B 7 AL 132/01 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 132/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. Oktober 2001 aufgehoben. Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2000 wird geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision dagegen, dass die Vorinstanzen ihren Anspruch auf Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen auf die Hälfte des Förderungsbetrags (4.720,94 DM) begrenzt haben.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin durch Bescheid vom 11. September 1998 einen Eingliederungszuschuss in Höhe von 2.360,47 DM monatlich für die Einstellung des Arbeitslosen M. als Lager- und Transportarbeiter ab 1. Juni 1998 bis zum 30. November 1998. Das Arbeitsverhältnis wurde durch fristlose Kündigung der Klägerin am 5. Oktober 1998 beendet. Die Beklagte hatte zuvor Eingliederungszuschüsse für die Monate Juni bis September 1998 in Höhe von insgesamt 9.441,88 DM an die Klägerin gezahlt.

Nach Anhörung der Klägerin zu den Umständen der Kündigung hob die Beklagte durch Bescheid vom 25. Oktober 1999 die Bewilligung der Eingliederungszuschüsse für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 1998 insgesamt gemäß § 330 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) iVm § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und machte eine Erstattungsforderung gemäß § 50 SGB X in Höhe der zur Auszahlung gelangten Eingliederungszuschüsse von 9.441,88 DM geltend. Den Widerspruch wies die Beklagte durch Bescheid vom 23. Dezember 1999 zurück. Hierbei gab sie nunmehr an, die Rückzahlungspflicht der Klägerin folge bereits aus § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III. Ausnahmen von der Rückzahlungspflicht gemäß § 223 Abs 2 Satz 2 SGB III seien nicht erkennbar.

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) mehrere Zeugen zu den Umständen der Kündigung des M. vernommen und durch Urteil vom 13. Juli 2000 den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Dezember 1999 insoweit aufgehoben, als er eine Rückerstattung von über 4.720,94 DM betraf. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Rechtsgrundlage für die angefochtene Verwaltungsentscheidung sei § 223 Abs 2 SGB III in der ab 1. August 1999 geltenden Fassung des 2. Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze (2. SGB III-ÄndG vom 21. Juli 1999, BGBl I 1648). Allerdings seien die Voraussetzungen für einen völligen Wegfall der Rückzahlungspflicht nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III nF nicht erfüllt, weil die Klägerin nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme nicht berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis mit M. aus den von ihr behaupteten Gründen verhaltensbedingt zu kündigen. Nach § 223 Abs 2 Satz 3 SGB III in der ab 1. August 1999 geltenden Fassung sei die Rückzahlung jedoch auf die Hälfte des Förderungsbetrags begrenzt, weshalb der Beklagten nur ein Erstattungsanspruch in Höhe von 4.720,94 DM zugestanden habe.

Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 30. Oktober 2001 beide Berufungen zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Urteil des SG sei insgesamt nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe zunächst in ihrem Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1999 den auf § 330 SGB III iVm §§ 48, 50 SGB X gestützten Ausgangsbescheid vom 25. Oktober 1999 neu gefasst, indem sie nur die Rückzahlung angeordnet und diese Entscheidung auf § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III gestützt habe. Mit diesem Inhalt sei der angegriffene Bescheid allerdings insoweit rechtswidrig, als eine Rückzahlung von mehr als 4.720,94 DM verfügt worden sei. Entgegen dem Widerspruchsbescheid und der Auffassung der Beklagten sei Grundlage der Rückzahlungspflicht nicht § 223 Abs 2 SGB III in der vom 1. Januar 1998 bis 31. Juli 1999 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997 (AFRG, BGBl I 594), sondern der die Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen neu regelnde § 223 Abs 2 SGB III in der am 1. August 1999 in Kraft getretenen Fassung. Bei einer Anfechtungsklage sei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage maßgebend, die bei Erlass des Bescheides bzw des Widerspruchsbescheides gegolten habe. Sowohl der Bescheid vom 25. Oktober 1999 als auch der Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1999 seien nach dem 1. August 1999 ergangen. Auch soweit die Maßgeblichkeit der im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung geltenden Rechtslage nur dann bejaht werde, wenn der Entscheidung ein abgeschlossener Sachverhalt in der Vergangenheit zu Grunde liege, sei auch dieses Erfordernis gegeben. Der Neufassung des § 223 Abs 2 SGB III könne nicht entnommen werden, dass diese Regelung nur für die Rückzahlung von ab dem 1. August 1999 bewilligten und/oder gezahlten Eingliederungszuschüssen gelten solle. Ebenso wenig ergebe sich aus der Vorgängervorschrift, dass diese auch nach ihrer Aufhebung noch für die Rückzahlung von bis zum 31. Juli 1999 bewilligten und gezahlten Eingliederungszuschüssen gelten solle. Insbesondere sei § 422 Abs 1 SGB III nicht einschlägig. Zwar regele diese Vorschrift Grundsätze bei Rechtsänderungen im Falle des Bezugs von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. Nach seinem Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck regele § 422 Abs 1 SGB III aber in erster Linie bei laufenden Leistungsfällen das anzuwendende Recht im Falle von Änderungen des SGB III. § 422 SGB III besage aber nichts darüber, welches Recht bei der Rückabwicklung solcher Leistungen gelten solle. Zwar gehöre der Eingliederungszuschuss an Arbeitgeber zu den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung (§ 3 Abs 2 Nr 2 SGB III), die Rückzahlung nach fehlgeschlagenen Förderleistungen werde dort aber gerade nicht genannt. Letztere lasse sich nach der Systematik des Gesetzes auch nicht als "Leistung" der aktiven Arbeitsförderung verstehen, sie sei vielmehr ihr Gegenteil und lediglich aus Gründen des Sachzusammenhangs in den Regelungsabschnitt über Förderungsleistungen aufgenommen worden. Wortlaut und systematische Stellung könnten eine erweiternde Anwendung des § 422 Abs 1 SGB III auf die vorliegende Fallgestaltung nicht rechtfertigen, denn bei dieser Norm handele es sich um eine dem Vertrauensschutz bei der Inanspruchnahme von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dienende Übergangsvorschrift. Allerdings sei auch die Berufung der Klägerin zurückzuweisen gewesen, da diese - wie nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens feststehe - nicht berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis mit M. aus Gründen zu kündigen, die in der Person oder dem Verhalten des M. gelegen hätten. Dies habe das SG im dem angegriffenen Urteil überzeugend ausgeführt.

Gegen dieses Urteil wendet sich lediglich die Beklagte mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision. Sie rügt eine Verletzung der §§ 223, 422 SGB III. Entgegen der Auffassung des LSG sei § 223 Abs 2 SGB III in der ab 1. Januar 1998 geltenden - alten - Fassung anzuwenden. Bei dieser Regelung handele es sich um eine eigenständige Erstattungsgrundlage und um einen Sondertatbestand zur Verhinderung von Missbrauch und Zweckverfehlung bei Eingliederungszuschüssen. Da der Gesetzgeber der Neufassung des § 223 Abs 2 SGB III ab 1. August 1999 keine rückwirkende Kraft beigelegt habe, sei dieser auf den strittigen Sachverhalt nicht anzuwenden. Vielmehr stehe einer Anwendung des § 223 Abs 2 SGB III in der ab 1. August 1999 geltenden Fassung die Vorschrift des § 422 SGB III entgegen. § 422 SGB III normiere einheitlich eine Vorschrift über Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, wobei die Regelungen über den Ausschluss und die Rückzahlung ebenfalls als Vorschrift über Leistungen der aktiven Arbeitsförderung iS des § 422 SGB III anzusehen seien.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. Oktober 2001 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2000 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) einverstanden erklärt.

II

Auf die zulässige Revision der Beklagten sind das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Zutreffend sind SG und LSG zunächst davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage der Rückzahlungsforderung nicht § 50 SGB X ist und die Beklagte zu Recht in ihrem Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1999 die Rückzahlungsforderung auf § 223 SGB III gestützt hat.

Das Urteil des LSG beruht auf einer Verletzung des § 223 Abs 2 SGB III iVm § 422 SGB III. Entgegen der Rechtsansicht des LSG findet auf die Rückzahlung des Eingliederungszuschusses § 223 Abs 2 SGB III aF (idF des AFRG) und nicht § 223 Abs 2 SGB III in der ab 1. August 1999 geltenden - neuen - Fassung Anwendung (vgl hierzu die Urteile des 7. Senats vom 21. März 2002 - B 7 AL 48/01 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, und B 7 AL 68/01 R). Die Rückzahlung war daher nicht auf die Hälfte des Förderungsbetrags begrenzt, wie § 223 Abs 2 Satz 3 SGB III nF vorschreibt.

Maßgebend für die Frage, ob bei Änderungen des SGB III altes - vor der Rechtsänderung geltendes - oder neues Recht anzuwenden ist, ist die allgemeine Übergangsregelung des § 422 SGB III (ebenfalls idF des AFRG), und zwar unabhängig davon, dass die hier streitige Rückzahlung des Eingliederungszuschusses von der Beklagten erstmals im Oktober 1999 geltend gemacht worden ist. § 422 SGB III sieht als "Grundsatz bei Rechtsänderungen" vor: Wird dieses Gesetzbuch geändert, so sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen oder Maßnahme die Vorschriften der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung anzuwenden, wenn vor diesem Tag 1. der Anspruch entstanden ist, 2. die Leistung zuerkannt worden ist oder 3. die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme bewilligt worden ist (§ 422 Abs 1 SGB III). Ist eine Leistung nur für einen begrenzten Zeitraum bewilligt worden, richtet sich die Verlängerung nach dem Recht, das zu dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Verlängerung gilt (§ 422 Abs 2 SGB III). Da die Eingliederungszuschüsse an den Arbeitgeber, die nach § 3 Abs 2 Nr 2 iVm § 3 Abs 4 SGB III (idF des AFRG) zu den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung gehören, durch Bescheid vom 11. September 1998 bewilligt worden sind und dieser Tatbestand vor dem 1. August 1999 liegt, sind die Voraussetzungen des § 422 Abs 1 SGB III für die Anwendung alten - dh hier: des vor dem 1. August 1999 geltenden - Rechts erfüllt. Eine Verlängerung ist nicht erfolgt, sodass § 422 Abs 2 SGB III hier vernachlässigt werden kann (vgl dazu auch Urteil des Senats vom 21. März 2002 - B 7 AL 68/01 R -).

Damit gilt aber auch für die Rückzahlung des Eingliederungszuschusses § 223 Abs 2 SGB III aF. Denn auch die Rückzahlung nach dieser Regelung betrifft "Leistungen der aktiven Arbeitsförderung", auf die die Übergangsregelung des § 422 SGB III Anwendung findet. Diese Regelung bezieht sich - schon nach ihrem Wortlaut - nicht nur auf laufende Leistungen bzw Leistungsfälle, die bei Eintritt der Rechtsänderung noch nicht abgeschlossen sind, sondern auf das gesamte Gebiet der Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, hier auf das Gebiet der Eingliederungszuschüsse nach §§ 217 ff SGB III, zu dem auch § 223 SGB III gehört. Insoweit sind die Regelungen über die Anspruchsvoraussetzungen für Eingliederungszuschüsse (§§ 217 ff SGB III) und deren Rückzahlung (§ 223 Abs 2 SGB III) - entgegen der Meinung des LSG - einheitlich als Vorschriften über "Leistungen der aktiven Arbeitsförderung" iS des § 422 SGB III anzusehen.

Für diese Auslegung spricht zunächst der Rechtscharakter der Übergangsvorschrift, die für künftige Rechtsänderungen gesonderte Übergangsregelungen entbehrlich machen will und daher nach ihrer Tendenz grundsätzlich umfassende Geltung für das Gebiet beansprucht, auf das sie bezogen ist. Das ergibt sich ferner auch daraus, dass § 223 SGB III im weiteren Sinne in das Leistungsrecht eingebunden ist. Er enthält sowohl materiell-rechtliche Regelungen über negative Anspruchsvoraussetzungen (Förderungsausschluss nach § 223 Abs 1 SGB III) als auch über die Rückzahlung des Eingliederungszuschusses (in § 223 Abs 2 SGB III). Damit kommt eine Verzahnung von Leistungs- und Rückforderungsrecht schon im systematischen Standort der Normen zum Ausdruck. Zum anderen ist § 223 Abs 2 SGB III eine Sondervorschrift, die eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen darstellt. Auf Grund dieser Regelung bedarf es nicht etwa einer gesonderten Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung; auch ist diese Bewilligung, um eine spätere Rückforderung zu ermöglichen, von der Beklagten nicht mit Auflagen oder Bedingungen zu versehen (so etwa noch die Rechtslage unter Geltung des § 49 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) idF des 5. Gesetzes zur Änderung des AFG vom 23. Juli 1979, BGBl I 1198, in Kraft bis 31. Dezember 1997; vgl auch BSG SozR 4100 § 54 Nr 5 zur Erstattung von Eingliederungsbeihilfe). Vielmehr dient die Verbindung von Leistungs- und Rückzahlungsrecht bei der Gewährung von Eingliederungszuschüssen dazu, insgesamt das Förderungsziel dieser Zuschüsse zu unterstützen. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die Rückzahlungspflicht auch dann eintritt, wenn das Beschäftigungsverhältnis nach dem Ende des Förderungszeitraums (längstens jedoch innerhalb von zwölf Monaten) beendet wird. Die Rückzahlungsvorschrift des § 223 Abs 2 SGB III dient damit unmittelbar der Absicherung des Leistungszwecks.

Die Anwendung des § 422 SGB III auf die Rückzahlungsverpflichtung entspricht auch dem Sinn und Zweck dieser Regelung. Zu § 422 SGB III wurde in der Begründung zum AFRG ausgeführt (vgl BT-Drucks 13/9491, S 226): "Um Beziehern von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, insbesondere Arbeitgebern und Trägern von Maßnahmen Planungssicherheit zu geben und die Arbeitsämter vom Aufrollen laufender Fälle zu entlasten, sollen die zu Maßnahmebeginn bzw im Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Vorschriften für laufende Fälle regelmäßig weiter anwendbar bleiben, soweit nicht Sonderregelungen etwas anderes bestimmen". Die Norm verfolgt ersichtlich den Zweck, Bezieher von Leistungen vor späteren Einschränkungen im Leistungsrecht zu schützen, soweit der Anspruch bereits entstanden ist, die Leistung zuerkannt worden ist oder die Maßnahme begonnen hat. Es wird zu Recht ausgeführt, dass diese Norm insgesamt dem im Rechtsstaatsprinzip (vgl Art 20 Abs 1 Grundgesetz) verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes bei Rechtsänderungen Rechnung trage (so Schlegel in Hennig, SGB III, RdNr 1 zu § 422). Durch § 422 SGB III sollen - im Sinne dieses Grundsatzes - die einmal in Gang gesetzten Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Recht behandelt werden, das zu dem Zeitpunkt galt, als die Voraussetzungen des § 422 Abs 1 SGB III vorlagen. Dieser Grundsatz gilt auch für die Rückzahlung solcher Leistungen. Der Arbeitgeber soll darauf vertrauen dürfen, dass sich die Rückzahlungsvoraussetzungen nicht nach den in § 422 Abs 1 SGB III genannten Zeitpunkten zu seinen Lasten ändern. Dass dieser Grundsatz hier ausnahmsweise - wegen zwischenzeitlicher Verbesserung der Rückzahlungsvoraussetzungen - zu Lasten der Arbeitgeber wirkt, kann nicht dazu führen, die Grundstruktur des § 422 SGB III (es bleibt aus Gründen der Planungssicherheit bei dem zum Zeitpunkt des Beginns der Maßnahme etc geltenden Recht) umzukehren. Denn es geht nicht nur um Planungssicherheit für den Leistungsempfänger, sondern auch um Rechtssicherheit und -klarheit für die Bundesanstalt für Arbeit. Dieser Gesichtspunkt der Kontinuität wird auch dadurch unterstrichen, dass das Gesetz nicht zwischen begünstigenden und belastenden Gesetzesänderungen differenziert.

Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung auch in der Übergangsvorschrift des § 426 SGB III, der die Einordnung des Arbeitsförderungsrechts in das SGB III regelt und in seinen Absätzen 1 und 2 weitgehend mit § 422 SGB III übereinstimmt, der Übergangsgrundsätze für Rechtsänderungen des SGB III normiert. Aus § 426 Abs 3 SGB III (eingefügt durch das Erste Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze (1. SGB III-ÄndG) vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2970), der eine besondere Übergangsregelung zu § 223 Abs 2 SGB III enthält, ist zu folgern, dass der Gesetzgeber übergangsrechtlich sämtliche Vorschriften des jeweils betroffenen Regelungsbereichs (§ 426 Abs 1, § 422 Abs 1 SGB III) erfassen wollte, also bei dem Regelungsbereich der Leistungen der aktiven Arbeitsförderung auch und gerade die Rückzahlungsvorschrift des § 223 Abs 2 SGB III. In § 426 Abs 3 SGB III heißt es: Von der Anwendung des § 223 Abs 2 auf eine Förderung, die nach § 97 AFG erstmals begonnen worden ist, kann abgesehen werden. Diese auf die Ausschussempfehlung vom 2. November 1997 (BT-Drucks 13/8994) nachträglich in das SGB III eingefügte Regelung ist nach ihrer Entstehungsgeschichte sowie ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass sie sich nur auf den Fall der Verlängerung der Förderung und damit auf § 426 Abs 2 SGB III bezieht, was im Wortlaut des Abs 3 allerdings nur in dem Wort "erstmals" - dh vor einer erfolgten Verlängerung - zum Ausdruck kommt. Im Falle der Verlängerung der Förderung einer nach § 97 AFG begonnenen Maßnahme, die für einen zeitlich begrenzten Zeitraum bewilligt worden ist, ist nämlich grundsätzlich § 426 Abs 2 SGB III anzuwenden, nach dem sich (ebenso wie nach der Parallelvorschrift des § 422 Abs 2 SGB III) die Verlängerung nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Verlängerung geltenden Vorschriften richtet. Dies bedeutet, dass bei einer Entscheidung über die Verlängerung nach dem 1. Januar 1998 die Verlängerung grundsätzlich nach der Neuregelung des SGB III zu beurteilen gewesen wäre. § 426 Abs 3 SGB III sieht insoweit - um unbeabsichtigte Härten zu vermeiden (BT-Drucks 13/8984, S 85) - vor, dass sich die Rückzahlungsverpflichtung, auch wenn die Förderung nach dem SGB III verlängert worden ist, nicht nach dem SGB III zu richten braucht, sondern nach den Vorschriften des AFG richten kann, sofern die Förderung nach § 97 AFG begonnen wurde (vgl dazu zutreffend Knickrehm, in GK-SGB III, § 426 RdNr 17).

Indem § 426 Abs 3 SGB III die grundsätzliche Anwendung des § 426 Abs 2 SGB III voraussetzt, unterstreicht diese Norm, dass der Gesetzgeber offensichtlich davon ausging, dass § 223 Abs 2 SGB III eine Vorschrift über "Leistungen" iS des § 426 Abs 1 SGB III enthält. Dementsprechend wird in der Literatur zu § 426 Abs 1 SGB III die Auffassung vertreten, dass diese Norm sich auf sämtliche Vorschriften des jeweils betroffenen Regelungsbereichs, also ggf auch auf in dem jeweiligen Regelungsbereich vorgesehene spezielle Vorschriften zur Rückabwicklung erstreckt, es sei denn, dass eine Sonderregelung geschaffen worden ist (Knickrehm, aaO, § 426 RdNr 4). Nichts anderes kann im Bereich der Parallelvorschrift des § 422 SGB III gelten.

Wie die allgemeine Übergangsregelung des § 422 Abs 1 SGB III aber selbst zum Ausdruck bringt, gilt sie nur "soweit nichts Abweichendes bestimmt ist". Nach der Systematik des SGB III sieht der Gesetzgeber in §§ 434 ff SGB III bei Gesetzesänderungen üblicherweise spezielle Übergangsvorschriften vor. Aus § 434 SGB III folgt aber, dass der Gesetzgeber des 2. SGB III-ÄndG gerade keine besondere Übergangsregelung zu § 223 Abs 2 SGB III nF normiert hat. Auch dies unterstreicht, dass bei Anwendung des § 422 SGB III die Rückzahlung des Eingliederungszuschusses nach § 223 Abs 2 SGB III aF zu erfolgen hatte. Etwas anderes kann auch nicht aus der Gesetzesbegründung zu § 223 Abs 2 SGB III nF hergeleitet werden. Der Gesetzgeber des 2. SGB III-ÄndG hat betont (BT-Drucks 14/873, S 10), dass die Neuregelungen insbesondere dazu beitragen sollten, die Arbeitsförderungsleistungen stärker auf Problemgruppen des Arbeitsmarkts auszurichten. Dies gelte insbesondere für ältere Arbeitslose, für die von Langzeitarbeitslosigkeit bedrohten Arbeitslosen und arbeitslose Frauen. Die Förderung durch Eingliederungszuschüsse für ältere Arbeitnehmer solle künftig bereits nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit möglich sein; zusätzliche Einstellungen und dauerhafte Beschäftigungsperspektiven seien auch von dem vorgesehenen Verzicht auf die Weiterbeschäftigungspflicht bzw Rückzahlungspflicht bei Zuschüssen zu erwarten. Speziell zu § 223 Abs 2 SGB III heißt es in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 14/873, S 16): "Die Neuregelung richtet die Nachbeschäftigungspflicht und die Rückforderung von Eingliederungszuschüssen stärker am Förderungszweck (Ausgleich von Minderleistungen) aus, begegnet Akzeptanzproblemen bei Arbeitgebern und bewirkt einen angemessenen Interessenausgleich". Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, die Änderung der Rückzahlungsbedingungen in § 223 Abs 2 SGB III könne ebenso wie die Änderung von Förderungsvoraussetzungen gleichermaßen diesem Gesetzeszweck dienen. Die vom Gesetzgeber bezweckten Einstellungsanreize können sich aber naturgemäß in Beschäftigungsfällen, die vor der Rechtsänderung begonnen haben, nicht mehr auswirken. Die Anreizfunktion, die mit einer entsprechenden Neugestaltung der Rückzahlungsvoraussetzungen verbunden ist, geht damit in den Fällen ins Leere, in denen es um die Rückforderung von Leistungen geht, die im Zusammenhang mit einer bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung bereits bestehenden Beschäftigung (bzw beendeten Beschäftigung) und zu den alten Förderungs- und Rückforderungsbedingungen bewilligt worden waren.

Im Hinblick auf das Ziel der Norm, Leistungen bzw Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung grundsätzlich einheitlich nach dem - alten - Recht durchzuführen, das bei Bewilligung der Leistungen bzw Maßnahmebeginn gegolten hat, ist die Regelung in § 422 Abs 1 SGB III, die die Anwendung dieses Rechts nur "bis zum Ende der Maßnahme oder der Leistung" vorsieht, ebenfalls in einem umfassenden Sinne auszulegen. Das alte Recht bleibt grundsätzlich für den gesamten Leistungs- bzw den gesamten Maßnahmezeitraum anwendbar. Dabei dürfte unter dem Ende der Maßnahme iS des § 422 SGB III das Ende des Beschäftigungszeitraums iS des § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III (Förderungszeitraum und daran anknüpfender Nachbeschäftigungszeitraum) zu verstehen sein. Wollte man demgegenüber für die Frage der Anwendbarkeit alten oder neuen Rechts auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten über die Rückforderung abstellen, könnte die Beklagte in dem (eher zu erwartenden) Fall einer Verschlechterung der Förderbedingungen bzw der Verschärfung der Rückzahlungsmodalitäten jeweils durch ein bloßes Zuwarten mit der Rückforderung die Anwendung neuen (für den Arbeitgeber ungünstigeren) Rechts herbeiführen. Dies würde dem Sinn der Regelung völlig widersprechen.

Da mithin die Voraussetzungen des § 422 Abs 1 Nr 2 und 3 SGB III für die Anwendung alten Rechts erfüllt sind und durch das 2. SGB III-ÄndG nichts Abweichendes bestimmt worden ist, war § 223 Abs 2 SGB III idF des AFRG auf die Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin anzuwenden (im Ergebnis ebenso Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, K § 223, RdNr 36). Die Reduzierung des Förderungsbetrags durch § 223 Abs 2 Satz 3 SGB III nF auf die Hälfte gilt daher für die Klägerin nicht.

Nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III aF ist der Eingliederungszuschuss nur dann nicht zurückzuzahlen, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Dies war hier nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG nicht der Fall.

Dementsprechend war das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern und die Klage der Klägerin insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 4 SGG in der bis 1. Januar 2002 geltenden Fassung (BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 12/01 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl auch Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, RdNr 1 zu § 197a SGG).
Rechtskraft
Aus
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