L 17 U 282/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 1 U 118/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 282/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16. Oktober 2001 geändert und die Klage in vollem Umfang ab gewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin für eine Käserei als landwirtschaftliches Nebenunternehmen zur Beitragsleistung in der gesetzlichen Unfallversicherung gesondert herangezogen werden kann.

Die Klägerin ist mit einem land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen von ca. 280 Hektar Größe und etwa 50 Milchkühen seit langem Mitglied der Beklagten. Seit dem 01.01.1994 werden in diesem Unternehmen von zweien der dreizehn Arbeitskräfte Käse und andere Milchprodukte hergestellt, wobei die wirtschaftliche Bedeutung der Käserei gemessen am Arbeitsaufwand und wirtschaftlichen Erfolg nach eigener Beurteilung der Klägerin mit 27 % des gesamten landwirtschaftlichen Unternehmens eingeschätzt wird. Nach ihren Angaben verfügt sie über ein Milchkontingent von 230.000 Litern, wovon im Jahre 1999 174.000 Liter in der hofeigenen Käserei weiterverarbeitet wurden.

Mit Bescheid vom 23.03.2000 veranlagte die Beklagte die Käserei als beitragspflichtiges landwirtschaftliches Nebenunternehmen der Klägerin und erteilte unter dem selben Datum entsprechende Bei tragsbescheide für die Jahre 1995, 1996, 1997, 1998 und 1999.

Ihren dagegen erhobenen Widerspruch, den die Klägerin im Wesentlichen damit begründete, dass es sich bei der Hofkäserei nicht um einen Neben-, sondern um einen allenfalls als Hilfsunternehmen anzusehenden Betrieb handele, der der landwirtschaftlichen Urproduktion zuzurechnen sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2000 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, Käsereien seien dem Grunde nach gewerbliche Unternehmen, die nicht dem Schutz der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterstellt seien. Um zu vermeiden, dass bei einem wie hier aus mehreren Bestandteilen bestehenden Unternehmen unterschiedliche Berufsgenossenschaften zuständig wären, sei sie - die Beklagte - nicht nur für den Hauptbestandteil Landwirtschaft, sondern auch für den untergeordneten Bestandteil Käserei zuständig. Das mit der Mitversicherung eines an sich zuständigkeitsfremden Bestandteils verbundene zusätzliche Risiko sei durch einen gesonderten Beitrag abzudecken.

Am 24.07.2000 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Detmold Klage erhoben und geltend gemacht, bei der Käserei handele es sich nicht um ein landwirtschaftliches Nebenunternehmen, für das nach der Satzung der Beklagten neben dem Beitrag für den Hauptbetrieb ein gesonderter Beitrag erhoben werden dürfe, sondern um einen wesentlichen Bestandteil bzw. ein sog. Hilfsunternehmen, das im Gegensatz zum Nebenunternehmen überwiegend den Zwecken des land wirtschaftlichen Hauptbetriebs diene und für das kein zusätzlicher Beitrag erhoben werden dürfe. Schon aufgrund der technischen Aus gestaltung könne die Käserei keine eigenen wirtschaftlichen Zwecke verfolgen, sie verarbeite nur hofeigene Milch, sei zur Verarbeitung von Fremdmilch nicht zugelassen und unterhalte keine Beziehungen zu anderen Molkereien. Übergeordnetes Betriebsziel der Käserei sei die Selbstversorgung der in den Einrichtungen der Klägerin lebenden Menschen mit biologisch dynamisch erzeugten Lebensmitteln. Der Käsereiumsatz habe 1999 ca. 400.000,00 DM betragen, davon seien Produkte für etwa 136.000,00 DM direkt an andere Betriebszweige der Klägerin (eine R ...-S ... Schule mit bis zu 500 Schülerinnen und Schüler, ein Landschulheim mit einer Gesamtplatzzahl von etwa 150 Plätzen, eine anerkannte Einrichtung zur Berufsförderung, ein Altenheim mit ca. 120 Wohn- und Pflegeplätzen sowie eine Rehabilitationsklinik mit 70 Betten) und Produkte für etwa 64.000,00 DM an Mitarbeiter der Klägerin veräußert worden. Ohne das Umfeld und die Organisation des Gesamtunternehmens könne die Käserei als integraler Bestandteil gar nicht existieren. Die Beklagte berücksichtige nicht genügend ihr Konzept der biologisch dynamischen Landwirtschaft, das von einem einheitlichen Betrieb ausgehe. Wenn die Beklagte das Keltern und die weitere Behandlung des Weines durch den Winzer als unselbständige Hilfstätigkeit für das Unternehmen Weinbau ansehe, bei der der Wein eines speziellen Winzers haltbar gemacht werde, ohne dass er mit Weinen anderer Winzer vermischt werde, sei dies mit seiner Milch genauso zu sehen. Diese werde als unvermischtes Qualitätsprodukt durch Säuern und Käsen haltbar gemacht, wie es entsprechend beim Keltern des Weins der Falls sei. Wenn man dem nicht folgen wolle, sei zu fragen, wo der Schnitt zwischen dem Abschluss der Erntearbeiten und dem Beginn der Verarbeitung zu machen sei. Dazu sei aber festzustellen, dass das Produkt direkt auf dem Hof verbraucht oder an Menschen abgegeben werde, die den Hof wegen dieser Produkte aufsuchten, die aufs engste mit der Landwirtschaft zusammenhingen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, mit dem Begriff "Landwirtschaft" sei entsprechend der Rechtsprechung und dem Schrifttum zunächst nur Bodenbewirtschaftung gemeint gewesen. Da auch das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) dazu keine Än derung gebracht habe, stelle sich vorliegend die Frage, wo die Bodenbewirtschaftung ende bzw. welche Tätigkeiten noch der Bodenbewirtschaftung zugerechnet werden könnten. Die Käserei sei jedenfalls nicht in die Landwirtschaft (Bodenbewirtschaftung) einzubeziehen, weil es sich beim Betreiben einer Molkerei/Käserei nicht mehr um einen üblichen Verarbeitungsgang in der Land wirtschaft handele, der wie das Dreschen des Getreides, das Keltern und die weitere Behandlung des Weines oder die Herrichtung des Holzes zu Verkaufszwecken als Abschluss der Ernte anzusehen sei. Wie für die Bäckerei, die bisher unberücksichtigt geblieben sei, gelte für die Käserei, dass sie nicht als Hilfsunternehmen unmittelbar und überwiegend dem Hauptunternehmen, also dem Unternehmen der Landwirtschaft (Bodenbewirtschaftung) diente, sondern die erzeugten Produkte hätten - wie dies auch bei Zukaufprodukten der Fall wäre - die Funktion der Versorgung der Schüler des Schulbetriebs, des Landschulheims und der Berufsförderung, der Insassen im Wohn- und Pflegeheim sowie in der Rehabilitationsklinik. Aber selbst dann, wenn die Käserei als ein nicht überwiegend eigene Zwecke verfolgendes Hilfsunternehmen anzusehen sei, bestünde gleichwohl eine gesonderte Beitragspflicht als Unternehmen ohne Bodenbewirtschaftung nach § 182 Abs. 3 SGB VII nach einer anderen Berechnungsgrundlage, nämlich nach Anzahl der eingesetzten Personen.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 27.03.2001 den Beitrag für das Umlagejahr 2000 erhoben.

Mit Urteil vom 16.10.2001 hat das SG die Bescheide vom 23.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2000 sowie den Bescheid vom 27.03.2001 betreffend die Umlagen für die Jahre 1997, 1998, 1999 und 2000 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 01.11.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.11.2001 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, zwar habe das SG durch die Einordnung der Käserei in § 779 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung das Vorliegen eines "Nebenunternehmens" bestätigt, jedoch habe es das Verhältnis des § 779 RVO zu § 647 RVO bzw. jetzt zu § 131 SGB VII unzutreffend gewürdigt. Ab Inkrafttreten des SGB VII habe kein Wechsel von "Nebenunternehmen" in "Hilfsunternehmen" stattgefunden, weil ansonsten sämtliche Verarbeitungsbetriebe mit den entsprechenden beitragsrechtlichen Auswirkungen rechtlich neu zu bewerten seien. Selbstverständlich sei auch nach dem Recht der RVO in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung schon nach "Neben- und "Hilfs-Unternehmen" zu unterscheiden gewesen. Wie jetzt nach dem Recht des SGB VII seien auch seinerzeit Nebenunternehmen nur solche mit überwiegend eigener Zweckbestimmung gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.10.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen und die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin, die unselbständige Anschlussberufung eingelegt hat, beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts vom 16.10.2001 insoweit abzuändern, als es die Klage abgewiesen hat und der Klage in vollem Umfang stattzugeben.

Sie ist der Ansicht, nach § 779 Abs. 1 RVO sei nur dann von einem Nebenunternehmen auszugehen, wenn ein landwirtschaftlicher Unternehmer neben seiner Landwirtschaft ein abhängiges Unternehmen unterhalte. Davon seien also Unternehmen nicht erfasst, die wesentlicher Bestandteil der Landwirtschaft seien und daher innerhalb dieser und nicht daneben betrieben werden sollten. Die Käserei sei derart wesentlicher Bestandteil für den Erhalt und Betrieb der Landwirtschaft, so dass man auch für die Zeit vor 1997 nicht von einem Nebenunternehmen, sondern von einem Hilfsunternehmen auszugehen habe. Folge man aber der Ansicht des SG, sei durchaus eine Änderung in den gesetzlichen Bestimmungen festzustellen, die unter Umständen auch eine neue Eingruppierung von Unternehmen notwendig machten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Steitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte verwiesen. Auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin dagegen unbegründet.

Das SG hat zu Unrecht den Veranlagungsbescheid vom 23.03.2000 sowie die Beitragsbescheide vom selben Tag in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2000 sowie den Bescheid vom 27.03.2001 aufgehoben, soweit sie die gesonderte Veranlagung und Beitragsheranziehung der Käserei für die Jahre 1997 bis 2000 betrafen. Es hat aber zutreffend entschieden, dass die Käserei für 1995 und 1996 gesondert zu veranlagen und die Klägerin dafür gesondert beitragspflichtig war.

Die Rechtmäßigkeit der beitragsrechtlichen Verwaltungsentscheidungen für die Jahre 1995 und 1996 richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, während für die Jahre 1997 bis 2000 die des SGB VII anzuwenden sind. Das SGB VII ist zwar am 01.01.1997 in Kraft getreten (Art. 36 Unfallversicherungseinordnungsgesetz [UVEG]). Für die vor dem Jahre 1997 liegenden Haushaltsjahre sind jedoch die Vorschriften der RVO über die Aufbringung der Mittel weiterhin anzuwenden, während vom Geschäftsjahr 1997 an die Vorschriften des SGB VII Anwendung finden (§ 219 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).

Die demgemäß nach der RVO zu beurteilenden Bescheide vom 23.03.2000 für die Geschäftsjahre 1995 und 1996 sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht. Wie in der allgemeinen werden auch in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung die Beiträge für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften durch Beiträge der Unternehmer, die versichert sind oder Versicherte beschäftigen, aufgebracht (§ 802 RVO i.V.m. § 723 Abs. 1 RVO). Landwirtschaftlicher Unternehmer ist gemäß § 792 RVO i.V.m. § 658 Abs. 2 Nr. 1 RVO der jenige, für dessen Rechnung das (landwirtschaftliche) Unternehmen geht, dem mithin das wirtschaftliche Ergebnis unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht und der das Unternehmerrisiko trägt (vgl. BSGE 17, 273, 275 = SozR Nr. 6 zu § 633 RVO m.w.N.). Die Klägerin betreibt hier in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins mit der Haltung von etwa 50 Milchkühen auf ca. 280 Hektar Grund Viehhaltung im Zusammenhang mit Bodenbewirtschaftung ein landwirtschaftliches Unternehmen.

Die Beklagte hat die Käserei zu Recht gesondert veranlagt und die Klägerin zur Beitragsumlage für die Jahre 1995 und 1996 herangezogen. Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich dabei um ein landwirtschaftliches Nebenunternehmen im Sinne des § 779 Abs. 1 RVO, für das sie gemäß § 805 RVO i.V.m. § 33 Abs. 4 der Satzung der Beklagten zur Beitragsleistung heranzuziehen ist.

Zur Begründung dafür, dass es sich bei der Käserei um ein landwirtschaftliches Nebenunternehmen i.S.v. § 779 Abs. 1 RVO handelt, verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und schließt sich ihnen nach eigener Prüfung an. Die Ausführungen stehen in Einklang mit dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.11.2000 - B 2 U 42/99 R -, dem auch der Senat folgt.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren eine gesonderte Veranlagung und Beitragspflichtigkeit der Käserei neben der Landwirtschaft bestreitet, weil sie als deren wesentlicher Bestandteil ausschließlich den Zwecken des Gesamtunternehmens diene und damit Hilfs- und nicht Nebenunternehmen der Landwirtschaft sei, in dem es vergleichbar mit dem Keltern und der weiteren Behandlung des Weines nur darum ginge, ihre Milch als unvermischtes Qualitätsprodukt durch Säuern und Käsen haltbar zu machen, ist dem nicht zu folgen. Entgegen ihrer Ansicht ist die Käserei nicht Bestandteil ihres landwirtschaftlichen Unternehmens i.S.d. § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO mit der Folge, dass für sie keine gesonderten Beiträge erhoben werden dürften. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung erfasst nach dieser Vorschrift u.a. Unternehmen der Landwirtschaft. Während die RVO den Gesetzesbegriff der Landwirtschaft nicht näher definiert, hat die Rechtsprechung darunter ständig die Bodenbewirtschaftung verstanden; diese umfasst Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer, die dazu bestimmt sind, Bodengewächse überwiegend planmäßig aufzuziehen und abzuändern (vgl. BSGE 64, 252 f. = SozR 2200 § 778 Nr. 2 m.w.N.). Dazu gehört auch die Aufzucht und Haltung von Vieh sofern ein Zusammenhang mit der Bodenbewirtschaftung und ein angemessenes Verhältnis der Anzahl der Tiere zur Größe und Ertragsfähigkeit des Bodes bestehen (vgl. BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 45/98 R - = HVBG-Info 2000, 478 m.w.N.). Dabei kann es sich nur um die in der Landwirtschaft üblichen Tiere, die als Nutzvieh gehalten werden, handeln. Dass dies bei der Haltung von etwa 50 Milchkühen auf etwa 280 Hektar Grund der Fall ist, unterliegt keinem Zweifel.

Da das Futter für die Kühe aus der Bodenbewirtschaftung (Weidehaltung) gewonnen wird, handelt es sich bei 50 Kühen auch um Haltung von üblicherweise in der Landwirtschaft gehaltenem Vieh in größerem Umfang (vgl. Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung [Handkommentar], 4. Auflage, § 776 Rdnr. 3 Buchst. a und b). Ebensowenig ist zweifelhaft, dass die Haltung von Milchkühen dem Zweck der Erzeugung von Milch dient.

Die Tätigkeiten in der Käserei können aber schon deshalb nicht als der Haltung von Milchkühen zugehörende Tätigkeiten angesehen werden, weil mit dem Ende des Melkvorgangs bzw. mit dem Füllen der Sammelbehälter mit der gemolkenen Milch entsprechend der Ernte (z.B. Mahd, Traubenlese, Pflücken von Obst und dergl.) der technische Vorgang der Erzeugung der Kuhmilch abgeschlossen ist. Die Weiterverarbeitung erfolgt aber nicht typischerweise durch das landwirtschaftliche Unternehmen selbst; die Herstellung von Käse und anderen Milchprodukten kommt im Übrigen lediglich als eine von mehreren Möglichkeiten der Be- und Verarbeitung des landwirt schaftlichen Erzeugnisses Kuhmilch in Betracht. Außerdem wird durch die Vorschrift des § 779 Abs. 1 RVO deutlich, dass die landwirtschaftliche Unfallversicherung neben den in § 776 Abs. 1 RVO genannten landwirtschaftlichen Unternehmen nach Nr. 1 z.B. besonders auch solche Unternehmen umfasst, die ganz oder hauptsächlich dazu bestimmt sind, Erzeugnisse der Landwirtschaft des Unternehmers zu be- oder verarbeiten.

Ohne Bedeutung ist ferner der weitere Vortrag der Klägerin, die Käserei sei als Bestandteil des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht gesondert beitragspflichtig, weil es dabei lediglich um die Haltbarmachung der Milch ginge, vergleichbar dem Keltern und der weiteren Behandlung des Weins. Abgesehen davon, dass es abwegig wäre, Käse und andere Milchprodukte etwa lediglich als haltbar gemachte Milch und Wein als haltbar gemachten Most anzusehen, berührt die Frage, ob bestimmte Tätigkeiten, wie z.B. das Keltern des Weins dem Winzer oder die Käseherstellung dem landwirtschaftlichen Unternehmen zuzurechnen ist, nicht die grundsätzliche Beitragspflichtigkeit der Unternehmer, sondern nur die Zuständigkeit entweder der landwirtschaftlichen oder der allgemeinen Unfallversicherung, woraus sich die gesetzlich unterschiedlich geregelte Beitragsberechnung nach §§ 725 ff. RVO für die allgemeine und nach §§ 803 ff. RVO für die landwirtschaftliche Unfallversicherung ergibt. Wird die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung aber auch von der Klägerin nicht bestritten, ändert an dieser grundsätzlichen Beitragspflichtigkeit und der Beitragsberechnung nach §§ 803 ff. RVO zunächst auch ihr Vorbringen nichts, die Käserei sei Hilfs- und nicht Nebenunternehmen ihres landwirtschaftlichen Unternehmens. Denn aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass Hilfsunternehmen bei der Beitragspflichtigkeit bzw. Beitragsberechnung etwa von vornherein unberücksichtigt zu bleiben hätten.

Insbesondere ist aber die Ansicht der Klägerin unzutreffend, die Käserei diene als wesentlicher Bestandteil ausschließlich den Zwecken des Gesamtunternehmens. Zwar ist richtig, dass das landwirtschaftliche Unternehmen der Milchkühehaltung mit dem Unternehmen der Käserei ein Gesamtunternehmen darstellt, weil es damit aus mehreren Teilen besteht, von denen jeder eine gewisse Selbständigkeit hat, die einzelnen Betriebsteile einer einheitlichen Leitung und der Verfügungsgewalt des Unternehmers unterstehen, zudem auch ein betriebstechnischer, wirtschaftlicher und gewisser räumlicher Zusammenhang besteht und zwischen den Betriebsteilen nach Vortrag der Klägerin auch ein gewisser Austausch von Arbeitskräften stattfindet (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, Kommentar, 4. Auflage, Stand 01.01.1996, § 645 RVO Anm. 4). Es trifft jedoch nicht zu, dass die Käserei als ein wesentlicher Bestandteil bzw. als ein Hilfsunternehmen des landwirtschaftlichen Unternehmens anzusehen ist. Das folgt bereits daraus, dass die Käserei eben die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Neben unternehmens gem. § 779 Abs. 1 RVO erfüllt, nämlich - wie von der Klägerin im Klagebegründungsschriftsatz vom 25.09.2000 eingehend und glaubhaft geschildert - die Personenidentität des Unternehmers sowie die wirtschaftliche Abhängigkeit vorliegt. Ist die Käserei also bereits deshalb beitragsrechtlich als landwirtschaftliches Nebenunternehmen zu behandeln, sind entgegen der Ansicht der Klägerin im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Hilfsunternehmens nicht erfüllt. Denn die Käserei dient nicht als wesentlicher Bestandteil dem landwirtschaftlichen Unternehmen der Milchkühehaltung. Sie dient mit der Käse- und Milchprodukteherstellung vielmehr selbständigen Zwecken, weil sie damit nicht unmittelbar zur Durchführung der technischen und wirtschaftlichen Zwecke des Hauptunternehmens der Milchkühehaltung beiträgt (vgl. Lauterbach, a.a.0.).

Die Beklagte hat die Klägerin mit der Käserei auch zu Recht für die Jahre 1997, 1998, 1999 und 2000 gesondert veranlagt und zur Beitragsumlage herangezogen. Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden auch nach der Regelung im SGB VII allein von den Unternehmern durch Entrichtung von Beiträgen erbracht; § 150 Abs. 1 SGB VII hat insoweit den Regelungsgehalt des § 723 Abs. 1 RVO übernommen und nunmehr ausdrücklich eine Beitragspflicht der Unternehmer normiert (vgl. Kater/Leube, SGB VII, § 150 SGB VII Rdnr. 5; BSG, Urteil vom 07.11.2000 - B 2 U 42/99 R -). Dies gilt auch für die landwirtschaftlichen Unternehmer. Der Begriff des Unternehmers ist ebenfalls von der Sache her nicht verändert worden. Nach § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII ist Unternehmer derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Die Abweichung vom Wortlaut des § 658 Abs. 2 Nr. 1 RVO bedeutet keine sachliche Änderung, sondern die Übernahme der bisher in Rechtsprechung und Literatur überwiegend verwendeten Definition als Gesetzestext (vgl. etwa BSG 17, 273, 275; RVO; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung [Handkommentar], Stand Juni 1996, § 658 RVO Rdnrn. 3; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung - Gesetzliche Unfallversicherung - 12. Auflage, § 136 SGB VII Rdnr. 17). Auch der Begriff der Landwirtschaft bzw. der landwirtschaftlichen Unternehmen wird im SGB VII dem Grunde nach unverändert verwendet, wobei nunmehr allerdings nicht mehr nur die Unternehmen mit Bodenbewirtschaftung, sondern alle den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften zugeordneten Unternehmen als "landwirtschaftliche Unternehmen" bezeichnet werden (vgl. Hauck/Graeff, SGB VII, K § 123 Rdnr. 3; § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Dies entspricht inhaltlich im Wesentlichen der Vorschrift des § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des UVEG, BT-Drucks. 13/2204, S. 104).

Die Ausführungen zu den angefochtenen Bescheiden für die Geschäftsjahre 1995 und 1996 gelten daher insoweit auch hinsichtlich der Bescheide für den Zeitraum von 1997 bis 2000 entsprechend. Rechtsgrundlage für die Berechnung der für Nebenunternehmen zu erbringenden Beiträge ist § 182 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 33 Abs. 4 der Satzung der Beklagten. Der Begriff Nebenunternehmen wird allerdings nunmehr einheitlich für alle Bereiche der gesetzlichen Unfallversicherung in § 131 Abs. 2 SGB VII definiert. Auch die bisherige Sonderregelung für landwirtschaftliche Nebenunternehmen (§ 779 Abs. 1 RVO) wird dadurch ersetzt (vgl. Begründung zum Entwurf des UVEG, a.a.0., S. 108). Nach § 131 Abs. 2 SGB VII bildet das Hauptunternehmen den Schwerpunkt des Unternehmens, dienen Hilfsunternehmen überwiegend den Zwecken anderer Unternehmensbestandteile und (Satz 3 a.a.0.) verfolgen Neben unternehmen "überwiegend eigene Zwecke". Damit sollen diese Begriffe entsprechend der Rechtsprechung definiert werden (vgl. Begründung zum Entwurf des UVEG, a.a.0., S. 108). Da der Inhalt des ausdrücklich nur für landwirtschaftliche Nebenunternehmen geltenden § 779 Abs. 1 RVO nicht in das SGB VII aufgenommen worden ist, kommt danach allein die Rechtsprechung zu der bis zum Inkrafttreten des SGB VII in der allgemeinen Unfallversicherung geltenden Vorschrift des § 647 Abs. 1 RVO in Betracht, dem § 131 Abs. 1 SGB VII inhaltlich entsprechen sollte (vgl. Begründung zum Entwurf des UVEG, a.a.0.).

Erforderlich sind daher die - hier gegebene - Schwerpunkteigenschaft des Hauptunternehmens und die - hier ebenfalls vorliegende - Unternehmeridentität bezüglich des Haupt- und des Nebenunter nehmens. Für das Vorliegen eines Nebenunternehmens ist es nach der Rechtsprechung des BSG zu § 647 RVO weiter notwendig, dass das Nebenunternehmen mit dem Hauptunternehmen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht eine Einheit bildet, unter gemeinsamer Leitung steht und dass ein Austausch zwischen beiden Unternehmen stattfindet (vgl. BSG SozR 2200 § 647 Nr. 5 m.w.N.). Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil sowohl die Haltung der Milchkühe als auch die Käserei von der geschäftsführenden Konferenz des Hofgutes als Unternehmensleitung geleitet wird.

Weiter ist es Voraussetzung für die Annahme eines Nebenunternehmens, dass es überwiegend eigene Zwecke i.S.d. § 131 Abs. 2 Satz 3 SGB VII verfolgt; hierdurch unterscheidet es sich vom Hilfsunternehmen, das Bestandteil des Hauptunternehmens ist (vgl. BSGE 39, 112, 116 = SozR 2200 § 646 Nr. 1; Brackmann/Krasney, a.a.O., § 131 SGB VII Rdnr. 15). Dies schließt es nicht aus, dass es als Bestandteil des Gesamtunternehmens zu dem Hauptunternehmen in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit stehen muss (vgl. Brack mann/Krasney, a.a.0.; BSG SozR 2200 § 647 Nr. 5). Der Betrieb der Käserei bezweckt in erster Linie die Erzielung von Einkünften durch Veräußerung der von ihr hergestellten Produkte. Dieser Zweck ist verschieden von dem des landwirtschaftlichen Hauptbetriebs, der in erster Linie auf die Gewinnung und Veräußerung von Milch durch Haltung von Kühen mit Bodenbewirtschaftung gerichtet ist. Dabei kann entgegen dem SG der Umstand zu keiner anderen Beurteilung führen, dass die Käserei Milchprodukte herstellt und veräußert, die aus der im Hauptunternehmen erzeugten Milch hergestellt werden, und dabei die Milcherzeugung sowie Käse- und Milchprodukteherstellung nach den Demeter-Richtlinien bzw. nach der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise erfolgt. Denn dieser zwar sowohl im Haupt- als auch im Nebenunternehmen eine übergeordnete Rolle spielende Umstand ändert nichts an der dargestellten unter schiedlichen Zweckverfolgung Milcherzeugung mit Bodenbewirtschaftung auf der einen und Herstellung und Veräußerung von Käse und anderen Milchprodukten auf der anderen Seite.

Nicht zu folgen ist dem SG auch insoweit, weitere Voraussetzungen für ein Nebenunternehmen sei, dass es wegen der Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke allein ohne das Hauptunternehmen existieren können müsse. Dies ist der vom SG zitierten Entscheidung (BSG Urteil vom 17.03.1992 - 2 RU 4/91 -) auch so nicht zu entnehmen. Dort heißt es vielmehr lediglich: "Nebenunternehmen könnten wegen der Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke unter den Gegebenheiten des Einzelfalles auch allein ohne das Hauptunternehmen existieren." Dies ist - wie aus der in einer früheren Entscheidung des selben Senats (BSG Urteil vom 30.04.1991 - 2 RU 36/90 -) genannten Kommentarstelle hervorgeht - lediglich eine Beschreibung des Nebenunternehmens (vgl. Kasseler Kommentar - Ricke § 647 RVO Nr. 1), der sich aber nicht entnehmen läßt, dass die mangelnde Existenzfähigkeit ohne das Hauptunternehmen die Beurteilung als Nebenunternehmen in jedem Falle ausschließt. Andererseits wird an dieser Beschreibung, dass Nebenunternehmen "wegen der Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke" allein ohne das Hauptunternehmen existieren könnten, erneut deutlich, dass wesentliches Kriterium für ein Nebenunternehmen nicht die ohne das Hauptunternehmen man gelnde Existenzfähigkeit, sondern die Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke ist. Mit der Herstellung von Käse und anderen Milchprodukten aber verfolgt die Käserei der Klägerin - wie dargelegt - unabhängig wirtschaftliche Zwecke, weil es im Hauptunternehmen - wie ebenfalls dargelegt - um Milcherzeugung mit Bodenbewirtschaftung geht.

Hat die Beklagte mithin die Käserei die Klägerin zu Recht als landwirtschaftliches Nebenunternehmen für die gesamten Jahre von 1995 bis 2000 gesondert veranlagt und zur Beitragsentrichtung herangezogen und sind keine Hinweise ersichtlich, dass die Beiträge nach § 182 Abs. 3 SGB VII i.V.m. §§ 33 Abs. 4, 39 der Satzung der Beklagten unrichtig festgesetzt sind, hat diese im Übrigen zutreffend darauf hingewiesen, dass eine gesonderte Beitragspflichtigkeit für die Käserei der Klägerin auch dann nicht entfiele, wenn diese als Hilfsunternehmen angesehen würde. In diesem Falle käme eine gesonderte Beitragspflichtigkeit gem. § 182 Abs. 3 SGB VII i.V.m. §§ 33 Abs. 2 Buchst. d, 37 Satz 2 Buchst. b der Satzung der Beklagten in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Zur Revisionszulassung bestand kein Anlass (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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