L 3 AS 2429/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 2265/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2429/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. März 2007 abgeändert. Der Bescheid des Beklagten vom 17. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Mai 2006 wird insoweit aufgehoben, als damit die Leistungsbewilligung auch für die Zeit vom 25. Januar 2005 bis 28. Februar 2005 aufgehoben worden ist und von der Klägerin Leistungen in Höhe von 151,60 EUR verlangt werden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 25.01.2005 bis 30.04.2005 zu Recht aufgehoben hat und erbrachte Leistungen in Höhe von 397,46 EUR zurückfordert.

Die 1950 geborene Klägerin, die seit 12.01.2005 verwitwet ist, beantragte am 21.01.2005 bei der damaligen Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg die Gewährung einer Witwenrente, die ihr mit Rentenbescheid vom 09.03.2005 bewilligt wurde. Ausweislich des Rentenbescheides wurden für die Zeit ab 01.05.2005 monatlich 545,05 EUR gezahlt. Für die Zeit vom 12.01.2005 bis 30.04.2005 betrug die am 14.03.2005 geleistete Nachzahlung 3.311,30 EUR.

Am 25.01.2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Die im Antragsformular unter IX. enthaltene Frage: "Haben Sie oder die mit Ihnen im Haushalt lebenden Personen (eine) andere Leistung(en) beantragt oder beabsichtigen Sie einen entsprechenden Antrag zu stellen? Anzugeben sind insbesondere alle Rentenarten, Ausgleichszahlungen des ehemaligen Arbeitgebers, Kindergeld, Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz, Wohngeld, Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII." verneinte die Klägerin.

Mit Bescheid vom 16.03.2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 25.01. bis 31.01.2005 in Höhe von 28,67 EUR und in Höhe von monatlich 122,93 EUR von Februar 2005 bis Juni 2005.

Am 21.03.2005 legte die Tochter der Klägerin dem Beklagten den von diesem angeforderten Rentenbescheid der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 09.03.2005 vor, worauf der Beklagte seine Zahlungen mit Ablauf des Monats April 2005 einstellte.

Nach Anhörung, auf die die Klägerin nicht reagierte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 17.12.2005 die Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab 25.01.2005 ganz in Höhe von monatlich 122,93 EUR auf und forderte die Erstattung der zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 397,46 EUR.

Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch trug die Klägerin vor, sie habe keine Pflichten verletzt. Die Beantragung von SGB II-Leistungen sei notwendig gewesen, weil ihr Ehemann verstorben sei und sie Zahlungen der Witwenrente nicht rechtzeitig erhalten habe. Dies sei dem Mitarbeiter des Beklagten mitgeteilt worden. Es sei auch gesagt worden, dass die Witwenrente bereits beantragt sei. Den Rentenbescheid habe sie am 21.03.2005 dem Beklagten vorgelegt. Eine Rückzahlung komme deshalb nicht in Betracht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, die Bewilligungsentscheidung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, da der Klägerin rückwirkend ab dem 12.01.2005 große Witwenrente in einer monatlichen Höhe von 545,05 EUR bewilligt worden und sie deshalb nicht bedürftig gewesen sei. Zwar hätten die laufenden Rentenzahlungen erst mit dem 01.05.2005 begonnen, die Klägerin habe für den Zeitraum vom 12.01.2005 bis 30.04.2005 jedoch eine einmalige Nachzahlung in Höhe von 3.311,30 EUR erhalten. Die Nachzahlung wäre in der Regel als einmalige Leistung im auf den Zufluss folgenden Monat zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 3 Satz 3 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld¬verordnung -Alg II-V). Im Falle einer Rentennachzahlung werde die Nachzahlung allerdings den Monaten zugeordnet, für die auch die Rente nachgezahlt worden sei; insoweit sei vorliegend vom Regelfall abgewichen worden. Dies entspreche Ursache und Rechtsnatur der Nachzahlung. Dadurch werde vorliegend der Zustand hergestellt, der bestanden hätte, wenn die Rente zeitgerecht und laufend gezahlt worden wäre. Auf Vertrauen könne sich die Klägerin nicht berufen. Sie habe im Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, den sie am 24.01.2005 unterschrieben habe, die Frage, ob andere Leistungen beantragt worden seien oder dies beabsichtigt sei, wahrheitswidrig verneint. An dieser Stelle sei insbesondere darauf hingewiesen worden, dass unter diesen "anderen Leistungen" auch alle Rentenarten zu verstehen seien. Die Rentenantragstellung sei ausweislich des Bewilligungsbescheids der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg am 21.01.2005 und damit nur wenige Tage vor der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II erfolgt. Sein Mitarbeiter habe die Angaben der Klägerin, wonach sie bei der Antragstellung auf die beantragte Witwenrente hingewiesen habe, nicht bestätigt.

Dagegen hat die Klägerin am 17.05.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, es existiere keine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids. Weder § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) noch § 48 SGB X sei einschlägig. Der aufgehobene Verwaltungsakt sei weder anfänglich rechtswidrig gewesen, noch sei er es später geworden. Sie sei sich sicher, dass sie die Rentenantragstellung bei der Beantragung der SGB II-Leistungen mitgeteilt habe. Hierauf komme es jedoch nicht an, denn selbst eine unterbliebene Mitteilung hätte nicht die Rechtswidrigkeit der Hilfegewährung zur Folge. Ähnliche Konstellationen habe es schon unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gegeben. Dort sei in solchen Fällen eine behördliche Rückforderungsmöglichkeit mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage verneint worden (BVerwGE 99,114). Erst mit der Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sei die Möglichkeit des Kostenersatzes (nicht der Rückforderung) eröffnet (§ 105 SGB XII). Diese Regelung besitze jedoch nur Geltung im Sozialhilferecht, nicht im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Mit Urteil vom 28.03.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 17.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2006 sei nicht rechtswidrig. Der SGB II-Leistungen bewilligende Bescheid vom 16.03.2005 sei rechtswidrig gewesen, da zu diesem Zeitpunkt der Bescheid der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 09.03.2005 bereits ergangen gewesen sei. Die Gewährung einer Rente stelle ein nach § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen dar, das - wenn es wie vorliegend mit einem monatlichen Zahlbetrag von 545,05 EUR den monatlichen Bedarf von 122,93 EUR übersteige - eine Leistungsgewährung nach dem SGB II nicht erlaube. Dies gelte auch dann, wenn, wie die Tochter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt habe, die Rentennachzahlung erst mit der Rentenzahlung für Mai 2005 zur Auszahlung gekommen sei. Zwar seien nach § 2 Abs. 3 Satz 1 der Alg II-V einmalige Einnahmen erst von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zuflössen, diese Norm gelte aber nur für die "Berechnung des Einkommens aus nicht selbständiger Arbeit" und damit nicht unmittelbar für einmalige Einnahmen resultierend aus einer Rentennachzahlung. Für diese müsse vielmehr gelten, dass diese leistungsrechtlich den Monaten zuzuordnen sei, für die auch die Rente nachgezahlt werde. Dann aber hätte Hilfebedürftigkeit bei der Klägerin nicht vorgelegen. Bei der Klägerin lägen auch zumindest die Voraussetzungen von § 45 Abs. 2 Satz 3 Ziffer 3 SGB X vor, denn sie habe - wie ihre Widerspruchsbegründung erkennen lasse - gewusst, dass sie bei rechtzeitiger Rentenzahlung keine Leistungen nach dem SGB II hätte bekommen können. Sie habe damit die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids vom 16.03.2005 erkennen müssen, denn zu diesem Zeitpunkt habe ihr der Rentenbescheid vom 09.03.2005 schon vorgelegen. Ihr hätte klar sein müssen, dass sie für identische Zeiträume nicht neben der Rente auch noch Leistungen nach dem SGB II erhalten könne. Etwas anderes ergebe sich auch nicht deshalb, weil die SGB II-Leistung zeitnah und die Rente erst später ausbezahlt worden sei. Dies führe nicht dazu, dass sie hätte annehmen können, dass sie die SGB II-Leistungen deshalb rechtmäßig erhalte und behalten dürfe. Eher habe sie aufgrund ihres Vorbringens, dass sie die Rentenantragstellung dem Sachbearbeiter des Beklagten schon bei der SGB II-Antragstellung mitgeteilt habe, davon ausgehen müssen, dass die SGB II-Leistungen mit der Rente verrechnet würden, wie es bei einem von dem Beklagten gegenüber dem Rentenversicherungsträger geltend gemachten Erstattungsanspruch auch geschehen wäre. Die Tatsache, dass der Beklagte einen solchen Erstattungsanspruch hier nicht geltend gemacht habe, spreche dafür, dass sie von der Rentenantragstellung erst durch die Vorlage des Rentenbescheides erfahren habe. Das SG hat die Berufung zugelassen.

Gegen das der Klägerin am 04.04.2007 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 30.04.2007. Während des Leistungszeitraums sei sie wirtschaftlich bedürftig gewesen. Die Leistungsgewährung sei deshalb rechtmäßig gewesen. Sie habe während des Leistungszeitraums nicht über sog. "bereite Mittel" verfügt. Es sei ausgeschlossen, dass eine rechtmäßige Leistungsgewährung nachträglich rückwirkend rechtswidrig werde. Zuflussmonat sei der Monat Mai 2005 gewesen. Daher wäre - im Falle einer fortdauernden Leistungsgewährung - der Erstattungsbetrag für die Zeit ab 01.05.2005 als Einkommen zu berücksichtigen gewesen. Auf die sozialhilferechtliche (und auf das Alg II übertragbare) Rechtsprechung sei das SG nicht eingegangen.

Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin einen ihr Konto betreffenden Tagesauszug der Dresdner Bank vom 14.03.2005 vorgelegt, ausweislich dessen ihr der Nachzahlungsbetrag an diesem Tag zugeflossen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. März 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist nach Zulassung durch das SG zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Das Erstattungsverlangen des Beklagten ist nur hinsichtlich der für die Zeit vom 01.03.2005 bis 30.04.2005 gewährten Leistungen berechtigt.

Maßgebende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung des Beklagten ist § 45 Abs. 1 SGB X, dessen Voraussetzungen das SG im angefochtenen Urteil zutreffend dargestellt hat; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Anders als das SG sieht der Senat den Aufhebungstatbestand jedoch nur für die Zeit vom 01.03.2005 bis 30.04.2005 als erfüllt an. Erst ab 01.03.2005 war die Klägerin auf Grund der am 14.03.2005 erfolgten Rentennachzahlung nicht mehr bedürftig.

Hilfebedürftig gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Zum zu berücksichtigenden Einkommen gehören nach § 11 Abs. 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs. 3 SGB II zweckbestimmte Einnahmen, Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege und Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches geleistet werden. Die Alg II-V in der hier maßgeblichen Fassung vom 20.10.2004 nimmt weitere Einnahmen von der Einkommensberücksichtigung aus, nämlich einmalige Einnahmen und Einnahmen, die in größeren als monatlichen Zeitabständen anfallen, wenn sie jährlich 50 EUR nicht übersteigen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V), Zuwendungen Dritter, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen (Nr. 2), nicht steuerpflichtige Einnahmen einer Pflegeperson für Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung (Nr. 3), bei Soldaten den Auslandsverwendungszuschlag und den Leistungszuschlag (Nr. 4) und besondere Formen der Überbrückungsbeihilfe (Nr. 5 und 6). Gemäß § 2 Abs. 2 Alg II-V sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Nach § 2 Abs. 3 Alg II-V sind auch einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben war die Klägerin, die wegen des Bezugs eigenen Einkommens abzüglich des Freibetrags in Höhe von 207,77 EUR und von Kindergeld in Höhe von 154 EUR nur einen Anspruch auf monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 122,93 EUR hatte, ab 01.03.2005 auf Grund der am 14.03.2005 erfolgten Witwenrentennachzahlung nicht (mehr) bedürftig. Denn die Witwenrentennachzahlung ist in Form einer einmaligen Einnahme zu berücksichtigendes Einkommen. Als solches ist sie gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V von dem Monat an, in dem sie zufließt, zu berücksichtigen. Dies war hier der Monat März 2005. Dies ergibt sich aus § 2 Alg II-V in der hier anzuwenden Fassung vom 20.10.2004. Danach galt § 2 Alg II-V generell bei der Berechnung des Einkommens. Eine Einschränkung des § 2 im Hinblick auf die Berechnung des Einkommens aus nicht selbständiger Arbeit erfolgte erst durch die Erste Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22.08.2005, in Kraft ab 01.10.2005. Erst ab diesem Zeitpunkt stellt sich die Frage, ob § 2 Alg II-V auch auf Rentennachzahlungen Anwendung findet. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17.12.2005 datiert. Denn nach der Übergangsregelung des § 6 Alg II-V in der Fassung vom 22.08.2005 sind die §§ 1 bis 3 in der bis zum 30.09.2005 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Bewilligungszeiträume, die vor dem 01.10.2005 beginnen. Dies muss dann auch für vor dem 01.10.2005 abgeschlossene Zeiträume gelten. Bei Erlass des Bescheids vom 16.03.2005 war die Klägerin somit für die Zeit vom 01.03.2005 bis 30.04.2005 nicht bedürftig, so dass der Bescheid für diesen Zeitraum rechtswidrig war.

Hiervon ist auch nicht deshalb abzuweichen, weil die Nachzahlung erst am 14.03.2005 erfolgte. Dies hat nicht zur Folge, dass die Klägerin erst ab 14.03.2005 nicht mehr bedürftig war, denn die Nachzahlung ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 Alg II-V von dem Monat und nicht von dem Tag an zu berücksichtigen, in dem sie zufließt.

Auf Vertrauen kann sich die Klägerin gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Ziffer 3 SGB X, wie das SG in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt hat, nicht berufen. Ihr war auf Grund der Tatsache, dass im Antrag auf SGB II-Leistungen, den sie unterschrieben hat, nach einer bereits erfolgten oder beabsichtigten Rentenantragstellung gefragt wurde, bekannt, dass eine Rentengewährung einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II entgegen stehen kann. Dass ihr dies bekannt war, ergibt sich auch aus der Widerspruchsbegründung, in der sie ausgeführt hat, dass die Beantragung von Leistungen nach dem SGB II notwendig gewesen sei, da ihr Ehemann verstorben sei und sie keine rechtzeitigen Zahlungen der Witwenrente habe erhalten können. Auch dies belegt, dass ihr bewusst war, dass bei Rentengewährung ein Anspruch auf SGB II-Leistungen nicht besteht. Dies wird weiter dadurch bestätigt, dass die Klägerin vorträgt, sie habe auf die Rentenantragstellung hingewiesen und auch den Rentenbescheid bereits am 21.03.2005 vorgelegt. Auch daraus geht hervor, dass ihr bewusst war, dass sie neben der Rente keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen hat. Die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids vom 16.03.2005 hat sie damit, nachdem zu diesem Zeitpunkt die Nachzahlung bereits geflossen war, gekannt oder hätte dies zumindest beim Anstellen einfachster Überlegungen erkennen können.

Die für die Zeit vom 01.03.2005 bis 30.04.2005 erbrachten SGB II-Leistungen in Höhe von 245,86 EUR (März und April jeweils 122,93 EUR) sind deshalb gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1, 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten.

Hiervon ist auch nicht deshalb abzuweichen, weil das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.08.1995 - 5 C 26/93 -, auf die die Klägerin Bezug nimmt, entschieden hat, dass die Rückforderung einer gewährten Sozialhilfe wegen des nachträglichen Zuflusses einer vorrangigen Sozialleistung nicht in Betracht kommt. Diese Entscheidung betraf einen von der zugrundeliegenden Konstellation insoweit abweichenden Sachverhalt, als das Bundesverwaltungsgericht über eine rechtmäßig gewährte Sozialhilfe geurteilt hat und die Arbeitslosenhilfezahlung nachträglich erfolgte. Hier war die Leistung nach dem SGB II auf Grund der bei Bewilligung bereits erfolgten Nachzahlung rechtswidrig.

Die Klägerin vermag auch nicht damit durchzudringen, dass die Aufhebung und Rückforderung daran scheitere, dass im Gegensatz zum SGB XII im SGB II keine Anspruchsgrundlage für einen Kostenersatz bei Doppelleistungen vorgesehen sei. Es ist zwar richtig, dass eine dem § 105 SGB XII vergleichbare Regelung im SGB II fehlt. Doch bedarf es hier keiner Sonderregelung, da Anspruchsgrundlage für die Aufhebung und Erstattung §§ 45, 50 SGB X sind.

Etwas anderes gilt jedoch für die Zeit vom 25.01.2005 bis 28.02.2005. Für diese Zeit ist die am 14.03.2005 erfolgte Rentennachzahlung nach § 2 Abs. 3 der Alg II-V noch nicht zu berücksichtigen, da sie in diesen Monaten noch nicht zugeflossen war. Damit war die Klägerin in diesem Zeitraum bedürftig.

Die Entscheidung des Beklagten, die Bewilligung auch für diese Zeit aufzuheben, kann auch nicht darauf gestützt werden, dass eine Rentennachzahlung leistungsrechtlich der Zeit vom 25.01.2005 bis 28.02.2005 zuzuordnen ist. Wie ausgeführt stellt eine Rente mit Ausnahme der in § 11 SGB II genannten Renten, die hier nicht einschlägig sind, eine Einnahme in Geld dar. Wie Einnahmen anzurechnen sind, regelte für die im Streit stehende Zeit § 2 Alg II-V. Danach sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen (so auch Landessozialgericht Berlin/Brandenburg, Beschluss vom 27.11.2008 - L 14 B 1818/08 AS ER - bezüglich einer Rentennachzahlung aus der gesetzlichen Unfallversicherung). Eine hiervon abweichende Regelung für Renten sieht § 2 Alg II-V in der Fassung vom 20.10.2004 nicht vor.

Da neben der Bedürftigkeit auch die weiteren Voraussetzung für die Gewährung einer Leistung nach dem SGB II in der von dem Beklagten errechneten Höhe vorliegen, ist der Bescheid vom 16.03.2005 damit für diesen Zeitraum rechtmäßig. Eine Aufhebung des Bescheides gemäß § 45 SGB X kommt nicht in Betracht.

Auch auf § 48 SGB X vermag der Beklagte die Aufhebung insoweit nicht zu stützen. Dies käme nur dann in Betracht, wenn die ursprüngliche Bedürftigkeit der Klägerin in den Monaten Januar und Februar 2005 nach dem 16.03.2005 entfallen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall, da sich - wie ausgeführt - die Rentennachzahlung auf diese Monate nicht auswirkt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen der Klägerin.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da es sich bei § 2 Alg II-V in der hier maßgeblichen Fassung vom 20.10.2004 nicht mehr um geltendes Recht handelt.
Rechtskraft
Aus
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