L 16 KR 150/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 172/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 150/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KS 1/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB mit Beschluss vom 25.08.09 zurückgewiesen
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21. September 2007 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Mitgliedschaft des Klägers in der Kranken, Renten- und (ab deren Einführung im Jahre 1995) sozialen Pflegeversicherung (KV/RV/PV) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in der Zeit vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997.

Der 1959 geborene Kläger, der ein Studium der Fachrichtung "Fotografie" an der Fachhochschule E abgeschlossen hat, ist nach eigenen Angaben im Berufungsverfahren seit 1987 als selbständiger Werbefotograf und Fotodesigner tätig. Am 26.02.2002 hatte sich der bis dahin bei den Beigeladenen zu 1. und 2. freiwillig kranken- und pflegepflichtversicherte Kläger erstmals bei der Beklagten mit der Bitte um Prüfung seiner Versicherungspflicht nach KSVG gemeldet. Unter anderem hatte der Kläger eine Bescheinigung des Gutachterausschusses für den Bereich Köln, Düsseldorf und Münster vom 22.11.1991 vorgelegt, der ihn als Künstler im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) anerkannt hatte. Mit Bescheid vom 27.03.2002 hatte die Beklagte - da einkommensmäßige Bedenken nicht bestanden - festgestellt, dass für den Kläger Versicherungspflicht in der KV, PV und RV nach § 1 KSVG bestehe, und zwar ab dem 15.02.2002.

Am 11.07.2002 hatte der Kläger eine Überprüfung des - inzwischen bestandskräftigen - Bescheides vom 27.03.2002 mit dem Ziel beantragt, als Beginn der Versicherungspflicht den 01.09.1990 festzustellen und eine Beitragsnachentrichtung zur KV, PV und RV zu ermöglichen. Zur Begründung hatte der Kläger vorgetragen, die Beigeladene zu 2. habe trotz genauer Kenntnis seiner beruflichen Tätigkeit keinen entsprechenden Hinweis auf die - beitragsrechtlich günstigeren - Möglichkeiten einer Versicherungspflicht nach dem KSVG erteilt. Diesen Beratungsfehler müsse sich die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zurechnen lassen. Auf Nachfrage der Beklagten hatte die Beigeladene zu 2. mitgeteilt, der Kläger sei im Anschluss an eine Familienversicherung und freiwillige KV als Student dort ab dem 01.09.1990 (bis zum 14.02.2002) versichert gewesen. Er habe im Aufnahmeantrag als Berufsbezeichnung "selbständiger Werbefotograf" angegeben. Mit Bescheid vom 19.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2003 hatte die Beklagte den Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG für die vor dem 15.02.2002 liegenden Zeiträume abgelehnt. Die Beigeladene zu 2. habe zu Recht keinen Beratungsbedarf gesehen, als sich der Kläger dort im Jahre 1990 gemeldet habe. Die Berufsbezeichnung "Werbefotograf" lasse nicht zwingend auf eine künstlerische Tätigkeit schließen.

In dem vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf unter dem Az. S 4 KR 124/03 über die Frage des Bestehens von Versicherungspflicht im Zeitraum vom 01.09.1990 bis zum 14.02.2002 geführten Klageverfahren hatten die Beteiligten am 29.11.2004 den folgenden Vergleich geschlossen:

1. Der Bescheid vom 19.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2003 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte verpflichtet sich, den Kläger für den Zeitraum ab dem 01.01.1998 gemäß § 1 KSVG (unter Berücksichtigung der §§ 3 bis 5 KSVG) zu versichern.
3. Der Kläger verpflichtet sich, die tatsächlich erzielten Entgelte als Werbefotograf für den Zeitraum ab dem 01.01.1998 mitzuteilen. Der Kläger verpflichtet sich ebenfalls, gegebenenfalls andere Einkünfte mitzuteilen.
4. Aufgrund der Verjährungsvorschriften (§§ 25 bis 27 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), § 197 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)) werden für den Streitgegenstand keine Feststellungen für den Zeitraum vor dem 01.01.1998 getroffen.
5. Die Beklagte ist bereit, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
6. Der Kläger nimmt die Klage zurück.

In Ausführung des o. g. Vergleiches hatte der Kläger Einkommensteuerbescheide für die Jahre ab 1998 vorgelegt. Daraufhin hatte die Beklagte in Ausführung des Vergleichs mit Änderungsbescheid vom 11.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2005 das Bestehen von Versicherungspflicht in der RV, KV und PV nach § 1 KSVG für die Zeit vom 01.01.1998 bis zum 31.12.2000 und ab dem 01.01.2002 bis laufend festgestellt. In dem unter dem Az. S 8 KR 40/05, SG Düsseldorf (= L 16 KR 224/06, LSG NRW) geführten Verfahren hatte die Beklagte in der Berufungsinstanz das Bestehen von Versicherungspflicht auch für das Jahr 2001 anerkannt.

Am 30.12.2004 beantragte der Kläger mittels eines Überprüfungsantrages gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erneut die hier streitige Durchführung der KV, RV und PV (ab deren Einführung) nach dem KSVG für den Zeitraum vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997. Zur Begründung verwies der Kläger darauf, dass seiner Auffassung nach Anwartschaften nicht Gegenstand der Verjährung sein könnten. Die Verjährungsvorschriften der §§ 25 bis 27 SGB IV und des § 197 SGB VI würden vielmehr nur für Leistungs- und Erstattungsansprüche gelten.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheiden vom 26.01.2005 und 27.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2005 ab. Es lägen bereits die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht vor; denn der Beruf des "Werbefotografen" könne sowohl handwerklich als auch künstlerisch ausgeübt werden. Der Beigeladenen zu 2. habe sich im Jahre 1990 keine Spontanberatung aufdrängen müssen. So hätten der erkennende Senat (Urt. vom 18.03.1999, Az.: L 16 KR 116/98, www.sozialgerichtsbarkeit.de) und das Bundessozialgericht (BSG) (Urt. vom 24.06.1998, Az.: B 3 KR 11/97 R, Sozialrecht (SozR) 3-5425 § 25 Nr. 11) sogar noch etliche Jahre später eine handwerkliche Prägung des Berufs des Werbefotografen angenommen. Erst im Jahre 2003 habe es eine Änderung der Rechtsprechung gegeben (vgl. BSG, Urt. vom 12.11.2003, Az.: B 3 KR 10/03 R, SozR 4-5425 § 24 Nr. 3). Im Übrigen sei nach Verjährung des Beitragsanspruchs eine wirksame Entrichtung von Beiträgen nicht mehr möglich.

Am 11.07.2005 hat der Kläger Klage zum SG Düsseldorf erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Beruf des "Werbefotografen" sei in der im Jahre 1990 gültigen und für die Beklagte verbindlichen Durchführungsanordnung nach dem KSVG den bildenden Künsten zugeordnet gewesen. Damit hätte es sich dem zuständigen Sachbearbeiter der Beigeladenen zu 2. bei Bearbeitung des Antrages auf Aufnahme in die KV aufdrängen müssen, den Kläger auf die Versicherungsmöglichkeiten nach dem KSVG hinzuweisen. Der Geltendmachung der Ansprüche könne die Beklagte auch keine Verjährungseinrede entgegen halten; denn Anwartschaften seien der Verjährung nicht unterworfen.

Der Kläger hat, soweit dies für das Berufungsverfahren von Belang ist, beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 26.01.2005 und 27.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Versicherung nach dem KSVG für den Zeitraum vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997 durchzuführen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich auf den aus ihrer Sicht zutreffenden angefochtenen Bescheid bezogen. Sie hat die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs weiterhin nicht zu erkennen vermocht. Darüber hinaus stehe dem Anspruch die Frist des § 44 Abs. 4 SGB X entgegen, der sich auch auf sozialrechtliche Herstellungsansprüche beziehe. Im Übrigen sei eine wirksame Entrichtung von Beiträgen zur RV nicht mehr möglich. Gemäß § 197 Abs. 1 SGB VI seien Pflichtbeiträge (zur RV) dann wirksam gezahlt, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt sei. Die Verjährung richte sich nach § 25 Abs. 1 SGB IV. Über das Bestehen einer besonderen Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI könne ohnehin nur der RV-Träger selbst entscheiden.

Die Beigeladene zu 2., die keinen eigenen Antrag gestellt hat, hat mitgeteilt, dass der Kläger ihrer Kasse seit dem 14.12.1984 angehört habe. Für ihre Mitarbeiter habe sich aus der Berufsbezeichnung "Werbefotograf" in keiner Weise ein Anhaltspunkt für eine künstlerische Tätigkeit ableiten lassen, geschweige denn aufdrängen müssen. Die vom Kläger für den o. g. Zeitraum gezahlten Beiträge zur KV seien wegen Eintritts der Verjährung nach § 27 SGB IV ohnehin nicht zu erstatten. Eine besondere Härte, die sie, die Beigeladene zu 2., an der Erhebung der Einrede der Verjährung hindern könne, sei mangels ihr vorwerfbaren Verhaltens nicht gegeben.

Das SG hat die Einkommensteuerbescheide des Klägers, betreffend die Jahre 1990 bis 1997 beigezogen. Daraus ergeben sich Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 7.561 DM (1990), -5.915 DM (1991), -6.376 (1992), -159 DM (1993), 16.855 DM (1994), 25.634 DM (1995), 43.416 DM (1996) und 34.521 DM (1997).

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 21.09.2007 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2005 verurteilt, den Bescheid vom 27.03.2002 abzuändern und die RV-Pflicht des Klägers nach dem KSVG für die Zeit vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997 festzustellen sowie die RV durchzuführen und den Antrag des Klägers vom 28.12.2004 auf Durchführung der KV nach dem KSVG für die Zeit vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, bezüglich der begehrten Feststellung der Mitgliedschaft des Klägers in der RV nach dem KSVG stehe dem Kläger ein Anspruch aus § 44 Abs. 2 S. 1 SGB X zu. Es handele sich insoweit um eine Entscheidung mit Wirkung für die Zukunft; denn die durchzuführende RV führe zu einer entsprechenden Rentenanwartschaft in der Zukunft. Der Bescheid vom 27.03.2002 sei rechtswidrig, soweit er eine RV-Pflicht nicht auch für die Zeit vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997 annehme. Ein solcher Anspruch stehe dem Kläger im Hinblick auf einen anzunehmenden sozial-rechtlichen Herstellungsanspruch zu. Die Beigeladene zu 2. habe eine sich aufdrängende Spontanberatung unterlassen. Wegen der Aufnahme des Berufes des "Werbefotografen" in die Durchführungsanordnungen zum KSVG habe eine allgemeine Vermutung für das Bestehen der Künstlereigenschaft bestanden. Die Möglichkeit, dass auch eine eher dem Handwerklichen zuzuordnende Tätigkeit vorliegen könne, habe die Beigeladene zu 2. jedenfalls nicht veranlassen dürfen, den Hinweis auf das KSVG zu unterlassen. Der Kläger sei aufgrund seines nunmehr nachgewiesenen Einkommens im fraglichen Zeitraum auch versicherungspflichtig gewesen. Er habe in den Jahren 1990 und 1994 bis 1997 die Mindesteinkommensgrenze des § 3 KSVG überschritten gehabt. Die in den Jahren 1991 bis 1993 erzielten Verluste seien unschädlich, da nach § 3 Abs. 2 KSVG a. F. über fünf Jahre beginnend im Jahre 1990, von einem Berufsanfänger auszugehen gewesen sei. Es liege auch keine Verjährung vor. Vielmehr sei die Beitragsentrichtung wirksam möglich. Ein Verjährungsbeginn fehle, denn die Fälligkeit der Beitragszahlung, an die § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV i. V. m. § 9 KSVG anknüpfe, sei noch nicht eingetreten. Eine solche Fälligkeit setze die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG und bei Selbständigen die Festsetzung der konkreten Beitragsschuld voraus, § 23 Abs. 1 S. 4 SGB IV. Eine Begrenzung des Anspruchs des Klägers folge auch nicht aus § 44 Abs. 4 SGB X; denn es handele sich bei der Durchführung der RV nicht um die Erbringung von Sozialleistungen.

Bezüglich der KV-Pflicht sei der angefochtene Bescheid wegen Ermessensnichtgebrauchs rechtswidrig. Die Beklagte habe von ihrem gemäß § 44 Abs. 2 SGB X eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht. Im Gegensatz zu den RV-Beiträgen stelle sich die Entscheidung über die KV- und PV-Beiträge als eine solche dar, die sich infolge Zeitablaufs erledigt habe. Die Durchführung der KV und PV betreffe allein die Vergangenheit. Eine gebundene Entscheidung stehe dem Kläger diesbezüglich nicht zu; denn es liege keine sog. Ermessensreduzierung auf Null vor. Da die Rechtsprechung (BSG Sozialrecht (SozR 1300 § 44 Nr. 24)) die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X auch auf eine aus einem Herstellungsanspruch abgeleitete rückwirkende Leistungsgewährung entsprechend anwende, sei bezüglich der Zeit vor 1998 nicht nur von einer einzigen Möglichkeit rechtmäßiger Ermessensausübung auszugehen.

Gegen das ihr am 28.09.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.10.2007 Berufung eingelegt. Sie verbleibt bei ihrer Auffassung, der Beigeladenen zu 2. habe sich nicht aufdrängen müssen, dass eine Spontanberatung erforderlich sei. Es sei originär Aufgabe des Klägers gewesen, sich über Gestaltungsmöglichkeiten selbst zu informieren. Diese Verpflichtung könne nicht auf einen Sozialleistungsträger, ohne dass die strengen, im Zusammenhang mit einer Spontanberatung geforderten Voraussetzungen vorlägen, verlagert werden. Einer weitergehenden Erstreckung der geltend gemachten Ansprüche über den 01.01.1998 hinaus in die Vergangenheit stehe ohnehin § 44 Abs. 4 SGB X entgegen. Mit dem LSG Niedersachsen-Bremen (rechtskräftig gewordenes Urt. vom 16.05.2007, Az.: L 4 KR 254/03) sei sie der Auffassung, dass die Vorschrift auch gelte, wenn es um die Feststellung der Versicherungspflicht gehe. Im Hinblick auf die erstmals während des Berufungsverfahren bekannt gewordene Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers bereits im Jahre 1986 sei zu berücksichtigen, dass die Berufsanfängereigenschaft zum 31.12.1990 geendet habe. Für die Jahre 1991 bis 1993 hätte daher ohnehin wegen der erzielten Verlust Versicherungsfreiheit gemäß § 3 Abs. 2 KSVG bestanden; § 3 Abs. 3 KSVG sei erst mit Wirkung zum 01.07.2001 in das Gesetz aufgenommen worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Düsseldorf vom 21.09.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er erachtet das angefochtene Urteil als zutreffend. Ergänzend trägt er vor, er habe der Beigeladenen zu 2. vor jedem Semesterbeginn eine Studienbescheinigung vorgelegt, aus der sich der Fachbereich "Design" an der Fachhochschule Düsseldorf ergeben habe. Ab 1986 habe er sich neben dem Studium als Werbefotograf selbständig gemacht, in dieser Tätigkeit Einkünfte erzielt und Rechnungen fakturiert.

Die Beigeladenen zu 1., 2. und die im Berufungsverfahren beigeladene Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 3) schließen sich der Rechtsauffassung der beklagten Künstlersozialkasse an; einen eigenen Antrag stellen sie nicht.

Der Senat hat eine Studienbescheinigung des Klägers zum Sommersemester 1987 beigezogen. Daraus ergibt sich als Studiengang "Visuelle Kommunikation / Grafik-Design".

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- und der Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Prozessakten S 4 KR 104/03, SG Düsseldorf, S 8 KR 40/05 SG Düsseldorf (= L 16 KR 224/06, LSG NRW), S 9 KR 178/04 ER (= L 16 B 38/05 KR ER, LSG NRW) und S 9 KR 177/04 ER (= L 16 B 37/05 KR ER, LSG NRW) Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht mit Urteil vom 21.09.2007 der Klage teilweise stattgeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2005 verurteilt, den Bescheid vom 27.03.2002 abzuändern und die RV-Pflicht des Klägers nach dem KSVG für die Zeit vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997 festzustellen sowie die RV durchzuführen und den Antrag des Klägers vom 28.12.2004 auf Durchführung der KV nach dem KSVG für die Zeit vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Der angefochtene o. g. Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des bestandskräftig gewordenen Ursprungsbescheides der Beklagten vom 27.03.2002 sowie des erstmals im Wege der Überprüfung gemäß § 44 SGB X erteilten Bescheides vom 19.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2003 und Durchführung der KV und RV nach dem KSVG für den Zeitraum vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997 haben nicht vorgelegen. In rechtlicher Hinsicht bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Entscheidung. In tatsächlicher Hinsicht hat der Kläger keinen Anspruch auf eine erneute Sachprüfung durch die Beklagte.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. In der ersten Alternative ist juristisch zu überprüfen, ob die ursprüngliche Entscheidung rechtmäßig war. Hierzu kann der Kläger zwar Gesichtspunkte beisteuern, die umfassende Prüfung erfolgt aber letztlich von Amts wegen (BSG, Urt. vom 05.09.2006, Az.: B 2 U 24/05 R, www.juris.de; BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23; vgl. Steinwedel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht (KassKomm), Loseblattsammlung, Stand: Oktober 2008, § 44 SGB X RdNr. 34). In der zweiten Alternative gliedert sich das Überprüfungsverfahren - der Wiederaufnahme nach § 179 SGG i.V.m. §§ 578 ff Zivilprozessordnung (ZPO) ähnelnd - in drei Abschnitte (BSG SozR 1300 § 44 Nr. 33; BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 1; BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20; LSG NRW, Urteil vom 07.03.2007, Az. L 17 U 49/06, www.sozialgerichtsbarkeit.de; Steinwedel, a. a. O.):

Ergibt sich im Rahmen des Überprüfungsantrags nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, darf sich die Verwaltung ohne Sachprüfung auf die Bindungswirkung (§ 77 SGG) des Ursprungsbescheides berufen; denn sie soll nicht durch aussichtslose Anträge, die beliebig oft wiederholt werden können, immer wieder zu einer neuen Sachprüfung gezwungen werden (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 1). Benennt der Anspruchsteller neue Tatsachen oder Beweismittel, so darf sich die Verwaltung ebenfalls auf die Bindungswirkung berufen, wenn die entsprechenden Gesichtspunkte tatsächlich nicht vorliegen oder für die frühere Entscheidung unerheblich waren. Dabei ist die Prüfung nicht auf die vorgebrachten Argumente beschränkt (BSGE 79, 297, 299; BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8). Ergibt die Prüfung, dass ursprünglich nicht beachtete Tatsachen oder Erkenntnisse vorliegen, die für die Entscheidung wesentlich sind, ist ohne Rücksicht auf die Bindungswirkung erneut zu bescheiden. Auch wenn die neue Entscheidung ebenso lautet wie die bindend gewordene, ist in einem solchen Fall der Streitstoff in vollem Umfang erneut zu überprüfen (BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8).

Vorliegend ergibt sich zum einen aufgrund juristischer Nachprüfung, dass der ursprüngliche Ablehnungsbescheid - nach Rechtsauslegung und Rechtsanwendung - rechtmäßig war. Zum anderen sind im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SGB X die Voraussetzungen für eine erneute Sachentscheidung nicht erfüllt. Der Kläger hat nach Beendigung des Ursprungsverfahrens keine neuen, bisher nicht berücksichtigten Tatsachen vorgetragen oder neue Beweismittel vorgelegt, die geeignet sind, eine neue Sachprüfung zu eröffnen. Die Beklagte hat auf der zweiten Verfahrensstufe entscheiden können, dass die nach Abschluss des unter dem Az. S 4 KR 124/03 geführten Verfahrens vorgetragenen Tatsachen, Erkenntnisse bzw. Beweismittel nicht neu sind, tatsächlich nicht vorliegen oder für die Erteilung des Ausgangsbescheides nicht erheblich waren: Die Beklagte konnte sich bereits rechtmäßig auf die Bindungswirkung des Ursprungsbescheides berufen und dessen Rücknahme ablehnen.

Das SG und vor ihm die Beklagte sind zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass einem Anspruch des Klägers nicht der in dem o. g. Verfahren S 4 KR 124/03 vor dem SG Düsseldorf am 29.11.2004 geschlossene Vergleich entgegen steht; denn bezüglich des im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Zeitraumes vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1997 haben die Beteiligten vergleichsweise gerade keine ausdrückliche Regelung getroffen (vgl. Punkt 4 des Vergleiches).

Der Ursprungsbescheid der Beklagten vom 27.03.2002 sowie der erstmals im Wege der Überprüfung gemäß § 44 SGB X erteilte Bescheid vom 19.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2003 sind rechtmäßig gewesen. Einem Anspruch des Klägers auf Feststellung der Versicherungspflicht in der KV und RV einschließlich der beitragsrechtlichen Abwicklung steht auf der Grundlage neuer Erkenntnisse im gerichtlichen Verfahren für die Jahre 1991 bis 1993 bereits entgegen, dass Versicherungsfreiheit gemäß § 3 Abs. 1 KSVG in der bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung bestanden hat. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 KSVG ist versicherungsfrei nach diesem Gesetz, wer in dem Kalenderjahr aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit voraussichtlich ein Arbeitseinkommen erzielt, das ein Siebtel der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, bei höherem Arbeitseinkommen ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht übersteigt. Abs. 1 gilt nach Abs. 2 der Vorschrift nicht bis zum Ablauf von fünf Jahren nach erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit. In den Jahren 1991 bis 1993 hat der Kläger negative Einkünfte erzielt. Im Hinblick auf die erst im Berufungsverfahren mitgeteilte Tatsache, dass er bereits vor dem 01.09.1990, nämlich im Jahre 1986, erstmals eine selbständige, dem Grunde nach dem KSVG unterfallende Tätigkeit aufgenommen hatte, hat er sich in den o. g. drei Jahren nicht mehr auf den vom SG noch - mangels besserer Kenntnis vom Lebenssachverhalt - unterstellten Status eines Berufsanfängers berufen können. § 3 Abs. 3 KSVG ist erst mit Wirkung zum 01.07.2001 in das Gesetz aufgenommen worden. Danach wäre abweichend von § 3 Abs. 1 KSVG die Versicherungspflicht bestehen geblieben, solange das Arbeitseinkommen nicht mehr als zweimal innerhalb von sechs Kalenderjahren die dort genannte Grenze nicht überstiegen hätte.

Auch bezüglich der Zeit vom 01.09.1990 bis zum 31.12.1990 sowie vom 01.01.1994 bis zum 31.12.1997 sind die ursprünglich erteilten Bescheide rechtmäßig gewesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auch für diesen Zeitraum nicht zu.

Zwar tritt der Senat der Auffassung des SG, dass die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs als richterrechtlich entwickeltes Rechtsinstitut anzunehmen sind, uneingeschränkt bei. Rechtsgrundlage für die Beratungspflicht - hier der Beigeladenen zu 2. bei Beantragung der Mitgliedschaft in der freiwilligen KV - in Form einer Hinweispflicht sind die in §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) genannten allgemeinen Hinweis- und Auskunftspflichten der Sozialleistungsträger. Eine umfassendere Beratungspflicht eines Sozialversicherungsträgers besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Versicherten (vgl. BSG Urt. vom 17.08.2000, Az.: B 13 RJ 87/98 R, in: Die Sozialgerichtsbarkeit (SGb) 2000, 616; BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 9). Ausnahmsweise besteht jedoch auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Versicherungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung dem jeweiligen Mitarbeiter eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG SozR 4-1200 § 14 Nr. 5; BSG SozR 4-3100 § 60 Nr. 1; BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 9; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 29; BSG SozR 3-4100 § 110 Nr. 2). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zutage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen (BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 16). Eine derartige Verpflichtung zur "Spontanberatung" trifft den Versicherungsträger insbesondere im Rahmen eines Sozialrechtsverhältnisses. Ein solches Sozialrechtsverhältnis entsteht bereits durch die Antragstellung (BSG SozR 4100 § 44 Nr. 9; BSG SozR 4-4300 § 137 Nr. 1) und ist in jedem Stadium des Verwaltungsverfahrens zu beachten (BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 29).

Zwar hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger gegenüber der Beigeladenen zu 2. kein Beratungsbegehren, betreffend die Versicherungspflicht nach dem KSVG, geäußert hat. Im Hinblick darauf, dass nach den jahrelang vorlegten Studienbescheinigungen und der Angabe, als Werbefotograf tätig zu sein, durchaus ein künstlerische und nicht nur eine handwerkliche Ausübung der selbständigen Tätigkeit in Betracht kommen konnte, wäre die Beigeladene zu 2. gehalten gewesen, den Kläger an die Beklagte zu verweisen, damit seine Versicherungspflicht nach dem KSVG geklärt werden konnte. Zur Überzeugung des Senates reichte es dabei aus, dass eine derartige Versicherungspflicht denkbar war, wie sich im Übrigen auch aus der Durchführungsanordnung nach dem KSVG ergab, die den Werbefotografen den bildenden Künsten zuordnete. Die Aufklärung der näheren Umstände der Tätigkeit und die Entscheidung, ob Versicherungspflicht gegeben war, hätte selbstverständlich der Beklagten oblegen. Dass der Kläger nach einem entsprechenden Hinweis der Beigeladenen zu 2. auf das KSVG von der nahe liegenden Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und einen entsprechenden Antrag gestellt hätte, ist im Hinblick auf die günstigeren Beiträge und den über das KSVG eröffneten Zugang zur RV für einen Selbständigen nicht zu bezweifeln.

Unter Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs hat die Beklagte zu Recht unter Abweichung des in § 8 Abs. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 KSVG und § 16 Abs. 1 SGB I normierten Beginns der Versicherungspflicht, der an die Meldung bei der Künstlersozialkasse anknüpft, das Bestehen von Versicherungspflicht in der KV, PV und RV auch bereits vor Februar 2002, der Meldung, anerkannt (s. zu der vergleichbaren Vorschrift des § 99 SGB VI: BSG Urt. vom 26.06.2007, Az.: B 4 R 19/07 R, www.juris.de). Ein über den 01.01.1998 hinaus in die Vergangenheit reichenden Anspruch auf Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG und auf Beitragsnachentrichtung steht dem Kläger jedoch nicht zu. Die Beklagte hat die Rückwirkung des erstmals am 26.02.2002 und sodann wiederholt am 11.07.2002 gestellten Antrages des Klägers auch im Rahmen des erneuten Verfahrens nach § 44 SGB X zu Recht auf den Zeitraum bis zum 01.01.1998 beschränkt. Der Beginn der Versicherungspflicht am 01.01.1998 ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 44 Abs. 4 SGB X. Danach gilt: Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkende Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Bedenken bezüglich der Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 SGB X im vorliegenden Fall bestehen nicht. Es handelt sich nicht um einen Erstantrag (siehe insoweit die Rechtsprechungsübersicht bei BSG, Urt. vom 26.06.2007, a. a. O.), sondern um einen Überprüfungsantrag, mittels dessen eine bestandskräftige Entscheidung der Beklagten einer rechtlichen Überprüfung unterzogen werden soll. Dass der Kläger nicht die Erbringung von Sozialleistungen erstrebt, sondern die Feststellung der Versicherungspflicht und die damit verbundene Beitragsnachentrichtung, steht der Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 SGB X ebenfalls nicht entgegen; denn es handelt sich bei der Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragsentrichtung um Vorstufen der Leistungsgewährung. Im Übrigen stellen die mit der Feststellung der Versicherungspflicht verbundenen Ansprüche auf Übernahme der hälftigen Beitragsanteile durch die Künstlersozialkasse - der Beitragsanteil des nach dem KSVG Versicherten beträgt nur die Hälfte des sich aus §§ 157 bis 161, 165 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; § 1754 Abs. 1 SGB VI (für die RV) bzw. des sich aus §§ 223, 234 Abs. 1 und 241 SGB V (für die KV) ergebenden Beitrages, vgl. §§ 15 und 16 KSVG - eine Sozialleistung im Sinne von § 11 S. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) bzw. ist mit einer solchen vergleichbar.

Aus dem Umstand, dass sich die auf eine Feststellung der Versicherungspflicht bzgl. derjenigen Zeiträume, die vor der Meldung bei der Beklagten liegen, gerichteten Ansprüche des Klägers letztlich auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zurückgehen, ergibt sich ebenfalls für den Zeitraum vor 1998 kein Anspruch des Klägers. Ob der 4-Jahres-Grenze des § 44 Abs. 4 SGB X überhaupt der Einwand der besonderen Härte entgegen gehalten werden könnte, kann der Senat insoweit offen lassen; denn Anhaltspunkte für eine besondere Härte sind nicht ersichtlich. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladenen zu 2. jedenfalls ein grobes Fehlverhalten im Rahmen der ihr anzulastenden unterbliebenen Spontanberatung nicht vorwerfbar ist. Es hätte sich aus Sicht des Senates eher für den Kläger selbst - mit damals über 30 Lebensjahren - geradezu aufdrängen müssen, sich eigeninitiativ um seine soziale Absicherung zu kümmern, insbesondere um eine tragfähige Absicherung für das Alter. Weiter ist kaum nachvollziehbar, dass er nach derart langer Studiendauer und bei bereits im Jahre 1986 aufgenommener selbständiger künstlerischer Tätigkeit nicht zwangsläufig von den gesetzlichen Möglichkeiten einer sozialen Absicherung als selbständiger Künstler gehört haben sollte. Eine besondere Härte ist auch insoweit nicht ersichtlich, als der Kläger auch in der streitgegenständlichen Vergangenheit dem Schutz der - freiwilligen - Krankenversicherung unterlag und ihm der Zugang zu dem System der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gänzlich versagt wird. Vielmehr werden zumindest seit 1998 Beiträge für eine Altersabsicherung abgeführt. Es ginge ohnehin - unter Berücksichtigung der wegen zu geringen Einkommens auszuklammernden Jahre 1991 bis 1993 - nur um vier weitere Beitragsjahre.

Darüber hinaus sind die Voraussetzungen für eine erneute Sachentscheidung im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SGB X nicht erfüllt. Der Kläger hat nach Beendigung des Ursprungsverfahrens bis zur Beendigung des Vorverfahrens keine neuen, bis dahin von der Beklagten nicht berücksichtigten Tatsachen vorgetragen oder neue Beweismittel vorgelegt, die geeignet gewesen wären, eine neue Sachprüfung zu eröffnen. Die Beklagte hat auf der zweiten Verfahrensstufe entscheiden können, dass die nach Abschluss des unter dem Az. S 4 KR 124/03 geführten Verfahrens vorgetragenen Tatsachen, Erkenntnisse bzw. Beweismittel nicht neu sind: Die Beklagte konnte sich bereits rechtmäßig auf die Bindungswirkung des Ursprungsbescheides berufen und dessen Rücknahme ablehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
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