L 6 SB 3202/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 SB 2591/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 3202/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft.

Der 1952 geborene Kläger, welcher die deutsche und kosovarische Staatsangehörigkeit besitzt, wuchs im K. auf und ist Rechtshänder. Er reiste 1971 in die Bundesrepublik Deutschland ein, ist verheiratet sowie Vater von sieben Töchtern und eines Sohnes. 1991 stürzte er bei der Arbeit aus etwa fünf Metern Höhe auf Beton, wobei er sich eine Fraktur des ersten Lendenwirbelkörpers zuzog. Mitte Oktober 2009 erlitt er einen Wegeunfall, indem sich sein Auto überschlug, er Verstauchung und Prellung der Halswirbelsäule und des Thorax wie eine Schulterprellung links erlitt. Seit 2006 bezieht er eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Bei ihm war zuletzt mit Bescheid vom 4. Oktober 2011 der GdB mit 40 seit 14. Oktober 2009 festgestellt worden. Dieser Feststellung lag die versorgungsärztliche Einschätzung von Dr. K. von September 2011 zugrunde, wonach eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen in diesem Bereich, Bandscheibenschäden, ein verheilter Wirbelbruch und ein chronisches Schmerzsyndrom einen Einzel-GdB von 30 sowie ein Schulter-Arm-Syndrom und eine Funktionsbehinderung des linken Schultergelenkes einen Einzel-GdB von 20 zur Folge hätten. Die psychovegetativen Störungen, der Bluthochdruck und das Prostataadenom erreichten jeweils nur einen Einzel-GdB von 10. Der beidseitig operierte Leistenbruch habe keinen GdB in messbarem Grad zur Folge.

Am 17. Januar 2013 beantragte er die Neufeststellung des GdB, wobei er neben einer Verschlimmerung der bereits berücksichtigten Gesundheitsstörungen geltend machte, Funktionsbehinderungen ergäben sich mittlerweile auch wegen Schmerzen im Bereich des rechten Sprunggelenkes und Fußes, Krampfadern und eines starken Sodbrennens.

Nachdem das Landratsamt E. von den behandelnden Ärzten des Klägers Befundberichte beigezogen hatte, bewertete die Versorgungsärztin Dr. H. im Juli 2013 die Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, unter Einschluss der Behinderungen wegen einer Spinalkanalstenose und einer Gebrauchseinschränkung des rechten Beines, weiterhin mit einem Einzel-GdB von 30. Funktionsbeeinträchtigungen wegen der Krampfadern und des Sodbrennens bestünden nicht. Daraufhin lehnte das Landratsamt E. den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 30. Juli 2013 ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2014 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 29. April 2014 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin B., dem Facharzt für Orthopädie Dr. R. und dem Facharzt für Urologie Dr. E. beigezogen hat, welche im September 2014 und im Folgemonat vorgelegt worden sind.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin B. hat mitgeteilt, der Kläger habe sich Ende Februar 2013 wegen zunehmender linksseitiger Beschwerden im Bereich des Unterbauches vorgestellt. Im Rahmen einer diagnostischen Koloskopie seien mehrere Divertikel ohne aktuellen Entzündungsbefund beschrieben worden. Er selbst habe einen deutlichen Druckschmerz ohne Abwehrspannung festgestellt. Nach einer Computertomographie des Abdomens sei eine divertikulitische Schleimhautverdickung ohne Abszess oder Infiltration der Umgebung beschrieben worden. Im Februar 2014 habe die Verschlimmerung beziehungsweise Persistenz der Unterbauchbeschwerden zu einer neuerlichen Darmspiegelung geführt. Zuletzt habe sich der Kläger Mitte September 2014 wegen orthostatischer Beschwerden vorgestellt. Er habe das Blutdruckmittel Losartan, 25 mg (1-0-0) seit Oktober 2010 eingenommen. Der Blutdruck sei mit 110/70 mmHg gemessen worden. Es habe sich um eine essentielle Hypertonie gehandelt, welche gut eingestellt gewesen sei.

Dr. R. hat ausgeführt, beim Kläger lägen mittelgradige Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hüfte vor, welche bereits in ungünstiger Stellung versteift sei. Eine Hüftdysplasie sei nicht erkannt worden. Wegen der Erkrankung des linken Schultergelenkes könne er den Arm nur um 90° heben, mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit. Zudem habe eine geringe Instabilität in diesem Bereich vorgelegen. Bei ihm lägen schwere Funktionseinschränkungen sowie Minderbelastbarkeiten der Hals- und Lendenwirbelsäule und der linken Schulter vor. Der GdB auf orthopädischem Fachgebiet liege über 50.

Dr. E. hat kundgetan, der Kläger leide an einem obstruktiven Prostataadenom und einer neuromuskulären Dysfunktion der Blase. Es bestünde indes kein Anhalt für ein Prostatakarzinom. Die Nierenfunktion sei ohne Befund gewesen, eine Einschränkung habe nicht festgestellt werden können. Das prostataspezifische Antigen (PSA) habe mit 3,49 ng/ml im oberen Normbereich gelegen. Der Wert für das Serumkreatinin habe 2 mg/dl nicht erreicht. Der sonographische Befund der Nieren sei nicht pathologisch gewesen.

Das SG hat aus dem beim SG parallel geführten Verfahren S 17 R 5497/13 zur Feststellung eines Rechts auf volle Erwerbsminderung die Gutachten des Orthopäden Dr. K. sowie des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Priv.-Doz. Dr. W. beigezogen.

Dr. K. hat nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 18. Juni 2014 ausgeführt, dieser habe eine fast aufgehobene Beweglichkeit im Bereich der Halswirbelsäule demonstriert. Bereits geringe Bewegungen hätten erhebliche Beschwerden ausgelöst. Er habe seinen Kopf in leichter Vorbeugung gehalten. Beim Ablegen in Bauchlage sei dieser nicht zur Seite gedreht worden. Neurologische, in das Dermatom reichende Ausstrahlungen im Bereich der oberen Extremitäten hätten beidseits nicht bestanden. Die Vorbeugung sei bis zu einem vergröberten Kinn-Jugulum-Abstand von 5 cm und in physiologischer Position bis 6 cm möglich gewesen. Eine weitere Reklination sei nicht vorgenommen worden. Im Bereich der Nackenstreckerkette habe sich eine lokale Schmerzauslösung gezeigt, primär angegeben linksbetont im oberen Teil, dann auch im Bereich des rechten Anteils und geringer im Bereich des Musculus levator scapulae. Im Stehen seien eine deutlich verstärkte Kyphose der Brustwirbelsäule und eine leicht verstärkte Lordose der Lendenwirbelsäule erkannt worden. Der Finger-Boden-Abstand habe 32 cm betragen. Das Zeichen nach Ott sei mit 30/31 cm und dasjenige nach Schober mit 10/12,5 cm gemessen worden. Die Seitneigung links/rechts sei um 15 bis 20° gelungen. Bei der Reklination habe das Zeichen nach Schober 8,5 cm betragen. Bei der Rotation des Oberkörpers bei fixiertem Becken seien die Werte nach der Neutral-0-Methode mit 15-0-15° gemessen worden. Im Bereich der linken Schulter habe der Kläger Beschwerden angegeben. Bei der Untersuchung habe sich eine funktionell wirksame Bewegungseinschränkung gezeigt, wozu die lokal geklagten Beschwerden passten. Auffällig gewesen sei, dass zwischen der aktiven Beweglichkeit und der passiven Überprüfung der linken Schulter keine deutlichen Unterschiede zu eruieren gewesen seien, was an und für sich bei einer Schädigung der Sehne und der Rekonstruktion zu erwarten gewesen wäre. Andererseits zeigten sich im Bereich der oberen Extremitäten keine auffälligen Minderungen des Muskelumfanges, so dass eine anhaltende Schonung im Bereich der oberen linken Extremität nicht habe festgestellt werden können. In Höhe der Rotatorenmanschette links habe er Schmerzen angegeben, welche bis zur Supraspinatussehne reichten. Passiv habe sich die rechte Schulter bis 160° und links auf 90° bewegen, abspreizen und vorhalten lassen. Die Sensibilität im Bereich der beiden oberen Extremitäten sei zum Zeitpunkt der Untersuchung seitengleich symmetrisch gewesen. Die Werte nach der Neutral-0-Methode seien für das linke Schultergelenk hinsichtlich der Bewegungen Arm seitwärts/körperwärts aktiv mit 80-0-20° (rechts: 160-0-30°), Arm rückwärts/vorwärts mit 15-0-80° (25-0-160°) sowie Arm auswärts-/einwärtsdrehen, bei anliegendem Oberarm, mit 30-0-70° (40-0-70°), gemessen worden. Die Beweglichkeit der Handgelenke sei handrückenwärts/hohlwärts beidseits mit 35-0-40° sowie ellenwärts/speichenwärts mit 25-0-35° rechts und 25-0-30° links festgestellt worden. Weiter habe der Kläger Beschwerden im Bereich des rechten Sprunggelenkes geäußert, vorwiegend im unteren Teil. Der klinische Befund habe eine annähernd identische Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk beidseits gezeigt. Der radiologische Befund sei regelrecht gewesen. Der Kläger habe berichtet, knöchelhohe Wanderschuhe zu tragen, um eine Stabilität zu haben. Die Bewegungsausmaße der Hüftgelenke seien für die Streckung/Beugung mit 0-5-90° rechts und 0-5-110° links sowie für Abspreizen/Anführen und Drehung auswärts/einwärts jeweils beidseits mit 30-0-20° und 30-0-15° gemessen worden. Links sei jeweils gegengespannt worden.

Priv.-Doz. Dr. W. hat nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 5. November 2014 dargetan, dessen Hauptproblem sei eine chronische Schmerzkrankheit mit im Vordergrund stehenden Nacken- und Schulterschmerzen links bei zervikaler Bandscheibenkrankheit, degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule sowie funktionell einschränkenden Schulterläsionen in Form einer Ruptur der Rotatorenmanschette, eines Outletimpingement, einer Bursitis, einer Synovitis und des Zustandes nach operativer Behandlung. Auf neurologischem Gebiet hätten sich bei seiner Untersuchung keine Funktionsstörungen oder -ausfälle gefunden. In psychiatrischer Hinsicht habe sich ein so genanntes "algogenes Psychosyndrom", also eine missmutig-traurige Verstimmung, eine erhöhte Reizbarkeit, eine Einengung der Erlebnisfähigkeit und der Interessen auf ständiges Schmerzerleiden, verbunden mit einer Durchschlafstörung, andererseits ein abnormes Krankheitsverhalten mit Schonhaltung, Gehen mit Hilfe eines Stockes, Klagsamkeit und Katastrophisieren sowie eine so genannte "Fear-avoidance" gezeigt. Bei Letzteren handele es sich um typische, dem Schmerztherapeuten bekannte dysfunktionale Copingmechanismen, welche zur Chronifizierung beitrügen. In den letzten Jahren habe der Kläger keine Schmerztherapie wahrgenommen, obwohl etwa in 30 km Entfernung in G. mehrere anerkannte Schmerzspezialisten tätig seien. Er könne unter qualitativen Einschränkungen mindestens drei bis unter sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten, zumal seine Dauerschmerzen durch spezielle Schmerztherapien graduell gebessert werden könnten. Seine psychischen Störungen seien einer systematischen psychiatrischen Behandlung zugänglich. Die letzte Medikation habe aus Finasterid, 5 mg, Vesikur, 5 mg, Tamsulosin, 0,4 mg retard, Losartan, 50 mg, Pantoprazol, 40 mg und Emselex, 7,5 mg bestanden.

Hierzu hat der Beklagte ausgeführt, das Gutachten von Dr. K. habe gezeigt, dass die Funktionsbehinderung des linken Schultergelenkes sachgerecht bewertet worden sei. Zusätzlich zu berücksichtigen sei eine Funktionsbehinderung der Hüftgelenke, rechts stärker ausgeprägt als links. Rechts sei die Einschränkung geringgradig und links noch leichtgradig. Die Auswertung des die Wirbelsäule betreffenden bildgebenden Materials habe einen alterskorrekten Befund objektiviert. Im Magnetresonanztomogramm sei ein Bandscheibenvorfall beschrieben worden, jedoch ohne Mitbeteiligung des Rückenmarks. Sensibilitätsstörungen seien bei der gutachterlichen Untersuchung nicht festgestellt worden. Ein Einzel-GdB von 30 für die Funktionsstörungen der Wirbelsäule, welcher mittelgradige bis schwere Funktionsstörungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraussetze, sei nicht aufrechtzuerhalten. Zudem habe sich bei der Untersuchung eine deutliche Diskrepanz zwischen den geklagten Beschwerden einerseits sowie den gezeigten Bewegungseinschränkungen und den Ergebnissen der bildgebenden Verfahren andererseits gezeigt. Nach dem Gutachten von Priv.-Doz. Dr. W. habe die chronische Schmerzstörung in Verbindung mit den psychovegetativen Störungen einen Einzel-GdB von 10 zur Folge. Aus medizinischer Sicht betrage der Gesamt-GdB daher 30.

Hierauf hat der Kläger erwidert, der Beklagte habe unberücksichtigt gelassen, dass Priv.-Doz. Dr. W. von einer quantitativ verminderten Erwerbsfähigkeit von drei bis unter sechs Stunden täglich ausgegangen sei. Der angenommene Einzel-GdB von 10 wegen des attestierten algogenen Psychosyndroms rechtfertige für sich einen Teil-GdB von 10 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche". Die chronische Schmerzkrankheit sei jedoch dem Funktionssystem "Rumpf" zuzuordnen. Dieser Teil-GdB erhöhe sich demnach auf 30 bis 40. Die Bewertung der Hüft- und Fußbeschwerden mit einem Einzel-GdB von 10 könne nicht nachvollzogen werden. Nach den Messdaten des Gutachtens von Dr. K. seien Bewegungseinschränkungen geringen Grades bei beiden Hüftgelenken belegt, weshalb für das Funktionssystem "Beine" ein Teil-GdB von 20 gerechtfertigt sei. Insgesamt sei ein Gesamt-GdB von 50 hinreichend belegt.

Dem ist der Beklagte entgegengetreten. Selbst bei einem Einzel-GdB von 20 für die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke erhöhe sich der Gesamt-GdB nicht über 40 hinaus. In diesem Körperbereich liege insbesondere keine Situation vor, die etwa der Implantation zweier Hüftgelenksendoprothesen vergleichbar sei, welche ihrerseits erst einen GdB von 20 rechtfertige. Die mit den Gesundheitsstörungen einhergehenden üblichen seelischen Begleiterscheinungen und Schmerzen seien in den jeweiligen GdB-Werten bereits berücksichtigt. An den Sprunggelenken liege funktionell kein Zustand vor, welcher der Versteifung eines oberen Sprunggelenkes vergleichbar wäre. Erst bei einem solchen sei ein GdB von 20 angemessen. Würde das chronische Schmerzsyndrom bei der Bewertung der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule zusätzlich berücksichtigt und hieraus ein Teil-GdB von 30 gebildet, würde sich ebenfalls kein höherer Gesamt-GdB als 40 ergeben.

Das SG hat daraufhin den Orthopäden Dr. D. von Amts wegen mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 1. Februar 2016 hat er ausgeführt, im Bereich der Halswirbelsäule bestünden gravierende Bewegungseinschränkungen in sämtlichen Bewegungsrichtungen. Nach der aktiven Beweglichkeit habe die Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit der Halswirbelsäule 75 % betragen. Nach den durchgeführten bildgebenden Verfahren und aufgrund der sich regelrecht entwickelten Muskulatur in diesem Bereich könne die demonstrierte massive Bewegungseinschränkung jedoch nicht erklärt werden. Im Bereich der Brustwirbelsäule sei eine Hemmung der Entfaltbarkeit um 50 % mit Teilfixierung der kopfnahen Brustwirbelsäulenhälfte von 10°, eine endgradig einschränkte Rückneigbeweglichkeit der beinnahen Brustwirbelsäulenhälfte, eine beidseits freie Drehbeweglichkeit und eine beidseits um ein Drittel eingeschränkte Seitneigbeweglichkeit festgestellt worden. Die Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit der Brustwirbelsäule habe damit 30 % ergeben. Im Bereich der Lendenwirbelsäule habe die Hemmung der Entfaltbarkeit 20 % betragen. Es habe eine endgradig eingeschränkte Rückneigbeweglichkeit, eine beidseits freie Drehbeweglichkeit und eine anteilmäßig endgradig eingeschränkte Seitneigbeweglichkeit vorgelegen. Die Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit der Lendenwirbelsäule habe damit bei knapp 15 % gelegen. Mittels einer orientierenden neurologischen Untersuchung der unteren Extremitäten hätten sensible und motorische Nervenwurzelreizerscheinungen seitens der die Lendenwirbelsäule betreffenden Rückenmarksnerven ausgeschlossen werden können. Die Kraftprüfung der Kennmuskulatur von C5 bis C8 habe eine regelrechte Kraftentfaltung ergeben. Unter Berücksichtigung fehlender, auf das Dermatom bezogener Zervikobrachialgien, also ausstrahlender Schmerzen von der Halswirbelsäule in die oberen Extremitäten, seien sensible und motorische Nervenwurzelreizerscheinungen seitens der die Halswirbelsäule betreffenden Rückenmarksnerven nicht zu objektivieren gewesen. Im linken Schultergelenk habe eine mittelgradig einschränkte Armvorwärts- und -seitwärtsanhebung sowie im rechten Schultergelenk eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit bestanden. Alle übrigen relevanten Gelenke der oberen Extremitäten seien bei regelrecht entwickelter Muskelbemantelung, entsprechend der eines Rechtshänders, frei beweglich gewesen. Beide Hüft- und Kniegelenke hätten eine endgradig einschränkte Beugung aufgewiesen, welche aus der dann auftretenden Schmerzsymptomatik in der Lendenwirbelsäule resultierte. Alle übrigen relevanten Gelenke der unteren Extremitäten hätten bei regelrecht entwickelter Muskelbemantelung eine freie Beweglichkeit aufgewiesen. Lediglich im rechten oberen Sprunggelenk habe eine diskrete Laxität des Außenbandapparates bestanden. Klinisch habe im rechten Kniegelenk, ohne funktionelle Einschränkung, der Verdacht auf eine Schädigung des Innenmeniskus beziehungsweise auf arthrotische Veränderungen im innen gelegenen Kniegelenkskompartiment vorgelegen.

Die Werte nach der Neutral-0-Methode seien für die Schultergelenke bei den Bewegungen Arm seitwärts/körperwärts mit 80-0-20° links (140-0-20° rechts), Arm rückwärts-/vorwärts mit 30-0-90° (50-0-130°) und Arm auswärts-/einwärtsdrehen, bei anliegendem Oberarm, beidseits mit 50-0-90° gemessen worden. Die Bewegung Arm auswärts-/einwärtsdrehen, bei seitwärts um 90° abgehobenem Oberarm, habe links nicht und rechts mit Werten von 70-0-50° vorgenommen werden können. Die Beweglichkeit der Handgelenke sei frei gewesen. Die Beweglichkeit der Hüftgelenke sei seitengleich für die Streckung/Beugung mit 10-0-100°, für die Drehung auswärts/einwärts, bei um 90° gebeugtem Hüftgelenk, mit 35-0-20° und für die Drehung auswärts/einwärts, bei gestreckten Hüftgelenken, mit 30-0-20° gemessen worden. Das Abspreizen und Anführen sei links mit 30-0-25° und rechts mit 35-0-25° demonstriert worden. Die Kniegelenke hätten beidseits um 110° gebeugt werden können. Die Streckung sei jeweils ohne Einschränkung möglich gewesen. Das Heben und Senken im Bereich der Sprunggelenke sei beidseits bis 15-0-35° gelungen. Die Bewegungseinschränkungen der drei Wirbelsäulenabschnitte könnten mit sehr schweren funktionellen Auswirkungen eines Wirbelsäulenabschnittes gleichgesetzt werden, wodurch ein Einzel-GdB von 30 gerechtfertigt sei. Die Bewegungseinschränkung der Schultergelenke stütze einen Einzel-GdB von 20. Wegen der Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenkes sei ein Einzel-GdB von 10 angemessen. Insgesamt halte er einen Gesamt-GdB von 40 für ausreichend.

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage, im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten von Dr. D., mit Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2016 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als den bereits festgestellten von 40.

Hiergegen hat der Kläger am 25. August 2016 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg mit der Begründung Berufung eingelegt, dem SG sei bei der Bildung des Teil-GdB für das Funktionssystem "Rumpf" ein Rechtsfehler unterlaufen. Es habe angenommen, es lägen keine sehr schweren funktionellen Einschränkungen vor. Hierbei habe es verkannt, dass keine sehr schweren, sondern lediglich schwere Einschränkungen Voraussetzungen seien. Insoweit habe es unzutreffend die Ausführungen von Dr. D. übernommen. Die Einschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule seien bereits als schwer einzustufen. Unberücksichtigt geblieben sei, dass er an einer chronischen Schmerzkrankheit leide, welche dieses Funktionssystem betreffe. Der Teil-GdB betrage daher mindestens 30. Unter Berücksichtigung der Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule sei sogar ein Teil-GdB von 40 angemessen. Selbst bei einem solchen von 30 bis 40 oder auch nur einem sehr starken von 30 sei wegen der weiteren Teil-GdB von jeweils 20 für die Funktionssysteme "Arme" und "Beine" ein Gesamt-GdB von 50 angemessen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 und den Bescheid vom 30. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, bei ihm unter Abänderung des Bescheides vom 4. Oktober 2011 den Grad der Behinderung mit 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er trägt im Wesentlichen vor, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei bis aktuell kein höherer Gesamt-GdB als 40 gerechtfertigt.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, soweit mit ihr die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des GdB mit 50 verfolgt wurde. Der Kläger hat bis aktuell keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40, wie ihn der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 4. Oktober 2011 bereits seit 14. Oktober 2009 zuerkannt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gegenstand der Klage ist im Berufungsverfahren ein Anspruch auf Neufeststellung des GdB mit 50 aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung desjenigen Gesundheitszustandes, der dem bestandskräftigen Bescheid vom 4. Oktober 2011 zugrunde lag. Diesem Begehren steht der Bescheid vom 30. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 entgegen, da ihn das SG nicht zumindest teilweise aufhob. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34); mangels Durchführung einer solchen ist indes derjenige der Entscheidung maßgebend.

Grundlage für den Klageanspruch ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).

Bei dem Bescheid vom 4. Oktober 2011 über die Feststellung des GdB mit 40 seit 14. Oktober 2009 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). Weder in den tatsächlichen noch in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist indes eine wesentliche Änderung eingetreten. Die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers bedingen auch weiterhin keinen höheren Gesamt-GdB als 40.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.

Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.

Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).

Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.

In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers bis aktuell keinen höheren als den bereits mit Bescheid vom 4. Oktober 2011 festgestellten GdB von 40 begründen.

Die beim Kläger wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf die Funktionssysteme "Rumpf", "Arme" und "Beine" Teil-GdB von 30, 20 und 10.

Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.

Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.

Beim Kläger liegen im Bereich der Halswirbelsäule mittelgradige funktionelle Auswirkungen und im Abschnitt der Brustwirbelsäule geringe vor. Die Einschränkungen der Lendenwirbelsäule sind noch leichtgradig und daher für den GdB wegen der auf die Wirbelsäule des Klägers bezogenen Funktionsstörungen nicht weiter relevant. Hierfür stützt sich der Senat auf die schlüssige und nachvollziehbare medizinische Bewertung durch den Sachverständigen Dr. D ... Die nach der Prüfung der aktiven Beweglichkeit sich ergebende Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit der Halswirbelsäule mit 75 %, wie sie der Kläger ähnlich bereits gegenüber dem Sachverständigen Dr. K. (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a Zivilprozessordnung - ZPO) im Juni 2014 demonstrierte, konnte mittels der durchgeführten bildgebenden Verfahren und aufgrund der sich regelrecht entwickelten Muskulatur indes nicht erklärt werden. Schwere funktionelle Auswirkungen, wie der sachverständige Zeuge Dr. R. ohne nähere Darlegung angenommen hat, sind damit in diesem Wirbelsäulenabschnitt nicht objektiviert. Mittels sämtlicher medizinischer Befundunterlagen, insbesondere der von Dr. D. erkannten regelrechten Kraftentfaltung bei der Prüfung der Kennmuskulatur der Halswirbelsäule von C5 bis C8, sind bestenfalls mittelgradige funktionelle Auswirkungen nachgewiesen. Im Bereich der Brustwirbelsäule wurde eine Hemmung der Entfaltbarkeit um 50 % mit Teilfixierung der kopfnahen Brustwirbelsäulenhälfte von 10°, eine endgradig einschränkte Rückneigbeweglichkeit der beinnahen Brustwirbelsäulenhälfte, eine beidseits freie Drehbeweglichkeit und eine beidseits um ein Drittel eingeschränkte Seitneigbeweglichkeit festgestellt. Die Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit der Brustwirbelsäule ergab damit nachvollziehbar 30 %, wodurch geringe funktionelle Auswirkungen belegt sind. Im Bereich der Lendenwirbelsäule betrug die Hemmung der Entfaltbarkeit 20 %. Es lagen eine endgradig eingeschränkte Rückneigbeweglichkeit, eine beidseits freie Drehbeweglichkeit und eine anteilmäßig endgradig eingeschränkte Seitneigbeweglichkeit vor. Die Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit der Lendenwirbelsäule war damit bei knapp 15 %. Hieraus resultieren nur leichtgradige funktionelle Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Unter Berücksichtigung fehlender, auf das Dermatom bezogener Zervikobrachialgien, also ausstrahlender Schmerzen von der Halswirbelsäule in die oberen Extremitäten, waren sowohl von Dr. K. als auch von Dr. D. sensible und motorische Nervenwurzelreizerscheinungen seitens der die Halswirbelsäule betreffenden Rückenmarksnerven plausibel verneint worden. Mittels der orientierenden neurologischen Untersuchung der unteren Extremitäten durch Dr. D. wurden sensible und motorische Nervenwurzelreizerscheinungen seitens der die Lendenwirbelsäule betreffenden Rückenmarksnerven ebenfalls nachvollziehbar ausgeschlossen. Damit in Einklang steht, dass Priv.-Doz. Dr. W. bei seiner gutachterlichen Untersuchung im November 2014 auf neurologischem Gebiet keine Funktionsstörungen oder -ausfälle fand. Dessen im Verfahren S 17 R 5497/13 beim SG zur Feststellung eines Rechts des Klägers auf volle Erwerbsminderung erstattetes Gutachten hat der Senat als Sachverständigenbeweis verwertet (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a ZPO). Damit erreichen die Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, entgegen der Auffassung des Klägers, keinen GdB von 30. Es sind die vorliegenden Funktionsstörungen in diesem Bereich auch nicht, wie von Dr. D. vorgenommen, wertend auf einen Wirbelsäulenabschnitt zu beziehen. Zum Funktionssystem "Rumpf" zählt indes noch die Hüfte, weshalb aufgrund der hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigung in Form einer beidseitig endgradig eingeschränkten Beugung ein Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Rumpf" begründet wird. Diese weitere Einschränkung konnte Dr. D. klinisch erheben. Nach den von ihm gemessenen Werten nach der Neutral-0-Methode wurde die Beweglichkeit der Hüftgelenke für die Streckung/Beugung seitengleich mit 10-0-100° (vgl. zu den Referenzwerten hierzu und zu den folgenden Daten Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 207 ff.), für die Drehung auswärts/einwärts, bei um 90° gebeugtem Hüftgelenk, mit 35-0-20° und für die Drehung auswärts/einwärts bei gestreckten Hüftgelenken, mit 30-0-20° ermittelt. Das Abspreizen und Anführen wurde vom Kläger links mit 30-0-25° und rechts mit 35-0-25° demonstriert.

Außergewöhnliche Schmerzen, die zusätzlich zu berücksichtigen wären (VG, Teil A, Nr. 2 j; ständige Rspr, vgl. Urteil des Senats vom 26. Februar 2015 - L 6 SB 2969/14 -, juris, Rz. 56), sind nicht nachgewiesen. Hierfür genügt nicht, dass von Priv.-Doz. Dr. W. eine chronische Schmerzkrankheit beschrieben worden ist. Es ist im Falle des Klägers nicht belegt, dass er auf stärkste Schmerzmittel wie Opiate oder deren Derivate zurückgegriffen hat oder gar eine stationäre Schmerztherapie zum Einsatz gekommen ist. Demgegenüber wurde zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung bei Priv.-Doz. Dr. W. ausweislich der Medikamentenliste überhaupt kein Schmerzmittel eingenommen. Dieser hat zudem bei lebensnaher Betrachtung einleuchtend ausgeführt, dass der Kläger in den letzten Jahren keine Schmerztherapie wahrgenommen hat, obwohl etwa in 30 km Entfernung in G. mehrere anerkannte Schmerzspezialisten tätig sind. Daher sind allenfalls üblicherweise mit den bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen vorhandene Schmerzen vorhanden. Diese sind bereits in den in der GdB-Tabelle niedergelegten Sätzen mit eingeschlossen, selbst wenn es sich um erfahrungsgemäß besonders schmerzhaft Zustände handelt, weshalb sich hierdurch der Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Rumpf" nicht weiter erhöht.

Die Funktionssysteme "Arme" und "Beine" haben Teil-GdB von 20 und 10 zur Folge.

Der GdB bei Gliedmaßenschäden ergibt sich nach den VG, Teil B, Nr. 18.11 aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust. Die aufgeführten GdB für Gliedmaßenverluste gehen, soweit nichts anderes erwähnt ist, von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdB eine Änderung erfährt. Bei der Bewertung des GdB von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe günstiger sind als schlaffe. Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdB außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.

Danach rechtfertigt das Funktionssystem "Arme" einen Teil-GdB von 20.

Im linken Schultergelenk besteht beim Kläger nach der operativen Rekonstruktion der Rotatorenmanschette eine mittelgradig eingeschränkte Armvorwärts- und -seitwärtsanhebung. Das rechte Schultergelenk ist demgegenüber nur endgradig eingeschränkt, weshalb unter Berücksichtigung der VG, Teil B, Nr. 18.13 ein GdB von 20 zwar angemessen, aber auch ausreichend ist. Die Werte nach der Neutral-0-Methode wurden bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. D. im Februar 2016 für die Schultergelenke bei den Bewegungen Arm seitwärts/körperwärts mit 80-0-20° links (140-0-20° rechts; vgl. Buckup, a. a. O., S. 92 ff.), Arm rückwärts-/vorwärts mit 30-0-90° (50-0-130°) und Arm auswärts-/einwärtsdrehen, bei anliegendem Oberarm, beidseits mit 50-0-90° gemessen. Die Bewegung Arm auswärts-/einwärtsdrehen, bei seitwärts um 90° abgehobenem Oberarm, konnte links nicht und rechts mit Werten von 70-0-50° vorgenommen werden. Die Beweglichkeit der Handgelenke war frei. Damit in Einklang steht die von Dr. K. im Juni 2014 vorgenommen Funktionsprüfung in diesem Bereich. Damit ist ein Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem "Arme" zwar begründbar, ein höherer jedoch nicht gerechtfertigt, zumal sich Dr. K. im Juni 2014 im Bereich der oberen Extremitäten keine auffälligen Minderungen des Muskelumfanges zeigten, so dass eine anhaltende Schonung im Bereich der oberen linken Extremität nicht festgestellt werden konnte.

Das Funktionssystem "Beine" erreicht keinen höheren Teil-GdB als 10. Die Funktionsbehinderung des rechten oberen Sprunggelenkes in Form einer diskreten Laxität des Außenbandapparates bei ansonsten freier Beweglichkeit, welche sich bei Dr. D. in Werten nach der Neutral-0-Methode von 15-0-35° für das Heben und Senken zeigte (vgl. Buckup, a. a. O., S. 315 ff.), rechtfertigt vor dem Hintergrund der VG, Teil B, Nr. 18.14 allenfalls einen GdB von 10. Alle übrigen relevanten Gelenke der unteren Extremitäten wiesen bei regelrecht entwickelter Muskelbemantelung eine freie Beweglichkeit auf. Klinisch bestand zwar im rechten Kniegelenk der Verdacht auf eine Schädigung des Innenmeniskus beziehungsweise auf arthrotische Veränderungen im innen gelegenen Kniegelenkskompartiment, indes ebenfalls jeweils ohne funktionelle Einschränkung. Die Kniegelenke konnten beidseits bis 110° gebeugt werden, wodurch eine freie Beweglichkeit belegt ist (vgl. Buckup, a. a. O., S. 240 ff.). Weitere Funktionsbeeinträchtigungen hatte auch Dr. K. nicht objektiviert. Entgegen der Auffassung des Klägers werden Funktionsstörungen wegen der Hüftgelenke beim Funktionssystem "Rumpf" verortet, weshalb diese den Teil-GdB von 10 für das Funktionssystem "Beine" nicht erhöhen.

Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" bedingt keinen höheren Teil-GdB als 10.

In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, rechtfertigen die wegen der Erkrankung des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Funktionsstörungen keinen höheren GdB als 10. Priv.-Doz. Dr. W. umschrieb eine missmutig-traurige Verstimmung, welche von einer erhöhten Reizbarkeit, einer Einengung der Erlebnisfähigkeit und Interessen auf das Schmerzerleiden sowie einer Durchschlafstörung als psychovegetativer Begleiterscheinung begleitet ist. Hieraus resultieren, insbesondere mangels objektivierter wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, leichtgradige Funktionsstörungen, welche mit einem GdB von 10 im mittleren Bereich des vorliegend eröffneten GdB-Rahmens ausreichend bewertet sind.

Das Funktionssystem "Harnorgane" hat keinen messbaren Teil-GdB zur Folge.

Die Beurteilung des GdB bei Schäden der Harnorgane richtet sich gemäß der Vorbemerkung zu den VG, Teil B, Nr. 12 nach dem Ausmaß der Störungen der inkretorischen und exkretorischen Nierenfunktion und/oder des Harntransportes, das durch spezielle Untersuchungen zu erfassen ist. Daneben sind die Beteiligung anderer Organe (z. B. Herz/Kreislauf, Zentralnervensystem, Skelettsystem), die Aktivität eines Entzündungsprozesses, die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die notwendige Beschränkung in der Lebensführung zu berücksichtigen. Der sachverständige Zeuge Dr. E. führte zwar aus, dass der Kläger an einem obstruktiven Prostataadenom und einer neuromuskulären Dysfunktion der Blase leidet. Es besteht indes kein Anhalt für ein Prostatakarzinom. Die Nierenfunktion war ohne Befund, eine Einschränkung konnte nicht festgestellt werden. Das PSA lag mit 3,49 ng/ml im oberen Normbereich. Der Wert für das Serumkreatinin erreichte den pathologischen von 2 mg/dl nicht. Der sonographische Befund der Nieren wies nicht auf einen Krankheitswert hin. Damit sind nach den medikamentösen Behandlungen mit Finasterid, 5 mg, Vesikur, 5 mg, Tamsulosin, 0,4 mg retard und Emselex, 7,5 mg, wie es der Kläger gegenüber Priv.-Doz. Dr. W. angab, keine Funktionsstörungen belegt, die einen Teil-GdB von 10 stützen können.

Auch sonst sind mit der von dem Facharzt für Allgemeinmedizin B. erwähnten divertikulitischen Schleimhautverdickung ohne Abszess oder Infiltration in der Umgebung, der essentiellen Hypertonie, welche mit Losartan, 25 mg (1-0-0) gut eingestellt gewesen ist sowie der Blutdruck mit 110/70 mmHg gemessen und keine Organbeteiligung erkannt wurde (vgl. VG, Teil B, Nr. 9.3), dem ausgeheilten beidseitig operierten Leistenbruch, den keine maßgeblichen Funktionsstörungen aufweisenden Krampfadern sowie dem mit Pantoprazol, 40 mg medikamentös behandelten Sodbrennen keine Gesundheitsstörungen objektiviert worden, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen.

Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle des Klägers der Gesamt-GdB aus dem Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Rumpf" und dem Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem "Arme" zu bilden und erreicht daher bis aktuell lediglich 40, wie ihn auch Dr. D. aus medizinischer Sicht bewertet hat. Die Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. R., wonach allein der GdB auf orthopädischem Fachgebiet über 50 liege, konnte der Senat bereits deshalb nicht nachvollziehen, da er entgegen den VG, Teil A, Nr. 2 e nicht nach Funktionssystemen differenziert hat.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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