Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 2261/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 586/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.11.2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3 bis 6, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auf jeweils 116.657,04 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Der 1947 geborene Kläger ist seit 1.1.1990 als Facharzt für Neurochirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Vertragsarztsitz (derzeit) in S. zugelassen. Seitdem führte er zur Behandlung von Schmerzpatienten intravenöse Infusionen mit dem Medikament Carbostesin 0,5 % in Kombination mit Dolantin und Diazepam durch. Während und nach der Infusionsbehandlung wurden die Patienten bei der Liegezeit in der (hierfür speziell eingerichteten) Praxis des Klägers von diesem bzw. seinem nichtärztlichen Hilfspersonal (ohne Geräteeinsatz) überwacht. Die Leistungen rechnete der Kläger zunächst nach den Gebühren-Nrn. 418, 430, 431, 450 EBM 1999 ab; die letztgenannte Gebührennummer betraf dokumentierte Überwachungsleistungen mit kontinuierlichem EKG-Monitoring und kontinuierlicher Pulsoxymetrie im Anschluss an Infusionsbehandlungen. Ab dem Quartal 2/05 setzte der Kläger die Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM 2000plus (1405 bzw. 2665 Punkte) an. Diese Gebührennummern betreffen Leistungen der ambulanten praxisklinischen Betreuung und Nachsorge. Der obligate Leistungsinhalt ist mit der Beobachtung und Betreuung eines Kranken mit konsumierender Erkrankung (z.B. fortgeschrittenes Malignom, HIV-Erkrankung im Stadium AIDS) unter parenteraler invasiver Behandlung mittels Kathedersystems und/oder der Beobachtung und Betreuung eines enteral zu ernährenden kachektischen Patienten über eine Magensonde oder Gastrostomie und/oder der Beobachtung und Betreuung einer Patientin, bei der ein i.v.-Zugang angelegt ist, am Tag der Eizellentnahme, umschrieben. Der fakultative Leistungsinhalt umfasst Infusionen über mehr als 2 Stunden (Gebühren-Nr. 01510 EBM 2000plus) oder mehr als 4 Stunden (Gebühren- Nr. 01511 EBM 2000plus).
Bereits mit Schreiben vom 28.10.2002 hatte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen Nr. 1 den Kläger (nach einer routinemäßigen Abrechnungsprüfung) aufgefordert, Dokumentationen zu den abgerechneten Überwachungsleistungen vorzulegen. Dieser Aufforderung kam er (auch nach Mahnung) nur unvollständig nach. Unter dem 28.12.2002 führte der Kläger aus, er nehme (seit seiner Niederlassung und lange vor Schaffung der "Almosenziffer 450") schmerzorientierte Infusionen, aber keine Narkosen vor. Die Patienten würden nicht mit teurem unpersönlichem Gerät, sondern von geschultem Personal überwacht.
Im Zuge einer Wirtschaftlichkeitsprüfung legte die Ärztin für spezielle Schmerztherapie Dr. P. unter dem 4.2.2003 (u.a.) dar, aus den Protokollen des Klägers ergäben sich deutliche Hinweise darauf, dass entweder nicht erbrachte Leistungen abgerechnet oder in grob fahrlässiger Weise zu niedrige Sicherheitsstandards angewendet worden seien. Verabreicht werde ein Lokalanästhetikum mit hoher kardiovasculärer Toxizität ohne entsprechende Kontrollen. Der Kläger habe die einschlägigen Sicherheitsregeln in keinem einzigen Fall beachtet und auch die notwendigen Dokumentationen nicht angefertigt. Die Leistungen entsprächen weder in formaler noch fachlicher Hinsicht den schmerztherapeutischen Qualitätskriterien. An dieser Einschätzung hielt Dr. P. im Schreiben vom 27.6.2004 fest; der Kläger setze sich über die einschlägigen medizinischen (Sicherheits-)Standards hinweg.
Nachdem der Kläger zur Vermeidung sachlich-rechnerischer Honorarberichtigungen aufgefordert worden war, die Leistungserbringung künftig ordnungsgemäß zu dokumentieren, führte er unter dem 21.6.2004 (u.a.) aus, die Forderung nach (mehr) Dokumentation stelle einen unnötigen Beschäftigungszwang dar. Seit der Niederlassung sei es bei seinen schmerztherapeutischen Behandlungen nicht zu Komplikationen gekommen. Er werde die Behandlung so wie bisher weiterführen und auch weiter so dokumentieren.
Mit Bescheid vom 26.7.2006 verfügte die Beigeladene Nr. 1 eine sachlich-rechnerische Berichtigung des Honorars des Klägers für die Quartale 2/05 bis 1/06 und gab dem Kläger auf, Honorar in Höhe von 107.103,42 EUR zurückzuzahlen. Er habe (vor allem) Leistungen nach Gebühren-Nr. 01510 EBM 2000plus abgerechnet, den erforderlichen Leistungsinhalt aber nicht erfüllt. Mit weiterem Bescheid vom 17.10.2006 wurde das Honorar des Klägers auch für das Quartal 2/06 entsprechend sachlich-rechnerisch berichtigt mit der Folge einer Honorarrückforderung in Höhe von 22.031,38 EUR.
Der Kläger legte gegen die Kürzungs- bzw. Rückforderungsbescheide Widerspruch ein und trug vor, die intravenöse Applikation von Carbostesin könne zum Herzstillstand führen, weshalb der Patient fortlaufend durch den Arzt sowie geschultes Personal überwacht werden müsse. Würde ein Patient bei der Infusion sterben, würde man gegen ihn wegen fahrlässiger Tötung ermitteln. Er sei sich dieser Gefahr bewusst, führe die Infusionen aber weiter durch, weil er damit schon als Klinikarzt in Berlin gute Erfahrungen gesammelt habe. Die von ihm praktizierte Art der Infusionsbehandlung sei weitaus riskanter als etwa die Beobachtung und Betreuung eines Patienten mit konsumierender Erkrankung; dabei stehe der Arzt nicht "mit einem Fuß im Gefängnis". Seit mehr als 17 Jahren habe es allerdings keine Zwischenfälle gegeben. Er habe seine Praxis von Anfang an so eingerichtet, dass die Patienten die erforderliche Zeit liegen und kontinuierlich betreut werden könnten. Seine Praxis sei eine reine Behandlungspraxis; Geräte für Untersuchungen habe er bewusst nicht angeschafft (Schreiben vom 22.8.2006 und 20.1.2007).
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.3.2007 wies die Beigeladene Nr. 1 die Widersprüche zurück. Der Kläger habe den (obligaten) Leistungsinhalt der Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM 2000plus nicht erbracht, insbesondere die in diesen Gebührennummern festgelegte Patientenklientel (Patienten mit konsumierenden Erkrankungen) nicht behandelt. Leistungen der allgemeinen Schmerztherapie könnten nach den genannten Gebührennummern nicht abgerechnet werden. Die Erbringung des fakultativen Leistungsinhalts (Vornahme von Infusionen) genüge nicht. Man habe sich hinsichtlich des medizinischen Aspektes mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung abgestimmt. Klage wurde nicht erhoben.
Der Kläger verfasste in der Folgezeit ein Merkblatt für seine Patienten (Bl. 54 Verwaltungsakte). Darin ist u.a. ausgeführt, nach Einführung des EBM 2000plus zum April 2005 sei es bei ihm zu Honorareinbußen von über 30 % gekommen, die er durch drastische Sparmaßnahmen habe abfangen können. Nunmehr verlange die Beigeladene Nr. 1 außerdem Honorar zurück. Es handele sich um Leistungen nach Gebühren-Nr. 01510 EBM 2000plus (praxisklinische Betreuung bis zu 2 Stunden). Ohne die Liegezeit könne er die invasive Schmerztherapie nicht durchführen und er müsste sich auf nicht sinnvolle intramuskuläre Injektionen beschränken. Um weiterhin qualifiziert behandeln zu können, müsse er die unabdingbare Liege- und Beobachtungszeit als privatärztliche Leistung abrechnen. Er werde je nach Wunsch täglich, wöchentlich oder monatlich eine entsprechende Rechnung ausstellen, die sodann der Krankenkasse vorgelegt werden könne; es sei aber ungewiss, ob diese die Kosten übernehme. Er müsse zudem weitere Positionen, wie bei schlechten Venen notwendige Kanülen (als Sprechstundenbedarf nur eine Kanüle erlaubt), Verwaltungsarbeiten (Bescheinigungen, Atteste, Kopien), Aufbauspritzen und bestimmte Blutuntersuchungen ebenfalls privat abrechnen.
Mit Schreiben vom 2.4.2007 wies die Beigeladene Nr. 1 (nachdem wegen des genannten Merkblatts Beschwerden von Versicherten und Krankenkassen eingegangen waren) den Kläger darauf hin, die in Rede stehenden Leistungen der Schmerztherapie könnten nicht nach Gebühren-Nr. 01510 EBM abgerechnet werden; die Liegezeit der Patienten sei mit der Infusionsleistung abgegolten. Außerdem sei die Abrechnung der Liegezeit als privatärztliche Leistung unzulässig. Der Kläger verletze damit seine vertragsärztlichen Pflichten und möge die beanstandete Vorgehensweise umgehend einstellen.
Der Kläger rechnete die streitigen Leistungen sodann nach Gebühren-Nrn. 30710/30760 EBM 2000plus ab (Infusion verschreibungspflichtiger Analgetika oder von Lokalanästhetika unter systemischer Anwendung in überwachungspflichtiger Konzentration von mindestens 30 Minuten/dokumentierte Überwachung im Anschluss an diese Leistung - obligater Leistungsinhalt u.a. kontinuierliches EKG-Monitoring bzw. kontinuierliche Pulsoxymetrie) und verlangte außerdem weiterhin zusätzliche Privathonorare.
Mit Schreiben vom 16.7.2007 beanstandete die Beigeladene Nr. 1 auch die geänderte Abrechnungsweise und forderte den Kläger erneut auf, Privatliquidationen kumulativ zur Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen künftig zu unterlassen und bereits erhaltene Privathonorare zurückzuzahlen. Der Kläger kam dem auch nach weiterer (die Einleitung eines Disziplinarverfahrens androhender) Aufforderung in Schreiben der Beigeladenen Nr. 1 vom 21.8.2007 und 22.8.2007 nicht nach.
Die Beigeladene Nr. 1 stellte fest, dass das Medikament Carbostesin 0,5 % arzneimittelrechtlich zur intravenösen Infusion im Rahmen einer Schmerztherapie - wofür es auch keine entsprechenden Studien gibt - nicht zugelassen ist, in den Fachinformationen des Arzneimittelherstellers vielmehr Vorkehrungen zur Vermeidung einer intravenösen Injektion (als Warnhinweis) gefordert werden.
Mit Schreiben vom 26.7.2007 teilte der Anästhesist und Schmerztherapeut Dr. B. der Beigeladenen Nr. 1 auf Nachfrage ergänzend mit, das Verhalten des Klägers (Carbostesin-Infusion) sei als schwerer vitalgefährdender Kunstfehler einzustufen. Dieser Auffassung schlossen sich die Schmerztherapeuten Dr. W. und Dr. P. (Schreiben vom 25.7.2007 bzw. 31.7.2007) an. Dr. P. führte ergänzend aus, das geschulte Personal des Klägers könne auftretende Rhythmusstörungen nicht schnell genug verifizieren, um Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Carbostesin könne (anders als andere Lokalanästehtika) schon in therapeutischer Konzentration zu schweren Rhythmusstörungen führen, wobei die Nebenwirkungen dieses Arzneimittels auch schwer therapierbar seien.
Mit Schreiben vom 31.8.2007 wies die Beigeladene Nr. 1 den Kläger darauf hin, bei seiner Behandlungsweise wende er das Medikament Carbostesin im Off-Label-Use an. Die Zulassung des Arzneimittels umfasse nicht intravenöse Infusionen. Es gebe keine Studien, die dies befürworteten; hiervor werde vielmehr sogar gewarnt. Schon in therapeutischer Konzentration könne es zu schweren Herzrhythmusstörungen und zum Herzstillstand kommen; dies wäre zudem schwer beherrschbar. Der Kläger habe in seinem Widerspruch gegen die Honorarkürzung selbst auf die erheblichen Risiken seiner Behandlungsmethode hingewiesen. Die intravenöse Applikation von Carbostesin sei als kontraindiziert anzusehen. Er möge von seiner Behandlungsmethode unverzüglich Abstand nehmen und dies bis 10.9.2007 bestätigen. Der Kläger reagierte hierauf nicht.
Mit weiterem Schreiben vom 19.9.2007 forderte die Beigeladene Nr. 1 den Kläger erneut zum Unterlassen der streitigen Behandlungsmethode und einer entsprechenden Bestätigung bis 28.9.2007 auf; andernfalls müsse man weitere Maßnahmen in Erwägung ziehen. Der Kläger reagierte auch hierauf nicht.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 17.8.2007 (40 IN /07) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet und ein Insolvenzverwalter ernannt.
Mit Schreiben vom 23.5.2008 beantragte die Beigeladene Nr. 1 beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (ZA), dem Kläger die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Zur Begründung führte sie unter Hinweis auch auf die vorgenommenen Honorarkürzungen aus, der Kläger, der angeforderte Unterlagen, wie - zudem lückenhafte - Patientendokumentationen erst nach mehrfachen Aufforderungen vorgelegt habe, gefährde mit der intravenösen Infusion des Arzneimittels Carbostesin die Gesundheit der Versicherten; diese Behandlungsmethode stelle nach Auffassung der Schmerztherapie-Kommission (ihrer Bezirksdirektion F.) einen vitalgefährdenden Kunstfehler dar. Man habe den Kläger deshalb aufgefordert, diese Behandlung nicht mehr durchzuführen und dies schriftlich zu bestätigen. Er habe darauf bislang nicht reagiert. Außerdem habe der Kläger die Versicherten wegen der Gefahr eines Herzstillstands infolge der Infusionsbehandlung praxisklinisch betreut bzw. überwacht und diese Leistung zusätzlich zur vertragsärztlichen Abrechnung privatärztlich in Rechnung gestellt, nachdem man die Abrechnung der Gebühren-Nrn. 01510 und 01511 EBM sachlich-rechnerisch berichtigt habe. Er habe schließlich mehrfach gegen seine satzungsmäßige Pflicht, ihr unverzüglich nach Aufforderung Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, verstoßen. Der Kläger habe mit diesem Verhalten seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.
Am 23.7.2008 führte der ZA erstmals eine mündliche Verhandlung durch. Der Kläger trug vor, er wende die streitige Behandlungsmethode seit der Niederlassung im Jahr 1990 (bei mittlerweile 8000 Patienten – Stellungnahme vom 12.10.2008) an, ohne dass es zu Zwischenfällen gekommen sei. Seine Mitarbeiter seien gut geschult und wüssten, dass es zu einem Herzstillstand kommen könne, wenn die Infusion in zu hoher Dosierung oder zu schnell durchgeführt werde. Er sei schon im Jahr 1997 von der Beigeladenen Nr. 1 "niedergemacht" worden und habe wegen einer Plausibilitätsprüfung über sechs Monate keine Abschlagszahlungen erhalten. Die Beigeladene Nr. 1 habe ihm die Vergütung der Liegezeiten nach durchgeführter Infusion gestrichen, weswegen er dies im Einvernehmen mit den Patienten, die er nach der Infusion nicht einfach nach Hause schicken könne, privat abrechne. Er habe in seiner Praxis 6 Liege- und einen Sitzplatz eingerichtet.
Der Kläger legte außerdem eine von Gh. Sehhati-Chaffai herausgegebene Veröffentlichung "Schmerzdiagnostik und Therapie - Kreuzschmerz" auszugsweise in Kopie vor; die dort angegebenen Dosierungen habe er etwas modifiziert. Der ZA beschloss, hierzu ein Gutachten zu erheben und vertagte die mündliche Verhandlung; zum Gutachter wurde Prof. Dr. P. (Anästhesiologische Universitätsklinik F.) bestellt.
Prof. Dr. P. führte im Gutachten vom 11.8.2008 aus, die in der genannten (in purstem Sinn pseudowissenschaftlichen) Studie angeführte Infusion einer Lösung mit einem Lokalanästhetikum sei im Allgemeinen nicht bedenklich, vorausgesetzt, es gebe hierfür eine klare medizinische Indikation. Das werde indessen zutiefst bezweifelt. Die Studie widerspreche jedem wissenschaftlichen Standard; ihre Aussagen basierten auf keinerlei wissenschaftlichen Daten und seien bedeutungslos, wenn nicht gar irreführend. Die Angabe einer nicht näher spezifizierten Erfolgsrate von 43% liege unter dem zu erwartenden Placeboeffekt. Das Verfahren (Infusion mit Lokalanästhetika) sei nicht so sehr wegen des Gefahrenpotentials, sondern wegen der nicht belegten Wirksamkeit medizinisch äußerst bedenklich. Auch wenn Infusionen selten mit ernsthaften Komplikationen verbunden seien, sei ein Risikopotential immer vorhanden, besonders wenn zusätzlich Lokalanästhetika intravenös verabreicht würden. Mangels belegten Nutzens seien das Restrisiko und die Belastung für den Patienten nicht vertretbar.
Am 17.9.2008 führte der ZA eine weitere mündliche Verhandlung durch und entzog dem Kläger mit Beschluss vom gleichen Tag/Bescheid vom 6.10.2008 die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für Neurochirurgie. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Er habe trotz mehrfacher Belehrung durch die Beigeladene Nr. 1 gesetzlich Versicherten vertragsärztliche Leistungen rechtswidrig als privatärztliche Leistung in Rechnung gestellt. Hiervon habe er nicht abgelassen und die unzulässigen Privatliquidationen auch nicht rückgängig gemacht. Mit der intravenösen Infusion des Medikamentes Carbostesin im Rahmen der Schmerztherapie habe der Kläger die Patienten außerdem gesundheitlich gefährdet. Trotz mehrfacher Aufforderung habe er diese Behandlungsweise ebenfalls nicht aufgegeben.
Der Kläger – dessen Insolvenzverwalter - legte am 14.10.2008 Widerspruch ein. Der Bescheid des ZA sei mangels Zustellung an den Insolvenzverwalter nicht wirksam geworden. Der Insolvenzverwalter hätte auch angehört werden müssen. Der ZA stütze die Behauptung von Behandlungsfehlern auf bloße Vermutungen. Lokalanästhetika - auch Carbostesin - seien zur intravenösen Anwendung zugelassen. Die Betreuung der Patienten während der Liegezeiten (als Wirkungsphase nach durchgeführter Infusion) sei keine vertragsärztliche Leistung und dürfe daher privatärztlich abgerechnet werden. In einer Stellungnahme vom 12.10.2008 führte der Kläger ergänzend aus, bislang sei es bei seiner, sicher nicht als üblich zu bezeichnenden, Behandlungsmethode noch nicht zu Zwischenfällen gekommen. Mit der Privatliquidation seien die Patienten nach entsprechender Information einverstanden gewesen.
Der Beklagte stellte im Widerspruchsverfahren weitere Ermittlungen an. Die Beigeladene Nr. 1 erstattete außerdem Strafanzeige. Gegenstand der anschließenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen war die Frage, ob der Tod zweier Patienten unmittelbar nach der Behandlung durch den Kläger ursächlich auf seine Behandlung zurückzuführen war, was ihm jedoch nachträglich nicht nachzuweisen war, da für das plötzliche Versterben der Patienten auch andere Erkrankungen in Betracht kamen. Das Landgericht Konstanz ließ eine gegen den Kläger erhobene Anklage wegen der Infusionsbehandlung mit Carbostesin zu (Verfahren 3 KLs 43 Js /08). Das Strafverfahren wurde nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am 13.12.2010 wegen geringer Schuld gem. § 153 StPO eingestellt.
Mit Schriftsatz vom 3.12.2008 ließ der Kläger mitteilen, er werde die streitige Behandlungsmethode bzw. Carbostesin in der Schmerztherapie künftig nicht mehr intravenös anwenden. Die privat abgerechneten Liegezeiten der Versicherten seien mit der Vergütung nach Gebühren-Nrn. 30710/30760 EBM aber nicht abgegolten. Er biete im Ergebnis zwei Leistungen (Infusion und Betreuung in der Liegezeit) an; eine unzulässige Doppelabrechnung liege daher nicht vor.
Am 17.12.2008 führte der Beklagte eine mündliche Verhandlung durch. Der Kläger beschrieb seine Behandlungsmethode und gab u.a. an, im Aufklärungsgespräch mit den Patienten erwähne er, dass das Medikament langsam infundiert werden müsse, da Herzrhythmusstörungen auftreten könnten und es auch zum Herzstillstand kommen könne. Vor, während und nach der Infusion werde der Blutdruck gemessen, was er aber nicht dokumentiere. Regelmäßig seien vier ausgebildete Helferinnen in der Praxis. Es würden durchgehend mindestens acht Patienten am Tag behandelt. Die Schreiben der Beigeladenen Nr. 1 zur Einstellung der Infusionsbehandlungen habe er zwar erhalten, aber zunächst (bis zur mündlichen Verhandlung vor dem ZA) nicht eingesehen bzw. nicht gewusst, weshalb er von seiner bewährten Behandlungsmethode Abstand nehmen solle. Nach Erörterung mit seinem Rechtsanwalt habe er dann die Behandlungen eingestellt.
Der Beklagte hörte außerdem Prof. Dr. P. als Sachverständigen. Dieser führte aus, unabhängig von der konkreten Indikation sei die intravenöse Gabe des Medikaments Carbostesin 0,5% mit dem Wirkstoff Bupivacain Hydrochlorid 1 H2O generell kontraindiziert, da es dabei zu nicht behandelbaren Herzstillständen kommen könne. Es gebe weltweit keine einzige Studie, die die Eignung intravenösen Bupivacains zur Schmerztherapie belege. Die intravenöse Verabreichung des Wirkstoffs Bupivacain stelle einen schweren, vital gefährdenden Kunstfehler dar. Die Kombination einer Ampulle Bupivacain und einer Ampulle Diazepam sei potentiell lebensbedrohlich, zumal entsprechende Überwachungsmaßnahmen, wie Pulsoxymetrie, von einer Person angewendet werden müssten, die in akuter kardiopulmonaler Reanimation erfahren sei. Es könne in dieser Arzneimittelkombination sehr rasch zum Atemstillstand kommen. Jedenfalls sei die intravenöse Applikation von 10 mg Bupivacain in Kombination mit Dolantin und Diazepam noch einmal deutlich gefährlicher als die einfache Lösung des Medikaments Carbostesin 0,5%. Im Ergebnis sei die Anwendung des Medikaments in der vom Kläger beschriebenen Weise für Patienten objektiv erheblich gefährdend. Lidocain könne als Alternative intravenös angewendet werden, allerdings ebenfalls mit der Möglichkeit kardialer Probleme; diese wären allerdings leichter behandelbar. Bei verlangsamter Abgabe von Carbostesin 0,5% seien die Risiken zwar geringer, jedoch verbleibe im Verbund mit den weiteren Schmerzmitteln nach wie vor eine erhebliche Gefahr.
Der Kläger erklärte, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass der angewendete Medikamenten-Cocktail mit den vom Gutachter geschilderten Gefahren verbunden gewesen sei. Er werde diese Medikation künftig nicht mehr durchführen. Er habe zwar gewusst, dass es keine Studie zur intravenösen Applikation von Bupivacain in der Schmerztherapie gebe, die Entscheidung für diese Behandlungsmethode aber nach eigenem Ermessen und entsprechend seiner Erfahrung getroffen. Anfangs habe er noch Pulsoxymetrie und auch EGK angewandt. Als er aber gesehen habe, dass die Patienten seinen Medikamentencocktail gut vertrügen, habe er davon Abstand genommen.
Zur Leistungsabrechnung gab der Kläger ergänzend an, die Liegezeit bis 30 Minuten habe er nach Gebührennummern 30710/30760 EBM 2000plus, die darüber hinaus gehende Liegezeit privatärztlich abgerechnet. Sein Informationsblatt zur Abrechnung habe er den Patienten vorgelegt und um Unterschrift gebeten, wenn sie mit der Abrechnungsweise einverstanden seien. Wer nicht unterschrieben habe, sei nicht mehr zur Behandlung erschienen.
Mit Beschluss vom 17.12.2008/Bescheid vom 6.4.2009 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Außerdem ordnete er die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung an.
Zur Begründung führte der Beklagte u.a. aus, die intravenöse Infusion von Carbostesin stelle, was der Kläger gewusst habe, eine potentiell vitalgefährdende Behandlungsweise dar; das habe Prof. Dr. P. in Übereinstimmung (u.a.) mit den Dres. P. und B. und in Einklang mit den Herstellerhinweisen näher dargelegt. Obwohl man den Kläger hierauf mehrfach hingewiesen habe (Schreiben der Beigeladenen Nr. 1 vom 31.8.2007 und 19.9.2007), habe er die Behandlungsmethode weiter angewendet, weil er von ihrer Wirksamkeit überzeugt gewesen und es nach seinen Angaben bislang zu keinen ernsthaften Schäden gekommen sei. Dadurch habe der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt, auch wenn Patienten offenbar nicht geschädigt worden seien. Gem. § 28 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 16 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) und § 13 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) sei der Kläger verpflichtet, vertragsärztliche Leistungen nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu erbringen.
Weitere Pflichtverletzungen lägen darin, dass der Kläger wissentlich nicht hinreichend dokumentierte bzw. den Leistungslegenden der Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM nicht entsprechende Leistungen abgerechnet und (etwa 56) Versicherten unter Verletzung des § 18 BMV-Ä bzw. § 21 EKV-Ä privatärztliche Leistungen in Rechnung gestellt habe. Der Kläger habe in den Quartalen 2/05 bis 4/05 die Gebühren-Nrn. 01510 und 01511 EBM abgerechnet, obwohl er die dort beschriebenen Leistungsanforderungen nicht erfüllt habe. Deswegen habe die Beigeladene Nr. 1 sein Honorar sachlich-rechnerisch berichtigt und Honorarrückforderungen von 107.000 EUR (Quartale 2/05 bis 1/06) und von 22.031,38 EUR (Quartal 2/06) verfügt. Dem Kläger seien die Pflichtverletzungen auch bewusst gewesen, wie sich aus seinem Schreiben vom 22.8.2006 ergebe. Darin habe er ausgeführt, die von ihm angewandte Infusion sei weitaus riskanter als die Beobachtung und Betreuung eines Patienten mit konsumierender Erkrankung, weswegen er sein Abrechnungsverhalten für gerechtfertigt halte. Auch darin liege eine gröbliche Pflichtverletzung. Schließlich habe der Kläger trotz Abrechnung der Leistung nach Gebühren-Nrn. 30710 und 30760 EBM von den Versicherten zusätzliche Zahlungen verlangt und daran trotz entsprechender Aufklärung über die Rechts- und Sachlage festgehalten.
Am 4.5.2009 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg. Zuvor hatte er am 17.4.2009 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (Verfahren S 1 KA 1918/09 ER). Er trug vor, er habe die Infusionsbehandlung mit Carbostesin seit September 2007 eingestellt. Doppelabrechnung könne man ihm nicht vorwerfen. Die mit den Versicherten vereinbarten Privatliquidationen beträfen nämlich gar keine Kassenleistungen; beispielsweise könne er für Patienten mit schlechten Venen nicht alle benötigten Kanülen über den Sprechstundenbedarf abrechnen. Er stelle seit dem Quartal 2/07 für die Beobachtung und Betreuung der Patienten nach durchgeführter Infusion nur noch Privatrechnungen aus.
Die Beigeladene Nr. 1 trug vor, ungeachtet seiner Behauptungen habe der Kläger die Gebühren-Nrn. 30710/30760 EBM im Quartal 4/08 367- bzw. 533-mal abgerechnet. Der Kläger machte hierzu geltend, er habe den Infusionen seit September 2007 kein Lokalanästhetikum mehr beigegeben, sondern zulässigerweise nur noch Analgetika.
Mit Beschluss vom 9.7.2009 ordnete das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 6.4.2009 an. Zur Begründung führte es aus, das System der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten würde nicht konkret gefährdet, wenn der Kläger bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig als Vertragsarzt tätig sei. Der Kläger habe sich von der beanstandeten Behandlungsmethode distanziert und versichert, diese seit September 2007 nicht mehr anzuwenden. Deswegen sei im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger ergänzend vor, man werfe ihm vor, er habe angeblich eine patientengefährdende Behandlungsmethode angewendet und Leistungen doppelt (vertragsärztlich und privat) abgerechnet. Bei der fast 20 Jahre lang praktizierten intravenösen Gabe von Carbostesin im Rahmen der Schmerztherapie sei es nie zu Problemen gekommen. Prof. Dr. P. habe (u.a.) diese Tatsache, die nur verdünnte Anwendung des Medikaments und seine Behandlungserfolge nicht ausreichend berücksichtigt und einseitig auf die Gefährlichkeit des Medikaments Carbostesin abgestellt. Patienten habe er niemals vorsätzlich gefährdet. Er sei nach wie vor von der Wirksamkeit seiner Medikation und seiner Behandlungsmethode überzeugt, wende sie aber trotz dieser Überzeugung im Hinblick auf den Widerstand der Beigeladenen Nr. 1 nicht mehr an und wolle dadurch jeden Zweifel an der loyalen Zusammenarbeit ausräumen. Nach der Infusionsbehandlung müssten die Patienten Liegezeiten von mindestens eineinhalb bis zwei Stunden einhalten. Diese Leistung sei durch die Gebühren-Nr. 30710 EBM (Überwachung 30 Minuten) nicht abgegolten. Da die Beigeladene Nr. 1 die bisherige Abrechnung über Gebühren-Nrn. 01510/01511 nicht mehr akzeptiert habe, habe er die 30 Minuten übersteigenden Überwachungszeiten privat abgerechnet. Dazu seien die Patienten bereit gewesen. Eine Doppelt- oder Falschabrechnung liege also seit dem Quartal 2/07 nicht vor. Vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten könne man ihm nicht vorwerfen.
Mit von ihm selbst verfasstem Schriftsatz vom 14.6.2009 machte der Kläger geltend, dass die Infusion mit hochverdünnter Carbostesin-Lösung bei entsprechender Beobachtung und Betreuung gefahrlos sei, was durch das Ausbleiben tödlicher Folgen seit Aufnahme seiner Behandlungstätigkeit in den 90er Jahren unterstrichen werde.
Mit Urteil vom 24.11.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) aus, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Er beruhe auf § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V. Danach sei die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorlägen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnehme oder nicht mehr ausübe oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletze. Eine Pflichtverletzung sei gröblich, wenn sie so schwer wiege, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei. Das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen u.a. in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten müsse so gestört sein, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden könne (BSG, Urt. v. 20.10.2004, - B 6 KA 67/03 R -). Die Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentziehung richte sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Späteres Wohlverhalten könne den Eignungsmangel ggf. wieder entfallen lassen (näher: BSG, Beschl. v. 5.11.2008, - B 6 KA 59/08 B -).
Der Beklagte habe zu Recht angenommen, dass der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten durch eine jahrzehntelang praktizierte patientengefährdende Behandlungsmethode, eine jahrelange grob fehlerhafte Abrechnungsweise und durch unzulässige Privatliquidationen gröblich verletzt habe, was die Ungeeignetheit des Klägers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung indiziere. Wohlverhalten nach der Zulassungsentziehung liege nicht vor. Der Kläger sei nach wie vor von der Wirksam- und Vertretbarkeit seiner die Patienten vital gefährdenden Behandlungsmethode überzeugt und habe von ihr nur unter dem Druck des Zulassungsentziehungsverfahrens Abstand genommen. Er gehe auch weiterhin von der Zulässigkeit seiner grob fehlerhaften Abrechnungsweise aus und stelle den Patienten bei über 30minütigen Liegezeiten offenbar immer noch privatärztliche Leistungen in Rechnung.
Auf das ihm am 15.1.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.2.2011 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, die streitige Behandlungsmethode habe er im Oktober 2007 eingestellt. Die vom Beklagten beanstandeten Privathonorare habe er wegen der Honorarrückforderungen der Beigeladenen Nr. 1 nicht zurückzahlen können, da er habe Insolvenz anmelden müssen. Die Rückzahlungsansprüche der Versicherten gehörten zur Insolvenzmasse und er habe sie deswegen nicht mehr bedienen dürfen. Das Sozialgericht habe sein Wohlverhalten nicht ausreichend gewürdigt, zumal das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren wegen geringer Schuld eingestellt worden sei. Er habe seinen Fehler hinsichtlich der intravenösen Gabe von Carbostesin eingesehen und hiervon nicht nur unter dem Druck der Zulassungsentziehung Abstand genommen. Das Gutachten des Prof. Dr. P. habe ihn überzeugt. Zwar habe er zunächst weiterhin fehlerhaft abgerechnet, dies jedoch nur deshalb, weil er gemeint habe, die Überwachung der Patienten müsse in irgendeiner Weise honoriert werden. Auch dieses Verhalten habe er aber zwischenzeitlich insgesamt beendet; er rechne jetzt korrekt ab und stelle auch keine Privatrechnungen für Liegezeiten über 30 Minuten mehr aus. Der ZA habe insoweit selbst nur einen Regress, allenfalls ein Disziplinarverfahren, nicht aber die Zulassungsentziehung, befürwortet. Die Zulassungsentziehung sei im Kern auch auf die streitige, jetzt aufgegebene, Behandlungsmethode gestützt worden und als ultima ratio nicht mehr gerechtfertigt. Er sei jetzt 63 Jahr alt und hätte keine Gelegenheit mehr, seinen Beruf in wirtschaftlich sinnvoller Art und Weise auszuüben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.11.2010 und den Beschluss/Bescheid des Beklagten (über die Zurückweisung des Widerspruchs gegen die Zulassungsentziehung) vom 17.12.2008/6.4.2009 aufzuheben.
Der Beklagte und die Beigeladenen Nr. 1 und 2 beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, angesichts der zahlreichen, erheblichen Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten könne von der Zulassungsentziehung wegen etwaigen Wohlverhaltens des Klägers nicht abgesehen werden. Auf Wohlverhalten komme es außerdem erst an, wenn nach der Zulassungsentziehung eine nicht unerhebliche Zeit vergangen sei. Nur die Wiederzulassung, nicht jedoch die Feststellung erheblicher Pflichtverletzungen hänge vom Wohlverhalten des Vertragsarztes ab.
Der Kläger hat auf Nachfrage des Senats unter dem 28.9.2011 mitgeteilt, seit Ergehen der Zulassungsentziehung würden in seiner Praxis schwerpunktmäßig schmerzorientierte Infusionen (ohne Carbostesin), paravertebrale Blockaden mit Lokalanästhetikum, intramuskuläre Injektionen (Schmerzmittel), Abstimmung der oralen Schmerzmedikation und die Verordnung von Physiotherapie erbracht. Im Schnitt würden 600 Patienten im Quartal behandelt, etwa die Hälfte bis zu 3 Mal in der Woche. Er rechne im Quartal etwa 20.000 EUR, manchmal 30.000 EUR ab. Dies genüge gerade, um die Praxis "über Wasser zu halten". Die streitige Behandlungsmethode werde nach wie vor nicht mehr angewendet. Zu weiteren Beanstandungen durch die Beigeladene Nr. 1 sei es nicht gekommen. Privatrechnungen für Liegezeiten von Versicherten nach Infusionsbehandlungen würden nicht ausgestellt. Hinsichtlich des Insolvenzverfahrens befinde er sich derzeit in der Wohlverhaltensphase. Unter Berücksichtigung von Einnahmen und Ausgaben seien keine Beträge an den Insolvenzverwalter abzuführen; ggf. werde am Jahresende eine rückwirkende Betrachtung vorgenommen.
Die Beigeladene Nr. 1 hat hierzu mitgeteilt, der Kläger habe in den Quartalen 3/09 bis 4/10 die Gebührennummer 02101 EBM (mangels entsprechendem Patientengut), 30722 EBM ((Dokumentation sei nicht ersichtlich) sowie 30721 EBM nicht erfüllt, weswegen der Plausibilitätsausschuss eine sachlich-rechnerische Berichtigung beschlossen habe.
Die übrigen Beteiligten, denen der Schriftsatz des Klägers zur Kenntnis gegeben worden ist, haben hierzu nicht vorgetragen und Einwendungen nicht erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragsärzte, da es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten, der alleiniger Gegenstand des Verfahrens ist (BSG, Urt. v. 27.1.1993, - 6 RKa 40/91 -), ist rechtmäßig. Wohlverhalten nach der Zulassungsentziehung kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen.
I. Rechtsgrundlage der Zulassungsentziehung ist § 95 Abs. 6 SGB V. Danach ist die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.
Der Tatbestand der gröblichen Pflichtverletzung setzt in materiell-rechtlicher Hinsicht eine Pflichtverletzung solchen Gewichts voraus, dass ihretwegen die Entziehung der Zulassung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Das ist der Fall, wenn wegen der Pflichtverletzung das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen durch den Vertragsarzt so gestört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann. Wiederholt unkorrekte Abrechnungen oder nachhaltige Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot können die Zulassungsentziehung ebenso rechtfertigen, wie Pflichtverletzungen bei der Erbringung von Behandlungsleistungen. Auch Verfehlungen außerhalb der eigentlichen vertragsärztlichen Tätigkeit kommen in Betracht. Verschulden des Vertragsarztes ist nicht erforderlich (vgl. etwa. BSG, Urt. v. 19.7.2006, - B 6 KA 1/06 R -).
In zeitlicher Hinsicht sind alle Pflichtverletzungen des Arztes zu berücksichtigen, die vor der Entscheidung des Berufungsausschusses stattgefunden haben. Dies gilt auch dann, wenn der Berufungsausschuss die entsprechenden Sachverhalte nicht verwertet hat, etwa weil sie ihm noch nicht bekannt waren. Eine Bestimmung, die die Zulassungsgremien (nach der Art einer Verjährungsvorschrift) daran hindern würde, bereits länger zurückliegende gröbliche Pflichtverletzungen zur Begründung einer Zulassungsentziehung heranzuziehen, enthält das Gesetz nicht. Da die Zulassungsentziehung aber einen schweren Eingriff in die Berufswahlfreiheit darstellt, gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zum Zeitpunkt der Entscheidung der Zulassungsgremien bereits länger als die übliche Bewährungszeit von fünf Jahren zurückliegende Pflichtverletzungen nur dann noch zur Grundlage einer Zulassungsentziehung zu machen, wenn sie besonders gravierend sind (z. B. Fälle systematischen Fehlverhaltens im Behandlungs- oder Abrechnungsbereich) oder aus anderen Gründen - etwa bei fortgesetzter Unwirtschaftlichkeit - bis in die Gegenwart hinein fortwirken (BSG, Urt. v. 19.7.2006, - B 6 KA 1/06 R -).
Für die Entscheidung über eine Anfechtungsklage des Vertragsarztes (§ 54 Abs. 1 SGG) gegen die Zulassungsentziehung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei Ergehen der letzten Verwaltungsentscheidung (Bescheid des Berufungsausschusses) maßgeblich, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Zulassungsentziehung gem. § 97 Abs. 4 SGBV für sofort vollziehbar erklärt und auch vollzogen worden ist oder nicht. Freilich verliert der Vertragsarzt, dem die Zulassung entzogen worden ist, regelmäßig seine Praxis und hat vielfach keine Aussicht darauf, eine Vertragsarztpraxis neu aufzubauen. Im Hinblick auf die Rechtsgehalte des Grundrechts auf Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 1 GG) muss daher der Grundsatz, dass bei statusverändernden Maßnahmen wie der Zulassungsentziehung auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen ist, durchbrochen werden. Hat sich bei einer noch nicht vollzogenen Zulassungsentziehung die Sach- und Rechtslage während des Gerichtsverfahrens zu Gunsten des Klägers in einer Weise geändert hat, die die Zulassungsentziehung nicht mehr als angemessen erscheinen lässt, muss zu Gunsten des Vertragsarztes ein so genanntes Wohlverhalten nach Ergehen der Entscheidung des Berufungsausschusses berücksichtigt werden (zur Abgrenzung von Wohlverhalten und Bewährungszeit BSG, Beschl. v. 9.2.2011, - B 6 KA 49/10 B -). Insoweit sind Änderungen des Sachverhalts bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht zu beachten (zu alledem: BSG, Urt. v. 20.10.2004, - B 6 KA 67/03 R -; Urt. v. 19.7.2006, - B 6 KA 1/06 R -; auch BVerfG, Beschl. v. 31.8.2005, - 1 BvR 912/04 -). Nach der Rechtsprechung des BSG kommt dem - aus verfassungsrechtlichen Gründen sorgfältig zu prüfenden (BVerfG, Beschl. v. 31.8.2005, - 1 BvR 912/04 -; BSG, Urt. v. 19.7.2006, - B 6 KA 1/06 R -) - Wohlverhalten eines Arztes während des Streits über die Zulassungsentziehung aber grundsätzlich geringeres Gewicht zu als schwer wiegenden Pflichtverletzungen in der Vergangenheit, die zur Zulassungsentziehung geführt haben (BSG, Urt. v. 24.11.1993, - 6 RKa 70/91 -).
II. Davon ausgehend kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1.) Die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 SGB V für die Entziehung der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sind erfüllt. Der Kläger hat seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Senat kann hierfür zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheids des Beklagten sowie auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug nehmen (§§ 153 Abs. 1, 2, 136 Abs. 3 SGG). Der Kläger stellt die der Zulassungsentziehung zugrunde gelegten Pflichtverletzungen im Kern auch nicht mehr in Abrede, beruft sich vielmehr wesentlich auf Wohlverhalten nach der Zulassungsentziehung.
a.) Die schwerwiegendste Pflichtverletzung besteht in der über viele Jahre - seit 1990 jedenfalls bis Oktober 2007 - praktizierten Anwendung einer Behandlungsmethode, die den Regeln der ärztlichen Kunst nicht entsprochen und die Versicherten einer erheblichen Gesundheitsgefahr, letztendlich der Lebensgefahr, ausgesetzt hat.
Der Kläger hat seit Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit im Jahr 1990 zur Schmerzbehandlung intravenöse Infusionen mit dem Medikament Carbostesin 0,5 % in Kombination mit Dolantin und Diazepam vorgenommen. Für Indikation und Durchführung dieser Behandlungsmethode hat er sich wissentlich ausschließlich auf eigene Erfahrungen und nicht auf entsprechende Erkenntnisse in der medizinischen Wissenschaft gestützt. Der Gutachter Prof. Dr. P. hat nämlich festgestellt, dass es - was dem Kläger bewusst war - weltweit keine einzige Studie gibt, die die Eignung intravenösen Bupivacains zur Schmerztherapie belegt. Bei der Veröffentlichung von Gh. Sehhati-Chaffai, die der Kläger dem ZA vorgelegt hat, handelt es sich um eine pseudowissenschaftliche Arbeit ohne wissenschaftlichen Wert; auch das hat Prof. Dr. P. im Gutachten vom 11.8.2008 dargelegt. Der Kläger hat bei seiner Behandlungsmethode zudem die einschlägigen arzneimittelrechtlichen Vorgaben und die Maßgaben des Arzneimittelherstellers außer Acht gelassen. Das Medikament Carbostesin 0,5 % ist zur intravenösen Infusion im Rahmen der Schmerztherapie nicht zugelassen und in den Fachinformationen des Arzneimittelherstellers wird hiervor sogar gewarnt. Prof. Dr. P. hat demzufolge in seinem Gutachten vom 11.8.2008 bzw. (vor allem) in der mündlichen Verhandlung des Beklagten vom 17.12.2008 ausgeführt, dass die vom Kläger langjährig und bei einer Vielzahl von Patienten (über 8000) praktizierte intravenöse Gabe des Medikaments Carbostesin 0,5% mit dem Wirkstoff Bupivacain Hydrochlorid 1 H2O unabhängig von der konkreten Indikation generell kontraindiziert ist, da es dabei (schon bei therapeutischer Dosis) zu nicht behandelbaren Herzstillständen kommen kann. Die intravenöse Verabreichung des Wirkstoffs Bupivacain stellt einen schweren, vital gefährdenden Kunstfehler dar, wobei die Kombination einer Ampulle Bupivacain und einer Ampulle Diazepam potentiell lebensbedrohlich ist. Prof. Dr. P. hat damit die Auffassung der Dres. P. (Schreiben vom 4.2.2003, 25.7.2007 und 31.7.2007) und B. (Schreiben vom 26.7.2007), die die Behandlungsweise des Klägers im Kern ebenfalls als schweren vitalgefährdenden Kunstfehler eingestuft hatten, bestätigt. Hinzukommt, dass die vom Kläger getroffenen Sicherheitsvorkehrungen sich in der persönlichen Überwachung der Patienten durch ihn selbst und sein Hilfspersonal und in Blutdruckmessungen erschöpft haben, was nach den überzeugenden Erkenntnissen insbesondere der Dr. P. den maßgeblichen Sicherheitsstandards nicht entsprochen hat. Das Ausbleiben von Komplikationen oder gar Todesfällen ändert an all dem nichts.
Unbeschadet dessen, dass die Zulassungsentziehung schuldhaftes Verhalten nicht voraussetzt, hat der Kläger um die Gefährlichkeit seiner Behandlungsmethode auch gewusst und sie gleichwohl in großem Maßstab bei einer Vielzahl von Patienten über lange Zeit angewendet. Seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung des Beklagten vom 17.12.2008, ihm seien die von Prof. Dr. P. geschilderten Gefahren des Medikamentencocktails nicht bewusst gewesen, ist nicht glaubhaft. Der Kläger hat das von ihm nachdrücklich betonte Gefahrenpotential seiner Behandlungsweise nämlich gerade zur Rechtfertigung der ebenfalls umstrittenen Abrechnung von Überwachungsleistungen während der Liegezeit der Infusionspatienten geltend gemacht. Im Widerspruchsverfahren gegen die Honorarkürzungsbescheide vom 26.7.2006 und 17.10.2006 hat er das besondere Risiko der Infusionsbehandlung hervorgehoben und konkret darauf hingewiesen, dass die intravenöse Applikation von Carbostesin zum Herzstillstand führen kann. Dementsprechend hat er offenbar auch die Patienten aufgeklärt.
Aufforderungen der Beigeladenen Nr. 1, die Anwendung des Medikaments Carbostesin einzustellen, hat der Kläger ignoriert, obgleich man ihn darauf hingewiesen hatte, dass er einen durch keinerlei Studien gestützten Off-Labe-Use praktiziert, vor dem der Arzneimittelhersteller (sogar) warnt. Er hat auf die Aufforderungsschreiben der Beigeladenen Nr. 1 vom 31.8.2007 und 19.9.2007 nicht geantwortet und dieses Verhalten in der mündlichen Verhandlung des ZA vom 17.12.2008 damit begründet, er habe nicht eingesehen bzw. nicht gewusst, weshalb er von seiner Behandlungsmethode Abstand nehmen soll. Er hat damit trotz der unmissverständlichen Hinweise der Beigeladenen Nr. 1 auf seiner Behandlungsweise beharrt, obgleich er zumindest im Hinblick auf die mitgeteilte Herstellerwarnung Gefahren für seine Patienten hat besorgen müssen. Dies hat ihn - unbeschadet der allgemeinen Pflicht zur Kooperation mit den vertragsärztlichen Instanzen - noch nicht einmal dazu veranlasst, sich mit der Beigeladenen Nr. 1 auf deren Schreiben hin in Verbindung zu setzen und Rücksprache zu halten. Der Kläger hat schließlich noch im Klageverfahren – bereits in Kenntnis der Einschätzung des Prof. Dr. P. - auf seiner Behandlungsmethode beharrt und vorgetragen, er sei nach wie vor von der Wirksamkeit seiner seit 20 Jahren praktizierten Medikation überzeugt, die noch nie zu Problemen geführt habe, und Prof. Dr. P. habe (u.a.) seine Behandlungserfolge nicht ausreichend berücksichtigt. In einem selbst verfassten Schriftsatz vom 14.6.2009 hat er sogar die Ungefährlichkeit der Behandlungsmethode bei der von ihm (ohne Geräteeinsatz) praktizierten Überwachung mittels Blutdruckmessung (u.a.) durch nichtärztliches Hilfspersonal betont. In dem gesamten Verhalten des Klägers tritt ein Maß an nachhaltiger Uneinsichtigkeit und Selbstgewissheit hervor, das bei Behandlungsmethoden, die als vital patientengefährdende Kunstfehler einzustufen sind, für die weitere vertragsärztliche Tätigkeit und damit den Fortbestand der Zulassung nicht ohne Folgen bleiben kann. Daran ändert es nichts, dass der Kläger die in Rede stehende Behandlungsmethode nach eigenen Angaben seit Oktober 2007 nicht mehr anwendet und sich von ihr mittlerweile wohl endgültig gelöst hat. Das steht der Zulassungsentziehung bzw. deren Fortbestand, wie sogleich noch darzulegen sein wird, auch unter dem Gesichtspunkt des Wohlverhaltens nicht entgegen.
b.) Der Kläger hat außerdem bei der Abrechnung von Behandlungsleistungen in schwerwiegendem Maß nachhaltig gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen.
Der Kläger hat die in Rede stehenden schmerztherapeutischen Behandlungen – die Liegezeit und die dabei vorgenommene Überwachung der Patienten - (seit Geltung des EBM 2000plus) zunächst fehlerhaft nach Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM 2000plus abgerechnet, obwohl diese Gebührennummern hinsichtlich des obligaten Leistungsinhalts nur die ambulante praxisklinische Betreuung und Nachsorge bei konsumierenden Erkrankungen, enteraler Ernährung und künstlicher Befruchtung betreffen. Das in den genannten Gebührennummern beschriebene Patientenklientel hat der Kläger unstreitig nicht behandelt, vielmehr schmerztherapeutische Leistungen für Schmerzpatienten erbracht. Diese Leistungen konnten nach der klaren und unmissverständlichen Leistungslegende der Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM 2000plus aber bei bloßer Erbringung des fakultativen Leistungsinhalts (Infusionen) unzweifelhaft so nicht abgerechnet werden; der Kläger hat offenbar auch als einziger Arzt seiner Fachgruppe die genannten Gebührennummern angesetzt. Der Kläger war sich ersichtlich über die Fehlerhaftigkeit der Leistungsabrechnung auch im Klaren, nachdem er zu deren Rechtfertigung im Widerspruchsverfahren gegen die Honorarkürzungsbescheide vom 26.7.2006 und 17.10.2006 (nur) geltend gemacht hat, die von ihm durchgeführte Infusionsbehandlung sei weitaus riskanter als die in den genannten Gebührennummern aufgeführte Beobachtung und Betreuung von Patienten mit konsumierender Erkrankung. Dass ein Vergleich dieser Art die Anwendung einer Gebührennummer des EBM über den eindeutigen Wortlaut hinaus nicht rechtfertigen kann, musste dem Kläger als Vertragsarzt bewusst sein. Er hat gleichwohl die Behandlungsleistungen, auf die er seine Praxis ausgerichtet hatte, fehlerhaft über lange Zeit und in dem erheblichem Umfang von etwa 129.000 EUR abgerechnet.
Der Kläger hat bei der pflichtwidrigen Abrechnungsweise – nicht anders als bei der pflichtwidrigen Behandlungsweise – auf seinem rechtswidrigen Verhalten mit Nachdruck beharrt. Er hat die unzulässige Abrechnung auch nach der verfügten Honorarkürzung durch die Bescheide der Beigeladenen Nr. 1 vom 26.7.2006 und 17.10.2006 nicht aufgegeben, sondern die Leistungen zunächst weiterhin vertragsärztlich, (jetzt) nach Gebühren-Nrn. 30710/30760 EBM abgerechnet. Die letztgenannte Gebührennummer setzt im obligaten Leistungsinhalt freilich eine mindestens 30minütige Überwachung bei u.a. kontinuierlichem EKG-Monitoring bzw. kontinuierlicher Pulsoxymetrie voraus, was der Kläger nach eigenem Bekunden gerade nicht anwendet. Nachdem die Beigeladene Nr. 1 die neue Abrechnungsweise ebenfalls beanstandet hatte, hat er den Versicherten die Überwachungszeiten über 30 Minuten schließlich privatärztlich in Rechnung gestellt. Der Vertragsarzt darf von Versicherten gem. § 18 Abs. 8 Nr. 2 und 3 BMV-Ä bzw. § 21 Abs. 8 Nr. 2 und 3 EKV-Ä aber eine Vergütung nur fordern, wenn und soweit der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden, und dies dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt, oder wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen Vergütung vertragsärztlicher Leistungen durch den Versicherten abverlangte Privathonorare ist demgegenüber unzulässig und stellt eine schwerwiegende Verletzung vertragsärztlicher Pflichten dar (vgl. eingehend etwa BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00R -; auch BSG, Urt. v. 12.5.1993, - 6 RKa 8/92 -). Der Kläger hat gerade das getan. Die Versicherten haben von ihm nicht die Erbringung (gesonderter oder zusätzlicher) privatärztlicher Leistungen erbeten. Aus dem Merkblatt, das der Kläger nach der Honorarkürzung durch die Beigeladene Nr. 1 verfasst hat, geht vielmehr unzweifelhaft hervor, dass er von ihnen die Zahlung zusätzlichen Privathonorars für Überwachungsleistungen als Bestandteil der von ihm als vertragsärztliche Leistung erbrachten und als solche auch abgerechneten Schmerzbehandlung (Infusionsbehandlung) verlangt hat. Das auf diese Weise erwirkte Einverständnis der Versicherten mit der Privatliquidation ist unerheblich.
2.) Wegen der genannten gröblichen Verletzungen vertragsärztlicher Pflichten ist den vertragsärztlichen Instanzen die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht zumutbar. Daran hat sich auch durch das Verhalten des Klägers nach der Zulassungsentziehung und der Aufhebung ihrer sofortigen Vollziehbarkeit durch das Sozialgericht durch Beschluss vom 9.7.2009 (S 1 KA 1918/09 ER) bis zur mündlichen Verhandlung des Senats nichts geändert. Wohlverhalten kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen.
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger die Behandlungsmethode, die zur Zulassungsentziehung geführt hat, aufgegeben hat und offenbar nur noch Analgetika-Infusionen durchführt. Dies beruht aber wesentlich auf dem Druck der Zulassungsentziehung bzw. des anhängigen Rechtsstreits über die Zulassungsentziehung und nicht in erster Linie auf innerer Überzeugung und Einsicht. Der Kläger hat, wie dargelegt, nämlich noch zur Begründung seiner Klage an der Richtigkeit und sogar Gefahrlosigkeit seiner Behandlungsweise festgehalten, obwohl ihm Prof. Dr. P. zuvor in der mündlichen Verhandlung des Beklagten deren (Lebens-)Gefährlichkeit klar vor Augen geführt hatte. Er hat im Klageverfahren außerdem auf seine Behandlungserfolge gepocht und Prof. Dr. P. vorgehalten, diese nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Das verdeutlicht, dass beim Kläger ein wirklich tiefgreifender Sinneswandel nicht stattgefunden hat und das derzeitige Wohlverhalten jedenfalls wesentlich auch verfahrensorientiert dazu dient, die Folgen der Zulassungsentziehung doch noch abzuwenden. Außerdem wiegen die Pflichtverletzungen des Klägers besonders schwer. Ein Vertragsarzt, der über nahezu 2 Jahrzehnte bei Tausenden von Versicherten eine den Regeln der ärztlichen Kunst widersprechende Behandlungsmethode anwendet, die als das Leben der Patienten gefährdender Kunstfehler eingestuft werden muss, der auf entsprechende Hinweise der Kassenärztlichen Vereinigung nicht reagiert und eingeforderte Dokumentationspflichten als unnötigen Beschäftigungszwang abtut und der an seiner Behandlungsmethode sogar (zunächst) noch festhält, nachdem ihm deren Unzulässigkeit und Gefährlichkeit im Zulassungsentziehungsverfahren durch einen vom Berufungsausschuss bestellten Gutachter klar vor Augen geführt worden ist, kann auch im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) künftig an der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr teilnehmen.
Die Einstellung des gegen den Kläger durchgeführten Strafverfahrens gem. § 153 StPO wegen geringer Schuld ändert nichts. Für die Entziehung der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung kommt es nach Maßgabe des § 95 Abs. 6 SGB V auf eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten und nicht darauf an, wie das der Pflichtverletzung zugrunde liegende Verhalten in strafrechtlicher bzw. strafverfahrensrechtlicher Hinsicht gewertet wird, zumal die Zulassungsentziehung ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraussetzt.
Schließlich hat der Kläger auch die unzulässige (vertrags- bzw. privatärztliche) Abrechnung von Leistungen bei der Überwachung von Infusionspatienten zunächst noch fortgeführt, obwohl ihm die Rechtswidrigkeit sowohl der Behandlungsmethode selbst wie der Leistungsabrechnung mit Nachdruck vor Augen geführt worden war. Der Kläger hat erst nach der mündlichen Verhandlung des SG ab dem Quartal 4/10 sein Abrechnungsverhalten geändert; er hat sich somit weder von dem Zulassungsausschuss noch von dem Beklagten, sondern erst von dem SG überzeugen lassen. Wenn er hiervon nunmehr Abstand genommen hat, stellt dies aus den bereits zur Aufgabe der Behandlungsmethode dargelegten Gründen kein Wohlverhalten dar, das die Zulassungsentziehung als nicht mehr gerechtfertigt erscheinen ließe. Zurecht hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Senats die Auffassung vertreten, die seitdem vergangene Zeit sei angesichts des langjährigen erheblichen Fehlverhaltens des erst unter dem Druck des Zulassungsentziehungsverfahrens belehrbaren Klägers zu kurz, um dauerhaftes Vertrauen in ein zukünftiges regelgemäßes Abrechnungs- und Behandlungsverhalten des Klägers zu bekommen.
Das Alter des Klägers von nunmehr 64 Jahren rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger aller Voraussicht nach keine Aussicht mehr haben wird, den Beruf des Vertragsarztes künftig noch einmal auszuüben. Angesichts von Art und Ausmaß der gröblichen Pflichtverletzungen des Klägers stellt sich das aber nicht als unverhältnismäßigen Eingriff in sein Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Danach ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (zum Streitwert in Zulassungssachen Senatsbeschluss vom 24.3.2011, - L 5 KA 4265/10 ER-B -). Der Senat legt die Verhältnisse der Quartale 4/2010 bis 3/2011 zugrunde. Der Kläger hat mit der Klage und der Berufung angestrebt, entsprechend dem in diesen Quartalen gezeigten Abrechnungs- und Behandlungsverhalten zukünftig auch weiter praktizieren zu können. Damit ergibt sich für den maßgeblichen Dreijahreszeitraum ein Gesamthonorar von 105.096,41 EUR. Davon sind Praxiskosten nach einer Quote von 63% und damit von 66.210,73 EUR abzuziehen. Der verbleibende Betrag von 38.885,68 EUR ist auf drei Jahre hochzurechnen. Als Streitwert sind somit 116.657,04 EUR festzusetzen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3 bis 6, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auf jeweils 116.657,04 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Der 1947 geborene Kläger ist seit 1.1.1990 als Facharzt für Neurochirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Vertragsarztsitz (derzeit) in S. zugelassen. Seitdem führte er zur Behandlung von Schmerzpatienten intravenöse Infusionen mit dem Medikament Carbostesin 0,5 % in Kombination mit Dolantin und Diazepam durch. Während und nach der Infusionsbehandlung wurden die Patienten bei der Liegezeit in der (hierfür speziell eingerichteten) Praxis des Klägers von diesem bzw. seinem nichtärztlichen Hilfspersonal (ohne Geräteeinsatz) überwacht. Die Leistungen rechnete der Kläger zunächst nach den Gebühren-Nrn. 418, 430, 431, 450 EBM 1999 ab; die letztgenannte Gebührennummer betraf dokumentierte Überwachungsleistungen mit kontinuierlichem EKG-Monitoring und kontinuierlicher Pulsoxymetrie im Anschluss an Infusionsbehandlungen. Ab dem Quartal 2/05 setzte der Kläger die Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM 2000plus (1405 bzw. 2665 Punkte) an. Diese Gebührennummern betreffen Leistungen der ambulanten praxisklinischen Betreuung und Nachsorge. Der obligate Leistungsinhalt ist mit der Beobachtung und Betreuung eines Kranken mit konsumierender Erkrankung (z.B. fortgeschrittenes Malignom, HIV-Erkrankung im Stadium AIDS) unter parenteraler invasiver Behandlung mittels Kathedersystems und/oder der Beobachtung und Betreuung eines enteral zu ernährenden kachektischen Patienten über eine Magensonde oder Gastrostomie und/oder der Beobachtung und Betreuung einer Patientin, bei der ein i.v.-Zugang angelegt ist, am Tag der Eizellentnahme, umschrieben. Der fakultative Leistungsinhalt umfasst Infusionen über mehr als 2 Stunden (Gebühren-Nr. 01510 EBM 2000plus) oder mehr als 4 Stunden (Gebühren- Nr. 01511 EBM 2000plus).
Bereits mit Schreiben vom 28.10.2002 hatte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen Nr. 1 den Kläger (nach einer routinemäßigen Abrechnungsprüfung) aufgefordert, Dokumentationen zu den abgerechneten Überwachungsleistungen vorzulegen. Dieser Aufforderung kam er (auch nach Mahnung) nur unvollständig nach. Unter dem 28.12.2002 führte der Kläger aus, er nehme (seit seiner Niederlassung und lange vor Schaffung der "Almosenziffer 450") schmerzorientierte Infusionen, aber keine Narkosen vor. Die Patienten würden nicht mit teurem unpersönlichem Gerät, sondern von geschultem Personal überwacht.
Im Zuge einer Wirtschaftlichkeitsprüfung legte die Ärztin für spezielle Schmerztherapie Dr. P. unter dem 4.2.2003 (u.a.) dar, aus den Protokollen des Klägers ergäben sich deutliche Hinweise darauf, dass entweder nicht erbrachte Leistungen abgerechnet oder in grob fahrlässiger Weise zu niedrige Sicherheitsstandards angewendet worden seien. Verabreicht werde ein Lokalanästhetikum mit hoher kardiovasculärer Toxizität ohne entsprechende Kontrollen. Der Kläger habe die einschlägigen Sicherheitsregeln in keinem einzigen Fall beachtet und auch die notwendigen Dokumentationen nicht angefertigt. Die Leistungen entsprächen weder in formaler noch fachlicher Hinsicht den schmerztherapeutischen Qualitätskriterien. An dieser Einschätzung hielt Dr. P. im Schreiben vom 27.6.2004 fest; der Kläger setze sich über die einschlägigen medizinischen (Sicherheits-)Standards hinweg.
Nachdem der Kläger zur Vermeidung sachlich-rechnerischer Honorarberichtigungen aufgefordert worden war, die Leistungserbringung künftig ordnungsgemäß zu dokumentieren, führte er unter dem 21.6.2004 (u.a.) aus, die Forderung nach (mehr) Dokumentation stelle einen unnötigen Beschäftigungszwang dar. Seit der Niederlassung sei es bei seinen schmerztherapeutischen Behandlungen nicht zu Komplikationen gekommen. Er werde die Behandlung so wie bisher weiterführen und auch weiter so dokumentieren.
Mit Bescheid vom 26.7.2006 verfügte die Beigeladene Nr. 1 eine sachlich-rechnerische Berichtigung des Honorars des Klägers für die Quartale 2/05 bis 1/06 und gab dem Kläger auf, Honorar in Höhe von 107.103,42 EUR zurückzuzahlen. Er habe (vor allem) Leistungen nach Gebühren-Nr. 01510 EBM 2000plus abgerechnet, den erforderlichen Leistungsinhalt aber nicht erfüllt. Mit weiterem Bescheid vom 17.10.2006 wurde das Honorar des Klägers auch für das Quartal 2/06 entsprechend sachlich-rechnerisch berichtigt mit der Folge einer Honorarrückforderung in Höhe von 22.031,38 EUR.
Der Kläger legte gegen die Kürzungs- bzw. Rückforderungsbescheide Widerspruch ein und trug vor, die intravenöse Applikation von Carbostesin könne zum Herzstillstand führen, weshalb der Patient fortlaufend durch den Arzt sowie geschultes Personal überwacht werden müsse. Würde ein Patient bei der Infusion sterben, würde man gegen ihn wegen fahrlässiger Tötung ermitteln. Er sei sich dieser Gefahr bewusst, führe die Infusionen aber weiter durch, weil er damit schon als Klinikarzt in Berlin gute Erfahrungen gesammelt habe. Die von ihm praktizierte Art der Infusionsbehandlung sei weitaus riskanter als etwa die Beobachtung und Betreuung eines Patienten mit konsumierender Erkrankung; dabei stehe der Arzt nicht "mit einem Fuß im Gefängnis". Seit mehr als 17 Jahren habe es allerdings keine Zwischenfälle gegeben. Er habe seine Praxis von Anfang an so eingerichtet, dass die Patienten die erforderliche Zeit liegen und kontinuierlich betreut werden könnten. Seine Praxis sei eine reine Behandlungspraxis; Geräte für Untersuchungen habe er bewusst nicht angeschafft (Schreiben vom 22.8.2006 und 20.1.2007).
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.3.2007 wies die Beigeladene Nr. 1 die Widersprüche zurück. Der Kläger habe den (obligaten) Leistungsinhalt der Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM 2000plus nicht erbracht, insbesondere die in diesen Gebührennummern festgelegte Patientenklientel (Patienten mit konsumierenden Erkrankungen) nicht behandelt. Leistungen der allgemeinen Schmerztherapie könnten nach den genannten Gebührennummern nicht abgerechnet werden. Die Erbringung des fakultativen Leistungsinhalts (Vornahme von Infusionen) genüge nicht. Man habe sich hinsichtlich des medizinischen Aspektes mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung abgestimmt. Klage wurde nicht erhoben.
Der Kläger verfasste in der Folgezeit ein Merkblatt für seine Patienten (Bl. 54 Verwaltungsakte). Darin ist u.a. ausgeführt, nach Einführung des EBM 2000plus zum April 2005 sei es bei ihm zu Honorareinbußen von über 30 % gekommen, die er durch drastische Sparmaßnahmen habe abfangen können. Nunmehr verlange die Beigeladene Nr. 1 außerdem Honorar zurück. Es handele sich um Leistungen nach Gebühren-Nr. 01510 EBM 2000plus (praxisklinische Betreuung bis zu 2 Stunden). Ohne die Liegezeit könne er die invasive Schmerztherapie nicht durchführen und er müsste sich auf nicht sinnvolle intramuskuläre Injektionen beschränken. Um weiterhin qualifiziert behandeln zu können, müsse er die unabdingbare Liege- und Beobachtungszeit als privatärztliche Leistung abrechnen. Er werde je nach Wunsch täglich, wöchentlich oder monatlich eine entsprechende Rechnung ausstellen, die sodann der Krankenkasse vorgelegt werden könne; es sei aber ungewiss, ob diese die Kosten übernehme. Er müsse zudem weitere Positionen, wie bei schlechten Venen notwendige Kanülen (als Sprechstundenbedarf nur eine Kanüle erlaubt), Verwaltungsarbeiten (Bescheinigungen, Atteste, Kopien), Aufbauspritzen und bestimmte Blutuntersuchungen ebenfalls privat abrechnen.
Mit Schreiben vom 2.4.2007 wies die Beigeladene Nr. 1 (nachdem wegen des genannten Merkblatts Beschwerden von Versicherten und Krankenkassen eingegangen waren) den Kläger darauf hin, die in Rede stehenden Leistungen der Schmerztherapie könnten nicht nach Gebühren-Nr. 01510 EBM abgerechnet werden; die Liegezeit der Patienten sei mit der Infusionsleistung abgegolten. Außerdem sei die Abrechnung der Liegezeit als privatärztliche Leistung unzulässig. Der Kläger verletze damit seine vertragsärztlichen Pflichten und möge die beanstandete Vorgehensweise umgehend einstellen.
Der Kläger rechnete die streitigen Leistungen sodann nach Gebühren-Nrn. 30710/30760 EBM 2000plus ab (Infusion verschreibungspflichtiger Analgetika oder von Lokalanästhetika unter systemischer Anwendung in überwachungspflichtiger Konzentration von mindestens 30 Minuten/dokumentierte Überwachung im Anschluss an diese Leistung - obligater Leistungsinhalt u.a. kontinuierliches EKG-Monitoring bzw. kontinuierliche Pulsoxymetrie) und verlangte außerdem weiterhin zusätzliche Privathonorare.
Mit Schreiben vom 16.7.2007 beanstandete die Beigeladene Nr. 1 auch die geänderte Abrechnungsweise und forderte den Kläger erneut auf, Privatliquidationen kumulativ zur Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen künftig zu unterlassen und bereits erhaltene Privathonorare zurückzuzahlen. Der Kläger kam dem auch nach weiterer (die Einleitung eines Disziplinarverfahrens androhender) Aufforderung in Schreiben der Beigeladenen Nr. 1 vom 21.8.2007 und 22.8.2007 nicht nach.
Die Beigeladene Nr. 1 stellte fest, dass das Medikament Carbostesin 0,5 % arzneimittelrechtlich zur intravenösen Infusion im Rahmen einer Schmerztherapie - wofür es auch keine entsprechenden Studien gibt - nicht zugelassen ist, in den Fachinformationen des Arzneimittelherstellers vielmehr Vorkehrungen zur Vermeidung einer intravenösen Injektion (als Warnhinweis) gefordert werden.
Mit Schreiben vom 26.7.2007 teilte der Anästhesist und Schmerztherapeut Dr. B. der Beigeladenen Nr. 1 auf Nachfrage ergänzend mit, das Verhalten des Klägers (Carbostesin-Infusion) sei als schwerer vitalgefährdender Kunstfehler einzustufen. Dieser Auffassung schlossen sich die Schmerztherapeuten Dr. W. und Dr. P. (Schreiben vom 25.7.2007 bzw. 31.7.2007) an. Dr. P. führte ergänzend aus, das geschulte Personal des Klägers könne auftretende Rhythmusstörungen nicht schnell genug verifizieren, um Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Carbostesin könne (anders als andere Lokalanästehtika) schon in therapeutischer Konzentration zu schweren Rhythmusstörungen führen, wobei die Nebenwirkungen dieses Arzneimittels auch schwer therapierbar seien.
Mit Schreiben vom 31.8.2007 wies die Beigeladene Nr. 1 den Kläger darauf hin, bei seiner Behandlungsweise wende er das Medikament Carbostesin im Off-Label-Use an. Die Zulassung des Arzneimittels umfasse nicht intravenöse Infusionen. Es gebe keine Studien, die dies befürworteten; hiervor werde vielmehr sogar gewarnt. Schon in therapeutischer Konzentration könne es zu schweren Herzrhythmusstörungen und zum Herzstillstand kommen; dies wäre zudem schwer beherrschbar. Der Kläger habe in seinem Widerspruch gegen die Honorarkürzung selbst auf die erheblichen Risiken seiner Behandlungsmethode hingewiesen. Die intravenöse Applikation von Carbostesin sei als kontraindiziert anzusehen. Er möge von seiner Behandlungsmethode unverzüglich Abstand nehmen und dies bis 10.9.2007 bestätigen. Der Kläger reagierte hierauf nicht.
Mit weiterem Schreiben vom 19.9.2007 forderte die Beigeladene Nr. 1 den Kläger erneut zum Unterlassen der streitigen Behandlungsmethode und einer entsprechenden Bestätigung bis 28.9.2007 auf; andernfalls müsse man weitere Maßnahmen in Erwägung ziehen. Der Kläger reagierte auch hierauf nicht.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 17.8.2007 (40 IN /07) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet und ein Insolvenzverwalter ernannt.
Mit Schreiben vom 23.5.2008 beantragte die Beigeladene Nr. 1 beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (ZA), dem Kläger die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Zur Begründung führte sie unter Hinweis auch auf die vorgenommenen Honorarkürzungen aus, der Kläger, der angeforderte Unterlagen, wie - zudem lückenhafte - Patientendokumentationen erst nach mehrfachen Aufforderungen vorgelegt habe, gefährde mit der intravenösen Infusion des Arzneimittels Carbostesin die Gesundheit der Versicherten; diese Behandlungsmethode stelle nach Auffassung der Schmerztherapie-Kommission (ihrer Bezirksdirektion F.) einen vitalgefährdenden Kunstfehler dar. Man habe den Kläger deshalb aufgefordert, diese Behandlung nicht mehr durchzuführen und dies schriftlich zu bestätigen. Er habe darauf bislang nicht reagiert. Außerdem habe der Kläger die Versicherten wegen der Gefahr eines Herzstillstands infolge der Infusionsbehandlung praxisklinisch betreut bzw. überwacht und diese Leistung zusätzlich zur vertragsärztlichen Abrechnung privatärztlich in Rechnung gestellt, nachdem man die Abrechnung der Gebühren-Nrn. 01510 und 01511 EBM sachlich-rechnerisch berichtigt habe. Er habe schließlich mehrfach gegen seine satzungsmäßige Pflicht, ihr unverzüglich nach Aufforderung Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, verstoßen. Der Kläger habe mit diesem Verhalten seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.
Am 23.7.2008 führte der ZA erstmals eine mündliche Verhandlung durch. Der Kläger trug vor, er wende die streitige Behandlungsmethode seit der Niederlassung im Jahr 1990 (bei mittlerweile 8000 Patienten – Stellungnahme vom 12.10.2008) an, ohne dass es zu Zwischenfällen gekommen sei. Seine Mitarbeiter seien gut geschult und wüssten, dass es zu einem Herzstillstand kommen könne, wenn die Infusion in zu hoher Dosierung oder zu schnell durchgeführt werde. Er sei schon im Jahr 1997 von der Beigeladenen Nr. 1 "niedergemacht" worden und habe wegen einer Plausibilitätsprüfung über sechs Monate keine Abschlagszahlungen erhalten. Die Beigeladene Nr. 1 habe ihm die Vergütung der Liegezeiten nach durchgeführter Infusion gestrichen, weswegen er dies im Einvernehmen mit den Patienten, die er nach der Infusion nicht einfach nach Hause schicken könne, privat abrechne. Er habe in seiner Praxis 6 Liege- und einen Sitzplatz eingerichtet.
Der Kläger legte außerdem eine von Gh. Sehhati-Chaffai herausgegebene Veröffentlichung "Schmerzdiagnostik und Therapie - Kreuzschmerz" auszugsweise in Kopie vor; die dort angegebenen Dosierungen habe er etwas modifiziert. Der ZA beschloss, hierzu ein Gutachten zu erheben und vertagte die mündliche Verhandlung; zum Gutachter wurde Prof. Dr. P. (Anästhesiologische Universitätsklinik F.) bestellt.
Prof. Dr. P. führte im Gutachten vom 11.8.2008 aus, die in der genannten (in purstem Sinn pseudowissenschaftlichen) Studie angeführte Infusion einer Lösung mit einem Lokalanästhetikum sei im Allgemeinen nicht bedenklich, vorausgesetzt, es gebe hierfür eine klare medizinische Indikation. Das werde indessen zutiefst bezweifelt. Die Studie widerspreche jedem wissenschaftlichen Standard; ihre Aussagen basierten auf keinerlei wissenschaftlichen Daten und seien bedeutungslos, wenn nicht gar irreführend. Die Angabe einer nicht näher spezifizierten Erfolgsrate von 43% liege unter dem zu erwartenden Placeboeffekt. Das Verfahren (Infusion mit Lokalanästhetika) sei nicht so sehr wegen des Gefahrenpotentials, sondern wegen der nicht belegten Wirksamkeit medizinisch äußerst bedenklich. Auch wenn Infusionen selten mit ernsthaften Komplikationen verbunden seien, sei ein Risikopotential immer vorhanden, besonders wenn zusätzlich Lokalanästhetika intravenös verabreicht würden. Mangels belegten Nutzens seien das Restrisiko und die Belastung für den Patienten nicht vertretbar.
Am 17.9.2008 führte der ZA eine weitere mündliche Verhandlung durch und entzog dem Kläger mit Beschluss vom gleichen Tag/Bescheid vom 6.10.2008 die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für Neurochirurgie. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Er habe trotz mehrfacher Belehrung durch die Beigeladene Nr. 1 gesetzlich Versicherten vertragsärztliche Leistungen rechtswidrig als privatärztliche Leistung in Rechnung gestellt. Hiervon habe er nicht abgelassen und die unzulässigen Privatliquidationen auch nicht rückgängig gemacht. Mit der intravenösen Infusion des Medikamentes Carbostesin im Rahmen der Schmerztherapie habe der Kläger die Patienten außerdem gesundheitlich gefährdet. Trotz mehrfacher Aufforderung habe er diese Behandlungsweise ebenfalls nicht aufgegeben.
Der Kläger – dessen Insolvenzverwalter - legte am 14.10.2008 Widerspruch ein. Der Bescheid des ZA sei mangels Zustellung an den Insolvenzverwalter nicht wirksam geworden. Der Insolvenzverwalter hätte auch angehört werden müssen. Der ZA stütze die Behauptung von Behandlungsfehlern auf bloße Vermutungen. Lokalanästhetika - auch Carbostesin - seien zur intravenösen Anwendung zugelassen. Die Betreuung der Patienten während der Liegezeiten (als Wirkungsphase nach durchgeführter Infusion) sei keine vertragsärztliche Leistung und dürfe daher privatärztlich abgerechnet werden. In einer Stellungnahme vom 12.10.2008 führte der Kläger ergänzend aus, bislang sei es bei seiner, sicher nicht als üblich zu bezeichnenden, Behandlungsmethode noch nicht zu Zwischenfällen gekommen. Mit der Privatliquidation seien die Patienten nach entsprechender Information einverstanden gewesen.
Der Beklagte stellte im Widerspruchsverfahren weitere Ermittlungen an. Die Beigeladene Nr. 1 erstattete außerdem Strafanzeige. Gegenstand der anschließenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen war die Frage, ob der Tod zweier Patienten unmittelbar nach der Behandlung durch den Kläger ursächlich auf seine Behandlung zurückzuführen war, was ihm jedoch nachträglich nicht nachzuweisen war, da für das plötzliche Versterben der Patienten auch andere Erkrankungen in Betracht kamen. Das Landgericht Konstanz ließ eine gegen den Kläger erhobene Anklage wegen der Infusionsbehandlung mit Carbostesin zu (Verfahren 3 KLs 43 Js /08). Das Strafverfahren wurde nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am 13.12.2010 wegen geringer Schuld gem. § 153 StPO eingestellt.
Mit Schriftsatz vom 3.12.2008 ließ der Kläger mitteilen, er werde die streitige Behandlungsmethode bzw. Carbostesin in der Schmerztherapie künftig nicht mehr intravenös anwenden. Die privat abgerechneten Liegezeiten der Versicherten seien mit der Vergütung nach Gebühren-Nrn. 30710/30760 EBM aber nicht abgegolten. Er biete im Ergebnis zwei Leistungen (Infusion und Betreuung in der Liegezeit) an; eine unzulässige Doppelabrechnung liege daher nicht vor.
Am 17.12.2008 führte der Beklagte eine mündliche Verhandlung durch. Der Kläger beschrieb seine Behandlungsmethode und gab u.a. an, im Aufklärungsgespräch mit den Patienten erwähne er, dass das Medikament langsam infundiert werden müsse, da Herzrhythmusstörungen auftreten könnten und es auch zum Herzstillstand kommen könne. Vor, während und nach der Infusion werde der Blutdruck gemessen, was er aber nicht dokumentiere. Regelmäßig seien vier ausgebildete Helferinnen in der Praxis. Es würden durchgehend mindestens acht Patienten am Tag behandelt. Die Schreiben der Beigeladenen Nr. 1 zur Einstellung der Infusionsbehandlungen habe er zwar erhalten, aber zunächst (bis zur mündlichen Verhandlung vor dem ZA) nicht eingesehen bzw. nicht gewusst, weshalb er von seiner bewährten Behandlungsmethode Abstand nehmen solle. Nach Erörterung mit seinem Rechtsanwalt habe er dann die Behandlungen eingestellt.
Der Beklagte hörte außerdem Prof. Dr. P. als Sachverständigen. Dieser führte aus, unabhängig von der konkreten Indikation sei die intravenöse Gabe des Medikaments Carbostesin 0,5% mit dem Wirkstoff Bupivacain Hydrochlorid 1 H2O generell kontraindiziert, da es dabei zu nicht behandelbaren Herzstillständen kommen könne. Es gebe weltweit keine einzige Studie, die die Eignung intravenösen Bupivacains zur Schmerztherapie belege. Die intravenöse Verabreichung des Wirkstoffs Bupivacain stelle einen schweren, vital gefährdenden Kunstfehler dar. Die Kombination einer Ampulle Bupivacain und einer Ampulle Diazepam sei potentiell lebensbedrohlich, zumal entsprechende Überwachungsmaßnahmen, wie Pulsoxymetrie, von einer Person angewendet werden müssten, die in akuter kardiopulmonaler Reanimation erfahren sei. Es könne in dieser Arzneimittelkombination sehr rasch zum Atemstillstand kommen. Jedenfalls sei die intravenöse Applikation von 10 mg Bupivacain in Kombination mit Dolantin und Diazepam noch einmal deutlich gefährlicher als die einfache Lösung des Medikaments Carbostesin 0,5%. Im Ergebnis sei die Anwendung des Medikaments in der vom Kläger beschriebenen Weise für Patienten objektiv erheblich gefährdend. Lidocain könne als Alternative intravenös angewendet werden, allerdings ebenfalls mit der Möglichkeit kardialer Probleme; diese wären allerdings leichter behandelbar. Bei verlangsamter Abgabe von Carbostesin 0,5% seien die Risiken zwar geringer, jedoch verbleibe im Verbund mit den weiteren Schmerzmitteln nach wie vor eine erhebliche Gefahr.
Der Kläger erklärte, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass der angewendete Medikamenten-Cocktail mit den vom Gutachter geschilderten Gefahren verbunden gewesen sei. Er werde diese Medikation künftig nicht mehr durchführen. Er habe zwar gewusst, dass es keine Studie zur intravenösen Applikation von Bupivacain in der Schmerztherapie gebe, die Entscheidung für diese Behandlungsmethode aber nach eigenem Ermessen und entsprechend seiner Erfahrung getroffen. Anfangs habe er noch Pulsoxymetrie und auch EGK angewandt. Als er aber gesehen habe, dass die Patienten seinen Medikamentencocktail gut vertrügen, habe er davon Abstand genommen.
Zur Leistungsabrechnung gab der Kläger ergänzend an, die Liegezeit bis 30 Minuten habe er nach Gebührennummern 30710/30760 EBM 2000plus, die darüber hinaus gehende Liegezeit privatärztlich abgerechnet. Sein Informationsblatt zur Abrechnung habe er den Patienten vorgelegt und um Unterschrift gebeten, wenn sie mit der Abrechnungsweise einverstanden seien. Wer nicht unterschrieben habe, sei nicht mehr zur Behandlung erschienen.
Mit Beschluss vom 17.12.2008/Bescheid vom 6.4.2009 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Außerdem ordnete er die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung an.
Zur Begründung führte der Beklagte u.a. aus, die intravenöse Infusion von Carbostesin stelle, was der Kläger gewusst habe, eine potentiell vitalgefährdende Behandlungsweise dar; das habe Prof. Dr. P. in Übereinstimmung (u.a.) mit den Dres. P. und B. und in Einklang mit den Herstellerhinweisen näher dargelegt. Obwohl man den Kläger hierauf mehrfach hingewiesen habe (Schreiben der Beigeladenen Nr. 1 vom 31.8.2007 und 19.9.2007), habe er die Behandlungsmethode weiter angewendet, weil er von ihrer Wirksamkeit überzeugt gewesen und es nach seinen Angaben bislang zu keinen ernsthaften Schäden gekommen sei. Dadurch habe der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt, auch wenn Patienten offenbar nicht geschädigt worden seien. Gem. § 28 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 16 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) und § 13 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) sei der Kläger verpflichtet, vertragsärztliche Leistungen nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu erbringen.
Weitere Pflichtverletzungen lägen darin, dass der Kläger wissentlich nicht hinreichend dokumentierte bzw. den Leistungslegenden der Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM nicht entsprechende Leistungen abgerechnet und (etwa 56) Versicherten unter Verletzung des § 18 BMV-Ä bzw. § 21 EKV-Ä privatärztliche Leistungen in Rechnung gestellt habe. Der Kläger habe in den Quartalen 2/05 bis 4/05 die Gebühren-Nrn. 01510 und 01511 EBM abgerechnet, obwohl er die dort beschriebenen Leistungsanforderungen nicht erfüllt habe. Deswegen habe die Beigeladene Nr. 1 sein Honorar sachlich-rechnerisch berichtigt und Honorarrückforderungen von 107.000 EUR (Quartale 2/05 bis 1/06) und von 22.031,38 EUR (Quartal 2/06) verfügt. Dem Kläger seien die Pflichtverletzungen auch bewusst gewesen, wie sich aus seinem Schreiben vom 22.8.2006 ergebe. Darin habe er ausgeführt, die von ihm angewandte Infusion sei weitaus riskanter als die Beobachtung und Betreuung eines Patienten mit konsumierender Erkrankung, weswegen er sein Abrechnungsverhalten für gerechtfertigt halte. Auch darin liege eine gröbliche Pflichtverletzung. Schließlich habe der Kläger trotz Abrechnung der Leistung nach Gebühren-Nrn. 30710 und 30760 EBM von den Versicherten zusätzliche Zahlungen verlangt und daran trotz entsprechender Aufklärung über die Rechts- und Sachlage festgehalten.
Am 4.5.2009 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg. Zuvor hatte er am 17.4.2009 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (Verfahren S 1 KA 1918/09 ER). Er trug vor, er habe die Infusionsbehandlung mit Carbostesin seit September 2007 eingestellt. Doppelabrechnung könne man ihm nicht vorwerfen. Die mit den Versicherten vereinbarten Privatliquidationen beträfen nämlich gar keine Kassenleistungen; beispielsweise könne er für Patienten mit schlechten Venen nicht alle benötigten Kanülen über den Sprechstundenbedarf abrechnen. Er stelle seit dem Quartal 2/07 für die Beobachtung und Betreuung der Patienten nach durchgeführter Infusion nur noch Privatrechnungen aus.
Die Beigeladene Nr. 1 trug vor, ungeachtet seiner Behauptungen habe der Kläger die Gebühren-Nrn. 30710/30760 EBM im Quartal 4/08 367- bzw. 533-mal abgerechnet. Der Kläger machte hierzu geltend, er habe den Infusionen seit September 2007 kein Lokalanästhetikum mehr beigegeben, sondern zulässigerweise nur noch Analgetika.
Mit Beschluss vom 9.7.2009 ordnete das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 6.4.2009 an. Zur Begründung führte es aus, das System der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten würde nicht konkret gefährdet, wenn der Kläger bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig als Vertragsarzt tätig sei. Der Kläger habe sich von der beanstandeten Behandlungsmethode distanziert und versichert, diese seit September 2007 nicht mehr anzuwenden. Deswegen sei im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger ergänzend vor, man werfe ihm vor, er habe angeblich eine patientengefährdende Behandlungsmethode angewendet und Leistungen doppelt (vertragsärztlich und privat) abgerechnet. Bei der fast 20 Jahre lang praktizierten intravenösen Gabe von Carbostesin im Rahmen der Schmerztherapie sei es nie zu Problemen gekommen. Prof. Dr. P. habe (u.a.) diese Tatsache, die nur verdünnte Anwendung des Medikaments und seine Behandlungserfolge nicht ausreichend berücksichtigt und einseitig auf die Gefährlichkeit des Medikaments Carbostesin abgestellt. Patienten habe er niemals vorsätzlich gefährdet. Er sei nach wie vor von der Wirksamkeit seiner Medikation und seiner Behandlungsmethode überzeugt, wende sie aber trotz dieser Überzeugung im Hinblick auf den Widerstand der Beigeladenen Nr. 1 nicht mehr an und wolle dadurch jeden Zweifel an der loyalen Zusammenarbeit ausräumen. Nach der Infusionsbehandlung müssten die Patienten Liegezeiten von mindestens eineinhalb bis zwei Stunden einhalten. Diese Leistung sei durch die Gebühren-Nr. 30710 EBM (Überwachung 30 Minuten) nicht abgegolten. Da die Beigeladene Nr. 1 die bisherige Abrechnung über Gebühren-Nrn. 01510/01511 nicht mehr akzeptiert habe, habe er die 30 Minuten übersteigenden Überwachungszeiten privat abgerechnet. Dazu seien die Patienten bereit gewesen. Eine Doppelt- oder Falschabrechnung liege also seit dem Quartal 2/07 nicht vor. Vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten könne man ihm nicht vorwerfen.
Mit von ihm selbst verfasstem Schriftsatz vom 14.6.2009 machte der Kläger geltend, dass die Infusion mit hochverdünnter Carbostesin-Lösung bei entsprechender Beobachtung und Betreuung gefahrlos sei, was durch das Ausbleiben tödlicher Folgen seit Aufnahme seiner Behandlungstätigkeit in den 90er Jahren unterstrichen werde.
Mit Urteil vom 24.11.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) aus, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Er beruhe auf § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V. Danach sei die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorlägen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnehme oder nicht mehr ausübe oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletze. Eine Pflichtverletzung sei gröblich, wenn sie so schwer wiege, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei. Das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen u.a. in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten müsse so gestört sein, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden könne (BSG, Urt. v. 20.10.2004, - B 6 KA 67/03 R -). Die Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentziehung richte sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Späteres Wohlverhalten könne den Eignungsmangel ggf. wieder entfallen lassen (näher: BSG, Beschl. v. 5.11.2008, - B 6 KA 59/08 B -).
Der Beklagte habe zu Recht angenommen, dass der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten durch eine jahrzehntelang praktizierte patientengefährdende Behandlungsmethode, eine jahrelange grob fehlerhafte Abrechnungsweise und durch unzulässige Privatliquidationen gröblich verletzt habe, was die Ungeeignetheit des Klägers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung indiziere. Wohlverhalten nach der Zulassungsentziehung liege nicht vor. Der Kläger sei nach wie vor von der Wirksam- und Vertretbarkeit seiner die Patienten vital gefährdenden Behandlungsmethode überzeugt und habe von ihr nur unter dem Druck des Zulassungsentziehungsverfahrens Abstand genommen. Er gehe auch weiterhin von der Zulässigkeit seiner grob fehlerhaften Abrechnungsweise aus und stelle den Patienten bei über 30minütigen Liegezeiten offenbar immer noch privatärztliche Leistungen in Rechnung.
Auf das ihm am 15.1.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.2.2011 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, die streitige Behandlungsmethode habe er im Oktober 2007 eingestellt. Die vom Beklagten beanstandeten Privathonorare habe er wegen der Honorarrückforderungen der Beigeladenen Nr. 1 nicht zurückzahlen können, da er habe Insolvenz anmelden müssen. Die Rückzahlungsansprüche der Versicherten gehörten zur Insolvenzmasse und er habe sie deswegen nicht mehr bedienen dürfen. Das Sozialgericht habe sein Wohlverhalten nicht ausreichend gewürdigt, zumal das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren wegen geringer Schuld eingestellt worden sei. Er habe seinen Fehler hinsichtlich der intravenösen Gabe von Carbostesin eingesehen und hiervon nicht nur unter dem Druck der Zulassungsentziehung Abstand genommen. Das Gutachten des Prof. Dr. P. habe ihn überzeugt. Zwar habe er zunächst weiterhin fehlerhaft abgerechnet, dies jedoch nur deshalb, weil er gemeint habe, die Überwachung der Patienten müsse in irgendeiner Weise honoriert werden. Auch dieses Verhalten habe er aber zwischenzeitlich insgesamt beendet; er rechne jetzt korrekt ab und stelle auch keine Privatrechnungen für Liegezeiten über 30 Minuten mehr aus. Der ZA habe insoweit selbst nur einen Regress, allenfalls ein Disziplinarverfahren, nicht aber die Zulassungsentziehung, befürwortet. Die Zulassungsentziehung sei im Kern auch auf die streitige, jetzt aufgegebene, Behandlungsmethode gestützt worden und als ultima ratio nicht mehr gerechtfertigt. Er sei jetzt 63 Jahr alt und hätte keine Gelegenheit mehr, seinen Beruf in wirtschaftlich sinnvoller Art und Weise auszuüben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.11.2010 und den Beschluss/Bescheid des Beklagten (über die Zurückweisung des Widerspruchs gegen die Zulassungsentziehung) vom 17.12.2008/6.4.2009 aufzuheben.
Der Beklagte und die Beigeladenen Nr. 1 und 2 beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, angesichts der zahlreichen, erheblichen Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten könne von der Zulassungsentziehung wegen etwaigen Wohlverhaltens des Klägers nicht abgesehen werden. Auf Wohlverhalten komme es außerdem erst an, wenn nach der Zulassungsentziehung eine nicht unerhebliche Zeit vergangen sei. Nur die Wiederzulassung, nicht jedoch die Feststellung erheblicher Pflichtverletzungen hänge vom Wohlverhalten des Vertragsarztes ab.
Der Kläger hat auf Nachfrage des Senats unter dem 28.9.2011 mitgeteilt, seit Ergehen der Zulassungsentziehung würden in seiner Praxis schwerpunktmäßig schmerzorientierte Infusionen (ohne Carbostesin), paravertebrale Blockaden mit Lokalanästhetikum, intramuskuläre Injektionen (Schmerzmittel), Abstimmung der oralen Schmerzmedikation und die Verordnung von Physiotherapie erbracht. Im Schnitt würden 600 Patienten im Quartal behandelt, etwa die Hälfte bis zu 3 Mal in der Woche. Er rechne im Quartal etwa 20.000 EUR, manchmal 30.000 EUR ab. Dies genüge gerade, um die Praxis "über Wasser zu halten". Die streitige Behandlungsmethode werde nach wie vor nicht mehr angewendet. Zu weiteren Beanstandungen durch die Beigeladene Nr. 1 sei es nicht gekommen. Privatrechnungen für Liegezeiten von Versicherten nach Infusionsbehandlungen würden nicht ausgestellt. Hinsichtlich des Insolvenzverfahrens befinde er sich derzeit in der Wohlverhaltensphase. Unter Berücksichtigung von Einnahmen und Ausgaben seien keine Beträge an den Insolvenzverwalter abzuführen; ggf. werde am Jahresende eine rückwirkende Betrachtung vorgenommen.
Die Beigeladene Nr. 1 hat hierzu mitgeteilt, der Kläger habe in den Quartalen 3/09 bis 4/10 die Gebührennummer 02101 EBM (mangels entsprechendem Patientengut), 30722 EBM ((Dokumentation sei nicht ersichtlich) sowie 30721 EBM nicht erfüllt, weswegen der Plausibilitätsausschuss eine sachlich-rechnerische Berichtigung beschlossen habe.
Die übrigen Beteiligten, denen der Schriftsatz des Klägers zur Kenntnis gegeben worden ist, haben hierzu nicht vorgetragen und Einwendungen nicht erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragsärzte, da es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten, der alleiniger Gegenstand des Verfahrens ist (BSG, Urt. v. 27.1.1993, - 6 RKa 40/91 -), ist rechtmäßig. Wohlverhalten nach der Zulassungsentziehung kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen.
I. Rechtsgrundlage der Zulassungsentziehung ist § 95 Abs. 6 SGB V. Danach ist die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.
Der Tatbestand der gröblichen Pflichtverletzung setzt in materiell-rechtlicher Hinsicht eine Pflichtverletzung solchen Gewichts voraus, dass ihretwegen die Entziehung der Zulassung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Das ist der Fall, wenn wegen der Pflichtverletzung das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen durch den Vertragsarzt so gestört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann. Wiederholt unkorrekte Abrechnungen oder nachhaltige Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot können die Zulassungsentziehung ebenso rechtfertigen, wie Pflichtverletzungen bei der Erbringung von Behandlungsleistungen. Auch Verfehlungen außerhalb der eigentlichen vertragsärztlichen Tätigkeit kommen in Betracht. Verschulden des Vertragsarztes ist nicht erforderlich (vgl. etwa. BSG, Urt. v. 19.7.2006, - B 6 KA 1/06 R -).
In zeitlicher Hinsicht sind alle Pflichtverletzungen des Arztes zu berücksichtigen, die vor der Entscheidung des Berufungsausschusses stattgefunden haben. Dies gilt auch dann, wenn der Berufungsausschuss die entsprechenden Sachverhalte nicht verwertet hat, etwa weil sie ihm noch nicht bekannt waren. Eine Bestimmung, die die Zulassungsgremien (nach der Art einer Verjährungsvorschrift) daran hindern würde, bereits länger zurückliegende gröbliche Pflichtverletzungen zur Begründung einer Zulassungsentziehung heranzuziehen, enthält das Gesetz nicht. Da die Zulassungsentziehung aber einen schweren Eingriff in die Berufswahlfreiheit darstellt, gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zum Zeitpunkt der Entscheidung der Zulassungsgremien bereits länger als die übliche Bewährungszeit von fünf Jahren zurückliegende Pflichtverletzungen nur dann noch zur Grundlage einer Zulassungsentziehung zu machen, wenn sie besonders gravierend sind (z. B. Fälle systematischen Fehlverhaltens im Behandlungs- oder Abrechnungsbereich) oder aus anderen Gründen - etwa bei fortgesetzter Unwirtschaftlichkeit - bis in die Gegenwart hinein fortwirken (BSG, Urt. v. 19.7.2006, - B 6 KA 1/06 R -).
Für die Entscheidung über eine Anfechtungsklage des Vertragsarztes (§ 54 Abs. 1 SGG) gegen die Zulassungsentziehung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei Ergehen der letzten Verwaltungsentscheidung (Bescheid des Berufungsausschusses) maßgeblich, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Zulassungsentziehung gem. § 97 Abs. 4 SGBV für sofort vollziehbar erklärt und auch vollzogen worden ist oder nicht. Freilich verliert der Vertragsarzt, dem die Zulassung entzogen worden ist, regelmäßig seine Praxis und hat vielfach keine Aussicht darauf, eine Vertragsarztpraxis neu aufzubauen. Im Hinblick auf die Rechtsgehalte des Grundrechts auf Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 1 GG) muss daher der Grundsatz, dass bei statusverändernden Maßnahmen wie der Zulassungsentziehung auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen ist, durchbrochen werden. Hat sich bei einer noch nicht vollzogenen Zulassungsentziehung die Sach- und Rechtslage während des Gerichtsverfahrens zu Gunsten des Klägers in einer Weise geändert hat, die die Zulassungsentziehung nicht mehr als angemessen erscheinen lässt, muss zu Gunsten des Vertragsarztes ein so genanntes Wohlverhalten nach Ergehen der Entscheidung des Berufungsausschusses berücksichtigt werden (zur Abgrenzung von Wohlverhalten und Bewährungszeit BSG, Beschl. v. 9.2.2011, - B 6 KA 49/10 B -). Insoweit sind Änderungen des Sachverhalts bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht zu beachten (zu alledem: BSG, Urt. v. 20.10.2004, - B 6 KA 67/03 R -; Urt. v. 19.7.2006, - B 6 KA 1/06 R -; auch BVerfG, Beschl. v. 31.8.2005, - 1 BvR 912/04 -). Nach der Rechtsprechung des BSG kommt dem - aus verfassungsrechtlichen Gründen sorgfältig zu prüfenden (BVerfG, Beschl. v. 31.8.2005, - 1 BvR 912/04 -; BSG, Urt. v. 19.7.2006, - B 6 KA 1/06 R -) - Wohlverhalten eines Arztes während des Streits über die Zulassungsentziehung aber grundsätzlich geringeres Gewicht zu als schwer wiegenden Pflichtverletzungen in der Vergangenheit, die zur Zulassungsentziehung geführt haben (BSG, Urt. v. 24.11.1993, - 6 RKa 70/91 -).
II. Davon ausgehend kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1.) Die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 SGB V für die Entziehung der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sind erfüllt. Der Kläger hat seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Senat kann hierfür zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheids des Beklagten sowie auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug nehmen (§§ 153 Abs. 1, 2, 136 Abs. 3 SGG). Der Kläger stellt die der Zulassungsentziehung zugrunde gelegten Pflichtverletzungen im Kern auch nicht mehr in Abrede, beruft sich vielmehr wesentlich auf Wohlverhalten nach der Zulassungsentziehung.
a.) Die schwerwiegendste Pflichtverletzung besteht in der über viele Jahre - seit 1990 jedenfalls bis Oktober 2007 - praktizierten Anwendung einer Behandlungsmethode, die den Regeln der ärztlichen Kunst nicht entsprochen und die Versicherten einer erheblichen Gesundheitsgefahr, letztendlich der Lebensgefahr, ausgesetzt hat.
Der Kläger hat seit Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit im Jahr 1990 zur Schmerzbehandlung intravenöse Infusionen mit dem Medikament Carbostesin 0,5 % in Kombination mit Dolantin und Diazepam vorgenommen. Für Indikation und Durchführung dieser Behandlungsmethode hat er sich wissentlich ausschließlich auf eigene Erfahrungen und nicht auf entsprechende Erkenntnisse in der medizinischen Wissenschaft gestützt. Der Gutachter Prof. Dr. P. hat nämlich festgestellt, dass es - was dem Kläger bewusst war - weltweit keine einzige Studie gibt, die die Eignung intravenösen Bupivacains zur Schmerztherapie belegt. Bei der Veröffentlichung von Gh. Sehhati-Chaffai, die der Kläger dem ZA vorgelegt hat, handelt es sich um eine pseudowissenschaftliche Arbeit ohne wissenschaftlichen Wert; auch das hat Prof. Dr. P. im Gutachten vom 11.8.2008 dargelegt. Der Kläger hat bei seiner Behandlungsmethode zudem die einschlägigen arzneimittelrechtlichen Vorgaben und die Maßgaben des Arzneimittelherstellers außer Acht gelassen. Das Medikament Carbostesin 0,5 % ist zur intravenösen Infusion im Rahmen der Schmerztherapie nicht zugelassen und in den Fachinformationen des Arzneimittelherstellers wird hiervor sogar gewarnt. Prof. Dr. P. hat demzufolge in seinem Gutachten vom 11.8.2008 bzw. (vor allem) in der mündlichen Verhandlung des Beklagten vom 17.12.2008 ausgeführt, dass die vom Kläger langjährig und bei einer Vielzahl von Patienten (über 8000) praktizierte intravenöse Gabe des Medikaments Carbostesin 0,5% mit dem Wirkstoff Bupivacain Hydrochlorid 1 H2O unabhängig von der konkreten Indikation generell kontraindiziert ist, da es dabei (schon bei therapeutischer Dosis) zu nicht behandelbaren Herzstillständen kommen kann. Die intravenöse Verabreichung des Wirkstoffs Bupivacain stellt einen schweren, vital gefährdenden Kunstfehler dar, wobei die Kombination einer Ampulle Bupivacain und einer Ampulle Diazepam potentiell lebensbedrohlich ist. Prof. Dr. P. hat damit die Auffassung der Dres. P. (Schreiben vom 4.2.2003, 25.7.2007 und 31.7.2007) und B. (Schreiben vom 26.7.2007), die die Behandlungsweise des Klägers im Kern ebenfalls als schweren vitalgefährdenden Kunstfehler eingestuft hatten, bestätigt. Hinzukommt, dass die vom Kläger getroffenen Sicherheitsvorkehrungen sich in der persönlichen Überwachung der Patienten durch ihn selbst und sein Hilfspersonal und in Blutdruckmessungen erschöpft haben, was nach den überzeugenden Erkenntnissen insbesondere der Dr. P. den maßgeblichen Sicherheitsstandards nicht entsprochen hat. Das Ausbleiben von Komplikationen oder gar Todesfällen ändert an all dem nichts.
Unbeschadet dessen, dass die Zulassungsentziehung schuldhaftes Verhalten nicht voraussetzt, hat der Kläger um die Gefährlichkeit seiner Behandlungsmethode auch gewusst und sie gleichwohl in großem Maßstab bei einer Vielzahl von Patienten über lange Zeit angewendet. Seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung des Beklagten vom 17.12.2008, ihm seien die von Prof. Dr. P. geschilderten Gefahren des Medikamentencocktails nicht bewusst gewesen, ist nicht glaubhaft. Der Kläger hat das von ihm nachdrücklich betonte Gefahrenpotential seiner Behandlungsweise nämlich gerade zur Rechtfertigung der ebenfalls umstrittenen Abrechnung von Überwachungsleistungen während der Liegezeit der Infusionspatienten geltend gemacht. Im Widerspruchsverfahren gegen die Honorarkürzungsbescheide vom 26.7.2006 und 17.10.2006 hat er das besondere Risiko der Infusionsbehandlung hervorgehoben und konkret darauf hingewiesen, dass die intravenöse Applikation von Carbostesin zum Herzstillstand führen kann. Dementsprechend hat er offenbar auch die Patienten aufgeklärt.
Aufforderungen der Beigeladenen Nr. 1, die Anwendung des Medikaments Carbostesin einzustellen, hat der Kläger ignoriert, obgleich man ihn darauf hingewiesen hatte, dass er einen durch keinerlei Studien gestützten Off-Labe-Use praktiziert, vor dem der Arzneimittelhersteller (sogar) warnt. Er hat auf die Aufforderungsschreiben der Beigeladenen Nr. 1 vom 31.8.2007 und 19.9.2007 nicht geantwortet und dieses Verhalten in der mündlichen Verhandlung des ZA vom 17.12.2008 damit begründet, er habe nicht eingesehen bzw. nicht gewusst, weshalb er von seiner Behandlungsmethode Abstand nehmen soll. Er hat damit trotz der unmissverständlichen Hinweise der Beigeladenen Nr. 1 auf seiner Behandlungsweise beharrt, obgleich er zumindest im Hinblick auf die mitgeteilte Herstellerwarnung Gefahren für seine Patienten hat besorgen müssen. Dies hat ihn - unbeschadet der allgemeinen Pflicht zur Kooperation mit den vertragsärztlichen Instanzen - noch nicht einmal dazu veranlasst, sich mit der Beigeladenen Nr. 1 auf deren Schreiben hin in Verbindung zu setzen und Rücksprache zu halten. Der Kläger hat schließlich noch im Klageverfahren – bereits in Kenntnis der Einschätzung des Prof. Dr. P. - auf seiner Behandlungsmethode beharrt und vorgetragen, er sei nach wie vor von der Wirksamkeit seiner seit 20 Jahren praktizierten Medikation überzeugt, die noch nie zu Problemen geführt habe, und Prof. Dr. P. habe (u.a.) seine Behandlungserfolge nicht ausreichend berücksichtigt. In einem selbst verfassten Schriftsatz vom 14.6.2009 hat er sogar die Ungefährlichkeit der Behandlungsmethode bei der von ihm (ohne Geräteeinsatz) praktizierten Überwachung mittels Blutdruckmessung (u.a.) durch nichtärztliches Hilfspersonal betont. In dem gesamten Verhalten des Klägers tritt ein Maß an nachhaltiger Uneinsichtigkeit und Selbstgewissheit hervor, das bei Behandlungsmethoden, die als vital patientengefährdende Kunstfehler einzustufen sind, für die weitere vertragsärztliche Tätigkeit und damit den Fortbestand der Zulassung nicht ohne Folgen bleiben kann. Daran ändert es nichts, dass der Kläger die in Rede stehende Behandlungsmethode nach eigenen Angaben seit Oktober 2007 nicht mehr anwendet und sich von ihr mittlerweile wohl endgültig gelöst hat. Das steht der Zulassungsentziehung bzw. deren Fortbestand, wie sogleich noch darzulegen sein wird, auch unter dem Gesichtspunkt des Wohlverhaltens nicht entgegen.
b.) Der Kläger hat außerdem bei der Abrechnung von Behandlungsleistungen in schwerwiegendem Maß nachhaltig gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen.
Der Kläger hat die in Rede stehenden schmerztherapeutischen Behandlungen – die Liegezeit und die dabei vorgenommene Überwachung der Patienten - (seit Geltung des EBM 2000plus) zunächst fehlerhaft nach Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM 2000plus abgerechnet, obwohl diese Gebührennummern hinsichtlich des obligaten Leistungsinhalts nur die ambulante praxisklinische Betreuung und Nachsorge bei konsumierenden Erkrankungen, enteraler Ernährung und künstlicher Befruchtung betreffen. Das in den genannten Gebührennummern beschriebene Patientenklientel hat der Kläger unstreitig nicht behandelt, vielmehr schmerztherapeutische Leistungen für Schmerzpatienten erbracht. Diese Leistungen konnten nach der klaren und unmissverständlichen Leistungslegende der Gebühren-Nrn. 01510/01511 EBM 2000plus aber bei bloßer Erbringung des fakultativen Leistungsinhalts (Infusionen) unzweifelhaft so nicht abgerechnet werden; der Kläger hat offenbar auch als einziger Arzt seiner Fachgruppe die genannten Gebührennummern angesetzt. Der Kläger war sich ersichtlich über die Fehlerhaftigkeit der Leistungsabrechnung auch im Klaren, nachdem er zu deren Rechtfertigung im Widerspruchsverfahren gegen die Honorarkürzungsbescheide vom 26.7.2006 und 17.10.2006 (nur) geltend gemacht hat, die von ihm durchgeführte Infusionsbehandlung sei weitaus riskanter als die in den genannten Gebührennummern aufgeführte Beobachtung und Betreuung von Patienten mit konsumierender Erkrankung. Dass ein Vergleich dieser Art die Anwendung einer Gebührennummer des EBM über den eindeutigen Wortlaut hinaus nicht rechtfertigen kann, musste dem Kläger als Vertragsarzt bewusst sein. Er hat gleichwohl die Behandlungsleistungen, auf die er seine Praxis ausgerichtet hatte, fehlerhaft über lange Zeit und in dem erheblichem Umfang von etwa 129.000 EUR abgerechnet.
Der Kläger hat bei der pflichtwidrigen Abrechnungsweise – nicht anders als bei der pflichtwidrigen Behandlungsweise – auf seinem rechtswidrigen Verhalten mit Nachdruck beharrt. Er hat die unzulässige Abrechnung auch nach der verfügten Honorarkürzung durch die Bescheide der Beigeladenen Nr. 1 vom 26.7.2006 und 17.10.2006 nicht aufgegeben, sondern die Leistungen zunächst weiterhin vertragsärztlich, (jetzt) nach Gebühren-Nrn. 30710/30760 EBM abgerechnet. Die letztgenannte Gebührennummer setzt im obligaten Leistungsinhalt freilich eine mindestens 30minütige Überwachung bei u.a. kontinuierlichem EKG-Monitoring bzw. kontinuierlicher Pulsoxymetrie voraus, was der Kläger nach eigenem Bekunden gerade nicht anwendet. Nachdem die Beigeladene Nr. 1 die neue Abrechnungsweise ebenfalls beanstandet hatte, hat er den Versicherten die Überwachungszeiten über 30 Minuten schließlich privatärztlich in Rechnung gestellt. Der Vertragsarzt darf von Versicherten gem. § 18 Abs. 8 Nr. 2 und 3 BMV-Ä bzw. § 21 Abs. 8 Nr. 2 und 3 EKV-Ä aber eine Vergütung nur fordern, wenn und soweit der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden, und dies dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt, oder wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen Vergütung vertragsärztlicher Leistungen durch den Versicherten abverlangte Privathonorare ist demgegenüber unzulässig und stellt eine schwerwiegende Verletzung vertragsärztlicher Pflichten dar (vgl. eingehend etwa BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00R -; auch BSG, Urt. v. 12.5.1993, - 6 RKa 8/92 -). Der Kläger hat gerade das getan. Die Versicherten haben von ihm nicht die Erbringung (gesonderter oder zusätzlicher) privatärztlicher Leistungen erbeten. Aus dem Merkblatt, das der Kläger nach der Honorarkürzung durch die Beigeladene Nr. 1 verfasst hat, geht vielmehr unzweifelhaft hervor, dass er von ihnen die Zahlung zusätzlichen Privathonorars für Überwachungsleistungen als Bestandteil der von ihm als vertragsärztliche Leistung erbrachten und als solche auch abgerechneten Schmerzbehandlung (Infusionsbehandlung) verlangt hat. Das auf diese Weise erwirkte Einverständnis der Versicherten mit der Privatliquidation ist unerheblich.
2.) Wegen der genannten gröblichen Verletzungen vertragsärztlicher Pflichten ist den vertragsärztlichen Instanzen die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht zumutbar. Daran hat sich auch durch das Verhalten des Klägers nach der Zulassungsentziehung und der Aufhebung ihrer sofortigen Vollziehbarkeit durch das Sozialgericht durch Beschluss vom 9.7.2009 (S 1 KA 1918/09 ER) bis zur mündlichen Verhandlung des Senats nichts geändert. Wohlverhalten kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen.
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger die Behandlungsmethode, die zur Zulassungsentziehung geführt hat, aufgegeben hat und offenbar nur noch Analgetika-Infusionen durchführt. Dies beruht aber wesentlich auf dem Druck der Zulassungsentziehung bzw. des anhängigen Rechtsstreits über die Zulassungsentziehung und nicht in erster Linie auf innerer Überzeugung und Einsicht. Der Kläger hat, wie dargelegt, nämlich noch zur Begründung seiner Klage an der Richtigkeit und sogar Gefahrlosigkeit seiner Behandlungsweise festgehalten, obwohl ihm Prof. Dr. P. zuvor in der mündlichen Verhandlung des Beklagten deren (Lebens-)Gefährlichkeit klar vor Augen geführt hatte. Er hat im Klageverfahren außerdem auf seine Behandlungserfolge gepocht und Prof. Dr. P. vorgehalten, diese nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Das verdeutlicht, dass beim Kläger ein wirklich tiefgreifender Sinneswandel nicht stattgefunden hat und das derzeitige Wohlverhalten jedenfalls wesentlich auch verfahrensorientiert dazu dient, die Folgen der Zulassungsentziehung doch noch abzuwenden. Außerdem wiegen die Pflichtverletzungen des Klägers besonders schwer. Ein Vertragsarzt, der über nahezu 2 Jahrzehnte bei Tausenden von Versicherten eine den Regeln der ärztlichen Kunst widersprechende Behandlungsmethode anwendet, die als das Leben der Patienten gefährdender Kunstfehler eingestuft werden muss, der auf entsprechende Hinweise der Kassenärztlichen Vereinigung nicht reagiert und eingeforderte Dokumentationspflichten als unnötigen Beschäftigungszwang abtut und der an seiner Behandlungsmethode sogar (zunächst) noch festhält, nachdem ihm deren Unzulässigkeit und Gefährlichkeit im Zulassungsentziehungsverfahren durch einen vom Berufungsausschuss bestellten Gutachter klar vor Augen geführt worden ist, kann auch im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) künftig an der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr teilnehmen.
Die Einstellung des gegen den Kläger durchgeführten Strafverfahrens gem. § 153 StPO wegen geringer Schuld ändert nichts. Für die Entziehung der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung kommt es nach Maßgabe des § 95 Abs. 6 SGB V auf eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten und nicht darauf an, wie das der Pflichtverletzung zugrunde liegende Verhalten in strafrechtlicher bzw. strafverfahrensrechtlicher Hinsicht gewertet wird, zumal die Zulassungsentziehung ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraussetzt.
Schließlich hat der Kläger auch die unzulässige (vertrags- bzw. privatärztliche) Abrechnung von Leistungen bei der Überwachung von Infusionspatienten zunächst noch fortgeführt, obwohl ihm die Rechtswidrigkeit sowohl der Behandlungsmethode selbst wie der Leistungsabrechnung mit Nachdruck vor Augen geführt worden war. Der Kläger hat erst nach der mündlichen Verhandlung des SG ab dem Quartal 4/10 sein Abrechnungsverhalten geändert; er hat sich somit weder von dem Zulassungsausschuss noch von dem Beklagten, sondern erst von dem SG überzeugen lassen. Wenn er hiervon nunmehr Abstand genommen hat, stellt dies aus den bereits zur Aufgabe der Behandlungsmethode dargelegten Gründen kein Wohlverhalten dar, das die Zulassungsentziehung als nicht mehr gerechtfertigt erscheinen ließe. Zurecht hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Senats die Auffassung vertreten, die seitdem vergangene Zeit sei angesichts des langjährigen erheblichen Fehlverhaltens des erst unter dem Druck des Zulassungsentziehungsverfahrens belehrbaren Klägers zu kurz, um dauerhaftes Vertrauen in ein zukünftiges regelgemäßes Abrechnungs- und Behandlungsverhalten des Klägers zu bekommen.
Das Alter des Klägers von nunmehr 64 Jahren rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger aller Voraussicht nach keine Aussicht mehr haben wird, den Beruf des Vertragsarztes künftig noch einmal auszuüben. Angesichts von Art und Ausmaß der gröblichen Pflichtverletzungen des Klägers stellt sich das aber nicht als unverhältnismäßigen Eingriff in sein Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Danach ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (zum Streitwert in Zulassungssachen Senatsbeschluss vom 24.3.2011, - L 5 KA 4265/10 ER-B -). Der Senat legt die Verhältnisse der Quartale 4/2010 bis 3/2011 zugrunde. Der Kläger hat mit der Klage und der Berufung angestrebt, entsprechend dem in diesen Quartalen gezeigten Abrechnungs- und Behandlungsverhalten zukünftig auch weiter praktizieren zu können. Damit ergibt sich für den maßgeblichen Dreijahreszeitraum ein Gesamthonorar von 105.096,41 EUR. Davon sind Praxiskosten nach einer Quote von 63% und damit von 66.210,73 EUR abzuziehen. Der verbleibende Betrag von 38.885,68 EUR ist auf drei Jahre hochzurechnen. Als Streitwert sind somit 116.657,04 EUR festzusetzen.
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