L 3 U 215/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 U 36/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 215/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 23. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 17. Januar 1995.

Die 1964 geborene Klägerin erlitt im Rahmen einer ABM-Beschäftigung als Landschaftspflegerin einen Unfall, als sie am 17. Januar 1995 beim Mähen mit der Motorsense auf hügeligem Gelände mit dem linken Fuß umknickte. Die Klägerin arbeitete zunächst weiter und stellte sich am 19. Januar 1995 bei ihrer behandelnden Chirurgin Dipl.-Med. H vor. Diese befundete einen Druckschmerz und eine Schwellung im Bereich des linken Malleolus lateralis und distal davon. Sie fertigte Röntgenaufnahmen des linken Sprunggelenks in 2 Ebenen, die keinen Befund ergaben. Die gehaltenen Aufnahmen beidseits in 2 Ebenen zeigten nach ihren Angaben in der ärztlichen Unfallmeldung vom 19. Januar 1995 eine laterale Aufklappbarkeit links um 4 mm gegenüber rechts bzw. eine Taluskippung von 15° sowie einen Talusvorschub. Sie diagnostizierte eine partielle fibulare Bandruptur. Es bestand Arbeitsunfähigkeit ab dem 19. Januar bis zum 10. März 1995. In einen Bericht vom 17. Juni 1995 berichtete Frau Dipl.-Med. H nach Durchführung einer konservativen Therapie von einem schmerzfreien Gang bei normalem Gangbild. Nur bei großen Belastungen in unebenem Gelände bestünden noch Restbeschwerden im ventralen Sprunggelenksbereich nach proximal Richtung Unterschenkel ziehend. Die fibulotalare Bandregion sei immer schmerzfrei, auch bei extremer Supination.

Am 25. August 1995 stellte sich die Klägerin wegen erheblicher Beschwerden im linken Sprunggelenk mit Unsicherheitsgefühl bei dem Chirurgen Dipl.-Med. B vor, der u. a. eine geringe Instabilität im linken Sprunggelenk berichtete. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens, das der Chefarzt der orthopädischen Klinik des Klinikums U, Dr. K, am 18. Oktober 1995 (Untersuchung der Klägerin am 12. Oktober 1995) erstellte. Er stellte u. a. eine geringe Schwellung am lateralen Malleolus links sowie eine Einschränkung der Beweglichkeit im linken oberen Sprunggelenk (OSG) fest. Gehaltene Aufnahmen beider Sprunggelenke in tibialer und fibularer Aufklappung ergaben links eine deutliche Kippung des Talus gegenüber der distalen Tibiagelenkfläche sowie eine Erweiterung des Raumes zwischen Malleolus lateralis und der Fascies lateralis des Talus. Bei der Klägerin bestehe eine posttraumatische fibulare Bandinstabilität des linken OSG, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.) bedinge (so die ergänzende Stellungnahme des Dr. K vom 16. November 1995). Daraufhin gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 05. März 1996 ab dem 10. März 1995 vorläufige Rente bis auf Weiteres nach einer MdE von 20 v. H. Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden anerkannt: "unfallabhängige Bandinstabilität des linken OSG sowie Einschränkung der Beweglichkeit des OSG beim Heben um die Hälfte gegenüber dem rechten Sprunggelenk, beim Senken nur minimale Einschränkung der Beweglichkeit gegenüber rechts, schmerzhafte Beweglichkeit des linken unteren Sprunggelenks nach Bänderriss im linken Sprunggelenk".

Am 23. Dezember 1996 erstellte der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. S für die Beklagte das zweite Rentengutachten (Untersuchung am 14. Oktober 1996), in dem er ohne Fertigung weiterer Röntgenaufnahmen bei einer Beweglichkeit des linken OSG von 10/0/50 gegenüber 10/0/40 rechts zur Diagnose einer chronischen posttraumatischen fibularen Bandinstabilität des linken OSG gelangte. Eine Besserung sei nicht eingetreten, die MdE betrage weiterhin 20 v. H.

Mit Bescheid vom 14. Januar 1997 entzog die Beklagte die vorläufige Rente mit Ablauf des Monats Januar und lehnte einen Anspruch auf Dauerrente ab. Auf den Widerspruch der Klägerin veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung der Klägerin durch den Chirurgen Dr. M. In seinem am 12. September 1997 nach einer Untersuchung der Klägerin am selben Tag erstellten Gutachten kam er unter Nachbefundung der Röntgenaufnahmen vom 19. Januar 1995, 09. August 1995, 14. September 1995, 30. Mai 1996 und 27. November 1996 zu dem Ergebnis, die Klägerin habe am 17. Januar 1995 lediglich eine Distorsion des linken Sprunggelenks erlitten. Die ersten Röntgenbilder zeigten kein Klaffen des lateralen Gelenkspaltes von 15°, weshalb eine Teilverletzung des fibularen Seitenbandes nicht festgestellt werden könne. Im Übrigen habe bei der heutigen Untersuchung keine Instabilität des linken Sprunggelenks gegenüber rechts festgestellt werden können. Eine nennenswerte unfallbedingte MdE liege derzeit nicht vor. Darauf basierend wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 1997 zurück. Dieser Widerspruchsbescheid wurde bestandskräftig.

Am 07. März 2000, 15. April 2000 und 07. August 2002 erlitt die Klägerin weitere Umknicktraumen des linken Fußes. Am 30. April 2004 knickte sie auf dem Hof ihres Hauses mit dem Wäschekorb im Arm mit dem linken Fuß um. Es erfolgte deswegen am 01. Mai 2004 eine Vorstellung in der Rettungsstelle des Klinikums U, bei der keine Instabilität im linken OSG festgestellt wurde. Gehaltene Aufnahmen des linken OSG vom 06. Mai 2004 ergaben nach der Befundung von Frau Dipl.-Med. H eine leichte laterale Aufklappbarkeit von 13° ohne Talusvorschub. In der Woche vor dem 17. Juni 2004 stolperte die Klägerin mit angelegter Aircast-Schiene über ihren Hund. Gehaltene Aufnahmen des linken OSG vom 17. Juni 2004 zeigten gemäß der Befundung durch Frau Dipl.-Med. H eine unveränderte laterale Aufklappbarkeit und zusätzlich einen deutlichen Talusvorschub. Daraufhin erfolgte eine Überweisung an Dr. K von der orthopädischen Klinik des Klinikums U, der am 05. Juli 2004 anhand von gehaltenen Aufnahmen beider Sprunggelenke mit fibularer Aufklappung eine seitengleiche talofibulare und talatibiale Aufklappung und somit eine konstitutionelle Bandlockerung feststellte.

Am 14. Juli 2004 stellte sich die Klägerin im Klinikum B bei Dr. H vor, der u. a. eine mäßige Schwellung und einen Druckschmerz am linken Außenknöchel sowie eine im Seitenvergleich deutlich vermehrte Aufklappbarkeit befundete und eine chronische Bandinsuffizienz am linken OSG bei Zustand nach mehrfachen Umknicktraumen diagnostizierte (Durchgangsarztbericht (DAB) vom 14. Juli 2004). Unfallunabhängig bestehe eine rheumatische Erkrankung des Handgelenks. Die Klägerin wurde am 27. Juli 2004 zur operativen Versorgung mittels Außenbandplastik aufgenommen, die am 28. Juli 2004 durchgeführt wurde. Unter dem 08. Oktober 2004 teilte Dr. H der Beklagten mit, die Beweglichkeit des linken Sprunggelenks sei bei reizlosen Narben- und Wundverhältnissen in allen Ebenen gegenüber rechts mäßig eingeschränkt und deutlich schmerzhaft. Bei der Klägerin sei neu ein Weichteilrheuma diagnostiziert worden; auch deswegen sei sie schlecht zu mobilisieren. Eine am 18. Oktober 2004 begonnene stationäre Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik "M" Bad D wurde am 31. Oktober 2004 abgebrochen, da die Klägerin das komplexe Behandlungsprogramm wegen Überlastungsreaktion nicht habe umsetzen können. Im Entlassungsbericht vom 03. November 2004 wurde u. a. über Verletzungen der Hand und verschiedene Frakturen 1980, 1983, 1994 und 2004, Schmerzen in beiden Handgelenken sowie einen 3-Punkt-Gang an 2 Unterarmgehstützen unter Entlastung des linken Beines berichtet. In einem Befundbericht vom 07. November 2004 gab der die Klägerin seit dem 27. August 2004 behandelnde Orthopäde Dr. T an, die Klägerin leide seit über 20 Jahren unter Beschwerden an vielen Gelenken. Am 30. November 2004 stellte sich die Klägerin in den H-U-Kliniken S zur Abklärung der Möglichkeiten einer weiteren stationären Behandlung vor, wo u. a. von einer Bewegungseinschränkung des linken OSG passiv auf 20-0-40 und aktiv auf 0-10-40 berichtet wurde (Bericht vom 01. Dezember 2004). Eine am 05. Dezember 2004 aufgenommene stationäre Rehabilitation in dieser Klinik wurde am 09. Dezember 2004 abgebrochen. Es bestünden eine mittelgradige Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Sprunggelenk links, eine lokale Schmerzsymptomatik und ein generalisierter Schmerz bei unfallunabhängiger Fibromyalgie. Ebenfalls unfallunabhängig bestehe seit ca. 2 Jahren eine progrediente Persönlichkeitsakzentuierung und Schmerzfixierung. Das Zusammenwirken der drei Krankheitsgruppen führe zum gegenwärtigen Erscheinungsbild einer schmerzgeplagten und stark funktionseingeschränkten Klägerin. Die körperliche Leistungsfähigkeit sei aktuell vor allem durch die Fibromyalgie eingeschränkt.

In einem Zwischenbericht vom 21. Januar 2005 berichtete Dr. H vom Klinikum B von einem klinisch stabilen Eindruck der Außenbandplastik. Die wesentlichen Ursachen der jetzt noch vorliegenden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seien nicht mehr die Verletzungsfolgen aus dem Unfall vom 17. Januar 1995, sondern die internistisch-orthopädischen Erkrankungen. Die Behandlung zu Lasten der Beklagten werde nunmehr beendet. In einem weiteren Zwischenbericht vom 25. Februar 2005 berichtete Dr. H von einer Vorstellung der Klägerin am 23. Februar 2005, nachdem diese am 22. Februar 2005 in der Dusche weggerutscht und erneut mit dem linken Sprunggelenk umgeknickt war. In aufgrund dessen durchgeführten gehaltenen Aufnahmen habe sich eine laterale Aufklappbarkeit nicht bestätigt.

In ihrem im Auftrag der Beklagten gefertigten (unfall-)chirurgischen Zusammenhangsgutachten vom Juni 2005 (Untersuchung am 08. Februar 2005) gelangten Herr B und Dr. Tzur Diagnose einer posttraumatischen fibularen Bandinstabilität am linken OSG als Folge des Arbeitsunfalls vom 17. Januar 1995. Sowohl das OSG als auch das untere Sprunggelenk links seien vermindert beweglich gegenüber rechts. Eine klinische Prüfung der Instabilität sei aufgrund von Schmerzen nicht durchführbar. In der aktuellen Röntgenaufnahme zeige sich eine regelrechte Gelenkstellung im OSG ohne Arthrosezeichen. Aus den gehaltenen Aufnahmen beider Sprunggelenke ergebe sich keine Aufklappbarkeit bei seitengleichem Talusvorschub von je 5 mm. Die MdE betrage 20 v. H. Die Beklagte zog zunächst einen Auszug aus dem Leistungsverzeichnis der DAK bei und veranlasste dann eine ergänzende Stellungnahme des Chirurgen B vom 26. September 2005, in welcher dieser bei seiner Beurteilung blieb.

Vom 05. Oktober bis zum 26. Oktober 2005 befand sich die Klägerin in einer zu Lasten des Rentenversicherungsträgers durchgeführten stationären Reha-Maßnahme in der S-Klinik in L, aus der sie u. a. mit den Diagnosen "anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Anpassungsstörung, verlängerte depressive Reaktion" als arbeitsunfähig bei aufgehobener Erwerbsfähigkeit entlassen wurde.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. H vom 18. Oktober 2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf erneute Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Januar 1995 mit Bescheid vom 26. Oktober 2005 ab. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: "Bewegungseinschränkung im linken OSG bei ansonsten stabilen Bandverhältnissen nach am 28. Juli 2004 mit einer Bandplastik operativ versorgtem Bänderriss im linken Sprunggelenk". Nicht als Folgen anerkannt wurde: "Fibromyalgie u. a. mit der Folge der Schwächung der gesamten Extremitätenmuskulatur". Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 05. April 2006).

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht Neuruppin (SG) hat die Klägerin ihre Begehren weiter verfolgt.

Die Beklagte hat zunächst einen weiteren Zwischenbericht des Klinikums B, Dr. H, vom 14. Juni 2006 nebst einem MRT-Befund des linken Sprunggelenks vom 31. Mai 2006 vorgelegt, aus dem sich eine mögliche Reruptur der lateralen Bandplastik (DD: Narbe) ergab.

Das SG hat Befundberichte von Dr. T vom 15. Oktober 2006 sowie von Frau Dipl.-Med. H vom 07. August 2007 u. a. nebst Ausdruck der elektronischen Karteikarte, Notfallschein des Klinikum U vom 01. Mai 2005 und Reha-Entlassungsbericht der K Eklinik vom 10. Dezember 2003 eingeholt.

Anschließend hat das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein chirurgisches Gutachten von PD Dr. A eingeholt. In seinem am 08. Februar 2008 nach einer Untersuchung der Klägerin am 09. Januar 2008 fertig gestellten Gutachten ist dieser zu dem Schluss gelangt, bei der Klägerin bestünden unfallbedingt eine Bandinstabilität am linken OSG bei Zustand nach operativer Bandplastik sowie eine Arthrose der Handgelenke bedingt durch den jahrelangen ständigen Gebrauch von Gehstützen. Daneben leide die Klägerin an einem chronischen Zervikobrachialsyndrom mit sensibler und motorischer Schwäche links, einer psychosomatischen und psychovegetativen Störung mit Depression, Erschöpfung und massiven Schlafstörungen, einer Fibromyalgie und einer Gon- und Koxalgie beidseits. In dem am 09. Januar 2008 gefertigten MRT beider Fußwurzeln fänden sich keine indirekten Zeichen einer Instabilität bei regelrechter Stellung der Malleolengabel und normalen intrinsischen Bändern am Sinus tarsi links und nur minimalen arthrotischen Veränderungen. Die Beweglichkeit des linken Sprunggelenks sei schmerzhaft auf 0-0-10 eingeschränkt bei Aufhebung der Beweglichkeit im unteren Sprunggelenk. Die Beweglichkeit der Handgelenke sei normal. Die MdE für die Bandinstabilität und die Handgelenksarthrose betrage 20 v. H.

Die Beklagte hat an dem Gutachten Kritik geübt. Rückblickend sei davon auszugehen, dass die vorübergehende Gewährung von Rente nach einer MdE von 20 v. H. im Jahre 1997 bereits großzügig gewesen sei, da die objektiven Befunde eine solche MdE nicht rechtfertigten. Eine Instabilität im linken OSG habe sich damals nicht objektivieren lassen, wie sich aus dem Gutachten des Dr. M vom 12. September 1997 ergebe. Es gebe auch keine objektiven Beweise dafür, dass in den Folgejahren eine wesentliche Instabilität mit häufigen Umknicktraumen bestanden habe. Anhand der Aufzeichnungen der behandelnden Ärztin Dipl.-Med. H lasse sich nachvollziehen, dass ein relevantes Umknicktrauma erst wieder am 17. März 2000 aufgetreten sei und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 13. Juni 2000 bedingt habe. Bereits am 28. April 2000 sei der Bandapparat wieder als stabil beurteilt worden. Ein weiteres Umknicktrauma habe am 07. August 2002 stattgefunden, eine Bandruptur sei nicht diagnostiziert worden. Erst nach weiteren Umknicktraumen am 30. April und 10. Juni 2004 seien eine intensive Behandlung sowie schließlich eine operative Versorgung erforderlich geworden. Schon die Behandlung nach der operativen Bandplastik sei durch unfallunabhängige Erkrankungen beeinträchtigt worden. Im DAB vom 14. Juli 2004 sei auf eine rheumatische Erkrankung des Handgelenks und im Zwischenbericht vom 18. Oktober 2004 auf ein frisch diagnostiziertes Weichteilrheuma hingewiesen worden. Die nach den Berichten seit 2 Jahren allgemein zunehmende Schmerzsymptomatik habe zum Abbruch der beiden stationären Rehabilitationen im Oktober und im Dezember 2004 geführt. Die Beklagte sei mit ihren beratenden Ärzten der Auffassung, dass die zunehmende Fibromyalgie sowohl das Instabilitätsgefühl als auch die Belastbarkeit und aktive Beweglichkeit des linken OSG negativ beeinflusst habe. Umso größere Bedeutung komme den zeitnahen Beurteilungen der Ärzte zu, die die Bandplastik und die anschließende Behandlung durchgeführt hätten. Die ausführlichen Berichte aus dem Krankenhaus B legten klar dar, dass verschiedene Untersuchungen dort eine Stabilität der Bandplastik nachgewiesen hätten. Das weiterhin geklagte Instabilitätsgefühl sei wesentlich auf die Fibromyalgie und die damit verbundene Schwächung der Extremitätenmuskulatur zurückzuführen. Die Untersuchung anlässlich der stationären Behandlung in der H-U-Klinik am 30. November 2004 habe eine normale passive Beweglichkeit und eine eingeschränkte aktive Beweglichkeit des linken OSG ergeben. Als die stationäre Behandlung dort habe abgebrochen werden müssen, habe sich die aktive Beweglichkeit wieder auf 10-0-25 verbessert gehabt. Darüber hinaus hätten die von Dr. T veranlassten gehaltenen Aufnehmen des linken und rechten OSG eine regelrechte Stellung der Gelenke ohne nachweisbare Aufklappbarkeit gezeigt. Die am 08. Februar 2005 gemessene Beweglichkeit im OSG von 0-0-20 sei wegen der zunehmenden Auswirkungen der Fibromyalgie nur eingeschränkt verwertbar. Die Bewertung durch Dr. A sei verwirrend und unzutreffend. Die Einbeziehung der Handgelenksbeschwerden als Unfallfolge erstaune, denn in zahlreichen Arztberichten und Gutachten sei schon auf die seit vielen Jahren bestehenden Schmerzen in den Handgelenken sowie in anderen Gelenken hingewiesen worden. Ausgeprägte objektive Befunde einer Arthrose seien bisher nicht dokumentiert. Darüber hinaus sei die Benutzung von zwei Unterarmgehstützen erst seit der Nachbehandlung der Bandplastik dokumentiert, während Beschwerden der Unterarme und Handgelenke seit Juli 1996 bestünden. Des Weiteren habe das von Dr. A veranlasste MRT keine Hinweise auf eine Instabilität des linken Sprunggelenks ergeben, genauso wenig wie die von Dr. T am 08. Februar 2005 veranlassten gehaltenen Aufnahmen. Mit dem zentralen Problem der Überlagerung der unfallbedingten Beschwerden durch die Fibromyalgie bzw. die psychosomatischen und psychovegetativen Störungen habe sich Dr. A nicht differenziert auseinander gesetzt.

Dr. A hat in seiner Stellungnahme hierzu vom 30. Mai 2008 lediglich auf sein Gutachten verwiesen.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 23. Februar 2009 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente, denn die bestehenden Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Januar 1995 bedingten keine MdE von wenigstens 20 v. H. Das Gutachten des Dr. A überzeuge diesbezüglich nicht. Insbesondere habe er die Grundsätze der unfallrechtlichen Schätzung zur MdE außer Acht gelassen.

Gegen das am 15. Juni 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Juli 2009 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie die Auffassung vertritt, es werde verkannt, dass die Fibromyalgie generalisierte Schmerzen, aber keine posttraumatische Bandinstabiltiät verursache. Dr. A sei unter Berücksichtigung der zusätzlichen Beschwerden an den Handgelenken zu einer nachvollziehbaren Bewertung der MdE mit 20 v. H. gelangt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 23. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Januar 1995 Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben und den Facharzt für Chirurgie und Klinischen Epidemiologen PD Dr. S mit der Untersuchung der Klägerin und Erstellung eines Gutachtens betraut. In seinem am 31. Mai 2010 nach einer Untersuchung der Klägerin am 17. Mai 2010 erstellten Gutachten ist dieser zu dem Schluss gelangt, bei der Klägerin bestünden folgende Funktionsstörungen: • Funktionelles Streckdefizit des linken OSG nach ligamentärer Ersatzplastik des talofibularen Bandapparates • Erhebliche Fehlverarbeitung stattgehabter Zerrungen des linken OSG mit Beschwerdefixierung, einem unphysiologischen, hinkend-schleppenden Gangbild und einem qualitativ und quantitativ keiner nosologischen Entität zuzuordnenden grobschlägigen Tremor • Multiple, bunte muskoskelettale Beschwerden, die nach Aktenlage als Fibromyalgie diagnostiziert wurden • Restsymptome eines linksseitigen Carpaltunnelsyndroms nach endoskopischer Spaltung des Ligamentum carpi transversum • Beidseitige Unterschenkelvarikosis mit Ödemen und Stauungsdermatitis. Keine der zuvor genannten Gesundheitsstörungen sei ursächlich auf den Unfall vom 17. Januar 1995 zurückzuführen. Der angeschuldigte Unfall sei zwar geeignet gewesen, eine Zerreißung des fibularen Bandapparates hervorzurufen, es fehle jedoch an einem eindeutigen und reproduzierbaren Erfolg i. S. eines über den Messfehlerbereich hinausgehenden, stressinduzierten Winkels zwischen distaler Tibia- und Talusgelenkfläche. Die sich durch die Akten ziehende "erhebliche" Aufklappbarkeit könne bei nochmaliger Befundung der Röntgenbilder vom 24. März 1995, 17. März 2000 und 12. August 2002 nicht nachvollzogen werden. Die jetzt festgestellten Funktionsstörungen seien multifaktoriell bedingt. Das jetzt vorliegende Streckdefizit im linken OSG mit der demonstrierten Spitzfußstellung habe im November 2003 nicht vorgelegen und sich erst sukzessive nach der Bandersatzplastik im Juli 2004 entwickelt. Das MRT vom 09. Januar 2008 zeige keine altersunüblichen intraartikulären Veränderungen, die eine vorwiegend morphologische Erklärung zuließen. Neben einer funktionellen, mittlerweile fixierten Fehlhaltung trügen sicher auch die klar akzentuierte Persönlichkeit und die nicht erfolgte Verarbeitung des bisherigen Verlaufs zum jetzigen Befund bei. Eine MdE in messbarem Grade habe weder aus den Folgen des Unfalls vom 17. Januar 1995 noch aus Folgen nachfolgender versicherter Ereignisse resultiert. Die MdE aus den Folgen des Unfalls vom 17. Januar 1995 sei mit unter 10 v. H. einzuschätzen.

Die Klägerin ist dieser Beurteilung entgegen getreten. Der Sachverständige verkenne die Symptome des Fibromyalgiesyndroms. Die durch die fibromyalgiebedingten Schmerzen hervorgerufenen Beschwerden stünden in keinem Zusammenhang mit der bei ihr vorliegenden Bandinstabilität.

Der Senat hat abschließend eine komplette Kopie der Beklagtenakte zum Unfall der Klägerin vom 07. März 2000 (Gz.) sowie die Schwerbehindertenakte der Klägerin (u. a. mit dem Entlassungsbericht der S-Klinik L vom 10. November 2005, dem orthopädischen Rentengutachten des Dr. W vom 25. März 2005, dem neurologisch-psychiatrischen Rentengutachten der Frau Dipl.-Med. K vom 10. August 2005 sowie dem Entlassungsbericht des M G Krankenhauses vom 11. Januar 2007) beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, welche vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, indem es davon ausgegangen ist, dass bei der Klägerin keine messbaren, rentenberechtigenden Folgen des Unfalls vom 17. Januar 1995 (mehr) bestehen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. April 2006 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verletztenrente nach dem Arbeitsunfall vom 17. Januar 1995.

Nach § 56 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigsten die Zahl 20, besteht nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII werden die Folgen eines Versicherungsfalls allerdings nur berücksichtigt, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der Formulierung "infolge" in § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Die Frage nach diesem Zurechnungszusammenhang stellt sich auf drei Ebenen, nämlich als Unfallkausalität zwischen ausgeübter Tätigkeit und Unfallereignis, als haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden und als haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheitserstschaden und längerandauernden Unfallfolgen (BSG, a. a. O., Rn. 10; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a. a. O., auch Rn. 18 und 20). Soweit das Gesetz in § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII eine äußere Ursache für den Gesundheitsschaden fordert, lösen im Umkehrschluss solche Gesundheitsschäden keinen Anspruch aus, welche auf so genannten inneren Ursachen beruhen. Dies sind körpereigene Ursachen infolge krankhafter Erscheinungen oder der Konstitution des Betroffenen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kap. 1.6.3, S. 28).

Dies zugrunde gelegt ist der Senat nicht in dem nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebotenen Maße im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass bei der Klägerin infolge des im Unfall vom 17. Januar 1995 liegenden Versicherungsfalls überhaupt eine rentenberechtigende Erwerbsminderung besteht. Die von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen "Bewegungseinschränkung im linken Sprunggelenk bei ansonsten stabilen Bandverhältnissen nach am 28. Juli 2004 mit einer Bandplastik operativ versorgtem Bänderriss im linken Sprunggelenk" bedingen keine MdE von wenigstens 20 v. H. Weitere Unfallfolgen liegen nicht vor, insbesondere ist eine Bandinstabilität im linken Sprunggelenk nicht im Vollbeweis gesichert. Die von der Klägerin geklagten Handgelenksbeschwerden sind keine (wesentliche) Folge des Unfalls vom 17. Januar 1995.

Dies ergibt sich aus dem vorliegenden, umfassenden, fachgerechten und differenzierten Gutachten des PD Dr. S vom 31. Mai 2010. Darin legt dieser dar, dass anhand der von ihm nachbefundeten Röntgenbilder vom 24. März 1995, 17. März 2000 und 12. August 2002 eine erhebliche laterale Aufklappbarkeit des linken OSG nicht nachvollzogen werden kann. Zu allen Zeitpunkten hat die linksseitige Aufklappbarkeit konstant zwischen 7 und 9° gelegen. Rechtsseitig hat diese 4° betragen. Die Differenz liegt unter experimentell ermittelten Erwartungswerten nach sequentieller Durchtrennung der Außenbänder. In Anlehnung an andere experimentelle Ergebnisse ist die Differenz mit einem Substanzverlust des Ligamentum fibulotalare anterius, nicht jedoch mit einem Substanzverlust weiterer Bandstrukturen zu vereinbaren. Diese Bewertung stimmt im Wesentlichen mit der Bewertung des Dr. M in dessen Zusammenhangsgutachten vom 12. September 1997 überein. Darüber hinaus hat auch Dr. H vom Klinikum B in seinen Zwischenberichten vom 21. Januar 2005, 25. Februar 2005 und 01. Juli 2005 eine Stabilität der Bandplastik bejaht. Eine laterale Aufklappbarkeit bestand am 23. Februar 2005 nicht (so der Bericht vom 25. Februar 2005). Auch die von Herrn B und Dr. T im Rahmen ihrer Zusammenhangsbegutachtung am 08. Februar 2005 gefertigten gehaltenen Aufnahmen des linken und rechten OSG ergaben keine Aufklappbarkeit bei seitengleichem Talusvorschub von je 5 mm. In seinem Bericht vom 14. Juni 2006 hat Dr. H aus dem Klinikum B ebenfalls keine wesentlich seitendifferente Beweglichkeit in der Fußwurzel festgestellt. Die von Dr. A veranlasste Kernspintomographie beider Fußwurzeln vom 09. Januar 2008 zeigte ebenfalls keine indirekten Zeichen einer Instabilität bei regelrechter Stellung der Malleolengabel und normalen intrinsischen Bändern am Sinus tarsi links. Es fehlt daher an einem objektiven Nachweis einer Instabilität des mit einer Bandplastik versorgten linken OSG. Soweit hier Herr B/Dr. T und Dr. A in ihren jeweiligen Gutachten zu einem anderen Schluss gekommen sind, ist dies logisch nicht nachvollziehbar und kann nur auf den subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin beruhen. Es mag hier im Übrigen dahin gestellt bleiben, ob der Arbeitsunfall vom 17. Januar 1995 primär überhaupt zu einer partiellen fibularen Bandruptur geführt hatte – was unter den Sachverständigen durchaus streitig ist – bzw. ob der Arbeitsunfall zu einer derartigen Instabilität des linken OSG geführt hatte, dass eine durch nachfolgende – auch private - Umknicktraumen verursachte Bandruptur dem anerkannten Arbeitsunfall zuzurechnen wäre – was angesichts des ausführlichen Befundberichtes von Frau Dipl.-Med. H vom 01. August 2007 ebenfalls problematisch sein dürfte. Letztlich hat die Beklagte nämlich mit ihren Bescheiden vom 05. März 1996, 14. Januar 1997 und 26. Oktober 2005 sowohl einen Bänderriss als auch eine chronische Instabilität des linken OSG (vor der Bandplastik) anerkannt und auch die Kosten für die Durchführung der Außenbandplastik getragen.

Die bei der Klägerin nachgewiesenen Funktionseinschränkungen im linken Sprunggelenk bedingen keine MdE von 20 v. H. Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die MdE-Festsetzung ist eine rechtliche Wertung in Form einer Schätzung, die nach anerkannten Richtwerten erfolgt, die zur weitgehenden Gleichbehandlung aller Verletzten zu beachten sind (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kap. 3.6, 3.6.1 und 3.6.2). Zu beachten ist weiterhin, dass allein maßgebend die feststellbaren Funktionseinschränkungen sind. Aus den Diagnosen allein lässt sich nicht auf die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit schließen. Schmerzen, die mit den Unfallfolgen einhergehen, fließen nicht gesondert in die MdE-Schätzung ein, da die MdE-Richtwerte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mitberücksichtigen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kap. 5.5.10). Die Bemessung des Grades der MdE im Rahmen des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist eine Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze (vgl. Urteile des BSG vom 18. März 2003 – B 2 U 31/02 R – in Breithaupt 2003, 565; vom 02. November 1999 – B 2 U 49/98 R – in SozR 3-2200 § 581 Nr. 6) trifft. Diese sind für die Entscheidung im Einzelfall zwar nicht bindend. Sie bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis.

Seit Durchführung der Bandplastik sind folgende Bewegungsausmaße aktenkundig:

Links Rechts 18. Oktober 2004 Untersuchung in der Rehabilitationsklinik "M" Hebung/Senkung 5/0/20 10/0/30 Pro-/Supination beidseits eingeschränkt

30. November 2004 Untersuchung in den H-U-Kliniken Hebung/Senkung aktiv 0/10/40 frei Hebung/Senkung passiv 20/0/40

08. Dezember 2004 Untersuchung in den H-U-Kliniken Hebung/Senkung 10/0/25 10/0/50 Pro-/Supination 1/3 3/3

08. Februar 2005 Untersuchung durch Herr B/Dr. T Hebung/Senkung 0/0/20 15/0/50 Pro-/Supination 2/3 3/3

18. März 2005 Untersuchung durch Dr. W für den Rentenversicherungsträger Hebung/Senkung 0/0/0 20/0/20 Halten in Spitzfußstellung von 10° Pro-/Supination nicht geprüft 30/0/30

09. Januar 2008 Untersuchung durch Dr. A Hebung/Senkung 0/0/10 30/0/40 Pro-/Supination nicht möglich 1/1

17. Mai 2010 Untersuchung durch PD Dr. S Hebung/Senkung aktiv 0/0/10 10/0/40 Hebung/Senkung passiv 0/10/40

Hier zeigt sich eine zunehmende Einschränkung der aktiven Beweglichkeit des linken Sprunggelenks korrespondierend mit einem immer stärker eingeschränkt demonstrierten Gangbild, das in dem bei PD Dr. S mit Hilfe von 2 Unterarmgehstützen unkoordinierten Gangbild, bei dem das linke Bein zum Teil stelzenartig nachgezogen wird und einem ungewöhnlichen, abwechselnden, rasch einsetzenden und rasch wieder aufhörenden grobschlägigen Tremor der unteren Gliedmaßen gipfelt. Eine Bewegungseinschränkung auf passiv 0/10/40 - wie von Dr. S befundet - ergibt keine MdE von 20 v. H. , denn erst eine Versteifung des OSG im Winkel von 90-100 Grad zum Unterschenkel oder eine schmerzhafte Wackelsteife des unteren Sprunggelenks bedingen eine MdE von 20 v. H. (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kap. 8.12.8 S. 678 f; ).

Soweit Dr. A in seinem Gutachten vom 08. Februar 2008 davon ausgeht, eine beidseitige Handgelenksarthrose sei ebenfalls Folge des Arbeitsunfalls vom 17. Januar 1995, so entbehrt dies jeglicher Grundlage. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass weder ein objektiver Nachweis einer Handgelenksarthrose existiert noch die von ihm zugrunde gelegten Fakten zutreffend sind. Entgegen den Ausführungen des Sachverständigen benutzt die Klägerin nämlich erst im Gefolge der Bandplastik im Juli 2004 dauerhaft zwei Unterarmgehstützen (diese werden erstmals im Zwischenbericht des Klinikum B vom 10. August 2004 erwähnt). Darüber hinaus sind bei ihr bereits seit langen Jahren Beschwerden in den Handgelenken bzw. Armen bekannt. So zählt der Reha-Entlassungsbericht der Klinik "M" vom 05. November 2004 Verkehrsunfälle mit Verletzungen der Hand und verschiedene Frakturen u. a. in den Jahren 1980, 1983 und 1994 auf. Im Entlassungsbericht der S-Klinik L vom 10. November 2005 wird von Sehnenscheidenentzündungen seit 1985 berichtet. Aus dem Vorerkrankungsverzeichnis der DAK vom 30. Juni 2005 lassen sich Behandlungen wegen Beschwerden der Hände bzw. Unterarme u. a. im Juli 1996, August 1996, April 1998, Juli, August und September 1999 sowie im Verlaufe des gesamten Jahres 2003 entnehmen. Am 19. Juni 2003 fand darüber hinaus eine Operation eines linksseitigen Carpaltunnelsyndroms statt. Dr. T berichtete in seinem Befundbericht vom 07. November 2004 über nach Angaben der Klägerin seit über 20 Jahren bestehende Beschwerden an vielen Gelenken, u. a. den Händen.

Das bei der Klägerin schließlich diagnostizierte Fibromyalgiesyndrom steht unstreitig in keinerlei ursächlichem Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 17. Januar 1995 und den dabei erlittenen Gesundheitsstörungen. Vielmehr ist – übereinstimmend mit dem Sachverständigen PD Dr. S und den Ärzten aus dem Klinikum B sowie aus den H-U-Kliniken - von einer ganz erheblichen Überlagerung der Unfallfolgen durch das Fibromyalgiesyndrom und die mit diesem verbundene veränderte Schmerzempfindung bzw. die anhaltende – schwere - somatoforme Schmerzstörung (so die Diagnose der S-Klinik L) auszugehen. Hinzuweisen ist zudem darauf, dass im Entlassungsbericht des M G Krankenhauses vom 11. Januar 2007 ein Verdacht auf eine dissoziative Bewegungsstörung geäußert worden ist.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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