Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 532/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4451/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22.09.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 60 anstelle von 40.
Die 1966 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige und Inhaberin einer unbefristeten Aufenthaltsberechtigung. Sie beantragte am 25.06.2012 beim Landratsamt H. erstmals die Feststellung eines GdB. Zur Begründung machte sie eine psychische Störung, Depressionen, Schmerzen an den Füßen sowie zeitweise Gleichgewichtsstörungen geltend (Bl. 2 der Verwaltungsakte).
Der Beklagte holte einen Befundbericht der Allgemein- und Hausärzte der Klägerin Dres. Zengerling sowie eine versorgungsmedizinische Stellungnahme bei Dr. Z. ein. Dr. Z. bewertete unter dem 13.08.2012 eine depressive Verstimmung mit einem Teil-GdB von 10 und führte aus, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bewirke keine Funktionsbeeinträchtigung. Die Gleichgewichtsstörungen sowie Schmerzen an den Füßen seien nicht nachgewiesen (Bl. 7 bis 9 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 16.08.2012 lehnte das Landratsamt H. - Fachbereich Gesundheit - den Antrag der Klägerin auf Feststellung des GdB ab (Bl. 11 der Verwaltungsakte).
Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 06.09.2012 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrug, sie sei psychisch erkrankt. Diese Erkrankung führe weitere Erkrankungen mit sich, welche sie nicht aufzählen wolle. Sie sei bald seit drei Jahren erkrankt und eine Besserung sei nicht abzusehen (Bl. 12 der Verwaltungsakte).
Der Beklagte forderte bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. unter dem 19.09.2012 einen Befundschein an. Dr. K. schrieb dem Beklagten am 26.09.2012, er begründe den von der Klägerin eingelegten Widerspruch wie folgt: Bei der Klägerin bestehe keine depressive Verstimmung, sondern eine schwere Depression (ICD 10 F 32.2) ohne phasenhaften Verlauf, welche sich erstmals infolge des Unfalltodes des Sohnes manifestiert habe. Dieses Ereignis wirke als psychischer Belastungsfaktor weiter fort. Unter Berücksichtigung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze handele es sich um eine schwere affektive Psychose, welche einen GdB von 50 bis 70 bedinge. Dr. K. bat den Beklagten, den angefochtenen Bescheid vom 16.08.2012 entsprechend abzuändern (Bl. 15 und 16 der Verwaltungsakte).
Nach Eingang des Befundberichts von Dr. K. vom 01.11.2012 und Auswertung durch eine versorgungsmedizinische Stellungnahme von Dr. G.n half das Landratsamt Heidenheim dem Widerspruch der Klägerin mit Teilabhilfebescheid vom 04.12.2012 teilweise ab und stellte seit 25.06.2012 einen Grad der Behinderung von 30 aufgrund einer Depression fest (Bl. 20 bis 24 der Verwaltungsakte).
Das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2013 als unbegründet zurück. Ein GdB von 50 für eine seelische Erkrankung komme z.B. dann in Betracht, wenn schwere Zwangssymptome beschrieben seien, was bei der Klägerin nicht der Fall sei. Die Depression der Klägerin sei mit einem GdB von 30 unter Berücksichtigung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze angemessen bewertet (Bl. 27 und 28 der Verwaltungsakte).
Dagegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Telefax vom 19.02.2013 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Zur Begründung der Klage trug er unter Vorlage der Widerspruchsbegründung von Dr. K. vom 26.09.2012 vor, die Klägerin leide an einer schweren Depression, wobei es sich um eine schwere affektive Psychose handele. Eine Besserung sei nicht in Sicht. Die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin seien so schwerwiegend, dass in jedem Fall ein GdB von 50 vorliege.
Mit Beschluss vom 11.04.2013 bewilligte das SG der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beschränkt auf einen Selbstbehalt von 100,00 EUR (Bl. 29 der SG-Akte).
Das SG befragte Dr. K. und Dr. Z. als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 30/31 und 34/36 der SG-Akte verwiesen.
Dr. Z. teilte dem SG unter dem 22.04.2013 mit, sie behandele die Klägerin seit 1992 hausärztlich. Bei der Klägerin bestehe eine phasenhaft auftretende mittelschwere depressive Episode, welche sich erstmals im Jahre 2003 nach einem Abort geäußert habe. Seit Oktober 2009 bestehe eine dauerhafte Problematik infolge des Unfalltodes ihres damals 18-jährigen Sohnes. Die Klägerin leide noch heute stark unter diesem Ereignis und klage über diverse psychosomatische Symptome wie Schlaflosigkeit, Adynamie, Antriebslosigkeit, rezidivierende obere Atemwegsinfekte oder Lumbalgien. Weiter leide die Klägerin unter einer leichten Antrumgastritis mit Neigung zu rezidivierendem Refluxhusten.
Dr. K. schrieb dem SG am 21.07.2013, er behandele die Klägerin seit dem 05.11.2009 ambulant psychiatrisch und psychotherapeutisch. Die Klägerin leide unter einer schweren Depression (ICD 10 F 32.2) und einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10 F 43.1). Die Depression sei sehr schwer und die posttraumatische Belastungsstörung schwer ausgeprägt. Der Gesundheitszustand habe sich seit Juni 2012 nicht verändert.
Weiter holte das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG ein Gutachten bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. ein. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 68/81 der SG-Akte verwiesen. Im Gutachten vom 25.03.2014, erstellt aufgrund einer persönlichen Begutachtung der Klägerin am 19.03.2014, diagnostizierte Dr. M. bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Episode, gegenwärtig schwergradig ohne psychotische Symptome (ICD 10 F 33.2) sowie eine generalisierte Angststörung (ICD 10 F 41.1). Bei der Klägerin liege spätestens seit 2003 nach der missed abortion eine depressive Symptomatik vor, welche sich mit dem Tod eines ihrer Söhne weiter verstärkt habe. Gleichzeitig habe sie eine generalisierte Angststörung entwickelt, wobei sich die Ängste hauptsächlich auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Familienangehörigen konzentrierten. Die Klägerin weise im Verlauf von elf Jahren mindestens zwei depressive Phasen von mehrwöchiger Dauer und schwerer Art auf, welche die Kriterien einer Chronifizierung rechtfertigten, weshalb der GdB insofern mit 50 einzuschätzen sei. Hinsichtlich der generalisierten Angststörung sei der GdB mit 30 festzustellen. Der Gesamt-GdB betrage 60.
Die Klägerin führte parallel ein auf die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung gerichtetes Klageverfahren beim SG (S 10 R 2816/13). Dieses Klageverfahren endete nach Einholung eines Gutachtens von Amts wegen bei der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. mit einem Anerkenntnis der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, welche der Klägerin eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30.11.2016 gewährte. Das SG zog im vorliegenden Verfahren das im Rentenverfahren eingeholte Gutachten von Dr. M. vom 19.03.2014 bei (Bl. 96/104 der SG-Akte).
Mit Urteil vom 22.09.2014 änderte das SG die Bescheide des Landratsamts H. vom 16.08.2012 und vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.01.2013 ab und verurteilte den Beklagten, einen GdB von 40 ab dem 25.06.2012 festzustellen. Im Übrigen wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, für die Beeinträchtigungen der Klägerin auf psychischem Fachgebiet könne ein GdB von 40 berücksichtigt werden. Aufgrund der von Dr. M. geschilderten fehlenden Teilnahme am normalen sozialen Leben, des Versagens in der Alltagsbewältigung und der negativen Auswirkungen auf das familiäre Umfeld der Klägerin erscheine es angemessen, den in Teil B Nr. 3.7 VG für eine stärker behindernde Störung vorgesehenen Rahmen von 30 bis 40 nach oben voll auszuschöpfen. Eine Erhöhung des GdB auf 50 bzw. 60 sei nicht möglich, da die Klägerin eine medikamentöse Behandlung strikt ablehne und eine engmaschige Psychotherapie nicht durchgeführt werde. Im Übrigen sei noch keine stationäre Krankenbehandlung in einer psychosomatischen Klinik erfolgt. Weitere Funktionseinschränkungen, welche mit einem Einzel-GdB von wenigstens 10 bewertet werden könnten, seien nicht ersichtlich.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 23.10.2014 zugestellte Urteil hat dieser mit Telefax vom 27.10.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt, die Klägerin leide an schweren Depressionen, Schmerzen an den Füßen und Gleichgewichtsstörungen. Dr. M. habe im Einzelnen ausführlich dargelegt, weshalb ein Gesamt-GdB von 60 vorliege. Das SG sei dem Gutachten aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht gefolgt.
Der Senat hat aktuelle Befundberichte bei Dr. K. beigezogen. Dr. K. hat unter dem 29.06.2015 mitgeteilt, die Klägerin leide unter einer schweren Depression mit psychotischer Symptomatik (ICD 10 F 32.3). Die Klägerin leide seit dem Unfalltod ihres Sohnes an einer schweren Depression, welche im Wesentlichen unverändert seit Oktober 2009 bestehe. Die Klägerin habe sich seit 2009 mindestens zwei- bis dreimal pro Jahr in seiner Praxis vorgestellt. Sie lehne konsequent eine medikamentöse Behandlung ab. An dieser Einstellung habe auch die Konsultation eines türkischen Arztes in der Türkei nichts ändern können. Eine psychotherapeutische Behandlung sei aufgrund der schlechten Deutschkenntnisse der Klägerin nicht möglich. Der Versuch, eine entsprechende muttersprachliche Therapie in der Türkei zu organisieren, sei gescheitert. Dr. K. sah keine sinnvolle Therapieoption. Die wahnhafte Depression müsse daher als dauerhaft angesehen werden (Bl. 65/66 der Senatsakte).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Ulm vom 22.09.2014 sowie des Bescheids des Landratsamts Heidenheim vom 16.08.2012 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 28.01.2013 zu verurteilen, bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 60 seit 25.06.2012 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Beteiligten sind mit Schreiben des Senats vom 27.07.2015 und wiederholend vom 03.08.2015 und 11.08.2015 auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis spätestens 31.08.2015 Stellung zu nehmen (Bl. 72, 73 R und 74 R der Senatsakte). Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe Anspruch auf rechtliches Gehör und beantrage eine mündliche Verhandlung. Zudem seien die benannten Ärzte zu hören.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vom Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Prozessakten des SG in den Verfahren S 12 SB 532/13 und S 10 R 2816/13 und des Senats verwiesen. II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Das Einverständnis der Beteiligten ist nicht erforderlich. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 27.07.2015 und wiederholend vom 03.08.2015 und 11.08.2015 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis zum 31.08.2015 Stellung zu nehmen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässig, jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Ulm hat den Bescheid des Landratsamts H. - Fachbereich Gesundheit - vom 16.08.2012 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 28.01.2013 zu Recht mit Urteil vom 22.09.2014 abgeändert und festgestellt, dass ab 25.06.2012 ein Grad der Behinderung von 40 vorliegt. Weiter hat das SG die darüber hinausgehende Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412) mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst nach Funktionssystemen (dazu vgl. Teil A Ziff. 2 e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.
Die im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche bestehenden Beeinträchtigungen der Klägerin sind mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten.
Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Teil-GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem Teil-GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Erst schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten rechtfertigen einen Teil-GdB von 50 bis 70, mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen Teil-GdB von 80 bis 100.
Die Klägerin leidet auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer gegenwärtig schwergradigen rezidivierenden depressiven Episode ohne psychotische Symptome (ICD 10-GM-2015 F 33.2) und einer generalisierten Angststörung (ICD 10-GM-2015 F 41.1). Dies entnimmt der Senat dem vom SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. vom 25.03.2014. Auch Dr. M. diagnostiziert in dem im Rentenverfahren eingeholten Gutachten vom 19.03.2014 eine chronifizierte, mindestens mittelgradige depressive Episode (ICD 10-GM-2015 F 32.1). Dr. K. gab gegenüber dem SG in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 21.07.2013 noch eine schwere Depression (ICD 10-GM-2015 F 32.2) an, wohingegen er gegenüber dem Senat unter dem 29.06.2015 eine schwere Depression mit psychotischer Symptomatik (ICD 10-GM-2015 F 32.3) mitteilte. Dabei kann die genaue Diagnose aus Sicht des Senats letztlich offenbleiben, da für die GdB-Bewertung nicht die Diagnosestellung im Einzelnen, sondern die aus der jeweiligen Erkrankung resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgeblich sind. Aus den psychiatrischen Erkrankungen der Klägerin ergeben sich nach Auffassung des Senats Funktionsbehinderungen, welche eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit darstellen, die einen Teil-GdB von 40 rechtfertigen. Eine schwere Störung wie beispielsweise eine schwere Zwangskrankheit mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, welche eine Erhöhung des Teil-GdB für die psychiatrischen Erkrankungen rechtfertigen könnte, ist hingegen nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.
Bei der Untersuchung durch Dr. M. am 19.03.2014 wirkte die Klägerin die meiste Zeit über traurig und unglücklich. Sie berichtete über andauernde oder unveränderliche Traurigkeit, Mutlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Es war eine mäßige innere Anspannung spürbar. Die Klägerin berichtete auch über Konzentrationsschwierigkeiten und Schwierigkeiten, aktiv zu werden sowie Selbstvorwürfe und -anklagen. Es ergab sich aber kein Hinweis auf psychotische Symptome. Deutlich wurden überwertige Ängste bezüglich des Wohlergehens der Familienangehörigen. Es ergab sich keine Ich-Störung, kein Hinweis auf einen Zwang und Größenideen. Jedoch ergaben sich deutliche Einschränkungen hinsichtlich der kognitiven Funktionen wie Aufmerksamkeit, Umstellungsfähigkeit, Konzentration, Merkfähigkeit und Konfliktlösungskompetenz. Dr. M. führt für den Senat nachvollziehbar aus, dass bei der Klägerin spätestens seit 2003 nach der missed abortion eine depressive Symptomatik vorliegt, welche sich mit dem Tod eines ihrer Söhne im Jahr 2009 verstärkt habe. Gleichzeitig hat die Klägerin eine generalisierte Angststörung entwickelt, wobei sich die Ängste hauptsächlich auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Familienangehörigen konzentrieren. Dr. M. ordnet die depressive Symptomatik nachvollziehbar zwischen mittelschwer und schwer bis sehr schwer ein und die generalisierte Angststörung als mittelschwer. Die Klägerin hat sich im Zeitverlauf zum "Zentrum des Leidens" entwickelt, was dazu geführt hat, dass sie die anderen Familienmitglieder durch ihre offen gelebte Trauer in deren psychischer Verfassung erheblich negativ beeinflusst. Die Klägerin wird durch die übrigen Familienmitglieder geschont. So muss die Tochter der Klägerin (im Jahr 2014 15 Jahre alt) Teile der Mutterrolle übernehmen. Weiter führt Dr. M. schlüssig aus, dass sich hinter der gelebten Trauer durchaus ein nicht unerheblicher Krankheitsgewinn verbirgt. Jedoch schließt Dr. M. Aggravation und Simulation eher aus, da die Klägerin offensichtlich nicht in der Lage ist, die Bedeutung des laufenden Verfahrens sowie eines Grades der Behinderung zu erfassen. Die Klägerin zeigte keinerlei Teilhabe am normalen sozialen Leben, zog sich zurück und gab sich ihrem Leiden hin. So hat sie selbst nur ein geringes psychosoziales Umfeld und versagt in der Alltagsbewältigung. Bei der Untersuchung durch Dr. M. am 05.03.2014 ergab sich ebenfalls eine mindestens mittelgradig depressive Stimmungslage. Die Klägerin war vom Denken her eingeengt auf die Thematik des Unfalltodes ihres Sohnes. Dabei wurden Schuldgefühle deutlich. Die affektive Resonanz war aufgehoben. Der Kontakt und die Kommunikation waren erheblich gestört. Die Klägerin wirkte schwung- und freudlos. Sie schilderte Antriebsstörungen mit Kompetenzstörungen im Alltag. Das Konzentrationsvermögen war reduziert und die Klägerin war situativ nicht ausreichend orientiert. Die Klägerin schilderte Verlustängste und einen sozialen Rückzug, welcher bereits Jahre vorbestand. Sie wirkte abgeschlagen und müde und schilderte Durchschlafstörungen sowie somatische Beschwerden (überwiegend Schmerzen). Gegenüber Dr. M. schilderte die Klägerin ihren Tagesablauf wie folgt: Sie stehe um ca. 03.00 Uhr auf, mache um 07.00 Uhr die Kinder zur Schule fertig und lege sich anschließend wieder hin. Um 14.00 Uhr gebe es Mittagessen. Danach lege sie sich wieder hin und schaue ca. um 18.00 Uhr fernsehen. Um 20.00 Uhr gehe sie schlafen. Die Hausarbeit könne sie nicht erledigen und den Kindern kein Essen machen. Sie koche jedoch ab und zu Spaghetti oder Hühnchen, abends manchmal eine warme Suppe. Zweimal in der Woche stecke sie die Wäsche in die Waschmaschine, welche dann von der Tochter aufgehängt werde. Sie könne nicht bügeln und "liege viel rum". Gegenüber Dr. M. schilderte die Klägerin ihren Tagesablauf ähnlich: Sie stehe gegen 03.00 oder 05.00 Uhr morgens auf, sei tagsüber erschöpft und müde. Sie mache hin und wieder das Vesper für die Kinder. Hier schilderte sie abweichend zur Tagesablaufsschilderung bei Dr. M., dass sie zu Mittag einfache Gerichte koche. Wie sie ihren Mittag verbringe, wisse sie nicht. Sie gehe gegen 22.30 Uhr ins Bett. Der von Dr. K. gegenüber dem Senat unter dem 29.06.2015 mitgeteilte psychopathologische Befund ergab eine verzweifelte und extrem niedergestimmte, asthenische, kognitiv und psychomotorisch deutlich verlangsamte Klägerin. Die affektive Schwingungsfähigkeit war weitgehend aufgehoben. Jedoch war die Klägerin wach und zu allen Qualitäten orientiert. Die Aufmerksamkeit und die Konzentration waren deutlich gemindert, die Mnestik soweit beurteilbar ungestört, das formale Denken war geordnet, aber verlangsamt bis gesperrt und verarmt. Es bestanden ein Grübelzwang und ein Gedankenkreisen, inhaltlich fanden sich überwertige bis wahnhafte Insuffizienz- und Schuldgefühle. Es bestanden aber keine Ichstörungen und keine Wahrnehmungsstörungen. Der Antrieb und die Psychomotorik waren stark reduziert, die Stimmung extrem depressiv, verzweifelt, hoffnungslos und asthenisch. Die Klägerin äußerte lebensmüde Gedanken, jedoch ohne Handlungsdruck und ohne akute Suizidalität.
Die von den Gutachtern und dem behandelnden Arzt geschilderten psychiatrischen Beeinträchtigungen der Klägerin rechtfertigen nach Auffassung des Senats wie bereits vom SG zu Recht ausgeführt die Ausschöpfung des für stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit gemäß Teil. B Nr. 3.7 VG vorgesehenen GdB-Rahmens von 30 bis 40 nach oben und damit die Festsetzung eines Teil-GdB von 40 für die psychiatrischen Erkrankungen der Klägerin.
Eine darüber hinausgehende Erhöhung des Teil-GdB für die psychiatrischen Erkrankungen, was gemäß Teil B Nr. 3.7 VG bereits schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten entspricht, ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht gerechtfertigt. Den abweichenden Einschätzungen von Dr. M. und Dr. K. vermochte sich der Senat nicht anzuschließen. Hier ist zunächst zu bedenken, dass sich die Klägerin zumindest nicht in engmaschiger psychotherapeutischer Behandlung befindet. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 22.09.2014 geht sie zwar bei Dr. K. zur Psychotherapie. Jedoch finden die Termine lediglich etwa einmal im Monat oder auch nur alle sechs Wochen statt. Dr. K. hat gegenüber dem SG unter dem 21.07.2013 berichtet, er behandele die Klägerin seit dem 05.11.2009 ambulant psychiatrisch und psychotherapeutisch. Gegenüber dem Senat hat Dr. K. unter dem 29.06.2015 mitgeteilt, die Klägerin habe sich seit 2009 "mindestens zwei- bis dreimal pro Jahr" in seiner Praxis vorgestellt. Weiter hat Dr. K. mitgeteilt, dass eine psychotherapeutische Behandlung aufgrund der schlechten Deutschkenntnisse der Klägerin nicht möglich sei, was im Widerspruch zu seiner eigenen Angabe steht, er behandele die Klägerin psychotherapeutisch. Der Versuch, eine entsprechende muttersprachliche Therapie in der Türkei zu organisieren, sei gescheitert. Weiter lehnt die Klägerin nach Angaben von Dr. K. konsequent eine medikamentöse Behandlung ab. An dieser Einstellung habe auch die Konsultation eines türkischen Arztes in der Türkei nichts ändern können. Als Grund für die Ablehnung einer antidepressiven Medikation hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem SG angegeben, dass sie die Medikamente nicht vertrage. Ferner befand sich die Klägerin wegen ihrer psychiatrischen Probleme bislang nicht in einer stationären Behandlung. Der Senat geht aufgrund einer fehlenden engmaschigen psychotherapeutischen Behandlung, der fehlenden antidepressiven Medikation und der bislang noch nicht erfolgten stationären Therapie davon aus, dass die psychiatrischen Leiden der Klägerin keinen derartigen Schweregrad erreichen, dass von einer schweren Störung im Sinne von Teil B Nr. 3.7 VG ausgegangen werden kann, welche mit einem GdB von 50 oder mehr bewertet werden könnte. Auch die von der Klägerin vorgebrachte Sprachbarriere begründet die fehlende engmaschige psychotherapeutische Behandlung, die bei einer schweren psychischen Störung eigentlich zu erwarten wäre, nicht. Dem Senat erschließt sich insofern nicht, weshalb die Klägerin sich nicht bei einem muttersprachlichen Therapeuten in Behandlung begibt. Dies spricht nach Auffassung des Senats gegen einen so starken Leidensdruck, der einen höheren Teil-GdB als 40 wegen der psychiatrischen Erkrankungen rechtfertigen könnte (in diesem Sinne vgl. die Rechtsprechung des Senats; Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 -; juris Rn. 31). Der Senat konnte sich daher den Einschätzungen von Dr. M. und Dr. K. nicht anschließen, da diese eine Orientierung an den VG vermissen lassen. Nach alledem ist ein Teil-GdB von 40 für die psychiatrischen Leiden der Klägerin wie vom SG zu Recht dargelegt angemessen und leidensgerecht.
Weitere Funktionseinschränkungen, welche zur Erhöhung des Gesamt-GdB führen könnten, sind nicht ersichtlich.
Im Funktionssystem der Verdauung ergibt sich bei der Klägerin allenfalls ein Einzel-GdB von 10. Die Klägerin leidet ausweislich der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Z. gegenüber dem SG am 22.04.2013 unter einer Antrumgastritis mit Neigung zu rezidivierendem Refluxhusten. Nach Teil B Nr. 10.2.1. VG rechtfertigt eine chronische Gastritis (histologisch gesicherte Veränderung der Magenschleimhaut) einen Teil-GdB von 0 bis 10. Weitere dauerhafte Beeinträchtigungen außer dem rezidivierenden Refluxhusten, welche durch die Antrumgastritis verursacht werden, werden von Dr. Z. nicht mitgeteilt und sind auch sonst nicht dokumentiert. Diesbezüglich kann allenfalls ein Teil-GdB von 10 vergeben werden.
Die mit der Berufungsbegründung geltend gemachten Schmerzen in den Füßen und Gleichgewichtsstörungen rechtfertigen keinen Einzel-GdB. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Fußschmerzen und Gleichgewichtsstörungen sind keinerlei medizinische Befunde dokumentiert. Insbesondere ist seit der Beantragung der Feststellung des GdB am 25.06.2012 keinerlei orthopädische Behandlung der Klägerin dokumentiert. Die Klägerin hat weder in ihrem Antrag gegenüber dem Landratsamt Heidenheim, noch gegenüber dem SG eine. Z. gegenüber dem Beklagten findet sich der Hinweis, dass die Klägerin im Juli 2003 in der Orthopädischen Praxis Dr. K. in Günzburg wegen eines lumbalen Pseudoradikulärsyndroms rechts vorstellig geworden ist. Unter der empfohlenen Krankengymnastik ist es zu einer weitgehenden Befundbesserung gekommen, sodass eine kernspintomographische Untersuchung nicht mehr erforderlich gewesen ist. Diesbezüglich sind in den letzten fünf bis sieben Jahren keine weiteren Kontakte in der Praxis Dres. Z. erforderlich gewesen. Auch im parallel geführten Rentenverfahren vor dem SG (S 10 R 2816/13) gab die Klägerin keinen behandelnden Orthopäden an. Hinsichtlich der geltend gemachten Gleichgewichtsstörungen findet sich lediglich der Hinweis, dass bei der Klägerin im Rahmen niedriger gemessener Blutdruckwerte von einer Neigung zu rezidivierenden orthostatischen Dysregulationen auszugehen sei. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen sind hingegen nicht dokumentiert, sodass weder für die mit der Berufungsbegründung geltend gemachten Fußschmerzen, noch für die Gleichgewichtsstörungen ein weiterer Teil-GdB vergeben werden kann.
Zusammenfassend ist für das Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche ein Einzel-GdB von 40 und für das Funktionssystem der Verdauung ein Einzel-GdB von 10 anzunehmen.
Weitere bisher nicht berücksichtigte GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen, welche einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, konnte der Senat nicht feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt, die vorhandenen Arztauskünfte und ärztlichen Unterlagen bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die allein vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Den von der Klägerin benannte Arzt Dr. K. hat der Senat gehört; sonstige Ärzte sind im Berufungsverfahren nicht für die Erlangung weiterer Erkenntnisse benannt worden.
Zur Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen mit 40, gebildet aus Teilwerten von
- 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Gehirns einschließlich der Psyche und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der Verdauung,
wobei Einzel-GdB-Werte von 10 regelmäßig nicht erhöhend wirken zu bemessen.
Nach alledem ist ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht gerechtfertigt, sodass die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 60 anstelle von 40.
Die 1966 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige und Inhaberin einer unbefristeten Aufenthaltsberechtigung. Sie beantragte am 25.06.2012 beim Landratsamt H. erstmals die Feststellung eines GdB. Zur Begründung machte sie eine psychische Störung, Depressionen, Schmerzen an den Füßen sowie zeitweise Gleichgewichtsstörungen geltend (Bl. 2 der Verwaltungsakte).
Der Beklagte holte einen Befundbericht der Allgemein- und Hausärzte der Klägerin Dres. Zengerling sowie eine versorgungsmedizinische Stellungnahme bei Dr. Z. ein. Dr. Z. bewertete unter dem 13.08.2012 eine depressive Verstimmung mit einem Teil-GdB von 10 und führte aus, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bewirke keine Funktionsbeeinträchtigung. Die Gleichgewichtsstörungen sowie Schmerzen an den Füßen seien nicht nachgewiesen (Bl. 7 bis 9 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 16.08.2012 lehnte das Landratsamt H. - Fachbereich Gesundheit - den Antrag der Klägerin auf Feststellung des GdB ab (Bl. 11 der Verwaltungsakte).
Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 06.09.2012 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrug, sie sei psychisch erkrankt. Diese Erkrankung führe weitere Erkrankungen mit sich, welche sie nicht aufzählen wolle. Sie sei bald seit drei Jahren erkrankt und eine Besserung sei nicht abzusehen (Bl. 12 der Verwaltungsakte).
Der Beklagte forderte bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. unter dem 19.09.2012 einen Befundschein an. Dr. K. schrieb dem Beklagten am 26.09.2012, er begründe den von der Klägerin eingelegten Widerspruch wie folgt: Bei der Klägerin bestehe keine depressive Verstimmung, sondern eine schwere Depression (ICD 10 F 32.2) ohne phasenhaften Verlauf, welche sich erstmals infolge des Unfalltodes des Sohnes manifestiert habe. Dieses Ereignis wirke als psychischer Belastungsfaktor weiter fort. Unter Berücksichtigung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze handele es sich um eine schwere affektive Psychose, welche einen GdB von 50 bis 70 bedinge. Dr. K. bat den Beklagten, den angefochtenen Bescheid vom 16.08.2012 entsprechend abzuändern (Bl. 15 und 16 der Verwaltungsakte).
Nach Eingang des Befundberichts von Dr. K. vom 01.11.2012 und Auswertung durch eine versorgungsmedizinische Stellungnahme von Dr. G.n half das Landratsamt Heidenheim dem Widerspruch der Klägerin mit Teilabhilfebescheid vom 04.12.2012 teilweise ab und stellte seit 25.06.2012 einen Grad der Behinderung von 30 aufgrund einer Depression fest (Bl. 20 bis 24 der Verwaltungsakte).
Das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2013 als unbegründet zurück. Ein GdB von 50 für eine seelische Erkrankung komme z.B. dann in Betracht, wenn schwere Zwangssymptome beschrieben seien, was bei der Klägerin nicht der Fall sei. Die Depression der Klägerin sei mit einem GdB von 30 unter Berücksichtigung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze angemessen bewertet (Bl. 27 und 28 der Verwaltungsakte).
Dagegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Telefax vom 19.02.2013 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Zur Begründung der Klage trug er unter Vorlage der Widerspruchsbegründung von Dr. K. vom 26.09.2012 vor, die Klägerin leide an einer schweren Depression, wobei es sich um eine schwere affektive Psychose handele. Eine Besserung sei nicht in Sicht. Die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin seien so schwerwiegend, dass in jedem Fall ein GdB von 50 vorliege.
Mit Beschluss vom 11.04.2013 bewilligte das SG der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beschränkt auf einen Selbstbehalt von 100,00 EUR (Bl. 29 der SG-Akte).
Das SG befragte Dr. K. und Dr. Z. als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 30/31 und 34/36 der SG-Akte verwiesen.
Dr. Z. teilte dem SG unter dem 22.04.2013 mit, sie behandele die Klägerin seit 1992 hausärztlich. Bei der Klägerin bestehe eine phasenhaft auftretende mittelschwere depressive Episode, welche sich erstmals im Jahre 2003 nach einem Abort geäußert habe. Seit Oktober 2009 bestehe eine dauerhafte Problematik infolge des Unfalltodes ihres damals 18-jährigen Sohnes. Die Klägerin leide noch heute stark unter diesem Ereignis und klage über diverse psychosomatische Symptome wie Schlaflosigkeit, Adynamie, Antriebslosigkeit, rezidivierende obere Atemwegsinfekte oder Lumbalgien. Weiter leide die Klägerin unter einer leichten Antrumgastritis mit Neigung zu rezidivierendem Refluxhusten.
Dr. K. schrieb dem SG am 21.07.2013, er behandele die Klägerin seit dem 05.11.2009 ambulant psychiatrisch und psychotherapeutisch. Die Klägerin leide unter einer schweren Depression (ICD 10 F 32.2) und einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10 F 43.1). Die Depression sei sehr schwer und die posttraumatische Belastungsstörung schwer ausgeprägt. Der Gesundheitszustand habe sich seit Juni 2012 nicht verändert.
Weiter holte das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG ein Gutachten bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. ein. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 68/81 der SG-Akte verwiesen. Im Gutachten vom 25.03.2014, erstellt aufgrund einer persönlichen Begutachtung der Klägerin am 19.03.2014, diagnostizierte Dr. M. bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Episode, gegenwärtig schwergradig ohne psychotische Symptome (ICD 10 F 33.2) sowie eine generalisierte Angststörung (ICD 10 F 41.1). Bei der Klägerin liege spätestens seit 2003 nach der missed abortion eine depressive Symptomatik vor, welche sich mit dem Tod eines ihrer Söhne weiter verstärkt habe. Gleichzeitig habe sie eine generalisierte Angststörung entwickelt, wobei sich die Ängste hauptsächlich auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Familienangehörigen konzentrierten. Die Klägerin weise im Verlauf von elf Jahren mindestens zwei depressive Phasen von mehrwöchiger Dauer und schwerer Art auf, welche die Kriterien einer Chronifizierung rechtfertigten, weshalb der GdB insofern mit 50 einzuschätzen sei. Hinsichtlich der generalisierten Angststörung sei der GdB mit 30 festzustellen. Der Gesamt-GdB betrage 60.
Die Klägerin führte parallel ein auf die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung gerichtetes Klageverfahren beim SG (S 10 R 2816/13). Dieses Klageverfahren endete nach Einholung eines Gutachtens von Amts wegen bei der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. mit einem Anerkenntnis der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, welche der Klägerin eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30.11.2016 gewährte. Das SG zog im vorliegenden Verfahren das im Rentenverfahren eingeholte Gutachten von Dr. M. vom 19.03.2014 bei (Bl. 96/104 der SG-Akte).
Mit Urteil vom 22.09.2014 änderte das SG die Bescheide des Landratsamts H. vom 16.08.2012 und vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.01.2013 ab und verurteilte den Beklagten, einen GdB von 40 ab dem 25.06.2012 festzustellen. Im Übrigen wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, für die Beeinträchtigungen der Klägerin auf psychischem Fachgebiet könne ein GdB von 40 berücksichtigt werden. Aufgrund der von Dr. M. geschilderten fehlenden Teilnahme am normalen sozialen Leben, des Versagens in der Alltagsbewältigung und der negativen Auswirkungen auf das familiäre Umfeld der Klägerin erscheine es angemessen, den in Teil B Nr. 3.7 VG für eine stärker behindernde Störung vorgesehenen Rahmen von 30 bis 40 nach oben voll auszuschöpfen. Eine Erhöhung des GdB auf 50 bzw. 60 sei nicht möglich, da die Klägerin eine medikamentöse Behandlung strikt ablehne und eine engmaschige Psychotherapie nicht durchgeführt werde. Im Übrigen sei noch keine stationäre Krankenbehandlung in einer psychosomatischen Klinik erfolgt. Weitere Funktionseinschränkungen, welche mit einem Einzel-GdB von wenigstens 10 bewertet werden könnten, seien nicht ersichtlich.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 23.10.2014 zugestellte Urteil hat dieser mit Telefax vom 27.10.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt, die Klägerin leide an schweren Depressionen, Schmerzen an den Füßen und Gleichgewichtsstörungen. Dr. M. habe im Einzelnen ausführlich dargelegt, weshalb ein Gesamt-GdB von 60 vorliege. Das SG sei dem Gutachten aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht gefolgt.
Der Senat hat aktuelle Befundberichte bei Dr. K. beigezogen. Dr. K. hat unter dem 29.06.2015 mitgeteilt, die Klägerin leide unter einer schweren Depression mit psychotischer Symptomatik (ICD 10 F 32.3). Die Klägerin leide seit dem Unfalltod ihres Sohnes an einer schweren Depression, welche im Wesentlichen unverändert seit Oktober 2009 bestehe. Die Klägerin habe sich seit 2009 mindestens zwei- bis dreimal pro Jahr in seiner Praxis vorgestellt. Sie lehne konsequent eine medikamentöse Behandlung ab. An dieser Einstellung habe auch die Konsultation eines türkischen Arztes in der Türkei nichts ändern können. Eine psychotherapeutische Behandlung sei aufgrund der schlechten Deutschkenntnisse der Klägerin nicht möglich. Der Versuch, eine entsprechende muttersprachliche Therapie in der Türkei zu organisieren, sei gescheitert. Dr. K. sah keine sinnvolle Therapieoption. Die wahnhafte Depression müsse daher als dauerhaft angesehen werden (Bl. 65/66 der Senatsakte).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Ulm vom 22.09.2014 sowie des Bescheids des Landratsamts Heidenheim vom 16.08.2012 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 28.01.2013 zu verurteilen, bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 60 seit 25.06.2012 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Beteiligten sind mit Schreiben des Senats vom 27.07.2015 und wiederholend vom 03.08.2015 und 11.08.2015 auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis spätestens 31.08.2015 Stellung zu nehmen (Bl. 72, 73 R und 74 R der Senatsakte). Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe Anspruch auf rechtliches Gehör und beantrage eine mündliche Verhandlung. Zudem seien die benannten Ärzte zu hören.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vom Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Prozessakten des SG in den Verfahren S 12 SB 532/13 und S 10 R 2816/13 und des Senats verwiesen. II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Das Einverständnis der Beteiligten ist nicht erforderlich. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 27.07.2015 und wiederholend vom 03.08.2015 und 11.08.2015 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis zum 31.08.2015 Stellung zu nehmen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässig, jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Ulm hat den Bescheid des Landratsamts H. - Fachbereich Gesundheit - vom 16.08.2012 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 28.01.2013 zu Recht mit Urteil vom 22.09.2014 abgeändert und festgestellt, dass ab 25.06.2012 ein Grad der Behinderung von 40 vorliegt. Weiter hat das SG die darüber hinausgehende Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412) mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst nach Funktionssystemen (dazu vgl. Teil A Ziff. 2 e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.
Die im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche bestehenden Beeinträchtigungen der Klägerin sind mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten.
Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Teil-GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem Teil-GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Erst schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten rechtfertigen einen Teil-GdB von 50 bis 70, mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen Teil-GdB von 80 bis 100.
Die Klägerin leidet auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer gegenwärtig schwergradigen rezidivierenden depressiven Episode ohne psychotische Symptome (ICD 10-GM-2015 F 33.2) und einer generalisierten Angststörung (ICD 10-GM-2015 F 41.1). Dies entnimmt der Senat dem vom SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. vom 25.03.2014. Auch Dr. M. diagnostiziert in dem im Rentenverfahren eingeholten Gutachten vom 19.03.2014 eine chronifizierte, mindestens mittelgradige depressive Episode (ICD 10-GM-2015 F 32.1). Dr. K. gab gegenüber dem SG in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 21.07.2013 noch eine schwere Depression (ICD 10-GM-2015 F 32.2) an, wohingegen er gegenüber dem Senat unter dem 29.06.2015 eine schwere Depression mit psychotischer Symptomatik (ICD 10-GM-2015 F 32.3) mitteilte. Dabei kann die genaue Diagnose aus Sicht des Senats letztlich offenbleiben, da für die GdB-Bewertung nicht die Diagnosestellung im Einzelnen, sondern die aus der jeweiligen Erkrankung resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgeblich sind. Aus den psychiatrischen Erkrankungen der Klägerin ergeben sich nach Auffassung des Senats Funktionsbehinderungen, welche eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit darstellen, die einen Teil-GdB von 40 rechtfertigen. Eine schwere Störung wie beispielsweise eine schwere Zwangskrankheit mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, welche eine Erhöhung des Teil-GdB für die psychiatrischen Erkrankungen rechtfertigen könnte, ist hingegen nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.
Bei der Untersuchung durch Dr. M. am 19.03.2014 wirkte die Klägerin die meiste Zeit über traurig und unglücklich. Sie berichtete über andauernde oder unveränderliche Traurigkeit, Mutlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Es war eine mäßige innere Anspannung spürbar. Die Klägerin berichtete auch über Konzentrationsschwierigkeiten und Schwierigkeiten, aktiv zu werden sowie Selbstvorwürfe und -anklagen. Es ergab sich aber kein Hinweis auf psychotische Symptome. Deutlich wurden überwertige Ängste bezüglich des Wohlergehens der Familienangehörigen. Es ergab sich keine Ich-Störung, kein Hinweis auf einen Zwang und Größenideen. Jedoch ergaben sich deutliche Einschränkungen hinsichtlich der kognitiven Funktionen wie Aufmerksamkeit, Umstellungsfähigkeit, Konzentration, Merkfähigkeit und Konfliktlösungskompetenz. Dr. M. führt für den Senat nachvollziehbar aus, dass bei der Klägerin spätestens seit 2003 nach der missed abortion eine depressive Symptomatik vorliegt, welche sich mit dem Tod eines ihrer Söhne im Jahr 2009 verstärkt habe. Gleichzeitig hat die Klägerin eine generalisierte Angststörung entwickelt, wobei sich die Ängste hauptsächlich auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Familienangehörigen konzentrieren. Dr. M. ordnet die depressive Symptomatik nachvollziehbar zwischen mittelschwer und schwer bis sehr schwer ein und die generalisierte Angststörung als mittelschwer. Die Klägerin hat sich im Zeitverlauf zum "Zentrum des Leidens" entwickelt, was dazu geführt hat, dass sie die anderen Familienmitglieder durch ihre offen gelebte Trauer in deren psychischer Verfassung erheblich negativ beeinflusst. Die Klägerin wird durch die übrigen Familienmitglieder geschont. So muss die Tochter der Klägerin (im Jahr 2014 15 Jahre alt) Teile der Mutterrolle übernehmen. Weiter führt Dr. M. schlüssig aus, dass sich hinter der gelebten Trauer durchaus ein nicht unerheblicher Krankheitsgewinn verbirgt. Jedoch schließt Dr. M. Aggravation und Simulation eher aus, da die Klägerin offensichtlich nicht in der Lage ist, die Bedeutung des laufenden Verfahrens sowie eines Grades der Behinderung zu erfassen. Die Klägerin zeigte keinerlei Teilhabe am normalen sozialen Leben, zog sich zurück und gab sich ihrem Leiden hin. So hat sie selbst nur ein geringes psychosoziales Umfeld und versagt in der Alltagsbewältigung. Bei der Untersuchung durch Dr. M. am 05.03.2014 ergab sich ebenfalls eine mindestens mittelgradig depressive Stimmungslage. Die Klägerin war vom Denken her eingeengt auf die Thematik des Unfalltodes ihres Sohnes. Dabei wurden Schuldgefühle deutlich. Die affektive Resonanz war aufgehoben. Der Kontakt und die Kommunikation waren erheblich gestört. Die Klägerin wirkte schwung- und freudlos. Sie schilderte Antriebsstörungen mit Kompetenzstörungen im Alltag. Das Konzentrationsvermögen war reduziert und die Klägerin war situativ nicht ausreichend orientiert. Die Klägerin schilderte Verlustängste und einen sozialen Rückzug, welcher bereits Jahre vorbestand. Sie wirkte abgeschlagen und müde und schilderte Durchschlafstörungen sowie somatische Beschwerden (überwiegend Schmerzen). Gegenüber Dr. M. schilderte die Klägerin ihren Tagesablauf wie folgt: Sie stehe um ca. 03.00 Uhr auf, mache um 07.00 Uhr die Kinder zur Schule fertig und lege sich anschließend wieder hin. Um 14.00 Uhr gebe es Mittagessen. Danach lege sie sich wieder hin und schaue ca. um 18.00 Uhr fernsehen. Um 20.00 Uhr gehe sie schlafen. Die Hausarbeit könne sie nicht erledigen und den Kindern kein Essen machen. Sie koche jedoch ab und zu Spaghetti oder Hühnchen, abends manchmal eine warme Suppe. Zweimal in der Woche stecke sie die Wäsche in die Waschmaschine, welche dann von der Tochter aufgehängt werde. Sie könne nicht bügeln und "liege viel rum". Gegenüber Dr. M. schilderte die Klägerin ihren Tagesablauf ähnlich: Sie stehe gegen 03.00 oder 05.00 Uhr morgens auf, sei tagsüber erschöpft und müde. Sie mache hin und wieder das Vesper für die Kinder. Hier schilderte sie abweichend zur Tagesablaufsschilderung bei Dr. M., dass sie zu Mittag einfache Gerichte koche. Wie sie ihren Mittag verbringe, wisse sie nicht. Sie gehe gegen 22.30 Uhr ins Bett. Der von Dr. K. gegenüber dem Senat unter dem 29.06.2015 mitgeteilte psychopathologische Befund ergab eine verzweifelte und extrem niedergestimmte, asthenische, kognitiv und psychomotorisch deutlich verlangsamte Klägerin. Die affektive Schwingungsfähigkeit war weitgehend aufgehoben. Jedoch war die Klägerin wach und zu allen Qualitäten orientiert. Die Aufmerksamkeit und die Konzentration waren deutlich gemindert, die Mnestik soweit beurteilbar ungestört, das formale Denken war geordnet, aber verlangsamt bis gesperrt und verarmt. Es bestanden ein Grübelzwang und ein Gedankenkreisen, inhaltlich fanden sich überwertige bis wahnhafte Insuffizienz- und Schuldgefühle. Es bestanden aber keine Ichstörungen und keine Wahrnehmungsstörungen. Der Antrieb und die Psychomotorik waren stark reduziert, die Stimmung extrem depressiv, verzweifelt, hoffnungslos und asthenisch. Die Klägerin äußerte lebensmüde Gedanken, jedoch ohne Handlungsdruck und ohne akute Suizidalität.
Die von den Gutachtern und dem behandelnden Arzt geschilderten psychiatrischen Beeinträchtigungen der Klägerin rechtfertigen nach Auffassung des Senats wie bereits vom SG zu Recht ausgeführt die Ausschöpfung des für stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit gemäß Teil. B Nr. 3.7 VG vorgesehenen GdB-Rahmens von 30 bis 40 nach oben und damit die Festsetzung eines Teil-GdB von 40 für die psychiatrischen Erkrankungen der Klägerin.
Eine darüber hinausgehende Erhöhung des Teil-GdB für die psychiatrischen Erkrankungen, was gemäß Teil B Nr. 3.7 VG bereits schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten entspricht, ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht gerechtfertigt. Den abweichenden Einschätzungen von Dr. M. und Dr. K. vermochte sich der Senat nicht anzuschließen. Hier ist zunächst zu bedenken, dass sich die Klägerin zumindest nicht in engmaschiger psychotherapeutischer Behandlung befindet. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 22.09.2014 geht sie zwar bei Dr. K. zur Psychotherapie. Jedoch finden die Termine lediglich etwa einmal im Monat oder auch nur alle sechs Wochen statt. Dr. K. hat gegenüber dem SG unter dem 21.07.2013 berichtet, er behandele die Klägerin seit dem 05.11.2009 ambulant psychiatrisch und psychotherapeutisch. Gegenüber dem Senat hat Dr. K. unter dem 29.06.2015 mitgeteilt, die Klägerin habe sich seit 2009 "mindestens zwei- bis dreimal pro Jahr" in seiner Praxis vorgestellt. Weiter hat Dr. K. mitgeteilt, dass eine psychotherapeutische Behandlung aufgrund der schlechten Deutschkenntnisse der Klägerin nicht möglich sei, was im Widerspruch zu seiner eigenen Angabe steht, er behandele die Klägerin psychotherapeutisch. Der Versuch, eine entsprechende muttersprachliche Therapie in der Türkei zu organisieren, sei gescheitert. Weiter lehnt die Klägerin nach Angaben von Dr. K. konsequent eine medikamentöse Behandlung ab. An dieser Einstellung habe auch die Konsultation eines türkischen Arztes in der Türkei nichts ändern können. Als Grund für die Ablehnung einer antidepressiven Medikation hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem SG angegeben, dass sie die Medikamente nicht vertrage. Ferner befand sich die Klägerin wegen ihrer psychiatrischen Probleme bislang nicht in einer stationären Behandlung. Der Senat geht aufgrund einer fehlenden engmaschigen psychotherapeutischen Behandlung, der fehlenden antidepressiven Medikation und der bislang noch nicht erfolgten stationären Therapie davon aus, dass die psychiatrischen Leiden der Klägerin keinen derartigen Schweregrad erreichen, dass von einer schweren Störung im Sinne von Teil B Nr. 3.7 VG ausgegangen werden kann, welche mit einem GdB von 50 oder mehr bewertet werden könnte. Auch die von der Klägerin vorgebrachte Sprachbarriere begründet die fehlende engmaschige psychotherapeutische Behandlung, die bei einer schweren psychischen Störung eigentlich zu erwarten wäre, nicht. Dem Senat erschließt sich insofern nicht, weshalb die Klägerin sich nicht bei einem muttersprachlichen Therapeuten in Behandlung begibt. Dies spricht nach Auffassung des Senats gegen einen so starken Leidensdruck, der einen höheren Teil-GdB als 40 wegen der psychiatrischen Erkrankungen rechtfertigen könnte (in diesem Sinne vgl. die Rechtsprechung des Senats; Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 -; juris Rn. 31). Der Senat konnte sich daher den Einschätzungen von Dr. M. und Dr. K. nicht anschließen, da diese eine Orientierung an den VG vermissen lassen. Nach alledem ist ein Teil-GdB von 40 für die psychiatrischen Leiden der Klägerin wie vom SG zu Recht dargelegt angemessen und leidensgerecht.
Weitere Funktionseinschränkungen, welche zur Erhöhung des Gesamt-GdB führen könnten, sind nicht ersichtlich.
Im Funktionssystem der Verdauung ergibt sich bei der Klägerin allenfalls ein Einzel-GdB von 10. Die Klägerin leidet ausweislich der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Z. gegenüber dem SG am 22.04.2013 unter einer Antrumgastritis mit Neigung zu rezidivierendem Refluxhusten. Nach Teil B Nr. 10.2.1. VG rechtfertigt eine chronische Gastritis (histologisch gesicherte Veränderung der Magenschleimhaut) einen Teil-GdB von 0 bis 10. Weitere dauerhafte Beeinträchtigungen außer dem rezidivierenden Refluxhusten, welche durch die Antrumgastritis verursacht werden, werden von Dr. Z. nicht mitgeteilt und sind auch sonst nicht dokumentiert. Diesbezüglich kann allenfalls ein Teil-GdB von 10 vergeben werden.
Die mit der Berufungsbegründung geltend gemachten Schmerzen in den Füßen und Gleichgewichtsstörungen rechtfertigen keinen Einzel-GdB. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Fußschmerzen und Gleichgewichtsstörungen sind keinerlei medizinische Befunde dokumentiert. Insbesondere ist seit der Beantragung der Feststellung des GdB am 25.06.2012 keinerlei orthopädische Behandlung der Klägerin dokumentiert. Die Klägerin hat weder in ihrem Antrag gegenüber dem Landratsamt Heidenheim, noch gegenüber dem SG eine. Z. gegenüber dem Beklagten findet sich der Hinweis, dass die Klägerin im Juli 2003 in der Orthopädischen Praxis Dr. K. in Günzburg wegen eines lumbalen Pseudoradikulärsyndroms rechts vorstellig geworden ist. Unter der empfohlenen Krankengymnastik ist es zu einer weitgehenden Befundbesserung gekommen, sodass eine kernspintomographische Untersuchung nicht mehr erforderlich gewesen ist. Diesbezüglich sind in den letzten fünf bis sieben Jahren keine weiteren Kontakte in der Praxis Dres. Z. erforderlich gewesen. Auch im parallel geführten Rentenverfahren vor dem SG (S 10 R 2816/13) gab die Klägerin keinen behandelnden Orthopäden an. Hinsichtlich der geltend gemachten Gleichgewichtsstörungen findet sich lediglich der Hinweis, dass bei der Klägerin im Rahmen niedriger gemessener Blutdruckwerte von einer Neigung zu rezidivierenden orthostatischen Dysregulationen auszugehen sei. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen sind hingegen nicht dokumentiert, sodass weder für die mit der Berufungsbegründung geltend gemachten Fußschmerzen, noch für die Gleichgewichtsstörungen ein weiterer Teil-GdB vergeben werden kann.
Zusammenfassend ist für das Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche ein Einzel-GdB von 40 und für das Funktionssystem der Verdauung ein Einzel-GdB von 10 anzunehmen.
Weitere bisher nicht berücksichtigte GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen, welche einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, konnte der Senat nicht feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt, die vorhandenen Arztauskünfte und ärztlichen Unterlagen bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die allein vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Den von der Klägerin benannte Arzt Dr. K. hat der Senat gehört; sonstige Ärzte sind im Berufungsverfahren nicht für die Erlangung weiterer Erkenntnisse benannt worden.
Zur Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen mit 40, gebildet aus Teilwerten von
- 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Gehirns einschließlich der Psyche und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der Verdauung,
wobei Einzel-GdB-Werte von 10 regelmäßig nicht erhöhend wirken zu bemessen.
Nach alledem ist ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht gerechtfertigt, sodass die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved