L 8 AL 402/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 Al 474/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 402/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Aufhebungsvereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, die darauf gerichtet ist, bestehende Vergütungsansprüche deshalb entfallen zu lassen, um an Stelle des Arbeitgebers die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zur Leistung zu veranlassen, ist rechtsmißbräuchlich und der BA gegenüber unwirksam.
i. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. November 1997 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
ii. Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
iii. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 01.08.1992 bis 13.10.1992 streitig.

Der am 1940 geborene Kläger meldete sich am 24.07.1992 mit Wirkung zum 01.08.1992 arbeitslos und beantragte Alg. Er war seit 01.09.1977, zuletzt als Leiter Ein- und Verkauf, bei der Firma GmbH ( ) in Emmering beschäftigt gewesen. Wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht war ihm außerordentlich zum 30.07.1992 gekündigt worden. Die ordentliche Kündigungsfrist betrug vertraglich 6 Monate zum Jahresende. Ein im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht München (Az.: 4 Ca 9906/92) geschlossener bedingter Vergleich vom 22.10.1992 wurde von der Arbeitgeberseite widerrufen.

Über das Vermögen der Firma wurde durch das Amtsgericht München am 01.02.1993 das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Das dadurch unterbrochene Kündigungsschutzverfahren wurde später nicht wieder aufgenommen. Als Bruttogehälter des Klägers wurden 100.031,22 DM nebst Zinsen in die Konkurstabelle eingetragen. Für das Arbeitsentgelt vom 01.11.1992 bis 31.01.1993 wurde dem Kläger Konkursausfallgeld (Kaug) unter teilweiser Verrechnung des bis 31.01.1993 zwischenzeitlich gewährten Alg bewilligt (Bescheid vom 07.06.1993).

Zuvor hatte die Beklagte mit Bescheid vom 19.11.1992 Alg für die Zeit ab 24.10.1992 bewilligt und mit Bescheid vom 19.05. 1993 eine Sperrzeit von 12 Wochen vom 01.08.1992 bis 23.10.1992 festgestellt. Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 03.08.1993 erhobene Klage zum Sozialgericht München (Az.: S 36 Al 914/93) endete mit einem Anerkenntnis der Beklagten vom 22.12.1994, mit dem sie ihren Bescheid vom 19.05.1993 und den Widerspruchsbescheid vom 03.08.1993 aufhob.

Im März 1995 erhielt die Beklagte davon Kenntnis, daß der Kläger mit der Konkursverwalterin über das Vermögen der am 15.11.1993 folgenden Aufhebungsvertrag geschlossen hatte:

1. Es besteht Einigkeit darüber, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund ordentlicher, betriebsbedingter Kündigung am 31.01.1993 sein Ende fand.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitplatzes eine soziale Abfindung entsprechend den §§ 9, 10 KschG in Höhe von DM 40.000,-- abzugsfrei in den Grenzen des § 3 Ziff.9 EStG.

3. Mit Erfüllung dieses Vergleiches sind sämtliche gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abgegolten. Der Kläger nimmt die zur Konkurstabelle angemeldeten Forderungen hiermit zurück.

4. Der Kläger erhält ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt und den weiteren beruflichen Werdegang des Klägers zu fördern geeignet ist.

Mit Bescheid vom 27.03.1995 stellte die Beklagte aufgrund der Abfindungsvereinbarung ein Ruhen des Anspruchs auf Alg gemäß § 117 Abs.1 AFG vom 01.08.1992 bis 31.01.1993 fest. Gleichzeitig forderte sie die Erstattung des in der Zeit vom 24.10.1992 bis 31.10.1992 erhaltenen Alg in Höhe von 757,40 DM. Der Widerspruch des Klägers vom 05.04.1995 blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 09.08.1995).

Gegen den am 18.08.1995 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 06.09.1995 Klage zum Sozialgericht Augsburg; die Gründe für eine außerordentliche Kündigung seien seitens der Gemeinschuldnerin nicht aufrechterhalten worden. Angesichts der wirtschaftlichen Situation der Arbeitgeberin habe jedoch die Kündigung als ordentliche, betriebsbedingte Kündigung aufrechterhalten werden und das Arbeitsverhältnis zum 31.01.1993 beenden sollen, da zu diesem Zeitpunkt die Betriebsstillegung bei der Arbeitgeberin erfolgt sei. Beiden Prozeßvertretern sei klar gewesen, daß zu diesem Kündigungszeitpunkt die ordentliche Kündigungsfrist für den Kläger nicht einzuhalten gewesen sei. Allein die Tatsache, daß eine Betriebsstillegung auf Seiten der Arbeitgeberin vorgelegen habe, habe zum Vergleich mit Abfindungsvereinbarung geführt. Allein für den Verlust seines Arbeitsplatzes und das Nichteinhalten der ihm zustehenden ordentlichen Kündigungsfrist sei die Abfindung gewährt worden. Sie sei ausdrücklich als Abfindung bezeichnet und sei allein für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden. Die Abfindung sei nicht als rückwirkendes Arbeitsentgelt gezahlt worden, denn darüber habe der Streit nicht weiter bestehen sollen. Sie sei allein eine Gehaltsforderung, die über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus vereinbart worden sei und die zugleich eine Entschädigung für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe sein sollen. Die Abgeltungsklausel habe allein dem Schutz der Arbeitgeberin gedient, Streit über Arbeitsentgelt für die Zeit vom 30.07.1992 bis 31.01.1993 zu vermeiden.

Das Sozialgericht Augsburg hob mit Urteil vom 18. November 1997 den Bescheid vom 27.03.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1995 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger vom 01.08.1992 bis 31.10.1992 Alg im gesetzlichen Umfang zu gewähren bzw. zu belassen; im Ergebnis sei der Betrag von 40.000,-- DM als echte Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu werten. Vorangegangen sei eine fristlose Kündigung, die später nicht zu halten gewesen sei. Angesichts eines Entgeltanspruches von 16.259,87 DM zuzügl. 360,-- DM Zuschuß zur Rentenversicherung sei der Betrag auch unter Berücksichtigung des Konkurses ein angemessener Betrag für den Verlust eines hoch dotierten Arbeitsplatzes. Für die problematische Abgeltungsvereinbarung des Aufhebungsvertrages hätten sachgerechte Argumente vorgelegen.

Gegen das am 26.11.1997 zugestellte Urteil legte die Beklagte am 23.12.1997 Berufung ein; im Zeitpunkt der zwischen den Arbeitsvertragsparteien getroffenen Aufhebungsvereinbarungen seien die Entgeltansprüche des Klägers für die Zeit ab 01.08. 1992 bereits auf die Beklagte übergegangen gewesen. Aus diesem Grund habe ein wirksamer Verzicht auf die Arbeitsentgeltansprüche in Höhe der von der Beklagten erbrachten Leistungen nicht mehr erklärt werden können. Es sei daher davon auszugehen, daß in dem Abfindungsbetrag auch abgegoltene Arbeitsentgeltansprüche enthalten seien.

In der mündlichen Verhandlung vom 23.10.1998 schlossen die Beteiligten einen Teilvergleich dahingehend, daß die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27.03.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.1995 dem Kläger ab 14.10.1992 bis 23.10.1992 Arbeitslosengeld bewilligt und die Erstattung der Bewilligung ab 24.10.1992 aufgehoben wird.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.11.1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist weiterhin der Auffassung, daß es sich um eine echte Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gehandelt habe.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten und die erstinstanzliche Verfahrensakte. Wegen des Sachverhalts wird ergänzend auf die beigezogenen Akten und auf die Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 151 Abs.1, 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); insbesondere bedurfte sie nicht der Zulassung gemäß § 144 Abs.1 SGG.

Das Rechtsmittel ist auch begründet.

Nach Abschluß des Teilvergleiches vom 23.10.1998 ist lediglich noch der Anspruch des Klägers auf Alg für die Zeit vom 01.08. 1992 bis einschließlich 13.10.1992 streitig. Eine Leistungsbewilligung war insoweit zunächst durch den Sperrzeitbescheid vom 19.05.1993 abgelehnt worden. Nach Aufhebung des Sperrzeitbescheides hatte die Beklagte erneut über den Leistungsantrag für den hier noch streitigen Zeitraum zu entscheiden. Die erneute Ablehnung, nunmehr unter Berufung auf ein Ruhen des Anspruches gemäß § 117 Abs.1 AFG, erfolgte mit Bescheid vom 27.03.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1995, den der Kläger mit der zutreffenden Anfechtungsklage (§ 54 abs.1 SGG) angefochten hat.

Da ein Anspruch streitig ist, der den Voraussetzungen nach zeitlich vor Inkrafttreten des SGB III am 01.01.1998 (Art.83 Abs.1 AFRG vom 24.03.1997, BGBl I, 594) liegt, sind vorliegend die Vorschriften des AFG anzuwenden.

Gegenstand des Rechtsstreits ist nach dem Teilvergleich nur noch der Bescheid vom 27.03.1995, soweit er den Antrag auf Alg für die Zeit vom 01.08.1992 bis 13.10.1992 ablehnt. Da der Kläger ab 01.08.1992 alle Voraussetzungen des § 100 Abs.1 AFG erfüllte, bestand grundsätzlich ein Leistungsanspruch, soweit dieser Anspruch nicht gemäß § 117 Abs.1 AFG ruhte. Daß vorliegend nur ein Ruhen nach § 117 Abs.1 AFG in Betracht kommt, ergibt sich aus der Tatsache, daß das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag am 31.01.1993 unstreitig endete, und die Frage des Leistungsanspruches ab 01.08.1992 allein davon abhängig ist, ob der Kläger für diese Zeit vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitsentgelt erhalten oder zu beanspruchen hat. Deshalb scheidet die Anwendung des § 117 Abs.2 AFG aus, da es nicht um ein Ruhen des Anspruchs für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht (vgl. BSG vom 23.06.1981 = BSGE 52, 47 = SozR 4100 § 117 Nr.7).

Nach § 117 Abs.1 AFG ruht der Anspruch auf Alg für die Zeit ab 01.08.1992, da der Kläger aufgrund des Aufhebungsvertrages vom 15.11.1993 Arbeitsentgelt in Form der Abfindung von 40.000,--DM erhalten hat. Dem Kläger waren für die Zeit vom 01.08.1992 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich arbeitsvertragliche Vergütungsansprüche verblieben. Diese waren insbesondere nicht durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung zum 30.07.1992 entfallen. Da ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs.1 BGB für den Arbeitgeber - insoweit auch unstreitig - nicht nachweisbar vorlag, ergab sich auch für die Zeit der nicht erbrachten Arbeitsleistung ein Anspruch aus Annahmeverzug (615 BGB).

Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 23.06.1981 (a.a.O.) bei einer vergleichbaren Fallgestaltung zutreffend ausgeführt hat, spricht nicht gegen die Anwendung des § 117 AFG, daß im Vergleich die §§ 9, 10 KSchG als Rechtsgrundlage für die Zahlung der Abfindung an den Kläger aufgeführt worden sind. Die in den §§ 9, 10 KSchG vorgesehene Abfindung hat Entschädigungscharakter und ist nur Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes trotz Vorliegens einer sozialwidrigen Kündigung. Dieser Entschädigungscharakter der Abfindung besteht aber nur dann uneingeschränkt, wenn in dem Abfindungsbetrag keine Ansprüche mit Entgeltcharakter enthalten sind. Das ist der Fall, wenn eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 KSchG nach einer sozialwidrigen und ordentlichen Kündigung erfolgt. Andererseits ist in den Fällen des § 13 Abs.1 Satz 3 KSchG mit entsprechender Anwendung des § 10 KSchG bei einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung das Arbeitsverhältnis bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aufzulösen, so daß die Abfindung in aller Regel das dem Arbeitnehmer in der Kündigungsfrist entgangene Arbeitsentgelt enthält. Auch vorliegend entspricht der Vergleich des Klägers mit der Konkursverwalterin, in dem nach erfolgter außerordentlicher Kündigung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im laufenden Zeitraum der ordentlichen Kündigungsfrist vereinbart wurde, keiner der Fallgestaltungen des KSchG.

Nach dem Wortlaut des Aufhebungsvertrages haben die Arbeitsvertragsparteien zwar eine Abfindungszahlung und einen Verzicht auf die Entgeltansprüche vereinbart. Jedoch bedarf die Vereinbarung einer Auslegung unter Berücksichtigung der außerhalb der wörtlichen Erklärung liegenden tatsächlichen Umstände (BSG vom 23.06.1981, a.a.O., BSG vom 25.10.1990, Breith. 1991 S.708; BSG vom 14.07.1994, SozR 3-4100 § 117 Nr.11).

Werden bei bestehendem Annahmeverzug und geschuldeter Vergütung in einer Auflösungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Restvergütungsansprüche abschließend geregelt, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß in der einvernehmlichen vergleichsweisen Abfindungssumme Arbeitsentgelt enthalten ist (BSG vom 23.06.1981, a.a.O.; Gagel, AFG, Rdnr.55 zu § 117). Das BSG hat wiederholt angenommen, daß eine solche "Abfindung" in voller Höhe als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs.1 SGB IV anzusehen ist, da nach Abs.1 dieser Bestimmung Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung sind, und zwar gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht, unter welchen Bezeichnungen oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Demgemäß sind auch Zahlungen, die anläßlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden, beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, soweit sie zeitlich der Dauer des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen sind (BSG vom 25.10.1990, a.a.O.).

Für das Vorliegen von Arbeitsentgelt spricht zunächst, daß eine Beendigung ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist erfolgte, der Beendigungszeitpunkt mit dem Ende des Leistungsbezuges zusammenfällt, die Vergütungsansprüche bis Ende Januar 1993 im arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzprozeß klageerweiternd geltend gemacht und zur Konkurstabelle angemeldet waren und ihre Realisierung fraglich war. Insbesondere fällt auf, daß - wohl im Gegenzug zur Abfindungszahlung - der Kläger seine zur Konkurstabelle angemeldeten Forderungen im Aufhebungsvertrag zurücknahm. Das Angebotschreiben zum Abschluß des Vergleiches durch Rechtsanwalt U vom 29.03.1993 läßt deutlich die Alternative Abschluß eines Aufhebungsvertrages oder weiterhin Beteiligung als Gläubiger am Konkursverfahren erkennen.

Daß es sich vorliegend bei der Abfindung um Vergütungszahlung für die Zeit ab 01.08.1992 handelt, erhellt sich weiter daraus, daß mit dieser Summe annähernd die Vergütungszeit abgedeckt wird, die bis zum vereinbarten Beendigungstermin nicht durch Leistungen der Beklagten abgedeckt war. So hatte der Kläger Alg ab 24.10.1992 bezogen und unmittelbar anschließend ab 01.11.1992 bis 31.01.1993 Kaug erhalten. Rechnerisch deckt die Abfindungssumme den Anspruchszeitraum auf Vergütung bis einschließlich 13.10.1992 ab (40.000,-- DM: 16.531,55 DM monatlich), somit annähernd den Zeitraum bis zum Beginn der bewilligten Alg-Leistung.

Dem Kläger ist zwar zuzugeben, daß für den Charakter einer Abfindung im Sinne einer Ausgleichszahlung für den Arbeitsplatzverlust sprechen könnte, daß das Arbeitsverhältnis vertragsgemäß frühestens zum 31.12.1993 kündbar war, und es der Konkursverwalterin gemäß § 22 KO nur möglich gewesen wäre, mit der gesetzlich zulässigen Kündigungsfrist ihrerseits ordentlich zum 30.06.1993 zu kündigen. Der sich daraus ergebende theoretische Spielraum für die Entstehung weiterer Vergütungsansprüche des Klägers gegenüber der Gemeinschluldnerin wiegt jedoch angesichts der Konkurssituation und der Tatsache, daß der Kläger ab 01.02.1993 wieder beschäftigt war, gering. Bei dieser Sachlage gibt es für die Vereinbarung einer Abfindung unter Verzicht auf bestehende Vergütungsansprüche keinen vernünftigen, anzuerkennenden Grund. Denn naheliegenderweise ist anzunehmen, daß in dieser Situation vorrangig die bis zum Beendigungszeitraum bereits bestandenen Ansprüche bedacht werden. Die den Vertragsverhandlungen zugrunde liegenden Überlegungen einer Abfindungszahlung, wie sie sich in der Korrespondenz zwischen dem Anwalt der Konkursverwalterin und dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers widerspiegeln, lassen den Gedanken erkennen, daß durch die Leistung der Beklagten der Vergütungszeitraum bis 31.01.1993 in Höhe des Alg-Anspruchs "abgedeckt" und gesichert sei. Diese Überlegung liefe jedoch darauf hinaus, daß bestehende Vergü- tungsansprüche nur deshalb entfallen sollten, weil anstelle des Arbeitgebers ein Dritter, nämlich die Beklagte, leisten müßte, und zwar auch nur deshalb, weil auf das Arbeitsentgelt verzichtet würde. Dies widerspräche gerade dem in § 117 Abs.1 AFG aufgestellten Grundsatz, daß bereits der Anspruch auf Arbeitsentgelt dem Anspruch auf Alg vorgeht. Insoweit wäre die Vereinbarung rechtsmißbräuchlich und jedenfalls der Beklagten gegenüber unwirksam.

Wie aus den vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Schreiben des Bevollmächtigten der Konkursverwalterin vom 22.11.1993 und 02.12.1993 zu entnehmen ist, sollten dem Kläger Zahlungen zufließen, ohne einen Übergang von Vergütungsansprüchen auszulösen. Soweit die Vertragsparteien möglicherweise irrtümlich verkannt haben, daß der Kläger bei Abschluß des Aufhebungsvertrages vom 15.11.1993 noch Inhaber der Entgeltansprüche war - da die Beklagte für die Zeit bis 24.10.1992 Alg noch nicht gezahlt hatte, waren Entgeltansprüche bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht gemäß § 115 SGB X auf sie übergegangen -, wäre dies jedenfalls der Beklagten gegenüber unerheblich. Wegen des dargestellten gesetzlichen Vorrangs des Anspruchs auf Arbeitsentgelt gegenüber dem Anspruch auf Alg (§ 117 Abs.1 AFG) war es den Arbeitsvertragsparteien sozialrechtlich verwehrt, die Beklagte durch eine privatrechtliche Vereinbarung zur Leistung für den Zeitraum vom 01.08.1992 bis 23.10.1992 zu verpflichten. Diese Vereinbarung hätte darüber hinaus im Falle der Leistung der Beklagten einen Anspruchsübergang gemäß § 115 SGB X verhindert. Schon aus diesem Grunde wäre sie als rechtsmißbräuchliche Vertragsgestaltung anzusehen und der Beklagten gegenüber unwirksam (vgl. Gagel, AFG, Rdnr.62 zu § 117).

Da somit entgegen der Annahme des Sozialgerichts der Anspruch des Klägers auf Alg ruhte, war das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Bei der Kostenerstattung mußte berücksichtigt werden, daß der Kläger im Umfang des Teilvergleiches obsiegt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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