L 6 U 1541/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 2030/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1541/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Klägerin noch Folgen des am 04.06.2000 erlittenen Arbeitsunfalles vorliegen und ob sie deswegen Anspruch auf Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Die 1951 geborene Klägerin war seit Oktober 1997 als Restaurantfachfrau im Hotel A. B. in H. tätig. Am 04.06.2000 erlitt sie auf dem Heimweg von der Arbeit um ca. 15:45 Uhr einen Unfall. An einer Einmündung, bei der die Vorfahrtsregel "rechts vor links" galt, nahm ihr ein von links kommender Pkw die Vorfahrt. Es kam zu einem seitlichen Frontalzusammenstoß. Die Geschwindigkeit des Fahrzeuges der Klägerin betrug nach ihren Angaben gegenüber der Beklagten 30 bis 35 km/h. Über die Geschwindigkeit des anderen Fahrzeuges liegen keine Feststellungen vor. Das Fahrzeug der Klägerin wurde am linken vorderen Kotflügel und an der linken Fahrerseite erheblich beschädigt. Die Klägerin, die bei dem Unfall angegurtet war, hatte kurz vor dem Aufprall nach ihren Angaben den Kopf noch nach links gewendet, konnte den Aufprall jedoch nicht mehr vermeiden. Nach ihren Angaben traten sofort Nackenschmerzen und leichte Kopfschmerzen auf. Der Unfall wurde durch die Polizeidirektion Heidelberg aufgenommen. Am 05.06.2000 stellte sich die Klägerin wegen der unfallbedingten Beschwerden bei dem Durchgangsarzt Dr. B. im Kreiskrankenhaus S. vor. Dieser berichtete in seinem Durchgangsarztbericht vom selben Tag, die Halswirbelsäule (HWS) sei in allen Ebenen frei beweglich gewesen. Es hätten keine äußeren Verletzungszeichen und keine Myogelosen bestanden. Der neurologische Untersuchungsbefund sei unauffällig gewesen. Bei der röntgenologischen Untersuchung der HWS in zwei Ebenen habe sich kein Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung gefunden. Dr. B. empfahl eine symptomatisch-analgetisch-antiphlogistische Therapie sowie bei Beschwerdepersistenz die Durchführung einer kernspintomographischen Diagnostik der HWS. Er diagnostizierte eine HWS-Distorsion I - II und vertrat die Auffassung, mit einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen sei nicht zu rechnen.

Am 08.06.2000 stellte sich die Klägerin wegen fortbestehender Beschwerden bei dem Allgemeinmediziner W. vor, der eine kernspintomographische Untersuchung der HWS am 16.06.2000 veranlasste. Dabei wurden ausweislich des Arztbriefes von Dr. W. vom 16.06.2000 ein medial rechtsseitiger Bandscheibenprolaps HWK 5/6 mit deutlicher Myelon-impression, eine mediale Bandscheibenprotrusion HWK 4/5 mit Myelontangierung sowie eine Streckfehlhaltung der HWS festgestellt. Ab 21.08.2000 war die Klägerin arbeitsunfähig. Vom 25.09. bis 09.10.2000 wurde sie in der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums H. stationär behandelt. In diesem Rahmen erfolgte am 26.09.2000 eine Bandscheibenoperation im Bereich der HWS (ventrale zervikale Fusion C 5/6 mit Palacos nach Sequesterotomie und Diskektomie C 5/6). Nach dem Entlassungsbericht über diese Behandlung vom 30.10.2000 litt die Klägerin seit Ende August unter einer Brachialgie mit Ausstrahlung in die Ulnarseite des rechten Armes sowie unter Kribbelparästhesien im rechten Arm. Die Beschwerden seien progredient gewesen. Wegen der in der MRT-Aufnahme vom 16.06.2000 erkennbaren erheblichen ausgedehnten Spondylose C 5/6 rechts mit Bandscheibenprotrusion und erheblicher Kompression des Myelons sei die Operationsindikation gestellt worden. Der postoperative Verlauf sei bis auf eine Heiserkeit komplikationslos gewesen.

Mit Schreiben vom 03.11.2000 machte die Klägerin Entschädigungsansprüche bei der Beklagten geltend. In Zuge der daraufhin eingeleiteten Ermittlungen zog die Beklagte das neurologische Gutachten von Prof. Dr. M. aus dem Universitätsklinikum H. vom 28.06.2001 mit neurophysiologischem Zusatzgutachten bei. In diesem für die H. C.-Versicherungen erstatteten Gutachten kommt Prof. Dr. M. zu dem Ergebnis, dass sich für die von der Klägerin vorgetragenen Gefühlsstörungen und Schwäche kein neurologisches Korrelat finde. Diese Symptome seien vielmehr unspezifische Folgeerscheinungen der Schmerzen vor allem im rechten Schultergelenk. Aus neurologischer Sicht bestehe somit keine Minderung der Erwerbsfähigkeit. Im übrigen wird auf das orthopädische Hauptgutachten verwiesen.

Die Beklagte holte dann das unfallchirurgische Gutachten zur Zusammenhangsfrage vom 03.09.2001 von PD Dr. O. und Dr. N. aus dem T.krankenhaus in M. ein. Diese Ärzte führten aus, die Klägerin habe bei der Untersuchung am 28.06.2001 angegeben, sie habe gegen Ende Juli 2000 erstmals ein Pelzigkeitsgefühl und Kribbelgefühl in der gesamten rechten Gesichtshälfte sowie ein Pelzigkeitsgefühl im rechten Arm bemerkt. Durch die durchgeführte Operation sei keine wesentliche Besserung der Symptomatik eingetreten. Vielmehr hätten sich die Beschwerden im weiteren Verlauf verschlechtert. Sie habe weiterhin ausstrahlende Schmerzen von der HWS vor allem in die rechte Schulter- und Nackenregion und eine erhebliche Bewegungseinschränkung in diesem Bereich. In dem Gutachten wird ausgeführt, nach Rekonstruktion des Unfallgeschehens habe ein Überraschungseffekt mit plötzlich unverhofft auftretender Krafteinwirkung bestanden. Die Verletzungsgefahr sei größer gewesen als bei einem strengen Frontalzusammenstoß, wo sich der Betroffene mehr oder weniger mit Muskelanspannung schützen könne. Die Klägerin sei von dem Unfallgeschehen vollkommen überrascht worden, sie habe zwar noch im letzten Moment den Kopf nach links gewendet, eine Reaktion sei jedoch nicht mehr möglich gewesen. Zur Beurteilung wird ausgeführt, gehe man von einer klinisch stummen, vorbestehenden Bandscheibenveränderung aus, so schließe diese Krankheitsanlage nicht aus, den Schaden als durch das Unfallereignis wesentlich mit verursacht zu werten. Aufgrund der besonderen Begebenheiten dieses Falles sei die schädigende Einwirkung (Kollision) als wesentlich anzusehen, da die zur Gesundheitsschädigung treibende Dynamik sich als so stark herausstelle, dass demgegenüber das Anlageleiden entscheidend zurücktrete. Für einen Unfallzusammenhang sprächen insbesondere der zeitliche Zusammenhang zwischen Unfall und schmerzhafter Funktionseinschränkung, die Beschwerdefreiheit vor dem Unfall und das leere Vorerkrankungsverzeichnis und der pathomorphologische Befund des zeitnah durchgeführten MRT im Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik. PD Dr. O. und Dr. N. diagnostizierten eine HWS-Verletzung II. Grades mit mediolateralem Bandscheibenvorfall in Höhe C 5/C 6 mit Myelonimpression, für die der Unfall als wesentliche Teilursache anzusehen sei. Aufgrund der noch bestehenden höhergradigen Bewegungseinschränkung der HWS in allen Ebenen, der operationsbedingten Narbe an der rechten Halsseite und der operationsbedingten Schädigung des Nervus laryngus inferior rechts werde die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vom 01.02.2001 bis 01.08.2001 auf 30 von Hundert (v.H.), anschließend bis zur Beendigung des dritten Jahres nach dem Unfall auf 20 v.H. geschätzt.

Die Beklagte holte hierzu die fachärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 20.09.2001 ein. Dieser vertrat die Auffassung, die entscheidungsrelevanten Fakten sprächen sämtlich für ein unfallunabhängiges Schadensbild und wies insbesondere darauf hin, bei Frontalkollisionen könne es nur in Ausnahmefällen zu einer Gefährdung der HWS kommen. Bei dem festgestellten isolierten Bandscheibenschaden handele es sich zudem um ein verletzungsunspezifisches Schadensbild.

Nachdem PD Dr. O. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 08.01.2002 zu den Ausführungen von Dr. K. bei seiner Auffassung blieb, dass im Fall der Klägerin die entscheidungsrelevanten Fakten sämtlich für einen Unfallzusammenhang sprächen, holte die Beklagte noch das unfallchirurgische Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. W. und Oberarzt Dr. H. aus der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 02.04.2002 ein. Diese kommen zu der Auffassung, dass hier so viele Fakten gegen einen Unfallzusammenhang sprächen, dass dieser nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Im Einzelnen führten sie aus, bei Abwägung der einzelnen Argumente könne festgestellt werden, dass eine gewisse Möglichkeit einer schwerwiegenden Schädigung der HWS bzw. der HWS-begleitenden Muskulatur durch das Unfallereignis bestanden habe. Viel wesentlicher sei allerdings, ob es tatsächlich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ereignis zu Symptomen oder Befunden gekommen sei, die medizinisch zumindest die Möglichkeit einer entsprechenden Schädigung zur Wahrscheinlichkeit verdichteten. In diesem Zusammenhang könne nicht darüber hinweggesehen werden, dass 24 Stunden nach dem Ereignis ein geringfügiger Befund vorgelegen habe, indem noch nicht einmal eine Bewegungseinschränkung festgestellt worden sei. Es könne kein Nachweis geführt werden, dass in unmittelbarem Anschluss an den Unfall die Symptome eines akuten Bandscheibenschadens vorgelegen hätten.

Mit Bescheid vom 15.05.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente anlässlich des Arbeitsunfalles vom 04.06.2000 mit der Begründung ab, der Arbeitsunfall habe eine MdE in rentenberechtigendem Grade über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus nicht hinterlassen. Die Behandlung und Arbeitsunfähigkeit ab 21.08.2000 sei nicht ursächlich auf das Ereignis zurückzuführen, sondern auf einen degenerativen Bandscheibenvorfall. Die Klägerin legte hiergegen unter Vorlage des für die H.-C. erstatteten Gutachtens von Prof. Dr. R. vom 31.07.2001 Widerspruch ein. Prof. Dr. R. vertritt darin die Auffassung, aus dem Unfallhergang, der Beschwerdefreiheit vor dem Unfallereignis sowie den von ihm angenommenen unmittelbar an den Unfall anschließenden bandscheibenvorfallbedingten klinischen Symptomen ergebe sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 04.06.2000 und der daraus resultierenden Bandscheibenläsion im Bewegungssegment HWK 5/6 mit operativer Intervention am 26.09.2000. Er wies darauf hin, dass die Klägerin zeitnah nach dem Unfallereignis am 05.06.2000 sowie am 08.06.2000 ärztlich behandelt worden sei, woraus die Überweisung zur Kernspintomographie der HWS resultiert habe, die einen großen Bandscheibenvorfall ergeben habe. Prof. Dr. R. schätzte die MdE auf 20 v. H. Außerdem legte die Klägerin den "ärztlichen Bericht in freier Form" von Prof. Dr. S. aus der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums H. vom 30.03.2001 für die H. - C. vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, auch unter Berücksichtigung der Einwände im Widerspruchsverfahren seien keine Gründe ersichtlich, die geeignet seien, die ärztlichen Beurteilungen des Prof. Dr. W. und des beratenden Arztes in Frage zu stellen. Der Widerspruchsbescheid ging den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 02.08.2002 zu.

Hiergegen richtet sich die am 29.08.2002 bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage.

Das SG befragte zunächst verschiedene behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen. Der Orthopäde Dr. B. berichtete unter dem 07.05.2003 über Behandlungen der Klägerin vom 20.06.2000 bis 17.08.2000. Am 20.06.2000 habe die Klägerin über Schmerzen im HWS-Bereich und Kopfschmerzen nach dem Arbeitsunfall geklagt. Es habe eine eingeschränkte Rotationsfähigkeit der HWS bestanden. Am 17.07.2000 habe die Klägerin über Schmerzen in der rechten Schulter (nicht unfallbedingt) berichtet. Die Beschwerden seitens der HWS hätten sich leicht gebessert. Der Allgemeinmediziner W. berichtete unter dem 10.06.2003 über insgesamt neun Kontakte zwischen dem 08.06. und dem 11.09.2000. Hinsichtlich der am 08.06.2000 bestandenen HWS-Beschwerden sei im Verlauf keine entscheidende Verbesserung eingetreten. Die Allgemeinmedizinerin K. berichtete unter dem 11.07.2003 über die Behandlung der Klägerin ab 20.09.2000 und fügte zahlreiche Unterlagen bei. Unter dem 13.08.2003 berichtete sie ergänzend, dass sie die Klägerin bereits seit 13.06.1996 hausärztlich betreut habe. Am 07.09.1999 habe sie wegen Periarthritis humeri scapularis rechts Krankengymnastik verordnet, am 15.06.2000 sei eine Überweisung zum Neurologen wegen eines Verdachts auf Karpaltunnelsyndrom erfolgt.

Unter den von Allgemeinärztin K. vorgelegten Unterlagen befanden sich die Entlassungsberichte über die stationäre Behandlung der Klägerin in der Neurologischen Klinik am Diakonie-Krankenhaus in M. vom 18.04.2001 bis 09.05.2001 wegen Schmerzen im rechten Schulter-Arm-Bereich (u. a. Verdacht auf Lockerung der Palacosplombe), der Entlassungsbericht vom 30.07.2001 über das Heilverfahren der W.klinik D. vom 24.05. bis 26.06.2001, der Bericht vom 11.02.2003 über die stationäre Behandlung vom 20.01.2003 bis 06.02.2003 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. mit Revisionsoperation im Bereich der HWS am 22.01.2003 (Entfernung des Palacosspacer, ventrale Spondylodese C 5/C 6 mit Beckenkammblock und HWS-Verriegelungsplatte) sowie der Entlassungsbericht vom 02.07.2003 über das anschließende Heilverfahren in der Rehaklinik Haus B. in B. vom 04. bis 25.06.2003 (chronisches Zervikalsyndrom mit Cervikocephalgien, Dysbalancen in der Schultergürtelmuskulatur, Verdacht auf depressive Entwicklung u. a.). Außerdem liegt ein Arztbrief des Orthopäden L. vom 03.06.2003 vor. Dieser vertritt darin die Auffassung, im Anschluss an den Arbeitsunfall sei "rein zufällig" auch eine Bandscheibenpathologie mit einem Prolaps festgestellt worden. Er gehe davon aus, dass man einen "Schuldigen" für die Beschwerdesymptomatik gesucht habe und sich dann auf die Bandscheibe "gestürzt" habe. Bedauerlicherweise sei im Anschluss an die Operation keine Besserung der Beschwerden, sondern allenfalls eine Verschlechterung der Situation eingetreten.

Nach Mitteilung der Klägerin erhielt sie zwischenzeitlich wegen der fortbestehenden Beschwerden eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit von der damaligen LVA Baden-Württemberg. Die Klägerin legte weiter das fachorthopädische Gutachten von Prof. Dr. S. vom Universitätsklinikum G. vom 02.04.2004 vor, das in einem Rechtsstreit der Klägerin gegen die A. und M. Versicherungs-AG für das Amtsgericht Frankfurt erstattet worden war. Dieser kommt in Übereinstimmung mit Prof. Dr. R. zu der Auffassung, ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Bandscheibenvorfall C 5/C 6 und dem Unfall sei zu bejahen. Hierfür spreche vor allem das durchaus geeignete Unfallereignis und die passende Beschwerdesymptomatik nach dem Unfallereignis. Auch wenn eine streng radikuläre Symptomatik unmittelbar nach dem Unfall nicht vorgelegen habe, so habe die Klägerin doch über heftige rechtsseitige Nackenbeschwerden mit Ausstrahlung in die Schulter geklagt und es sei eine entsprechende deutliche Muskelverhärtung im Durchgangsarztbericht festgehalten.

Das SG holte dann noch die sachverständige Zeugenauskunft der Allgemeinmedizinerin Dr. W. vom 31.08.2004 ein, die die Klägerin vom 25.01.1991 bis 01.12.1999 behandelt hatte. Es zog die Akten des Versorgungsamtes Heidelberg und die Akten der LVA Baden-Württemberg bei und nahm sie auszugsweise in Kopie zu den Akten. Ebenfalls beigezogen wurden Unterlagen der DEKRA über die festgestellten Schädigungen am Fahrzeug der Klägerin sowie zahlreiche Röntgenaufnahmen und MRT-Aufnahmen.

Zu diesen Unterlagen holte das SG das Gutachten von Prof. Dr. M., Geschäftsführender Direktor des Instituts für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin des Universitätsklinikums H. vom 27.11.2004 ein. Dieser machte umfangreiche Ausführungen zur Analyse des Schadensereignisses und der danach möglichen Verletzungsfolgen unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus Freiwilligenversuchen. Er führte aus, dass es bei kritischer Betrachtung keine gesicherten traumatomechanischen Grenzwerte gebe, unterhalb derer Verletzungen an der HWS ausgeschlossen werden könnten. Es sei jedoch auch daran zu erinnern, dass Beschwerden, wie sie nach HWS-Distorsionen geklagt würden, schon durch (Bagatell-)Belastungen des täglichen Lebens hervorgerufen werden könnten. Die initial am Tag nach dem Unfall bei der Klägerin erhobenen ärztlichen Befunde entsprächen nicht den Befunden, die bei einem akuten, traumatisch verursachten Bandscheibenvorfall zu erwarten wären. Dies spreche gegen eine Verursachung des am 16.06.2000 radiologisch festgestellten Bandscheibenvorfalles durch das streitgegenständliche Unfallgeschehen. Halte man es wissenschaftlich für möglich, dass bereits vor dem Unfallgeschehen bei der Klägerin symptomarme bzw. symptomlose Bandscheibenvorwölbungen vorgelegen haben und das streitgegenständliche Unfallgeschehen eine "Triggerfunktion" an diesem "Ort minderer Widerstandsfähigkeit" bewirkt habe, sei es denkbar, dass - zeitlich versetzt - das Unfallgeschehen bei der Klägerin Beschwerden, wie von ihr beschrieben, ausgelöst habe. Diese Kausalität lasse sich jedoch wissenschaftlich nicht sichern bzw. validieren, auch nicht im Sinne einer Mitursächlichkeit.

Die Beklagte legte hierzu die fachärztliche Stellungnahme von Dr. H. vom 14.12.2004 vor.

Mit Urteil vom 01.12.2005 wies das SG die Klage ab.

Es führte aus, bei sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände und Würdigung der Vielzahl der vorliegenden medizinischen Gutachten könne nicht festgestellt werden, dass dem Unfallereignis gegenüber anderen Ursachen eine überwiegende oder zumindest als gleichwertig anzusehende und deshalb rechtlich wesentliche Bedeutung für die ursächliche Herbeiführung des Bandscheibenvorfalls zukomme.

Gegen das am 02.03.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.03.2006 Berufung eingelegt. Sie hat geltend gemacht, die vom SG vorgenommene Beweiswürdigung sei nicht nachvollziehbar. Sie befinde sich wegen der Unfallfolgen nunmehr in schmerztherapeutischer Behandlung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 01.12.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 04.06.2000 Rente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Facharzt für Anästhesiologie und spezielle Schmerztherapie Dr. B. als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat unter dem 28.08.2006 über die schmerztherapeutische Behandlung der Klägerin im Zeitraum vom 10.10.2002 bis 10.07.2006 berichtet. Er habe u. a. die Diagnose eines schweren chronifizierten Schmerzsyndroms infolge HWS-Distorsion sowie eines schweren algogenen Psychosyndroms gestellt.

Der Senat hat dann auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten von Dr. T. vom 19.12.2006 eingeholt. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass ein Zusammenhang zwischen der bei der Klägerin bestehenden Bandscheibenerkrankung der HWS und dem Unfall nicht bestehe. Man könne allenfalls von einer harmlosen und geringen Zerrung der Nackenweichteile bei dem Unfall ausgehen, die gemäß der allgemeinen und unstreitigen traumatologischen Erfahrung spätestens nach zwei bis drei Wochen folgenlos ausgeheilt gewesen sei.

Die Klägerin vertritt hierzu die Auffassung, das Gutachten könne nicht als Entscheidungsgrundlage akzeptiert werden. Es sei eine nochmalige psychosomatische Begutachtung erforderlich.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen - insbesondere die Beschwerden der Halswirbelsäule nach zweimaliger Bandscheibenoperation - sind nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das Unfallereignis vom 04.06.2000 verursacht worden. Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgerichts (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Versicherungsfälle in diesem Sinne sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Dabei sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit, wobei Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse sind, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S.33).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und bei nochmaliger kritischer Würdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen und Gutachten unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur kommt der Senat ebenso wie das SG zu der Überzeugung, dass es nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass der am 16.06.2000 kernspintomographisch gesicherte Bandscheibenvorfall HWK 5/6 durch die bei dem Unfall am 04.06.2000 eingetretene HWS-Belastung entstanden ist, und dass dem Unfall auch nicht die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache für diesen Gesundheitsschaden und damit für die in der Folgezeit durchgeführten operativen Behandlungen zukommt.

Die Beurteilung von HWS-Verletzungen nach Verkehrsunfällen ist Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen und gerichtlicher Entscheidungen (vgl. "Anhaltspunkte für die Begutachtung von Halswirbelsäulenverletzungen" DGU Mitteilungen und Nachrichten Suppl2004 S. 11 ff.). Dabei kommt es häufig zu kontroversen gutachterlichen Meinungen. Das Gericht hat die Aufgabe, die individuelle Kausalität an Hand sämtlicher Umstände des Einzelfalles unter Anwendung der Kriterien der im Sozialrecht geltenden Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung zu beurteilen. Sofern - wie hier - in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall ein Bandscheibenvorfall der HWS festgestellt wurde, ist sorgfältig zu prüfen, ob es sich hierbei um eine vorbestehende Schadensanlage handelt oder ob die Umstände dafür sprechen, dass dieser bei dem Unfall entstanden ist (traumatischer Bandscheibenvorfall). Sind degenerative Vorschäden wesentliche Ursache der vom Verletzten geltend gemachten Beschwerden und sind letztere nicht hinreichend wahrscheinlich durch den Unfall entstanden, so sind nach der Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung Unfallfolgen nicht anzuerkennen (LSG für das Saarland, Urteil vom 18.01.2006 - L 2 U 108/03). In die Beurteilung einzubeziehen sind der Unfallmechanismus, die klinischen und bildgebenden Befunde nach dem Unfall sowie Vorerkrankungen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. S. 527ff.)

Wie das SG bereits unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof. Dr. M. ausgeführt hat, ist es aus traumatomechanischer Sicht nicht ausgeschlossen, dass bei dem vorliegenden Unfallmechanismus einer sogenannten Seitkollision Beeinträchtigungen im Bereich der HWS (im Sinne einer "HWS-Distorsion" bzw. eines "Schleudertraumas") aufgetreten sind. Trotz zahlreicher Studien auf diesem Gebiet gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse darüber, bei welchen Geschwindigkeiten bzw. bei welchen Unfallmechanismen Beeinträchtigungen an der Halswirbelsäule ausgeschlossen werden können (sogenannte Bagatellgrenze). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des SG Bezug genommen (§153 Abs. 2 SGG). Der von der Klägerin erlittene Unfall ist daher nicht von vornherein ungeeignet, Verletzungen an der HWS zu verursachen.

Der klinische Verlauf der Beschwerden der Klägerin und der kernspintomographische Befund sprechen jedoch nach Überzeugung des Senats dafür, dass es sich bei dem festgestellten Bandscheibenvorfall C5/C6 um eine Schadensanlage handelt, die bereits vor dem Unfall bestand. Der Senat folgt dabei den Ausführungen von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. M ... Diese stehen mit den im unfallmedizinischen Schrifttum vorherrschenden Auffassungen in Einklang. Es ist danach davon auszugehen, dass Bandscheibenverletzungen unfallbedingt meist mit Wirbelkörperfrakturen entstehen. Als Unfallfolge erscheinen sie stets mit begleitenden (minimalen) knöchernen oder Bandverletzungen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. Seite 527). Auf der anderen Seite entstehen Bandscheibenvorfälle häufig ohne Unfallereignis im Rahmen degenerativer Veränderungen und sind in eine stumme und eine klinisch manifeste Verlaufsphase einzuteilen. Aus der Tatsache, dass bei der Klägerin zwölf Tage nach dem Unfall ein Bandscheibenvorfall HWK 5/6 kernspintomographisch gesichert wurde, kann somit nicht geschlossen werden, dass dieser Bandscheibenvorfall bei dem Unfall entstanden ist. Prof. Dr. W. weist in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar darauf hin, dass die Kernspintomographie keinerlei unfallbedingte Veränderung zeigt. Beschrieben werden Bandscheibenschäden mit deutlicher Myelonimpression sowie einer Spondylosenbildung. Dieser Befund spricht für bereits seit längerer Zeit vorliegende degenerative Veränderungen der Bandscheibe. Soweit PD Dr. O. ausführt, der pathomorphologische Befund des zeitnah durchgeführten MRT spreche für einen Unfallzusammenhang, so entbehrt dies einer schlüssigen Begründung. Es werden weder frische knöcherne oder ligamentäre Verletzungen noch Einblutungen oder Ödeme beschrieben, die auf eine unfallbedingte Schädigung hindeuten würden. Prof. Dr. W. weist auch darauf hin, dass eine typische bandscheibenbedingte Symptomatik unmittelbar nach dem Schädigungsereignis nicht vorlag. Die Klägerin war zunächst nicht arbeitsunfähig. Die in der Zeit nach dem Unfall behandelnden Ärzte Dr. B. und W. berichten zwar über Beschwerden im HWS-Bereich und Kopfschmerzen, die jedoch nicht durchgehend im Vordergrund standen. Nach Auskunft von Dr. B. hatten sich die Beschwerden seitens der HWS im Juli 2000 sogar leicht gebessert. In diesem Zeitpunkt klagte die Klägerin über Schmerzen in der rechten Schulter, die von Dr. B. als nicht unfallbedingt eingestuft wurden. Im Juli 2007 erfolgte noch die Operation eines ebenfalls unfallunabhängigen Karpaltunnelsyndroms durch den Neurochirurgen Dr. Z ... Arbeitsunfähig war die Klägerin erst ab 21.08.2000. Vorher war sie offenbar noch in der Lage, ihre Tätigkeit als Bedienung zu verrichten. Dies spricht ebenfalls dagegen, dass der Bandscheibenvorfall bei dem Unfall entstanden ist.

Typische bandscheibenbedingte Beschwerden der HWS haben sich erst im weiteren Verlauf entwickelt. Im Entlassungsbericht des Klinikums H. vom 30.10.2000 wird eine Brachialgie seit Ende August beschrieben. Nach dem Arztbrief des Neurochirurgen Dr. Z. vom 01.08.2000 stellte sich die Klägerin dort an diesem Tag wegen zahlreicher Beschwerden im Bereich beider Schultern sowie Gefühlsstörungen im linken Arm vor. Dr. Z.führte sowohl die seit längerer Zeit bestehenden Schulterbeschwerden rechts als auch die Armbeschwerden rechts, die zur Operation des Karpaltunnelsyndroms im Juli 2000 führten, auf den nunmehr gefundenen Bandscheibenschaden zurück. Er riet zur baldigen operativen Sanierung des Segments C5/6, wobei er dem Unfall allenfalls eine untergeordnete Bedeutung bei der Entstehung der Beschwerden beimaß. Auch Dr. Z. geht damit zweifelsfrei davon aus, dass der kernspintomographische Befund einen vor dem Unfall bestandenen degenerativen Schaden zeigt. Der Unfall kann auch nicht neben den degenerativen Bandscheibenveränderungen als wesentliche Teilursache für die Gesundheitsstörungen der Klägerin angesehen werden. Die Unterlagen der behandelnden Ärzte sprechen dafür, dass der Unfall keinen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf der Beschwerden hatte. Das Gericht folgt auch insoweit den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. M ... Insbesondere genügt danach die Tatsache, dass die Klägerin vor dem Unfallereignis nicht wegen den HWS-Beschwerden ärztlich behandelt werden musste, nicht für die Bejahung eines Ursachenzusammenhanges. Dies könnte zwar für einen Unfallzusammenhang sprechen, reicht jedoch angesichts der Tatsache, dass degenerative Bandscheibenvorfälle häufig lange Zeit klinisch stumm verlaufen, für die Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenhanges nicht aus. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin vor dem Unfall durchaus unter Beschwerden (im Bereich der Schulter und des Armes) litt, die Dr. Z. im nachhinein - wie ausgeführt - auf den Bandscheibenvorfall zurückführte. Prof. Dr. W. führt weiter aus, es sei mittlerweile in der gutachterlichen Literatur anerkannt, dass der letzte Schritt im Rahmen eines degenerativ entstandenen Bandscheibenvorfalles, d. h. die Durchtrennung des hinteren Längsbandes rechtlich wesentlich durchaus durch ein Unfallereignis zumindest zeitlich vorverlagert werden könne. Hiervon wäre dann auszugehen, wenn in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu einem geeignet erscheinenden Unfallereignis eine entsprechende radikuläre Symptomatik aufgetreten wäre. Dies war jedoch bei der Klägerin nicht der Fall. Bei der ersten Untersuchung am Tag nach dem Ereignis durch Dr. B. bestand eine freie Beweglichkeit der HWS und keine neurologische Symptomatik. Dr. W. hat nach seiner Auskunft an das SG am 08.06.2000 - also 4 Tage nach dem Unfall - zwar eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS beschrieben, jedoch ebenfalls keine typischen bandscheibenbedingten Beschwerden.

Den Ausführungen von PD Dr. O., Prof. Dr. R. und Dr. S. war nicht zu folgen. Zunächst ist festzustellen, dass auch diese Gutachter davon ausgehen, dass ein Unfallzusammenhang allenfalls im Sinne einer wesentllichen Teilursache bei vorbestehendem Bandscheibenschaden angenommen werden kann. PD Dr. O. postuliert dementsprechend, ohne das Unfallereignis wäre der Schaden später eingetreten, ohne dies jedoch anhand des klinischen Verlaufs näher zu begründen. Prof. Dr. R. weist darauf hin, dass Schmerzen unmittelbar nach dem Unfall aufgetreten seien, ohne zwischen den unmittelbar nach dem Unfall aufgetretenen unspezifischen Nacken- und Kopfschmerzen und der erst Wochen nach dem Unfallereignis festgestellten radikulären Symptomatik, die dann zur Arbeitsunfähigkeit ab 21.08.2000 (vgl. Gutachten von Dr. B. vom 13.02.2001 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung) führte, zu unterscheiden.

Prof. Dr. S. kritisiert die Annahme eines Vorschadens im Segment C 5/6, ohne darauf einzugehen, dass in dem kernspintomographischen Befund vom 16.06.2000 Zeichen einer frischen Verletzung fehlen.

Prof. Dr. M. führt aus, das streitgegenständliche Unfallgeschehen habe möglicherweise eine "Triggerfunktion" gehabt und in diesem Sinne - zeitlich versetzt - Beschwerden bei der Klägerin ausgelöst. Diese Kausalität lasse sich jedoch wissenschaftlich nicht sichern. Damit lässt sich auch mit den Ausführungen von Prof. Dr. M. ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang nicht wahrscheinlich machen. Die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges reicht nicht aus, um Ansprüche der Klägerin auf Gewährung von Rente zu begründen.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Gutachten von Dr. T., das auf Antrag der Klägerin eingeholt wurde, einen Zusammenhang eindeutig verneint. Dieser geht ebenfalls davon aus, dass eine strukturelle Schädigung durch den Unfall nicht eingetreten ist.

Die Einholung eines psychosomatischen Gutachtens, wie von der Klägerin angeregt, war nicht erforderlich. Die Klägerin leidet nach der Auskunft von Dr. B. trotz der beiden durchgeführten Bandscheibenoperationen an fortbestehenden Beschwerden im Bereich des Nackens und des rechten Armes mit psychischen Alterationen und der Diagnose einer Schmerzkrankheit. Weil bereits der Bandscheibenschaden nicht ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist, ist ein Kausalzusammenhang der sich daran anschließenden Schmerzkrankheit mit dem Unfall nicht plausibel. Ein solcher Zusammenhang wird von keinem der gehörten Sachverständigen oder behandelnden Ärzte gesehen.

Aus den genannten Gründen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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