflichtverstößen ergebe. Schließlich habe die Antragsgegnerin das Bewerberprofil gegen ihren ausdrücklichen Willen angelegt. Im angefochtenen Verwaltungsakt befinde sich kein Hinweis auf die Anonymität des Bewerberprofils, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass die Antragsgegnerin das Bewerbungsprofil ohne ihr Einverständnis veröffentliche und dadurch den Datenschutz missachte. Die Antragsgegnerin führte hierzu aus, die Eingliederungsvereinbarung sei mit der Antragstellerin ausführlich verhandelt und auch ein Konsens erzielt worden. Die daraufhin schriftlich fixierte und übersandte Eingliederungsvereinbarung sei inhaltlich nur unwesentlich und nicht zu Lasten der Antragstellerin vom vereinbarten Wortlaut abgewichen. Der Inhalt der Vereinbarung sei auch rechtlich nicht zu beanstanden. Nachdem die Antragstellerin sich geweigert habe, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen, seien weitere Verhandlungen nicht mehr geboten gewesen. Zumindest seit dem 2. Februar 2010 sei auch das Bewerberprofil der Antragstellerin in anonymisierter Form im Internet eingestellt; lediglich für den hausinternen Arbeitgeberservice seien die Daten der Antragstellerin ersichtlich. Mit Beschluss vom 12.02.2010 lehnte es das SG ab, die aufschiebende Wirkung gegen den Bescheid vom 23.12.2009 anzuordnen und wies den Antrag, das Bewerberprofil der Antragstellerin zu löschen ab. Der von der Antragstellerin am 27. Januar 2010 erhobene Widerspruch entfalte gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 S. 1 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Nach dieser Vorschrift sei ein Verwaltungsakt, der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Eingliederung in Arbeit regele, sofort vollziehbar. Hierunter falle auch der Verwaltungsakt, der die Regelungen einer Eingliederungsvereinbarung umfasse. Der Antrag sei unzulässig, soweit die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs auch für den Zeitraum begehrt, der vor Bekanntgabe des Bescheids vom 23. Dezember 2009 liege, da für diesen Zeitraum keine für die Antragstellerin ungünstigen Rechtsfolgen eintreten können. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin sei aber auch für die Zeit nach Bekanntgabe des angefochtenen Bescheids nicht nach § 86b Abs. 1 Ziff. 2 SGG anzuordnen, denn das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug des Bescheids und der darin getroffenen Regelungen zur Eingliederung der Antragstellerin in Arbeit überwiege das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zum Schutze ihrer Rechte. Bei summarischer Prüfung sei der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Dezember 2009 rechtmäßig. Rechtsgrundlage des Bescheids sei § 15 Abs. 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift solle die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). Die Eingliederungsvereinbarung solle dabei insbesondere bestimmen, welche Leistungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige zur Eingliederung in Arbeit erhalte, welche Bemühungen er in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müsse, in welcher Form er die Bemühungen nachzuweisen und welche Leistungen Dritter er zu beantragen habe. Komme eine Eingliederungsvereinbarung - gleich aus welchem Grund - nicht zustande, sollen die Regelungen der für die Eingliederung erforderlichen Maßnahmen durch Verwaltungsakt erfolgen (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II). Diesen Vorgaben entspreche der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Dezember 2009. Bei summarischer Prüfung lasse weder die Verfahrensweise der Antragsgegnerin noch der Regelungsinhalt des Bescheids durchgreifende Rechtsfehler erkennen. Die getroffenen Regelungen zu den Eingliederungsleistungen verletzten die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Denn die Antragstellerin könne unabhängig von den Regelungen des angefochtenen Bescheids jede der im SGB II vorgesehenen Eingliederungsleistungen beantragen. Über einen derartigen Antrag habe die Antragsgegnerin dann durch einen überprüfbaren Verwaltungsakt zu entscheiden. Durch die nur allgemein gefasste Zusage von Leistungen zur Eingliederung erleide die Antragstellerin deshalb keine rechtlichen Nachteile. Sie habe keinen Anspruch auf Aufnahme weiterer bzw. konkreter gefasster Leistungen zur Eingliederung in Arbeit in den angefochtenen Bescheid bzw. eine Eingliederungsvereinbarung. Auch an der Rechtmäßigkeit der Regelung zu den Eigenbemühungen und ihrem Nachweis bestünden keine derartigen Zweifel, die ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin am Aussetzen des Vollzugs begründen könnten. Die getroffene Regelung belaste die Antragstellerin nicht unangemessen. Vielmehr sei es der Antragstellerin zumutbar, die auferlegten Pflichten zu befolgen. Der Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Bewerberprofil der Antragstellerin in der Internetdatenbank "Jobbörse" zu löschen, sei ebenfalls unbegründet. Der Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung setze voraus, dass der Antragsteller den Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie den Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, glaubhaft mache. Dies habe die Antragstellerin nicht getan. Sie habe lediglich darauf hingewiesen, dass der Bescheid eine Anonymisierung des Bewerberprofils nicht ausdrücklich bestimme, und deshalb die Vermutung bestehe, dass die Antragsgegnerin ihre Daten ohne Einverständnis im Internet veröffentlicht habe. Die Antragsgegnerin habe mitgeteilt, dass die Daten jedenfalls seit dem 2. Februar 2010 nur in anonymisierter Form im Internet eingestellt seien. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin beim LSG Baden-Württemberg Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 1 Ziff. 2 SGG und nach § 86b Abs. 2 SGG zutreffend ausgeführt und die beantragten einstweiligen Anordnungen zu Recht nicht erlassen. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der sozialgerichtlichen Entscheidung zurück (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Die Überprüfung des Vorbringens der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved