Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 VG 1083/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 3837/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Weitergewährung einer Grundrente wegen der Folgen einer anerkannten Schädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten (OEG).
Die am 27.08.1960 geborene Klägerin ist geschieden und hat 3 erwachsene Kinder aus verschiedenen Partnerschaften. Nach Besuch der Hauptschule machte sie eine Ausbildung als Krankenpflegerin und arbeitete zunächst in diesem Beruf. Später war sie 2 Jahre als Bedienung in einer Gaststätte tätig und dann ein Jahr als Arbeiterin. Seit der ersten Ehe im Jahr 1992 war die Klägerin, abgesehen von einer zeitweisen Tätigkeit als Tagesmutter, nicht mehr berufstätig. Die Klägerin beantragte erstmals 1998 eine Erwerbsminderungsrente beim Rentenversicherungs-träger. Mit Bescheid des Versorgungsamtes B. vom 14.06.2007 wurde ein Grad der Behinderung (GdB) in Höhe von 50 seit dem 01.01.2006 wegen Persönlichkeitsstörung, depressiver Verstimmung und funktioneller Organbeschwerden festgestellt. Seit dem 01.06.2011 erhält die Klägerin auf ihren dritten Antrag eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. ("die psychische Traumatisierung in 2008 ist fraglos auf eine jahrelang vorbeschriebene Persönlichkeitsproblematik aufgepfropft. Bekannt sind diverse Delinquenz-, Drogen- und Alkoholbelastungen der ganzen Familie über mehrere Generationen. In diesem Zusammenhang massive Beziehungsstörungen eruierbar, chaotische familiäre Verhältnisse bei Rentenbegehren seit über 10 Jahren.", Gutachten Dr. W. für die Rentenversicherung)
In der Nacht vom 24. auf den 25. Mai 2008 kam es zwischen der Klägerin und einem langjährigen Bekannten, den die Klägerin aufgesucht hatte, weil ihr Sohn dort war, zu einer nach erheblichem Alkoholgenuss zunächst verbal geführten Auseinandersetzung. Im Laufe der Auseinandersetzung wurde sie dann unter Anwendung von Gewalt von dem Bekannten zunächst vor seine im zweiten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses gelegene Wohnung befördert und dann unter Anwendung von Gewalt einen Treppenabsatz 15 Stufen hinunter gestoßen. Vor dem Haus warf der Bekannte noch das Fahrrad der Klägerin nach ihr, verfehlte sie jedoch.
Am 25.05.2008 stellte die Klägerin Strafanzeige. Vom 25.05.2008 bis 26.05.2008 wurde sie stationär in der Chirurgischen Klinik der Kliniken des Landkreises B. behandelt. Nach dem ärztlichen Attest des Chefarztes Dr. B. der Chirurgischen Klinik vom 18.06.2008 wurde eine Kopfplatzwunde frontal rechts im Bereich der Augenbraue, ein periorbitales Hämatom rechts mit deutlicher Schwellung, ein Hämatom am Kinn mit deutlicher Schwellung, eine Distorsion des rechten oberen Sprunggelenkes mit Verdacht auf Verletzung des fibulotalaren Bandapparates, eine Distorsion des linken oberen Sprunggelenkes mit Knieprellung links mit ca. 3,5 x 4 cm großer Hautabschürfung über der Patella, eine ca. 0,5 x 1 cm große Hautverletzung praetibial links, eine Distorsion des Unterkiefers, ein Verdacht auf Subluxation im Endgelenk des vierten Fingers der linken Hand, eine Distorsion des dritten Fingers der linken Hand, mehrere kleine oberflächliche Hautverletzungen im Bereich des Handrückens rechts, jeweils 0,5 x 0,5 cm groß, Prellungen des Ellenbogens und Unterarmes beidseits sowie der rechten Schulter, eine Prellung des inferioren hinteren Thorax und leichte Kopfschmerzen diagnostiziert. Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des Schädels am 16.07.2008 zeigte einen im Wesentlichen unauffälligen Befund, nebenbefundlich wurde eine leichte Nasennebenhöhlenverschattung im Sinne eines leichten Schnupfens bei Nasenseptumdeviation nach rechts beschrieben. Am 24.07.2008 wurde noch der Verdacht auf eine stattgehabte stumpfe Strecksehnenruptur des vierten Fingers links gestellt. Mit Urteil des Amtsgerichts R. (1 Ds 24 Js 1442/08) vom 17.09.2008 wurde der Täter wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt.
Am 06.02.2009 ging wegen dieses Vorfalls ein Antrag der Klägerin auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG vom 05.02.2009 beim Beklagten ein. Neben Teilen der Strafanzeige und einer Schilderung des Vorfalles durch die Klägerin wurde insbesondere der Entlassbericht der Chirurgischen Klinik der Kliniken des Landkreises B. vom 26.05.2008, deren Arztbrief vom 25.06.2008, der Bericht über das MRT am 16.07.2008 und ein Attest von Dr. Z., Praktischer Arzt und Psychotherapeut, vom 29.10.2008, beigefügt. Dr. Z. führte aus, die Klägerin sei wegen einer chronischen depressiven Erkrankung seit 2002 in fortlaufender psychotherapeutischer Behandlung. Nachdem sie im Mai 2008 Opfer einer strafbaren Handlung geworden sei, sei sie psychisch sehr in Druck gekommen und es habe sich eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickelt. Immer dann, wenn sie mit dem traumatisch erlebten Ereignis konfrontiert sei, entwickle sie Angstgefühle und es entstünden Alpträume bzw. das erlebte Geschehen dränge sich ihr immer wieder auf.
Der Beklagte zog von der Krankenkasse der Klägerin, der AOK B., ein Vorerkrankungs-verzeichnis und vom Amtsgericht B. die Strafakte bei und beauftragte Dr. D., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie mit der Begutachtung der Klägerin. Nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 21.04.2010 diagnostizierte Dr. D. eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion bei vorbestehender Dysthymia. Neben den körperlichen Schädigungen habe die Klägerin durch den tätlichen Angriff auch ein Psychotrauma erlitten, das sich von Beginn an mit starken Ängsten, innerer Unruhe und Schlafstörungen geäußert habe. Aufgrund dieses Psychotraumas sei die bereits seit 2002 bestehende Psychotherapie intensiviert worden, die ersten Monate habe sie auch Psychopharmaka erhalten (ca. 1 Jahr). Nach etwa einem Jahr hätten sich die psychischen Störungen deutlich gebessert, wenngleich auch jetzt noch immer wieder Ängste auftreten würden. Die Kriterien für eine PTBS seien nicht erfüllt. Für das erste Jahr werde der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) auf 30, für das zweite Jahr auf 20 geschätzt. Mit einer weiteren Besserung sei zu rechnen.
Mit Erstanerkennungsbescheid vom 14.06.2010 stellte der Beklagte fest, die Klägerin sei am 24./25.05.2008 Opfer einer Gewalttat im Sinne des OEG geworden sei. Als Schädigungsfolge wurden Anpassungsstörungen mit längerer depressiver Reaktion anerkannt. Der dadurch bedingte GdS betrage 30 ab 01.05.2008 und unter 25 ab 01.05.2009. Ab dem 01.05.2008 erhalte sie Beschädigtenversorgung nach dem OEG i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Ab dem 01.05.2009 stünden keine laufenden Versorgungsbezüge mehr zu. Wegen der anerkannten Schädigungsfolgen werde Heilbehandlung gewährt.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.06.2010 Widerspruch ein. Es habe sich zum 01.05.2009 keine wesentliche Änderung in der psychischen Befindlichkeit ergeben. Im Hinblick auf die seit der Schädigung unverändert wiederkehrenden Angstzustände werde gebeten zu prüfen, ob die Kriterien für eine PTBS erfüllt seien. Es gehe ihr immer wieder erneut sehr schlecht, wenn sie dem Täter begegnet sei. Große Ängste verfolgten sie. Sie wolle nicht über die Dinge reden, dies verstärke ihre Panik noch. Es bestehe noch eine bleibende Schädigung im Bereich der Stirnhöhlen bzw. des Nasenbeins. Es komme täglich ein eitriges Sekret aus der Nase. Sie habe gelegentlich noch Narbenschmerzen im Bereich der rechten Augenbraue, auch habe sie öfters Kopfschmerzen.
Der Beklagte holte bei Dr. J., Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, einen Befundbericht ein (erstmalige Behandlung am 21.01.2010 wegen permanent behinderter Nasenatmung und Schnarchen sowie wiederholten Kopfschmerzen und schlecht abheilendem Schnupfen und Nebenhöhlenentzündungen, häufige Rachen- und Kehlkopfkatarrhe und Mundatmung; am 06.04.2010 sei eine Septum-Korrektur durchgeführt worden).
In der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde R. wurde ausgeführt, seitens der psychischen Erkrankung ergäben sich keine ändernden Gesichtspunkte. Ein verheilter Strecksehnenabriss und die Kinnnarbe seien ohne messbaren bleibenden GdS. Eine knöcherne Verletzung des Schädels/Gesichtsschädels sei durch den MRT-Befund ausgeschlossen. Eine eventuelle Nebenhöhlenentzündung stehe in keinem Zusammenhang mit den bei der Tat erlittenen Verletzungen (13.01.2011). In einer ergänzenden versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.03.2011 wurde ausgeführt, aus dem Befundbericht von Dr. J. ergäben sich keine ändernden Gesichtspunkte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2011 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Nach dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. D. hätten sich die psychischen Störungen nach dem traumatischen Ereignis deutlich gebessert. Eine medikamentöse Behandlung sei für ca. ein Jahr erforderlich gewesen. Die bereits vorbestehenden psychischen Störungen, die seit 2002 behandelt würden, seien nicht zu berücksichtigen. Die noch bestehenden Ängste begründeten keinen GdS von mindestens 25. Eine PTBS liege nicht vor. Bleibende körperliche Gesundheitsstörungen mit einem GdS seien nicht dokumentiert.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.03.2011 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und ausgeführt, es sei strittig, ob bei ihr eine erhebliche anhaltende PTBS vorliege. Sie habe auch Schmerzen im Stirn-/Nasenbereich.
Das SG hat die behandelnden Ärzte befragt. Dr. J. hat angegeben, die Klägerin habe sich erstmalig am 06.03.2006 in seiner Behandlung befunden, danach habe sie sich erst wieder am 21.01.2010 vorgestellt, wo er eine erworbene Septum-Deviation, die er erfolgreich operiert habe, festgestellt habe, schließlich am 10.11.2010 wegen eines grippalen Infekts. Ob diese auf das Geschehen am 24./25.05.2008 zurückzuführen sei, sei nach dieser langen Zeit nicht eindeutig feststellbar. Ein GdS sei deswegen zum heutigen Zeitpunkt nicht feststellbar. Dr. Z. hat angegeben, nach der rechtswidrigen Tat sei die Klägerin außerplanmäßig am 29.05.2008 für 20 Minuten gekommen. Dabei habe sie sich in einer Art "Betäubung" mit eingeschränkter Aufmerksamkeit und Desorientierung gezeigt. Einige Zeit später habe sich eine typische PTBS feststellen lassen. So habe sich die Klägerin nach dem Trauma ratlos und verzweifelt gefühlt und geklagt, dass sich ihr immer wieder Erinnerungen an das erlebte Trauma aufdrängen würden, wie sie sich betäubt und in ihrem Aktionsradius eingeengt fühle. Der GdS sei noch sehr ausgeprägt, da sie sich beim Verlassen ihrer Wohnung, z. B. beim Spazierengehen mit ihrem Hund, ängstigend eingeengt fühle, da sich immer Gedanken aufdrängten, dass der Täter ihr begegnen und sich das traumatische Geschehen wiederholen könne.
Dr. G. hat in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die Auskunft von Dr. J. enthalte keine konkreten Hinweise auf schädigungsbedingte Gesundheitsstörungen der Nase oder der Nasennebenhöhle. Nach Aktenlage und nach den Feststellungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sei von einem erheblichen Vorschaden auf psychischem Gebiet auszugehen. Ein noch bestehender sehr ausgeprägter schädigungsbedingter GdS auf psychischem Gebiet sei nicht nachvollziehbar. Noch auftretende Ängste (beim Verlassen der Wohnung) seien auch im Gutachten von Dr. D. berücksichtigt, erfüllten jedoch nicht die Kriterien des Vollbildes einer PTBS.
Die Klägerin hat noch ein Schreiben des Zahnarztes Dr. R. vom 09.12.2011 vorgelegt, wonach die Klägerin sich am 05.10.2011 wegen anhaltender Schmerzen am percussionsempfindlichen devitalen Zahn 22 vorgestellt habe. Nach Sichtung der Röntgenunterlagen (Orthopantomogramm) vom September 2008, die eine apikale Aufhellung im Wurzelbereich zeigten, sei ein ursächlicher Zusammenhang mit dem damals erlittenen Unfall im Mai 2008 festgestellt worden.
Das SG hat Dr. L., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 12.12.2011 eine klassische PTBS (Trauma 2008), eine depressive Episode, eine langjährige Dysthymie und einen Zustand nach Commotio cerebri mit nachfolgenden Kopfschmerzen und behinderter Nasenatmung diagnostiziert. Über die PTBS hinaus leide die Klägerin an einer mittelgradigen schweren depressiven Episode - zum Teil im Rahmen der PTBS - überwiegend aber unfallunabhängig. Durch die Unfallreaktion sei es zu einer vorübergehenden Verschlechterung der depressiven Symptomatik gekommen. Die derzeitige Depression sei in erster Linie als eigenständige und unfallunabhängige Erkrankung zu werten. Der Zustand nach Commotio cerebri sei unfallbedingt, Restbeschwerden seien aber nicht mehr zu begründen. Ab dem 01.05.2009 könne die depressive Symptomatik nicht mehr als unfallbedingt angesehen werden. Den GdS für die PTBS schätze er auf 40.
Dr. G. hat in einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, dem Gutachten von Dr. L. könne nicht gefolgt werden. Auf Befundebene sei eine Überprüfung der geschilderten Beschwerden nicht erkennbar. Unabhängig davon, ob das Vollbild einer PTBS vorliege, sei bei der Einschätzung des Schweregrades der Ausprägungsgrad einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (insbesondere allein bedingt durch die Schädigungsfolgen) nicht nachvollziehbar.
Das SG hat eine mündliche Verhandlung am 30.05.2012 für weitere Ermittlungen vertagt und erneut Dr. Z. befragt. Dieser hat insbesondere ausgeführt, zusätzlich zur Grunderkrankung (Dysthymia) habe sich nach dem traumatischen Ereignis eine PTBS feststellen lassen. Die Frequenz der Kontakte habe sich nach dem Ereignis erhöht. Das anstehende Gerichtsverfahren habe den Zustand wieder verschlechtert. Dr. R. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu ausgeführt, eine tiefgreifende psychische Störung mit erheblicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit lasse sich aus der Auskunft nicht ableiten. Darauf hat das SG Dr. L. ergänzend angefragt. Dieser hat mit Schreiben vom 29.08.2012 angegeben, es bestünde kein Zweifel am Vorliegen einer PTBS. Diese sei als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einzustufen und dafür erneut ein GdS von 30 vorzuschlagen. Dr. R. hat in seiner weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu angemerkt, in dem beschriebenen psychischen Befund sowie in der dargestellten Alltagsstrukturierung in dem Gutachten von Dr. L. lasse sich eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht ableiten, auch nicht in Kenntnis der Auskunft von Dr. Z. vom 12.06.2012.
Mit Urteil vom 03.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Ungeachtet der Frage, ob und welche etwaigen konkreten psychischen Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit wesentlich durch die Folgen der rechtswidrigen Tat verursacht worden seien oder nicht, liege bei der Klägerin jedenfalls keine stärker behindernde Störung vor, die eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nach sich ziehen würde. Vielmehr sei insgesamt durch die Depression und eine etwaige PTBS nur eine leichtere Behinderung anzuerkennen, welche mit einem GdS von jedenfalls unter 25 zu berücksichtigen sei. Da ein erheblicher Anteil der Funktionsbehinderung der seit Jahren bestehenden chronischen depressiven Erkrankung ursächlich zuzurechnen sei, könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein GdS von mindestens 25 als Folge des rechtswidrigen tätlichen Angriffs begründet werden. Etwaige weitere Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das nach dem OEG anerkannte Ereignis zurückzuführen. Die zeitnahe Untersuchung des Schädels habe keine Verletzungsfolgen ergeben. Folglich stehe die Septum-Korrektur und Nasescheidewandverkrümmung nicht im Zusammenhang mit dem anerkannten Schädigungstatbestand.
Hiergegen hat die Klägerin am 02.09.2013 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, resultierend aus dem Vorfall liege eine PTBS vor. Diese sei von Dr. Z. und Dr. L. diagnostiziert worden und sei als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einzustufen. Es sei geradezu typisch beim Vorliegen einer PTBS, dass Betroffene versuchten, Erinnerungen an den auslösenden Vorfall und damit die einsetzenden Flashbacks und Ängste zu vermeiden. Dieses Verhalten deute nicht auf eine Verbesserung hin, sondern darauf, dass die PTBS noch stark vorhanden sei. Von einem geregelten Tagesablauf könne nicht die Rede sein. Sie sei ständig müde und würde am liebsten den ganzen Tag schlafen. Den einzigen Kontakt mit der Außenwelt erlange sie über ihren Hund. Mit diesem gehe sie Gassi, damit dieser seine Notdurft verrichten könne. Der Hund gebe ihr ein gewisses Maß an Sicherheit. Ansonsten verlasse sie ihre Wohnung kaum noch. Sie weine viel, ihre Gedanken kreisten um den Vorfall.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. Juli 2013 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 14. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr auch über den 1. Mai 2009 hinaus eine Grundrente nach einem Grad der Schädigung von wenigstens 30 zu gewähren, hilfsweise sie erneut nervenärztlich zur Frage des Vorliegens einer posttraumatischen Belastungsstörung begutachten zu lassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat der Beklagte sich auf das Urteil des SG bezogen und darüber hinaus ausgeführt, eine PTBS sei nicht nachgewiesen. Unabhängig davon entspreche das Ausmaß der schädigungsbedingten Beeinträchtigung ein Jahr nach der Tat nicht mehr einem GdS von wenigstens 30. In jedem Fall sei die vorbestehende schädigungsunabhängige depressive Störung zu berücksichtigen, die für einen erheblichen Teil der jetzt bestehenden psychischen Symptomatik verantwortlich zu machen sei. Damit sei eine aktuelle ggf. stärkere psychische Symptomatik jedenfalls nicht in vollem Umfang auf die Schädigung zurückzuführen.
Der Senat hat bei Dr. Z. Unterlagen beigezogen. Dieser hat die Berichte über die Therapiesitzungen der Klägerin bei ihm seit dem Ereignis vorgelegt sowie Atteste vom 20.05.2010 und 29.10.2008, sein Schreiben an das Kreisjugendamt vom 18.03.2009, seinen ärztlichen Befundbericht an die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 04.09.2012 sowie einige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und das Urteil des Amtsgerichts Riedlingen vom 07.04.2009 (1 C 308/08) über die Verurteilung des Täters zur Zahlung von 432,26 EUR mit Zinsen seit dem 01.09.2009 sowie Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 EUR nebst Zinsen seit 05.11.2008 an die Klägerin.
Der Senat hat bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg deren Verwaltungsakte und medizinische Unterlagen beigezogen, insbesondere eine ärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 04.02.2000, ein chirurgisches Gutachten von Dr. G. vom 23.12.2004, ein nervenärztliches Gutachten von Dr. S. vom 03.12.2004, ein internistisches Gutachten von Dr. S. vom 23.12.2004 und ein internistisch- und psychotherapeutisches Gutachten von Dr. W. vom 15.12.2010.
Dr. G. hat in seiner weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die Aufzeichnungen von Dr. Z. im Zeitraum seit Mai 2009 dokumentierten wesentlich die bereits aktenkundigen und in der Beurteilung berücksichtigten Ängste, daneben auch vielfältige schädigungsunabhängige Belastungen und Themenfelder. Hinsichtlich der bei der Beurteilung grundsätzlich zu berücksichtigenden Aggravationstendenzen werde auf die Aufzeichnung vom 17.12.2010 hingewiesen. Nach Auswertung der Unterlagen der Deutschen Rentenversicherung lasse sich nochmals der ausgeprägte Vorschaden auf psychischem Gebiet feststellen. Die bisherige Bewertung der Schädigungsfolgen auf psychischem Gebiet mit einem GdS von 20 erfasse posttraumatische Symptome im Sinne einer leichten psychischen Störung (oberer Ermessensspielraum).
Die Klägerin hat darauf hingewiesen, Dr. W. habe in seinem Gutachten angegeben, dass im Vergleich zur Voruntersuchung 2007 eine Verschlechterung festzustellen sei, die man auf die Traumatisierung zurückführen könne. Folgerichtig sei der Antrag der Klägerin auf Erwerbsminderung vor dem Vorfall abgelehnt worden, während ihr Rentenantrag nach dem Vorfall bewilligt worden sei. Die Klägerin hat die Einholung eines weiteren Gutachtens begehrt.
Der Vermieter der Klägerin, Herr V. B., hat in einem Schreiben mitgeteilt, dass sie sehr zurückgezogen lebe und er sie zum Einkaufen begleite, da sie Angst habe, dem Täter zu begegnen. Sie erscheine oft durcheinander und lebensunlustig. Eine Bekannte der Klägerin, Frau M. W., hat schriftlich mitgeteilt, die Klägerin ziehe sich immer mehr zurück und gehe nur selten unter Menschen. Ein einschneidendes Erlebnis sei für die Klägerin gewesen, als der Täter betrunken den Chef eines Cafés bedroht habe. Sie getraue sich fast nicht mehr auf die Straße und man habe immer weniger Zugang zu ihr. Mittlerweile wohne sie in der Nähe der Polizei und fühle sich dadurch wohl etwas sicherer.
Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Senat mit Beschluss vom 03.11.2014 wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg sowie der Verwaltungsakte des Landratsamts Biberach zum Antrag nach dem SGB IX verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß erhobene sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat ab dem 01.05.2009 keinen Anspruch auf Gewährung einer Grundrente. Der Bescheid des Beklagten vom 24.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das Begehren der Klägerin richtet sich nach § 1 OEG in Verbindung mit den §§ 1, 30, 31 und 60 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG).
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG). Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BVG).
Beschädigte erhalten als Versorgungsleistung u. a. nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG eine Beschädigtenrente. Hierzu zählt auch die monatliche Grundrente, deren Höhe abhängig vom GdS ist und die ab einem GdS von 30 geleistet wird (§ 31 Abs. 1 BVG). Die Beschädigtenversorgung beginnt bei Vorliegen eines Antrages mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind (§ 60 Abs. 1 BVG).
Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Der Senat orientiert sich bei der Prüfung, welche gesundheitlichen Schäden Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs sind, an der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) 2008 getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV). Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (VG, Teil A, Nr. 1 a) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (VG, Teil C, Nr. 1 b Satz 1).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (VG, Teil C, Nr. 2 a). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (VG, Teil C, Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (VG, Teil C, Nr. 2 c Halbsatz 1). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (VG, Teil C, Nr. 2 d).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (VG, Teil C, Nr. 3 a Sätze 1 und 2). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (VG, Teil C, Nr. 3 b Satz 1). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (VG, Teil C, Nr. 3 d Sätze 1 und 2).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Grundrente. In Übereinstimmung mit den Ausführungen im Gutachten von Dr. D., das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird und unter Auswertung der Therapieberichte von Dr. Z., ist der Senat der Überzeugung, dass bei der Klägerin als Folge des tätlichen Angriffs vom 24./25.05.2008 nur eine Anpassungsstörung aufgetreten ist, die sich innerhalb von einem Jahr soweit zurückgebildet hat, dass jedenfalls ab dem 01.05.2009 das Ausmaß der Beeinträchtigungen keinen GdS von mindestens 25 mehr erreicht.
Bei der Anpassungsstörung nach der ICD-10 F 43.2 handelt es sich um eine Gesundheitsstörung mit Zuständen subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder soziale Werte. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst und Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein. Der Beginn der Symptome ist innerhalb eines Monats nach Auftreten der Belastung. Die Symptome dauern nicht länger als 6 Monate, bei längeren depressiven Reaktionen nicht länger als 2 Jahre nach Ende der Belastung oder deren Folgen an.
Die Klägerin hat bei der Begutachtung durch Dr. D. am 21.04.2010 angegeben, dass sie die ersten Wochen schreckliche Angst gehabt habe, sie sei schlafgestört gewesen und habe sich nichts getraut, habe Alpträume gehabt und auch immer wieder die Angst, mit dem Fahrrad zu stürzen. Sie sei nie mehr ohne ihren Hund rausgegangen, da sie gefürchtet habe, von dem Täter erneut geschlagen und verletzt zu werden. Im Laufe eines Jahres seien ihre Ängste etwas besser geworden. Sie habe bei Dr. Z., bei dem sie bereits vorher in Psychotherapie gewesen sei, intensiver und häufiger Psychotherapie gemacht. Er habe ihr auch Antidepressiva und etwas zum Schlafen gegeben. Diese Medikamente nehme sie jetzt aber nicht mehr. Anfangs sei sie wöchentlich in Psychotherapie gewesen, dann zweimal wöchentlich und zur Zeit etwa alle vier Wochen. Ihre Ängste und Schlafstörungen seien inzwischen deutlich besser. Wenn sie allerdings an die Ereignisse zurückdenke bzw. darauf angesprochen werde, träten die Ängste erneut auf.
Aus diesen Schilderungen der Klägerin folgt, dass nach Abklingen der ersten akuten Belastungsreaktion sich die Ängste, Alpträume und Schlafstörungen bereits innerhalb eines Jahres in ihrem Ausmaß stark zurück gebildet haben und weiter rückläufig sind, Ängste vor allem nur noch dann auftreten, wenn die Klägerin an das Ereignis erinnert wird. Diese Entwicklung wird insbesondere auch durch die Berichte von Dr. Z. über die Therapiesitzungen nachdrücklich bestätigt.
Aus den in den Berichten von Dr. Z. wiedergegebenen Angaben der Klägerin ist zu erkennen, dass unmittelbar nach der Tat und die ersten Monate nach der Tat die Klägerin unter Ängsten und Alpträumen infolge des tätlichen Angriffes gelitten hat (Berichte über die Termine am 29.05.2008, 11.06.2008, 19.06.2008, 11.07.2008, 01.08.2008 und 02.09.2008). Der Klägerin war es aber bereits am 17.09.2008 möglich, an der Strafverhandlung gegen den Täter teilzunehmen. Dabei hat die Klägerin nach dem Bericht von Dr. Z. vom 18.09.2008 sogar geschildert, dass es für sie befreiend gewesen ist, dass der Richter ihr Recht gegeben hat und der Täter verurteilt worden ist. Er hat sie bei der Verurteilung immer wieder giftig angeschaut, was ihr aber nicht mehr so viel ausgemacht hat. Auch beziehen sich die Ausführungen in den Therapieberichten über die Termine am 18.09.2008, 06.10.2008 und 06.11.2011 bezüglich der Tat nur auf den Gerichtstermin, nicht jedoch auf Ängste, Alpträume der Klägerin oder dergleichen. Nach dem Bericht vom 19.11.2008 hat die Klägerin zwar immer noch die Angst geschildert, dass ihr nachts etwas passieren könne. In den folgenden Berichten über die Termine ab dem 03.12.2008 bis zum 31.03.2009 finden sich hingegen keinerlei Angaben bezüglich der Tat und ihrer Auswirkungen bzw. hieraus folgender Einschränkungen. Darüber hinaus ergibt sich aus den Berichten, dass nur in der ersten Zeit nach der Tat Termine alle zwei Wochen, ab August - abgesehen vom November 2008 - bereits wieder nur einmal im Monat erfolgt sind. In Übereinstimmung mit dieser erkennbaren Entwicklung hat Dr. Z. in seiner Stellungnahme an das Kreisjugendamt vom 18.03.2009 ausgeführt, dass nach einer über 6-jährigen Behandlung jetzt doch gesagt werden kann, dass sich die psychische Krankheitssituation nicht mehr so gravierend darstellt, weswegen er die Klägerin in der Lage gesehen hat, ein dreijähriges Tagespflegekind angemessen über längere Zeit betreuen und erziehen zu können.
Zwar wird in dem Bericht über den Termin am 14.04.2009 ausgeführt, dass die Klägerin das Ereignis wieder erwähnt habe. Allerdings geschah dies deshalb, weil im Rahmen der Klage der Klägerin gegen den Täter auf Schadensersatz und Schmerzensgeld der Richter die Treppe vor Ort anschauen wollte, um sich ein Bild zu machen und diese Situation die Klägerin belastend erlebt hat. Am 07.04.2009 hat jedoch auch die mündliche Verhandlung gegen den Schädiger am Amtsgericht stattgefunden, ohne dass in den Berichten von Dr. Z. vom 14.04.2009 oder 27.04.2009 Ausführungen dahingehend erfolgt sind, dass die Klägerin infolgedessen wieder vermehrt Ängste, Verunsicherung oder sonstige psychische Beeinträchtigungen schilderte. Vielmehr wird nur in dem Bericht vom 11.05.2009 berichtet, die Klägerin habe die Ausfertigung des Urteils Dr. Z. vorgelegt und in diesem Zusammenhang dargelegt, dass auch die neue Freundin des Täters sie finster anschaut. Ausführungen zu hierdurch hervorgerufenen Ängsten, Alpträume und dergleichen, finden sich jedoch wiederum nicht. Am 09.06.2009 schilderte die Klägerin Dr. Z. zwar einen Traum von einer Treppe, die fast endlos erscheinend in einem Wendelsystem nach unten gegangen sei und sie sogar da habe herunter rutschen können. Allerdings gab sie hierzu an, dass sie das etwas erheitert habe, woraus folgt, dass die Klägerin sogar einen Traum über Treppen, trotz des Sturzes die Treppe hinab infolge des tätlichen Angriffs, nicht als psychisch belastenden Alptraum empfunden hat, sondern sogar "erheitert" auf diesen Traum reagieren konnte.
In den Berichten vom 24.06.2009 bis 26.02.2010 und somit über 8 Monate, werden nur andere Themenfelder erwähnt und die Klägerin hat nach dem Bericht vom 18.01.2010 gegenüber Dr. Z. sogar angegeben, dass es ihr im Moment ganz ordentlich geht und sie sich vorstellen kann, dass es vollkommen reichte, wenn sie den Therapeuten nur nach Bedarf sieht. Erst aufgrund der anstehenden Begutachtung bei Dr. D. am 21.04.2010 werden in dem Bericht vom 26.03.2010 von der Klägerin wieder Ängste berichtet, wobei sie geschildert hat, dass sie dem Täter ab und zu begegnet und er sie eher verächtlich anschaut. Danach hat die Klägerin jedoch bis zum 17.09.2010 und somit sechs Monate lang keinen Bedarf an weiteren Terminen bei Dr. Z. gehabt. Im Einklang hiermit hat Dr. Z. in seinem Attest vom 20.05.2010 angegeben, dass die Klägerin seit einiger Zeit psychisch stabil ist und unabhängig davon bei auftauchenden Problemen die Möglichkeit hat, sich beraten zu lassen.
Die Zusammenschau dieser Berichte zeigt damit den Verlauf einer abklingenden Anpassungsstörung, die sich bereits innerhalb von 6 Monaten deutlich zurück gebildet hat und nach zwei Jahren im Wesentlichen abgeklungen ist. In der Folgezeit hat die Klägerin fast nur noch im Zusammenhang mit Begutachtungsterminen bzw. Gerichtsterminen oder zufälligen Kontakten mit dem Täter Ängste geschildert und Termine bei Dr. Z. wahrgenommen.
So hat die Klägerin nach dem Bericht vom 17.09.2010 in Bezug auf das Ereignis nur mitgeteilt, dass sie von Dr. D. untersucht worden ist und dadurch eine Entschädigung bekommt. Nach dem Bericht vom 26.11.2010 hat die Klägerin wieder Ängste geschildert, nachdem sie miterlebt hatte, wie der Täter im Kino den Wirt angeschrien hat. Am 17.12.2010 hat sie dann mitgeteilt, dass sie bei der Begutachtung wegen der Rente (am 15.12.2010 bei Dr. W.) geschauspielert hat, um deutlich zu machen, wie schlimm doch ihre Angst ist und hat angegeben, dass ihr das Cipramil hilft, sie aber nur zu bestimmten Zeiten mit dem Hund oder zu Plätzen geht, wo sie sich sicher fühlt. Am 18.01.2011 hat sie noch Ängste nachts vor einer Begegnung mit dem Täter geschildert, am 17.02.2011 dann jedoch mitgeteilt, dass sie die beantragte Rente erhält und sich viel lockerer fühlt. Im Bericht vom 29.03.2011 hat Dr. Z. angegeben, dass sie sich total fertig vorgestellt hat, da die Beschädigtenrente abgelehnt worden ist. Nach dem Bericht vom 21.04.2011 ging es ihr wieder besser, wobei sie noch Angst hatte, wie es bei Gericht ausgeht. Der Bericht vom 20.05.2011 betrifft nur andere Themen, wohingegen die Klägerin am 01.07.2011 mitgeteilt hat, dass sie dem Täter wieder begegnet ist und am 20.09.2011 sogar mitgeteilt hat, dass sie auf einer Geburtstagsfeier ihm begegnet ist und selbstsicher und nicht ängstlich reagiert hat. Während sie am 18.10.2011 einen Alptraum geschildert hat, in dem mit einem Gewehr geschossen worden sei, hat sie am 22.11.2011 Ängste wegen der Begutachtung (bei Dr. L.) angegeben. Am 21.12.2011 hat sie dann geschildert, dass sie dort nicht immer ganz korrekt geantwortet hat. Im Anschluss daran hat die Klägerin wieder über fünf Monate keine Termine bei Dr. Z. wahrgenommen und ist erst wieder aufgrund der mündlichen Verhandlung am SG am 30.05.2012, die dann vertagt wurde, am 24.05.2012, 27.06.2012 und 25.07.2012 bei Dr. Z. gewesen. Danach hat sie wiederum fast fünf Monate keinen Termin bei Dr. Z. wahrgenommen und dem Termin am 14.12.2012 ging die Trennung von einem Partner voraus. Danach hat sie wieder fünf Monate lang keinen Termin bei Dr. Z. gehabt und ist erst am 17.05.2013 aufgrund der anstehenden erneuten mündlichen Verhandlung am SG bei Dr. Z. gewesen und hat am 25.06.2013 in diesem Zusammenhang auch wieder Ängste geschildert. In den Terminen am 23.07.2013 und 12.09.2013 wurde die ablehnende Entscheidung des SG besprochen. In den Terminen am 18.11.2013 und 19.12.2013 wurden auch wieder Ängste geschildert.
Hieraus folgt, dass die Klägerin ab dem Frühjahr 2010 nur noch unregelmäßig Termine bei Dr. Z. mit monatelangen Behandlungspausen wahrgenommen hat. Eine regelmäßige Behandlungsbedürftigkeit für die psychische Stabilisierung war somit nicht (mehr) notwendig. Darüber hinaus folgt aus den Berichten, dass die Klägerin ab diesem Zeitraum meist in zeitlichem Zusammenhang mit Begutachtungssituationen bzw. Verhandlungen Termine bei Dr. Z. wahrgenommen hat, woraus sich ergibt, dass sie der Therapiegespräche zur Bewältigung der alltäglichen Herausforderungen nicht mehr bedurfte. Zwar hat nach den Berichten bei der Klägern weiter grundsätzlich eine ängstliche Haltung vorgelegen. Allerdings entsteht der Eindruck, dass der Krankheitsgewinn in Form von gewährten Leistungen wie die Erwerbsminderungsrente und die Grundrente eine immer größere Bedeutung für die Klägern erhalten hat und daher die Begutachtungssituationen, Verhandlungen, Leistungsgewährungen oder Leistungsablehnungen einen großen Einfluss auf ihre psychische Stabilität bekommen haben. Hingegen haben Begegnungen mit dem Täter nicht jeweils zu Terminen bei Dr. Z. geführt und sie hat sogar geschildert, dass sie diesem selbstsicher und nicht ängstlich bei einer Feier hat begegnen können.
Daraus folgt zur Überzeugung des Senats, dass seit Anfang des Jahres 2010 die Anpassungsstörung abgeklungen ist und sich bei der Klägerin keine PTBS infolge der Tat ausgebildet hat.
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10-GM-2014 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.
Nach ICD-10-GM-2014 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungs-fähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheits¬erfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und der medizinischen Unterlagen ist der Senat insbesondere in Auswertung des Gutachtens von Dr. D. und der Therapieberichte von Dr. Z. davon überzeugt, dass bei der Klägerin infolge des tätlichen Angriffs keine PTBS entstanden ist. Ein einmaliger Stoß selbst von einem Treppenabsatz 15 Stufen hinunter stellt bereits kein Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß dar, das bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, wofür auch die infolge des Sturzes erlittenen Gesundheitsbeeinträchtigungen sprechen. Insbesondere finden sich aber die typischen Merkmale einer PTBS nicht. So werden von der Klägerin nach Abklingen der akuten Belastungsreaktion in den ersten Wochen nach dem Ereignis kein wiederholtes Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen ("flashbacks"), Träumen oder Alpträumen geschildert, was der Senat den Berichten von Dr. Z. und dem Gutachten von Dr. D. entnimmt. Auch finden sich in den Schilderungen keine emotionale Stumpfheit und Gleichgültigkeit gegenüber anderen sowie Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber. Vielmehr schildert die Klägerin Beziehungen und Kontakte wie auch den Wunsch danach. Auch kümmert sie sich um das Tagespflegekind und weitere Personen. Erinnerungen und Verunsicherungen finden sich vielmehr im Wesentlichen nur, wenn die Klägerin dem Täter begegnet ist oder wegen der geltend gemachten Ansprüche usw. an das Ereignis erinnert wird. Die Klägerin ist jedoch selbst der stärksten denkbaren Konfrontation mit dem Täter vor Gericht nicht aus dem Weg gegangen und konnte nach den Berichten von Dr. Z. Begegnungen mit dem Täter zunehmend gelassener aushalten, so dass auch das Vermeidungsverhalten nicht in dem bei einer PTBS zu erwartenden Ausmaß vorliegt. Darüber hinaus haben sich keine bei einer PTBS zu erwartenden psychische Folgereaktionen auf die Konfrontationen gezeigt. Hierdurch wird bestätigt, dass sich bei der Klägerin keine PTBS ausgebildet hat (vgl. hierzu Urteil des Senat vom 21.02.2013 - L 6 VG 3324/12 - juris).
Der Senat vermag sich daher nicht dem Gutachten von Dr. L. anzuschließen, der vom Vorliegen einer PTBS bei der Klägerin ausgeht. Hinzu kommt, dass Dr. L. seine Bewertung unkritisch auf die von der Klägerin bei der Begutachtung und den dabei durchgeführten Tests gemachten Angaben gestützt hat, ohne diese auf ihre Validität zu überprüfen. Denn die dort gemachten Angaben sind in der Zusammenschau mit den Angaben in den Therapieberichten nicht stimmig. Insbesondere findet sich das von der Klägerin bei Dr. L. geschilderte Ausmaß der Gesundheitsstörungen nicht in den nach der Begutachtung nur sehr seltenen, in größeren Abständen erfolgten Therapiesitzungen wieder. Auch ergibt sich aus dem Bericht von Dr. Z. vom 21.12.2011, dass sie zielgerichtet nicht immer ganz korrekt geantwortet hat. Dies wird insbesondere auch aus ihrer Angabe bei Dr. L., sie sei vor dem Unfall ein fröhlicher Mensch gewesen, sehr ausgeglichen, jetzt sei sie unruhig, depressiv und traue sich nichts mehr zu, deutlich. Denn die Klägerin macht bereits seit 1998 gegenüber dem Rentenversicherungsträger geltend, dass sie unter anderem aufgrund ihrer psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht mehr erwerbsfähig sein kann und ist bereits seit dem Jahr 2002 bei Dr. Z. in Behandlung.
Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass das seit Mitte 2013 in den USA geltende neue Diagnose-System DSM-V vorliegend nicht zu einer anderen Bewertung führt. Dieses Diagnosemanual liegt bisher nur in englischer Sprache vor und wird in den Leitlinien und einschlägigen deutschen Standardwerken noch nicht diskutiert, so dass sich die Frage stellt, ob dieses System in Deutschland überhaupt schon dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 25.03.2014 - L 3 U 207/11 - juris). DSM-V verzichtet auf das nach DSM-IV bedeutsame A2-Kriterium und die dort genannte Qualität der Reaktion auf das Ereignis. Dies bedeutet aber nicht, dass nunmehr alle später auftretenden Symptome, bei denen Intrusionen, Vermeidungsverhalten und Hyperarousal geltend gemacht werden, zwingend zur Diagnose einer PTBS führen (vgl. Widder, MED SACH 5/2013, S. 109) oder dass auf eine zeitnah zum Ereignis vorliegende psychische Reaktion juristisch verzichtet werden kann. Unabhängig davon fehlt es aber bei der Klägerin an den Folgekriterien für die Anerkennung.
Soweit die Klägerin trotz dem dokumentierten Abklingen der Anpassungsstörung weiterhin an psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen leidet und diese sie in ihrer Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einschränken, wie insbesondere nun im Verfahren auch von ihrem Vermieter und einer Bekannten schriftlich geschildert, ist dies nicht wesentlich ursächlich auf den tätlichen Angriff zurück zu führen. Vielmehr wirken sich zur Überzeugung des Senats insoweit die Gesundheitsstörungen aus, die bei ihr bereits Jahre vor dem Ereignis aufgetreten sind.
So ist bereits mit Bescheid des Versorgungsamtes B. vom 14.06.2007 seit dem 01.01.2006 ein GdB in Höhe von 50 wegen Persönlichkeitsstörung, depressiver Verstimmung und funktionellen Organbeschwerden festgestellt worden. Die Nervenärztin Dr. S. hat in dem von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg beigezogenem Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 03.12.2004 ausgeführt, dass die Klägerin erstmals 1998 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt hat und im Jahr 1996 aus stationärer Heilbehandlung im S. mit der Diagnose eines rezidivierenden depressiven Erschöpfungszustandes mit Somatisierungstendenz bei Verdacht auf neurotische Entwicklung entlassen worden ist, aus der stationären Heilbehandlung im G. im Jahr 1997 mit der Diagnose einer depressiven Entwicklung bei schwieriger familiärer Situation und aus der stationären Heilbehandlung in B. im Jahr 2003/2004 unter anderem mit der Diagnose einer akzentuierten Persönlichkeit mit abhängigen und emotional instabilen Zügen. Im Rahmen einer Begutachtung aufgrund eines Rentenantrages im Jahr 1998 hat Dr. S. eine leichte chronische depressive Verstimmung und im Rahmen des folgenden Sozialgerichtsverfahrens der Gutachter Dr. K. im Jahr 1999 eine Somatisierungsstörung bei schizoider, ich-schwacher Persönlichkeit beschrieben. Dr. S. diagnostizierte in ihrem Gutachten auf psychiatrischem Fachgebiet eine neurotische Persönlichkeitsentwicklung mit depressiven Stimmungs¬schwankungen, zur Zeit subdepressiv im Sinne einer Dysthymia, bei Persönlichkeitsvariante mit schwachen Ich-Strukturen, Abhängigkeitsproblematik und emotionaler Instabilität. In einem dem Gutachten beiliegendem Befundbericht von Dr. Z. vom 01.12.2004 ist als Diagnose eine Dysthymia angegeben und in der Stellungnahme von Dr. Z. vom 01.10.2010 im Zusammenhang mit der von der Klägerin beantragten Erwerbsminderungsrente wird angegeben, dass wegen einer chronischen depressiven Erkrankung bei der Klägerin seit 2002 eine fortlaufende psychotherapeutische Behandlung durchgeführt wird.
Grund für die nach Abklingen der Anpassungsstörung geklagten psychischen Beschwerden und Ängste sind daher diese bereits vor dem Ereignis bestehenden Störungen, die weiterhin vorliegen. Aufgrund der Persönlichkeitsstörung der Klägerin haben auch insbesondere die ablehnenden Entscheidungen, Gutachten und Verhandlungen ihre psychische Situation jeweils destabilisiert, bzw. die Gewährung der Erwerbsminderungsrente ihre psychische Situation aufgelockert. Hinzugekommen ist im Laufe des Verfahrens noch der von der Klägerin sichtbar angestrebte Krankheitsgewinn in Form von Leistungen wie der streitgegenständlichen Grundrente, worauf auch Dr. W. in seinem Gutachten für die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, hingewiesen hat. So hat er Geborgenheits-, Versorgungs- und Entschädigungswünsche, Opfer-, Dulderhaltung mit spürbaren finalen Intentionen aufgesetzt auf eine prämorbide Persönlichkeit mit ängstlich vermeidenden Zügen und emotionaler Instabilität (Rentenbegehren seit über 10 Jahren) angeführt.
Unter Berücksichtigung der Schädigungsfolge einer Anpassungsstörung und der Schilderungen in den Berichten von Dr. Z., sowie den bei der Untersuchung durch Dr. D. gemachten Angaben hat die Klägerin jedenfalls ab dem 01.05.2009 unter keinen schädigungsbedingten psychischen Gesundheitsstörungen gelitten, aufgrund derer ein GdS von 30 festzustellen ist.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen Störungen der GdS 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) beträgt der GdS 30 bis 40, bei schweren Störungen (beispielsweise schweren Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 50 bis 70, mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 80-100.
Dauerhafte wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sind bei der Klägerin ab dem 01.05.2009 infolge des tätlichen Angriffs wie oben ausgeführt aus den Berichten von Dr. Z. nicht erkennbar. Dies wird auch durch den bei der Untersuchung durch Dr. D. geschilderten Tagesablauf deutlich. So hat die Klägerin bei Dr. D. einen weitgehend geregelten Tagesablauf geschildert, wonach sie neben ihrem Haushalt im Rahmen einer Tagesmuttertätigkeit ein vierjähriges Kind ab 05:30 Uhr morgens und nach dem Kindergarten bis 14:00 Uhr bzw. 15:00 Uhr, gelegentlich auch bis 22:30 Uhr, betreute. Daneben kümmerte sie sich noch um ihren Hund, führte diesen auch aus. Sie machte Yoga und hatte einen kleinen Freundeskreis und Kontakt zu ihren drei Kindern und ihrer Mutter. Zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. hat die Klägerin nicht mehr als Tagesmutter ein Kind betreut. Der von ihr geschilderte Tagesablauf war daher nicht mehr so strukturiert, aber weitestgehend geregelt und normal. Die Klägerin gab weiterhin an, mit ihrem Hund Spaziergänge zu machen, vormittags Yoga-Übungen durchzuführen, zu kochen, zu waschen und sich um den Haushalt zu kümmern. Mittags machte sie einen Mittagschlaf, nachmittags las sie oder hatte Besuch von Freundinnen, abends ging sie mit dem Hund spazieren, fuhr manchmal auch Fahrrad. Abends ging sie ansonsten nicht mehr weg, las aber und sah fern. Aus diesen Angaben ergeben sich keine schädigungsbedingten wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungs¬fähigkeit. Nachdem die Klägerin auch zu der Begutachtung bei Dr. W. gegenüber Dr. Z. angegeben hat, dass sie geschauspielert hat, um deutlich zu machen, wie schlimm doch ihre Angst ist, vermögen die dort gemachten Angaben keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu begründen. Hinzu kommt, dass die Klägerin nur zeitweise medikamentös behandelt wurde und auch im Übrigen teils monatelang bei Dr. Z. nicht in Behandlung gewesen ist. Bei fehlender ärztlicher Behandlung kann aber in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdS-Bewertungsgrundsätze (GdS 30 bis 40) darstellt (ständige Rspr. des Senats, zuletzt Urteil vom 28.10.2014 - L 6 SB 1958/13 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 - juris).
Die Einholung eines weiteren Gutachtens war daher nicht erforderlich. Der Senat erachtet den vorliegenden Sachverhalt insbesondere aufgrund der Gutachten von Dr. D. und Dr. L. und der Therapieberichte von Dr. Z. für ausreichend aufgeklärt, die eine Entscheidungsfindung ermöglichen. Liegen bereits mehrere Gutachten (oder fachkundige Angaben) vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten (oder fachkundigen Angaben) grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG, Beschluss vom 01.04.2014 - B 9 V 54/13 B - juris). Dies ist vorliegend nach obigen Ausführungen jedoch nicht der Fall.
Weitere Gesundheitsstörungen sind nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das schädigende Ereignis zurückzuführen.
Soweit die Klägerin eine schädigungsbedingte Nasenseptumdeviation geltend macht, ist nicht wahrscheinlich, dass diese durch den Sturz auf der Treppe verursacht worden ist. Das MRT des Schädels vom 16.07.2008 zeigte keine Verletzungsfolgen. Vielmehr ist nur bei unauffälligem Befund des Kopfes nebenbefundlich eine leichte Nasennebenhöhlenverschattung im Sinne eines leichten Schnupfens und eine Nasenseptumdeviation nach rechts angegeben worden. Hieraus ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Nasenscheidewandverkrümmung Folge des tätlichen Angriffs ist. Ebenso liegen keine zeitnahen Befunde vor, dass der Zahn 22 infolge des tätlichen Angriffs verletzt worden ist. Denn der Röntgenbefund vom September 2008 über eine apikale Aufhellung im Wurzelbereich gibt keinerlei Hinweis darauf, dass dies eine Folgeerscheinung des tätlichen Angriffs ist.
Aus dem verheilten Strecksehnenabriss mit verbliebener Streckhemmung sowie den verbliebenen Narben ergibt sich kein messbarer GdS, ebenso nicht aus den geklagten zeitweisen Kopfschmerzen. Dr. L. hat hierzu in seinem Gutachten ausgeführt, Restbeschwerden nach Zustand nach Commotio cerebri seien nicht mehr zu begründen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Weitergewährung einer Grundrente wegen der Folgen einer anerkannten Schädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten (OEG).
Die am 27.08.1960 geborene Klägerin ist geschieden und hat 3 erwachsene Kinder aus verschiedenen Partnerschaften. Nach Besuch der Hauptschule machte sie eine Ausbildung als Krankenpflegerin und arbeitete zunächst in diesem Beruf. Später war sie 2 Jahre als Bedienung in einer Gaststätte tätig und dann ein Jahr als Arbeiterin. Seit der ersten Ehe im Jahr 1992 war die Klägerin, abgesehen von einer zeitweisen Tätigkeit als Tagesmutter, nicht mehr berufstätig. Die Klägerin beantragte erstmals 1998 eine Erwerbsminderungsrente beim Rentenversicherungs-träger. Mit Bescheid des Versorgungsamtes B. vom 14.06.2007 wurde ein Grad der Behinderung (GdB) in Höhe von 50 seit dem 01.01.2006 wegen Persönlichkeitsstörung, depressiver Verstimmung und funktioneller Organbeschwerden festgestellt. Seit dem 01.06.2011 erhält die Klägerin auf ihren dritten Antrag eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. ("die psychische Traumatisierung in 2008 ist fraglos auf eine jahrelang vorbeschriebene Persönlichkeitsproblematik aufgepfropft. Bekannt sind diverse Delinquenz-, Drogen- und Alkoholbelastungen der ganzen Familie über mehrere Generationen. In diesem Zusammenhang massive Beziehungsstörungen eruierbar, chaotische familiäre Verhältnisse bei Rentenbegehren seit über 10 Jahren.", Gutachten Dr. W. für die Rentenversicherung)
In der Nacht vom 24. auf den 25. Mai 2008 kam es zwischen der Klägerin und einem langjährigen Bekannten, den die Klägerin aufgesucht hatte, weil ihr Sohn dort war, zu einer nach erheblichem Alkoholgenuss zunächst verbal geführten Auseinandersetzung. Im Laufe der Auseinandersetzung wurde sie dann unter Anwendung von Gewalt von dem Bekannten zunächst vor seine im zweiten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses gelegene Wohnung befördert und dann unter Anwendung von Gewalt einen Treppenabsatz 15 Stufen hinunter gestoßen. Vor dem Haus warf der Bekannte noch das Fahrrad der Klägerin nach ihr, verfehlte sie jedoch.
Am 25.05.2008 stellte die Klägerin Strafanzeige. Vom 25.05.2008 bis 26.05.2008 wurde sie stationär in der Chirurgischen Klinik der Kliniken des Landkreises B. behandelt. Nach dem ärztlichen Attest des Chefarztes Dr. B. der Chirurgischen Klinik vom 18.06.2008 wurde eine Kopfplatzwunde frontal rechts im Bereich der Augenbraue, ein periorbitales Hämatom rechts mit deutlicher Schwellung, ein Hämatom am Kinn mit deutlicher Schwellung, eine Distorsion des rechten oberen Sprunggelenkes mit Verdacht auf Verletzung des fibulotalaren Bandapparates, eine Distorsion des linken oberen Sprunggelenkes mit Knieprellung links mit ca. 3,5 x 4 cm großer Hautabschürfung über der Patella, eine ca. 0,5 x 1 cm große Hautverletzung praetibial links, eine Distorsion des Unterkiefers, ein Verdacht auf Subluxation im Endgelenk des vierten Fingers der linken Hand, eine Distorsion des dritten Fingers der linken Hand, mehrere kleine oberflächliche Hautverletzungen im Bereich des Handrückens rechts, jeweils 0,5 x 0,5 cm groß, Prellungen des Ellenbogens und Unterarmes beidseits sowie der rechten Schulter, eine Prellung des inferioren hinteren Thorax und leichte Kopfschmerzen diagnostiziert. Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des Schädels am 16.07.2008 zeigte einen im Wesentlichen unauffälligen Befund, nebenbefundlich wurde eine leichte Nasennebenhöhlenverschattung im Sinne eines leichten Schnupfens bei Nasenseptumdeviation nach rechts beschrieben. Am 24.07.2008 wurde noch der Verdacht auf eine stattgehabte stumpfe Strecksehnenruptur des vierten Fingers links gestellt. Mit Urteil des Amtsgerichts R. (1 Ds 24 Js 1442/08) vom 17.09.2008 wurde der Täter wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt.
Am 06.02.2009 ging wegen dieses Vorfalls ein Antrag der Klägerin auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG vom 05.02.2009 beim Beklagten ein. Neben Teilen der Strafanzeige und einer Schilderung des Vorfalles durch die Klägerin wurde insbesondere der Entlassbericht der Chirurgischen Klinik der Kliniken des Landkreises B. vom 26.05.2008, deren Arztbrief vom 25.06.2008, der Bericht über das MRT am 16.07.2008 und ein Attest von Dr. Z., Praktischer Arzt und Psychotherapeut, vom 29.10.2008, beigefügt. Dr. Z. führte aus, die Klägerin sei wegen einer chronischen depressiven Erkrankung seit 2002 in fortlaufender psychotherapeutischer Behandlung. Nachdem sie im Mai 2008 Opfer einer strafbaren Handlung geworden sei, sei sie psychisch sehr in Druck gekommen und es habe sich eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickelt. Immer dann, wenn sie mit dem traumatisch erlebten Ereignis konfrontiert sei, entwickle sie Angstgefühle und es entstünden Alpträume bzw. das erlebte Geschehen dränge sich ihr immer wieder auf.
Der Beklagte zog von der Krankenkasse der Klägerin, der AOK B., ein Vorerkrankungs-verzeichnis und vom Amtsgericht B. die Strafakte bei und beauftragte Dr. D., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie mit der Begutachtung der Klägerin. Nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 21.04.2010 diagnostizierte Dr. D. eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion bei vorbestehender Dysthymia. Neben den körperlichen Schädigungen habe die Klägerin durch den tätlichen Angriff auch ein Psychotrauma erlitten, das sich von Beginn an mit starken Ängsten, innerer Unruhe und Schlafstörungen geäußert habe. Aufgrund dieses Psychotraumas sei die bereits seit 2002 bestehende Psychotherapie intensiviert worden, die ersten Monate habe sie auch Psychopharmaka erhalten (ca. 1 Jahr). Nach etwa einem Jahr hätten sich die psychischen Störungen deutlich gebessert, wenngleich auch jetzt noch immer wieder Ängste auftreten würden. Die Kriterien für eine PTBS seien nicht erfüllt. Für das erste Jahr werde der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) auf 30, für das zweite Jahr auf 20 geschätzt. Mit einer weiteren Besserung sei zu rechnen.
Mit Erstanerkennungsbescheid vom 14.06.2010 stellte der Beklagte fest, die Klägerin sei am 24./25.05.2008 Opfer einer Gewalttat im Sinne des OEG geworden sei. Als Schädigungsfolge wurden Anpassungsstörungen mit längerer depressiver Reaktion anerkannt. Der dadurch bedingte GdS betrage 30 ab 01.05.2008 und unter 25 ab 01.05.2009. Ab dem 01.05.2008 erhalte sie Beschädigtenversorgung nach dem OEG i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Ab dem 01.05.2009 stünden keine laufenden Versorgungsbezüge mehr zu. Wegen der anerkannten Schädigungsfolgen werde Heilbehandlung gewährt.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.06.2010 Widerspruch ein. Es habe sich zum 01.05.2009 keine wesentliche Änderung in der psychischen Befindlichkeit ergeben. Im Hinblick auf die seit der Schädigung unverändert wiederkehrenden Angstzustände werde gebeten zu prüfen, ob die Kriterien für eine PTBS erfüllt seien. Es gehe ihr immer wieder erneut sehr schlecht, wenn sie dem Täter begegnet sei. Große Ängste verfolgten sie. Sie wolle nicht über die Dinge reden, dies verstärke ihre Panik noch. Es bestehe noch eine bleibende Schädigung im Bereich der Stirnhöhlen bzw. des Nasenbeins. Es komme täglich ein eitriges Sekret aus der Nase. Sie habe gelegentlich noch Narbenschmerzen im Bereich der rechten Augenbraue, auch habe sie öfters Kopfschmerzen.
Der Beklagte holte bei Dr. J., Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, einen Befundbericht ein (erstmalige Behandlung am 21.01.2010 wegen permanent behinderter Nasenatmung und Schnarchen sowie wiederholten Kopfschmerzen und schlecht abheilendem Schnupfen und Nebenhöhlenentzündungen, häufige Rachen- und Kehlkopfkatarrhe und Mundatmung; am 06.04.2010 sei eine Septum-Korrektur durchgeführt worden).
In der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde R. wurde ausgeführt, seitens der psychischen Erkrankung ergäben sich keine ändernden Gesichtspunkte. Ein verheilter Strecksehnenabriss und die Kinnnarbe seien ohne messbaren bleibenden GdS. Eine knöcherne Verletzung des Schädels/Gesichtsschädels sei durch den MRT-Befund ausgeschlossen. Eine eventuelle Nebenhöhlenentzündung stehe in keinem Zusammenhang mit den bei der Tat erlittenen Verletzungen (13.01.2011). In einer ergänzenden versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.03.2011 wurde ausgeführt, aus dem Befundbericht von Dr. J. ergäben sich keine ändernden Gesichtspunkte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2011 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Nach dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. D. hätten sich die psychischen Störungen nach dem traumatischen Ereignis deutlich gebessert. Eine medikamentöse Behandlung sei für ca. ein Jahr erforderlich gewesen. Die bereits vorbestehenden psychischen Störungen, die seit 2002 behandelt würden, seien nicht zu berücksichtigen. Die noch bestehenden Ängste begründeten keinen GdS von mindestens 25. Eine PTBS liege nicht vor. Bleibende körperliche Gesundheitsstörungen mit einem GdS seien nicht dokumentiert.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.03.2011 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und ausgeführt, es sei strittig, ob bei ihr eine erhebliche anhaltende PTBS vorliege. Sie habe auch Schmerzen im Stirn-/Nasenbereich.
Das SG hat die behandelnden Ärzte befragt. Dr. J. hat angegeben, die Klägerin habe sich erstmalig am 06.03.2006 in seiner Behandlung befunden, danach habe sie sich erst wieder am 21.01.2010 vorgestellt, wo er eine erworbene Septum-Deviation, die er erfolgreich operiert habe, festgestellt habe, schließlich am 10.11.2010 wegen eines grippalen Infekts. Ob diese auf das Geschehen am 24./25.05.2008 zurückzuführen sei, sei nach dieser langen Zeit nicht eindeutig feststellbar. Ein GdS sei deswegen zum heutigen Zeitpunkt nicht feststellbar. Dr. Z. hat angegeben, nach der rechtswidrigen Tat sei die Klägerin außerplanmäßig am 29.05.2008 für 20 Minuten gekommen. Dabei habe sie sich in einer Art "Betäubung" mit eingeschränkter Aufmerksamkeit und Desorientierung gezeigt. Einige Zeit später habe sich eine typische PTBS feststellen lassen. So habe sich die Klägerin nach dem Trauma ratlos und verzweifelt gefühlt und geklagt, dass sich ihr immer wieder Erinnerungen an das erlebte Trauma aufdrängen würden, wie sie sich betäubt und in ihrem Aktionsradius eingeengt fühle. Der GdS sei noch sehr ausgeprägt, da sie sich beim Verlassen ihrer Wohnung, z. B. beim Spazierengehen mit ihrem Hund, ängstigend eingeengt fühle, da sich immer Gedanken aufdrängten, dass der Täter ihr begegnen und sich das traumatische Geschehen wiederholen könne.
Dr. G. hat in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die Auskunft von Dr. J. enthalte keine konkreten Hinweise auf schädigungsbedingte Gesundheitsstörungen der Nase oder der Nasennebenhöhle. Nach Aktenlage und nach den Feststellungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sei von einem erheblichen Vorschaden auf psychischem Gebiet auszugehen. Ein noch bestehender sehr ausgeprägter schädigungsbedingter GdS auf psychischem Gebiet sei nicht nachvollziehbar. Noch auftretende Ängste (beim Verlassen der Wohnung) seien auch im Gutachten von Dr. D. berücksichtigt, erfüllten jedoch nicht die Kriterien des Vollbildes einer PTBS.
Die Klägerin hat noch ein Schreiben des Zahnarztes Dr. R. vom 09.12.2011 vorgelegt, wonach die Klägerin sich am 05.10.2011 wegen anhaltender Schmerzen am percussionsempfindlichen devitalen Zahn 22 vorgestellt habe. Nach Sichtung der Röntgenunterlagen (Orthopantomogramm) vom September 2008, die eine apikale Aufhellung im Wurzelbereich zeigten, sei ein ursächlicher Zusammenhang mit dem damals erlittenen Unfall im Mai 2008 festgestellt worden.
Das SG hat Dr. L., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 12.12.2011 eine klassische PTBS (Trauma 2008), eine depressive Episode, eine langjährige Dysthymie und einen Zustand nach Commotio cerebri mit nachfolgenden Kopfschmerzen und behinderter Nasenatmung diagnostiziert. Über die PTBS hinaus leide die Klägerin an einer mittelgradigen schweren depressiven Episode - zum Teil im Rahmen der PTBS - überwiegend aber unfallunabhängig. Durch die Unfallreaktion sei es zu einer vorübergehenden Verschlechterung der depressiven Symptomatik gekommen. Die derzeitige Depression sei in erster Linie als eigenständige und unfallunabhängige Erkrankung zu werten. Der Zustand nach Commotio cerebri sei unfallbedingt, Restbeschwerden seien aber nicht mehr zu begründen. Ab dem 01.05.2009 könne die depressive Symptomatik nicht mehr als unfallbedingt angesehen werden. Den GdS für die PTBS schätze er auf 40.
Dr. G. hat in einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, dem Gutachten von Dr. L. könne nicht gefolgt werden. Auf Befundebene sei eine Überprüfung der geschilderten Beschwerden nicht erkennbar. Unabhängig davon, ob das Vollbild einer PTBS vorliege, sei bei der Einschätzung des Schweregrades der Ausprägungsgrad einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (insbesondere allein bedingt durch die Schädigungsfolgen) nicht nachvollziehbar.
Das SG hat eine mündliche Verhandlung am 30.05.2012 für weitere Ermittlungen vertagt und erneut Dr. Z. befragt. Dieser hat insbesondere ausgeführt, zusätzlich zur Grunderkrankung (Dysthymia) habe sich nach dem traumatischen Ereignis eine PTBS feststellen lassen. Die Frequenz der Kontakte habe sich nach dem Ereignis erhöht. Das anstehende Gerichtsverfahren habe den Zustand wieder verschlechtert. Dr. R. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu ausgeführt, eine tiefgreifende psychische Störung mit erheblicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit lasse sich aus der Auskunft nicht ableiten. Darauf hat das SG Dr. L. ergänzend angefragt. Dieser hat mit Schreiben vom 29.08.2012 angegeben, es bestünde kein Zweifel am Vorliegen einer PTBS. Diese sei als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einzustufen und dafür erneut ein GdS von 30 vorzuschlagen. Dr. R. hat in seiner weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu angemerkt, in dem beschriebenen psychischen Befund sowie in der dargestellten Alltagsstrukturierung in dem Gutachten von Dr. L. lasse sich eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht ableiten, auch nicht in Kenntnis der Auskunft von Dr. Z. vom 12.06.2012.
Mit Urteil vom 03.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Ungeachtet der Frage, ob und welche etwaigen konkreten psychischen Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit wesentlich durch die Folgen der rechtswidrigen Tat verursacht worden seien oder nicht, liege bei der Klägerin jedenfalls keine stärker behindernde Störung vor, die eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nach sich ziehen würde. Vielmehr sei insgesamt durch die Depression und eine etwaige PTBS nur eine leichtere Behinderung anzuerkennen, welche mit einem GdS von jedenfalls unter 25 zu berücksichtigen sei. Da ein erheblicher Anteil der Funktionsbehinderung der seit Jahren bestehenden chronischen depressiven Erkrankung ursächlich zuzurechnen sei, könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein GdS von mindestens 25 als Folge des rechtswidrigen tätlichen Angriffs begründet werden. Etwaige weitere Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das nach dem OEG anerkannte Ereignis zurückzuführen. Die zeitnahe Untersuchung des Schädels habe keine Verletzungsfolgen ergeben. Folglich stehe die Septum-Korrektur und Nasescheidewandverkrümmung nicht im Zusammenhang mit dem anerkannten Schädigungstatbestand.
Hiergegen hat die Klägerin am 02.09.2013 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, resultierend aus dem Vorfall liege eine PTBS vor. Diese sei von Dr. Z. und Dr. L. diagnostiziert worden und sei als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einzustufen. Es sei geradezu typisch beim Vorliegen einer PTBS, dass Betroffene versuchten, Erinnerungen an den auslösenden Vorfall und damit die einsetzenden Flashbacks und Ängste zu vermeiden. Dieses Verhalten deute nicht auf eine Verbesserung hin, sondern darauf, dass die PTBS noch stark vorhanden sei. Von einem geregelten Tagesablauf könne nicht die Rede sein. Sie sei ständig müde und würde am liebsten den ganzen Tag schlafen. Den einzigen Kontakt mit der Außenwelt erlange sie über ihren Hund. Mit diesem gehe sie Gassi, damit dieser seine Notdurft verrichten könne. Der Hund gebe ihr ein gewisses Maß an Sicherheit. Ansonsten verlasse sie ihre Wohnung kaum noch. Sie weine viel, ihre Gedanken kreisten um den Vorfall.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. Juli 2013 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 14. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr auch über den 1. Mai 2009 hinaus eine Grundrente nach einem Grad der Schädigung von wenigstens 30 zu gewähren, hilfsweise sie erneut nervenärztlich zur Frage des Vorliegens einer posttraumatischen Belastungsstörung begutachten zu lassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat der Beklagte sich auf das Urteil des SG bezogen und darüber hinaus ausgeführt, eine PTBS sei nicht nachgewiesen. Unabhängig davon entspreche das Ausmaß der schädigungsbedingten Beeinträchtigung ein Jahr nach der Tat nicht mehr einem GdS von wenigstens 30. In jedem Fall sei die vorbestehende schädigungsunabhängige depressive Störung zu berücksichtigen, die für einen erheblichen Teil der jetzt bestehenden psychischen Symptomatik verantwortlich zu machen sei. Damit sei eine aktuelle ggf. stärkere psychische Symptomatik jedenfalls nicht in vollem Umfang auf die Schädigung zurückzuführen.
Der Senat hat bei Dr. Z. Unterlagen beigezogen. Dieser hat die Berichte über die Therapiesitzungen der Klägerin bei ihm seit dem Ereignis vorgelegt sowie Atteste vom 20.05.2010 und 29.10.2008, sein Schreiben an das Kreisjugendamt vom 18.03.2009, seinen ärztlichen Befundbericht an die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 04.09.2012 sowie einige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und das Urteil des Amtsgerichts Riedlingen vom 07.04.2009 (1 C 308/08) über die Verurteilung des Täters zur Zahlung von 432,26 EUR mit Zinsen seit dem 01.09.2009 sowie Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 EUR nebst Zinsen seit 05.11.2008 an die Klägerin.
Der Senat hat bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg deren Verwaltungsakte und medizinische Unterlagen beigezogen, insbesondere eine ärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 04.02.2000, ein chirurgisches Gutachten von Dr. G. vom 23.12.2004, ein nervenärztliches Gutachten von Dr. S. vom 03.12.2004, ein internistisches Gutachten von Dr. S. vom 23.12.2004 und ein internistisch- und psychotherapeutisches Gutachten von Dr. W. vom 15.12.2010.
Dr. G. hat in seiner weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die Aufzeichnungen von Dr. Z. im Zeitraum seit Mai 2009 dokumentierten wesentlich die bereits aktenkundigen und in der Beurteilung berücksichtigten Ängste, daneben auch vielfältige schädigungsunabhängige Belastungen und Themenfelder. Hinsichtlich der bei der Beurteilung grundsätzlich zu berücksichtigenden Aggravationstendenzen werde auf die Aufzeichnung vom 17.12.2010 hingewiesen. Nach Auswertung der Unterlagen der Deutschen Rentenversicherung lasse sich nochmals der ausgeprägte Vorschaden auf psychischem Gebiet feststellen. Die bisherige Bewertung der Schädigungsfolgen auf psychischem Gebiet mit einem GdS von 20 erfasse posttraumatische Symptome im Sinne einer leichten psychischen Störung (oberer Ermessensspielraum).
Die Klägerin hat darauf hingewiesen, Dr. W. habe in seinem Gutachten angegeben, dass im Vergleich zur Voruntersuchung 2007 eine Verschlechterung festzustellen sei, die man auf die Traumatisierung zurückführen könne. Folgerichtig sei der Antrag der Klägerin auf Erwerbsminderung vor dem Vorfall abgelehnt worden, während ihr Rentenantrag nach dem Vorfall bewilligt worden sei. Die Klägerin hat die Einholung eines weiteren Gutachtens begehrt.
Der Vermieter der Klägerin, Herr V. B., hat in einem Schreiben mitgeteilt, dass sie sehr zurückgezogen lebe und er sie zum Einkaufen begleite, da sie Angst habe, dem Täter zu begegnen. Sie erscheine oft durcheinander und lebensunlustig. Eine Bekannte der Klägerin, Frau M. W., hat schriftlich mitgeteilt, die Klägerin ziehe sich immer mehr zurück und gehe nur selten unter Menschen. Ein einschneidendes Erlebnis sei für die Klägerin gewesen, als der Täter betrunken den Chef eines Cafés bedroht habe. Sie getraue sich fast nicht mehr auf die Straße und man habe immer weniger Zugang zu ihr. Mittlerweile wohne sie in der Nähe der Polizei und fühle sich dadurch wohl etwas sicherer.
Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Senat mit Beschluss vom 03.11.2014 wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg sowie der Verwaltungsakte des Landratsamts Biberach zum Antrag nach dem SGB IX verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß erhobene sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat ab dem 01.05.2009 keinen Anspruch auf Gewährung einer Grundrente. Der Bescheid des Beklagten vom 24.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das Begehren der Klägerin richtet sich nach § 1 OEG in Verbindung mit den §§ 1, 30, 31 und 60 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG).
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG). Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BVG).
Beschädigte erhalten als Versorgungsleistung u. a. nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG eine Beschädigtenrente. Hierzu zählt auch die monatliche Grundrente, deren Höhe abhängig vom GdS ist und die ab einem GdS von 30 geleistet wird (§ 31 Abs. 1 BVG). Die Beschädigtenversorgung beginnt bei Vorliegen eines Antrages mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind (§ 60 Abs. 1 BVG).
Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Der Senat orientiert sich bei der Prüfung, welche gesundheitlichen Schäden Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs sind, an der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) 2008 getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV). Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (VG, Teil A, Nr. 1 a) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (VG, Teil C, Nr. 1 b Satz 1).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (VG, Teil C, Nr. 2 a). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (VG, Teil C, Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (VG, Teil C, Nr. 2 c Halbsatz 1). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (VG, Teil C, Nr. 2 d).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (VG, Teil C, Nr. 3 a Sätze 1 und 2). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (VG, Teil C, Nr. 3 b Satz 1). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (VG, Teil C, Nr. 3 d Sätze 1 und 2).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Grundrente. In Übereinstimmung mit den Ausführungen im Gutachten von Dr. D., das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird und unter Auswertung der Therapieberichte von Dr. Z., ist der Senat der Überzeugung, dass bei der Klägerin als Folge des tätlichen Angriffs vom 24./25.05.2008 nur eine Anpassungsstörung aufgetreten ist, die sich innerhalb von einem Jahr soweit zurückgebildet hat, dass jedenfalls ab dem 01.05.2009 das Ausmaß der Beeinträchtigungen keinen GdS von mindestens 25 mehr erreicht.
Bei der Anpassungsstörung nach der ICD-10 F 43.2 handelt es sich um eine Gesundheitsstörung mit Zuständen subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder soziale Werte. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst und Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein. Der Beginn der Symptome ist innerhalb eines Monats nach Auftreten der Belastung. Die Symptome dauern nicht länger als 6 Monate, bei längeren depressiven Reaktionen nicht länger als 2 Jahre nach Ende der Belastung oder deren Folgen an.
Die Klägerin hat bei der Begutachtung durch Dr. D. am 21.04.2010 angegeben, dass sie die ersten Wochen schreckliche Angst gehabt habe, sie sei schlafgestört gewesen und habe sich nichts getraut, habe Alpträume gehabt und auch immer wieder die Angst, mit dem Fahrrad zu stürzen. Sie sei nie mehr ohne ihren Hund rausgegangen, da sie gefürchtet habe, von dem Täter erneut geschlagen und verletzt zu werden. Im Laufe eines Jahres seien ihre Ängste etwas besser geworden. Sie habe bei Dr. Z., bei dem sie bereits vorher in Psychotherapie gewesen sei, intensiver und häufiger Psychotherapie gemacht. Er habe ihr auch Antidepressiva und etwas zum Schlafen gegeben. Diese Medikamente nehme sie jetzt aber nicht mehr. Anfangs sei sie wöchentlich in Psychotherapie gewesen, dann zweimal wöchentlich und zur Zeit etwa alle vier Wochen. Ihre Ängste und Schlafstörungen seien inzwischen deutlich besser. Wenn sie allerdings an die Ereignisse zurückdenke bzw. darauf angesprochen werde, träten die Ängste erneut auf.
Aus diesen Schilderungen der Klägerin folgt, dass nach Abklingen der ersten akuten Belastungsreaktion sich die Ängste, Alpträume und Schlafstörungen bereits innerhalb eines Jahres in ihrem Ausmaß stark zurück gebildet haben und weiter rückläufig sind, Ängste vor allem nur noch dann auftreten, wenn die Klägerin an das Ereignis erinnert wird. Diese Entwicklung wird insbesondere auch durch die Berichte von Dr. Z. über die Therapiesitzungen nachdrücklich bestätigt.
Aus den in den Berichten von Dr. Z. wiedergegebenen Angaben der Klägerin ist zu erkennen, dass unmittelbar nach der Tat und die ersten Monate nach der Tat die Klägerin unter Ängsten und Alpträumen infolge des tätlichen Angriffes gelitten hat (Berichte über die Termine am 29.05.2008, 11.06.2008, 19.06.2008, 11.07.2008, 01.08.2008 und 02.09.2008). Der Klägerin war es aber bereits am 17.09.2008 möglich, an der Strafverhandlung gegen den Täter teilzunehmen. Dabei hat die Klägerin nach dem Bericht von Dr. Z. vom 18.09.2008 sogar geschildert, dass es für sie befreiend gewesen ist, dass der Richter ihr Recht gegeben hat und der Täter verurteilt worden ist. Er hat sie bei der Verurteilung immer wieder giftig angeschaut, was ihr aber nicht mehr so viel ausgemacht hat. Auch beziehen sich die Ausführungen in den Therapieberichten über die Termine am 18.09.2008, 06.10.2008 und 06.11.2011 bezüglich der Tat nur auf den Gerichtstermin, nicht jedoch auf Ängste, Alpträume der Klägerin oder dergleichen. Nach dem Bericht vom 19.11.2008 hat die Klägerin zwar immer noch die Angst geschildert, dass ihr nachts etwas passieren könne. In den folgenden Berichten über die Termine ab dem 03.12.2008 bis zum 31.03.2009 finden sich hingegen keinerlei Angaben bezüglich der Tat und ihrer Auswirkungen bzw. hieraus folgender Einschränkungen. Darüber hinaus ergibt sich aus den Berichten, dass nur in der ersten Zeit nach der Tat Termine alle zwei Wochen, ab August - abgesehen vom November 2008 - bereits wieder nur einmal im Monat erfolgt sind. In Übereinstimmung mit dieser erkennbaren Entwicklung hat Dr. Z. in seiner Stellungnahme an das Kreisjugendamt vom 18.03.2009 ausgeführt, dass nach einer über 6-jährigen Behandlung jetzt doch gesagt werden kann, dass sich die psychische Krankheitssituation nicht mehr so gravierend darstellt, weswegen er die Klägerin in der Lage gesehen hat, ein dreijähriges Tagespflegekind angemessen über längere Zeit betreuen und erziehen zu können.
Zwar wird in dem Bericht über den Termin am 14.04.2009 ausgeführt, dass die Klägerin das Ereignis wieder erwähnt habe. Allerdings geschah dies deshalb, weil im Rahmen der Klage der Klägerin gegen den Täter auf Schadensersatz und Schmerzensgeld der Richter die Treppe vor Ort anschauen wollte, um sich ein Bild zu machen und diese Situation die Klägerin belastend erlebt hat. Am 07.04.2009 hat jedoch auch die mündliche Verhandlung gegen den Schädiger am Amtsgericht stattgefunden, ohne dass in den Berichten von Dr. Z. vom 14.04.2009 oder 27.04.2009 Ausführungen dahingehend erfolgt sind, dass die Klägerin infolgedessen wieder vermehrt Ängste, Verunsicherung oder sonstige psychische Beeinträchtigungen schilderte. Vielmehr wird nur in dem Bericht vom 11.05.2009 berichtet, die Klägerin habe die Ausfertigung des Urteils Dr. Z. vorgelegt und in diesem Zusammenhang dargelegt, dass auch die neue Freundin des Täters sie finster anschaut. Ausführungen zu hierdurch hervorgerufenen Ängsten, Alpträume und dergleichen, finden sich jedoch wiederum nicht. Am 09.06.2009 schilderte die Klägerin Dr. Z. zwar einen Traum von einer Treppe, die fast endlos erscheinend in einem Wendelsystem nach unten gegangen sei und sie sogar da habe herunter rutschen können. Allerdings gab sie hierzu an, dass sie das etwas erheitert habe, woraus folgt, dass die Klägerin sogar einen Traum über Treppen, trotz des Sturzes die Treppe hinab infolge des tätlichen Angriffs, nicht als psychisch belastenden Alptraum empfunden hat, sondern sogar "erheitert" auf diesen Traum reagieren konnte.
In den Berichten vom 24.06.2009 bis 26.02.2010 und somit über 8 Monate, werden nur andere Themenfelder erwähnt und die Klägerin hat nach dem Bericht vom 18.01.2010 gegenüber Dr. Z. sogar angegeben, dass es ihr im Moment ganz ordentlich geht und sie sich vorstellen kann, dass es vollkommen reichte, wenn sie den Therapeuten nur nach Bedarf sieht. Erst aufgrund der anstehenden Begutachtung bei Dr. D. am 21.04.2010 werden in dem Bericht vom 26.03.2010 von der Klägerin wieder Ängste berichtet, wobei sie geschildert hat, dass sie dem Täter ab und zu begegnet und er sie eher verächtlich anschaut. Danach hat die Klägerin jedoch bis zum 17.09.2010 und somit sechs Monate lang keinen Bedarf an weiteren Terminen bei Dr. Z. gehabt. Im Einklang hiermit hat Dr. Z. in seinem Attest vom 20.05.2010 angegeben, dass die Klägerin seit einiger Zeit psychisch stabil ist und unabhängig davon bei auftauchenden Problemen die Möglichkeit hat, sich beraten zu lassen.
Die Zusammenschau dieser Berichte zeigt damit den Verlauf einer abklingenden Anpassungsstörung, die sich bereits innerhalb von 6 Monaten deutlich zurück gebildet hat und nach zwei Jahren im Wesentlichen abgeklungen ist. In der Folgezeit hat die Klägerin fast nur noch im Zusammenhang mit Begutachtungsterminen bzw. Gerichtsterminen oder zufälligen Kontakten mit dem Täter Ängste geschildert und Termine bei Dr. Z. wahrgenommen.
So hat die Klägerin nach dem Bericht vom 17.09.2010 in Bezug auf das Ereignis nur mitgeteilt, dass sie von Dr. D. untersucht worden ist und dadurch eine Entschädigung bekommt. Nach dem Bericht vom 26.11.2010 hat die Klägerin wieder Ängste geschildert, nachdem sie miterlebt hatte, wie der Täter im Kino den Wirt angeschrien hat. Am 17.12.2010 hat sie dann mitgeteilt, dass sie bei der Begutachtung wegen der Rente (am 15.12.2010 bei Dr. W.) geschauspielert hat, um deutlich zu machen, wie schlimm doch ihre Angst ist und hat angegeben, dass ihr das Cipramil hilft, sie aber nur zu bestimmten Zeiten mit dem Hund oder zu Plätzen geht, wo sie sich sicher fühlt. Am 18.01.2011 hat sie noch Ängste nachts vor einer Begegnung mit dem Täter geschildert, am 17.02.2011 dann jedoch mitgeteilt, dass sie die beantragte Rente erhält und sich viel lockerer fühlt. Im Bericht vom 29.03.2011 hat Dr. Z. angegeben, dass sie sich total fertig vorgestellt hat, da die Beschädigtenrente abgelehnt worden ist. Nach dem Bericht vom 21.04.2011 ging es ihr wieder besser, wobei sie noch Angst hatte, wie es bei Gericht ausgeht. Der Bericht vom 20.05.2011 betrifft nur andere Themen, wohingegen die Klägerin am 01.07.2011 mitgeteilt hat, dass sie dem Täter wieder begegnet ist und am 20.09.2011 sogar mitgeteilt hat, dass sie auf einer Geburtstagsfeier ihm begegnet ist und selbstsicher und nicht ängstlich reagiert hat. Während sie am 18.10.2011 einen Alptraum geschildert hat, in dem mit einem Gewehr geschossen worden sei, hat sie am 22.11.2011 Ängste wegen der Begutachtung (bei Dr. L.) angegeben. Am 21.12.2011 hat sie dann geschildert, dass sie dort nicht immer ganz korrekt geantwortet hat. Im Anschluss daran hat die Klägerin wieder über fünf Monate keine Termine bei Dr. Z. wahrgenommen und ist erst wieder aufgrund der mündlichen Verhandlung am SG am 30.05.2012, die dann vertagt wurde, am 24.05.2012, 27.06.2012 und 25.07.2012 bei Dr. Z. gewesen. Danach hat sie wiederum fast fünf Monate keinen Termin bei Dr. Z. wahrgenommen und dem Termin am 14.12.2012 ging die Trennung von einem Partner voraus. Danach hat sie wieder fünf Monate lang keinen Termin bei Dr. Z. gehabt und ist erst am 17.05.2013 aufgrund der anstehenden erneuten mündlichen Verhandlung am SG bei Dr. Z. gewesen und hat am 25.06.2013 in diesem Zusammenhang auch wieder Ängste geschildert. In den Terminen am 23.07.2013 und 12.09.2013 wurde die ablehnende Entscheidung des SG besprochen. In den Terminen am 18.11.2013 und 19.12.2013 wurden auch wieder Ängste geschildert.
Hieraus folgt, dass die Klägerin ab dem Frühjahr 2010 nur noch unregelmäßig Termine bei Dr. Z. mit monatelangen Behandlungspausen wahrgenommen hat. Eine regelmäßige Behandlungsbedürftigkeit für die psychische Stabilisierung war somit nicht (mehr) notwendig. Darüber hinaus folgt aus den Berichten, dass die Klägerin ab diesem Zeitraum meist in zeitlichem Zusammenhang mit Begutachtungssituationen bzw. Verhandlungen Termine bei Dr. Z. wahrgenommen hat, woraus sich ergibt, dass sie der Therapiegespräche zur Bewältigung der alltäglichen Herausforderungen nicht mehr bedurfte. Zwar hat nach den Berichten bei der Klägern weiter grundsätzlich eine ängstliche Haltung vorgelegen. Allerdings entsteht der Eindruck, dass der Krankheitsgewinn in Form von gewährten Leistungen wie die Erwerbsminderungsrente und die Grundrente eine immer größere Bedeutung für die Klägern erhalten hat und daher die Begutachtungssituationen, Verhandlungen, Leistungsgewährungen oder Leistungsablehnungen einen großen Einfluss auf ihre psychische Stabilität bekommen haben. Hingegen haben Begegnungen mit dem Täter nicht jeweils zu Terminen bei Dr. Z. geführt und sie hat sogar geschildert, dass sie diesem selbstsicher und nicht ängstlich bei einer Feier hat begegnen können.
Daraus folgt zur Überzeugung des Senats, dass seit Anfang des Jahres 2010 die Anpassungsstörung abgeklungen ist und sich bei der Klägerin keine PTBS infolge der Tat ausgebildet hat.
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10-GM-2014 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.
Nach ICD-10-GM-2014 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungs-fähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheits¬erfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und der medizinischen Unterlagen ist der Senat insbesondere in Auswertung des Gutachtens von Dr. D. und der Therapieberichte von Dr. Z. davon überzeugt, dass bei der Klägerin infolge des tätlichen Angriffs keine PTBS entstanden ist. Ein einmaliger Stoß selbst von einem Treppenabsatz 15 Stufen hinunter stellt bereits kein Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß dar, das bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, wofür auch die infolge des Sturzes erlittenen Gesundheitsbeeinträchtigungen sprechen. Insbesondere finden sich aber die typischen Merkmale einer PTBS nicht. So werden von der Klägerin nach Abklingen der akuten Belastungsreaktion in den ersten Wochen nach dem Ereignis kein wiederholtes Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen ("flashbacks"), Träumen oder Alpträumen geschildert, was der Senat den Berichten von Dr. Z. und dem Gutachten von Dr. D. entnimmt. Auch finden sich in den Schilderungen keine emotionale Stumpfheit und Gleichgültigkeit gegenüber anderen sowie Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber. Vielmehr schildert die Klägerin Beziehungen und Kontakte wie auch den Wunsch danach. Auch kümmert sie sich um das Tagespflegekind und weitere Personen. Erinnerungen und Verunsicherungen finden sich vielmehr im Wesentlichen nur, wenn die Klägerin dem Täter begegnet ist oder wegen der geltend gemachten Ansprüche usw. an das Ereignis erinnert wird. Die Klägerin ist jedoch selbst der stärksten denkbaren Konfrontation mit dem Täter vor Gericht nicht aus dem Weg gegangen und konnte nach den Berichten von Dr. Z. Begegnungen mit dem Täter zunehmend gelassener aushalten, so dass auch das Vermeidungsverhalten nicht in dem bei einer PTBS zu erwartenden Ausmaß vorliegt. Darüber hinaus haben sich keine bei einer PTBS zu erwartenden psychische Folgereaktionen auf die Konfrontationen gezeigt. Hierdurch wird bestätigt, dass sich bei der Klägerin keine PTBS ausgebildet hat (vgl. hierzu Urteil des Senat vom 21.02.2013 - L 6 VG 3324/12 - juris).
Der Senat vermag sich daher nicht dem Gutachten von Dr. L. anzuschließen, der vom Vorliegen einer PTBS bei der Klägerin ausgeht. Hinzu kommt, dass Dr. L. seine Bewertung unkritisch auf die von der Klägerin bei der Begutachtung und den dabei durchgeführten Tests gemachten Angaben gestützt hat, ohne diese auf ihre Validität zu überprüfen. Denn die dort gemachten Angaben sind in der Zusammenschau mit den Angaben in den Therapieberichten nicht stimmig. Insbesondere findet sich das von der Klägerin bei Dr. L. geschilderte Ausmaß der Gesundheitsstörungen nicht in den nach der Begutachtung nur sehr seltenen, in größeren Abständen erfolgten Therapiesitzungen wieder. Auch ergibt sich aus dem Bericht von Dr. Z. vom 21.12.2011, dass sie zielgerichtet nicht immer ganz korrekt geantwortet hat. Dies wird insbesondere auch aus ihrer Angabe bei Dr. L., sie sei vor dem Unfall ein fröhlicher Mensch gewesen, sehr ausgeglichen, jetzt sei sie unruhig, depressiv und traue sich nichts mehr zu, deutlich. Denn die Klägerin macht bereits seit 1998 gegenüber dem Rentenversicherungsträger geltend, dass sie unter anderem aufgrund ihrer psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht mehr erwerbsfähig sein kann und ist bereits seit dem Jahr 2002 bei Dr. Z. in Behandlung.
Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass das seit Mitte 2013 in den USA geltende neue Diagnose-System DSM-V vorliegend nicht zu einer anderen Bewertung führt. Dieses Diagnosemanual liegt bisher nur in englischer Sprache vor und wird in den Leitlinien und einschlägigen deutschen Standardwerken noch nicht diskutiert, so dass sich die Frage stellt, ob dieses System in Deutschland überhaupt schon dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 25.03.2014 - L 3 U 207/11 - juris). DSM-V verzichtet auf das nach DSM-IV bedeutsame A2-Kriterium und die dort genannte Qualität der Reaktion auf das Ereignis. Dies bedeutet aber nicht, dass nunmehr alle später auftretenden Symptome, bei denen Intrusionen, Vermeidungsverhalten und Hyperarousal geltend gemacht werden, zwingend zur Diagnose einer PTBS führen (vgl. Widder, MED SACH 5/2013, S. 109) oder dass auf eine zeitnah zum Ereignis vorliegende psychische Reaktion juristisch verzichtet werden kann. Unabhängig davon fehlt es aber bei der Klägerin an den Folgekriterien für die Anerkennung.
Soweit die Klägerin trotz dem dokumentierten Abklingen der Anpassungsstörung weiterhin an psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen leidet und diese sie in ihrer Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einschränken, wie insbesondere nun im Verfahren auch von ihrem Vermieter und einer Bekannten schriftlich geschildert, ist dies nicht wesentlich ursächlich auf den tätlichen Angriff zurück zu führen. Vielmehr wirken sich zur Überzeugung des Senats insoweit die Gesundheitsstörungen aus, die bei ihr bereits Jahre vor dem Ereignis aufgetreten sind.
So ist bereits mit Bescheid des Versorgungsamtes B. vom 14.06.2007 seit dem 01.01.2006 ein GdB in Höhe von 50 wegen Persönlichkeitsstörung, depressiver Verstimmung und funktionellen Organbeschwerden festgestellt worden. Die Nervenärztin Dr. S. hat in dem von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg beigezogenem Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 03.12.2004 ausgeführt, dass die Klägerin erstmals 1998 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt hat und im Jahr 1996 aus stationärer Heilbehandlung im S. mit der Diagnose eines rezidivierenden depressiven Erschöpfungszustandes mit Somatisierungstendenz bei Verdacht auf neurotische Entwicklung entlassen worden ist, aus der stationären Heilbehandlung im G. im Jahr 1997 mit der Diagnose einer depressiven Entwicklung bei schwieriger familiärer Situation und aus der stationären Heilbehandlung in B. im Jahr 2003/2004 unter anderem mit der Diagnose einer akzentuierten Persönlichkeit mit abhängigen und emotional instabilen Zügen. Im Rahmen einer Begutachtung aufgrund eines Rentenantrages im Jahr 1998 hat Dr. S. eine leichte chronische depressive Verstimmung und im Rahmen des folgenden Sozialgerichtsverfahrens der Gutachter Dr. K. im Jahr 1999 eine Somatisierungsstörung bei schizoider, ich-schwacher Persönlichkeit beschrieben. Dr. S. diagnostizierte in ihrem Gutachten auf psychiatrischem Fachgebiet eine neurotische Persönlichkeitsentwicklung mit depressiven Stimmungs¬schwankungen, zur Zeit subdepressiv im Sinne einer Dysthymia, bei Persönlichkeitsvariante mit schwachen Ich-Strukturen, Abhängigkeitsproblematik und emotionaler Instabilität. In einem dem Gutachten beiliegendem Befundbericht von Dr. Z. vom 01.12.2004 ist als Diagnose eine Dysthymia angegeben und in der Stellungnahme von Dr. Z. vom 01.10.2010 im Zusammenhang mit der von der Klägerin beantragten Erwerbsminderungsrente wird angegeben, dass wegen einer chronischen depressiven Erkrankung bei der Klägerin seit 2002 eine fortlaufende psychotherapeutische Behandlung durchgeführt wird.
Grund für die nach Abklingen der Anpassungsstörung geklagten psychischen Beschwerden und Ängste sind daher diese bereits vor dem Ereignis bestehenden Störungen, die weiterhin vorliegen. Aufgrund der Persönlichkeitsstörung der Klägerin haben auch insbesondere die ablehnenden Entscheidungen, Gutachten und Verhandlungen ihre psychische Situation jeweils destabilisiert, bzw. die Gewährung der Erwerbsminderungsrente ihre psychische Situation aufgelockert. Hinzugekommen ist im Laufe des Verfahrens noch der von der Klägerin sichtbar angestrebte Krankheitsgewinn in Form von Leistungen wie der streitgegenständlichen Grundrente, worauf auch Dr. W. in seinem Gutachten für die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, hingewiesen hat. So hat er Geborgenheits-, Versorgungs- und Entschädigungswünsche, Opfer-, Dulderhaltung mit spürbaren finalen Intentionen aufgesetzt auf eine prämorbide Persönlichkeit mit ängstlich vermeidenden Zügen und emotionaler Instabilität (Rentenbegehren seit über 10 Jahren) angeführt.
Unter Berücksichtigung der Schädigungsfolge einer Anpassungsstörung und der Schilderungen in den Berichten von Dr. Z., sowie den bei der Untersuchung durch Dr. D. gemachten Angaben hat die Klägerin jedenfalls ab dem 01.05.2009 unter keinen schädigungsbedingten psychischen Gesundheitsstörungen gelitten, aufgrund derer ein GdS von 30 festzustellen ist.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen Störungen der GdS 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) beträgt der GdS 30 bis 40, bei schweren Störungen (beispielsweise schweren Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 50 bis 70, mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 80-100.
Dauerhafte wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sind bei der Klägerin ab dem 01.05.2009 infolge des tätlichen Angriffs wie oben ausgeführt aus den Berichten von Dr. Z. nicht erkennbar. Dies wird auch durch den bei der Untersuchung durch Dr. D. geschilderten Tagesablauf deutlich. So hat die Klägerin bei Dr. D. einen weitgehend geregelten Tagesablauf geschildert, wonach sie neben ihrem Haushalt im Rahmen einer Tagesmuttertätigkeit ein vierjähriges Kind ab 05:30 Uhr morgens und nach dem Kindergarten bis 14:00 Uhr bzw. 15:00 Uhr, gelegentlich auch bis 22:30 Uhr, betreute. Daneben kümmerte sie sich noch um ihren Hund, führte diesen auch aus. Sie machte Yoga und hatte einen kleinen Freundeskreis und Kontakt zu ihren drei Kindern und ihrer Mutter. Zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. hat die Klägerin nicht mehr als Tagesmutter ein Kind betreut. Der von ihr geschilderte Tagesablauf war daher nicht mehr so strukturiert, aber weitestgehend geregelt und normal. Die Klägerin gab weiterhin an, mit ihrem Hund Spaziergänge zu machen, vormittags Yoga-Übungen durchzuführen, zu kochen, zu waschen und sich um den Haushalt zu kümmern. Mittags machte sie einen Mittagschlaf, nachmittags las sie oder hatte Besuch von Freundinnen, abends ging sie mit dem Hund spazieren, fuhr manchmal auch Fahrrad. Abends ging sie ansonsten nicht mehr weg, las aber und sah fern. Aus diesen Angaben ergeben sich keine schädigungsbedingten wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungs¬fähigkeit. Nachdem die Klägerin auch zu der Begutachtung bei Dr. W. gegenüber Dr. Z. angegeben hat, dass sie geschauspielert hat, um deutlich zu machen, wie schlimm doch ihre Angst ist, vermögen die dort gemachten Angaben keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu begründen. Hinzu kommt, dass die Klägerin nur zeitweise medikamentös behandelt wurde und auch im Übrigen teils monatelang bei Dr. Z. nicht in Behandlung gewesen ist. Bei fehlender ärztlicher Behandlung kann aber in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdS-Bewertungsgrundsätze (GdS 30 bis 40) darstellt (ständige Rspr. des Senats, zuletzt Urteil vom 28.10.2014 - L 6 SB 1958/13 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 - juris).
Die Einholung eines weiteren Gutachtens war daher nicht erforderlich. Der Senat erachtet den vorliegenden Sachverhalt insbesondere aufgrund der Gutachten von Dr. D. und Dr. L. und der Therapieberichte von Dr. Z. für ausreichend aufgeklärt, die eine Entscheidungsfindung ermöglichen. Liegen bereits mehrere Gutachten (oder fachkundige Angaben) vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten (oder fachkundigen Angaben) grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG, Beschluss vom 01.04.2014 - B 9 V 54/13 B - juris). Dies ist vorliegend nach obigen Ausführungen jedoch nicht der Fall.
Weitere Gesundheitsstörungen sind nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das schädigende Ereignis zurückzuführen.
Soweit die Klägerin eine schädigungsbedingte Nasenseptumdeviation geltend macht, ist nicht wahrscheinlich, dass diese durch den Sturz auf der Treppe verursacht worden ist. Das MRT des Schädels vom 16.07.2008 zeigte keine Verletzungsfolgen. Vielmehr ist nur bei unauffälligem Befund des Kopfes nebenbefundlich eine leichte Nasennebenhöhlenverschattung im Sinne eines leichten Schnupfens und eine Nasenseptumdeviation nach rechts angegeben worden. Hieraus ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Nasenscheidewandverkrümmung Folge des tätlichen Angriffs ist. Ebenso liegen keine zeitnahen Befunde vor, dass der Zahn 22 infolge des tätlichen Angriffs verletzt worden ist. Denn der Röntgenbefund vom September 2008 über eine apikale Aufhellung im Wurzelbereich gibt keinerlei Hinweis darauf, dass dies eine Folgeerscheinung des tätlichen Angriffs ist.
Aus dem verheilten Strecksehnenabriss mit verbliebener Streckhemmung sowie den verbliebenen Narben ergibt sich kein messbarer GdS, ebenso nicht aus den geklagten zeitweisen Kopfschmerzen. Dr. L. hat hierzu in seinem Gutachten ausgeführt, Restbeschwerden nach Zustand nach Commotio cerebri seien nicht mehr zu begründen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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