Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 Al 88/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 238/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 29/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Läßt ein Tarifvertrag aus Anlaß einer besonderen Personalreduzierungsmaßnahme eine ordentliche Kündigung aus diesem Anlaß nicht zu, ermöglicht er aber eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Abfindungszahlung, und verbleibt es außerhalb dieses speziellen Personalreduzierungsvorhabens bei den allgemeinen tariflichen bzw. gesetzlichen Kündigungsvorschriften, so gilt im Hinblick auf die Ruhensvorschriften des § 117 Abs.2 AFG (jetzt § 143a Abs.1 SGB III) die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigung maßgebend wäre.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 24. Juni 1997 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin für die Zeit vom 24. Juni 1996 bis 15. Februar 1997 Unterhaltsgeld zu zahlen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Ruhen des Anspruchs auf Unterhaltsgeld (Uhg) wegen teilweiser Anrechnung einer Abfindungszahlung nach einvernehmlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses streitig.
Die am ...1967 geborene Klägerin meldete sich am 06.03.1996 zum 01.04.1996 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Sie war vom 01.12.1992 bis 31.03.1996 bei der deutschen ... in Regensburg beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 15.02.1996 "aus betriebs-/rationalisierungsbedingten Gründen" zum 31.03.1996 beendet. Gemäß § 2 des Aufhebungsvertrages zahlte der Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von 61.500,- DM. Diese Abfindung beruhte auf § 17 des Tarifvertrages Nr.466 vom 09./12. Dezember 1994 zwischen der deutschen Telekom und der deutschen Postgewerkschaft. Die ersten vier Absätze von § 17 lauten wie folgt:
"(1) Angestellte/Arbeiter in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, das mindestens zwei Jahre ununterbrochen besteht, können unabhängig von § 1 bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses eine Abfindung nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen erhalten, wenn sie zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 56. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und der Arbeitgeber an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein dienstliches/betriebliches Interesse hat.
(2) Voraussetzung für die Abfindungszahlung ist die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch schriftlichen Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Arbeitgebers (rationalisierungsbedingte/betriebsbedingte Gründe). Der Angestellte/Arbeiter kann diesen Aufhebungsvertrag innerhalb einer Frist von 7 Kalendertagen nach Vertragsabschluß widerrufen.
(3) Der Angestellte/Arbeiter wird über die Abfindungsregelung umfassend informiert und auf Beratungsmöglichkeiten hinsichtlich der Rahmenbedingungen hingewiesen.
(4) Der Betriebsrat wird über vorgesehene Aufhebungsverträge mit Abfindungsvereinbarung im Sinne des Absatzes 2 rechtzeitig vorher unterrichtet, über den Inhalt der Verträge nur, soweit der Angestellte/Arbeiter dies nicht ausdrücklich ablehnt."
In einem Tarifvertrag Nr.4 zur Änderung des Tarifvertrages Nr.466 wurde im Dezember 1995 folgender § 18 eingefügt:
Betriebsbedingte Beendigungskündigungen
(1) In der Zeit vom 1. Dezember 1995 bis zum 31. Dezember 1997 scheiden aus Anlaß von Maßnahmen im Sinne von § 1 betriebsbedingte Beendigungskündigungen aus. Dies schließt jedoch Änderungskündigungen nicht aus.
(2) Der Ausschluß der betriebsbedingten Beendigungskündigungen gilt nicht für Angestellte und Arbeiter,
a) deren Arbeitsverhältnis zur deutschen Bundespost TELEKOM/ Deutschen Telekom AG weniger als zwei Jahre ununterbrochen besteht oder b) die ein zumutbares Arbeitsplatzangebot oder eine Qualifizierungsmaßnahme ablehnen."
Mit Bescheid vom 12.09.1996 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.04.1996 bis 23.06.1996 (12 Wochen) fest.
Nach einem weiteren Bescheid, ebenfalls vom 12.09.1996, ruhte die Leistung auf Alg insgesamt gemäß §§ 117 Abs.2 und 3, 117a AFG bis 27.04.1997. Seit 21.06.1996 nahm die Klägerin an einer beruflichen Bildungsmaßnahme teil. Diese Bildungsmaßnahme hatte sie am 19.06.1996 für einen Lehrgang vom 21.06.1996 bis 16.05. 1997 beantragt. Mit Bescheid von 12.09.1996 teilte die Beklagte der Klägerin das Ruhen von Leistungen auf Uhg bis 31.03.1997 wegen der Anrechnung von 70 v.H. der erhaltenen Abfindung gemäß § 117 Abs.2 und 3 AFG mit, da die ordentliche Kündigung des Arbeitgebers bis 31.12.1997 ausgeschlossen gewesen und eine Kündigungsfrist von 18 Monaten anzunehmen sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 17.09.1996 Widerspruch ein; ihr sei vom Arbeitsamt zugesichert worden, daß allenfalls ein Ruhenszeitraum von 24 Wochen (12 Wochen Sperrzeit und 12 Wochen Anrechnung der Abfindung) eintreten würde. Basierend darauf habe sie angesichts der unsicheren Stellung und in schwerer familiärer Situation stehend sich für die Abfindung entschieden.
Die Beklagte nahm sodann entsprechend der Rundverfügung 46/96 vom 10.09.1996 im Hinblick auf die Tarifverträge der deutschen Telekom einen Fall des § 117 Abs.2 Satz 4 AFG mit einer sich daraus ergebenden fiktiven Kündigungsfrist von einem Jahr an und stellte mit Bescheid vom 27.12.1996 entsprechend ihrer nunmehrigen rechtlichen Einschätzung ein Ruhen der Uhg Leistung bis 15.02.1997 fest. Ein entsprechender Bescheid erging auch hinsichtlich der Alg-Leistung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.1997 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 12.09.1996 als unbegründet zurück, soweit ihnen nicht abgeholfen wurde; da eine betriebsbedingte Kündigung bis 31.12.1997 nicht möglich gewesen sei und das Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit Zahlung einer Abfindung beendet worden sei, gelte gemäß § 117 Abs.2 Satz 4 AFG eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Diese sei nicht eingehalten worden. Gemäß § 44 Abs.5 Satz 3 AFG i.V.m. § 117 Abs.2 und 3 AFG ruhe daher das Uhg bis einschließlich 15.02.1997.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 24.01.1997 erhob die Klägerin am 17.02.1997 Klage zum Sozialgericht Regensburg; da wegen der besonderen tarifvertraglichen Regelung die betriebsbedingte Beendigungskündigung zeitlich befristet ausgeschlossen gewesen sei, sei eine Kündigungsfrist von 6 Wochen gemäß § 117 Abs.2 Satz 3 Ziff.2 AFG maßgeblich gewesen, die auch eingehalten worden sei.
Vor dem Sozialgericht erklärten die Beteiligten übereinstimmend, daß streitgegenständlich nur der das Uhg betreffende Bescheid vom 12.09.1996 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 27.12. 1996 und des Widerspruchsbescheides vom 24.01.1997 sein solle.
Mit Urteil vom 24.06.1997 hob das Sozialgericht Regensburg die angefochtenen Bescheide auf; die Voraussetzungen des von der Beklagten angenommenen § 117 Abs.2 Satz 4 AFG seien nicht gegeben. Die direkte Anwendung sei bereits dem Wortlaut nach ausgeschlossen. Der hier vorliegende Sachverhalt sei in der Regelung des § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 AFG ausdrücklich geregelt. Für die Klägerin sei die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zeitlich begrenzt ausgeschlossen gewesen. Tarifvertraglich sei vorgesehen gewesen, daß das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bis zum 31.12.1997 betriebsbedingt nicht hätte gekündigt werden können. Damit lägen die Voraussetzungen des § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 AFG offensichtlich vor.
Gegen das am 04.07.1997 zugestellte Urteil legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.07.1997 am 23.07.1997 Berufung ein; es sei sachlich nicht gerechtfertigt, lediglich die maßgebende ordentliche arbeitgeberseitige Kündigungsfrist auch bei Arbeitnehmern zugrundezulegen, denen nur gegen Abfindung ordentlich gekündigt werden könne. Dieser Personenkreis genieße einen "stärkeren" Kündigungsschutz als die Arbeitnehmer, die ohne Abfindung ordentlich kündbar seien. Die Kündigung sei demnach bei Arbeitnehmern, die keinen (zusätzlichen) besonderen (gesetzlichen) Kündigungsschutz hätten, nicht zeitlich begrenzt ausgeschlossen, sondern nur gegen Abfindungszahlung möglich. Es fänden mit anderen Worten § 117 Abs.2 Satz 4 AFG in Fällen Anwendung, in denen (tarifvertragliche) Regelungen eine ordentliche (betriebsbedingte) arbeitgeberseitige Kündigung für einen bestimmten Zeitraum im Ergebnis von einer Abfindungszahlung abhängig machten (ansonsten ausschließen). Dies gelte auch dann, wenn insoweit lediglich eine mündliche Absprache oder eine entsprechende Übung bestehe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 24.06.1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, die Beklagte für die Zeit vom 24.06.1996 bis 15.02.1997 zur Zahlung von Unterhaltsgeld zu verurteilen.
Sie ist der Auffassung, daß den erstrichterlichen Ausführungen zu folgen sei.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Verwaltungsakte der Beklagten und die erstinstanzliche Verfahrensakte. Wegen des Sachverhalts wird ergänzend auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 151 Abs.1, 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); insbesondere bedurfte es nicht der besonderen Zulassung gemäß § 144 Abs.1 SGG, weil der Wert des streitigen Anspruchs auf Uhg 1000,- DM übersteigt.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
Mit der Klage wendet sich die Klägerin gegen die ihren Antrag auf Uhg teilweise ablehnenden Bescheide. Zutreffende Klageart ist demnach allein die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs.4 SGG). Eine solche hatte die Klägerin auch erhoben. Durch die Anregung des Sozialgerichts, lediglich einen Anfechtungsantrag zu stellen, wurde das Klagebegehren jedoch nicht geändert, wie sich aus den Gründen des Ersturteils und unter Berücksichtigung der gesamten Sachlage hinreichend ergibt. Trotz des eingeschränkten Klageantrags war weiterhin von einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage auszugehen.
Streitgegenstand ist nicht mehr die Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf Alg, sondern lediglich das Ruhen des Uhg. Gemäß § 44 Abs.5 Satz 1 Nr.1 AFG i.d.F. des ersten SKWPG vom 21.12. 1993 (BGBl. I 2353) werden Leistungen, die der Bezieher von Uhg von seinem Arbeitgeber wegen der Teilnahme an einer Maßnahme für die Zeit der Teilnahme erhält oder zu beanspruchen hat, auf das Uhg grundsätzlich angerechnet. Einmalige Leistungen im Sinne des § 112 Abs.1 Satz 2 AFG bleiben außer Betracht (§ 44 Abs.5 Satz 2, Abs.4 Satz 2 AFG). Die Ruhensvorschriften des § 117 Abs.1a, 2, 3 und 4 AFG gelten entsprechend (§ 44 Abs.5 Satz 3 AFG).
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß im vorliegenden Fall ein Ruhen des Anspruchs auf Uhg wegen der erhaltenen Abfindung nicht eingetreten ist.
§ 117 Abs.2 AFG verlangt als Voraussetzung des Ruhens im Grundsatz eine Beendigung des Arbeitverhältnisses ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist (Satz 1 und 2 dieser Vorschrift). Für die Fälle eines nicht oder nur eingeschränkt kündbaren Arbeitnehmers gelten die Sonderregelungen § 117 Abs.2 Satz 3 und 4 AFG. Bei der Klägerin ist dabei die Frage des tariflichen Kündigungsschutzes von entscheidender Bedeutung.
Der hier einschlägige Tarifvertrag Nr.466 zwischen dem Vorstand der deutschen Bundespost Telekom und der deutschen Postgewerkschaft, der gemäß § 2 auf die Klägerin Anwendung findet und dessen Geltungsdauer sich auf die Zeit vom 01.10.1994 bis 31.12.1997 begrenzte, bezieht sich in seinem sachlichen Geltungsbereich (§ 1) auf die sozialverträgliche Umsetzung des Vorhabens "Focus 98". Er findet bei den unter § 1 Abs.1 näher ausgeführten Maßnahmen Anwendung. Nach § 1 Abs.2 zählt nicht zu den dort genannten Maßnahmen eine Verringerung des Personalbedarfs, der durch einen gesamtwirtchaftlich bedingten allgemeinen Verkehrsrückgang ausgelöst wird. Damit ist klargestellt, daß sich die Geltung lediglich eingeschränkt auf die Umsetzung des Vorhabens "Focus 98" bezieht und daneben Geltungsbereiche nach den allgemeinen tariflichen bzw. gesetzlichen Vorschriften gegeben sind.
Die beiden Hauptziele des Tarifvertrages Nr.466 sind die Sicherung einer Weiterbeschäftigung durch das zwingende Angebot eines gleichzeitigen und zumutbaren Arbeitsplatzes (§ 3 ff.) und die Sicherung der Vergütung bei einer Eigenkündigung des Angestellten (§ 12 ff.).
In § 17 sieht der Tarifvertrag unabhängig von den genannten Zielen und einer sich daraus ergebenden Verpflichtung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit zwingendem Anspruch auf eine bestimmte Abfindung vor, soweit (1) ein dienstliches Interesse des Arbeitgebers gegeben ist, (2) die Beendigung einvernehmlich durch schriftlichen Aufhebungsvertrag erfolgt.
Der mit dem Änderungstarifvertrag Nr.466, in Kraft ab 01.12. 1995, eingefügte § 18 schließt in seinem Absatz 1 für die Zeit vom 01.12.1995 bis 31.12.1997 betriebsbedingte Beendigungskündigungen "aus Anlaß von Maßnahmen im Sinne von § 1" aus, nicht jedoch Änderungskündigungen (§ 18 Abs.1 Satz 2) und - so muß hier ergänzt werden - nicht betriebsbedingte Beendigungskündigungen, die nicht "aus Anlaß von Maßnahmen im Sinne von § 1" erfolgen. Der zeitliche Kündigungsausschuß gilt somit nicht generell, sondern nur, soweit er durch die Umsetzung des Vorhabens "Focus 98" bedingt sind.
Eine lediglich segmentartige zeitliche Unkündbarkeit, die im übrigen eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers ohne Einschränkung zuläßt, wird vom Wortlaut her von § 117 Abs.2 AFG nicht erfaßt.
Es ist jedoch dem Aufhebungsvertrag durch seine Bezugnahme auf den Tarifvertrag Nr.466 eindeutig zu entnehmen, daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im vorliegenden Fall tatsächlich im Zusammenhang mit der Maßnahme gemäß § 1 des TV Nr.466 gestanden hat und soweit der Kündigungsausschluß nach § 18 TV eine Beendigung durch ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung entgegenstand, die Klägerin konkret in der Situation einer Arbeitnehmerin stand, für die insoweit die Kündigung ausgeschlossen war.
§ 117 Abs.2 Satz 3 Nr.1 AFG scheidet - wie auch die Beklagte nicht mehr verkennt - schon deshalb aus, weil ein zeitlicher unbegrenzter Ausschluß nicht gegeben war. § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 AFG trifft dem Wortlaut nach auf die Klägerin zu, da lediglich ein zeitlich begrenzter Ausschluß vorlag. § 117 Abs.2 Satz 4 AFG trifft - jedenfalls dem Wortlaut nach - nicht zu, da eine Kündigung dem Arbeitgeber auch bei einer Abfindungszahlung lt. § 18 TV verboten war. Der TV ließ lediglich den Weg einer einvernehmlichen Beendigung nach § 17 zu.
Hält man danach bei einer lediglich segmentbegrenzten Unkündbarkeit § 117 Abs.2 AFG dann für anwendbar, wenn der Anlaß für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses in dem segmentgeschützten Bereich tatsächlich liegt, so kommt hier nur eine Geltung des § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 1. Alt. AFG oder § 117 Abs.2 Satz 4 AFG in Betracht.
Die Beklagte bezieht § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 1. Alt. AFG nur auf Fälle, bei denen für die Dauer des Vorliegens veränderlicher persönlicher Umstände die ordentliche Kündigung im Einzelfall zeitlich begrenzt ausgeschlossen ist (DA 4.32 unter Rdnr.48). Die Unterscheidung nach unbegrenztem Ausschluß und zeitlich begrenztem Ausschluß der ordentlichen Kündigung ist durch das 4. AFG-Änderungsgesetz vom 12.12.1977 (BGBl. I 2557) eingeführt worden. § 117 Abs.2 Satz 3 AFG erhielt dadurch folgende Fassung: "Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei zeitlich unbegrenztem Ausschluß eine Kündigungsfrist von einem Jahr, im übrigen die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre."
In der Begründung des Änderungsgesetzes heißt es dazu (BT-Drs. 305/77): "Arbeitnehmern, deren Kündigung dauernd ausgeschlossen ist, wird für den Bereich des § 117 eine Kündigungsfrist von einem Jahr zugeordnet. Diese Frist berücksichtigt, daß bei diesen Arbeitnehmern der Kündigungsschutz und dementsprechend die Abfindung mit Entgeltcharakter erheblich größer ist als bei sonstigen Arbeitnehmern. Sofern die Kündigung - wie z.B. bei Betriebsratsmitgliedern - nur vorübergehend ausgeschlossen ist, soll für die Feststellung des Arbeitsentgeltanteils der Abfindung die Kündigungsfrist maßgebend sein, die ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigungsfrist gegolten hätte (Abs.2 Satz 3 letzter Halbsatz)."
Weder aus dem Wortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich damit eine Beschränkung auf Arbeitnehmer, "denen wegen des Vorliegens veränderlicher, in der Person begründeter Umstände" (so Masuch in GK-AFG, Stand 12/1989, Rdnr.62 § 117) nur vorübergehend nicht gekündigt werden kann. Lediglich beispielhaft wird in den Gesetzesmaterialien auf den besonderen Kündigungsschutz des Betriebsratsmitglieds hingewiesen. Dies ist naheliegend, da tarifvertragliche Konstellationen wie im vorliegenden Fall damals wohl kaum vorhersehbar waren.
Der Zweck der Regelung spricht nicht gegen eine Anwendung von § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 1. Alt. AFG auf den vorliegenden Fall. Denn der Gesetzgeber wollte dahingehend unterscheiden, ob der besondere Kündigungsschutz vorübergehender oder dauernder Natur ist, wollte zwischen dem dauerhaften, auf das Arbeitleben bezogenen Schutz und dem nur zeitlich begrenzten Schutz vor ordentlicher Kündigung unterscheiden. Es erscheint auch nicht unbillig, die Klägerin wie einen entsprechenden aus persönlichen Umständen vorübergehend geschützten Arbeitnehmer zu behandeln. Denn der Kündigungsschutz bezieht sich auf einen zeitlich kurzfristigen Abschnitt und zudem auf eine spezielle Rationalisierungsmaßnahme.
§ 117 Abs.2 Satz 4 AFG wurde durch das AFKG vom 22.12.1981 (BGBl.I, 1497) eingeführt und sollte Fälle erfassen, bei denen bei unkündbaren Arbeitnehmern durch Tarifvertrag eine ordentliche Kündigung bei gleichzeitiger Abfindung eröffnet wurde. Vorliegend liegt der Fall jedoch genau umgekehrt. Die kündbare Arbeitnehmerin wurde partiell im Hinblick auf eine bestimmte Maßnahme für eine begrenzte Zeit vor betrieblicher Kündigung geschützt. Hinzu kommt noch, daß § 17 TV Nr.466 die Auflösung aus betriebsbedingten Gründen grundsätzlich ermöglichen soll, dies jedoch von der Zustimmung des Arbeitnehmers abhängig macht.
Da ein Ruhen des Uhg-Anspruchs der Klägerin gemäß § 117 Abs.2 AFG dementsprechend zu verneinen ist, war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 24.06.1997 zurückzuweisen, jedoch im Hinblick auf die unzureichende Sachentscheidung des Sozialgerichts mit der Maßgabe, daß der Klägerin für die Zeit vom 24.06.1996 bis 15.02.1997 Uhg zugewähren ist. Denn insoweit sind die Anspruchsvoraussetzungen für die Klägerin erfüllt, wie zwischen den Beteiligten zudem auch unstreitig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; entsprechend des Ergebnisses des Berufungsverfahrens hat die Beklagte der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision war gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG zuzulassen, da die Rechtssache wegen der Folgen der tariflichen Sonderregelung und der Anzahl noch ausstehender Streitentscheidungen grundsätzliche Bedeutung zukommt.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Ruhen des Anspruchs auf Unterhaltsgeld (Uhg) wegen teilweiser Anrechnung einer Abfindungszahlung nach einvernehmlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses streitig.
Die am ...1967 geborene Klägerin meldete sich am 06.03.1996 zum 01.04.1996 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Sie war vom 01.12.1992 bis 31.03.1996 bei der deutschen ... in Regensburg beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 15.02.1996 "aus betriebs-/rationalisierungsbedingten Gründen" zum 31.03.1996 beendet. Gemäß § 2 des Aufhebungsvertrages zahlte der Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von 61.500,- DM. Diese Abfindung beruhte auf § 17 des Tarifvertrages Nr.466 vom 09./12. Dezember 1994 zwischen der deutschen Telekom und der deutschen Postgewerkschaft. Die ersten vier Absätze von § 17 lauten wie folgt:
"(1) Angestellte/Arbeiter in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, das mindestens zwei Jahre ununterbrochen besteht, können unabhängig von § 1 bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses eine Abfindung nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen erhalten, wenn sie zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 56. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und der Arbeitgeber an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein dienstliches/betriebliches Interesse hat.
(2) Voraussetzung für die Abfindungszahlung ist die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch schriftlichen Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Arbeitgebers (rationalisierungsbedingte/betriebsbedingte Gründe). Der Angestellte/Arbeiter kann diesen Aufhebungsvertrag innerhalb einer Frist von 7 Kalendertagen nach Vertragsabschluß widerrufen.
(3) Der Angestellte/Arbeiter wird über die Abfindungsregelung umfassend informiert und auf Beratungsmöglichkeiten hinsichtlich der Rahmenbedingungen hingewiesen.
(4) Der Betriebsrat wird über vorgesehene Aufhebungsverträge mit Abfindungsvereinbarung im Sinne des Absatzes 2 rechtzeitig vorher unterrichtet, über den Inhalt der Verträge nur, soweit der Angestellte/Arbeiter dies nicht ausdrücklich ablehnt."
In einem Tarifvertrag Nr.4 zur Änderung des Tarifvertrages Nr.466 wurde im Dezember 1995 folgender § 18 eingefügt:
Betriebsbedingte Beendigungskündigungen
(1) In der Zeit vom 1. Dezember 1995 bis zum 31. Dezember 1997 scheiden aus Anlaß von Maßnahmen im Sinne von § 1 betriebsbedingte Beendigungskündigungen aus. Dies schließt jedoch Änderungskündigungen nicht aus.
(2) Der Ausschluß der betriebsbedingten Beendigungskündigungen gilt nicht für Angestellte und Arbeiter,
a) deren Arbeitsverhältnis zur deutschen Bundespost TELEKOM/ Deutschen Telekom AG weniger als zwei Jahre ununterbrochen besteht oder b) die ein zumutbares Arbeitsplatzangebot oder eine Qualifizierungsmaßnahme ablehnen."
Mit Bescheid vom 12.09.1996 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.04.1996 bis 23.06.1996 (12 Wochen) fest.
Nach einem weiteren Bescheid, ebenfalls vom 12.09.1996, ruhte die Leistung auf Alg insgesamt gemäß §§ 117 Abs.2 und 3, 117a AFG bis 27.04.1997. Seit 21.06.1996 nahm die Klägerin an einer beruflichen Bildungsmaßnahme teil. Diese Bildungsmaßnahme hatte sie am 19.06.1996 für einen Lehrgang vom 21.06.1996 bis 16.05. 1997 beantragt. Mit Bescheid von 12.09.1996 teilte die Beklagte der Klägerin das Ruhen von Leistungen auf Uhg bis 31.03.1997 wegen der Anrechnung von 70 v.H. der erhaltenen Abfindung gemäß § 117 Abs.2 und 3 AFG mit, da die ordentliche Kündigung des Arbeitgebers bis 31.12.1997 ausgeschlossen gewesen und eine Kündigungsfrist von 18 Monaten anzunehmen sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 17.09.1996 Widerspruch ein; ihr sei vom Arbeitsamt zugesichert worden, daß allenfalls ein Ruhenszeitraum von 24 Wochen (12 Wochen Sperrzeit und 12 Wochen Anrechnung der Abfindung) eintreten würde. Basierend darauf habe sie angesichts der unsicheren Stellung und in schwerer familiärer Situation stehend sich für die Abfindung entschieden.
Die Beklagte nahm sodann entsprechend der Rundverfügung 46/96 vom 10.09.1996 im Hinblick auf die Tarifverträge der deutschen Telekom einen Fall des § 117 Abs.2 Satz 4 AFG mit einer sich daraus ergebenden fiktiven Kündigungsfrist von einem Jahr an und stellte mit Bescheid vom 27.12.1996 entsprechend ihrer nunmehrigen rechtlichen Einschätzung ein Ruhen der Uhg Leistung bis 15.02.1997 fest. Ein entsprechender Bescheid erging auch hinsichtlich der Alg-Leistung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.1997 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 12.09.1996 als unbegründet zurück, soweit ihnen nicht abgeholfen wurde; da eine betriebsbedingte Kündigung bis 31.12.1997 nicht möglich gewesen sei und das Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit Zahlung einer Abfindung beendet worden sei, gelte gemäß § 117 Abs.2 Satz 4 AFG eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Diese sei nicht eingehalten worden. Gemäß § 44 Abs.5 Satz 3 AFG i.V.m. § 117 Abs.2 und 3 AFG ruhe daher das Uhg bis einschließlich 15.02.1997.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 24.01.1997 erhob die Klägerin am 17.02.1997 Klage zum Sozialgericht Regensburg; da wegen der besonderen tarifvertraglichen Regelung die betriebsbedingte Beendigungskündigung zeitlich befristet ausgeschlossen gewesen sei, sei eine Kündigungsfrist von 6 Wochen gemäß § 117 Abs.2 Satz 3 Ziff.2 AFG maßgeblich gewesen, die auch eingehalten worden sei.
Vor dem Sozialgericht erklärten die Beteiligten übereinstimmend, daß streitgegenständlich nur der das Uhg betreffende Bescheid vom 12.09.1996 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 27.12. 1996 und des Widerspruchsbescheides vom 24.01.1997 sein solle.
Mit Urteil vom 24.06.1997 hob das Sozialgericht Regensburg die angefochtenen Bescheide auf; die Voraussetzungen des von der Beklagten angenommenen § 117 Abs.2 Satz 4 AFG seien nicht gegeben. Die direkte Anwendung sei bereits dem Wortlaut nach ausgeschlossen. Der hier vorliegende Sachverhalt sei in der Regelung des § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 AFG ausdrücklich geregelt. Für die Klägerin sei die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zeitlich begrenzt ausgeschlossen gewesen. Tarifvertraglich sei vorgesehen gewesen, daß das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bis zum 31.12.1997 betriebsbedingt nicht hätte gekündigt werden können. Damit lägen die Voraussetzungen des § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 AFG offensichtlich vor.
Gegen das am 04.07.1997 zugestellte Urteil legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.07.1997 am 23.07.1997 Berufung ein; es sei sachlich nicht gerechtfertigt, lediglich die maßgebende ordentliche arbeitgeberseitige Kündigungsfrist auch bei Arbeitnehmern zugrundezulegen, denen nur gegen Abfindung ordentlich gekündigt werden könne. Dieser Personenkreis genieße einen "stärkeren" Kündigungsschutz als die Arbeitnehmer, die ohne Abfindung ordentlich kündbar seien. Die Kündigung sei demnach bei Arbeitnehmern, die keinen (zusätzlichen) besonderen (gesetzlichen) Kündigungsschutz hätten, nicht zeitlich begrenzt ausgeschlossen, sondern nur gegen Abfindungszahlung möglich. Es fänden mit anderen Worten § 117 Abs.2 Satz 4 AFG in Fällen Anwendung, in denen (tarifvertragliche) Regelungen eine ordentliche (betriebsbedingte) arbeitgeberseitige Kündigung für einen bestimmten Zeitraum im Ergebnis von einer Abfindungszahlung abhängig machten (ansonsten ausschließen). Dies gelte auch dann, wenn insoweit lediglich eine mündliche Absprache oder eine entsprechende Übung bestehe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 24.06.1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, die Beklagte für die Zeit vom 24.06.1996 bis 15.02.1997 zur Zahlung von Unterhaltsgeld zu verurteilen.
Sie ist der Auffassung, daß den erstrichterlichen Ausführungen zu folgen sei.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Verwaltungsakte der Beklagten und die erstinstanzliche Verfahrensakte. Wegen des Sachverhalts wird ergänzend auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 151 Abs.1, 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); insbesondere bedurfte es nicht der besonderen Zulassung gemäß § 144 Abs.1 SGG, weil der Wert des streitigen Anspruchs auf Uhg 1000,- DM übersteigt.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
Mit der Klage wendet sich die Klägerin gegen die ihren Antrag auf Uhg teilweise ablehnenden Bescheide. Zutreffende Klageart ist demnach allein die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs.4 SGG). Eine solche hatte die Klägerin auch erhoben. Durch die Anregung des Sozialgerichts, lediglich einen Anfechtungsantrag zu stellen, wurde das Klagebegehren jedoch nicht geändert, wie sich aus den Gründen des Ersturteils und unter Berücksichtigung der gesamten Sachlage hinreichend ergibt. Trotz des eingeschränkten Klageantrags war weiterhin von einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage auszugehen.
Streitgegenstand ist nicht mehr die Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf Alg, sondern lediglich das Ruhen des Uhg. Gemäß § 44 Abs.5 Satz 1 Nr.1 AFG i.d.F. des ersten SKWPG vom 21.12. 1993 (BGBl. I 2353) werden Leistungen, die der Bezieher von Uhg von seinem Arbeitgeber wegen der Teilnahme an einer Maßnahme für die Zeit der Teilnahme erhält oder zu beanspruchen hat, auf das Uhg grundsätzlich angerechnet. Einmalige Leistungen im Sinne des § 112 Abs.1 Satz 2 AFG bleiben außer Betracht (§ 44 Abs.5 Satz 2, Abs.4 Satz 2 AFG). Die Ruhensvorschriften des § 117 Abs.1a, 2, 3 und 4 AFG gelten entsprechend (§ 44 Abs.5 Satz 3 AFG).
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß im vorliegenden Fall ein Ruhen des Anspruchs auf Uhg wegen der erhaltenen Abfindung nicht eingetreten ist.
§ 117 Abs.2 AFG verlangt als Voraussetzung des Ruhens im Grundsatz eine Beendigung des Arbeitverhältnisses ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist (Satz 1 und 2 dieser Vorschrift). Für die Fälle eines nicht oder nur eingeschränkt kündbaren Arbeitnehmers gelten die Sonderregelungen § 117 Abs.2 Satz 3 und 4 AFG. Bei der Klägerin ist dabei die Frage des tariflichen Kündigungsschutzes von entscheidender Bedeutung.
Der hier einschlägige Tarifvertrag Nr.466 zwischen dem Vorstand der deutschen Bundespost Telekom und der deutschen Postgewerkschaft, der gemäß § 2 auf die Klägerin Anwendung findet und dessen Geltungsdauer sich auf die Zeit vom 01.10.1994 bis 31.12.1997 begrenzte, bezieht sich in seinem sachlichen Geltungsbereich (§ 1) auf die sozialverträgliche Umsetzung des Vorhabens "Focus 98". Er findet bei den unter § 1 Abs.1 näher ausgeführten Maßnahmen Anwendung. Nach § 1 Abs.2 zählt nicht zu den dort genannten Maßnahmen eine Verringerung des Personalbedarfs, der durch einen gesamtwirtchaftlich bedingten allgemeinen Verkehrsrückgang ausgelöst wird. Damit ist klargestellt, daß sich die Geltung lediglich eingeschränkt auf die Umsetzung des Vorhabens "Focus 98" bezieht und daneben Geltungsbereiche nach den allgemeinen tariflichen bzw. gesetzlichen Vorschriften gegeben sind.
Die beiden Hauptziele des Tarifvertrages Nr.466 sind die Sicherung einer Weiterbeschäftigung durch das zwingende Angebot eines gleichzeitigen und zumutbaren Arbeitsplatzes (§ 3 ff.) und die Sicherung der Vergütung bei einer Eigenkündigung des Angestellten (§ 12 ff.).
In § 17 sieht der Tarifvertrag unabhängig von den genannten Zielen und einer sich daraus ergebenden Verpflichtung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit zwingendem Anspruch auf eine bestimmte Abfindung vor, soweit (1) ein dienstliches Interesse des Arbeitgebers gegeben ist, (2) die Beendigung einvernehmlich durch schriftlichen Aufhebungsvertrag erfolgt.
Der mit dem Änderungstarifvertrag Nr.466, in Kraft ab 01.12. 1995, eingefügte § 18 schließt in seinem Absatz 1 für die Zeit vom 01.12.1995 bis 31.12.1997 betriebsbedingte Beendigungskündigungen "aus Anlaß von Maßnahmen im Sinne von § 1" aus, nicht jedoch Änderungskündigungen (§ 18 Abs.1 Satz 2) und - so muß hier ergänzt werden - nicht betriebsbedingte Beendigungskündigungen, die nicht "aus Anlaß von Maßnahmen im Sinne von § 1" erfolgen. Der zeitliche Kündigungsausschuß gilt somit nicht generell, sondern nur, soweit er durch die Umsetzung des Vorhabens "Focus 98" bedingt sind.
Eine lediglich segmentartige zeitliche Unkündbarkeit, die im übrigen eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers ohne Einschränkung zuläßt, wird vom Wortlaut her von § 117 Abs.2 AFG nicht erfaßt.
Es ist jedoch dem Aufhebungsvertrag durch seine Bezugnahme auf den Tarifvertrag Nr.466 eindeutig zu entnehmen, daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im vorliegenden Fall tatsächlich im Zusammenhang mit der Maßnahme gemäß § 1 des TV Nr.466 gestanden hat und soweit der Kündigungsausschluß nach § 18 TV eine Beendigung durch ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung entgegenstand, die Klägerin konkret in der Situation einer Arbeitnehmerin stand, für die insoweit die Kündigung ausgeschlossen war.
§ 117 Abs.2 Satz 3 Nr.1 AFG scheidet - wie auch die Beklagte nicht mehr verkennt - schon deshalb aus, weil ein zeitlicher unbegrenzter Ausschluß nicht gegeben war. § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 AFG trifft dem Wortlaut nach auf die Klägerin zu, da lediglich ein zeitlich begrenzter Ausschluß vorlag. § 117 Abs.2 Satz 4 AFG trifft - jedenfalls dem Wortlaut nach - nicht zu, da eine Kündigung dem Arbeitgeber auch bei einer Abfindungszahlung lt. § 18 TV verboten war. Der TV ließ lediglich den Weg einer einvernehmlichen Beendigung nach § 17 zu.
Hält man danach bei einer lediglich segmentbegrenzten Unkündbarkeit § 117 Abs.2 AFG dann für anwendbar, wenn der Anlaß für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses in dem segmentgeschützten Bereich tatsächlich liegt, so kommt hier nur eine Geltung des § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 1. Alt. AFG oder § 117 Abs.2 Satz 4 AFG in Betracht.
Die Beklagte bezieht § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 1. Alt. AFG nur auf Fälle, bei denen für die Dauer des Vorliegens veränderlicher persönlicher Umstände die ordentliche Kündigung im Einzelfall zeitlich begrenzt ausgeschlossen ist (DA 4.32 unter Rdnr.48). Die Unterscheidung nach unbegrenztem Ausschluß und zeitlich begrenztem Ausschluß der ordentlichen Kündigung ist durch das 4. AFG-Änderungsgesetz vom 12.12.1977 (BGBl. I 2557) eingeführt worden. § 117 Abs.2 Satz 3 AFG erhielt dadurch folgende Fassung: "Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei zeitlich unbegrenztem Ausschluß eine Kündigungsfrist von einem Jahr, im übrigen die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre."
In der Begründung des Änderungsgesetzes heißt es dazu (BT-Drs. 305/77): "Arbeitnehmern, deren Kündigung dauernd ausgeschlossen ist, wird für den Bereich des § 117 eine Kündigungsfrist von einem Jahr zugeordnet. Diese Frist berücksichtigt, daß bei diesen Arbeitnehmern der Kündigungsschutz und dementsprechend die Abfindung mit Entgeltcharakter erheblich größer ist als bei sonstigen Arbeitnehmern. Sofern die Kündigung - wie z.B. bei Betriebsratsmitgliedern - nur vorübergehend ausgeschlossen ist, soll für die Feststellung des Arbeitsentgeltanteils der Abfindung die Kündigungsfrist maßgebend sein, die ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigungsfrist gegolten hätte (Abs.2 Satz 3 letzter Halbsatz)."
Weder aus dem Wortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich damit eine Beschränkung auf Arbeitnehmer, "denen wegen des Vorliegens veränderlicher, in der Person begründeter Umstände" (so Masuch in GK-AFG, Stand 12/1989, Rdnr.62 § 117) nur vorübergehend nicht gekündigt werden kann. Lediglich beispielhaft wird in den Gesetzesmaterialien auf den besonderen Kündigungsschutz des Betriebsratsmitglieds hingewiesen. Dies ist naheliegend, da tarifvertragliche Konstellationen wie im vorliegenden Fall damals wohl kaum vorhersehbar waren.
Der Zweck der Regelung spricht nicht gegen eine Anwendung von § 117 Abs.2 Satz 3 Nr.2 1. Alt. AFG auf den vorliegenden Fall. Denn der Gesetzgeber wollte dahingehend unterscheiden, ob der besondere Kündigungsschutz vorübergehender oder dauernder Natur ist, wollte zwischen dem dauerhaften, auf das Arbeitleben bezogenen Schutz und dem nur zeitlich begrenzten Schutz vor ordentlicher Kündigung unterscheiden. Es erscheint auch nicht unbillig, die Klägerin wie einen entsprechenden aus persönlichen Umständen vorübergehend geschützten Arbeitnehmer zu behandeln. Denn der Kündigungsschutz bezieht sich auf einen zeitlich kurzfristigen Abschnitt und zudem auf eine spezielle Rationalisierungsmaßnahme.
§ 117 Abs.2 Satz 4 AFG wurde durch das AFKG vom 22.12.1981 (BGBl.I, 1497) eingeführt und sollte Fälle erfassen, bei denen bei unkündbaren Arbeitnehmern durch Tarifvertrag eine ordentliche Kündigung bei gleichzeitiger Abfindung eröffnet wurde. Vorliegend liegt der Fall jedoch genau umgekehrt. Die kündbare Arbeitnehmerin wurde partiell im Hinblick auf eine bestimmte Maßnahme für eine begrenzte Zeit vor betrieblicher Kündigung geschützt. Hinzu kommt noch, daß § 17 TV Nr.466 die Auflösung aus betriebsbedingten Gründen grundsätzlich ermöglichen soll, dies jedoch von der Zustimmung des Arbeitnehmers abhängig macht.
Da ein Ruhen des Uhg-Anspruchs der Klägerin gemäß § 117 Abs.2 AFG dementsprechend zu verneinen ist, war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 24.06.1997 zurückzuweisen, jedoch im Hinblick auf die unzureichende Sachentscheidung des Sozialgerichts mit der Maßgabe, daß der Klägerin für die Zeit vom 24.06.1996 bis 15.02.1997 Uhg zugewähren ist. Denn insoweit sind die Anspruchsvoraussetzungen für die Klägerin erfüllt, wie zwischen den Beteiligten zudem auch unstreitig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; entsprechend des Ergebnisses des Berufungsverfahrens hat die Beklagte der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision war gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG zuzulassen, da die Rechtssache wegen der Folgen der tariflichen Sonderregelung und der Anzahl noch ausstehender Streitentscheidungen grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Rechtskraft
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