L 11 KR 5019/15 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 2983/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5019/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 02.11.2015 wird aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Krankengeld für die Zeit vom 01.10.2015 bis 31.01.2016 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Krankengeld (Krg) ab 01.10.2015.

Der 1964 geborene Antragsteller war vom 04.12.2014 bis 09.05.2015 bei der D. A. & Hotelmanagement GmbH beschäftigt. Der Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert.

Der Internist Dr. H. stellte am 12.03.2015 eine Erstbescheinigung über Arbeitsunfähigkeit (AU) mit voraussichtlicher Arbeitsunfähigkeit bis 15.03.2015 aufgrund der Diagnose F48.0 G (Neurasthenie) aus. Der ehemalige Arbeitgeber gewährte Entgeltfortzahlung bis 22.04.2015. Für die Folgezeit liegen folgende weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AUB) und Auszahlscheine, alle ausgestellt durch Dr. H., vor: AU festgestellt am mit voraussichtl Ende der AU Diagnose 16.03.2015 AUB 05.04.2015 F48.0 G 02.04.2015 AUB 10.04.2015 F48.0 G 07.04.2015 AUB 19.04.2015 F48.0 G 16.04.2015 AUB 03.05.2015 F48.0 G 04.05.2015 AUB 17.05.2015 F48.0 G 18.05.2015 AUB 07.06.2015 F48.0 G 03.06.2015 AUB 21.06.2015 F48.0 G 09.06.2015 Auszahlschein 18.06.2015 F48.0 18.06.2015 Auszahlschein 03.07.2015 F48.0 G 03.04(7).2015 Auszahlschein 24.07.2015 F48.0 24.07.2015 Auszahlschein 14.08.2015 F48.0; R52.2 (sonstiger chron. Schmerz) 14.08.2015 Auszahlschein 28.08.2015 Bekannt 28.08.2015 Auszahlschein 11.09.2015 Keine Angabe 10.09.2015 Auszahlschein Keine Angabe Keine Angabe

In einem Gespräch am 03.06.2015 informierte der Antragsteller die Antragsgegnerin, dass er zum 03.05.2015 gekündigt worden sei. Mit Bescheid vom 09.06.2015 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass der Arzt erst am 04.05.2015 die AU festgestellt habe und somit der Anspruch auf Krg und die Mitgliedschaft am 03.05.2015 ende und deshalb ab dem 04.05.2015 kein Anspruch auf Krankengeld bestehe. In einem persönlichen Gespräch am 11.06.2015 mit der Sachbearbeiterin der Antragsgegnerin wehrte sich der Antragsteller gegen die Ablehnung des Krg und verwies auf einen Gütetermin beim Arbeitsgericht, in dem der Arbeitgeber erklärt habe, dass die Kündigungsfrist mit Ablauf des 09.05.2015 abgelaufen sei.

Mit Bescheid vom 18.06.2015 gewährte die Antragsgegnerin Krg vom 23.04.2015 bis einschließlich 11.06.2015, weil der Antragsteller erst am 11.06.2015 bezüglich des Krankengeldanspruches und der Rechtslage informiert worden sei. Die gesamte Krankengeldzahlung ging beim Antragsteller am 01.07.2015 auf dem Konto ein. Mit Bescheid vom 22.07.2015 wurden die Berechnungsgrundlagen für das Krankengeld korrigiert und eine Nachzahlung von 89,67 EUR festgestellt.

In der Folge korrigierte der ehemalige Arbeitgeber des Antragstellers die Abmeldung zum 09.05.2015. Daraufhin teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 24.07.2015 mit, dass es bei der Auszahlung des Krg bis einschließlich 11.06.2015 verbleibe, weil mit der letzten AUB vom 04.05.2015 die AU bis einschließlich 17.05.2015 festgestellt worden sei und der Arzt erst am 18.05.2015 die weitere AU festgestellt habe.

Mit Schreiben vom 10.08.2015 wehrte sich der Antragsteller auch gegen die Versagung von Krg über den 11.06.2015 hinaus, sowie gegen die Berechnung des Krg. Dieses und nachfolgende Schreiben wertete die Antragsgegnerin als Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.

Am 01.10.2015 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Ulm (SG) beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Krankengeld auch über den 11.06.2015 hinaus zu zahlen, solange Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen sei. Das Arbeitsgericht Rosenheim, Kammer Traunstein, hat mitgeteilt, dass zwischen den Parteien des Arbeitsrechtsstreits unstreitig sei, dass das Arbeitsverhältnis zum 09.05.2015 beendet worden ist, das arbeitsgerichtliche Verfahren jedoch noch laufe.

Mit Beschluss vom 02.11.2015 hat das SG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar die Mitgliedschaft über den 09.05.2015 hinaus fortbestanden habe, weil ein Anspruch auf Krankengeld erfüllt gewesen sei. Mit AUB vom 04.05.2015 sei eine AU bis 17.05.2015 festgestellt worden. Folglich habe ab 18.05.2015 keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld mehr bestanden, denn die am 18.05.2015 festgestellte AU hätte einen Krankengeldanspruch nämlich erst am 19.05.2015 entstehen lassen können. Keine andere Beurteilung rechtfertige sich daraus, dass die Antragsgegnerin tatsächlich bis zum 11.06.2015 Krankengeld gewährt habe. Die mitgliedschaftserhaltende Wirkung des § 192 SGB V könne nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur dann eintreten, wenn die Zahlung des Krankengeldes auch tatsächlich während der Mitgliedschaft eingetreten sei. Am 18.05.2015 habe der Antragsteller tatsächlich kein Krankengeld erhalten und habe darauf auch keinen Anspruch gehabt.

Gegen den dem Kläger am 04.11.2015 zugestellte Beschluss hat dieser am 04.12.2015 Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Den in der Beschwerdeschrift zusätzlich enthaltenen eigenständigen Eilrechtsantrags bezüglich einer stationären Behandlung in der S.klinik ist mit Einverständnis des Antragstellers an das zuständige SG formlos abgegeben worden.

Der Antragsteller meint, dass durchgehend Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Zudem habe Versicherungsschutz mit Krankengeldanspruch jedenfalls bis 11.06.2015 bestanden, da tatsächlich Krankengeld gewährt worden sei. Der Antragsgegnerin sei eine Pflichtverletzung vorzuwerfen. Sie hätte die Auszahlscheine rechtzeitig zur Verfügung stellen müssen. Auch habe er die Antragsgegnerin bereits im März 2015 über seine Unkenntnis bezüglich der Pflichten und Verhaltensregeln im Krankenstand, bedingt durch einen jahrelangen Auslandsaufenthalt, mitgeteilt. Eine Beratung habe daraufhin nicht stattgefunden. Der Antragsteller führt weiter aus, dass ihm die Bescheide vom 09.06.2015, 18.06.2015 und 24.07.2015 gar nicht zugegangen seien. Seit 28.07.2015 habe er kein Einkommen mehr, so dass eine Eilbedürftigkeit vorliege. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich auch daraus, dass die Antragsgegnerin bislang nicht über den Widerspruch entschieden habe und der Entzug der finanziellen Grundlagen zu einer gesundheitlichen Schädigung führen könne und schon geführt habe.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 02.11.2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Krankengeld ab 01.10.2015 zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 172 Abs 1, 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG), sowie in der Sache begründet.

Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend begehrt der Antragsteller die Gewährung von Krg ab Rechtshängigkeit des Eilrechtsantrags am 01.10.2015. Damit richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.

Dies verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 ZPO).

Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl BVerfG [Kammer], 29.07.2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S 1236 f). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, aaO, mwN); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl BVerfG [Kammer], 22.11.2002, aaO, S 1237; 29.11.2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365). Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Krankengeld gehört nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies folgt schon daraus, dass nicht jeder gesetzlich Krankenversicherte einen solchen Anspruch hat (vgl § 44 Abs 1 Satz 2 SGB V). Geboten und ausreichend ist damit eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage (st Rspr des Senats, vgl Beschlüsse vom 20.02.2012, L 11 KR 289/12 ER-B; 19.08.2010, L 11 KR 3364/10 ER-B; 22.12.2009, L 11 KR 5547/09 ER-B, und vom 16.10.2008, L 11 KR 4447/08 ER-B). Krg kann zudem im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes frühestens ab Eingang des Antrags beim SG zugesprochen werden (vgl Senatsbeschluss vom 20.02.2012, L 11 KR 289/12; 29.03.2010, L 11 KR 1448/10 ER-B), was der Antragsteller bereits berücksichtigt hat.

Zur Überzeugung des Senats ist der Anordnungsgrund aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen des Antragstellers im Schreiben vom 15.12.2015 zu seiner finanziellen Situation glaubhaft gemacht.

Es liegt auch ein Anordnungsanspruch vor. Nach der gebotenen summarischen Prüfung hat der Antragsteller auch über den 11.06.2015 hinaus einen Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Antragsgegnerin.

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krg sind die §§ 44 ff SGB V. Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Die Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs müssen bei zeitlich befristeter AU und dementsprechender Krankengeldgewährung für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden. Der Anspruch auf Krg entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 SGB V). Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der AU voraus. Das bei Entstehen eines Anspruchs auf Krankengeld bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat. Zwar endet nach § 190 Abs 2 SGB V die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet. Das ist hier der 09.05.2015. Aus dem Schreiben des Antragstellers vom 15.12.2015 an das Gericht lässt sich entnehmen, dass das Beendigungsdatum nicht mehr umstritten ist.

Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V blieb die Mitgliedschaft des Antragstellers bei der Antragsgegnerin auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zunächst unstreitig bis 17.05.2015 erhalten. Will ein Versicherter seine Mitgliedschaft als Beschäftigter in der gesetzlichen Krankenversicherung über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus durch einen Anspruch auf Krg aufrechterhalten, muss er seine AU vor Ablauf jedes Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich feststellen lassen (BSG 04.03.2014, B 1 KR 17/13 R, aaO). Dies ist hier nicht erfolgt, da die AU bis 17.05.2015 bescheinigt war und eine erneute Feststellung erst am 18.05.2015 getroffen wurde. Insoweit gilt noch § 46 SGB V in der bis 22.07.2015 gültigen Fassung.

Jedoch blieb die Mitgliedschaft des Antragstellers auch über den 17.05.2015 erhalten, da nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V der (möglicherweise auch unrechtmäßige) tatsächliche Bezug von Krankengeld für die Aufrechterhaltung ausreicht. Entgegen der Auffassung des SG ist bei der Frage des Bezugs nicht der Zeitpunkt der Auszahlung des Krankengelds (hier 01.07.2015) entscheidend, sondern die Zeit, für die Krankengeld bezogen wird. Diese Auslegung, die zumindest in der summarischen Prüfung vorzugswürdig erscheint, widerspricht weder dem Wortlaut der Vorschrift noch der vom SG zitierten Entscheidung des BSG vom 26.06.2007 (B 1 KR 2/07 R). Berücksichtigt werden muss dabei auch, dass üblicherweise Krankengeld nachträglich für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum ausgezahlt wird. Da die Antragsgegnerin tatsächlich für die Zeit vom 23.04.2015 bis 11.06.2015 Krankengeld gewährt hat, besteht die Mitgliedschaft aufgrund der Zahlung bis 11.06.2015 fort. Während der fortbestehenden Mitgliedschaft wurde am 03.06.2015 Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 21.06.2015 bestätigt. Für die nachfolgenden Zeiträume liegen keine Lücken in den AUBs bzw Auszahlscheinen vor, so dass die AU des Antragstellers auch für die Zeit über den 11.06.2015 hinaus ärztlich festgestellt ist.

Der Grundsatz, dass die leistungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Krankengeld für jeden Bewilligungsabschnitt neu zu prüfen ist, schließt es nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10.05.2012, B 1 KR 20/11 R, BSGE 111, 18) nicht aus, eine ärztliche Feststellung aus vorangegangener Zeit, die den weiteren Bewilligungsabschnitt mit umfasst, als ausreichend anzusehen. Dies hat zur Folge, dass bei einer Krankschreibung "auf nicht absehbare Zeit" oder "bis auf Weiteres" für eine ärztliche Feststellung iSd § 46 Satz 1 Nr 1 SGB V keine neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr vorgelegt werden müssen, unabhängig davon, ob die Krankenkasse dieser Beurteilung folgt oder nicht (Senatsurteil vom 21.01.2014, L 11 KR 4174/12; ebenso LSG Rhld-Pf 23.12.2011, L 5 KR 309/11 B; LSG Nds-Bremen 11. 01. 2011, L 4 KR 446/09, NZS 2011,942 = Breith 2011, 412; SG Oldenburg 27. 5. 2011, S 61 KR 239/10). So liegt der Fall hier. Der letzte derzeit vorliegende Auszahlschein datiert vom 10.09.2015 aufgrund einer Vorstellung bei Dr. H. an diesem Tag. Im Rahmen der summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz reicht der Umstand, dass der Auszahlschein ausgefüllt worden ist zusammen mit der Tatsache, dass die Rubriken "Noch arbeitsunfähig?", "ggf voraussichtlich bis" und "Nächster Praxisbesuch am" keinen Eintrag enthalten sowie die Frage "Ausgang?" mit ja angekreuzt worden ist, aus, um von einer Krankschreibung bis auf Weiteres auszugehen. Die Vorlage neuer Bescheinigungen über das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit war deshalb zunächst nicht mehr notwendig.

Eine seit 12.03.2015 durchgängig vorliegende AU ist aufgrund der vorgelegten AUBs und Auszahlscheine sowie den Arztberichten überwiegend wahrscheinlich, auch wenn dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der AU lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zukommt, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (BSG 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 7). Jedenfalls hat hier die Antragsgegnerin selbst keine Zweifel an der AU angemeldet. Vielmehr hat sie sogar Krankengeld vom 23.04.2015 bis 11.06.2015 bezahlt.

Im einstweiligen Rechtsschutz war die Gewährung von Krankengeld vorläufig auszusprechen und zu befristen. Die Befristung ist insbesondere aufgrund des Umstands geboten, dass nach dem derzeitigen Sach- und Rechtsstand und den vorgelegten Unterlagen im Rahmen der Glaubhaftmachung eine auch künftig fortdauernde Arbeitsunfähigkeit nicht einfach unterstellt werden kann.

Die Beschwerde war deshalb erfolgreich.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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