L 6 KR 572/15

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 5 KR 2147/12
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 572/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 26. Januar 2015 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Krankengeld vom 2. Januar bis 15. April 2012 streitig.

Der 1965 geborene Kläger war bei der Beklagten als Beschäftigter pflichtversichert. Zum 31. Dezember 2011 endete sein befristetes Arbeitsverhältnis. Am 27. Dezember 2011 bescheinigte ihm Dr. W. mit einer Erstbescheinigung Arbeitsunfähigkeit bis zum 1. Januar 2012 aufgrund der Diagnosen ICD-10-GM-2012 F43.0 (Reaktionen auf schwere Belastungen und An-passungsstörungen) und ICD-10-GM-2012 I10.00 (Benigne essentielle Hypertonie). Sie stellte eine Überweisung für eine augenärztliche Behandlung aus. Die augenärztliche Gemeinschaftspraxis Dr. Z. erstellte am 2. Januar 2011 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (im Folgenden: AU-Bescheinigung) - Erstbescheinigung - für die Zeit bis zum 6. Januar 2012 wegen der Diagnose ICD-10-GM-2012 H10.3 (=akute Konjunktivitis, nicht näher bezeichnet), von der Ärztin ausgewiesen als Conjunktivitis simplex, B (= Akute Bindehautentzündung), aus. Mit einer am 9. Januar 2012 ausgestellten AU-Bescheinigung - Folgebescheinigung - bescheinigte die augenärztliche Gemeinschaftspraxis Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Diagnose bis zum 15. Januar 2012. Am 16. Januar 2012 stellte sich der Kläger bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. Sch. vor, die Arbeitsunfähigkeit (Erstbescheinigung) bis zum 29. Januar 2012 aufgrund der Diagnose ICD-10-GM-2012 I10.90 (essentielle Hypertonie, nicht näher bezeichnet: ohne Angabe einer hypertensiven Krise) bescheinigte. Am 1. Feb-ruar 2012 gingen bei der Beklagten von ihr ausgestellte AU-Bescheinigungen vom 3. Januar 2012 (Folgebescheinigung - Arbeitsunfähigkeit vom 28. Dezember 2011 bis 16. Januar 2012) und vom 16. Januar 2012 (Folgebescheinigung - Arbeitsunfähigkeit vom 28. Dezember 2011 bis 29. Januar 2012) jeweils aufgrund der Diagnose I10.90+G ein. Unter dem 31. Januar 2012 bescheinigte Dr. Sch. Arbeitsunfähigkeit bis zum 17. Februar 2012.

Mit Bescheid vom 5. Januar 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Mitgliedschaft ende mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 1. Januar 2012. Da der Anspruch auf Krankengeld außerhalb einer Versicherung mit Krankengeldanspruch entstanden sei, werde für die Arbeitsunfähigkeit ab 2. Januar 2012 kein Krankengeld gezahlt. Der Kläger trug vor, er habe am 27. Dezember 2011 die Vertretungsärztin Dr. W. aufgesucht, die ihm wegen erhöhter Blutdruckwerte entsprechende Medikamente verschrieben und einen Augenarztbesuch nahelegt habe. Er habe die Augenärztin am 2. Januar 2012 und am 3. Januar 2012 nochmals Dr. Sch. aufgesucht. Sie habe die weitere Behandlung übernommen und hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit ebenfalls eine Erstbescheinigung ausgestellt. Da es sich bei der Erkrankung seit dem 28. Dezember 2011 um eine zusammenhängende Erkrankung handle, bitte er die beiden Erstbescheinigungen wie Folgebescheinigungen anzusehen und Krankengeld zu zahlen. Dr. W. teilte der Beklagten mit, die Diagnose Konjunktivitis simplex habe sie am 27. Dezember 2011 auch nicht als Verdachtsdiagnose gestellt.

Im Widerspruchsverfahren wies die Beklagte darauf hin, dass die Erkrankungen des Klägers nicht zusammen bzw. als durchgehend betrachtet werden könnten, weil es sich um unterschiedliche Krankheitsbilder handle, beide Bescheinigungen als Erstbescheinigung ausgestellt wurden und keine Überschneidung bzw. ein Hinzutritt erfolgt sei. Die Mitgliedschaft habe aufgrund der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und des Krankengeldanspruchs für einen Tag nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) fortbestanden. Wegen der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am 2. Januar 2012 sei für den Umfang des Versicherungsschutzes der Tag maßgeblich, der dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge, also der 3. Januar 2012. Dann habe keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld mehr bestanden; die Familienversicherung sei vorrangig zu berücksichtigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Im Klageverfahren hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Erstbescheinigungen der Dres. W. und Z. seien fehlerhaft. Bei seiner Erkrankung sei nicht mit einer Arbeitsfähigkeit am 2. Januar 2012 zu rechnen gewesen. Es sei klar gewesen, dass durch die Augenärztin die weitere Behandlung erfolgen solle. Ihm hätte nicht zugemutet werden können, am 1. Januar 2012, einem gesetzlichen Feiertag, einen Arzt zur Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bis zum 2. Januar 2012 zu finden. Er habe alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare zur Wahrung seiner Ansprüche getan, indem er sich bei seinen Ärzten vorgestellt habe. Die Beklagte hat die nachträglich durch Dr. Sch. ausgefüllten AU-Bescheinigungen (am 3. und 16. Januar 2012) nicht anerkannt, weil sie den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien widersprächen. Dies habe keine Auswirkungen auf den geltend gemachten Krankengeldanspruch.

Mit Urteil vom 26. Januar 2015 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und zur Be-gründung ausgeführt, die Mitgliedschaft des Klägers mit Anspruch auf Krankengeld habe nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur bis zum 1. Januar 2012 fortbestanden, weil erst am 2. Januar 2012 die weitere Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden sei. Daran änderten die nachträglich von Dr. Sch. ausgestellten AU-Bescheinigungen nichts. Der Kläger habe nicht alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan, weil er (spätestens) am 1. Januar 2012 keinen Arzt aufgesucht habe. Vor diesem Hintergrund sei es unerheblich, ob bereits am 28. Dezember 2011 absehbar gewesen sei, dass er ab dem 2. Januar 2012 nicht wieder arbeitsfähig sein würde. Der Kläger könne einen Anspruch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Es sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht Sache der Krankenkasse, den Versicherten rechtzeitig vor Ablauf des schon festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeitraums auf die besondere gesetzliche Regelung und deren im Regelfall gravierenden Folgen hinzuweisen. Es bestehe auch kein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V für die Zeit ab dem 2. Januar 2012. Hier sei die Familienversicherung vorrangig.

Mit der Berufung macht der Kläger geltend, das SG nehme zu Unrecht an, bei ihm sei nicht durch ärztliche Atteste ununterbrochen eine Krankschreibung nachgewiesen. Er habe nicht wissen können, dass er sich die AU-Bescheinigung auch an einem Feiertag beschaffen musste. Seine Handlungsfähigkeit sei dadurch beeinflusst worden, dass die Ärztin die Krankschreibung an einem Feiertag habe enden lassen und durch die Überweisung an die Augenärztin. Die Praxis der Augenärztin sei am 30. und 31. Dezember 2013 nicht geöffnet gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 26. Januar 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 2. Januar 2012 bis 15. April 2012 Krankengeld in Höhe von 32,00 EUR täglich zuzüglich Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat ab dem 2. Januar 2012 keinen Anspruch auf Krankengeld. Die den Krankengeldanspruch vermittelnde, aufgrund eines Leistungsbezuges beruhende Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten endete mit Ablauf des 1. Januar 2012. Zur Begründung verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe im erstinstanzlichen Urteil, denen er sich anschließt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved