Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 132/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 72/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen für eine anerkannte Praxisbesonderheit kann sich nicht nur auf eine Fallwerterhöhung beschränken, sondern muss auch die Fallzahl und die damit verbundene Frage der Ausnahme von der Abstaffelung des Fallwertes in den Blick nehmen.
2. Die Tätigkeit einer Gefäßchirurgin, die ausschließlich gefäßchirurgisch tätig ist und ihre Patienten konservativ und belegärztlich operativ versorgt, ist weder hinsichtlich der gewährten Fallwerte noch hinsichtlich der im Rahmen der Regelungen zur Abstaffelung des Fallwertes zugrunde gelegten Fallzahlen mit der Arzgruppe der Fachärzte für Chirurgie, für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie, für Herzchirurgie und für Neurochirurgie nach Anlage 1 zum HVV 2009 vergleichbar.
2. Die Tätigkeit einer Gefäßchirurgin, die ausschließlich gefäßchirurgisch tätig ist und ihre Patienten konservativ und belegärztlich operativ versorgt, ist weder hinsichtlich der gewährten Fallwerte noch hinsichtlich der im Rahmen der Regelungen zur Abstaffelung des Fallwertes zugrunde gelegten Fallzahlen mit der Arzgruppe der Fachärzte für Chirurgie, für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie, für Herzchirurgie und für Neurochirurgie nach Anlage 1 zum HVV 2009 vergleichbar.
Der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte trägt die Gerichtskosten sowie die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens (RLV) in der Gestalt einer Ausnahme von der Abstaffelung des Fallwertes für das Quartal IV/09.
Die Klägerin ist seit 1996 als Fachärztin für Gefäßchirurgie zugelassen und arbeitet ausschließlich gefäßchirurgisch. Sie versorgt ihre Patienten nicht nur konservativ, sondern ist auch belegärztlich operativ tätig. Seit dem 01.04.2007 nimmt sie mit Einzel-Praxissitz in A-Stadt an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Mit Schreiben vom 16.09.2009 erhob sie Widerspruch gegen die Zuweisung des RLV für das Quartal IV/09 und trug vor, dass sie ausschließlich gefäßchirurgisch tätig sei und deshalb nicht mit der Fachgruppe der Allgemeinchirurgen vergleichbar. Das RLV der Fachgruppe der Chirurgen sei für die medizinisch notwendige Diagnostik und Therapie bzw. für die zu behandelnden arteriellen, venösen und lymphatischen Erkrankungen, insbesondere auch für die im Rahmen der Diagnostik von arteriellen Verschlusskrankheiten durchgeführten Duplexsonographien nicht ausreichend. Aus den Frequenzstatistiken liesse sich anhand der Leistungen nach GO Nr. 33061 EBM 2009 (Duplexsonographie der Extrimitäten versorgenden Gefäße), GO Nr. 33072 EBM 2009 (Duplexsonographie der Extrimitäten versorgenden Gefäße) und GO Nr. 33075 EBM 2009 (Zuschlag Farbduplexuntersuchung) erkennen, dass der Schwerpunkt der Praxis bei den gefäßchirurgischen Leistungen liege. Sie übernähme im Rhein-Main-Gebiet nahezu die gesamte gefäßchirurgische Versorgung. Mit ihr seien nur noch zwei weitere Gefäßchirurgen in A-Stadt niedergelassen, jedoch mit einem teilweise sehr weit abweichenden Leistungsspektrum tätig. Mit Bescheid vom 30.04.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin einen erhöhten Fallwert von 54,83 EUR, wobei sie insbesondere die im Vergleich zur Arztgruppe ungewöhnlich hohe Zahl der durchgeführten Duplexsonographien berücksichtigte. Der darüber hinaus gehende Antrag auf Aussetzung der Fallwertabstaffelung wurde abgelehnt. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 31.05.2010, begrenzt auf die Ablehnung des Antrages zur Aussetzung der Fallwertabstaffelung. Aufgrund des anerkannten Praxisschwerpunktes versorge sie überdurchschnittlich viele Patienten. Sie habe im Quartal IV/09 1.291 Fälle versorgt. Sie sei aufgrund der anerkannten Praxisbesonderheit auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie nahezu ausschließlich auf Überweisung tätig. Die Spezialisierung der Praxis auf ein bestimmtes Leistungsspektrum bedeute auch, dass eine überdurchschnittliche Anzahl von Versicherten zu versorgen sei, da das Angebot in anderen Praxen nicht vorhanden sei.
Dieses spezifische Leistungsangebot könne durch die Abbildung in der Fachgruppe der Chirurgen nicht leistungsangemessen abgebildet werden. Aufgrund des anerkannten Praxisschwerpunktes sei die Notwendigkeit der weiteren Sicherstellung des besonderen Versorgungsauftrages gegeben und dementsprechend von einer Abstaffelung der Fallzahlen abzusehen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2012 zurück. Der Spezialisierung der Praxis sei bereits durch die durchgeführte Erhöhung des Fallwertes Rechnung getragen worden. Dadurch sei eine Nachvergütung in Höhe von 26.300,59 EUR gewährt worden. Die für das Quartal IV/09 zugrunde zulegenden Fallzahlen hätten bei der Fachgruppe der Chirurgen 533 betragen. Bis zur Grenze von 800 Fällen habe die Klägerin den Fallwert zu 100 % erhalten. Für die bis zur Grenze von 170 % überschreitenden 107 Fälle sei der Fallwert nur noch zu 75 % und für die bis zur Grenze von 200 % überschreitenden 159 Fälle nur noch zu 50 % anerkannt worden. Die darüber hinaus gehenden 225 Fälle seien dann nur noch zu 25 % anzuerkennen gewesen. Die Fallwertabstaffelung für das Quartal habe sich wie folgt nach Fallwertkorrektur ausgewirkt:
- 800 Fälle x 54,83 EUR = 43.864,00 EUR
- 107 Fälle x 41,12 EUR = 4.399,84 EUR
- 159 Fälle x 27,42 EUR = 4.359,78 EUR
- 225 Fälle x 13,71 EUR = 3.084,75 EUR
Um den Berechnungsfaktor der Fallwertabstaffelung zu ermitteln, müsse man die oben errechneten EUR-Beträge addieren. Die Summe werde dann wiederum dividiert durch das Ergebnis der Multiplikation der regelleistungsvolumenrelevanten Fallzahl mit dem Fallwert der Arztgruppe.
- 43.864,00 EUR + 4.399,84 EUR + 4.359,78 EUR + 3.084,75 EUR = 55.708,37 EUR
- 1.291 Fälle x 54,83 EUR = 70.785,53 EUR
- 55.708,37 EUR / 70.785,53 EUR = 0,7870
Diese Berechnungen der Fallwertabstaffelungen seien ordnungsgemäß erfolgt und nicht zu beanstanden.
Der Bescheid zu dem Antrag auf Änderung des RLV für das Quartale IV/09 sei rechtmäßig und auf Grundlage der Beschlüsse des Bewertungsausschusses erfolgt.
In Umsetzung der positiven Entscheidungen in den Antragsverfahren stelle sich das RLV für das Quartale IV/09 wie folgt dar:
Arztbezogenes RLV- Obergrenze- Arztbezogenes RLV – angefordert - Abweichung (Über-/Unterschreitung) IV/09 57.946,71 EUR 72.180,95 EUR + 14.234,14 EUR
Von dem für das Quartal IV/09 angeforderte Honorar in Höhe von 72.180,85 EUR könnten 57.946,71 EUR vollständig vergütet werden. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die honorarvertragliche Regelung nicht etwa zu einem Ausschluss der restlichen Forderung führe, sondern diese mit einer abgestaffelten Quote vergütet werde. Gegen diese Vorgehensweise bestünden keine Bedenken. Insgesamt seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesamthonoraranspruch nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sei.
Hiergegen richtet sich die am 15.03.2012 erhobene Klage. Die Klägerin trägt über ihren Vortrag im Widerspruchsverfahren hinaus vor, dass sie nahezu ausschließlich auf Überweisung durch Fachkollegen wie auch Kollegen anderer Fachgebiete tätig werde. Aufgrund ihres speziellen Leistungsspektrums sowie der oft akut behandlungsbedürftigen Patienten würden ihr auch sehr viele Überweisungen im Rahmen von Notfällen zugewiesen, deren Behandlung sie nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben könne. Die Notfallbehandlung bedürfe wie bei einer sofortigen Diagnostik in aller Regel auch einer sofortigen therapeutischen Intervention. Es handele sich hierbei um arterielle Gefäßverschlüsse an den Extremitäten, auch Carotisstenosen sowie akute Behandlungsbedürftigkeit bei Aneurysma. Auch diese Notfälle würden ihr von anderen Fachkollegen zugewiesen, sodass die Patientenzahl nicht steuerbar sei. Bereits im Rahmen des Verfahrens zum Az: B 6 KA 17/10 R, Urteil vom 29.06.2011, habe das Bundessozialgericht in ihrem Fall das spezielle Leistungsspektrum und eine Praxisbesonderheit anerkannt. Bei fehlender Aussetzung der Fallwertabstaffelung würde der zusätzlich zuerkannte Fallwert indirekt wieder reduziert und damit die Anerkennung der Praxisbesonderheit wieder neutralisiert. Soweit die Beklagte auf die Vorgaben des Bewertungsausschusses sowie ergänzende Beschlüsse des Vorstandes zu Ausnahmen von der Fallwertabstaffelung verweise, sei festzustellen, dass diese Vorgaben nicht abschließend aufgezählt seien, sondern durchaus Raum für Einzelfallentscheidungen zuließen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid zum Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal IV/09 vom 30.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15.02.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, dass das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundessozialgerichts insoweit nicht einschlägig sei, als andere Rechtsgrundlagen diesem zugrunde lägen. Streitgegenständlich sei dort das Quartal IV/08 gewesen. Vorliegend sei der Klägerin zudem bereits eine Sonderregelung in Form einer Fallwerterhöhung gewährt worden. Insoweit gehe die Beklagte davon aus, dass sie im Rahmen ihres Ermessens den Antrag auf Sonderregelung bereits hinreichend beschieden habe. Von einer Neutralisierung der Anerkennung der Praxisbesonderheit durch die Fallwertabstaffelung können nicht gesprochen werden, zumal das RLV durch die Sonderregelung bereits erheblich erhöht worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten, wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid zum Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal IV/09 vom 30.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15.02.2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung über ihren Antrag auf Sonderregelung zum RLV für das Quartal IV/09 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 01.04.2007, BGBl. I S. 378 (im Folgenden: SGB V) werden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet.
Nach § 87b Abs. 2 SGB V sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen (Satz 1). Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist (Satz 2). Abweichend von Absatz 1 Satz 1 ist die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden (Satz 3). Bei der Bestimmung des Zeitraums, für den ein Regelleistungsvolumen festgelegt wird, ist insbesondere sicherzustellen, dass eine kontinuierliche Versorgung der Versicherten gewährleistet ist (Satz 4). Nach § 87b Abs. 3 SGB V sind die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen (Satz 1). Bei der Bestimmung des Regelleistungsvolumens nach Absatz 2 sind darüber hinaus insbesondere
1. die Summe der für einen Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen,
2. zu erwartende Zahlungen im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 75 Abs. 7 und 7a,
3. zu erwartende Zahlungen für die nach Absatz 2 Satz 3 abgestaffelt zu vergütenden und für die nach Absatz 2 Satz 6 und 7 außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergütenden Leistungsmengen,
4. Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte
zu berücksichtigen (Satz 2). Soweit dazu Veranlassung besteht, sind auch Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen (Satz 3). Die Morbidität nach Satz 1 ist mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen (Satz 6). Als Tätigkeitsumfang nach Satz 2 gilt der Umfang des Versorgungsauftrags, mit dem die der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Vertragsärzte zur Versorgung zugelassen sind, und der Umfang des Versorgungsauftrags, der für die angestellten Ärzte der jeweiligen Arztgruppe vom Zulassungsausschuss genehmigt worden ist (Satz 6). Fehlschätzungen bei der Bestimmung des voraussichtlichen Umfangs der Leistungsmengen nach Satz 2 Nr. 3 sind zu berichtigen; die Vergütungsvereinbarungen nach § 87a Abs. 3 bleiben unberührt (Satz 7).
Nach § 87b Abs. 4 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten (Satz 1). Er bestimmt darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5 (Satz 2). Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellen gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach den Sätzen 1 und 2 unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina nach Absatz 5 konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (Satz 3). Nach § 87b Abs. 5 SGB V obliegt die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise der Kassenärztlichen Vereinigung; die Zuweisung erfolgt erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens (Satz 1). § 85 Abs. 4 Satz 9 gilt (Satz 2).
Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008 unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008 (Heft 38), A-1988, zitiert nach www.kbv.de/8157.html, im Folgenden: EB7F). Nach Nr. 1.2 EB7F werden die Regelleistungsvolumina nach Maßgabe von 2. und 3. für das jeweilige Abrechnungsquartal ermittelt (Nr. 1.2.1 EB7F). Die Regelleistungsvolumen werden nach Maßgabe von 2. und 3. je Arzt ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 1 EB7F). Für Vertragsärzte, die außer in ihrer Arztpraxis auch in einer oder mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften tätig sind, wird ein gesamtes Regelleistungsvolumen für die vom jeweiligen Vertragsarzt in der Arztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) erbrachten Leistungen ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 2 EB7F). Nach Nr. 2.1 Satz 1 EB7F kommen Regelleistungsvolumen für Ärzte der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur Anwendung. Dabei sieht der Beschluss vor, dass die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z. B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren können (Nr. 2 Anlage 1 EB7F). Die Fachrichtung der Klägerin wird in dieser Anlage nicht genannt. Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes ergibt sich für die in Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes (FW-AG) gemäß Anlage 2 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal (Nr. 3.2.1 Satz 2 EB7F sowie Nr. 5 Anlage 2 EB7F). Im Beschluss wird festgestellt, dass das Kriterium Geschlecht sich nicht zur Abbildung der Morbidität eignet, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst wird (Nr. 3.2.2 Satz 1 EB7F). Zur Berücksichtigung des Morbiditätskriteriums Alter ist das RLV gemäß 3.2.1 unter Berücksichtigung der Versicherten nach Altersklassen gemäß Anlage 2 zu ermitteln (Nr. 3.2.2 Satz 2 EB7F). Die Berechnung des arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß 3.2.1 erfolgt zunächst Schritt 1 - durch Ermittlung der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 1 Anlage 2 EB7F). Der arztgruppenspezifische Fallwert – Schritt 2 – ist der Quotient aus dem arztgruppenspezifischen Anteil am RLV-Vergütungsvolumen eines Versorgungsbereichs (vgl. Nr. 3 Anlage 2 EB7F) und eben der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 2 Anlage 2 EB7F).
Die Praxisbesonderheiten werden zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergeben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge. Der Bewertungsausschuss wird die Auswirkungen seiner Vorgaben hinsichtlich der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten überprüfen und die Vorgaben mit Wirkung zum 01. Januar 2010 ggf. anpassen (Nr. 3.6 Satz 1 bis 3 EB7F). Das ermittelte Regelleistungsvolumen je Arzt ist gegebenenfalls entsprechend den nach 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Nr. 5 Abs. 3 Anlage 2 EB7F).
Der Erweiterte Bewertungsausschuss beschloss in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V (DÄBl. 2009 (Heft 7), A-308) mit Geltung ab 01.01.2009 in Teil A (im Folgenden EB9A) eine "Konvergenzphase für die Vereinheitlichung der Umsetzung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen". Zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung sind die im Teil F seines Beschlusses vom 27./28.08.2008 beschlossenen Regelungen, insbesondere zu den Praxisbesonderheiten (Ziffer 3.6), deren Umsetzung zunächst den Partnern der Gesamtverträge überlassen worden war, zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Ziffer 3.7) – bei einem Honorarverlust von mehr als 15 % war dies in das Ermessen der KV gestellt worden - und zur Modifikation von relevanten Arztgruppen (Anlage 1) anzuwenden (vgl. Nr. 1 Satz 1 EB9A). Diese Regelungen fasste der Erweiterte Bewertungsausschuss kurz darauf neu in seiner 10. Sitzung am 27. Februar 2009 zur Änderung des Beschlusses Teil A vom 15. Januar 2009 in Teil A "Konvergenzphase für die Steuerung der Auswirkungen der Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung, insbesondere Teil F, Beschluss zur Berechnung und zur Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄBl. 2009 (Heft 12), A-574, im Folgenden: EB10A). Er erweiterte für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2010 (vgl. Ziff 5 EB10A) – wobei er sich zur Beobachtung und evtl. notwendigen Anpassung selbst verpflichtete (vgl. Nr. 6 und 7 EB10A) - die Autonomie der Gesamtvertragspartner (vgl. Nr. 1 EB10A), die er lediglich an Vorgaben zur Vergütung der Psychotherapeutenvergütung und die Trennung zur haus- und fachärztlichen Versorgung (Teil F, Anl. 2, Nr. 1) band (vgl. Nr. 3 EB10A). Den Vorrang der eigenen Regelungen in Nr. 1 Satz 1 u. 2 EB9A hob er zugunsten der Vertragsautonomie ab dem 01.04.2009 – sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 1. Quartal 2008 unter Vorbehalt zugewiesen wurden, kann die regionale Sonderregelung auch rückwirkend zum 01.01.2009 vereinbart werden. (Nr. 1 Fußnote 2 EB10A) -, weiterhin befristet bis Ende 2010 und mit der Vorgabe, das Konvergenzverfahren mit dem Ziel einer schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina an die sich aus der Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung ergebenden Vorgaben auszugestalten, auf (vgl. Nr. 1 und 2 EB10A).
Nach Nr. 4 EB10A (insofern textgleich mit der vorherigen Regelung nach Nr. 3 EB9A) können die Partner der Gesamtverträge aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung abweichend vom Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Beschluss Teil F, 3.6 zur Vorgabe eines Grenzwertes zur Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe in Höhe von mindestens 30 % im Einzelfall eine Praxisbesonderheit feststellen, obwohl die so vorgegebene Überschreitung nicht vorliegt.
In Umsetzung seines Ankündigungsbeschlusses aus der 175. Sitzung am 27. Februar 2009 (DÄ 2009 (Heft 12), A-576) hat der Bewertungsausschuss mit Beschluss in seiner 180. Sitzung am 20. April 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Regelungen zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A "Änderung des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄ 2009 (Heft 19), A-942, im Folgenden: B180A) mit Wirkung zum 01. Juli 2009 – sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 2. Quartal unter Vorbehalt zugewiesen wurden, können die nachfolgend angekündigten Maßnahmen in dem betroffenen KV-Bezirk auf Beschluss der Partner der Gesamtverträge bereits mit Wirkung zum 1. April 2009 in Kraft gesetzt werden; in diesem Fall sind die Berechnungen und Anpassungen von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen auf die Abrechnungen des 2., 3. und 4. Quartals 2008 aufzusetzen (Fußnote 1 B180A) – Anpassungen der im EB7F getroffenen Regelungen vorgenommen, die für vorliegenden Rechtsfall aber ohne Auswirkungen sind.
Auf der Grundlage dieser Regelungen im SGB V und des Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses haben die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen einen Honorarvertrag vom 13.12.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 geschlossen (im Folgenden: HVV). In Abschnitt II HVV werden auf der Grundlage des EB7F, B164B und EB8II (Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008 zur Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sowie zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A, DÄBl. 2008 (Heft 4), A 2602) weitgehend wortgleich die Regelungen des EB7F mit den Änderungen durch den B164B übernommen.
Nr. 3.4 HVV ergänzt Nr. 3.4 EB7F "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" durch weitere Ausnahmemöglichkeiten. Über die Regelungen in Nr. 3.4 EB7F hinaus kann auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden (Nr. 3.4 Satz 3 HVV). Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen kann außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen (Nr. 3.4 Satz 4 HVV). Die weitere Regelung, dass dies insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt (Nr. 3.4 Satz 5 HVV), greift die Regelung in Nr. 3.6 Satz 2 EB7F auf.
Soweit Nr. 3.4 Satz 5 HVV i.V.m. Nr. 3.4 Satz 4 HVV den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung ermächtigt, ist dies nicht zu beanstanden. Der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung kann zu konkretisierenden Regelungen und Einzelfallentscheidungen, insbesondere zur Beurteilung der Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen, ermächtigt werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 18; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - juris Rdnr. 14, jeweils m.w.N.).
Die Beklagte hat das Vorliegen einer Praxisbesonderheit bereits bejaht und damit dem besonderen Versorgungs- und Sicherstellungsauftrag der Klägerin Rechnung getragen, indem sie eine entsprechende Fallwerterhöhung zugestanden hat. Darüber hinaus hätte sie jedoch im Rahmen der Gewährung einer Sonderregelung nach Nr. 3.4 Satz 5 HVV eine Ausnahme von der Fallwertabstaffelung gewähren müssen. Das Gericht folgt dem Vortrag der Klägerin zwar nicht insoweit, als es davon ausgeht, dass die gewährte Fallwerterhöhung durch die Abstaffelung wieder neutralisiert wird. Dies ist nicht annäherend der Fall. Die Klägerin wird von der Beklagten jedoch im Rahmen der gewährten Sonderregelung nicht ihrer Praxisbesonderheit entsprechend beurteilt. Die Klägerin ist nach der Anlage 1 zum HVV der Fachgruppe der Fachärzte für Chirurgie, für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie, für Herzchirurgie, für Neurochirurgie zugeordnet. Diese Zuordnung ist nicht auf den ersten Blick zwingend, da die Facharztbezeichnung der Klägerin, Fachärztin für Gefäßchirurgie, in der Anlage nicht explizit erwähnt ist. Allerdings erlaubt die Zulassung der Klägerin keine anderweitige Eingruppierung. Sie ist insbesondere nicht als Fachärztin für Innere Medizin zugelassen. Nach der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen vom 15. August 2005 (HÄBl. Sonderheft 10/2005, S. 1-73), zuletzt geändert am 12. Juni 2013 (HÄBl. 7/2013, S. 576), zitiert nach http://www.laekh.de/upload/Aerzte/Weiterbildung/WBO 2005 10.pdf (im Folgenden: HWBO), umfasst das Gebiet Chirurgie die Vorbeugung, Erkennung, konservative und operative Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von chirurgischen Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen sowie angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Fehlbildungen der Gefäße, der inneren Organe einschließlich des Herzens, der Stütz- und Bewegungsorgane und der onkologischen Wiederherstellungs- und Transplantationschirurgie. Ziel der Weiterbildung im Gebiet Chirurgie ist die Erlangung von acht verschiedenen Facharztkompetenzen nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte, die auf der Basisweiterbildung (gemeinsame Inhalte der Facharztweiterbildungen) aufbauen. Als Facharztkompetenz können erworben werden der Facharzt für Allgemeine Chirurgie, Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Kinderchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie, Thoraxchirurgie sowie Viszeralchirurgie (Abschn. B.7 HWBO). Die insoweit fachkundig besetzte Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass das Tätigkeitsgebiet der Klägerin nicht mit den Tätigkeitsbereichen der sonstigen, nach Anlage 1 zum HVV in die Arztgruppe der Klägerin eingruppierten Fachärzte vergleichbar ist. Vielmehr würde das Tätigkeitsspektrum eine Eingruppierung der Klägerin bei den Fachärzten für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit nahelegen. Eine entsprechende Eingruppierung scheitert jedoch an den berufsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Zulassung der Klägerin. Allein aus der Tatsache, dass die Klägerin keine Zulassung als Fachärztin für Innere Medizin hat, jedoch im Wesentlichen diese Tätigkeiten ausführt, folgt die Notwendigkeit einer Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen, und dies nicht nur beschränkt auf den Fallwert, sondern auch in Bezug auf die Abstaffelung des Fallwertes. Die Abstaffelung knüpft nach Nr. 3.2.1 S. 3 HVV an die Fallzahl der Arztgruppe an. Insofern wird die Klägerin mit der Fallzahl der chirurgischen Arztgruppe beurteilt. Dies trägt der Praxisbesonderheit der Klägerin nicht hinreichend Rechnung. Vielmehr liegt es nahe, die Klägerin auch hinsichtlich der für die Fallwertabstaffelung maßgeblichen Fallzahl mit der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit zu vergleichen und zumindest insoweit eine Ausnahme von der Abstaffelung zu gewähren.
Aus diesen Gründen musste die Klage Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 VwGO und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Beklagte trägt die Gerichtskosten sowie die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens (RLV) in der Gestalt einer Ausnahme von der Abstaffelung des Fallwertes für das Quartal IV/09.
Die Klägerin ist seit 1996 als Fachärztin für Gefäßchirurgie zugelassen und arbeitet ausschließlich gefäßchirurgisch. Sie versorgt ihre Patienten nicht nur konservativ, sondern ist auch belegärztlich operativ tätig. Seit dem 01.04.2007 nimmt sie mit Einzel-Praxissitz in A-Stadt an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Mit Schreiben vom 16.09.2009 erhob sie Widerspruch gegen die Zuweisung des RLV für das Quartal IV/09 und trug vor, dass sie ausschließlich gefäßchirurgisch tätig sei und deshalb nicht mit der Fachgruppe der Allgemeinchirurgen vergleichbar. Das RLV der Fachgruppe der Chirurgen sei für die medizinisch notwendige Diagnostik und Therapie bzw. für die zu behandelnden arteriellen, venösen und lymphatischen Erkrankungen, insbesondere auch für die im Rahmen der Diagnostik von arteriellen Verschlusskrankheiten durchgeführten Duplexsonographien nicht ausreichend. Aus den Frequenzstatistiken liesse sich anhand der Leistungen nach GO Nr. 33061 EBM 2009 (Duplexsonographie der Extrimitäten versorgenden Gefäße), GO Nr. 33072 EBM 2009 (Duplexsonographie der Extrimitäten versorgenden Gefäße) und GO Nr. 33075 EBM 2009 (Zuschlag Farbduplexuntersuchung) erkennen, dass der Schwerpunkt der Praxis bei den gefäßchirurgischen Leistungen liege. Sie übernähme im Rhein-Main-Gebiet nahezu die gesamte gefäßchirurgische Versorgung. Mit ihr seien nur noch zwei weitere Gefäßchirurgen in A-Stadt niedergelassen, jedoch mit einem teilweise sehr weit abweichenden Leistungsspektrum tätig. Mit Bescheid vom 30.04.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin einen erhöhten Fallwert von 54,83 EUR, wobei sie insbesondere die im Vergleich zur Arztgruppe ungewöhnlich hohe Zahl der durchgeführten Duplexsonographien berücksichtigte. Der darüber hinaus gehende Antrag auf Aussetzung der Fallwertabstaffelung wurde abgelehnt. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 31.05.2010, begrenzt auf die Ablehnung des Antrages zur Aussetzung der Fallwertabstaffelung. Aufgrund des anerkannten Praxisschwerpunktes versorge sie überdurchschnittlich viele Patienten. Sie habe im Quartal IV/09 1.291 Fälle versorgt. Sie sei aufgrund der anerkannten Praxisbesonderheit auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie nahezu ausschließlich auf Überweisung tätig. Die Spezialisierung der Praxis auf ein bestimmtes Leistungsspektrum bedeute auch, dass eine überdurchschnittliche Anzahl von Versicherten zu versorgen sei, da das Angebot in anderen Praxen nicht vorhanden sei.
Dieses spezifische Leistungsangebot könne durch die Abbildung in der Fachgruppe der Chirurgen nicht leistungsangemessen abgebildet werden. Aufgrund des anerkannten Praxisschwerpunktes sei die Notwendigkeit der weiteren Sicherstellung des besonderen Versorgungsauftrages gegeben und dementsprechend von einer Abstaffelung der Fallzahlen abzusehen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2012 zurück. Der Spezialisierung der Praxis sei bereits durch die durchgeführte Erhöhung des Fallwertes Rechnung getragen worden. Dadurch sei eine Nachvergütung in Höhe von 26.300,59 EUR gewährt worden. Die für das Quartal IV/09 zugrunde zulegenden Fallzahlen hätten bei der Fachgruppe der Chirurgen 533 betragen. Bis zur Grenze von 800 Fällen habe die Klägerin den Fallwert zu 100 % erhalten. Für die bis zur Grenze von 170 % überschreitenden 107 Fälle sei der Fallwert nur noch zu 75 % und für die bis zur Grenze von 200 % überschreitenden 159 Fälle nur noch zu 50 % anerkannt worden. Die darüber hinaus gehenden 225 Fälle seien dann nur noch zu 25 % anzuerkennen gewesen. Die Fallwertabstaffelung für das Quartal habe sich wie folgt nach Fallwertkorrektur ausgewirkt:
- 800 Fälle x 54,83 EUR = 43.864,00 EUR
- 107 Fälle x 41,12 EUR = 4.399,84 EUR
- 159 Fälle x 27,42 EUR = 4.359,78 EUR
- 225 Fälle x 13,71 EUR = 3.084,75 EUR
Um den Berechnungsfaktor der Fallwertabstaffelung zu ermitteln, müsse man die oben errechneten EUR-Beträge addieren. Die Summe werde dann wiederum dividiert durch das Ergebnis der Multiplikation der regelleistungsvolumenrelevanten Fallzahl mit dem Fallwert der Arztgruppe.
- 43.864,00 EUR + 4.399,84 EUR + 4.359,78 EUR + 3.084,75 EUR = 55.708,37 EUR
- 1.291 Fälle x 54,83 EUR = 70.785,53 EUR
- 55.708,37 EUR / 70.785,53 EUR = 0,7870
Diese Berechnungen der Fallwertabstaffelungen seien ordnungsgemäß erfolgt und nicht zu beanstanden.
Der Bescheid zu dem Antrag auf Änderung des RLV für das Quartale IV/09 sei rechtmäßig und auf Grundlage der Beschlüsse des Bewertungsausschusses erfolgt.
In Umsetzung der positiven Entscheidungen in den Antragsverfahren stelle sich das RLV für das Quartale IV/09 wie folgt dar:
Arztbezogenes RLV- Obergrenze- Arztbezogenes RLV – angefordert - Abweichung (Über-/Unterschreitung) IV/09 57.946,71 EUR 72.180,95 EUR + 14.234,14 EUR
Von dem für das Quartal IV/09 angeforderte Honorar in Höhe von 72.180,85 EUR könnten 57.946,71 EUR vollständig vergütet werden. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die honorarvertragliche Regelung nicht etwa zu einem Ausschluss der restlichen Forderung führe, sondern diese mit einer abgestaffelten Quote vergütet werde. Gegen diese Vorgehensweise bestünden keine Bedenken. Insgesamt seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesamthonoraranspruch nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sei.
Hiergegen richtet sich die am 15.03.2012 erhobene Klage. Die Klägerin trägt über ihren Vortrag im Widerspruchsverfahren hinaus vor, dass sie nahezu ausschließlich auf Überweisung durch Fachkollegen wie auch Kollegen anderer Fachgebiete tätig werde. Aufgrund ihres speziellen Leistungsspektrums sowie der oft akut behandlungsbedürftigen Patienten würden ihr auch sehr viele Überweisungen im Rahmen von Notfällen zugewiesen, deren Behandlung sie nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben könne. Die Notfallbehandlung bedürfe wie bei einer sofortigen Diagnostik in aller Regel auch einer sofortigen therapeutischen Intervention. Es handele sich hierbei um arterielle Gefäßverschlüsse an den Extremitäten, auch Carotisstenosen sowie akute Behandlungsbedürftigkeit bei Aneurysma. Auch diese Notfälle würden ihr von anderen Fachkollegen zugewiesen, sodass die Patientenzahl nicht steuerbar sei. Bereits im Rahmen des Verfahrens zum Az: B 6 KA 17/10 R, Urteil vom 29.06.2011, habe das Bundessozialgericht in ihrem Fall das spezielle Leistungsspektrum und eine Praxisbesonderheit anerkannt. Bei fehlender Aussetzung der Fallwertabstaffelung würde der zusätzlich zuerkannte Fallwert indirekt wieder reduziert und damit die Anerkennung der Praxisbesonderheit wieder neutralisiert. Soweit die Beklagte auf die Vorgaben des Bewertungsausschusses sowie ergänzende Beschlüsse des Vorstandes zu Ausnahmen von der Fallwertabstaffelung verweise, sei festzustellen, dass diese Vorgaben nicht abschließend aufgezählt seien, sondern durchaus Raum für Einzelfallentscheidungen zuließen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid zum Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal IV/09 vom 30.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15.02.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, dass das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundessozialgerichts insoweit nicht einschlägig sei, als andere Rechtsgrundlagen diesem zugrunde lägen. Streitgegenständlich sei dort das Quartal IV/08 gewesen. Vorliegend sei der Klägerin zudem bereits eine Sonderregelung in Form einer Fallwerterhöhung gewährt worden. Insoweit gehe die Beklagte davon aus, dass sie im Rahmen ihres Ermessens den Antrag auf Sonderregelung bereits hinreichend beschieden habe. Von einer Neutralisierung der Anerkennung der Praxisbesonderheit durch die Fallwertabstaffelung können nicht gesprochen werden, zumal das RLV durch die Sonderregelung bereits erheblich erhöht worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten, wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid zum Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal IV/09 vom 30.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15.02.2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung über ihren Antrag auf Sonderregelung zum RLV für das Quartal IV/09 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 01.04.2007, BGBl. I S. 378 (im Folgenden: SGB V) werden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet.
Nach § 87b Abs. 2 SGB V sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen (Satz 1). Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist (Satz 2). Abweichend von Absatz 1 Satz 1 ist die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden (Satz 3). Bei der Bestimmung des Zeitraums, für den ein Regelleistungsvolumen festgelegt wird, ist insbesondere sicherzustellen, dass eine kontinuierliche Versorgung der Versicherten gewährleistet ist (Satz 4). Nach § 87b Abs. 3 SGB V sind die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen (Satz 1). Bei der Bestimmung des Regelleistungsvolumens nach Absatz 2 sind darüber hinaus insbesondere
1. die Summe der für einen Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen,
2. zu erwartende Zahlungen im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 75 Abs. 7 und 7a,
3. zu erwartende Zahlungen für die nach Absatz 2 Satz 3 abgestaffelt zu vergütenden und für die nach Absatz 2 Satz 6 und 7 außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergütenden Leistungsmengen,
4. Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte
zu berücksichtigen (Satz 2). Soweit dazu Veranlassung besteht, sind auch Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen (Satz 3). Die Morbidität nach Satz 1 ist mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen (Satz 6). Als Tätigkeitsumfang nach Satz 2 gilt der Umfang des Versorgungsauftrags, mit dem die der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Vertragsärzte zur Versorgung zugelassen sind, und der Umfang des Versorgungsauftrags, der für die angestellten Ärzte der jeweiligen Arztgruppe vom Zulassungsausschuss genehmigt worden ist (Satz 6). Fehlschätzungen bei der Bestimmung des voraussichtlichen Umfangs der Leistungsmengen nach Satz 2 Nr. 3 sind zu berichtigen; die Vergütungsvereinbarungen nach § 87a Abs. 3 bleiben unberührt (Satz 7).
Nach § 87b Abs. 4 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten (Satz 1). Er bestimmt darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5 (Satz 2). Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellen gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach den Sätzen 1 und 2 unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina nach Absatz 5 konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (Satz 3). Nach § 87b Abs. 5 SGB V obliegt die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise der Kassenärztlichen Vereinigung; die Zuweisung erfolgt erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens (Satz 1). § 85 Abs. 4 Satz 9 gilt (Satz 2).
Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008 unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008 (Heft 38), A-1988, zitiert nach www.kbv.de/8157.html, im Folgenden: EB7F). Nach Nr. 1.2 EB7F werden die Regelleistungsvolumina nach Maßgabe von 2. und 3. für das jeweilige Abrechnungsquartal ermittelt (Nr. 1.2.1 EB7F). Die Regelleistungsvolumen werden nach Maßgabe von 2. und 3. je Arzt ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 1 EB7F). Für Vertragsärzte, die außer in ihrer Arztpraxis auch in einer oder mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften tätig sind, wird ein gesamtes Regelleistungsvolumen für die vom jeweiligen Vertragsarzt in der Arztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) erbrachten Leistungen ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 2 EB7F). Nach Nr. 2.1 Satz 1 EB7F kommen Regelleistungsvolumen für Ärzte der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur Anwendung. Dabei sieht der Beschluss vor, dass die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z. B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren können (Nr. 2 Anlage 1 EB7F). Die Fachrichtung der Klägerin wird in dieser Anlage nicht genannt. Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes ergibt sich für die in Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes (FW-AG) gemäß Anlage 2 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal (Nr. 3.2.1 Satz 2 EB7F sowie Nr. 5 Anlage 2 EB7F). Im Beschluss wird festgestellt, dass das Kriterium Geschlecht sich nicht zur Abbildung der Morbidität eignet, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst wird (Nr. 3.2.2 Satz 1 EB7F). Zur Berücksichtigung des Morbiditätskriteriums Alter ist das RLV gemäß 3.2.1 unter Berücksichtigung der Versicherten nach Altersklassen gemäß Anlage 2 zu ermitteln (Nr. 3.2.2 Satz 2 EB7F). Die Berechnung des arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß 3.2.1 erfolgt zunächst Schritt 1 - durch Ermittlung der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 1 Anlage 2 EB7F). Der arztgruppenspezifische Fallwert – Schritt 2 – ist der Quotient aus dem arztgruppenspezifischen Anteil am RLV-Vergütungsvolumen eines Versorgungsbereichs (vgl. Nr. 3 Anlage 2 EB7F) und eben der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 2 Anlage 2 EB7F).
Die Praxisbesonderheiten werden zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergeben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge. Der Bewertungsausschuss wird die Auswirkungen seiner Vorgaben hinsichtlich der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten überprüfen und die Vorgaben mit Wirkung zum 01. Januar 2010 ggf. anpassen (Nr. 3.6 Satz 1 bis 3 EB7F). Das ermittelte Regelleistungsvolumen je Arzt ist gegebenenfalls entsprechend den nach 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Nr. 5 Abs. 3 Anlage 2 EB7F).
Der Erweiterte Bewertungsausschuss beschloss in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V (DÄBl. 2009 (Heft 7), A-308) mit Geltung ab 01.01.2009 in Teil A (im Folgenden EB9A) eine "Konvergenzphase für die Vereinheitlichung der Umsetzung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen". Zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung sind die im Teil F seines Beschlusses vom 27./28.08.2008 beschlossenen Regelungen, insbesondere zu den Praxisbesonderheiten (Ziffer 3.6), deren Umsetzung zunächst den Partnern der Gesamtverträge überlassen worden war, zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Ziffer 3.7) – bei einem Honorarverlust von mehr als 15 % war dies in das Ermessen der KV gestellt worden - und zur Modifikation von relevanten Arztgruppen (Anlage 1) anzuwenden (vgl. Nr. 1 Satz 1 EB9A). Diese Regelungen fasste der Erweiterte Bewertungsausschuss kurz darauf neu in seiner 10. Sitzung am 27. Februar 2009 zur Änderung des Beschlusses Teil A vom 15. Januar 2009 in Teil A "Konvergenzphase für die Steuerung der Auswirkungen der Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung, insbesondere Teil F, Beschluss zur Berechnung und zur Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄBl. 2009 (Heft 12), A-574, im Folgenden: EB10A). Er erweiterte für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2010 (vgl. Ziff 5 EB10A) – wobei er sich zur Beobachtung und evtl. notwendigen Anpassung selbst verpflichtete (vgl. Nr. 6 und 7 EB10A) - die Autonomie der Gesamtvertragspartner (vgl. Nr. 1 EB10A), die er lediglich an Vorgaben zur Vergütung der Psychotherapeutenvergütung und die Trennung zur haus- und fachärztlichen Versorgung (Teil F, Anl. 2, Nr. 1) band (vgl. Nr. 3 EB10A). Den Vorrang der eigenen Regelungen in Nr. 1 Satz 1 u. 2 EB9A hob er zugunsten der Vertragsautonomie ab dem 01.04.2009 – sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 1. Quartal 2008 unter Vorbehalt zugewiesen wurden, kann die regionale Sonderregelung auch rückwirkend zum 01.01.2009 vereinbart werden. (Nr. 1 Fußnote 2 EB10A) -, weiterhin befristet bis Ende 2010 und mit der Vorgabe, das Konvergenzverfahren mit dem Ziel einer schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina an die sich aus der Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung ergebenden Vorgaben auszugestalten, auf (vgl. Nr. 1 und 2 EB10A).
Nach Nr. 4 EB10A (insofern textgleich mit der vorherigen Regelung nach Nr. 3 EB9A) können die Partner der Gesamtverträge aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung abweichend vom Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Beschluss Teil F, 3.6 zur Vorgabe eines Grenzwertes zur Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe in Höhe von mindestens 30 % im Einzelfall eine Praxisbesonderheit feststellen, obwohl die so vorgegebene Überschreitung nicht vorliegt.
In Umsetzung seines Ankündigungsbeschlusses aus der 175. Sitzung am 27. Februar 2009 (DÄ 2009 (Heft 12), A-576) hat der Bewertungsausschuss mit Beschluss in seiner 180. Sitzung am 20. April 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Regelungen zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A "Änderung des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄ 2009 (Heft 19), A-942, im Folgenden: B180A) mit Wirkung zum 01. Juli 2009 – sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 2. Quartal unter Vorbehalt zugewiesen wurden, können die nachfolgend angekündigten Maßnahmen in dem betroffenen KV-Bezirk auf Beschluss der Partner der Gesamtverträge bereits mit Wirkung zum 1. April 2009 in Kraft gesetzt werden; in diesem Fall sind die Berechnungen und Anpassungen von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen auf die Abrechnungen des 2., 3. und 4. Quartals 2008 aufzusetzen (Fußnote 1 B180A) – Anpassungen der im EB7F getroffenen Regelungen vorgenommen, die für vorliegenden Rechtsfall aber ohne Auswirkungen sind.
Auf der Grundlage dieser Regelungen im SGB V und des Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses haben die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen einen Honorarvertrag vom 13.12.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 geschlossen (im Folgenden: HVV). In Abschnitt II HVV werden auf der Grundlage des EB7F, B164B und EB8II (Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008 zur Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sowie zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A, DÄBl. 2008 (Heft 4), A 2602) weitgehend wortgleich die Regelungen des EB7F mit den Änderungen durch den B164B übernommen.
Nr. 3.4 HVV ergänzt Nr. 3.4 EB7F "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" durch weitere Ausnahmemöglichkeiten. Über die Regelungen in Nr. 3.4 EB7F hinaus kann auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden (Nr. 3.4 Satz 3 HVV). Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen kann außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen (Nr. 3.4 Satz 4 HVV). Die weitere Regelung, dass dies insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt (Nr. 3.4 Satz 5 HVV), greift die Regelung in Nr. 3.6 Satz 2 EB7F auf.
Soweit Nr. 3.4 Satz 5 HVV i.V.m. Nr. 3.4 Satz 4 HVV den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung ermächtigt, ist dies nicht zu beanstanden. Der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung kann zu konkretisierenden Regelungen und Einzelfallentscheidungen, insbesondere zur Beurteilung der Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen, ermächtigt werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 18; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - juris Rdnr. 14, jeweils m.w.N.).
Die Beklagte hat das Vorliegen einer Praxisbesonderheit bereits bejaht und damit dem besonderen Versorgungs- und Sicherstellungsauftrag der Klägerin Rechnung getragen, indem sie eine entsprechende Fallwerterhöhung zugestanden hat. Darüber hinaus hätte sie jedoch im Rahmen der Gewährung einer Sonderregelung nach Nr. 3.4 Satz 5 HVV eine Ausnahme von der Fallwertabstaffelung gewähren müssen. Das Gericht folgt dem Vortrag der Klägerin zwar nicht insoweit, als es davon ausgeht, dass die gewährte Fallwerterhöhung durch die Abstaffelung wieder neutralisiert wird. Dies ist nicht annäherend der Fall. Die Klägerin wird von der Beklagten jedoch im Rahmen der gewährten Sonderregelung nicht ihrer Praxisbesonderheit entsprechend beurteilt. Die Klägerin ist nach der Anlage 1 zum HVV der Fachgruppe der Fachärzte für Chirurgie, für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie, für Herzchirurgie, für Neurochirurgie zugeordnet. Diese Zuordnung ist nicht auf den ersten Blick zwingend, da die Facharztbezeichnung der Klägerin, Fachärztin für Gefäßchirurgie, in der Anlage nicht explizit erwähnt ist. Allerdings erlaubt die Zulassung der Klägerin keine anderweitige Eingruppierung. Sie ist insbesondere nicht als Fachärztin für Innere Medizin zugelassen. Nach der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen vom 15. August 2005 (HÄBl. Sonderheft 10/2005, S. 1-73), zuletzt geändert am 12. Juni 2013 (HÄBl. 7/2013, S. 576), zitiert nach http://www.laekh.de/upload/Aerzte/Weiterbildung/WBO 2005 10.pdf (im Folgenden: HWBO), umfasst das Gebiet Chirurgie die Vorbeugung, Erkennung, konservative und operative Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von chirurgischen Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen sowie angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Fehlbildungen der Gefäße, der inneren Organe einschließlich des Herzens, der Stütz- und Bewegungsorgane und der onkologischen Wiederherstellungs- und Transplantationschirurgie. Ziel der Weiterbildung im Gebiet Chirurgie ist die Erlangung von acht verschiedenen Facharztkompetenzen nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte, die auf der Basisweiterbildung (gemeinsame Inhalte der Facharztweiterbildungen) aufbauen. Als Facharztkompetenz können erworben werden der Facharzt für Allgemeine Chirurgie, Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Kinderchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie, Thoraxchirurgie sowie Viszeralchirurgie (Abschn. B.7 HWBO). Die insoweit fachkundig besetzte Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass das Tätigkeitsgebiet der Klägerin nicht mit den Tätigkeitsbereichen der sonstigen, nach Anlage 1 zum HVV in die Arztgruppe der Klägerin eingruppierten Fachärzte vergleichbar ist. Vielmehr würde das Tätigkeitsspektrum eine Eingruppierung der Klägerin bei den Fachärzten für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit nahelegen. Eine entsprechende Eingruppierung scheitert jedoch an den berufsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Zulassung der Klägerin. Allein aus der Tatsache, dass die Klägerin keine Zulassung als Fachärztin für Innere Medizin hat, jedoch im Wesentlichen diese Tätigkeiten ausführt, folgt die Notwendigkeit einer Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen, und dies nicht nur beschränkt auf den Fallwert, sondern auch in Bezug auf die Abstaffelung des Fallwertes. Die Abstaffelung knüpft nach Nr. 3.2.1 S. 3 HVV an die Fallzahl der Arztgruppe an. Insofern wird die Klägerin mit der Fallzahl der chirurgischen Arztgruppe beurteilt. Dies trägt der Praxisbesonderheit der Klägerin nicht hinreichend Rechnung. Vielmehr liegt es nahe, die Klägerin auch hinsichtlich der für die Fallwertabstaffelung maßgeblichen Fallzahl mit der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit zu vergleichen und zumindest insoweit eine Ausnahme von der Abstaffelung zu gewähren.
Aus diesen Gründen musste die Klage Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 VwGO und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
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