L 6 VS 4294/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 VS 1475/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 4294/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. August 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Beschädigtengrundrente streitig.

Der 1980 geborene Kläger verletzte sich während seines Wehrdienstes am 19.04.2004 beim Absteigen von einem Lastkraftwagen an seinem rechten oberen Sprunggelenk, indem er beim unbeabsichtigten Tritt in eine Rinne umknickte. Er wurde deswegen bis zum 20.04.2004 im Feldlazarett Prizren stationär behandelt. Der Chirurg L. diagnostizierte eine Distorsion des rechten oberen Sprunggelenks mit Verdacht auf eine Bandläsion. Er verordnete eine Entlastung an Unterarmgehstützen, die Anlage eines Unterschenkelcasts, eine Thromboseprophylaxe und eine Schmerzbehandlung. Darunter kam es zu einem Rückgang der Schwellung und einer Besserung der Beschwerden (Befundbericht vom 20.04.2004). Wegen anhaltender Schwellung wurde der Kläger am 22.04.2004, 23.04.2004, 25.04.2004, 27.04.2004, 10.05.2004 und 21.06.2004 stabsärztlich untersucht (Einlegekarten zur G-Karte). Am 06.07.2004 erfolgte beim Radiologen Dr. W. eine computertomographische Untersuchung des rechten Talus. Diagnostiziert wurden eine Osteochondrosis dissecans und eine Osteonekrose der lateralen Talusschulter (Befundbericht vom 06.07.2004). Sodann stellte sich der Kläger am 15.07.2004 und 16.07.2004 im Bundeswehrkrankenhaus U. vor (Befundberichte vom 15.07.2004 und 16.07.2004).

Der Kläger schied am 31.07.2004 aus der Bundeswehr aus und beantragte am 05.08.2004 Beschädigtenversorgung, woraufhin der Beklagte das Leistungsverzeichnis der Allgemeinen Ortskrankenkasse L. beizog.

Im Bundeswehrkrankenhaus U. erfolgte im Rahmen der stationären Behandlung vom 23.08.2004 bis zum 30.08.2004 eine arthroskopisch antegrade leanderförmige Pridiebohrung im rechten oberen Sprunggelenk am 24.08.2004. Diagnostiziert wurde eine Osteochondrosis dissecans Stadium II bis III nach Kramer und eine laterale Talusschulter im rechten Sprunggelenk (Befundbericht vom 30.08.2004).

Mit Bescheid vom 18.10.2004 führte der Beklagte aus, dem Kläger stehe für die Gesundheitsstörungen "Talusnekrose, Osteochondrose am re. Sprunggelenk" ab 01.08.2004 bis längstens 31.07.2007 Heilbehandlung zu.

Die Anschlussbehandlung wurde beim Chirurgen Dr. R. durchgeführt. Dieser beschrieb bereits am 24.08.2004 eine freie Streckung/Beugung bei reizloser Narbe. Er befundete am 15.12.2004 unter Zugrundelegung des magnetresonanztomographischen Befundes vom 18.10.2004 noch eine verminderte Plantarextension rechts gegenüber links, eine seitengleiche Dorsalextension und einen guten Effekt der Bohrung (Befundbericht vom 10.12.2004). Am 14.02.2005 erfolgte durch den Radiologen Dr. M. im Rahmen der Verlaufskontrolle eine kernspintomographische Untersuchung, die einen intakten Knorpelüberzug mit leichter Ausdünnung ohne dislozierte Fragmente bei intaktem Außen- und Innenbandapparat erbrachte (Befundbericht vom 14.02.2005). In der Folgeuntersuchung im Bundeswehrkrankenhaus U. am 17.02.2005 beurteilte der Chirurg Dr. Sch. den Kläger als voll belastbar (Befundbericht vom 17.02.2005). Die nach Restbeschwerden veranlasste magnetresonanztomographische Untersuchung durch den Radiologen Dr. W. erbrachte ein kräftiges Markraumödem bei einer unveränderten Osteochondrosis dissecans an der lateralen Talusschulter ohne umschriebenes Disecat (Befundbericht vom 18.08.2005).

Der Internist Dr. H. legte auf Nachfrage seitens des Beklagten das Attest vom 01.08.2007 vor. Darin wurde ausgeführt, der Kläger leide aufgrund seiner Sprunggelenksverletzung immer noch deutlich an einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung, so dass beispielweise eine sportliche Tätigkeit wie Joggen nicht mehr möglich sei. Auch im Alltagsleben sei der Kläger aufgrund der deutlichen Restbeschwerden beim Gehen beziehungsweise Laufen nicht voll belastbar. Beigefügt war der Bericht des Radiologen Dr. E. über eine magnetresonanztomographische Untersuchung des linken Kniegelenks.

Dr. R. führte in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.10.2007 hierzu aus, es sei im August 2004 eine diagnostische Arthroskopie des oberen Sprunggelenks erfolgt, bei der sich eine Osteochondrosis gezeigt habe, die operativ versorgt worden sei. Der Kontrollbefund vom Dezember 2004 habe eine reizlose Narbe mit noch gering verminderter Plantarextension rechts und die Abschlusskontrolle vom Februar 2005 einen inspektorisch vollkommen unauffälligen Befund ergeben. Bei maximaler Beugung und Streckung im oberen Sprunggelenk werde eine lokale Schmerzangabe gemacht. Sie werde noch auf die operativ durchgeführte Bohrung zurückgeführt und solle innerhalb eines Jahres abgeklungen sein. Im magnetresonanztomographischen Befund vom August 2005 sei eine kleine Herdläsion im Sinne einer Osteochondrosis dissecans weiterhin nachweisbar. Die nun von Dr. H. bescheinigte schmerzhafte Bewegungseinschränkung bei Belastung sei als geringgradig anzusehen. Zusammenfassend sei festzustellen, dass sich beim Kläger in Folge des Wehrdienstunfalls im Sprunggelenk eine Osteochondrosis dissecans entwickelt habe, die operativ versorgt worden sei. Bei objektiv guter Funktion sei eine Belastungsschmerzhaftigkeit zurückgeblieben, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 vom Hundert (v. H.) rechtfertige.

Gestützt hierauf stellte der Beklagte mit Bescheid vom 07.11.2007 als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung "Belastungsschmerz rechtes Sprunggelenk bei Osteochondrosis dissecans" fest, lehnte die Gewährung einer Rente ab und führte aus, der Kläger habe einen Anspruch auf Heilbehandlung frühestens ab 01.08.2004.

Hiergegen legte der Kläger am 27.11.2007 Widerspruch mit der Begründung ein, der behandelnde Oberstabsarzt sei zunächst von einer Bänderdehnung oder einem Bänderriss ausgegangen und habe ihn viel zu früh aufgefordert, den Fuß zu belasten. Dadurch seien die Unfallfolgen verschlimmert worden. Er habe noch heute Belastungsschmerzen. Durch die fehlerhafte Therapie sei eine Verschlimmerung des Leidens eingetreten, so dass er seinen Beruf als Karosseriebauer nicht mehr ausüben könne.

Mit Bescheid vom 12.11.2007 stellte die Beigeladene ebenfalls als Folge einer Wehrdienstbeschädigung "Belastungsschmerz bei Osteochondrosis dissecans nach Distorsionstrauma rechtes Sprunggelenk" fest und lehnte einen Anspruch auf Ausgleich ab. Auch hiergegen legte der Kläger am 29.11.2007 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2008 wies der Beklagte den gegen seinen Bescheid vom 07.11.2007 erhobenen Widerspruch zurück. Er führte zur Begründung aus, mit dem angefochtenen Bescheid seien die Sprunggelenksbeschwerden als Wehrdienstbeschädigungsfolge anerkannt worden. Da die Anerkennung im Sinne der Hervorrufung erfolgt sei, sei das gesamte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung im rechten oberen Sprunggelenk berücksichtigt worden. Soweit der Kläger geltend mache, dass sich die Art der truppenärztlichen Behandlung ungünstig auf den Heilungsprozess ausgewirkt habe, könne dies folglich keine für ihn günstigere Regelung begründen. Für die bei ihm vorliegende Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk mittleren Grades sei ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 10 angemessen. Nach den Feststellungen des Dr. R. sei die Streckung und Beugung im oberen Sprunggelenk frei. Dr. H. bescheinige zwar eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung, also eine durch Schmerzen limitierte Beweglichkeit, aber ohne Angabe der konkreten Bewegungsmaße.

Hiergegen hat der Kläger am 09.05.2008 Klage beim Sozialgericht Heilbronn erhoben. Zu Unrecht sei im Widerspruchsbescheid ausgeführt worden, dass die nachgewiesenen Gelenksveränderungen und die beschriebenen Restbeschwerden beim Gehen und Laufen nicht dafür verantwortlich gemacht werden dürften, dass er den vor seiner Dienstzeit ausgeführten Beruf als Karosseriebauer nicht mehr ausüben könne.

Mit Beschluss vom 04.07.2011 hat das Sozialgericht die Wehrberichtsverwaltung zum Rechtsstreit beigeladen und nach vorangegangener Anhörung die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2011 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Einschätzung der Höhe des GdS durch Dr. R. sei schlüssig, da sie den der GdS-Bewertung zugrundeliegenden Grundsätzen entspreche. Danach komme ein GdS von 20 erst bei einer Versteifung des oberen Sprunggelenks oder bei Bewegungseinschränkungen stärkeren Grades in Betracht. Beides liege beim Kläger nicht vor. Soweit der Kläger auf das Attest des Dr. H. abstelle, sei bereits fraglich, ob diesem als Internisten die erforderliche Fachkunde zur Beurteilung eines orthopädischen Gesundheitsschadens zukomme. Dies könne letztendlich dahingestellt bleiben, da Dr. H. selbst keine nachvollziehbaren, objektivierbaren Befunde mitgeteilt habe, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten oder zu einer Verpflichtung des Gerichts zur weiteren Ermittlung von Amts wegen führen könnten. Er stelle allein auf ein nicht weiter objektivierbares Schmerzgeschehen ab. Dieses sei bei der üblichen GdS-Bewertung jedoch bereits berücksichtigt. Dass der Kläger nicht mehr Joggen könne oder nicht mehr Fußballspielen solle, begründe jedenfalls keine derartig erhebliche Leistungseinschränkung, dass von den der GdS-Bewertung zugrundeliegenden Grundsätzen insoweit abgewichen werden könne.

Hiergegen hat der Kläger am 22.09.2011 Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Ansicht, durch die fehlerhafte Therapie sei es zu einer Verschlimmerung seines Leidens gekommen. Seit der Entlassung aus der Bundeswehr sei er nicht mehr in der Lage, seinem Beruf als Karosseriebauer nachzugehen. Er leide im rechten Fuß an Morgensteifigkeit sowie Schwellneigung und könne sich nur humpelnd oder auf Krücken fortbewegen. Ferner habe er ab dem dritten Zeh nach rechts kein Gefühl mehr. Das Sozialgericht hätte dem Attest des Dr. H. nachgehen und weitere Ermittlungen von Amts wegen durchführen müssen. Er hat ferner ausgeführt, ständig Beschwerden im Bereich des rechten Fußes zu haben.

Mit Beschluss vom 25.01.2013 hat der Senat die Beschwerde des Klägers gegen die ablehnende Prozesskostenhilfeentscheidung des Sozialgerichts zurückgewiesen (L 6 VS 4516/11 B).

Der seit 23.05.2012 arbeitsunfähig erkrankte Kläger hat diverse Befundberichte vorgelegt. Danach hat der Radiologe Dr. B. magnetresonanztomographisch eine Osteochondrosis dissecans am lateralen Talus im Stadium II bis III rechts nachgewiesen (Befundbericht vom 26.03.2012), hat sich der Kläger beim Chirurgen Dr. S. wegen Schmerzen im rechten Sprunggelenk vorgestellt (Befundbericht vom 02.05.2012) und ist im Bundeswehrkrankenhauses U. eine gute Beweglichkeit der oberen Sprunggelenke (Befundbericht vom 29.05.2012) attestiert worden. Ferner ist im Bundeswehrkrankenhauses U. eine arthroskopische Gelenkrevision und sind Beck sche Bohrungen durchgeführt worden; die Entlassung ist bei reizfreier Wundheilung, guter Mobilisation und subjektivem Wohlbefinden erfolgt (Befundbericht vom 08.07.2012). Im weiteren Verlauf hat sich der Kläger bei der Assistenzärztin Dr. W., Klinikum L., vorgestellt, die den Verdacht auf eine Entzündung im rechten oberen Sprunggelenk geäußert (Befundbericht vom 29.09.2012) und eine leichte entzündliche Reaktion nach Überbelastung im rechten oberen Sprunggelenk diagnostiziert hat (Befundbericht vom 30.09.2012). Nachdem sich der Kläger im Bundeswehrkrankenhauses U. wegen einer Schwellung im rechten oberen Sprunggelenk vorgestellt hat (Befundbericht vom 09.10.2012), hat der Radiologe Dr. M. magnetresonanztomographisch den Nachweis eines diffusen Ödems im rechten oberen Sprunggelenk geführt (Befundbericht vom 22.10.2012). Sodann hat das Bundeswehrkrankenhauses U. zunächst wegen fehlender Kontrastmittelgabe bei der Magnetresonanztomographie keine Aussage bezüglich der Vitalität der Osteochondrosis dissecans für möglich erachtet (Befundbericht vom 06.11.2012), dann aber magnetresonanztomographisch den Nachweis eines massiven Reizzustandes, deutlichen Knorpel- und Knochendefekts sowie intraartikulären Ergusses im rechten oberen Sprunggelenk geführt (Befundbericht vom 13.11.2012). Es hat im Rahmen einer Arthroskopie eine Osteochondrosis dissecans Stadium IV der lateralen Talusschulter rechts mit großer Defektzone diagnostiziert (Befundbericht vom 29.11.2012). Es hat daraufhin im rechten zentralen Talus eine matrixassoziierte autologe Knorpeltransplantation mit Novocard-3D-Tetec-System durchgeführt und zwei Spongiosazylinder mit Entnahme vom rechten Beckenkamm im rechten oberen Sprunggelenk eingebracht; die Entlassung ist bei reizfreier Wundheilung, guter Mobilisation und subjektivem Wohlbefinden erfolgt; es ist von einer freien Beweglichkeit ab der siebten postoperativen Woche ausgegangen worden (Befundbericht vom 21.12.2012). Dr. H. hat die Ansicht vertreten, wegen krankheitsbedingten Bewegungsmangels und des dadurch bedingten psychischen Stresses habe sich ein Diabetes mellitus II b manifestiert. Die Bewegungseinschränkung sei erheblich ausgeprägt (Attest vom 05.06.2013). Bei der Abschlussuntersuchung im Bundeswehrkrankenhaus U. sind magnetresonanztomographisch persistierende Arthralgien diagnostiziert worden (Befundbericht vom 12.06.2013).

Der Kläger hat dazu vorgetragen, die zuletzt durchgeführten Operationen hätten nicht angeschlagen. Er sei nicht in der Lage, den rechten Fuß abzurollen. Er könne sich maximal zwei Stunden täglich zu Fuß fortbewegen, ehe er sich wegen der auftretenden Schmerzen ausruhen müsse.

Der Senat hat daraufhin Dr. S. am 13.06.2013, Prof. Dr. F., Ärztlicher Direktor am Bundeswehrkrankenhaus U., am 01.07.2013 und Dr. H. am 09.07.2013 schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.

Dr. S. hat ausgeführt, es bestünden anhaltende Belastungsschmerzen und eine Einschränkung der Sprunggelenksbeweglichkeit mit 0/0/30 Grad bei der Dorsalextension/Beugung. Da neben der mittelgradigen Bewegungseinschränkung eine ausgeprägte schmerzhafte Belastungseinschränkung bestehe, sei der GdS mit 20 einzustufen.

Prof. Dr. F. hat dargelegt, bei der Abschlussuntersuchung hätten sich ein im Seitenvergleich in allen Ebenen um circa 5 bis 10 Grad vermindertes Bewegungsmaß, ein Druckschmerz über dem oberen und unteren Sprunggelenk und über der Syndesmose, Schmerzen bei der Beweglichkeitsprüfung in allen Ebenen, ziehende Schmerzen im Bereich der Großzehe sowie Parästhesien D IV dorsal gezeigt. Eine Instabilität habe nicht vorgelegen. Zusammenfassend zeige sich eine für den Alltag ausreichende Beweglichkeit. Bis zu der am 06.07.2012 erfolgten Operation habe der GdS 0 betragen, da sich der Kläger bis dahin nur wegen Schmerzen vorgestellt habe. Nach dieser Operation sei mit einer Bewegungseinschränkung nicht zu rechnen gewesen. In den ersten drei Monaten nach der am 18.12.2012 erfolgten Operation habe der GdS wegen der deutlich erhöhten Bewegungseinschränkung 20 betragen. Seit dem 03.04.2013 sei der GdS mit 10 einzuschätzen, da sich nun in der Pronation/Supination eine leichte sowie in der Dorsalextension/Flexion eine mäßiggradige Einschränkung zeige. Beigefügt war der Arztbrief des Bundeswehrkrankenhauses Ulm vom 03.04.2013 (Pronation/Supination 20/0/25 Grad und Dorsalextension/Flexion 20/0/15 Grad).

Dr. H. hat ausgeführt, beim Kläger schmerze jeder Tritt, wodurch es zu einem erheblichen Schonhinken gekommen sei. Eine Schätzung des GdS sei ihm nicht möglich. Er hat die Arztbriefe des Dr. S. vom 15.04.2008 (starke Schmerzen im Sprunggelenk) und vom 06.03.2012 (brennende Schmerzen am Vorfuß, Schmerzen im Sprunggelenk, Beweglichkeit dorsal eingeschränkt und plantar regelgerecht) vorgelegt.

Der Kläger hat zuletzt vorgetragen, Dr. S. habe ihm aktuell vorgeschlagen, den Fuß operativ zu versteifen. Er könne den betroffenen Fuß nicht regulär einsetzen, humple und gehe ausschließlich auf der Ferse. Mit dieser körperlichen Einschränkung könne er seinen handwerklichen Beruf nicht mehr ausüben.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. August 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 7. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm Beschädigtengrundrente zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. sei schlüssig und entspreche den Grundsätzen zur GdS-Beurteilung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten und der Beigeladenen sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschädigtengrundrente.

Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif, insbesondere musste nicht die lediglich beabsichtigte Vorstellung des Klägers im Bundeswehrkrankenhaus abgewartet werden. Insofern liegen dem Senat ausführliche medizinische Unterlagen, auch ein ganz aktueller Befundbericht vom 12.06.2013, zur Beurteilung des durch die Gesundheitsstörung seitens des Sprunggelenks begründeten GdS vor.

Das Begehren des Klägers auf die Gewährung von Beschädigtengrundrente richtet sich nach § 81 und § 85 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit § 30 und § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Wehrdienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist (§ 81 Abs. 1 SVG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 81 Abs. 6 Satz 1 SVG). Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bis zum 31.12.2008 bei einer MdE und ab 01.01.2009 bei einem GdS ab 30 (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BVG). MdE und GdS sind nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). MdE und GdS sind nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein/e bis zu 5 Grad geringere/r MdE oder GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).

Für die Beurteilung der bis zum 31.12.2008 maßgeblichen MdE und des ab 01.01.2009 maßgeblichen GdS gelten dieselben Grundsätze. Im Folgenden wird daher allein auf die Beurteilung des GdS Bezug genommen.

Der Senat orientiert sich bei der Beurteilung von MdE und GdS für die Zeit bis zum 31.12.2008 an den im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) 2008 und für die Zeit ab 01.01.2009 an die an die Stelle der AHP getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV). Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30.06.2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 01.07.2011 zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des GdS im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bedingen die mit Bescheid vom 07.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2008 anerkannten Wehrdienstbeschädigungsfolgen "Belastungsschmerz rechtes Sprunggelenk bei Osteochondrosis dissecans" keinen GdS von mindestens 25.

Für Gesundheitsstörungen im Bereich des Sprunggelenks gelten nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 folgende GdS-Werte: GdS 20 bei Versteifung des oberen Sprunggelenks in günstiger Stellung (Plantarflexion um 5 Grad bis 15 Grad), GdS 10 bei Versteifung des unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung (Mittelstellung), GdS 30 bei Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung, GdS 40 bei Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in ungünstiger Stellung, GdS 0 bei Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk geringen Grades, GdS 10 bei Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk mittleren Grades (Heben/Senken 0/0/30 Grad), GdS 20 bei Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk stärkeren Grades sowie GdS 0 bis 10 bei Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk.

Mithin setzt bei einer Sprunggelenksverletzung ein nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG rentenberechtigender GdS von mindestens 25 eine Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks oder wenigstens eine Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks stärkeren Grades und zusätzlich im unteren Sprunggelenk voraus. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger auch unter Berücksichtigung der zuletzt geltend gemachten Beschwerden in Auswertung der Befunde und sachverständigen Zeugenaussagen nicht vor.

Zwar ergeben sich aus den aktenkundigen Befundberichten für die Zeit vom 19.04.2004 bis zum 18.08.2005 nicht die jeweiligen Bewegungsmaße des durch den Wehrdienstunfall am 19.04.2004 verletzten rechten oberen Sprunggelenks des Klägers und liegen für die Zeit vom 19.08.2005 bis zum 25.03.2012 mit Ausnahme des Attestes des Dr. H. vom 01.08.2007 und dem Arztbrief des Dr. S. vom 15.04.2008 gar keine Befundberichte vor.

In Auswertung der ärztlichen Berichte wie den klägerischen Angaben, die sich im Wesentlichen in undefinierbaren Belastungsbeschwerden erschöpfen, kann der insoweit beweispflichtige Kläger aber eine rentenberechtigende Bewegungseinschränkung der oberen und unteren Sprunggelenke nicht nachweisen. Eine Versteifung wurde und ist bislang nicht vorgenommen worden.

Nach der im August 2004 durchgeführten Arthroskopie hat sich vielmehr zunächst rasch wieder eine volle Belastbarkeit hergestellt. Das entnimmt der Senat den Berichten über die Anschlussbehandlungsheilbehandlung.

In dem Entlassungsbericht des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 30.08.2004 wird bereits eine freie Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks beschrieben. Dr. R. hat am 10.12.2004 diese freie Streckung/Beugung bestätigt und daneben nur eine verminderte Plantarextension befundet. Aus dem Befundbericht des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 17.02.2005 geht eine volle maximale Belastbarkeit bei Plantarflexion und Dorsalextension hervor, somit ist kein Gesundheitszustand festzustellen, der einen rentenberechtigenden GdS von mindestens 25 bedingt.

In der Zeit bis zur erneuten Arbeitsunfähigkeit ab Ende Mai 2012 sind keinerlei orthopädischen Behandlungen durchgeführt worden. Diese fehlende Behandlungsbedürftigkeit belegt aus Sicht des Senat, dass ein langes beschwerdearmes Intervall vorgelegen hat, so dass die Belastungsschmerzen jedenfalls nicht stärkeren oder sogar rentenberechtigenden Ausmaßes gewesen sind. Das wird durch den Kurzarztbrief des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 29.05.2012 bestätigt, der eine gute Beweglichkeit im rechten oberen Sprunggelenk beschrieben hat.

Nichts anderes ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Befundberichten und Attesten sowie den vom Senat eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften für die Zeit seit 26.03.2012. Zwar hat sich eine Fortschreitung der Osteochondrosis dissecans in das Stadium IV eingestellt, nämlich eine zwischenzeitlich von Dr. W. und im Bundeswehrkrankenhauses Ulm gesehene leichte entzündliche Reaktion, ein von Dr. M. festgestelltes diffuses Ödem, was zur Folge gehabt hat, dass im Bundeswehrkrankenhaus U. nach Feststellung eines massiven Reizzustandes, deutlichen Knorpel- und Knochendefekts sowie intraartikulären Ergusses eine mehrfache operative Behandlung der Osteochondrosis dissecans durchgeführt worden ist. Der Kläger ist nach den Operationen jeweils nach reizfreier Wundheilung bei guter Mobilisation und subjektivem Wohlbefinden entlassen worden und die behandelnden Ärzte haben eine freie Beweglichkeit ab der siebten postoperativen Woche nach dem Eingriff am 18.12.2012 prognostiziert. Diese Einschätzung hat sich durch die im Bundeswehrkrankenhaus vorgenommene Abschlussuntersuchung bestätigt. Denn es hat nach dem Arztbrief des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 03.04.2013 eine Pronation/Suspination von 20/0/25 Grad und eine Dorsalextension/Flexion von 20/0/15 Grad sowie nach den überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. F. bei der Abschlussuntersuchung am 12.06.2013 ein im Seitenvergleich in allen Ebenen nur um circa 5 bis 10 Grad vermindertes Bewegungsmaß ohne Anzeichen einer Instabilität gezeigt. Prof. Dr. F. hat aufgrund dieser Untersuchungsbefunde für den Senat schlüssig dargelegt, dass sich eine für den Alltag ausreichende Beweglichkeit gezeigt hat. Mithin ist er zu dem für den Senat gut nachvollziehbaren Schluss gekommen, dass bis zu der am 06.07.2012 erfolgten Operation der GdS 0 betragen hat, da sich der Kläger bis dahin nur wegen Schmerzen vorgestellt hat und bis dahin keine Bewegungseinschränkungen dokumentiert sind, bis zu der am 18.12.2012 erfolgten Operation mit einer Bewegungseinschränkung nicht zu rechnen gewesen ist, in den ersten drei Monaten nach der am 18.12.2012 erfolgten Operation der GdS 20 betragen hat, da eine deutlich erhöhte Bewegungseinschränkung vorgelegen hat, und seit der am 03.04.2013 erfolgten Untersuchung der GdS 10 beträgt, da in der Pronation/Suspination nur eine leichte sowie in der Dorsalextension/Flexion nur eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung gemessen worden ist. Die von Prof. Dr. F. beschriebenen Druckschmerzen über dem oberen und unteren Sprunggelenk und über der Syndesmose, Schmerzen bei der Beweglichkeitsprüfung in allen Ebenen, ziehenden Schmerzen im Bereich der Großzehe sowie Parästhesien D IV dorsal führen zu keiner rentenberechtigenden Erhöhung des GdS, da sie über die üblichen mit einer Osteochondrosis dissecans verbundenen Schmerzen nicht wesentlich hinausgehen.

Daran ändert sich selbst dann nichts Wesentliches, wenn das obere rechte Sprunggelenk versteift werden müsste. Denn selbst dann würde der GdS nur 25 betragen und wäre damit nicht rentenberechtigend. Eine solche Operation ist aber nicht konkret geplant, der Kläger hat noch nicht einmal einen diesbezüglichen Vorstellungstermin im Bundeswehrkrankenhaus.

Die Darlegungen von Dr. H. rechtfertigen keine andere Beurteilung. Er hat seine Ansicht, wegen des krankheitsbedingten Bewegungsmangels und des dadurch bedingten psychischen Stresses habe sich ein Diabetes mellitus II b manifestiert, nicht nachvollziehbar begründet. Sofern er von einer erheblich ausgeprägten Bewegungseinschränkung ausgeht, hat er diese Einschätzung nicht - wie aber erforderlich - durch von ihm erhobene Bewegungsmaße untermauert.

Nach alledem musste dem auf die Gewährung einer Beschädigtengrundrente gerichteten Antrag der Erfolg versagt bleiben.

Die Berufung des Klägers war mithin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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