Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 1003/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3293/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei dem 1969 geborenen Kläger stellte das Landratsamt R.-M.-Kreis (LRA) - auf der Grundlage insbesondere der Berichte des Neurologen/Psychiaters Dr. S. vom 31.07.2009 und 18.09.2009 - wegen einer Depression, eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms und seelischen Störungen den GdB mit 30 fest (Bescheid vom 03.12.2009). Ein vom Kläger hiergegen eingelegter Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.02.2010). Der Kläger bezog bis 30.11.2013 befristete Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit ab 01.07.2011 (Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 21.10.2011).
Am 21.06.2013 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB. Er machte eine Zwangserkrankung, eine Depression, eine Neurose, ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, eine seelische Störung sowie eine Lebererkrankung geltend. Das LRA holte die Befundberichte des Dr. S. vom 03.06.2013 (Diagnosen: Neurose mit Selbstwertstörung und Rückzugsneigung, Zwangssymptome mit Kontrollzwängen, larvierte Depression, Hypogeusie, Somatisierungsstörung mit Fatiguesyndrom), der den GdB auf 50 einschätzte, sowie von Dr. Ehrich-Kahl vom 31.07.2013 ein. Weiter nahm das LRA medizinische Befundunterlagen zu den Akten (insbesondere Berichte MZV Laborzentrum Ettlingen vom 02.01.2013 und 12.07.2013; Bericht Dr. von E.vom 22.01.2013, Diagnose: Fettleber; Bericht Universitätsklinikum Tübingen vom 08.02.2013; Bericht des Internisten Dr. S. vom 01.05.2013). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes schlug Dr. W. wegen einer Depression, psychovegetativem Erschöpfungssyndrom und seelische Störung (GdB 30) und Bluthochdruck (GdB 10) den GdB weiterhin mit 30 vor.
Mit Bescheid vom 14.10.2013 entsprach das LRA dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 12.11.2013 Widerspruch ein. Er machte geltend, erhebliche Funktionsbeeinträchtigungen wie eine Zwangserkrankung und Neurose seien unberücksichtigt geblieben und unangemessen bewertet. Des Weiteren sei eine Verschlechterung seiner bisherigen Gesundheitsstörungen nicht berücksichtigt worden. Nach Einholung der weiteren gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes, Dr. S., vom 22.11.2013, der den GdB weiterhin mit 30 vorschlug, wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 05.02.2014 zurückgewiesen. Eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des bisherigen Gesamt-GdB von 30 rechtfertigen könne, sei nicht festzustellen.
Hiergegen erhob der Kläger am 17.02.2014 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er machte geltend, die Einstufung des GdB sei zu niedrig. Sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Ein GdB von wenigstens 50 sei angemessen. Der Kläger legte das Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit W. vom 24.01.2014, eine Stellungnahme des Dr. S. vom 15.01.2014, Befundberichte des Dr. S. vom 26.01.2013 und 25.01.2011 an die Deutsche Rentenversicherung sowie weitere medizinische Unterlagen vor, auf die er sich zur Begründung seiner Klage berief.
Das SG hörte den Nervenarzt Dr. S. - unter Übersendung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S. vom 22.11.2013 (Blatt 75 Verwaltungsakte) - schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dr. S. teilte in seiner Stellungnahme vom 04.04.2014 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die Befunde mit und schätzte den GdB auf 50 ein. Außerdem holte das SG (von Amts wegen) das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. S., dem SG vorgelegt am 20.10.2014, ein. Dr. S. diagnostizierte eine Dysthymie, eine geringfügige generalisierte Angststörung sowie eine leicht ausgeprägte Zwangsstörung. Die einzelnen Behinderungen überlagerten sich zu einem erheblichen Teil, sodass eine Aufgliederung hinsichtlich des durch die einzelnen Diagnosen bedingten GdB nicht möglich sei. Dr. S. schätzte den GdB auf 30 und unter Berücksichtigung fachfremder Gesundheitsstörungen den Gesamt-GdB auf 30 ein.
Der Kläger hielt an seiner Klage fest (Schriftsatz vom 21.11.2014).
In der nichtöffentlichen Sitzung des SG am 28.05.2015 wurde der Kläger angehört. Hierzu wird auf die Niederschrift des SG vom 28.05.2015 Bezug genommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2015 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers rechtfertigten keinen höheren GdB als 30.
Gegen den dem Kläger am 07.07.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 04.08.2015 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, er stelle die Neutralität des Gutachters Dr. S. in Frage, der ihn zuvor für die Deutsche Rentenversicherung begutachtet habe. Es überrasche nicht, dass ein und derselbe Gutachter zu einem ganz ähnlichen Ergebnis komme, um glaubwürdig bleiben zu wollen. Er stelle den ermittelten durchschnittlichen GdB von 30 in Frage. Die Begutachtung habe in einer nicht akuten Phase stattgefunden. Zudem handele es sich bei einer Begutachtung immer nur um eine Momentaufnahme, die das gesamte Ausmaß der Erkrankung nicht erfassen könne. Es sei von einer Überlagerung einer ausgeprägten Dysthymie und einer Major Depression auszugehen (Double Depression). Von einer niederfrequenten Behandlung zu sprechen sei falsch. Sein Gesundheitszustand habe sich, insgesamt betrachtet, verschlechtert. Die Zwangserkrankung, eine ausgeprägte Neurose, ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom sowie die Depression schränkten ihn in der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sowie in der Alltagsbewältigung stark ein. Der Kläger hat die fachärztliche Bescheinigung (zur Vorlage beim LRA) des Dr. H. vom 15.12.2015 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Grad der Behinderung mit mindestens 50 seit dem 21. Juni 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ein Anhalt für eine unsachgemäße Bewertung durch den Gerichtsgutachter Dr. S. bestehe nicht. Das Vorbringen des Klägers sei nicht geeignet, die fachärztlich begründeten Feststellungen stichhaltig zu widerlegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 14.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Eine wesentliche Änderung ist im Vergleich mit dem im letzten Feststellungsbescheid des Beklagten vom 03.12.2009 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2010) mit einem GdB von 30 berücksichtigten Behinderungszustand des Klägers nicht eingetreten. Ein Anspruch des Klägers auf Neufeststellung des GdB mit mindestens 50 seit dem 21.06.2013 besteht nicht.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Das SG hat weiter zutreffend begründet, dass die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers keinen höheren GdB als 30 rechtfertige. Die psychischen Behinderungen seien mit einem GdB von 30 zu bewerten. Der Kläger selbst gehe nicht von einer wesentlichen Änderung seiner Funktionsbeeinträchtigungen aus. Es könne höchstens eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem GdB von 30 als Obergrenze angenommen werden. Aufgrund des Bluthochdrucks liege ein unstreitiger GdB von 10 vor. Damit sei ein Gesamt-GdB von 30 anzunehmen. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Das SG hat die für die Bewertung psychischer Behinderungen maßgeblichen Bewertungsgrundsätze der VG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Dass beim Kläger schwere Störungen (z.B. eine schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten bestehen, die einen GdB von 50 (bis 70) rechtfertigen, kann nicht festgestellt werden. Nach dem Gutachten des Dr. S. bestehen beim Kläger eine (zurzeit) geringfügige depressive Symptomatik, gelegentlich auftretende Verstimmungszustände, eine geringfügige Angststörung (in erster Linie bezogen auf allgemeine Zukunftsängste und Sorgen, was alles schief gehen könne) sowie eine leicht ausgeprägte Zwangssymptomatik. So hat der Kläger hinsichtlich des Bestehens von Zwangssymptomen angegeben, schon früh in der Schulzeit damit begonnen zu haben, alles zu kontrollieren und zu prüfen, aus Sorge, sonst Fehler zu machen. Neben Kontrollbedürfnissen hat der Kläger über Zählzwänge berichtet bzw. das Einhalten bestimmter Schemata etwa beim Aufräumen. Weiter ist der Kläger nach seinen Schilderungen durch Sorgen um die Zukunft, Existenzängste oder Überlegungen, warum er keine Partnerin habe, belastet. Das Auftreten von Angstattacken hat der Kläger verneint und Ängste als diffuse Dauerangst beschrieben. Über Panikattacken oder phobische Symptome hat der Kläger nicht berichtet. Nach der Beurteilung des Dr. S. ist beim Kläger insgesamt von einer in erster Linie auf Kontrollzwänge bezogene Zwangsstörung bzw. von Zwangssymptomen auszugehen, die nach den Angaben des Klägers bei der Untersuchung wie auch nach dem klinischen Eindruck über früher bezeichnete Kontrollzwänge deutlich hinausgehen. Dass beim Kläger schwere psychische Störungen, insbesondere eine schwere Zwangskrankheit, mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten bestehen, kann danach nicht festgestellt werden. Es ist beim Kläger vielmehr vom Vorliegen einer stärker behindernden Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen, die nach den VG Teil B 3.7 einen GdB von 30 bis 40 rechtfertigen. Dem entspricht auch die Beurteilung von Dr. S. in seinem Gutachten. Soweit Dr. S. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.04.2014 einen GdB von 50 realistisch erachtet, und damit von schweren Störungen ausgeht, kann ihm nicht gefolgt werden. Dr. S. geht beim Kläger insgesamt lediglich von einem mittelschweren Syndrom aus, eine von ihm angenommene Anpassungsstörung wird als mäßig bis mittelgradig eingestuft. Das Bestehen schwerer psychischer Störungen lassen sich auch seinen Angaben in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage nicht entnehmen. Zudem hat sich Dr. S. zu einen genauen Einschätzung des GdB aufgrund der lange zurückliegenden letzten Untersuchung des Klägers (seit Juni 2013) nicht (mehr) in der Lage gesehen, worauf er in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage ausdrücklich hinweist.
Anlass, aufgrund der beim Kläger bestehenden psychischen Störungen, den nach den VG vorgegebenen GdB-Bewertungsrahmen auf 40 auszuschöpfen besteht nicht. Nach dem von Dr. S. im Gutachten beschriebenen psychiatrischen Befund ist der Kläger (neben den oben dargestellten psychischen Störungen sonst) bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich und zur Person orientiert. Der Gedankengang ist formal und inhaltlich unauffällig. Hinweise auf eine akute Psychose des schizophrenen oder zyklothymen Formenkreises bestehen nicht. Ein höhergradiges hirnorganisches Psychosyndrom liegt nicht vor. Die mnestischen und intellektuellen Funktionen sind ausreichend. Für vom Kläger angegebene Konzentrations- und Merkstörungen fand sich während der Untersuchung kein Korrelat. Eine Affektlabilität besteht nicht. Die erhobenen psychischen Befunde sind passend zu der Zwangsstörung, wobei eine belangvolle Depression bei der Untersuchung durch Dr. S. nicht vorlag. Weiter ist festzustellen, dass der Kläger nach den Beschreibungen des Dr. S. im Gutachten zum Tagesablauf in der Lage ist, den Tagesablauf hinreichend zu strukturieren. Nach dem Aufstehen (zwischen 9:30 Uhr und 10:30 Uhr) frühstückt der Kläger. Danach beschäftigt er sich am PC. Der Kläger liest Zeitung, macht unregelmäßig Spaziergänge und fährt mit dem Bus oder dem Zug in die Umgebung. Der Kläger hat einen kleinen Bekanntenkreis, zu dem Kontakte bestehen. Er hört (als Hobby) Musik, was sich auf seine Stimmung positiv auswirkt. Mangels Motivation macht der Kläger zwar keinen (regelmäßigen) Sport mehr, geht aber zum Radfahren. Damit liegen die im Wesentlichen durch die geringfügige depressive Symptomatik, die gelegentlich auftretende Verstimmungszustände, die geringfügige Angststörung sowie die leicht ausgeprägte Zwangssymptomatik bestehenden psychischen Einschränkungen des Klägers insgesamt noch im unteren Bereich des vorgegebenen GdB-Bewertungsrahmens, die noch keinen Einzel-GdB von 40 rechtfertigen. Dies wird auch dadurch gestützt, dass beim Kläger nach dem von Dr. S. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.04.2014 mitgeteilten Behandlungsverlauf lediglich eine niederfrequente Behandlung des Klägers wegen der psychischen Störungen stattgefunden hat, worauf Dr. S. ausdrücklich hinweist. Danach bestand die Behandlung des Klägers überwiegend in der Verordnung von Medikamenten, wobei von Dr. S. beim Kläger seit Juni 2013 keine weiteren Untersuchungen durchgeführt worden sind, was gegen eine Ausprägung der stärker behindernden Störung im Bereich des oberen GdB-Rahmens von 40 spricht. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren das Vorliegen einer niederfrequenten Behandlung als schlichtweg falsch bezeichnet, ist ihm zu widersprechen. Im Klageverfahren hat der Kläger die niederfrequente Behandlung noch als Folge einer Antriebslosigkeit erklärt (Schriftsatz vom 21.11.2014). Dass die niederfrequente Behandlung tatsächlich Folge einer krankhaften Antriebslosigkeit ist, kann nach den von Dr. S. beschriebenen Befunden wie auch nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht festgestellt werden. Weiter erfolgte beim Kläger eine medikamentöse Therapie durch Fluoxetin 20. Hierzu hat der Kläger im Schriftsatz vom 05.08.2014 mitgeteilt, Fluoxetin in der bei ihm niedrigsten wirksamen Dosis einzunehmen, wobei es auch durchaus vorkommen könne, dass die Einnahme an einzelnen Tagen vergessen werde. Eine medikamentöse Therapie durch Analgetika, Sedativa oder Hypnotika ist nach den im Gutachten des Dr. S. beschriebenen Angaben des Klägers nicht erfolgt. Auch diese Umstände sprechen dagegen, die psychischen Störungen des Klägers in den oberen GdB-Bewertungsrahmen einzustufen. Die geringfügige depressive Symptomatik, gelegentlich auftretende Verstimmungszustände, eine geringfügige Angststörung sowie eine leicht ausgeprägte Zwangssymptomatik, die sich zu einem erheblichen Teil überlagern, sind damit mit einem Einzel-GdB von 30 angemessen und ausreichend bewertet. Dem entspricht auch die Bewertung des Dr. S. in seinem Gutachten.
Eine wesentliche Verschlimmerung der psychischen Störungen des Klägers seit dem letzten bindenden Feststellungsbescheid vom 03.12.2009 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2010) ist zudem nicht belegt. Für die vom Kläger gemachte Einwendung, sein Gesundheitszustand habe sich insgesamt betrachtet verschlechtert, finden sich nach den vom SG durchgeführten Ermittlungen sowie den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen keine greifbaren Anhaltspunkte. Die dem Bescheid vom 03.12.2009 zu Grunde liegenden Diagnosen des Dr. S. (Berichte vom 18.03.2009 und 18.09.2009) entsprechen den von Dr. S. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.04.2014 mitgeteilten Diagnosen. Eine bedeutsame Verschlimmerung der psychischen Störungen des Klägers lässt sich den genannten Berichten des Dr. S. im Vergleich zu seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage auch nicht verifizierbar entnehmen. Zwar geht Dr. S. in seinem Gutachten davon aus, dass die Zwangsstörung deutlich über früher bezeichnete Kontrollzwänge hinausgeht. Dass dadurch eine wesentliche Verschlimmerung der psychischen Störungen eingetreten ist, bestätigt Dr. S. in seinem Gutachten nicht. Vielmehr geht auch Dr. S. davon aus, dass die beim Kläger bestehende (psychische) Behinderung mit Wahrscheinlichkeit deutlich länger als vor dem Juni 2013 vorliegt. Dem entsprechen auch die von Dr. S. im Gutachten beschriebenen Angaben des Klägers, dass sich seine Beschwerden seit dem früheren Antrag nicht verändert hätten, und nur "tendenziell etwas schlechter" seien. Auch das Vorbringen des Klägers in der nichtöffentlichen Sitzung des SG am 28.05.2015, er habe eine verstärkte Antriebslosigkeit und Rückzugsneigung sowie verschlimmerte Schlafstörungen bemerkt, ist - auch im Hinblick auf die nach den Angaben des Dr. S. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.04.2014 beim Kläger bestehende Aggravationssymptomatik, einer demonstrativen Darstellung und einer ausgeprägten Begehrenshaltung - nicht geeignet, eine Verschlimmerung zu belegen. Dieses Vorbringen des Klägers macht auch eine Verschlimmerung für die Zeit nach der Begutachtung durch Dr. S. nicht greifbar. Nach dem weiteren Vorbringen des Klägers beim SG am 28.05.2015 hat er sich bei dem Neurologen und Psychiater Dr. Huberle in Behandlung begeben, weshalb auch eine nach der Begutachtung eingetretene dauerhafte Verschlimmerung unwahrscheinlich erscheint. Dass es trotz der Behandlung durch Dr. Huberle zu einer relevanten dauerhaften Verschlimmerung gekommen ist, lässt sich auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 18.12.2015 vorgelegten Bescheinigung des Dr. H. vom 15.12.2015 nicht entnehmen. Der Befundbeschreibung des Dr. H. lässt sich eine Verschlimmerung nicht verifizierbar entnehmen. Eine belangvolle Depression diagnostiziert Dr. H. nicht (deutliche depressive Symptome). Bedeutsame Konzentrationsstörungen waren auch in der öffentlichen Sitzung am 18.12.2015 aufgrund des vom Kläger gewonnenen persönlichen Eindrucks für den Senat nicht erkennbar. Vielmehr hat der Kläger während der gesamten mündlichen Verhandlung vor dem Senat Fragen umgehend und präzise beantworten können. Dass beim Kläger Antriebsstörungen und eine Einschränkung des Durchhaltevermögens bestehen bzw. neu aufgetreten sind, die rechtfertigen, den GdB-Rahmen auf 40 auszuschöpfen, ist der vorgelegten Bescheinigung vom 15.12.2015 nicht nachvollziehbar zu entnehmen. Entsprechendes gilt, soweit Dr. H. den GdB auf mindestens 50 einschätzt, weshalb der Senat sich dieser Bewertung nicht anschließen kann.
Eine wesentliche Änderung durch eine Verschlimmerung der psychischen Störungen des Klägers kann damit zur Überzeugung des Senats nicht festgestellt werden.
Die Einwendungen des Klägers rechtfertigen keine andere Bewertung. Soweit der Kläger den durchschnittlichen GdB von 30 damit in Frage gestellt, dass bei einer akuten Erkrankungsphase von einem GdB zwischen 80 und 100 auszugehen sei, kann dem Kläger darin nicht gefolgt werden. Nach den VG Teil A 2f) setzt der GdB eine nicht nur vorübergehende und damit eine über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten sich erstreckende Gesundheitsstörung voraus. Damit sind akute Erkrankungsphasen bei der Bewertung des GdB nicht zu berücksichtigen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 18.12.2015 einen schubweisen Verlauf und Tagesschwankungen seiner psychischen Störungen dargestellt hat, rechtfertig dies keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Bei Schwankungen im Gesundheitszustand bei längerem Leidensverlauf ist nach den VG Teil A 2f) mit einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen. Dies bedeutet: Wenn bei einem Leiden der Verlauf durch sich wiederholende Besserungen und Verschlechterungen des Gesundheitszustandes geprägt ist, wie der Kläger geltend macht, können die zeitweiligen Verschlechterungen - aufgrund der anhaltenden Auswirkungen auf die gesamte Lebensführung - nicht als vorübergehende Gesundheitsstörungen betrachtet werden. Dementsprechend muss in solchen Fällen bei der GdB-Beurteilung von dem "durchschnittlichen" Ausmaß der Beeinträchtigung ausgegangen werden. Dass dieses durchschnittliche Ausmaß eine GdB von 40 erreicht, hat der Senat auch auf der Grundlage der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben, die nicht wesentlich von seiner Beschwerdeschilderung bei Dr. S. abweichen, nicht feststellen können. Bereits dort hatte der Kläger angegeben, es gehe an manchen Tagen besser und in manchen Wochen schlechter, was sich mit seiner Behauptung vor dem Senat deckt, er könne manchmal bis zu einer Woche lang nicht aus dem Haus, es sei denn er benötige dringend neue Einkäufe. Die behaupteten Schwankungen sind von Dr. S., dem der Senat folgt, somit bei seiner GdB-Einschätzung bereits berücksichtigt worden. Soweit der Kläger für seine psychische Störungen einen GdB von wenigstens 50 für angemessen erachtet, setzt er seine Selbsteinschätzung zur Diagnostik und zur GdB-Bewertung gegen die davon abweichende ärztliche Diagnostik und die abweichenden rechtliche Vorgaben der VG zur Bewertung des GdB, weshalb dem Vorbringen des Klägers nicht gefolgt werden kann. Soweit der Kläger außerdem die Neutralität des Dr. S. deswegen in Frage gestellt, weil Dr. S. auch der Deutschen Rentenversicherung ein Gutachten zur Feststellung einer Erwerbsminderung des Klägers erstattet hat, ist dem Kläger nicht zu folgen. Dafür, dass die Bewertungen des Dr. S. in seinem im vorliegenden Rechtsstreit eingeholten Gutachten von der Bestrebung getragen wird, das vorangegangene Gutachten zu stützen, um glaubwürdig bleiben zu wollen, wie der Kläger mutmaßt, fehlt jeder Anhaltspunkt. Zweifel an der Verwertbarkeit des Gutachtens des Dr. S. sind deswegen nicht angebracht. Weiter findet sich kein Hinweis, dass das Gutachten des Dr. S. das gesamte Ausmaß der Erkrankung des Klägers nicht erfasst haben könnte. Vielmehr ziehen die Bewertungen des Gutachters die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen, insbesondere des Dr. S. mit ein, weshalb entgegen der Ansicht des Klägers nicht von einer bloßen Momentaufnahme einer Begutachtung gesprochen werden kann, zumal der Kläger im Übrigen mit seinem Einwand letztlich den Beweiswert eines jeden Gutachtens in Abrede stellt.
Soweit der Beklagte einen Bluthochdruck des Klägers mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt hat, ist dies nicht zulasten des Klägers zu niedrig. Hiergegen hat sich der Kläger auch nicht gewandt. Für das Vorliegen einer Hypertonie (Bluthochdruck) mittelschwerer Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I-II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, die nach den VG Teil B 9.3 einen GdB von 20 bis 40 rechtfertigt, gibt es keinen Anhaltspunkt.
Sonstige mit einem Einzel-GdB von wenigstens 10 zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen liegen beim Kläger nicht vor. Insbesondere kann eine bedeutsame Lebererkrankung (Stoffwechselstörung), wie der Kläger im Änderungsantrag geltend gemacht hat, nicht festgestellt werden. Nach dem Berichten von Dr. E.-K. vom 31.07.2013 und Dr. von E. vom 22.01.2013 besteht beim Kläger (bei erhöhtem Gamma-GT und Bilirubin) kein Anhalt bzw. Hinweis für das Vorliegen einer spezifischen Lebererkrankung. Nach dem Bericht des Universitätsklinikums Tübingen vom 08.02.2013 bestehen auch keine Marker-AK für das Vorliegen einer autoimmunen Lebererkrankung.
Damit kann beim Kläger vom Eintritt einer wesentlichen Änderung im Sinne einer Verschlimmerung nicht ausgegangen werden. Vielmehr beträgt der Gesamt-GdB weiterhin 30, weshalb die Voraussetzungen für eine höhere Feststellung des GdB nicht vorliegen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ist der Gesamt-GdB mit 30 aufgrund der psychiatrischen Störungen des Klägers zu bilden. Sonstige Gesundheitsstörungen, die den Gesamt-GdB erhöhen, liegen nicht vor.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Dafür, dass seit der Begutachtung durch Dr. S. eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers eingetreten ist, gibt es keinen greifbaren Anhaltspunkt, wie bereits oben ausgeführt wurde. Nachforschungen "ins Blaue hinein" sind durch die Amtsermittlungspflicht nicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 - B 13 RJ 39/02 R -, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; BSG Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R -, juris).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei dem 1969 geborenen Kläger stellte das Landratsamt R.-M.-Kreis (LRA) - auf der Grundlage insbesondere der Berichte des Neurologen/Psychiaters Dr. S. vom 31.07.2009 und 18.09.2009 - wegen einer Depression, eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms und seelischen Störungen den GdB mit 30 fest (Bescheid vom 03.12.2009). Ein vom Kläger hiergegen eingelegter Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.02.2010). Der Kläger bezog bis 30.11.2013 befristete Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit ab 01.07.2011 (Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 21.10.2011).
Am 21.06.2013 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB. Er machte eine Zwangserkrankung, eine Depression, eine Neurose, ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, eine seelische Störung sowie eine Lebererkrankung geltend. Das LRA holte die Befundberichte des Dr. S. vom 03.06.2013 (Diagnosen: Neurose mit Selbstwertstörung und Rückzugsneigung, Zwangssymptome mit Kontrollzwängen, larvierte Depression, Hypogeusie, Somatisierungsstörung mit Fatiguesyndrom), der den GdB auf 50 einschätzte, sowie von Dr. Ehrich-Kahl vom 31.07.2013 ein. Weiter nahm das LRA medizinische Befundunterlagen zu den Akten (insbesondere Berichte MZV Laborzentrum Ettlingen vom 02.01.2013 und 12.07.2013; Bericht Dr. von E.vom 22.01.2013, Diagnose: Fettleber; Bericht Universitätsklinikum Tübingen vom 08.02.2013; Bericht des Internisten Dr. S. vom 01.05.2013). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes schlug Dr. W. wegen einer Depression, psychovegetativem Erschöpfungssyndrom und seelische Störung (GdB 30) und Bluthochdruck (GdB 10) den GdB weiterhin mit 30 vor.
Mit Bescheid vom 14.10.2013 entsprach das LRA dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 12.11.2013 Widerspruch ein. Er machte geltend, erhebliche Funktionsbeeinträchtigungen wie eine Zwangserkrankung und Neurose seien unberücksichtigt geblieben und unangemessen bewertet. Des Weiteren sei eine Verschlechterung seiner bisherigen Gesundheitsstörungen nicht berücksichtigt worden. Nach Einholung der weiteren gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes, Dr. S., vom 22.11.2013, der den GdB weiterhin mit 30 vorschlug, wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 05.02.2014 zurückgewiesen. Eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des bisherigen Gesamt-GdB von 30 rechtfertigen könne, sei nicht festzustellen.
Hiergegen erhob der Kläger am 17.02.2014 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er machte geltend, die Einstufung des GdB sei zu niedrig. Sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Ein GdB von wenigstens 50 sei angemessen. Der Kläger legte das Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit W. vom 24.01.2014, eine Stellungnahme des Dr. S. vom 15.01.2014, Befundberichte des Dr. S. vom 26.01.2013 und 25.01.2011 an die Deutsche Rentenversicherung sowie weitere medizinische Unterlagen vor, auf die er sich zur Begründung seiner Klage berief.
Das SG hörte den Nervenarzt Dr. S. - unter Übersendung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S. vom 22.11.2013 (Blatt 75 Verwaltungsakte) - schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dr. S. teilte in seiner Stellungnahme vom 04.04.2014 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die Befunde mit und schätzte den GdB auf 50 ein. Außerdem holte das SG (von Amts wegen) das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. S., dem SG vorgelegt am 20.10.2014, ein. Dr. S. diagnostizierte eine Dysthymie, eine geringfügige generalisierte Angststörung sowie eine leicht ausgeprägte Zwangsstörung. Die einzelnen Behinderungen überlagerten sich zu einem erheblichen Teil, sodass eine Aufgliederung hinsichtlich des durch die einzelnen Diagnosen bedingten GdB nicht möglich sei. Dr. S. schätzte den GdB auf 30 und unter Berücksichtigung fachfremder Gesundheitsstörungen den Gesamt-GdB auf 30 ein.
Der Kläger hielt an seiner Klage fest (Schriftsatz vom 21.11.2014).
In der nichtöffentlichen Sitzung des SG am 28.05.2015 wurde der Kläger angehört. Hierzu wird auf die Niederschrift des SG vom 28.05.2015 Bezug genommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2015 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers rechtfertigten keinen höheren GdB als 30.
Gegen den dem Kläger am 07.07.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 04.08.2015 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, er stelle die Neutralität des Gutachters Dr. S. in Frage, der ihn zuvor für die Deutsche Rentenversicherung begutachtet habe. Es überrasche nicht, dass ein und derselbe Gutachter zu einem ganz ähnlichen Ergebnis komme, um glaubwürdig bleiben zu wollen. Er stelle den ermittelten durchschnittlichen GdB von 30 in Frage. Die Begutachtung habe in einer nicht akuten Phase stattgefunden. Zudem handele es sich bei einer Begutachtung immer nur um eine Momentaufnahme, die das gesamte Ausmaß der Erkrankung nicht erfassen könne. Es sei von einer Überlagerung einer ausgeprägten Dysthymie und einer Major Depression auszugehen (Double Depression). Von einer niederfrequenten Behandlung zu sprechen sei falsch. Sein Gesundheitszustand habe sich, insgesamt betrachtet, verschlechtert. Die Zwangserkrankung, eine ausgeprägte Neurose, ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom sowie die Depression schränkten ihn in der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sowie in der Alltagsbewältigung stark ein. Der Kläger hat die fachärztliche Bescheinigung (zur Vorlage beim LRA) des Dr. H. vom 15.12.2015 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Grad der Behinderung mit mindestens 50 seit dem 21. Juni 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ein Anhalt für eine unsachgemäße Bewertung durch den Gerichtsgutachter Dr. S. bestehe nicht. Das Vorbringen des Klägers sei nicht geeignet, die fachärztlich begründeten Feststellungen stichhaltig zu widerlegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 14.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Eine wesentliche Änderung ist im Vergleich mit dem im letzten Feststellungsbescheid des Beklagten vom 03.12.2009 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2010) mit einem GdB von 30 berücksichtigten Behinderungszustand des Klägers nicht eingetreten. Ein Anspruch des Klägers auf Neufeststellung des GdB mit mindestens 50 seit dem 21.06.2013 besteht nicht.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Das SG hat weiter zutreffend begründet, dass die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers keinen höheren GdB als 30 rechtfertige. Die psychischen Behinderungen seien mit einem GdB von 30 zu bewerten. Der Kläger selbst gehe nicht von einer wesentlichen Änderung seiner Funktionsbeeinträchtigungen aus. Es könne höchstens eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem GdB von 30 als Obergrenze angenommen werden. Aufgrund des Bluthochdrucks liege ein unstreitiger GdB von 10 vor. Damit sei ein Gesamt-GdB von 30 anzunehmen. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Das SG hat die für die Bewertung psychischer Behinderungen maßgeblichen Bewertungsgrundsätze der VG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Dass beim Kläger schwere Störungen (z.B. eine schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten bestehen, die einen GdB von 50 (bis 70) rechtfertigen, kann nicht festgestellt werden. Nach dem Gutachten des Dr. S. bestehen beim Kläger eine (zurzeit) geringfügige depressive Symptomatik, gelegentlich auftretende Verstimmungszustände, eine geringfügige Angststörung (in erster Linie bezogen auf allgemeine Zukunftsängste und Sorgen, was alles schief gehen könne) sowie eine leicht ausgeprägte Zwangssymptomatik. So hat der Kläger hinsichtlich des Bestehens von Zwangssymptomen angegeben, schon früh in der Schulzeit damit begonnen zu haben, alles zu kontrollieren und zu prüfen, aus Sorge, sonst Fehler zu machen. Neben Kontrollbedürfnissen hat der Kläger über Zählzwänge berichtet bzw. das Einhalten bestimmter Schemata etwa beim Aufräumen. Weiter ist der Kläger nach seinen Schilderungen durch Sorgen um die Zukunft, Existenzängste oder Überlegungen, warum er keine Partnerin habe, belastet. Das Auftreten von Angstattacken hat der Kläger verneint und Ängste als diffuse Dauerangst beschrieben. Über Panikattacken oder phobische Symptome hat der Kläger nicht berichtet. Nach der Beurteilung des Dr. S. ist beim Kläger insgesamt von einer in erster Linie auf Kontrollzwänge bezogene Zwangsstörung bzw. von Zwangssymptomen auszugehen, die nach den Angaben des Klägers bei der Untersuchung wie auch nach dem klinischen Eindruck über früher bezeichnete Kontrollzwänge deutlich hinausgehen. Dass beim Kläger schwere psychische Störungen, insbesondere eine schwere Zwangskrankheit, mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten bestehen, kann danach nicht festgestellt werden. Es ist beim Kläger vielmehr vom Vorliegen einer stärker behindernden Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen, die nach den VG Teil B 3.7 einen GdB von 30 bis 40 rechtfertigen. Dem entspricht auch die Beurteilung von Dr. S. in seinem Gutachten. Soweit Dr. S. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.04.2014 einen GdB von 50 realistisch erachtet, und damit von schweren Störungen ausgeht, kann ihm nicht gefolgt werden. Dr. S. geht beim Kläger insgesamt lediglich von einem mittelschweren Syndrom aus, eine von ihm angenommene Anpassungsstörung wird als mäßig bis mittelgradig eingestuft. Das Bestehen schwerer psychischer Störungen lassen sich auch seinen Angaben in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage nicht entnehmen. Zudem hat sich Dr. S. zu einen genauen Einschätzung des GdB aufgrund der lange zurückliegenden letzten Untersuchung des Klägers (seit Juni 2013) nicht (mehr) in der Lage gesehen, worauf er in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage ausdrücklich hinweist.
Anlass, aufgrund der beim Kläger bestehenden psychischen Störungen, den nach den VG vorgegebenen GdB-Bewertungsrahmen auf 40 auszuschöpfen besteht nicht. Nach dem von Dr. S. im Gutachten beschriebenen psychiatrischen Befund ist der Kläger (neben den oben dargestellten psychischen Störungen sonst) bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich und zur Person orientiert. Der Gedankengang ist formal und inhaltlich unauffällig. Hinweise auf eine akute Psychose des schizophrenen oder zyklothymen Formenkreises bestehen nicht. Ein höhergradiges hirnorganisches Psychosyndrom liegt nicht vor. Die mnestischen und intellektuellen Funktionen sind ausreichend. Für vom Kläger angegebene Konzentrations- und Merkstörungen fand sich während der Untersuchung kein Korrelat. Eine Affektlabilität besteht nicht. Die erhobenen psychischen Befunde sind passend zu der Zwangsstörung, wobei eine belangvolle Depression bei der Untersuchung durch Dr. S. nicht vorlag. Weiter ist festzustellen, dass der Kläger nach den Beschreibungen des Dr. S. im Gutachten zum Tagesablauf in der Lage ist, den Tagesablauf hinreichend zu strukturieren. Nach dem Aufstehen (zwischen 9:30 Uhr und 10:30 Uhr) frühstückt der Kläger. Danach beschäftigt er sich am PC. Der Kläger liest Zeitung, macht unregelmäßig Spaziergänge und fährt mit dem Bus oder dem Zug in die Umgebung. Der Kläger hat einen kleinen Bekanntenkreis, zu dem Kontakte bestehen. Er hört (als Hobby) Musik, was sich auf seine Stimmung positiv auswirkt. Mangels Motivation macht der Kläger zwar keinen (regelmäßigen) Sport mehr, geht aber zum Radfahren. Damit liegen die im Wesentlichen durch die geringfügige depressive Symptomatik, die gelegentlich auftretende Verstimmungszustände, die geringfügige Angststörung sowie die leicht ausgeprägte Zwangssymptomatik bestehenden psychischen Einschränkungen des Klägers insgesamt noch im unteren Bereich des vorgegebenen GdB-Bewertungsrahmens, die noch keinen Einzel-GdB von 40 rechtfertigen. Dies wird auch dadurch gestützt, dass beim Kläger nach dem von Dr. S. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.04.2014 mitgeteilten Behandlungsverlauf lediglich eine niederfrequente Behandlung des Klägers wegen der psychischen Störungen stattgefunden hat, worauf Dr. S. ausdrücklich hinweist. Danach bestand die Behandlung des Klägers überwiegend in der Verordnung von Medikamenten, wobei von Dr. S. beim Kläger seit Juni 2013 keine weiteren Untersuchungen durchgeführt worden sind, was gegen eine Ausprägung der stärker behindernden Störung im Bereich des oberen GdB-Rahmens von 40 spricht. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren das Vorliegen einer niederfrequenten Behandlung als schlichtweg falsch bezeichnet, ist ihm zu widersprechen. Im Klageverfahren hat der Kläger die niederfrequente Behandlung noch als Folge einer Antriebslosigkeit erklärt (Schriftsatz vom 21.11.2014). Dass die niederfrequente Behandlung tatsächlich Folge einer krankhaften Antriebslosigkeit ist, kann nach den von Dr. S. beschriebenen Befunden wie auch nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht festgestellt werden. Weiter erfolgte beim Kläger eine medikamentöse Therapie durch Fluoxetin 20. Hierzu hat der Kläger im Schriftsatz vom 05.08.2014 mitgeteilt, Fluoxetin in der bei ihm niedrigsten wirksamen Dosis einzunehmen, wobei es auch durchaus vorkommen könne, dass die Einnahme an einzelnen Tagen vergessen werde. Eine medikamentöse Therapie durch Analgetika, Sedativa oder Hypnotika ist nach den im Gutachten des Dr. S. beschriebenen Angaben des Klägers nicht erfolgt. Auch diese Umstände sprechen dagegen, die psychischen Störungen des Klägers in den oberen GdB-Bewertungsrahmen einzustufen. Die geringfügige depressive Symptomatik, gelegentlich auftretende Verstimmungszustände, eine geringfügige Angststörung sowie eine leicht ausgeprägte Zwangssymptomatik, die sich zu einem erheblichen Teil überlagern, sind damit mit einem Einzel-GdB von 30 angemessen und ausreichend bewertet. Dem entspricht auch die Bewertung des Dr. S. in seinem Gutachten.
Eine wesentliche Verschlimmerung der psychischen Störungen des Klägers seit dem letzten bindenden Feststellungsbescheid vom 03.12.2009 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2010) ist zudem nicht belegt. Für die vom Kläger gemachte Einwendung, sein Gesundheitszustand habe sich insgesamt betrachtet verschlechtert, finden sich nach den vom SG durchgeführten Ermittlungen sowie den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen keine greifbaren Anhaltspunkte. Die dem Bescheid vom 03.12.2009 zu Grunde liegenden Diagnosen des Dr. S. (Berichte vom 18.03.2009 und 18.09.2009) entsprechen den von Dr. S. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.04.2014 mitgeteilten Diagnosen. Eine bedeutsame Verschlimmerung der psychischen Störungen des Klägers lässt sich den genannten Berichten des Dr. S. im Vergleich zu seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage auch nicht verifizierbar entnehmen. Zwar geht Dr. S. in seinem Gutachten davon aus, dass die Zwangsstörung deutlich über früher bezeichnete Kontrollzwänge hinausgeht. Dass dadurch eine wesentliche Verschlimmerung der psychischen Störungen eingetreten ist, bestätigt Dr. S. in seinem Gutachten nicht. Vielmehr geht auch Dr. S. davon aus, dass die beim Kläger bestehende (psychische) Behinderung mit Wahrscheinlichkeit deutlich länger als vor dem Juni 2013 vorliegt. Dem entsprechen auch die von Dr. S. im Gutachten beschriebenen Angaben des Klägers, dass sich seine Beschwerden seit dem früheren Antrag nicht verändert hätten, und nur "tendenziell etwas schlechter" seien. Auch das Vorbringen des Klägers in der nichtöffentlichen Sitzung des SG am 28.05.2015, er habe eine verstärkte Antriebslosigkeit und Rückzugsneigung sowie verschlimmerte Schlafstörungen bemerkt, ist - auch im Hinblick auf die nach den Angaben des Dr. S. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.04.2014 beim Kläger bestehende Aggravationssymptomatik, einer demonstrativen Darstellung und einer ausgeprägten Begehrenshaltung - nicht geeignet, eine Verschlimmerung zu belegen. Dieses Vorbringen des Klägers macht auch eine Verschlimmerung für die Zeit nach der Begutachtung durch Dr. S. nicht greifbar. Nach dem weiteren Vorbringen des Klägers beim SG am 28.05.2015 hat er sich bei dem Neurologen und Psychiater Dr. Huberle in Behandlung begeben, weshalb auch eine nach der Begutachtung eingetretene dauerhafte Verschlimmerung unwahrscheinlich erscheint. Dass es trotz der Behandlung durch Dr. Huberle zu einer relevanten dauerhaften Verschlimmerung gekommen ist, lässt sich auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 18.12.2015 vorgelegten Bescheinigung des Dr. H. vom 15.12.2015 nicht entnehmen. Der Befundbeschreibung des Dr. H. lässt sich eine Verschlimmerung nicht verifizierbar entnehmen. Eine belangvolle Depression diagnostiziert Dr. H. nicht (deutliche depressive Symptome). Bedeutsame Konzentrationsstörungen waren auch in der öffentlichen Sitzung am 18.12.2015 aufgrund des vom Kläger gewonnenen persönlichen Eindrucks für den Senat nicht erkennbar. Vielmehr hat der Kläger während der gesamten mündlichen Verhandlung vor dem Senat Fragen umgehend und präzise beantworten können. Dass beim Kläger Antriebsstörungen und eine Einschränkung des Durchhaltevermögens bestehen bzw. neu aufgetreten sind, die rechtfertigen, den GdB-Rahmen auf 40 auszuschöpfen, ist der vorgelegten Bescheinigung vom 15.12.2015 nicht nachvollziehbar zu entnehmen. Entsprechendes gilt, soweit Dr. H. den GdB auf mindestens 50 einschätzt, weshalb der Senat sich dieser Bewertung nicht anschließen kann.
Eine wesentliche Änderung durch eine Verschlimmerung der psychischen Störungen des Klägers kann damit zur Überzeugung des Senats nicht festgestellt werden.
Die Einwendungen des Klägers rechtfertigen keine andere Bewertung. Soweit der Kläger den durchschnittlichen GdB von 30 damit in Frage gestellt, dass bei einer akuten Erkrankungsphase von einem GdB zwischen 80 und 100 auszugehen sei, kann dem Kläger darin nicht gefolgt werden. Nach den VG Teil A 2f) setzt der GdB eine nicht nur vorübergehende und damit eine über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten sich erstreckende Gesundheitsstörung voraus. Damit sind akute Erkrankungsphasen bei der Bewertung des GdB nicht zu berücksichtigen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 18.12.2015 einen schubweisen Verlauf und Tagesschwankungen seiner psychischen Störungen dargestellt hat, rechtfertig dies keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Bei Schwankungen im Gesundheitszustand bei längerem Leidensverlauf ist nach den VG Teil A 2f) mit einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen. Dies bedeutet: Wenn bei einem Leiden der Verlauf durch sich wiederholende Besserungen und Verschlechterungen des Gesundheitszustandes geprägt ist, wie der Kläger geltend macht, können die zeitweiligen Verschlechterungen - aufgrund der anhaltenden Auswirkungen auf die gesamte Lebensführung - nicht als vorübergehende Gesundheitsstörungen betrachtet werden. Dementsprechend muss in solchen Fällen bei der GdB-Beurteilung von dem "durchschnittlichen" Ausmaß der Beeinträchtigung ausgegangen werden. Dass dieses durchschnittliche Ausmaß eine GdB von 40 erreicht, hat der Senat auch auf der Grundlage der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben, die nicht wesentlich von seiner Beschwerdeschilderung bei Dr. S. abweichen, nicht feststellen können. Bereits dort hatte der Kläger angegeben, es gehe an manchen Tagen besser und in manchen Wochen schlechter, was sich mit seiner Behauptung vor dem Senat deckt, er könne manchmal bis zu einer Woche lang nicht aus dem Haus, es sei denn er benötige dringend neue Einkäufe. Die behaupteten Schwankungen sind von Dr. S., dem der Senat folgt, somit bei seiner GdB-Einschätzung bereits berücksichtigt worden. Soweit der Kläger für seine psychische Störungen einen GdB von wenigstens 50 für angemessen erachtet, setzt er seine Selbsteinschätzung zur Diagnostik und zur GdB-Bewertung gegen die davon abweichende ärztliche Diagnostik und die abweichenden rechtliche Vorgaben der VG zur Bewertung des GdB, weshalb dem Vorbringen des Klägers nicht gefolgt werden kann. Soweit der Kläger außerdem die Neutralität des Dr. S. deswegen in Frage gestellt, weil Dr. S. auch der Deutschen Rentenversicherung ein Gutachten zur Feststellung einer Erwerbsminderung des Klägers erstattet hat, ist dem Kläger nicht zu folgen. Dafür, dass die Bewertungen des Dr. S. in seinem im vorliegenden Rechtsstreit eingeholten Gutachten von der Bestrebung getragen wird, das vorangegangene Gutachten zu stützen, um glaubwürdig bleiben zu wollen, wie der Kläger mutmaßt, fehlt jeder Anhaltspunkt. Zweifel an der Verwertbarkeit des Gutachtens des Dr. S. sind deswegen nicht angebracht. Weiter findet sich kein Hinweis, dass das Gutachten des Dr. S. das gesamte Ausmaß der Erkrankung des Klägers nicht erfasst haben könnte. Vielmehr ziehen die Bewertungen des Gutachters die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen, insbesondere des Dr. S. mit ein, weshalb entgegen der Ansicht des Klägers nicht von einer bloßen Momentaufnahme einer Begutachtung gesprochen werden kann, zumal der Kläger im Übrigen mit seinem Einwand letztlich den Beweiswert eines jeden Gutachtens in Abrede stellt.
Soweit der Beklagte einen Bluthochdruck des Klägers mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt hat, ist dies nicht zulasten des Klägers zu niedrig. Hiergegen hat sich der Kläger auch nicht gewandt. Für das Vorliegen einer Hypertonie (Bluthochdruck) mittelschwerer Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I-II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, die nach den VG Teil B 9.3 einen GdB von 20 bis 40 rechtfertigt, gibt es keinen Anhaltspunkt.
Sonstige mit einem Einzel-GdB von wenigstens 10 zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen liegen beim Kläger nicht vor. Insbesondere kann eine bedeutsame Lebererkrankung (Stoffwechselstörung), wie der Kläger im Änderungsantrag geltend gemacht hat, nicht festgestellt werden. Nach dem Berichten von Dr. E.-K. vom 31.07.2013 und Dr. von E. vom 22.01.2013 besteht beim Kläger (bei erhöhtem Gamma-GT und Bilirubin) kein Anhalt bzw. Hinweis für das Vorliegen einer spezifischen Lebererkrankung. Nach dem Bericht des Universitätsklinikums Tübingen vom 08.02.2013 bestehen auch keine Marker-AK für das Vorliegen einer autoimmunen Lebererkrankung.
Damit kann beim Kläger vom Eintritt einer wesentlichen Änderung im Sinne einer Verschlimmerung nicht ausgegangen werden. Vielmehr beträgt der Gesamt-GdB weiterhin 30, weshalb die Voraussetzungen für eine höhere Feststellung des GdB nicht vorliegen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ist der Gesamt-GdB mit 30 aufgrund der psychiatrischen Störungen des Klägers zu bilden. Sonstige Gesundheitsstörungen, die den Gesamt-GdB erhöhen, liegen nicht vor.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Dafür, dass seit der Begutachtung durch Dr. S. eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers eingetreten ist, gibt es keinen greifbaren Anhaltspunkt, wie bereits oben ausgeführt wurde. Nachforschungen "ins Blaue hinein" sind durch die Amtsermittlungspflicht nicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 - B 13 RJ 39/02 R -, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; BSG Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R -, juris).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved