Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 SB 2237/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3504/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.07.2015 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 22.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 02.07.2012 verurteilt, bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 50 nur für die Zeit vom 01.07.2012 bis 13.06.2014 festzustellen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz zu einem Viertel und im Berufungsverfahren zu einem Achtel.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob in den nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) festgestellten gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine derartige wesentliche Änderung eingetreten ist, dass ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 ohne zeitliche Begrenzung festzustellen ist.
Bei dem 1957 geborenen Kläger stellte das Landratsamt Heilbronn - Versorgungsamt (LRA) mit Bescheid vom 28.08.2009 (Bl. 25 der Verwaltungsakte) in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29.12.2009 (Bl. 68/70 der Verwaltungsakte) wegen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, einem Bandscheibenschaden (GdB 30) und einer chronischen Magenschleimhautentzündung (GdB 10) einen Gesamt-GdB von 30 seit dem 29.07.2009 fest.
Am 17.11.2011 stellte der Kläger beim LRA einen Antrag auf Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung der bisher berücksichtigten Gesundheitsstörungen bzw. neu aufgetretenen Gesundheitsstörungen (Bl. 79/80 der Verwaltungsakte).
Das LRA zog daraufhin den Entlassungsbericht des Reha-Zentrums S. vom 06.06.2011 bei, wo sich der Kläger vom 11.05.2011 bis 01.06.2011 in stationärer Behandlung befunden hat (Bl. 85/96 der Verwaltungsakte) und ließ diesen versorgungsmedizinischen auswerten.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr. H. vom 12.03.2012 lehnte das LRA den Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB mit Bescheid vom 22.03.2012 (Bl. 102/103 der Verwaltungsakte) ab. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen lägen vor: Degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, Bandscheibenschaden (GdB 30), chronische Magenschleimhautentzündung (GdB 10) und eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks (GdB 10). Die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien in vollem Umfang erfasst und unter Berücksichtigung der versorgungsmedizinischen Grundsätze mit dem bereits festgestellten GdB zutreffend bewertet.
Hiergegen erhob der Kläger am 04.04.2012 unter Vorlage eines Befundberichtes des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie PD Dr. P. vom 15.12.2011 Widerspruch (Bl. 105 der Verwaltungsakte) und führte zur Begründung an, sein gesundheitlicher Zustand habe sich gegenüber seinem ersten Antrag wesentlich verschlechtert. Die bei ihm festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führten fortlaufend zu längeren Arbeitsausfällen. Er benötige ständig Medikamente und physiotherapeutische Anwendungen sowie Reha-Maßnahmen. Zuletzt sei im Dezember 2011 eine Schulterarthroskopie links durchgeführt worden, die zu einem Arbeitsausfall von zwölf Wochen geführt habe.
Das LRA zog daraufhin einen Befundschein des Facharztes für Orthopädie Dr. R. vom 17.04.2012 bei (Bl. 110/112 der Verwaltungsakte) und ließ diesen versorgungsmedizinisch auswerten.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. H. vom 13.06.2012 wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2012 (Bl. 122/124 der Verwaltungsakte) zurück. Die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden.
Am 10.07.2012 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Begründung führte er an, Art und Auswirkungen der verschiedenen bei ihm vorliegenden Krankheiten sei nicht in ausreichendem Maße gewürdigt worden, so dass ein höherer GdB anzuerkennen sei. Der Sachverhalt sei nicht ausreichend aufgeklärt, da bislang die von seinem Hausarzt erwähnten Erkrankungen myofasziales Schmerzsyndrom, Fettleber und Lipom sowie die beidseitige Coxarthrose unberücksichtigt geblieben seien. Auch hätten sich die orthopädische Leiden weiter verschlimmert. Er sei zudem ganz wesentlichen seiner Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit eingeschränkt und dadurch in seiner Möglichkeit der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt.
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts zog das SG Befundberichte des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie PD Dr. P. (Bl. 25/30 der SG-Akte), des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Stock (Bl. 31/38 der SG-Akte) und des Hausarztes Kraft (Bl. 39/42 der SG-Akte) bei.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG das orthopädische Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. R. vom 02.11.2012, der den Kläger am 29.10.2012 persönlich untersuchte (Bl. 46 ff. der SG-Akte). Bei dem Kläger bestünden folgende Funktionsbeeinträchtigung: Degenerative Verschleißveränderungen der Halswirbelsäule in Höhe C5/6 bei anamnestisch angegebenen Bandscheibenvorfall mit hälftiger Einschränkung der Seitwärtsdrehung, drittelseitiger Einschränkung der Seitwärtsneigung als auch Nickbewegung ohne objektivierbare neurologische Ausfallerscheinungen mit wiederkehrender muskulärer statischer Schmerz-und Reizsymptomatik, leichtgradige Formveränderung der Brustwirbelsäule ohne vorauseilende Abnutzungserscheinungen oder funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit, Verschleißveränderungen der Lendenwirbelsäule mit muskulären statischen lumboischialgieform geklagten Schmerzen mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit und muskulären statischen Beschwerden ohne objektivierbare eindeutige Ausfallerscheinungen bei anamnestisch beschriebenen S1-Degeneration (laut neurologischen Befundbericht Schwerbehindertenakte), vorauseilender Verschleiß des Hüftgelenkes mit aktiviertem Reizzustand, endgradige Einschränkung der Beweglichkeit rechts im Seitvergleich zu links, Abnutzungserscheinungen beider Kniegelenke bei Meniskusschaden, kleiner Bakerzystenbildung, mit belastungsabhängiger Schmerz-und Reizsymptomatik ohne funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit am Untersuchungstage, linksseitiger Knick-Senk-Spreizfuß leichtgradig ohne endgradige Funktionsstörung der Geh- und Stehfähigkeit, operativ versorgtes Einklemmphänomen der Supraspinatussehne links mit belastungsabhängiger Schmerz-und Reizsymptomatik und endgradige Einschränkung der Beweglichkeit, Ellengelenksbeschwerden ohne funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit rechtzeitig, Handgelenksbeschwerden rechts angegeben ohne funktionelle Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit oder Greiffähigkeit. Es werde unverändert ein Gesamt-GdB von 30 zu Anerkennung vorgeschlagen.
Das SG erhob sodann auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das orthopädische Gutachten des Arztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. N vom 11.04.2012, der den Kläger am 01.02.2013 persönlich untersuchte. Bei dem Kläger bestehe ein im Vorgutachten nicht berücksichtigtes Thoracic-Outlet-Syndrom (TOS), für welches in Analogie zu anderen Plexusläsionen ein GdB von 30 angemessen sei. Ansonsten werde der GdB-Vorbewertung im Großen und Ganzen zugestimmt. Der Gesamt GdB betrage derzeit unter Aufnahme des TOS 50.
Mit Schreiben vom 29.04.2013 unterbreitete der Beklagte unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. W. vom 26.04.2013 ein Vergleichsangebot, wonach der GdB 50 ab dem 01.07.2012 bis zum 31.03.2013 betrage. Mit Hinweis auf eine am 29.05.2013 stattfindende Operation lehnte der Kläger die Annahme des Vergleichsangebotes ab. Mit Schreiben vom 03.06.2013 unterbreitete der Beklagte daraufhin ein erweitertes Vergleichsangebot, wonach der Grad der Behinderung 50 ab dem 01.07.2012 bis zum 29.05.2013 betrage, dessen Annahme der Kläger ebenfalls ablehnte.
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG weiter Beweis durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie Dr. B. gab unter Vorlage weiterer Befundberichte an (Auskunft vom 17.07.2013 – Bl. 167 ff. der SG-Akte), bei dem Kläger bestünde ein TOS Syndrom links mit neurogener und vaskulärer Ausprägung und Läsion des Plexus Brachialis, Resektion der ersten Rippe am 29.05.2013. Es handele sich um eine mittel- bis schwergradige Störung des linken Armes. Es bleibe jedoch abzuwarten, wie weit sich nach der operativen Therapie eine Normalisierung der Beschwerden einstelle. Eine endgültige Bewertung könne frühestens in zwei bis drei Monaten vorgenommen werden. Ergänzend teilte er mit Schreiben vom 27.11.2013 (Bl. 179 der SG-Akte) mit, der Kläger klage auch postoperativ über Beschwerden im linken Arm. Eine Operation der rechten Seite sei geplant. Die Bewertung des TOS mit einem Teil-GdB von 30 sei weiterhin zutreffend. Nach der operativen Therapie der rechten Seite sei eine erneute Begutachtung durchzuführen. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. gab an (Auskunft vom 25.04.2014 - Bl. 191 ff. der SG-Akte), bei dem Kläger bestünden auf orthopädischem Fachgebiet die Voraussetzungen für die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft. Der Kläger legte den Entlassungsbericht der SLK-Kliniken H. vom 31.03.2014 vor, wo am 25.03.2014 die endoskopische Resektion der ersten Rippe rechts erfolgt war.
Mit Urteil vom 14.07.2015 verurteilte das SG den Beklagten, bei dem Kläger einen GdB von 50 seit dem 01.07.2012 festzustellen und wies die Klage im Übrigen ab. Für die beim Kläger vorliegenden Funktionseinschränkungen könne ein Gesamt-GdB von 30 ab dem 16.06.2009 angenommen werden Dieser erhöhe sich ab dem 01.07.2012 wegen des vom Gutachter Dr. N diagnostizierten TOS auf einen Gesamt-GdB von 50. Hierfür sei im Vergleich zu sonstigen Plexusläsionen ein Teil-GdB von 30 angemessen. Dem Gericht lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Funktionsbehinderung des Klägers durch die an jeder Seite durchgeführte Operation gebessert habe.
Gegen das dem Beklagten am 29.07.2015 zugestellte Urteil hat dieser am 19.08.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung führte er an, mangels ausreichender Sachaufklärung sei zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung nicht bekannt gewesen, welcher Dauerzustand nach der Resektion der ersten Rippe tatsächlich vorliege und ob die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Beeinträchtigungen seitens des TOS im Zeitpunkt des Urteilsspruchs noch bestanden hätten und einen Teil-GdB von 30 rechtfertigten. Dies sei äußerst unwahrscheinlich, so dass die Verurteilung des Beklagten zur Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 ohne zeitliche Begrenzung im Zeitpunkt des Urteilsspruchs weder der Sach- noch der Rechtslage entsprochen hätten.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.07.2015 aufzuheben, soweit dieses über das Vergleichsangebot des Beklagten vom 03.06.2013 (GdB 50 vom 01.07.2012 bis 29.05.2013) hinausgeht.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sowohl das Gutachten des Dr. N als auch die zeugenschaftliche Aussage des Dr. S. stützten die Annahme einer Schwerbehinderung.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirugie Dr. B. hat unter Vorlage weiterer Befundberichte mitgeteilt (Auskunft vom 20.11.2015 - Bl. 24 ff. der Senatsakte), der Kläger sei seit der letzten Auskunft lediglich einmal am 10.11.2015 vorstellig geworden. Der Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich nicht verändert. Der GdB hinsichtlich des TOS betrage weiterhin 30. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Z. hat angegeben (Auskunft vom 14.12.2015 - Bl. 29 ff der Senatsakte), bei dem Kläger bestünden weiterhin chronifizierte und in letzter Zeit deutlich zunehmende Beschwerden, die weiterhin die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft rechtfertigten. Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Malt hat mitgeteilt (Auskunft vom 18.03.2016 - Bl. 65 ff. der Senatsakte) bei dem Kläger bestehe eine chronisch obstruktive Bronchitis mit führender asthmatischer Komponente - aktuell leichtgradige Obstruktion sowie eine Verdacht auf eine chronische Urtikaria. Bezüglich der chronisch obstruktiven Erkrankung sei eine leichtgradige Einschränkung mit 20 bis 40 % nach GdB/MdE-Tabelle festzustellen.
Der Senat hat zudem den Entlassbericht der Rehaklinik A. K. vom 08.01.2016 beigezogen (Bl. 38 ff. der SG-Akte), wo sich der Kläger in der Zeit vom 15.10.2015 bis 05.11.2015 in stationärer Behandlung befand.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts das neurologische Gutachten des Prof. Dr. G. vom 10.10.2016 erhoben, der den Kläger am 28.09.2016 persönlich untersucht hat (Bl. 78 ff der Senatsakte). Auf neurologischem Fachgebiet bestünden keine Gesundheitsstörungen. Zwar könne keine kompetente Beurteilung der orthopädischen Beeinträchtigungen erfolgen, mit Sicherheit liege aber keinerlei Funktionsbeeinträchtigung im Sinne einer vollständigen Armplexusparese oder eines Ausfalls peripherer Nerven im Arm vor. Ein zusätzlicher GdB für das TOS analog einer Plexusschädigung im Arm sei daher nicht angemessen. Zu der orthopädischen Gesamteinschätzung könne nicht Stellung genommen werden.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts Beweis erhoben durch Einholung des orthopädischen Gutachtens des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. D. vom 19.01.2017, der den Kläger am 27.12.2016 persönlich untersucht hat. Auf orthopädischem Fachgebiet lägen bei dem Kläger folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: 15%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule bei fehlenden sensiblem und motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens der Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, etwa 6%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Brustwirbelsäule, zwischen 10 und 15%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule, Irritation des linksseitigen Kreuz-Darmbeingelenks mit daraus resultierenden rezidivierenden Ischialgien entsprechend Dermatom S1, endgradige Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk, endgradige Streckhemmung des rechten Zeigefingers und eine arthroskopisch objektivierte dritt- bis viertgradige Knorpelschädigung im rechten Kniegelenk ohne Ergussbildung am Gutachtenstag bei seitengleicher freier Beweglichkeit beider Kniegelenke ohne Belastung und eine im Seitenvergleich um 15 Grad verminderte Beugung im rechten Kniegelenk unter Belastung (bei Kniebeuge).
Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem nichtöffentlichen Termin am 09.03.2017 erörtert. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Im Anschluss an den Termin übersandte der Kläger weitere Befundberichte aus den Jahren 2000 bis 2009 (Bl. 138 ff. der Senatsakte). Mit Schreiben vom 30.03.2017 hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass sich eine geänderte Prozesslage aus den vorgelegten Arztberichten nicht ergäbe und an der beabsichtigten Vorgehensweise festgehalten werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Senatsakten sowie die beigezogenen Akten des SG und auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerechte Berufung der Beklagten, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und teilweise begründet.
Der Kläger hat für die Zeit vom 01.07.2012 bis 13.06.2014 einen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50. Soweit das SG mit Urteil vom 14.07.2015 einen GdB von 50 ohne zeitliche Beschränkung festgestellt hat, ist das Urteil unzutreffend und daher abzuändern. Die Klage ist abzuweisen, soweit ein GdB von 50 auch für die Zeit ab dem 14.06.2014 begehrt wird.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz bzw. bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung - wie im vorliegenden Fall - nach dem Zeitpunkt der Entscheidung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34).
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung seines im letzten Feststellungsbescheid vom 28.08.2009 mit einem GdB von 30 berücksichtigten Behinderungszustandes insoweit eingetreten ist, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen für die Zeit vom 01.07.2012 bis 13.06.2014 einen Gesamt-GdB von 50 bedingten. Eine Änderung dahingehend, dass ein Gesamt-GdB von 50 auch für die Zeit ab dem 14.06.2014 festzustellen wäre, liegt zur Überzeugung des Senats hingegen nicht vor.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, war jedenfalls ein höherer Einzel-GdB als 30 nicht anzunehmen.
Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11, juris).
Bei dem Kläger besteht insoweit eine 15%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule bei fehlenden sensiblem und motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens der Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, eine etwa 6%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Brustwirbelsäule, eine zwischen 10 und 15%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule sowie eine Irritation des linksseitigen Kreuz-Darmbeingelenks mit daraus resultierenden rezidivierenden Ischialgien entsprechend Dermatom S1. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. D. vom 19.01.2017.
Bei der Untersuchung durch Dr. D. am 27.12.2016 zeigte sich eine flachbogige linkskonvexe Seitausbiegung der Brustwirbelsäule und eine kompensatorische Gegenschwingung der Lendenwirbelsäule. In der Seitaufsicht bestand eine leicht vermehrte Kyphose (Krümmung der Wirbelsäule nach rückenwärts) der kopfnahen Brustwirbelsäulen-Hälfte bei sonst unauffälligem Wirbelsäulenprofil. Ein Klopfschmerz der Wirbelsäule fand sich nicht. Bei Stauchung der Wirbelsäule gab der Kläger Schmerzen im linken Kreuz-Darmbeingelenk (Iliosakralgelenk) an. Die paravertebrale gerade Rückenmuskulatur war in allen Wirbelsäulenabschnitten ordnungsgemäß ausgeprägt und zeigte einen regelrechten Muskel-Tonus (keinen Muskel-Hartspann). Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule war beim Kopfvorwärtsneigen (Kinn-/Brustbeinabstand: 3 cm) bis 50° möglich und damit nicht eingeschränkt, beim Kopfrückwärtsneigen (Kinn-/Brustbeinabstand: 19 cm) bis 40° möglich und damit endgradig eingeschränkt. Das Seitwärtsdrehen des Kopfes nach rechts wurde bis 50° durchgeführt und ist damit um ein Sechstel eingeschränkt, nach links bis 45° und ist damit um ein Viertel eingeschränkt. Das Neigen des Kopfes nach rechts wurde bis 40° durchgeführt und liegt damit im altersentsprechende Normbereich, nach links bis 30° und ist damit um ein Viertel eingeschränkt. Die Kraftprüfung der Kennmuskulatur von C5, C6, C7 und C8 ergab eine regelrechte Kraftentfaltung. Die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule war bei Prüfung der Oberkörper-Rotation im Sitzen mit fixierten Becken nach rechts bis 30° möglich und liegt damit im unteren Normbereich, nach links war sie bis 25° möglich und ist damit endgradig eingeschränkt. Das Neigen des Oberkörpers nach rechts und links war jeweils bis 30° möglich und liegt damit im unteren Normbereich. Beim Vorwärtsneigen entfaltete sich die Brustwirbelsäule vollständig (Ott‘sches Zeichen: 30/32 cm – Normalwert: 30/32 cm). Die Lendenwirbelsäule entfaltete sich beim Vorwärtsneigen zu 70 % (Schober‘sches Zeichen: 10/13,5 cm – Normalwert: 10/15 cm). Der dabei gemessene Finger-/Fußboden-Abstand betrug bei durchgestreckten Kniegelenken 24 cm. Der Brustwirbelsäulen-/Lendenwirbelsäule-Übergang entfaltete sich ca. 90 % (10/13,5 cm – Normalwert: 10/14 cm). Ein Ischias-Dehnungsschmerz konnte rechts wie links nicht ausgelöst werden (Lasègue‘sches Zeichen: beidseits negativ). Der Kläger gab ab 80° Beugung in den Hüftgelenken (mit jeweils gestrecktem Kniegelenk) lokalisierte Schmerzen im Kreuzbein an. Es lag beidseits wieder eine Großzehen- bzw. Fußheberschwäche noch eine Fußsenkerschwäche vor. Die Oberschenkelstreckmuskulatur konnte beidseits seitengleich kräftig angespannt werden. Die Kraftprüfung der Psoasmuskulatur ergab ebenfalls ein Kraftgrad von 5/5. Ein sogenannter Hustenschmerz und ein Überstreckungsschmerz wurde nicht angegeben. Insgesamt bestand bei der neurologischen Untersuchung der unteren Extremitäten kein Hinweis für ein motorisches oder sensibles Nervenwurzelreiz-Syndrom seitens lumbaler Spinalnerven. Das maximale Vor- bzw. Zurückneigen der Wirbelsäule ergab eine im unteren Normbereich liegende Gesamtbeweglichkeit im Stehen von 125°. Das maximale Rückneigen der Wirbelsäule war mit 20° endgradig eingeschränkt.
In der Gesamtschau können die Bewegungseinschränkung der Hals-, Brust-und Lendenwirbelsäule mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen eines Wirbelsäulenabschnitts gleichgesetzt werden, die einen GdB von 20 bedingen. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Pathologie des linken Iliosakralgelenks mit daraus resultierenden Ischialgien entsprechend Dermatom S1 ist die Funktionseinschränkung der Wirbelsäule insgesamt mit 30 zu bewerten. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Dr. D. an.
Im Funktionssystem des Rumpfes ist damit ein Einzel-GdB von 30 festzustellen. Diese Beurteilung wird auch durch das Gutachten des Dr. N vom 11.04.2012 sowie durch das Gutachten des Dr. R. vom 02.11.2012 gestützt.
Soweit Dr. Z. in seiner zeugenschaftlichen Auskunft vom 14.12.2015 mitgeteilt hat, dass die bei dem Kläger auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft rechtfertigten, lassen sich der Auskunft schon keine Befunde entnehmen, die diese Bewertung stützten ...
Im Funktionssystem der Arme konnte der Senat unter Berücksichtigung des Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) für die Zeit vom 01.07.2012 bis zum 13.06.2014 einen Einzel-GdB von 30 und für die Zeit ab dem 14.06.2014 einen Einzel-GdB von 10 feststellen.
Bei dem Kläger ist für die Zeit vom 01.07.2012 bis zum 13.06.2014 ein TOS festzustellen. Hierbei handelt es sich um ein Engpasssyndrom der oberen Thoraxapertur, bei welchem es zeitweise oder ständig zu einer Kompression des Arm-Gefäßnervenbündels kommt. Die klinischen Zeichen bzw. Symptome sind in Abhängigkeit von der Ursache und der Lokalisation des Engpasses durch Durchblutungsstörungen sowie Gefühlsstörungen und/oder Lähmungserscheinungen des Armes gekennzeichnet.
Eine eigenständige Bewertung des TOS enthalten die versorgungsmedizinischen Grundsätze nicht. Eine Bewertung ist daher in Analogie zu anderen Nervenausfällen vorzunehmen. Nach Teil B Nr. 18.13 der VG bedingt ein vollständiger Ausfall des Armplexus einen GdB von 80, ein Ausfall des oberen Armplexus einen GdB von 50 und des unteren Armplexus einen GdB von 60. Teilausfälle sind entsprechend geringer zu bewerten.
Bei der Untersuchung durch Dr. N verschwand ab ca. 30 Grad Armabduktion der Radialispuls. In Neutralstellung verschwand der Radialispuls unter tiefer Inspiration. Es bestanden Schmerzen und Sensibilitätsstörungen in beiden Händen und Unterarmen. Ein MRA der Schulter-Arm-Gefäße vom 15.03.2013 zeigte eine hochgradige Stenose der linken Arteria subclavia. Mit Dr. N und auch dem Beklagten geht der Senat davon aus, dass hierfür ein Teil-GdB von 30 seit dem 01.07.2012 anzunehmen ist. Auch der Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie Dr. B. teilt die Einschätzung des GdB.
Durch die Resektion der ersten Rippe links 05/2013 sowie rechts 04/2014 ist insoweit jedoch eine Besserung eingetreten. Dies entnimmt der Senat dem Befundbericht des Dr. C. vom 13.06.2014 über seine Befunderhebung am gleichen Tag (Bl. 28 der Senatsakte). Die Radialispulse in Ruhe und Abduktion der Arme über 90° waren gut tastbar, im Doppler zeigte sich ein guter Flow über A. rad und A. subclavia auch bei Abduktion über 90° beidseits. Die Sensibilitätsstörungen haben sich nach den Angaben des Klägers gebessert. Auch dem Reha-Entlassbrief vom 08.01.2016 der Reha-Klinik am K. (Bl. 38 ff. der Senatsakte) enthält keine Hinweise auf weiter bestehende Beschwerden. Elektrophysiologisch liegen keinerlei Beeinträchtigungen des zentralen oder peripheren Nervensystems vor. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. G.vom 10.10.2016.
Damit konnte der Senat für die Zeit ab dem 14.06.2014 keine Beeinträchtigungen durch das TOS mehr feststellen. Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind jedoch, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R, juris; Bayerisches LSG 05.02.2013 - L 15 SB 23/10, juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R, juris), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (BSG 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92, juris). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen. Der Senat konnte sich unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht davon überzeugen, dass sich für die Zeit ab dem 14.06.2014 Beeinträchtigungen aus dem TOS ergeben.
Anders als der Beklagte meint, gilt dies jedoch nicht schon für die Zeit ab dem 29.05.2013. Ausweislich der zeugenschaftlichen Auskunft des Dr. B. vom 17.07.2013 bestanden auch postoperativ persistierende Sensibilitätsstörungen und Schmerzen. Insoweit war zudem die Operation rechts abzuwarten.
Im Funktionssystem der Arme ist zudem ein Teil-GdB von 10 für die endgradige Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk festzustellen.
Nach Teil B Nr. 18.13 VG sind Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (ein-schließlich des Schultergürtels) mit einem GdB von 10 zu bewerten, wenn die Arm-hebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfä-higkeit gelingt. Ist eine Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich, ist ein GdB von 20 anzunehmen.
Bei der Untersuchung durch Dr. D. waren die Beweglichkeiten im rechten Schultergelenk frei, im linken Schultergelenk bestand hingegen eine endgradig eingeschränkte Armseitwärts- und Armvorwärtsanhebung sowie eine endgradig eingeschränkte Außenrotationsbeweglichkeit bei 90° seitwärts abgespreiztem Oberarm. Zwar liegt hinsichtlich der Vorwärtsanhebung im linken Schultergelenk eine Beweglichkeit bis 135° vor, allerdings ist die Seitwärtsanhebung lediglich bis 120° möglich, so dass insoweit ein Teil-GdB von 10 festzustellen ist.
Im Funktionssystem der konnte der Senat unter Berücksichtigung des Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) für die Zeit vom 01.07.2012 bis zum 13.06.2014 einen Einzel-GdB von 30 und für die Zeit ab dem 14.06.2014 einen Einzel-GdB von 10 feststellen.
Im Funktionssystem der Beine konnte der Senat unter Berücksichtigung von Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Knie sowie der Hüfte einen Einzel-GdB von 10 feststellen.
Die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Knie bedingen dabei jedenfalls keinen höheren Teil-GdB als 10.
Nach Teil B Nr. 18.14 VG rechtfertigen Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis 0-0-90 Grad) einseitig einen GdB von 0 bis 10, beidseitig einen GdB von 10 bis 20. Bewegungseinschränkungen mittleren Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0-10-90 Grad) bedingen einseitig einen GdB von 20 und beidseitig einen GdB von 40. Ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung rechtfertigen einen GdB von 10 bis 30, mit Bewegungseinschränkung einen GdB von 20 bis 40.
Bei dem Kläger besteht eine arthroskopisch objektivierte dritt- bis viertgradige Knorpelschädigung im rechten Kniegelenk ohne Ergussbildung bei seitengleicher freier Beweglichkeit beider Kniegelenke ohne Belastung und eine - im Seitenvergleich - um 15 Grad verminderte Beugung im rechten Kniegelenk unter Belastung. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. D ...
Bei der Untersuchung durch Dr. D. wurden in der Standphase beide Kniegelenke durchgestreckt, es bestand keine augenfällige Beinachsen-Fehlstellung. Die Beweglichkeit in beiden Kniegelenken war seitengleich vollständig. Einbeiniger Zehenstand, Zehengang, beidseitiger Fersenstand, Fersengang, Einbeinstand und Einbeinhüpfen wurden beidseits ohne Hilfestellung und ohne Gleichgewichtsstabilisierung regelrecht vorgeführt. Beim Barfußgang auf ebenem Boden zeigte sich ein sicheres, flüssiges Gangbild. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine regelrechte Kniegelenks-Silhouette ohne Anhalt für Ergussbildung beidseits. Es zeigte sich ein stabiler Kapsel-Bandapparat beidseits, Meniskuszeichen fanden sich nicht, ebenso wenig Hinweise für Kreuzbandlockerungen.
Der Senat konnte damit weder im linken noch im rechten Kniegelenk Bewegungsdefizite feststellen, die die Schwelle einer geringgradigen Bewegungseinschränkung i.S.d. Teil B Nr. 18.14 VG erreichen. Ohne Belastung beugt der Kläger das rechte Knie bis 125°, das linke Knie bis 150°. Auch anhaltende Reizerscheinungen, worunter längerfristig vorhandene sichtbare Veränderungen an den Kniegelenken in Form von Überwärmungen, Schwellungen oder Ergüssen zu verstehen sind, konnte der Senat nicht feststellen. Zwar machen die Knorpelschädigungen rezidivierende Kniegelenksergüsse plausibel, allerdings bestanden solche weder bei der Untersuchung durch Dr. R. am 29.10.2012, noch bei der Untersuchung durch Dr. N am 01.02.2013 oder bei der Untersuchung durch Dr. D. am 27.12.2016. Von anhaltenden Reizerscheinungen kann daher nicht ausgegangen werden.
Ein höherer Teil-GdB als 10 ist daher für die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Knie jedenfalls nicht festzustellen. Die festgestellten Knorpelschäden im rechten Kniegelenk ohne Bewegungseinschränkung und ohne anhaltende Reizerscheinungen rechtfertigen keine Höherbewertung. Nach den VG (Teil B 18.1) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB.
Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Hüfte. Auch insoweit ist ein höherer Teil-GdB als 10 jedenfalls nicht festzustellen. Nach Teil B Nr. 18.14 VG bedingen Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 10-20, beidseitig einen GdB von 20-30.
Bei dem Kläger besteht eine leichte Coxarthrose beidseits. Dies entnimmt der Senat dem radiologischen Befundbericht vom 09.03.2012 (Bl. 116 der Verwaltungsakte) sowie dem Gutachten des Dr. N. Bei der Untersuchung durch Dr. D. war die Beweglichkeit in beiden Hüftgelenken seitengleich vollständig. Bei Dr. N zeigte sich eine endgradig eingeschränkte Hüftgelenksbeweglichkeit. Bei der klinischen Untersuchung durch Dr. R. ergab sich eine Hüftbeugung von 100° rechts im Seitvergleich zu links in Rückenlage, beim Be- und Entkleiden funktionell geringfügig bessere Bewegungsausschläge. Es fand sich jedoch eine Einschränkung der Rotation bei 90° gebeugten Hüftgelenk. Etwas anderes ergibt sich auch weder aus dem Entlassbericht des Reha-Zentrums Schömberg vom 06.06.2011 (Flexion/Extension re 110-0-0°, li 130-0-0°) noch aus dem Befundschein des Orthopäden Dr. R. vom 17.04.2012 (Extension/Flexion re 0-0-130°).
Ein höherer Teil-GdB als 10 kann damit jedenfalls nicht festgestellt werden. Insgesamt ergibt sich aus dem Teil-GdB von 10 für die Hüftgelenke sowie einem Teil-GdB von 10 für die Knie kein höherer Einzel-GdB als 10 für das Funktionssystem der Beine. Der Teil-GdB von 10 für die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Hüfte ergibt sich lediglich aus der Innenrotationsstörung bei ansonsten unauffälligen, nach Teil B Nr. 18.14 VG noch keinen GdB bedingenden Bewegungsmaßen.
Im Funktionssystem der Atmung konnte der Senat einen Einzel-GdB von 10 feststellen.
Nach Teil B Nr. 8.2 der VG ist eine chronische Bronchitis als eigenständige Krankheit und ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion bei einer leichten Form (symptomfreie Intervalle über mehrere Monate, wenig Husten, geringer Auswurf) mit einem GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Eine schwere Form (fast kontinuierlich ausgiebiger Husten und Auswurf, häufig akute Schübe) rechtfertigt einen GdB von 20 bis 30.
Bei dem Kläger besteht eine chronisch obstruktive Bronchitis mit führender asthmatischer Komponente bei leichtgradiger Obstruktion. Dies entnimmt der Senat der zeugenschaftlichen Auskunft der Ärztin für Lungen- und Brochialheilkunde Malt vom 18.03.2016 sowie ihrem Befundbericht vom 18.01.2016. Bei dem Lungenfunktionstest am 14.01.2016 erreichte der Kläger für die Einsekundekapazität einen Wert von 90 % des Sollwertes und für die forcierte Vitalkapazität einen Wert von 89% des Sollwertes. Eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion lässt sich damit nicht feststellen. Ein höherer Einzel-GdB als 10 ist nicht anzunehmen.
Soweit die Ärztin Malt von einem GdB von 20 bis 40 ausgeht, rechtfertigen die von ihr mitgeteilten Befunde diese Annahme nicht. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Ärztin Malt selbst nur von einer leichtgradigen Einschränkung ausgeht.
Weitere GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen. Dies gilt namentlich für eine chronische Magenschleimhautentzündung, die lediglich einem einzigen Befundbericht (Bl. 12 der Verwaltungsakte) zu entnehmen ist. Funktionsbeeinträchtigungen durch eine Fettleber oder Lipome sind nicht nachgewiesen.
Auch sind bestehende Schmerzen nicht zusätzlich Teil-GdB-erhöhend zu berücksichtigen. Die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Nur wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden (vgl. VG Teil A 2j). Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit, die beim Kläger eine ärztliche Behandlung erfordert, lässt sich den vorliegenden Gutachten und den zu den Akten gelangten sonstigen medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von dem Kläger diesbezüglich zu den Akten gereichten Befundberichten (Bl. 139 ff. der Senatsakte), die weit zurückliegende Zeiträume betreffen. Dass aktuell eine besondere Schmerztherapie durchgeführt würde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch zeigte sich weder bei der Untersuchung durch Dr. N noch bei der Untersuchung durch Dr. D. eine besondere Schmerzsymptomatik. Dies gilt insbesondere auch für Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der unteren Extremitäten.
Der Sachverhalt ist mithin vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Damit ist bei dem Kläger für die Zeit vom 01.07.2012 bis 13.06.2014 ein Gesamt-GdB von 50 festzustellen, für die Zeit ab dem 14.06.2014 ist ein höherer Gesamt-GdB als 30 nicht festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt – entgegen der Auffassung des Klägers – in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB – nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder ein anderer Wert – fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind - z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 - L 8 SB 5215/13 - juris) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von
• 30 für das Funktionssystem des Rumpfes, • 30 für das Funktionssystem der Arme bis 13.06.2014, 10 ab 14.06.2014 • 10 für das Funktionssystem der Beine (Knie und Hüfte) • 10 für das Funktionssystem der Atmung,
wobei sich Einzel-GdB-Werte von 10 regelmäßig nicht erhöhend auswirken (Teil A Nr. 3 lit. d, ee VG). Die Feststellung eines GdB von 50 kommt nach Auffassung des Senats nur für die Zeit vom 01.07.2012 bis 13.06.2014 in Betracht. Durch die Operationen im Hinblick auf das TOS ist für die Zeit ab dem 14.06.2014 eine Besserung eingetreten, so dass ab diesem Zeitpunkt wiederum ein GdB von 30 festzustellen ist.
Die Berufung der Beklagten war daher teilweise begründet. Das Urteil des SG war entsprechend abzuändern.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz zu einem Viertel und im Berufungsverfahren zu einem Achtel.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob in den nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) festgestellten gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine derartige wesentliche Änderung eingetreten ist, dass ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 ohne zeitliche Begrenzung festzustellen ist.
Bei dem 1957 geborenen Kläger stellte das Landratsamt Heilbronn - Versorgungsamt (LRA) mit Bescheid vom 28.08.2009 (Bl. 25 der Verwaltungsakte) in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29.12.2009 (Bl. 68/70 der Verwaltungsakte) wegen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, einem Bandscheibenschaden (GdB 30) und einer chronischen Magenschleimhautentzündung (GdB 10) einen Gesamt-GdB von 30 seit dem 29.07.2009 fest.
Am 17.11.2011 stellte der Kläger beim LRA einen Antrag auf Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung der bisher berücksichtigten Gesundheitsstörungen bzw. neu aufgetretenen Gesundheitsstörungen (Bl. 79/80 der Verwaltungsakte).
Das LRA zog daraufhin den Entlassungsbericht des Reha-Zentrums S. vom 06.06.2011 bei, wo sich der Kläger vom 11.05.2011 bis 01.06.2011 in stationärer Behandlung befunden hat (Bl. 85/96 der Verwaltungsakte) und ließ diesen versorgungsmedizinischen auswerten.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr. H. vom 12.03.2012 lehnte das LRA den Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB mit Bescheid vom 22.03.2012 (Bl. 102/103 der Verwaltungsakte) ab. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen lägen vor: Degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, Bandscheibenschaden (GdB 30), chronische Magenschleimhautentzündung (GdB 10) und eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks (GdB 10). Die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien in vollem Umfang erfasst und unter Berücksichtigung der versorgungsmedizinischen Grundsätze mit dem bereits festgestellten GdB zutreffend bewertet.
Hiergegen erhob der Kläger am 04.04.2012 unter Vorlage eines Befundberichtes des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie PD Dr. P. vom 15.12.2011 Widerspruch (Bl. 105 der Verwaltungsakte) und führte zur Begründung an, sein gesundheitlicher Zustand habe sich gegenüber seinem ersten Antrag wesentlich verschlechtert. Die bei ihm festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führten fortlaufend zu längeren Arbeitsausfällen. Er benötige ständig Medikamente und physiotherapeutische Anwendungen sowie Reha-Maßnahmen. Zuletzt sei im Dezember 2011 eine Schulterarthroskopie links durchgeführt worden, die zu einem Arbeitsausfall von zwölf Wochen geführt habe.
Das LRA zog daraufhin einen Befundschein des Facharztes für Orthopädie Dr. R. vom 17.04.2012 bei (Bl. 110/112 der Verwaltungsakte) und ließ diesen versorgungsmedizinisch auswerten.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. H. vom 13.06.2012 wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2012 (Bl. 122/124 der Verwaltungsakte) zurück. Die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden.
Am 10.07.2012 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Begründung führte er an, Art und Auswirkungen der verschiedenen bei ihm vorliegenden Krankheiten sei nicht in ausreichendem Maße gewürdigt worden, so dass ein höherer GdB anzuerkennen sei. Der Sachverhalt sei nicht ausreichend aufgeklärt, da bislang die von seinem Hausarzt erwähnten Erkrankungen myofasziales Schmerzsyndrom, Fettleber und Lipom sowie die beidseitige Coxarthrose unberücksichtigt geblieben seien. Auch hätten sich die orthopädische Leiden weiter verschlimmert. Er sei zudem ganz wesentlichen seiner Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit eingeschränkt und dadurch in seiner Möglichkeit der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt.
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts zog das SG Befundberichte des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie PD Dr. P. (Bl. 25/30 der SG-Akte), des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Stock (Bl. 31/38 der SG-Akte) und des Hausarztes Kraft (Bl. 39/42 der SG-Akte) bei.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG das orthopädische Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. R. vom 02.11.2012, der den Kläger am 29.10.2012 persönlich untersuchte (Bl. 46 ff. der SG-Akte). Bei dem Kläger bestünden folgende Funktionsbeeinträchtigung: Degenerative Verschleißveränderungen der Halswirbelsäule in Höhe C5/6 bei anamnestisch angegebenen Bandscheibenvorfall mit hälftiger Einschränkung der Seitwärtsdrehung, drittelseitiger Einschränkung der Seitwärtsneigung als auch Nickbewegung ohne objektivierbare neurologische Ausfallerscheinungen mit wiederkehrender muskulärer statischer Schmerz-und Reizsymptomatik, leichtgradige Formveränderung der Brustwirbelsäule ohne vorauseilende Abnutzungserscheinungen oder funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit, Verschleißveränderungen der Lendenwirbelsäule mit muskulären statischen lumboischialgieform geklagten Schmerzen mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit und muskulären statischen Beschwerden ohne objektivierbare eindeutige Ausfallerscheinungen bei anamnestisch beschriebenen S1-Degeneration (laut neurologischen Befundbericht Schwerbehindertenakte), vorauseilender Verschleiß des Hüftgelenkes mit aktiviertem Reizzustand, endgradige Einschränkung der Beweglichkeit rechts im Seitvergleich zu links, Abnutzungserscheinungen beider Kniegelenke bei Meniskusschaden, kleiner Bakerzystenbildung, mit belastungsabhängiger Schmerz-und Reizsymptomatik ohne funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit am Untersuchungstage, linksseitiger Knick-Senk-Spreizfuß leichtgradig ohne endgradige Funktionsstörung der Geh- und Stehfähigkeit, operativ versorgtes Einklemmphänomen der Supraspinatussehne links mit belastungsabhängiger Schmerz-und Reizsymptomatik und endgradige Einschränkung der Beweglichkeit, Ellengelenksbeschwerden ohne funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit rechtzeitig, Handgelenksbeschwerden rechts angegeben ohne funktionelle Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit oder Greiffähigkeit. Es werde unverändert ein Gesamt-GdB von 30 zu Anerkennung vorgeschlagen.
Das SG erhob sodann auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das orthopädische Gutachten des Arztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. N vom 11.04.2012, der den Kläger am 01.02.2013 persönlich untersuchte. Bei dem Kläger bestehe ein im Vorgutachten nicht berücksichtigtes Thoracic-Outlet-Syndrom (TOS), für welches in Analogie zu anderen Plexusläsionen ein GdB von 30 angemessen sei. Ansonsten werde der GdB-Vorbewertung im Großen und Ganzen zugestimmt. Der Gesamt GdB betrage derzeit unter Aufnahme des TOS 50.
Mit Schreiben vom 29.04.2013 unterbreitete der Beklagte unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. W. vom 26.04.2013 ein Vergleichsangebot, wonach der GdB 50 ab dem 01.07.2012 bis zum 31.03.2013 betrage. Mit Hinweis auf eine am 29.05.2013 stattfindende Operation lehnte der Kläger die Annahme des Vergleichsangebotes ab. Mit Schreiben vom 03.06.2013 unterbreitete der Beklagte daraufhin ein erweitertes Vergleichsangebot, wonach der Grad der Behinderung 50 ab dem 01.07.2012 bis zum 29.05.2013 betrage, dessen Annahme der Kläger ebenfalls ablehnte.
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG weiter Beweis durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie Dr. B. gab unter Vorlage weiterer Befundberichte an (Auskunft vom 17.07.2013 – Bl. 167 ff. der SG-Akte), bei dem Kläger bestünde ein TOS Syndrom links mit neurogener und vaskulärer Ausprägung und Läsion des Plexus Brachialis, Resektion der ersten Rippe am 29.05.2013. Es handele sich um eine mittel- bis schwergradige Störung des linken Armes. Es bleibe jedoch abzuwarten, wie weit sich nach der operativen Therapie eine Normalisierung der Beschwerden einstelle. Eine endgültige Bewertung könne frühestens in zwei bis drei Monaten vorgenommen werden. Ergänzend teilte er mit Schreiben vom 27.11.2013 (Bl. 179 der SG-Akte) mit, der Kläger klage auch postoperativ über Beschwerden im linken Arm. Eine Operation der rechten Seite sei geplant. Die Bewertung des TOS mit einem Teil-GdB von 30 sei weiterhin zutreffend. Nach der operativen Therapie der rechten Seite sei eine erneute Begutachtung durchzuführen. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. gab an (Auskunft vom 25.04.2014 - Bl. 191 ff. der SG-Akte), bei dem Kläger bestünden auf orthopädischem Fachgebiet die Voraussetzungen für die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft. Der Kläger legte den Entlassungsbericht der SLK-Kliniken H. vom 31.03.2014 vor, wo am 25.03.2014 die endoskopische Resektion der ersten Rippe rechts erfolgt war.
Mit Urteil vom 14.07.2015 verurteilte das SG den Beklagten, bei dem Kläger einen GdB von 50 seit dem 01.07.2012 festzustellen und wies die Klage im Übrigen ab. Für die beim Kläger vorliegenden Funktionseinschränkungen könne ein Gesamt-GdB von 30 ab dem 16.06.2009 angenommen werden Dieser erhöhe sich ab dem 01.07.2012 wegen des vom Gutachter Dr. N diagnostizierten TOS auf einen Gesamt-GdB von 50. Hierfür sei im Vergleich zu sonstigen Plexusläsionen ein Teil-GdB von 30 angemessen. Dem Gericht lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Funktionsbehinderung des Klägers durch die an jeder Seite durchgeführte Operation gebessert habe.
Gegen das dem Beklagten am 29.07.2015 zugestellte Urteil hat dieser am 19.08.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung führte er an, mangels ausreichender Sachaufklärung sei zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung nicht bekannt gewesen, welcher Dauerzustand nach der Resektion der ersten Rippe tatsächlich vorliege und ob die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Beeinträchtigungen seitens des TOS im Zeitpunkt des Urteilsspruchs noch bestanden hätten und einen Teil-GdB von 30 rechtfertigten. Dies sei äußerst unwahrscheinlich, so dass die Verurteilung des Beklagten zur Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 ohne zeitliche Begrenzung im Zeitpunkt des Urteilsspruchs weder der Sach- noch der Rechtslage entsprochen hätten.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.07.2015 aufzuheben, soweit dieses über das Vergleichsangebot des Beklagten vom 03.06.2013 (GdB 50 vom 01.07.2012 bis 29.05.2013) hinausgeht.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sowohl das Gutachten des Dr. N als auch die zeugenschaftliche Aussage des Dr. S. stützten die Annahme einer Schwerbehinderung.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirugie Dr. B. hat unter Vorlage weiterer Befundberichte mitgeteilt (Auskunft vom 20.11.2015 - Bl. 24 ff. der Senatsakte), der Kläger sei seit der letzten Auskunft lediglich einmal am 10.11.2015 vorstellig geworden. Der Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich nicht verändert. Der GdB hinsichtlich des TOS betrage weiterhin 30. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Z. hat angegeben (Auskunft vom 14.12.2015 - Bl. 29 ff der Senatsakte), bei dem Kläger bestünden weiterhin chronifizierte und in letzter Zeit deutlich zunehmende Beschwerden, die weiterhin die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft rechtfertigten. Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Malt hat mitgeteilt (Auskunft vom 18.03.2016 - Bl. 65 ff. der Senatsakte) bei dem Kläger bestehe eine chronisch obstruktive Bronchitis mit führender asthmatischer Komponente - aktuell leichtgradige Obstruktion sowie eine Verdacht auf eine chronische Urtikaria. Bezüglich der chronisch obstruktiven Erkrankung sei eine leichtgradige Einschränkung mit 20 bis 40 % nach GdB/MdE-Tabelle festzustellen.
Der Senat hat zudem den Entlassbericht der Rehaklinik A. K. vom 08.01.2016 beigezogen (Bl. 38 ff. der SG-Akte), wo sich der Kläger in der Zeit vom 15.10.2015 bis 05.11.2015 in stationärer Behandlung befand.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts das neurologische Gutachten des Prof. Dr. G. vom 10.10.2016 erhoben, der den Kläger am 28.09.2016 persönlich untersucht hat (Bl. 78 ff der Senatsakte). Auf neurologischem Fachgebiet bestünden keine Gesundheitsstörungen. Zwar könne keine kompetente Beurteilung der orthopädischen Beeinträchtigungen erfolgen, mit Sicherheit liege aber keinerlei Funktionsbeeinträchtigung im Sinne einer vollständigen Armplexusparese oder eines Ausfalls peripherer Nerven im Arm vor. Ein zusätzlicher GdB für das TOS analog einer Plexusschädigung im Arm sei daher nicht angemessen. Zu der orthopädischen Gesamteinschätzung könne nicht Stellung genommen werden.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts Beweis erhoben durch Einholung des orthopädischen Gutachtens des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. D. vom 19.01.2017, der den Kläger am 27.12.2016 persönlich untersucht hat. Auf orthopädischem Fachgebiet lägen bei dem Kläger folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: 15%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule bei fehlenden sensiblem und motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens der Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, etwa 6%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Brustwirbelsäule, zwischen 10 und 15%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule, Irritation des linksseitigen Kreuz-Darmbeingelenks mit daraus resultierenden rezidivierenden Ischialgien entsprechend Dermatom S1, endgradige Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk, endgradige Streckhemmung des rechten Zeigefingers und eine arthroskopisch objektivierte dritt- bis viertgradige Knorpelschädigung im rechten Kniegelenk ohne Ergussbildung am Gutachtenstag bei seitengleicher freier Beweglichkeit beider Kniegelenke ohne Belastung und eine im Seitenvergleich um 15 Grad verminderte Beugung im rechten Kniegelenk unter Belastung (bei Kniebeuge).
Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem nichtöffentlichen Termin am 09.03.2017 erörtert. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Im Anschluss an den Termin übersandte der Kläger weitere Befundberichte aus den Jahren 2000 bis 2009 (Bl. 138 ff. der Senatsakte). Mit Schreiben vom 30.03.2017 hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass sich eine geänderte Prozesslage aus den vorgelegten Arztberichten nicht ergäbe und an der beabsichtigten Vorgehensweise festgehalten werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Senatsakten sowie die beigezogenen Akten des SG und auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerechte Berufung der Beklagten, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und teilweise begründet.
Der Kläger hat für die Zeit vom 01.07.2012 bis 13.06.2014 einen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50. Soweit das SG mit Urteil vom 14.07.2015 einen GdB von 50 ohne zeitliche Beschränkung festgestellt hat, ist das Urteil unzutreffend und daher abzuändern. Die Klage ist abzuweisen, soweit ein GdB von 50 auch für die Zeit ab dem 14.06.2014 begehrt wird.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz bzw. bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung - wie im vorliegenden Fall - nach dem Zeitpunkt der Entscheidung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34).
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung seines im letzten Feststellungsbescheid vom 28.08.2009 mit einem GdB von 30 berücksichtigten Behinderungszustandes insoweit eingetreten ist, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen für die Zeit vom 01.07.2012 bis 13.06.2014 einen Gesamt-GdB von 50 bedingten. Eine Änderung dahingehend, dass ein Gesamt-GdB von 50 auch für die Zeit ab dem 14.06.2014 festzustellen wäre, liegt zur Überzeugung des Senats hingegen nicht vor.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, war jedenfalls ein höherer Einzel-GdB als 30 nicht anzunehmen.
Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11, juris).
Bei dem Kläger besteht insoweit eine 15%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule bei fehlenden sensiblem und motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens der Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, eine etwa 6%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Brustwirbelsäule, eine zwischen 10 und 15%ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule sowie eine Irritation des linksseitigen Kreuz-Darmbeingelenks mit daraus resultierenden rezidivierenden Ischialgien entsprechend Dermatom S1. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. D. vom 19.01.2017.
Bei der Untersuchung durch Dr. D. am 27.12.2016 zeigte sich eine flachbogige linkskonvexe Seitausbiegung der Brustwirbelsäule und eine kompensatorische Gegenschwingung der Lendenwirbelsäule. In der Seitaufsicht bestand eine leicht vermehrte Kyphose (Krümmung der Wirbelsäule nach rückenwärts) der kopfnahen Brustwirbelsäulen-Hälfte bei sonst unauffälligem Wirbelsäulenprofil. Ein Klopfschmerz der Wirbelsäule fand sich nicht. Bei Stauchung der Wirbelsäule gab der Kläger Schmerzen im linken Kreuz-Darmbeingelenk (Iliosakralgelenk) an. Die paravertebrale gerade Rückenmuskulatur war in allen Wirbelsäulenabschnitten ordnungsgemäß ausgeprägt und zeigte einen regelrechten Muskel-Tonus (keinen Muskel-Hartspann). Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule war beim Kopfvorwärtsneigen (Kinn-/Brustbeinabstand: 3 cm) bis 50° möglich und damit nicht eingeschränkt, beim Kopfrückwärtsneigen (Kinn-/Brustbeinabstand: 19 cm) bis 40° möglich und damit endgradig eingeschränkt. Das Seitwärtsdrehen des Kopfes nach rechts wurde bis 50° durchgeführt und ist damit um ein Sechstel eingeschränkt, nach links bis 45° und ist damit um ein Viertel eingeschränkt. Das Neigen des Kopfes nach rechts wurde bis 40° durchgeführt und liegt damit im altersentsprechende Normbereich, nach links bis 30° und ist damit um ein Viertel eingeschränkt. Die Kraftprüfung der Kennmuskulatur von C5, C6, C7 und C8 ergab eine regelrechte Kraftentfaltung. Die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule war bei Prüfung der Oberkörper-Rotation im Sitzen mit fixierten Becken nach rechts bis 30° möglich und liegt damit im unteren Normbereich, nach links war sie bis 25° möglich und ist damit endgradig eingeschränkt. Das Neigen des Oberkörpers nach rechts und links war jeweils bis 30° möglich und liegt damit im unteren Normbereich. Beim Vorwärtsneigen entfaltete sich die Brustwirbelsäule vollständig (Ott‘sches Zeichen: 30/32 cm – Normalwert: 30/32 cm). Die Lendenwirbelsäule entfaltete sich beim Vorwärtsneigen zu 70 % (Schober‘sches Zeichen: 10/13,5 cm – Normalwert: 10/15 cm). Der dabei gemessene Finger-/Fußboden-Abstand betrug bei durchgestreckten Kniegelenken 24 cm. Der Brustwirbelsäulen-/Lendenwirbelsäule-Übergang entfaltete sich ca. 90 % (10/13,5 cm – Normalwert: 10/14 cm). Ein Ischias-Dehnungsschmerz konnte rechts wie links nicht ausgelöst werden (Lasègue‘sches Zeichen: beidseits negativ). Der Kläger gab ab 80° Beugung in den Hüftgelenken (mit jeweils gestrecktem Kniegelenk) lokalisierte Schmerzen im Kreuzbein an. Es lag beidseits wieder eine Großzehen- bzw. Fußheberschwäche noch eine Fußsenkerschwäche vor. Die Oberschenkelstreckmuskulatur konnte beidseits seitengleich kräftig angespannt werden. Die Kraftprüfung der Psoasmuskulatur ergab ebenfalls ein Kraftgrad von 5/5. Ein sogenannter Hustenschmerz und ein Überstreckungsschmerz wurde nicht angegeben. Insgesamt bestand bei der neurologischen Untersuchung der unteren Extremitäten kein Hinweis für ein motorisches oder sensibles Nervenwurzelreiz-Syndrom seitens lumbaler Spinalnerven. Das maximale Vor- bzw. Zurückneigen der Wirbelsäule ergab eine im unteren Normbereich liegende Gesamtbeweglichkeit im Stehen von 125°. Das maximale Rückneigen der Wirbelsäule war mit 20° endgradig eingeschränkt.
In der Gesamtschau können die Bewegungseinschränkung der Hals-, Brust-und Lendenwirbelsäule mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen eines Wirbelsäulenabschnitts gleichgesetzt werden, die einen GdB von 20 bedingen. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Pathologie des linken Iliosakralgelenks mit daraus resultierenden Ischialgien entsprechend Dermatom S1 ist die Funktionseinschränkung der Wirbelsäule insgesamt mit 30 zu bewerten. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Dr. D. an.
Im Funktionssystem des Rumpfes ist damit ein Einzel-GdB von 30 festzustellen. Diese Beurteilung wird auch durch das Gutachten des Dr. N vom 11.04.2012 sowie durch das Gutachten des Dr. R. vom 02.11.2012 gestützt.
Soweit Dr. Z. in seiner zeugenschaftlichen Auskunft vom 14.12.2015 mitgeteilt hat, dass die bei dem Kläger auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft rechtfertigten, lassen sich der Auskunft schon keine Befunde entnehmen, die diese Bewertung stützten ...
Im Funktionssystem der Arme konnte der Senat unter Berücksichtigung des Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) für die Zeit vom 01.07.2012 bis zum 13.06.2014 einen Einzel-GdB von 30 und für die Zeit ab dem 14.06.2014 einen Einzel-GdB von 10 feststellen.
Bei dem Kläger ist für die Zeit vom 01.07.2012 bis zum 13.06.2014 ein TOS festzustellen. Hierbei handelt es sich um ein Engpasssyndrom der oberen Thoraxapertur, bei welchem es zeitweise oder ständig zu einer Kompression des Arm-Gefäßnervenbündels kommt. Die klinischen Zeichen bzw. Symptome sind in Abhängigkeit von der Ursache und der Lokalisation des Engpasses durch Durchblutungsstörungen sowie Gefühlsstörungen und/oder Lähmungserscheinungen des Armes gekennzeichnet.
Eine eigenständige Bewertung des TOS enthalten die versorgungsmedizinischen Grundsätze nicht. Eine Bewertung ist daher in Analogie zu anderen Nervenausfällen vorzunehmen. Nach Teil B Nr. 18.13 der VG bedingt ein vollständiger Ausfall des Armplexus einen GdB von 80, ein Ausfall des oberen Armplexus einen GdB von 50 und des unteren Armplexus einen GdB von 60. Teilausfälle sind entsprechend geringer zu bewerten.
Bei der Untersuchung durch Dr. N verschwand ab ca. 30 Grad Armabduktion der Radialispuls. In Neutralstellung verschwand der Radialispuls unter tiefer Inspiration. Es bestanden Schmerzen und Sensibilitätsstörungen in beiden Händen und Unterarmen. Ein MRA der Schulter-Arm-Gefäße vom 15.03.2013 zeigte eine hochgradige Stenose der linken Arteria subclavia. Mit Dr. N und auch dem Beklagten geht der Senat davon aus, dass hierfür ein Teil-GdB von 30 seit dem 01.07.2012 anzunehmen ist. Auch der Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie Dr. B. teilt die Einschätzung des GdB.
Durch die Resektion der ersten Rippe links 05/2013 sowie rechts 04/2014 ist insoweit jedoch eine Besserung eingetreten. Dies entnimmt der Senat dem Befundbericht des Dr. C. vom 13.06.2014 über seine Befunderhebung am gleichen Tag (Bl. 28 der Senatsakte). Die Radialispulse in Ruhe und Abduktion der Arme über 90° waren gut tastbar, im Doppler zeigte sich ein guter Flow über A. rad und A. subclavia auch bei Abduktion über 90° beidseits. Die Sensibilitätsstörungen haben sich nach den Angaben des Klägers gebessert. Auch dem Reha-Entlassbrief vom 08.01.2016 der Reha-Klinik am K. (Bl. 38 ff. der Senatsakte) enthält keine Hinweise auf weiter bestehende Beschwerden. Elektrophysiologisch liegen keinerlei Beeinträchtigungen des zentralen oder peripheren Nervensystems vor. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. G.vom 10.10.2016.
Damit konnte der Senat für die Zeit ab dem 14.06.2014 keine Beeinträchtigungen durch das TOS mehr feststellen. Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind jedoch, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R, juris; Bayerisches LSG 05.02.2013 - L 15 SB 23/10, juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R, juris), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (BSG 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92, juris). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen. Der Senat konnte sich unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht davon überzeugen, dass sich für die Zeit ab dem 14.06.2014 Beeinträchtigungen aus dem TOS ergeben.
Anders als der Beklagte meint, gilt dies jedoch nicht schon für die Zeit ab dem 29.05.2013. Ausweislich der zeugenschaftlichen Auskunft des Dr. B. vom 17.07.2013 bestanden auch postoperativ persistierende Sensibilitätsstörungen und Schmerzen. Insoweit war zudem die Operation rechts abzuwarten.
Im Funktionssystem der Arme ist zudem ein Teil-GdB von 10 für die endgradige Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk festzustellen.
Nach Teil B Nr. 18.13 VG sind Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (ein-schließlich des Schultergürtels) mit einem GdB von 10 zu bewerten, wenn die Arm-hebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfä-higkeit gelingt. Ist eine Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich, ist ein GdB von 20 anzunehmen.
Bei der Untersuchung durch Dr. D. waren die Beweglichkeiten im rechten Schultergelenk frei, im linken Schultergelenk bestand hingegen eine endgradig eingeschränkte Armseitwärts- und Armvorwärtsanhebung sowie eine endgradig eingeschränkte Außenrotationsbeweglichkeit bei 90° seitwärts abgespreiztem Oberarm. Zwar liegt hinsichtlich der Vorwärtsanhebung im linken Schultergelenk eine Beweglichkeit bis 135° vor, allerdings ist die Seitwärtsanhebung lediglich bis 120° möglich, so dass insoweit ein Teil-GdB von 10 festzustellen ist.
Im Funktionssystem der konnte der Senat unter Berücksichtigung des Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) für die Zeit vom 01.07.2012 bis zum 13.06.2014 einen Einzel-GdB von 30 und für die Zeit ab dem 14.06.2014 einen Einzel-GdB von 10 feststellen.
Im Funktionssystem der Beine konnte der Senat unter Berücksichtigung von Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Knie sowie der Hüfte einen Einzel-GdB von 10 feststellen.
Die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Knie bedingen dabei jedenfalls keinen höheren Teil-GdB als 10.
Nach Teil B Nr. 18.14 VG rechtfertigen Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis 0-0-90 Grad) einseitig einen GdB von 0 bis 10, beidseitig einen GdB von 10 bis 20. Bewegungseinschränkungen mittleren Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0-10-90 Grad) bedingen einseitig einen GdB von 20 und beidseitig einen GdB von 40. Ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung rechtfertigen einen GdB von 10 bis 30, mit Bewegungseinschränkung einen GdB von 20 bis 40.
Bei dem Kläger besteht eine arthroskopisch objektivierte dritt- bis viertgradige Knorpelschädigung im rechten Kniegelenk ohne Ergussbildung bei seitengleicher freier Beweglichkeit beider Kniegelenke ohne Belastung und eine - im Seitenvergleich - um 15 Grad verminderte Beugung im rechten Kniegelenk unter Belastung. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. D ...
Bei der Untersuchung durch Dr. D. wurden in der Standphase beide Kniegelenke durchgestreckt, es bestand keine augenfällige Beinachsen-Fehlstellung. Die Beweglichkeit in beiden Kniegelenken war seitengleich vollständig. Einbeiniger Zehenstand, Zehengang, beidseitiger Fersenstand, Fersengang, Einbeinstand und Einbeinhüpfen wurden beidseits ohne Hilfestellung und ohne Gleichgewichtsstabilisierung regelrecht vorgeführt. Beim Barfußgang auf ebenem Boden zeigte sich ein sicheres, flüssiges Gangbild. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine regelrechte Kniegelenks-Silhouette ohne Anhalt für Ergussbildung beidseits. Es zeigte sich ein stabiler Kapsel-Bandapparat beidseits, Meniskuszeichen fanden sich nicht, ebenso wenig Hinweise für Kreuzbandlockerungen.
Der Senat konnte damit weder im linken noch im rechten Kniegelenk Bewegungsdefizite feststellen, die die Schwelle einer geringgradigen Bewegungseinschränkung i.S.d. Teil B Nr. 18.14 VG erreichen. Ohne Belastung beugt der Kläger das rechte Knie bis 125°, das linke Knie bis 150°. Auch anhaltende Reizerscheinungen, worunter längerfristig vorhandene sichtbare Veränderungen an den Kniegelenken in Form von Überwärmungen, Schwellungen oder Ergüssen zu verstehen sind, konnte der Senat nicht feststellen. Zwar machen die Knorpelschädigungen rezidivierende Kniegelenksergüsse plausibel, allerdings bestanden solche weder bei der Untersuchung durch Dr. R. am 29.10.2012, noch bei der Untersuchung durch Dr. N am 01.02.2013 oder bei der Untersuchung durch Dr. D. am 27.12.2016. Von anhaltenden Reizerscheinungen kann daher nicht ausgegangen werden.
Ein höherer Teil-GdB als 10 ist daher für die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Knie jedenfalls nicht festzustellen. Die festgestellten Knorpelschäden im rechten Kniegelenk ohne Bewegungseinschränkung und ohne anhaltende Reizerscheinungen rechtfertigen keine Höherbewertung. Nach den VG (Teil B 18.1) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB.
Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Hüfte. Auch insoweit ist ein höherer Teil-GdB als 10 jedenfalls nicht festzustellen. Nach Teil B Nr. 18.14 VG bedingen Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 10-20, beidseitig einen GdB von 20-30.
Bei dem Kläger besteht eine leichte Coxarthrose beidseits. Dies entnimmt der Senat dem radiologischen Befundbericht vom 09.03.2012 (Bl. 116 der Verwaltungsakte) sowie dem Gutachten des Dr. N. Bei der Untersuchung durch Dr. D. war die Beweglichkeit in beiden Hüftgelenken seitengleich vollständig. Bei Dr. N zeigte sich eine endgradig eingeschränkte Hüftgelenksbeweglichkeit. Bei der klinischen Untersuchung durch Dr. R. ergab sich eine Hüftbeugung von 100° rechts im Seitvergleich zu links in Rückenlage, beim Be- und Entkleiden funktionell geringfügig bessere Bewegungsausschläge. Es fand sich jedoch eine Einschränkung der Rotation bei 90° gebeugten Hüftgelenk. Etwas anderes ergibt sich auch weder aus dem Entlassbericht des Reha-Zentrums Schömberg vom 06.06.2011 (Flexion/Extension re 110-0-0°, li 130-0-0°) noch aus dem Befundschein des Orthopäden Dr. R. vom 17.04.2012 (Extension/Flexion re 0-0-130°).
Ein höherer Teil-GdB als 10 kann damit jedenfalls nicht festgestellt werden. Insgesamt ergibt sich aus dem Teil-GdB von 10 für die Hüftgelenke sowie einem Teil-GdB von 10 für die Knie kein höherer Einzel-GdB als 10 für das Funktionssystem der Beine. Der Teil-GdB von 10 für die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Hüfte ergibt sich lediglich aus der Innenrotationsstörung bei ansonsten unauffälligen, nach Teil B Nr. 18.14 VG noch keinen GdB bedingenden Bewegungsmaßen.
Im Funktionssystem der Atmung konnte der Senat einen Einzel-GdB von 10 feststellen.
Nach Teil B Nr. 8.2 der VG ist eine chronische Bronchitis als eigenständige Krankheit und ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion bei einer leichten Form (symptomfreie Intervalle über mehrere Monate, wenig Husten, geringer Auswurf) mit einem GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Eine schwere Form (fast kontinuierlich ausgiebiger Husten und Auswurf, häufig akute Schübe) rechtfertigt einen GdB von 20 bis 30.
Bei dem Kläger besteht eine chronisch obstruktive Bronchitis mit führender asthmatischer Komponente bei leichtgradiger Obstruktion. Dies entnimmt der Senat der zeugenschaftlichen Auskunft der Ärztin für Lungen- und Brochialheilkunde Malt vom 18.03.2016 sowie ihrem Befundbericht vom 18.01.2016. Bei dem Lungenfunktionstest am 14.01.2016 erreichte der Kläger für die Einsekundekapazität einen Wert von 90 % des Sollwertes und für die forcierte Vitalkapazität einen Wert von 89% des Sollwertes. Eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion lässt sich damit nicht feststellen. Ein höherer Einzel-GdB als 10 ist nicht anzunehmen.
Soweit die Ärztin Malt von einem GdB von 20 bis 40 ausgeht, rechtfertigen die von ihr mitgeteilten Befunde diese Annahme nicht. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Ärztin Malt selbst nur von einer leichtgradigen Einschränkung ausgeht.
Weitere GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen. Dies gilt namentlich für eine chronische Magenschleimhautentzündung, die lediglich einem einzigen Befundbericht (Bl. 12 der Verwaltungsakte) zu entnehmen ist. Funktionsbeeinträchtigungen durch eine Fettleber oder Lipome sind nicht nachgewiesen.
Auch sind bestehende Schmerzen nicht zusätzlich Teil-GdB-erhöhend zu berücksichtigen. Die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Nur wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden (vgl. VG Teil A 2j). Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit, die beim Kläger eine ärztliche Behandlung erfordert, lässt sich den vorliegenden Gutachten und den zu den Akten gelangten sonstigen medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von dem Kläger diesbezüglich zu den Akten gereichten Befundberichten (Bl. 139 ff. der Senatsakte), die weit zurückliegende Zeiträume betreffen. Dass aktuell eine besondere Schmerztherapie durchgeführt würde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch zeigte sich weder bei der Untersuchung durch Dr. N noch bei der Untersuchung durch Dr. D. eine besondere Schmerzsymptomatik. Dies gilt insbesondere auch für Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der unteren Extremitäten.
Der Sachverhalt ist mithin vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Damit ist bei dem Kläger für die Zeit vom 01.07.2012 bis 13.06.2014 ein Gesamt-GdB von 50 festzustellen, für die Zeit ab dem 14.06.2014 ist ein höherer Gesamt-GdB als 30 nicht festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt – entgegen der Auffassung des Klägers – in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB – nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder ein anderer Wert – fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind - z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 - L 8 SB 5215/13 - juris) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von
• 30 für das Funktionssystem des Rumpfes, • 30 für das Funktionssystem der Arme bis 13.06.2014, 10 ab 14.06.2014 • 10 für das Funktionssystem der Beine (Knie und Hüfte) • 10 für das Funktionssystem der Atmung,
wobei sich Einzel-GdB-Werte von 10 regelmäßig nicht erhöhend auswirken (Teil A Nr. 3 lit. d, ee VG). Die Feststellung eines GdB von 50 kommt nach Auffassung des Senats nur für die Zeit vom 01.07.2012 bis 13.06.2014 in Betracht. Durch die Operationen im Hinblick auf das TOS ist für die Zeit ab dem 14.06.2014 eine Besserung eingetreten, so dass ab diesem Zeitpunkt wiederum ein GdB von 30 festzustellen ist.
Die Berufung der Beklagten war daher teilweise begründet. Das Urteil des SG war entsprechend abzuändern.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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