Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 37 R 1787/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 1067/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.10.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Neufestsetzung einer großen Witwenrente ab dem 01.01.2011 ohne Anrechnung des Familienzuschlags der Stufe 2 als Erwerbseinkommen; die Beteiligten streiten hierbei insbesondere über die Frage, ob der Familienzuschlag der Stufe 2 nach § 18a Abs. 3 S. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) von der Anrechnung ausgenommen ist.
Die am 00.00.1965 geborene Klägerin war verheiratet mit dem am 00.00.1962 geborenen und am 00.00.2009 verstorbenen Versicherten H E und ist Mutter zweier am 00.00.1984 (V E) bzw. 00.00.1990 (K E) geborener Söhne. Der jüngere Sohn ist mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehindert. Er wird von der Klägerin in ihrem Haushalt versorgt. Für diesen Sohn erhält die Klägerin durchgehend Kindergeld.
Die Klägerin ist seit dem 01.08.1985 Beamtin des Landes Nordrhein-Westfalen und erhält neben dem Grundgehalt auch Familienzuschläge der Stufe 1 nach § 43 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz NRW (LBesG NRW) sowie der Stufe 2 nach § 43 Abs. 2 LBesG NRW; für den erstgeborenen Sohn V E ist der Familienzuschlag der Stufe 2 ab 05/2012 entfallen.
Mit Bescheid vom 04.08.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin nach dem Tod ihres Ehemanns eine große Witwenrente beginnend ab dem 01.06.2009; hierbei berücksichtigte die Beklagte den Familienzuschlag der Stufe 2 als Einkommen und rechnete diesen folglich auf die Witwenrente an.
Wiederum unter Berücksichtigung des Familienzuschlags der Stufe 2 bei der Einkommensanrechnung setzte die Beklagte die Witwenrente mit Rentenbescheid vom 01.06.2015 beginnend ab dem 01.07.2015 neu fest.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 03.06.2015 die Überprüfung des Witwenrentenbescheids vom 04.08.2009. Ihr sei erst jetzt bekannt geworden, dass das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) ihr gesamtes Bruttoeinkommen gemeldet habe; ihr Einkommen setze sich jedoch aus dem Grundgehalt und dem Familienzuschlag der Stufe 1 und der Stufe 2 zusammen. Die Klägerin vertrat die Auffassung, kindbezogene Leistungen dürften nicht auf die Rente angerechnet werden.
Überdies legte sie am 08.06.2015 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 01.06.2015 ein.
Mit Bescheid vom 25.08.2015 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 04.08.2009 mit der Begründung ab, dass der angegriffene Bescheid rechtmäßig und die Rentenhöhe zutreffend auch unter Berücksichtigung des Familienzuschlags der Stufe 2 berechnet worden sei. Einen Ausschluss dieses Bestandteils des der Klägerin zufließenden Einkommens bei der Anrechnung auf Renten wegen Todes habe der Gesetzgeber nicht geregelt.
Am 01.09.2015 legte die Klägerin auch gegen den Überprüfungsbescheid vom 25.08.2015 Widerspruch ein und machte ergänzend geltend, dass weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach der Rechtsprechung ersichtlich sei, dass kindbezogene Leistungen, die Bestandteil des Einkommens sind, bei der Anrechnung des Einkommens auf die Rente zu berücksichtigen seien. Vielmehr sei der Familienzuschlag der Stufe 2 eine dem Kinderzuschuss bzw. der Kinderzulage vergleichbare kindbezogene Leistung, welche nicht auf ihre Renten angerechnet werden dürfe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2015 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück.
Die Klägerin hat am 02.12.2015 Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben.
Die Klägerin hat ausgeführt, dass ihr die Mitteilungen des LBV an die Beklagte nicht bekannt gewesen seien und sie daher über keine Kenntnis verfügt habe, dass die kindbezogenen Leistungen in Gestalt des Familienzuschlages der Stufe 2 bei der Mitteilung der Bezüge nicht heraus gerechnet worden seien. Dieser Familienzuschlag sei vollständig an den Kindergeldbezug geknüpft und verfolge den gleichen sozialpolitischen Zweck. Die Leistungen sollten einen Beitrag zu den mit der Erziehung und Betreuung von Kindern verbundenen erheblichen finanziellen Belastungen leisten. Kindbezogene Leistungen seien nicht nur beim Erwerbsersatzeinkommen abzuziehen sondern auch bei normalen Bezügen. Dies folge auch aus dem Sinn und Zweck der maßgeblichen gesetzlichen Regelung des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV. Es sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber kindbezogene Leistungen nicht auch beim Erwerbseinkommen habe außer Betracht lassen wollen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.08.2015 sowie unter Abänderung der Bescheide vom 04.08.2009 und 01.06.2015 zu verpflichten, ihr beginnend ab dem 01.10.2009, hilfsweise ab dem 01.07.2015 eine große Witwenrente ohne Anrechnung des Familienzuschlag der Stufe II für die Kindererziehung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat unter Wiederholung und Ergänzung ihres Vorbringens im Widerspruchsverfahren geltend gemacht, dass lediglich für Erwerbsersatzeinkommen vom Gesetzgeber in § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV geregelt worden sei, dass Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare Leistungen nicht als Erwerbsersatzeinkommen auf die Rente anzurechnen seien. Eine vergleichbare Vorschrift für Erwerbseinkommen fehle indes. Zu den Bezügen im Dienstverhältnis gehöre nach § 1 Abs. 2 Übergeleitetes Besoldungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (ÜBesG NRW) auch der Familienzuschlag. Nur das vom öffentlichen Dienstherrn ebenfalls geleistete Kindergeld zähle nach § 72 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht zum Arbeitsentgelt.
Mit Urteil vom 14.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend den Familienzuschlag der Stufe 2 berücksichtigt. Gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei Einkommen von Berechtigten mit der Witwenrente zu verrechnen. Gemäß § 18a Abs. 1 S. 1 SGB IV sei bei der Berechnung von Renten wegen Todes Erwerbseinkommen zu berücksichtigen. Dieses umfasse Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen. Zum Arbeitseinkommen zählten gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV alle laufenden und einmaligen Einnahmen. Hierzu zählten gemäß § 1 Abs. 2 ÜBesG NRW neben dem Grundgehalt auch der Familienzuschlag, nicht jedoch das geleistete Kindergeld, welches der Dienstherr mit dem Arbeitsgeld auszahle. Daher sei der Familienzuschlag der Stufe 2 anzurechnendes Einkommen. Der Gesetzgeber habe die Einkommensanrechnung auch nicht ausgeschlossen. Hierfür habe der Gesetzgeber in § 18a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 2 SGB IV eine Ausschlussregelung für Erwerbsersatzeinkommen in Form des Kinderzuschusses und der Kinderzulage bzw. vergleichbarer kindbezogener Leistungen getroffen. Daher bestehe nur eine Ausnahmeregelung für Erwerbsersatzeinkommen nicht auch für die Anrechnung von Einkommen. Auch eine analoge Anwendung des Ausschlusstatbestandes für kindbezogene Leistungen, die Erwerbseinkommen darstellten, lasse sich weder nach dem Wortlaut noch nach der systematischen Stellung herleiten. Der Gesetzgeber habe vielmehr ausdrücklich entsprechende Leistungen als Einnahmen auf Renten wegen Todes ausschließen müssen. Dass § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV allein auf Erwerbsersatzeinkommen bezogen sei, sei allgemeine Ansicht in der Literatur. Auch der mit dem Kindergeld vergleichbare Zweck des gewährten Familienzuschlags sei kein Argument dafür, dass diese nicht auf Renten wegen Todes angerechnet werden dürften. Es obliege vielmehr dem Gesetzgeber, Umfang und Grenzen der Berücksichtigung kindbezogener Leistungen festzulegen. Die Bezieher dieser unterschiedlichen Leistungen seien auch derartig wesentlich voneinander zu unterscheiden, dass eine Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht infrage stehe. Bezieher von Erwerbsersatzeinkommen erhielten entsprechende Leistungen bei vorübergehender Zeit des Ausfalls von Erwerbseinkommen; insbesondere aufgrund dauerhaften Ausscheidens aus dem Erwerbsleben. Diese seien daher gerade (vorübergehend) nicht mehr in der Lage, ihren Lebensunterhalt durch eine Erwerbstätigkeit zu finanzieren. In der Regel falle Erwerbsersatzeinkommen auch geringer aus als das maßgebliche Einkommen. Eine unterschiedliche Behandlung dieser Personengruppen sei daher unproblematisch.
Gegen das am 08.11.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.12.2016 Berufung eingelegt.
Die Klägerin trägt vor, es gäbe zwar keinen ausdrücklichen gesetzlichen Ausschluss. § 18a SGB IV sage zunächst, welches Einkommen berücksichtigt werde und erläutere in den Absätzen 2 und 3 dann das weitere erwerbsgleiche Einkommen. Erst danach werde auf den Kinderzuschuss, die Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen abgestellt, die außer Betracht blieben. Hieraus sei keine eindeutige Gesetzessystematik zu erkennen, sie halte dies jedenfalls für bedenklich. Sinn des Familienzuschlags sei, dass diese sozialpolitische Leistung demjenigen zukommen solle, der die Betreuung des Kindes übernommen habe. Es solle sichergestellt werden, dass die Leistung dem Kind zugutekomme. Dies entspreche Art. 6 GG. Die Herausnahme aus der Anrechnung sei auch deshalb gerechtfertigt, weil die Bezieher einer Rente wegen Todes in die Lage versetzt werden sollten, das Bestreiten des eigenen Unterhaltes zu ermöglichen. Außerdem sei auf die Historie hinsichtlich der Klausel zum Kinderzuschuss und zur Kinderzulage hinzuweisen, die zum 01.01.1986 durch das HZEG (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz) in Kraft getreten sei. Zu diesem Zeitpunkt habe es in der Beamtenbesoldung noch den so genannten Ortszuschlag zum Ausgleich regionaler Unterschiede gegeben. Das HZEG habe - wie dem Gesetzesentwurf in der Bundestagsdrucksache 10/2677 zu entnehmen sei - auch nur die unterschiedlichen Einkommensarten aufgezählt. Auch die Ausnahmeregelung hinsichtlich der Nichtanrechnung kindbezogener Leistungen sei hinsichtlich der Zugehörigkeit zu einer Einkommensart nicht näher erläutert. Insbesondere verhalte sich dies in keiner Weise zum kindbezogenen Anteil im Familienzuschlag. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass ein Bezieher von Bezügen mit Kinderzuschlag für schwerbehinderte Kinder nicht unbedingt mehr Möglichkeiten des Hinzuverdienstes habe als ein Pensionär.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.10.2016 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.08.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2015 zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 04.08.2009 teilweise zurückzunehmen und ihr auf den Überprüfungsantrag vom 03.06.2015 ab 01.01.2011 höhere Witwenrente ohne Anrechnung des Familienzuschlages nach im Übrigen näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige - insbesondere fristgerecht eingelegte - Berufung ist unbegründet. Der ablehnende Überprüfungsbescheid vom 25.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Rentenbescheids vom 04.08.2009 und damit auch keinen Anspruch auf große Witwenrente ohne Anrechnung des Familienzuschlages der Stufe 2 für die Kindererziehung ab dem 01.01.2011. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2015 den Überprüfungsantrag der Klägerin vom 03.06.2015 auf Überprüfung bzw. teilweise Rücknahme des Bescheids vom 04.08.2009 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu Recht abgelehnt. Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und somit Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beklagte hat bei Erlass des ursprünglichen Bescheids vom 04.08.2009 das Recht weder unrichtig angewandt noch ist die Beklagte bei Erlass von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist.
Vielmehr hat die Beklagte mit dem ursprünglichen Bescheid vom 04.08.2009 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgelegt, dass bei der Festsetzung der der Klägerin zu bewilligenden Witwenrente ab 01.10.2009 auch der vom LBV gewährte Familienzuschlag der Stufe 2 zu berücksichtigen ist. Gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 SGB VI ist Einkommen i.S.d. §§ 14, 15, 18a bis 18e SGB IV von Berechtigten, das mit einer Witwenrente zusammentrifft darauf anzurechnen. Der von der Klägerin erzielte Familienzuschlag der Stufe 2 nach § 43 Abs. 2 LBesG NRW stellt solches anzurechnenden Einkommen i.S.d. §§ 14, 15, 18a SGB VI dar (hierzu unter 1.), für den Familienzuschlag der Stufe 2 als Einkommensbestandteil der Beamtenalimentierung greift auch nicht die allein für Erwerbsersatzeinkommen gültige Ausnahmevorschrift des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV (hierzu unter 2.), die Ausnahmevorschrift des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV ist auch nicht analog auf den Familienzuschlag der Stufe 2 anzuwenden (hierzu unter 3.); letztlich verstößt diese Sichtweise auch nicht gegen Verfassungsrecht (hierzu unter 4.).
1. Der Familienzuschlag der Stufe 2 nach § 43 Abs. 2 LBesG NRW stellt anzurechnendes Einkommen i.S.d. §§ 14, 15, 18a SGB VI dar. Gemäß § 18a Abs. 1 S. 1 SGB IV sind bei Renten wegen Todes als Einkommen zu berücksichtigen:
1. Erwerbseinkommen,
2. Leistungen, die erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen),
3. Vermögenseinkommen und
4. Elterngeld.
Gemäß § 18a Abs. 2 S. 1 SGB IV umfasst das Erwerbseinkommen Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen. Zum Arbeitsentgelt zählen gemäß § 14 SGB IV alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus einer abhängigen Beschäftigung. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommenssteuerrecht zu bewerten ist (§ 15 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Arbeitseinkommen sind die steuerlichen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-3, Abs. 2 Nr. 1 EStG. Daher sind alle Einnahmen, die unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt und steuerlich erfasst werden, anzurechnenden Arbeitseinkommen und damit Einkommen i.S.d. § 97 SGB VI. Zum laufenden Einkommen aus der Beschäftigung gehören auch die Familienzuschläge. Dies ergibt sich bei Bezügen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis aus § 1 Abs. 2 ÜBesG NRW, wonach neben dem Grundgehalt auch der Familienzuschlag zählt; nicht jedoch das geleistete Kindergeld, das der Dienstherr den Bediensteten zusammen im Arbeitsentgelt auszahlt.
2. Auch greift für die Klägerin nicht die Ausnahmeregelung des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV. Während § 18a Abs. 3 Satz 1 SGB IV einzelne Erscheinungsformen des Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des Absatzes 1 S. 1 Nr. 2 aufzählt (Krankengeld, Verletztenrenten, Erwerbsminderungsrenten etc.), schließt § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen von der Berücksichtigung als Erwerbsersatzeinkommen aus. Während daher grundsätzlich Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 18a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB IV bei der Anrechnung auf die Witwenrente im Sinne des § 97 SGB VI zu berücksichtigen ist, bleiben der Kinderzuschuss, die Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen von der Anrechnung ausgenommen. Kinderzuschuss und Kinderzulage sind als Erwerbsersatzeinkommen zu qualifizieren; daher muss auch die etwaig vergleichbare kindbezogene Leistungen als Erwerbsersatzeinkommen zu qualifizieren sein, damit die Ausnahmeregelung des § 18 Abs. 3 S. 2 SGB IV greifen kann. Das SG hat in seinem Urteil vom 14.10.2016 daher zurecht darauf hingewiesen, dass das SGB IV eine entsprechende Ausnahmeregelung alleine für die Berücksichtigung sogenannten Erwerbsersatzeinkommens, nicht allerdings für die Anrechnung von Einkommen geschaffen hat. Auf Erwerbseinkommen findet die Regelung des § 18 Absatz 3 Satz 2 SGB IV hingegen keine Anwendung.
3. Wie das SG weiter zutreffend ausgeführt hat ist die Ausnahmevorschrift des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV auch nicht analog auf den Familienzuschlag der Stufe 2 anzuwenden. Der Begriff des Erwerbs- und damit auch des Arbeitseinkommens ist ausschließlich steuerrechtlich zu begründen (hierzu unter a.), der Gesetzgeber hat keine planwidrige Regelungslücke bei § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV gelassen (hierzu unter b.), auch verfolgt der Familienzuschlag einen anderen Zweck als die ausdrücklich genannten Erwerbsersatzeinkommen Kinderzuschuss und Kinderzulage (hierzu unter c.).
a. Zunächst lässt § 15 SGB IV keinen Raum für die Begründung eines eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des Arbeitseinkommens. Den Begriff des "Arbeitseinkommens" definiert § 15 SGB IV, der über § 1 SGB IV auch im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung gilt. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommenssteuerrecht zu bewerten ist (§ 15 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Arbeitseinkommen sind die steuerlichen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-3, Abs. 2 Nr. 1 EStG. Für die Bestimmung, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, soll allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein, womit "eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird" (BT-Drucks 12/5700, S. 92 zu Art. 3 Nr. 2; BSG, Urteil vom 07.10.2003, B 13 RJ 47/03 R). Da der Familienzuschlag der Stufe 2 einkommensteuerpflichtige Dienstbezüge nach § 1 Abs. 2 ÜBesG NRW i.V.m. § 3 Nr. 11 Satz 2 EStG ist, ist der Familienzuschlag als Einkommen und nicht als Erwerbsersatzeinkommen zu werten.
b. Da § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV damit keine unmittelbare Anwendung findet, kommt nur eine analoge Anwendung in Betracht. Die hierfür notwendige planwidrige Regelungslücke hat der Gesetzgeber hingegen nicht gelassen. Es lässt sich weder aus dem Wortlaut, noch aus der systematischen Stellung des Ausschlusstatbestandes ableiten, dass auch kindbezogene Leistungen, die Erwerbseinkommen darstellen, bei Renten wegen Todes außer Betracht bleiben sollen.
Der Gesetzgeber hat in § 18a Abs. 1 SGB IV die Regelungen für die Berücksichtigung von Einkommen getroffen und in Satz 2 dieses Absatzes abschließend bestimmt, welche Einnahmen nicht zu berücksichtigen sind. In § 18a Abs. 3 SGB IV hat der Gesetzgeber gesonderte Regelungen für die Berücksichtigung von Erwerbsersatzeinkommen und in diesem Zusammenhang auch die Ausnahmeregelung des Absatzes 3 Satz 2 geschaffen. Aufgrund der Gesamtregelung des § 18a Abs. 1 bzw. Abs. 3 SGB IV kommt schon aus systematischen Gründen eine Anwendung von § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV auf die Regelungen zur Berücksichtigung von Einkommen in Absatz 1 der Vorschrift nicht in Betracht. Hätte der Gesetzgeber eine Anrechnung entsprechender Leistungen als Einnahmen auf Renten wegen Todes ausschließen wollen, so hätte er diesen Ausschlusstatbestand entweder ausdrücklich in Absatz 1 geregelt bzw. eine entsprechende Anwendung von Absatz 2 Satz 2 auf Erwerbseinkommen verfügt oder aber in einem nach den Regelungen zur Berücksichtigung von Einnahmen und Erwerbsersatzeinkommen folgenden Absatz normiert.
Dass sich die Regelung des §§ 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV alleine auf Erwerbsersatzeinkommen bezieht, ist auch allgemeine Ansicht in der Literatur und wird nicht weiter diskutiert (Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck´scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand. 01.03.2016, § 18a, Rn. 33; Paulus, in jurisPK, Stand 01.03.2016, § 18a, Rn. 66; Brachmann, in: Jahn, SGB IV, Stand 09/2016, § 18a, Rn. 26; Seewald, in: Kasseler Kommentar, Stand Juni 2014, § 18a, Rn. 39).
c. Der Familienzuschlag Stufe 2 ist auch nicht mit dem Kinderzuschuss oder der Kinderzulage vergleichbar. Der Familienzuschlag verfolgt einen anderen Zweck als die ausdrücklich genannten Erwerbsersatzeinkommen Kinderzuschuss und Kinderzulage.
Die Kinderzulage ist im § 9 Abs. 5 Eigenheimzulagengesetz geregelt und ersetzt seit dem 1. Januar 1996 das Baukindergeld; danach beträgt die Kinderzulage jährlich für jedes Kind, für das der Anspruchsberechtigte oder sein Ehegatte im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraums einen Freibetrag für Kinder nach § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes oder Kindergeld erhält, 800 Euro. Die Kinderzulage hängt daher vom Kindergeld ab und teilt dessen Zweck. § 1612b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) regelt ausdrücklich die Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld; danach ist das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden. Das Kindergeld ist daher praktisch Einkommen des Kindes.
Der Familienzuschlag hingegen verfolgt einen anderen Zweck. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Besoldungsgesetzgeber dafür Sorge zu tragen hat, dass der Beamte mit mehreren Kindern neben den Grundbedürfnissen seiner Familie das Minimum an "Lebenskomfort" befriedigen kann (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363-387). In der Lebenswirklichkeit muss sichergestellt werden, dass Beamte sich für ihre Familie ohne Rücksicht auf deren Größe "annähernd das gleiche leisten" können. Das BSG hat damit den Charakter des Familienzuschlags als Besoldungsbestandteil klargestellt und damit klargestellt, dass dieser Besoldungsbestandteil Erwerbseinkommen ist. Sinn und Zweck des Familienzuschlags ist daher die Angleichung der Lebensverhältnisse von kinderreichen Beamtenfamilien mit solchen ohne Kinder. Damit wird klar, dass der Familienzuschlag der Stufe 2 gerade keinen Charakter der unmittelbaren Bedarfsdeckung für das Kind wie das Kindergeld hat und daher nicht bspw. mit der Kinderzulage im Sinne des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV gleichgestellt werden kann. Konsequenterweise unterliegt der Familienzuschlag der Stufe 2 auch der vollen Versteuerung nach § 3 Nr. 11 Satz 2 EStG; während das mit den Beamtenbezügen zugleich auch ausgezahlt Kindergeld (nach dem Bundeskindergeldgesetzes) nach § 3 Nr. 24 EStG gerade nicht der Versteuerung unterliegt.
Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Familienzuschlags und der eindeutigen Regelung des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV kann der Senat keine ausfüllbare planwidrige Regelungslücke des Gesetzgebers erkennen. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Ausnahmeregelung des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV ganz bewusst nur eine Regelung ausschließlich für Erwerbsersatzeinkommen schaffen wollen. Als solches ist der Familienzuschlag der Stufe 2 aber gerade nicht zu qualifizieren.
4. Letztlich verstößt die unterlassene Anwendung von § 18 Abs. 3 S. 2 SGB IV daher auch nicht gegen Verfassungsrecht; insbesondere liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG vor. Da der Familienzuschlag und der Kinderzuschuss bzw. die Kinderzulage unterschiedliche Ziele verfolgen, sind schon Bezieher von Familienzuschlag nicht mit Bezieher von Kinderzuschuss bzw. Kinderzulage vergleichbar. Vergleichsgruppe für die Bezieher von Familienzuschlag der Stufe 2 sind daher kinderlose Beamte, denen kein Familienzuschlag zusteht. Würde daher der Familienzuschlag der Stufe 2 bei der Anrechnung von Witwenrente im Sinne des § 97 SGB VI außer Betracht bleiben, würde dies eine unzulässige Privilegierung kinderreichen Beamtenfamilien darstellen und hingegen kinderlose - verheiratete - Beamte, deren Lebenspartner verstorben ist in einer vom BVerfG nicht gewollten Weise benachteiligen, weil der kinderreiche Beamte, der eine Witwer- oder Witwenrente bezieht, besser behandelt würde, als der kinderlose Beamte. Da der Zweck des Familienzuschlags in der Schaffung gleicher Lebensverhältnisse liegt, würden sich die Lebensverhältnisse von verwitweten kinderlosen Beamten gegenüber verwitweten Beamten mit Kindern verschlechtern.
Aus den vorgenannten Gründen war die Berufung daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Der Senat hat die Revision auf Antrag der Klägerin nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 und Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die Annahme einer grundsätzlichen Rechtsfrage scheidet von vornherein aus, wenn die Antwort auf sie praktisch außer Zweifel steht, sich insbesondere deren Beantwortung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (BSG, Beschluss vom 12.10.1988, 8 BKn 16/88; Fichte in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 160, Rn. 28; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 12. Aufl., § 160 Rdnr. 8a). So liegt der Fall hier.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Neufestsetzung einer großen Witwenrente ab dem 01.01.2011 ohne Anrechnung des Familienzuschlags der Stufe 2 als Erwerbseinkommen; die Beteiligten streiten hierbei insbesondere über die Frage, ob der Familienzuschlag der Stufe 2 nach § 18a Abs. 3 S. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) von der Anrechnung ausgenommen ist.
Die am 00.00.1965 geborene Klägerin war verheiratet mit dem am 00.00.1962 geborenen und am 00.00.2009 verstorbenen Versicherten H E und ist Mutter zweier am 00.00.1984 (V E) bzw. 00.00.1990 (K E) geborener Söhne. Der jüngere Sohn ist mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehindert. Er wird von der Klägerin in ihrem Haushalt versorgt. Für diesen Sohn erhält die Klägerin durchgehend Kindergeld.
Die Klägerin ist seit dem 01.08.1985 Beamtin des Landes Nordrhein-Westfalen und erhält neben dem Grundgehalt auch Familienzuschläge der Stufe 1 nach § 43 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz NRW (LBesG NRW) sowie der Stufe 2 nach § 43 Abs. 2 LBesG NRW; für den erstgeborenen Sohn V E ist der Familienzuschlag der Stufe 2 ab 05/2012 entfallen.
Mit Bescheid vom 04.08.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin nach dem Tod ihres Ehemanns eine große Witwenrente beginnend ab dem 01.06.2009; hierbei berücksichtigte die Beklagte den Familienzuschlag der Stufe 2 als Einkommen und rechnete diesen folglich auf die Witwenrente an.
Wiederum unter Berücksichtigung des Familienzuschlags der Stufe 2 bei der Einkommensanrechnung setzte die Beklagte die Witwenrente mit Rentenbescheid vom 01.06.2015 beginnend ab dem 01.07.2015 neu fest.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 03.06.2015 die Überprüfung des Witwenrentenbescheids vom 04.08.2009. Ihr sei erst jetzt bekannt geworden, dass das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) ihr gesamtes Bruttoeinkommen gemeldet habe; ihr Einkommen setze sich jedoch aus dem Grundgehalt und dem Familienzuschlag der Stufe 1 und der Stufe 2 zusammen. Die Klägerin vertrat die Auffassung, kindbezogene Leistungen dürften nicht auf die Rente angerechnet werden.
Überdies legte sie am 08.06.2015 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 01.06.2015 ein.
Mit Bescheid vom 25.08.2015 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 04.08.2009 mit der Begründung ab, dass der angegriffene Bescheid rechtmäßig und die Rentenhöhe zutreffend auch unter Berücksichtigung des Familienzuschlags der Stufe 2 berechnet worden sei. Einen Ausschluss dieses Bestandteils des der Klägerin zufließenden Einkommens bei der Anrechnung auf Renten wegen Todes habe der Gesetzgeber nicht geregelt.
Am 01.09.2015 legte die Klägerin auch gegen den Überprüfungsbescheid vom 25.08.2015 Widerspruch ein und machte ergänzend geltend, dass weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach der Rechtsprechung ersichtlich sei, dass kindbezogene Leistungen, die Bestandteil des Einkommens sind, bei der Anrechnung des Einkommens auf die Rente zu berücksichtigen seien. Vielmehr sei der Familienzuschlag der Stufe 2 eine dem Kinderzuschuss bzw. der Kinderzulage vergleichbare kindbezogene Leistung, welche nicht auf ihre Renten angerechnet werden dürfe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2015 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück.
Die Klägerin hat am 02.12.2015 Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben.
Die Klägerin hat ausgeführt, dass ihr die Mitteilungen des LBV an die Beklagte nicht bekannt gewesen seien und sie daher über keine Kenntnis verfügt habe, dass die kindbezogenen Leistungen in Gestalt des Familienzuschlages der Stufe 2 bei der Mitteilung der Bezüge nicht heraus gerechnet worden seien. Dieser Familienzuschlag sei vollständig an den Kindergeldbezug geknüpft und verfolge den gleichen sozialpolitischen Zweck. Die Leistungen sollten einen Beitrag zu den mit der Erziehung und Betreuung von Kindern verbundenen erheblichen finanziellen Belastungen leisten. Kindbezogene Leistungen seien nicht nur beim Erwerbsersatzeinkommen abzuziehen sondern auch bei normalen Bezügen. Dies folge auch aus dem Sinn und Zweck der maßgeblichen gesetzlichen Regelung des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV. Es sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber kindbezogene Leistungen nicht auch beim Erwerbseinkommen habe außer Betracht lassen wollen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.08.2015 sowie unter Abänderung der Bescheide vom 04.08.2009 und 01.06.2015 zu verpflichten, ihr beginnend ab dem 01.10.2009, hilfsweise ab dem 01.07.2015 eine große Witwenrente ohne Anrechnung des Familienzuschlag der Stufe II für die Kindererziehung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat unter Wiederholung und Ergänzung ihres Vorbringens im Widerspruchsverfahren geltend gemacht, dass lediglich für Erwerbsersatzeinkommen vom Gesetzgeber in § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV geregelt worden sei, dass Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare Leistungen nicht als Erwerbsersatzeinkommen auf die Rente anzurechnen seien. Eine vergleichbare Vorschrift für Erwerbseinkommen fehle indes. Zu den Bezügen im Dienstverhältnis gehöre nach § 1 Abs. 2 Übergeleitetes Besoldungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (ÜBesG NRW) auch der Familienzuschlag. Nur das vom öffentlichen Dienstherrn ebenfalls geleistete Kindergeld zähle nach § 72 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht zum Arbeitsentgelt.
Mit Urteil vom 14.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend den Familienzuschlag der Stufe 2 berücksichtigt. Gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei Einkommen von Berechtigten mit der Witwenrente zu verrechnen. Gemäß § 18a Abs. 1 S. 1 SGB IV sei bei der Berechnung von Renten wegen Todes Erwerbseinkommen zu berücksichtigen. Dieses umfasse Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen. Zum Arbeitseinkommen zählten gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV alle laufenden und einmaligen Einnahmen. Hierzu zählten gemäß § 1 Abs. 2 ÜBesG NRW neben dem Grundgehalt auch der Familienzuschlag, nicht jedoch das geleistete Kindergeld, welches der Dienstherr mit dem Arbeitsgeld auszahle. Daher sei der Familienzuschlag der Stufe 2 anzurechnendes Einkommen. Der Gesetzgeber habe die Einkommensanrechnung auch nicht ausgeschlossen. Hierfür habe der Gesetzgeber in § 18a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 2 SGB IV eine Ausschlussregelung für Erwerbsersatzeinkommen in Form des Kinderzuschusses und der Kinderzulage bzw. vergleichbarer kindbezogener Leistungen getroffen. Daher bestehe nur eine Ausnahmeregelung für Erwerbsersatzeinkommen nicht auch für die Anrechnung von Einkommen. Auch eine analoge Anwendung des Ausschlusstatbestandes für kindbezogene Leistungen, die Erwerbseinkommen darstellten, lasse sich weder nach dem Wortlaut noch nach der systematischen Stellung herleiten. Der Gesetzgeber habe vielmehr ausdrücklich entsprechende Leistungen als Einnahmen auf Renten wegen Todes ausschließen müssen. Dass § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV allein auf Erwerbsersatzeinkommen bezogen sei, sei allgemeine Ansicht in der Literatur. Auch der mit dem Kindergeld vergleichbare Zweck des gewährten Familienzuschlags sei kein Argument dafür, dass diese nicht auf Renten wegen Todes angerechnet werden dürften. Es obliege vielmehr dem Gesetzgeber, Umfang und Grenzen der Berücksichtigung kindbezogener Leistungen festzulegen. Die Bezieher dieser unterschiedlichen Leistungen seien auch derartig wesentlich voneinander zu unterscheiden, dass eine Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht infrage stehe. Bezieher von Erwerbsersatzeinkommen erhielten entsprechende Leistungen bei vorübergehender Zeit des Ausfalls von Erwerbseinkommen; insbesondere aufgrund dauerhaften Ausscheidens aus dem Erwerbsleben. Diese seien daher gerade (vorübergehend) nicht mehr in der Lage, ihren Lebensunterhalt durch eine Erwerbstätigkeit zu finanzieren. In der Regel falle Erwerbsersatzeinkommen auch geringer aus als das maßgebliche Einkommen. Eine unterschiedliche Behandlung dieser Personengruppen sei daher unproblematisch.
Gegen das am 08.11.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.12.2016 Berufung eingelegt.
Die Klägerin trägt vor, es gäbe zwar keinen ausdrücklichen gesetzlichen Ausschluss. § 18a SGB IV sage zunächst, welches Einkommen berücksichtigt werde und erläutere in den Absätzen 2 und 3 dann das weitere erwerbsgleiche Einkommen. Erst danach werde auf den Kinderzuschuss, die Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen abgestellt, die außer Betracht blieben. Hieraus sei keine eindeutige Gesetzessystematik zu erkennen, sie halte dies jedenfalls für bedenklich. Sinn des Familienzuschlags sei, dass diese sozialpolitische Leistung demjenigen zukommen solle, der die Betreuung des Kindes übernommen habe. Es solle sichergestellt werden, dass die Leistung dem Kind zugutekomme. Dies entspreche Art. 6 GG. Die Herausnahme aus der Anrechnung sei auch deshalb gerechtfertigt, weil die Bezieher einer Rente wegen Todes in die Lage versetzt werden sollten, das Bestreiten des eigenen Unterhaltes zu ermöglichen. Außerdem sei auf die Historie hinsichtlich der Klausel zum Kinderzuschuss und zur Kinderzulage hinzuweisen, die zum 01.01.1986 durch das HZEG (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz) in Kraft getreten sei. Zu diesem Zeitpunkt habe es in der Beamtenbesoldung noch den so genannten Ortszuschlag zum Ausgleich regionaler Unterschiede gegeben. Das HZEG habe - wie dem Gesetzesentwurf in der Bundestagsdrucksache 10/2677 zu entnehmen sei - auch nur die unterschiedlichen Einkommensarten aufgezählt. Auch die Ausnahmeregelung hinsichtlich der Nichtanrechnung kindbezogener Leistungen sei hinsichtlich der Zugehörigkeit zu einer Einkommensart nicht näher erläutert. Insbesondere verhalte sich dies in keiner Weise zum kindbezogenen Anteil im Familienzuschlag. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass ein Bezieher von Bezügen mit Kinderzuschlag für schwerbehinderte Kinder nicht unbedingt mehr Möglichkeiten des Hinzuverdienstes habe als ein Pensionär.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.10.2016 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.08.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2015 zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 04.08.2009 teilweise zurückzunehmen und ihr auf den Überprüfungsantrag vom 03.06.2015 ab 01.01.2011 höhere Witwenrente ohne Anrechnung des Familienzuschlages nach im Übrigen näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige - insbesondere fristgerecht eingelegte - Berufung ist unbegründet. Der ablehnende Überprüfungsbescheid vom 25.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Rentenbescheids vom 04.08.2009 und damit auch keinen Anspruch auf große Witwenrente ohne Anrechnung des Familienzuschlages der Stufe 2 für die Kindererziehung ab dem 01.01.2011. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2015 den Überprüfungsantrag der Klägerin vom 03.06.2015 auf Überprüfung bzw. teilweise Rücknahme des Bescheids vom 04.08.2009 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu Recht abgelehnt. Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und somit Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beklagte hat bei Erlass des ursprünglichen Bescheids vom 04.08.2009 das Recht weder unrichtig angewandt noch ist die Beklagte bei Erlass von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist.
Vielmehr hat die Beklagte mit dem ursprünglichen Bescheid vom 04.08.2009 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgelegt, dass bei der Festsetzung der der Klägerin zu bewilligenden Witwenrente ab 01.10.2009 auch der vom LBV gewährte Familienzuschlag der Stufe 2 zu berücksichtigen ist. Gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 SGB VI ist Einkommen i.S.d. §§ 14, 15, 18a bis 18e SGB IV von Berechtigten, das mit einer Witwenrente zusammentrifft darauf anzurechnen. Der von der Klägerin erzielte Familienzuschlag der Stufe 2 nach § 43 Abs. 2 LBesG NRW stellt solches anzurechnenden Einkommen i.S.d. §§ 14, 15, 18a SGB VI dar (hierzu unter 1.), für den Familienzuschlag der Stufe 2 als Einkommensbestandteil der Beamtenalimentierung greift auch nicht die allein für Erwerbsersatzeinkommen gültige Ausnahmevorschrift des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV (hierzu unter 2.), die Ausnahmevorschrift des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV ist auch nicht analog auf den Familienzuschlag der Stufe 2 anzuwenden (hierzu unter 3.); letztlich verstößt diese Sichtweise auch nicht gegen Verfassungsrecht (hierzu unter 4.).
1. Der Familienzuschlag der Stufe 2 nach § 43 Abs. 2 LBesG NRW stellt anzurechnendes Einkommen i.S.d. §§ 14, 15, 18a SGB VI dar. Gemäß § 18a Abs. 1 S. 1 SGB IV sind bei Renten wegen Todes als Einkommen zu berücksichtigen:
1. Erwerbseinkommen,
2. Leistungen, die erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen),
3. Vermögenseinkommen und
4. Elterngeld.
Gemäß § 18a Abs. 2 S. 1 SGB IV umfasst das Erwerbseinkommen Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen. Zum Arbeitsentgelt zählen gemäß § 14 SGB IV alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus einer abhängigen Beschäftigung. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommenssteuerrecht zu bewerten ist (§ 15 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Arbeitseinkommen sind die steuerlichen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-3, Abs. 2 Nr. 1 EStG. Daher sind alle Einnahmen, die unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt und steuerlich erfasst werden, anzurechnenden Arbeitseinkommen und damit Einkommen i.S.d. § 97 SGB VI. Zum laufenden Einkommen aus der Beschäftigung gehören auch die Familienzuschläge. Dies ergibt sich bei Bezügen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis aus § 1 Abs. 2 ÜBesG NRW, wonach neben dem Grundgehalt auch der Familienzuschlag zählt; nicht jedoch das geleistete Kindergeld, das der Dienstherr den Bediensteten zusammen im Arbeitsentgelt auszahlt.
2. Auch greift für die Klägerin nicht die Ausnahmeregelung des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV. Während § 18a Abs. 3 Satz 1 SGB IV einzelne Erscheinungsformen des Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des Absatzes 1 S. 1 Nr. 2 aufzählt (Krankengeld, Verletztenrenten, Erwerbsminderungsrenten etc.), schließt § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen von der Berücksichtigung als Erwerbsersatzeinkommen aus. Während daher grundsätzlich Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 18a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB IV bei der Anrechnung auf die Witwenrente im Sinne des § 97 SGB VI zu berücksichtigen ist, bleiben der Kinderzuschuss, die Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen von der Anrechnung ausgenommen. Kinderzuschuss und Kinderzulage sind als Erwerbsersatzeinkommen zu qualifizieren; daher muss auch die etwaig vergleichbare kindbezogene Leistungen als Erwerbsersatzeinkommen zu qualifizieren sein, damit die Ausnahmeregelung des § 18 Abs. 3 S. 2 SGB IV greifen kann. Das SG hat in seinem Urteil vom 14.10.2016 daher zurecht darauf hingewiesen, dass das SGB IV eine entsprechende Ausnahmeregelung alleine für die Berücksichtigung sogenannten Erwerbsersatzeinkommens, nicht allerdings für die Anrechnung von Einkommen geschaffen hat. Auf Erwerbseinkommen findet die Regelung des § 18 Absatz 3 Satz 2 SGB IV hingegen keine Anwendung.
3. Wie das SG weiter zutreffend ausgeführt hat ist die Ausnahmevorschrift des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV auch nicht analog auf den Familienzuschlag der Stufe 2 anzuwenden. Der Begriff des Erwerbs- und damit auch des Arbeitseinkommens ist ausschließlich steuerrechtlich zu begründen (hierzu unter a.), der Gesetzgeber hat keine planwidrige Regelungslücke bei § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV gelassen (hierzu unter b.), auch verfolgt der Familienzuschlag einen anderen Zweck als die ausdrücklich genannten Erwerbsersatzeinkommen Kinderzuschuss und Kinderzulage (hierzu unter c.).
a. Zunächst lässt § 15 SGB IV keinen Raum für die Begründung eines eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des Arbeitseinkommens. Den Begriff des "Arbeitseinkommens" definiert § 15 SGB IV, der über § 1 SGB IV auch im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung gilt. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommenssteuerrecht zu bewerten ist (§ 15 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Arbeitseinkommen sind die steuerlichen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-3, Abs. 2 Nr. 1 EStG. Für die Bestimmung, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, soll allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein, womit "eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird" (BT-Drucks 12/5700, S. 92 zu Art. 3 Nr. 2; BSG, Urteil vom 07.10.2003, B 13 RJ 47/03 R). Da der Familienzuschlag der Stufe 2 einkommensteuerpflichtige Dienstbezüge nach § 1 Abs. 2 ÜBesG NRW i.V.m. § 3 Nr. 11 Satz 2 EStG ist, ist der Familienzuschlag als Einkommen und nicht als Erwerbsersatzeinkommen zu werten.
b. Da § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV damit keine unmittelbare Anwendung findet, kommt nur eine analoge Anwendung in Betracht. Die hierfür notwendige planwidrige Regelungslücke hat der Gesetzgeber hingegen nicht gelassen. Es lässt sich weder aus dem Wortlaut, noch aus der systematischen Stellung des Ausschlusstatbestandes ableiten, dass auch kindbezogene Leistungen, die Erwerbseinkommen darstellen, bei Renten wegen Todes außer Betracht bleiben sollen.
Der Gesetzgeber hat in § 18a Abs. 1 SGB IV die Regelungen für die Berücksichtigung von Einkommen getroffen und in Satz 2 dieses Absatzes abschließend bestimmt, welche Einnahmen nicht zu berücksichtigen sind. In § 18a Abs. 3 SGB IV hat der Gesetzgeber gesonderte Regelungen für die Berücksichtigung von Erwerbsersatzeinkommen und in diesem Zusammenhang auch die Ausnahmeregelung des Absatzes 3 Satz 2 geschaffen. Aufgrund der Gesamtregelung des § 18a Abs. 1 bzw. Abs. 3 SGB IV kommt schon aus systematischen Gründen eine Anwendung von § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV auf die Regelungen zur Berücksichtigung von Einkommen in Absatz 1 der Vorschrift nicht in Betracht. Hätte der Gesetzgeber eine Anrechnung entsprechender Leistungen als Einnahmen auf Renten wegen Todes ausschließen wollen, so hätte er diesen Ausschlusstatbestand entweder ausdrücklich in Absatz 1 geregelt bzw. eine entsprechende Anwendung von Absatz 2 Satz 2 auf Erwerbseinkommen verfügt oder aber in einem nach den Regelungen zur Berücksichtigung von Einnahmen und Erwerbsersatzeinkommen folgenden Absatz normiert.
Dass sich die Regelung des §§ 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV alleine auf Erwerbsersatzeinkommen bezieht, ist auch allgemeine Ansicht in der Literatur und wird nicht weiter diskutiert (Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck´scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand. 01.03.2016, § 18a, Rn. 33; Paulus, in jurisPK, Stand 01.03.2016, § 18a, Rn. 66; Brachmann, in: Jahn, SGB IV, Stand 09/2016, § 18a, Rn. 26; Seewald, in: Kasseler Kommentar, Stand Juni 2014, § 18a, Rn. 39).
c. Der Familienzuschlag Stufe 2 ist auch nicht mit dem Kinderzuschuss oder der Kinderzulage vergleichbar. Der Familienzuschlag verfolgt einen anderen Zweck als die ausdrücklich genannten Erwerbsersatzeinkommen Kinderzuschuss und Kinderzulage.
Die Kinderzulage ist im § 9 Abs. 5 Eigenheimzulagengesetz geregelt und ersetzt seit dem 1. Januar 1996 das Baukindergeld; danach beträgt die Kinderzulage jährlich für jedes Kind, für das der Anspruchsberechtigte oder sein Ehegatte im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraums einen Freibetrag für Kinder nach § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes oder Kindergeld erhält, 800 Euro. Die Kinderzulage hängt daher vom Kindergeld ab und teilt dessen Zweck. § 1612b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) regelt ausdrücklich die Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld; danach ist das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden. Das Kindergeld ist daher praktisch Einkommen des Kindes.
Der Familienzuschlag hingegen verfolgt einen anderen Zweck. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Besoldungsgesetzgeber dafür Sorge zu tragen hat, dass der Beamte mit mehreren Kindern neben den Grundbedürfnissen seiner Familie das Minimum an "Lebenskomfort" befriedigen kann (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363-387). In der Lebenswirklichkeit muss sichergestellt werden, dass Beamte sich für ihre Familie ohne Rücksicht auf deren Größe "annähernd das gleiche leisten" können. Das BSG hat damit den Charakter des Familienzuschlags als Besoldungsbestandteil klargestellt und damit klargestellt, dass dieser Besoldungsbestandteil Erwerbseinkommen ist. Sinn und Zweck des Familienzuschlags ist daher die Angleichung der Lebensverhältnisse von kinderreichen Beamtenfamilien mit solchen ohne Kinder. Damit wird klar, dass der Familienzuschlag der Stufe 2 gerade keinen Charakter der unmittelbaren Bedarfsdeckung für das Kind wie das Kindergeld hat und daher nicht bspw. mit der Kinderzulage im Sinne des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV gleichgestellt werden kann. Konsequenterweise unterliegt der Familienzuschlag der Stufe 2 auch der vollen Versteuerung nach § 3 Nr. 11 Satz 2 EStG; während das mit den Beamtenbezügen zugleich auch ausgezahlt Kindergeld (nach dem Bundeskindergeldgesetzes) nach § 3 Nr. 24 EStG gerade nicht der Versteuerung unterliegt.
Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Familienzuschlags und der eindeutigen Regelung des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV kann der Senat keine ausfüllbare planwidrige Regelungslücke des Gesetzgebers erkennen. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Ausnahmeregelung des § 18a Abs. 3 S. 2 SGB IV ganz bewusst nur eine Regelung ausschließlich für Erwerbsersatzeinkommen schaffen wollen. Als solches ist der Familienzuschlag der Stufe 2 aber gerade nicht zu qualifizieren.
4. Letztlich verstößt die unterlassene Anwendung von § 18 Abs. 3 S. 2 SGB IV daher auch nicht gegen Verfassungsrecht; insbesondere liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG vor. Da der Familienzuschlag und der Kinderzuschuss bzw. die Kinderzulage unterschiedliche Ziele verfolgen, sind schon Bezieher von Familienzuschlag nicht mit Bezieher von Kinderzuschuss bzw. Kinderzulage vergleichbar. Vergleichsgruppe für die Bezieher von Familienzuschlag der Stufe 2 sind daher kinderlose Beamte, denen kein Familienzuschlag zusteht. Würde daher der Familienzuschlag der Stufe 2 bei der Anrechnung von Witwenrente im Sinne des § 97 SGB VI außer Betracht bleiben, würde dies eine unzulässige Privilegierung kinderreichen Beamtenfamilien darstellen und hingegen kinderlose - verheiratete - Beamte, deren Lebenspartner verstorben ist in einer vom BVerfG nicht gewollten Weise benachteiligen, weil der kinderreiche Beamte, der eine Witwer- oder Witwenrente bezieht, besser behandelt würde, als der kinderlose Beamte. Da der Zweck des Familienzuschlags in der Schaffung gleicher Lebensverhältnisse liegt, würden sich die Lebensverhältnisse von verwitweten kinderlosen Beamten gegenüber verwitweten Beamten mit Kindern verschlechtern.
Aus den vorgenannten Gründen war die Berufung daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Der Senat hat die Revision auf Antrag der Klägerin nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 und Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die Annahme einer grundsätzlichen Rechtsfrage scheidet von vornherein aus, wenn die Antwort auf sie praktisch außer Zweifel steht, sich insbesondere deren Beantwortung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (BSG, Beschluss vom 12.10.1988, 8 BKn 16/88; Fichte in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 160, Rn. 28; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 12. Aufl., § 160 Rdnr. 8a). So liegt der Fall hier.
Rechtskraft
Aus
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