L 11 KA 266/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 KA 73/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 266/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.11.2001 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Teilnahme an der seit dem 01.07.1997 geltenden Vereinbarung über die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten (Schmerztherapie-Vereinbarung).

Nach seiner Approbation im Jahre 1985 war der Kläger zunächst an der Universitätsklinik E in den Bereichen Anästhesie und experimentelle Chirurgie tätig und arbeitete sodann zur Vervollständigung seiner chirurgischen Kenntnisse am N-hospital in E. Vor Abschluss der chirurgischen Facharztausbildung wechselte er ins orthopädische Fach und legte nach Tätigkeiten an Krankenhäusern in N und S am 30.08.1995 die orthopädische Facharztprüfung ab. Anschließend war er bis zum 31.01.1996 an der Orthopädischen Klinik des Evangelischen Fachkrankenhauses S zwecks Erwerbs der Zusatzbezeichnung "Physikalische Medizin" beschäftigt. Vom 01.02.1996 bis zum 14.07.1996 arbeitete er als Ober-, danach bis zum 30.04.1998 als Chefarzt der orthopädischen Abteilung an der Reha-Klinik C (jetzt: N1-Klinik). In dieser Zeit erwarb er zunächst, d.h. unter anderem aufgrund seiner dortigen Tätigkeit bis zum 31.01.1997, die Zusatzbezeichnung "Sozialmedizin". Die Klinik führte überwiegend stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahmen für die Indikationen entzündlich-rheumatische und degenerativ-rheumatische Erkrankungen sowie Zustand nach Operationen und Unfallfolgen an den Bewegungsorganen durch. Sie verfügte neben dem orthopädischen über einen internistischen und einen neurologischen Chefarzt. Auf Veranlassung und unter Leitung des Klägers wurden während seiner Tätigkeit Strukturen zur schmerztherapeutischen Versorgung der Patienten etabliert. Die Mitarbeiter der orthopädischen Klinik behandelten in diesem Zusammenhang auch Patienten der anderen beiden Bereiche schmerztherapeutisch und aufgrund eines interdisziplinären Ansatzes. Dabei fanden regelmäßig vom Kläger geleitete Schmerzkonferenzen statt. Im Anschluss an seine Tätigkeit in C war der Kläger ein halbes Jahr an der Reha-Klinik C1 beschäftigt. Seit dem 01.01.1999 ist er als Orthopäde in X niedergelassen und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er besitzt die Befugnis der Ärztekammer Niedersachsen, die Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" zu führen (Bescheid vom 07.07.1999).

Seinem am 26.07.1999 gestellten Antrag auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung legte der Kläger u.a. ein Zeugnis des Ärztlichen Direktors der N1-Klinik, Dr. I bei, in dessen Anlage die Anwendung von schmerztherapeutischen Untersuchungs- und Behandlungsverfahren bei mindestens 80 Patienten, die Erhebung standardisierter Schmerzanamnesen in 150 und Schmerzanalysen in 110 Fällen bescheinigt werden. Außerdem legte er Weiterbildungsbescheinigungen vor. Mit Bescheid vom 02.12.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger weder Nachweise über die Teilnahme an der interdisziplinären Schmerzkonferenz (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 Schmerztherapie-Vereinbarung) bzw. algesiologischen Fortbildungsveranstaltungen (§ 4 Abs. 1 Nr. 7 Schmerztherapie-Vereinbarung) noch die gemäß § 3 Abs. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung erforderlichen 50 Falldokumentationen vorgelegt habe.

Mit der Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (SG) hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Befugnis zum Führen der Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" berechtige ihn zwangsläufig auch zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung. Soweit die Partner des Bundesmantelvertrages weiter gehende Anforderungen aufstellten, liege darin ein unangemessener Eingriff in die Freiheit seiner Berufsausübung. Das Erfordernis der 50 Falldokumentationen sei durch das Zeugnis von Dr. I erfüllt. Es sei ihm angesichts seiner nachgewiesenen Qualifikationen nicht zuzumuten, die Akten der von 1996 bis 1998 behandelten Patienten herauszusuchen und vorzulegen. Darüber hinaus hat der Kläger Bescheinigungen des Klinikums X GmbH über eine monatliche Teilnahme an der dortigen interdisziplinären Schmerzkonferenz mit persönlicher Patientenvorstellung im Jahr 2000 überreicht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2000 zu verurteilen, ihm die Genehmigung zur Teilnahme an der Vereinbarung über die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten zu erteilen,
hilfsweise,
ihm die Teilnahme an der Schmerztherapievereinbarung gem. § 1 Abs. 2 letzter Halbsatz der Schmerztherapievereinbarung einzuräumen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Das Zeugnis von Dr. I nebst Anlage belege nicht, wie von § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 8 Schmerztherapie-Vereinbarung gefordert, ausführliche Dokumentationen jedes einzelnen Behandlungsfalles. Aus der Befugnis zum Führen der Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" folge nicht das Recht zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung.

Mit Urteil vom 07.11.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Weder habe der Kläger die nach § 3 Abs. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung erforderlichen Falldokumentationen vorgelegt, noch seine Teilnahme an den monatlichen interdisziplinären Schmerzkonferenzen durch ein Zeugnis des Leiters der Fortbildungsstätte nachgewiesen (§ 3 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung). Der auf § 1 Abs. 2 Satz 2 Schmerztherapie-Vereinbarung gestützte Hilfsantrag könne keinen Erfolg haben, da der Kläger kein ermächtigter Arzt sei und daher nicht zum Adressatenkreis dieser Bestimmung gehöre.

Mit der Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Er legt weitere Bescheinigungen über die Teilnahme an der interdisziplinären Schmerzkonferenz des Klinikums X vor und überreicht 50 Schmerzanamnese-Bögen. Außerdem verweist er darauf, dass zwischenzeitlich auch die Ärztekammer Nordrhein die Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" anerkenne.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.11.2001 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2000 zu verurteilen, ihm die Genehmigung zur Teilnahme an der Vereinbarung über die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten zu erteilen,
hilfsweise,
ihm die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung gemäß § 1 Abs. 2 letzter Halbsatz der Schmerztherapie-Vereinbarung einzuräumen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und sieht sich außer Stande, dem Kläger im Hinblick auf etwaige Besonderheiten des Einzelfalls abweichend von den Bestimmungen der Schmerztherapie-Vereinbarung eine Teilnahmegenehmigung zu erteilen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 22.01.2003 Bezug genommen. Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Ärztekammer Niedersachsen sind beigezogen und mit den Beteiligten in diesem Erörterungstermin inhaltlich besprochen worden. Die Beteiligten haben sich im Anschluss an den Erörterungstermin mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt und auf die Ankündigung dieser Entscheidung mit Verfügung vom 04.05.2003 keine Einwände erhoben.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter (§ 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung.

Der Kläger ist zunächst in seiner Eigenschaft als in freier Praxis niedergelassener Vertragsarzt nicht berechtigt, an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilzunehmen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Schmerztherapie-Vereinbarung). Denn er hat die in § 3 Schmerztherapie-Vereinbarung aufgeführten Voraussetzungen nicht nachgewiesen und erfüllt auch nicht die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift in § 10 Schmerztherapie-Vereinbarung.

Diese Voraussetzungen sind nicht schon deshalb erfüllt anzusehen, weil der Kläger die Bezeichnung "spezielle Schmerztherapie" führt und diese, worauf er zutreffend hingewiesen hat, inzwischen auch von der Ärztekammer Nordrhein anerkannt ist. Denn die Schmerztherapie-Vereinbarung lässt an keiner Stelle eine Privilegierung der Ärzte mit dieser Zusatzbezeichung erkennen. Auf Qualifikationen nach dem Weiterbildungsrecht hebt sie vielmehr nur in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ab, wonach die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung für ein klinisches Fach erforderlich ist. Dem lässt sich im Umkehrschluss entnehmen, dass alle Ärzte, die eine Gebietsbezeichnung führen, ungeachtet weiterer Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen dieselben Anforderungen erfüllen müssen. Mit Hilfe von Nachweisen, die zur Berechtigung der Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" geführt haben, können die Voraussetzungen der Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung daher nur dann belegt werden, wenn sie die dort genannten speziellen Bedingungen vollständig erfüllen. Das ist hier jedoch gerade nicht der Fall.

Zunächst hat der Kläger nicht im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung eine zwölfmonatige Tätigkeit in einer qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte absolviert.

Auch hiervon kann nicht bereits aufgrund der Erlaubnis zum Führen der Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" ausgegangen werde, und zwar unabhängig davon, ob bzw. inwieweit die entsprechende Entscheidung der Ärztekammer Niedersachsen im Verhältnis zur Beklagten Bindungswirkung entfaltet. Die zum Erwerb der Zusatzbezeichnung erforderliche Voraussetzung der 12monatigen ganztägigen Weiterbildung an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 8 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen (WBO NDS) entspricht nämlich nicht in allen Punkten den Anforderungen die von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung an eine qualifizierte interdisziplinäre Fortbildungsstätte gestellt werden. Nach § 8 Abs. 1 WBO NDS, der laut einer vom Senat eingeholten Auskunft der Ärztekammer Niedersachsen im fraglichen Zeitraum unverändert gegolten hat, war lediglich die Tätigkeit in einem Universitätszentrum, einer Universitätsklinik oder sonstigen zugelassenen Einrichtung erforderlich. Spezielle Anforderungen, wie sie in §§ 1 Abs. 3 und 4, 2 Schmerztherapie-Vereinbarung aufgeführt sind, musste die Weiterbildungsstätte dagegen nicht erfüllen.

Ob in der Reha-Klinik C "überwiegend" Patient(inn)en im Sinne von § 1 Abs. 3 oder 4 Schmerztherapie-Vereinbarung unter den Voraussetzungen des § 2 Schmerztherapie-Vereinbarung behandelt worden sind, kann dahingestellt bleiben.

Denn zum einen hat die Reha-Klinik, während der Kläger dort tätig war, die an eine solche Fortbildungsstätte zu stellenden Anforderungen nicht entsprochen. In Übereinstimmung mit dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25.04.2001 - Az L 12 KA 76/99 -, das mit den Beteiligten im Erörterungstermin besprochen worden ist, geht der Senat vielmehr davon aus, dass eine solche Fortbildungsstätte eine eigene Abteilung bzw. organisatorische Einheit besitzen muss, die für mehrere Fachgebiete für die Schmerzbehandlung zur Verfügung steht. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mehrerer Abteilungen reicht hierfür auch dann nicht aus, wenn sie unter der Federführung des Leiters einer dieser Abteilungen erfolgt, hier des Chefarztes der Orthopädischen Klinik. Ebenso wenig genügt es, wenn die betreffende Abteilung die Patient(inn)en anderer Klinik teilweise unter schmerztherapeutischen Gesichtspunkten mitbehandelt. Erforderlich ist vielmehr, dass die gesamte schmerztherapeutische Behandlung in einer organisatorisch verselbstständigten Einheit stattfindet. Nur dann ist nämlich gewährleistet, dass die Voraussetzungen des § 2 Schmerztherapie-Vereinbarung, der auf eine umfassende Begleitung der Schmerzpatient(inn)en abhebt, in der Fortbildungsstätte und damit "aus einer Hand" erfolgt. Das ist in der Reha-Klinik jedoch nicht der Fall gewesen. Vielmehr ist die Einheitlichkeit der Behandlung in den Einzelkliniken nach Auskunft des Klägers lediglich im Rahmen der Schmerzkonferenzen hergestellt und in der Orthopädischen Klinik nur eine Mitbehandlung durchgeführt worden.

Zum anderen müssen der Leiter der Fortbildungsstätte und der in ihr im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung tätige Arzt personenverschieden sein. Das ergibt sich aus § 3 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung, wonach ein vom Leiter der Fortbildungsstätte ausgestelltes Zeugnis erforderlich ist. Der Kläger hat demgegenüber im Erörterungstermin vom 22.01.2003 eingehend dargelegt, dass er die Strukturen der Schmerztherapie in der Reha-Klinik selbstständig etabliert und geleitet hat. Ohne dass hiermit seine Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der Schmerztherapie auch nur ansatzweise in Frage gestellt würden, entspricht diese Konstruktion nicht dem § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung implizit zugrunde liegende Ausbildungsgedanken.

Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren keine Dokumentationen vorgelegt, die den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung genügen. Wiederum kann nicht schon aufgrund der Berechtigung zum Führen der Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" angenommen werden, dass er diese Voraussetzung erfüllt hat. Nach Abschn. 21 der Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung zur WBO NDS müssen für den Erwerb der Zusatzbezeichnung lediglich "standardisierte Dokumentationen des schmerztherapeutischen Behandlungsverlaufes bei 50 Patienten" vorgelegt werden. Hierüber gehen die Anforderungen des § 2 Nr. 8 Schmerztherapie-Vereinbarung, wonach ausführliche Dokumentationen einschließlich standardisierter Anamnese und Behandlungsverlauf mit Angaben zu Art und Schwere der Erkrankung, psychosomatischen Auswirkungen und Verlauf, therapeutischen Maßnahmen und Verlaufskontrolle nach standardisierten Verfahren, jedoch weit hinaus. Diesen Anforderungen genügende Falldokumentationen hat der Kläger unverändert nicht vorgelegt. Dies kann der Senat beurteilen, ohne dass die Beklagte noch eine entsprechende Stellungnahme abgeben müsste. Denn der Kläger hat sich auf die Vorlage standardsisierter Anamnesen beschränkt. Eine Dokumentation des Behandlungsverlaufs unter Einschluss der Verlaufskontrolle nach standardisierten Verfahren fehlt dagegen vollständig.

Schließlich hat der Kläger auch kein Zeugnis des Leiters der Fortbildungsstätte gemäß § 3 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung vorgelegt. Aus den bereits dargelegten Gründen scheidet hierfür die Bescheinigung von Dr. I aus.

Ebenso wenig kann der Kläger die erstrebte Genehmigung aufgrund der in § 10 Schmerztherapie-Vereinbarung enthaltenen Übergangsbestimmungen beanspruchen.

Nach § 10 Abs. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung behalten Ärzte die Berechtigung zur Kostenerstattung, wenn sie bereits aufgrund der Schmerztherapie-Vereinbarung vom 09.09.1994 die Kostenerstattung in Anspruch genommen haben und die Erfüllung der Voraussetzungen nach §§ 4, 5 Schmerztherapie-Vereinbarung bis zum 01.07.1998 nachweisen. Auf diese Vorschrift kann sich der Kläger schon deshalb nicht stützen, weil er an der Schmerztherapie-Vereinbarung 1994 nicht teilgenommen und daher auch keinen Besitzstand aufgebaut hat, der durch § 10 Abs. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung bestimmungsgemäß geschützt werden könnte.

Auch die in § 10 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung genannten Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Zum einen hat er - unbeschadet der Frage, ob die von ihm vorgelegten Dokumentationen den Anforderungen des § 2 Nr. 8 Schmerztherapie-Vereinbarung genügen - nur 50 statt der in § 10 Abs. 3 Nr. 1 Schmerztherapie-Vereinbarung geforderten 100 Dokumentationen vorgelegt. Zum anderen ist dies auch nicht innerhalb der Übergangsfrist von einem Jahr ab Inkrafttreten der Schmerztherapie-Vereinbarung, d.h. bis zum 30.06.1998 geschehen. Auch die erfolgreiche Teilnahme an einem Kolloquium gemäß den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung) hat der Kläger gegenüber der Beklagten nicht bis zum 30.06.1998 nachgewiesen.

Ohne Erfolg begehrt der Kläger schließlich mit dem Hilfsantrag das Recht zur befristeten Teilnahme gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Schmerztherapie-Vereinbarung. Denn er gehört nicht zu dem von dieser Vorschrift erfassten Personenkreis. Während grundsätzlich zur Teilnahme nur Vertragsärzte oder gemäß § 311 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassene Einrichtungen berechtigt sind (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Schmerztherapie-Vereinbarung), besteht für den Fall einer Versorgungslücke die Möglichkeit der befristeten Teilnahme auch für ermächtigte Ärzte und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Schmerztherapie-Vereinbarung). Die Vereinbarung greift damit die allgemein im Vertragsarztrecht übliche Differenzierung zwischen zugelassenen und ermächtigten Ärzten sowie ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen auf (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und macht die Teilnahme der Letztgenannten, ebenso wie z.B. §§ 116 Satz 2 SGB V, 31 Abs. 1 Buchst. a) Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, vom Bestehen eines Sicherstellungsbedarfs abhängig. Da der Kläger jedoch zugelassener Vertragsarzt ist, kann er die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung mithin nur über § 1 Abs. 2 Satz 1 erreichen. Unabhängig davon gelten § 3, 10 Schmerztherapie-Vereinbarung, deren Regelungen dem Teilnahmewunsch des Klägers entgegenstehen, aber unterschiedslos für Vertragsärzte, ermächtigte Ärzte und ärztliche Leiter ermächtigter Einrichtungen, sodass der Kläger auch als ermächtigter Arzt nicht zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung berechtigt wäre.

Grundrechte des Klägers werden durch den Ausschluss von der Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht verletzt.

§§ 3, 10 Schmerztherapie-Vereinbarung enthalten eine Berufsausübungsregelung im Sinne von Art 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG), die einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten (im Ergebnis ebenso bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.11.2002 - L 10 KA 31/02):

Nach ständiger Rechtsprechung liegt statt einer Berufsausübungsregelung ein Eingriff in den Zulassungsstatus mit dem Schweregrad einer Berufswahlregelung nur dann vor, wenn eine Regelung den Arzt von der Berechnungsfähigkeit solcher Leistungen ausschließt, die sein Fachgebiet wesentlich prägen und ohne die er es nicht vollwertig ausüben kann (vgl. BSG, Urt. v. 20.01.1999 - B 6 KA 23/98 R - SozR 3-2500 § 72 Nr. 8; Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 12/99 R - SozR 3-2500 § 72 Nr. 11; Urt. v. 06.09.2000 - B 6 KA 36/99 R - SozR 3-2500 § 135 Nr. 16; Urt. v. 31.01.2001 - B 6 KA 24/00 R - SozR 3-2500 § 135 Nr. 16; Urt. v. 15.05.2002 - B 6 KA 22/01 R - SozR 3-2500 § 72 Nr. 14). Dabei kommt es nicht etwa auf den Zuschnitt der einzelnen Arztpraxis an, sondern die typische Praxis eines Arztes mit entsprechender Gebietsbezeichnung. Eine typische orthopädische Praxis kann jedoch auch ohne die Teilnahme an der Schmerztherapievereinbarung vollwertig betrieben werden. Die Teilnahme hieran ist nämlich nicht etwa Voraussetzung für die Erbringung bestimmter Leistungen, sondern sie ermöglicht nur deren spezielle Abrechnung. Entsprechend der Empfehlung der Parteien der Vereinbarung sollen danach für den zusätzlichen Aufwand bei der Erhebung und Dokumentation der Patientendaten im Zusammenhang mit der Durchführung einer Schmerzanalyse und der differentialdiagnostischen Abklärung der Schmerzkrankheit sowie die Aufstellung eines inhaltlich und zeitlich gestuften Therapieplans einmal im Krankheitsfall 81,81 EUR und für den zusätzlichen Behandlungsaufwand je Behandlungsfall 61,36 EUR gezahlt werden (Empfehlungsvereinbarung in der Fassung vom 13.08.2001). Ebenso hängt von der Teilnahme gegebenenfalls der Anspruch auf das bedarfsabhängige Zusatzbudget "Schmerztherapie" ab (Abschn. A I. Teil B Ziff. 4.2 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen). Die Versagung der Teilnahmegenehmigung führt für den betroffenen Arzt daher nicht zum Ausschluss von einem sein Fachgebiet prägenden Marktsegment, sondern reduziert lediglich die Möglichkeit, in diesem Segment einen höheren Umsatz zu erwirtschaften.

Die Partner der Schmerztherapie-Vereinbarung sind nach § 72 Abs. 2 i.V.m. § 82 Abs. 1 SGB V berechtigt, qualitätssichernde Regelungen wie diejenigen in §§ 3, 10 Schmerztherapie-Vereinbarung zu treffen (vgl. im Einzelnen BSG, Urt. v. 20.01.1999 und 08.03.2000 a.a.O.). Hierzu gehören auch Bestimmungen, welche die Abrechnung schmerztherapeutischer Komplex- oder Betreuungsleistungen solchen Ärzten vorbehalten, die von ihrer theoretischen Qualifikation her die von den Vertragspartnern für erforderlichen gehaltenen Standards erfüllen. Sie dienen damit dem Ziel des Gesundheitsschutzes, einem Gemeinwohlbelang von hohem Gewicht.

Die in der Schmerztherapie-Vereinbarung genannten Anforderungen verstoßen weder allgemein noch bezogen auf den Kläger gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit.

Da es vorrangig Aufgabe der Parteien der Bundesmantelverträge und der Gesamtverträge ist zu entscheiden, welche Maßnahmen im Interesse des Gemeinwohls zur Qualitätssicherung erforderlich sind, beschränkt sich die gerichtliche Prüfung darauf, ob die Regelung zum Erreichen des angestrebten Gemeinwohlziels schlechterdings ungeeignet, offensichtlich nicht erforderlich oder selbst bei Anerkennung eines Beurteilungsspielraums unangemessen ist (vgl. BSG, Urt. v. 18.03.1998 - B 6 KA 37/96 R - BSGE 82, 41, 44 - und B 6 KA 23/97 R - BSGE 82, 55, 60 f.; vgl. außerdem BSG, Urt. v. 20.01.1999 und 08.03.2000 a.a.O.).

Dass die Regelungen in §§ 3, 10 Schmerztherapie-Vereinbarung zur Erreichung des mit ihnen erstrebten Ziels der Qualitätssicherung nicht ungeeignet sind, bedarf dabei keiner näheren Darlegung. Ebenso wenig sind sie offensichtlich nicht erforderlich. Insbesondere waren die vertragschließenden Parteien nicht gezwungen, alle diejenigen Ärzte zur Teilnahme zuzulassen, die nach Landesrecht die Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" führen dürfen. Weiterbildungsrecht und bundesmantelvertragliche Regelungen stehen insoweit nicht in einem unauflösbaren Zusammenhang. Das Weiterbildungsrecht legt nur fest, welche ärztlichen Leistungen der einzelne Vertragsarzt erbringen darf bzw. muss (vgl. § 41 Abs. 1 des Heilberufsgesetzes Nordrhein-Westfalen). Eine Bindung für die Abrechenbarkeit dieser Leistungen entsteht hieraus durch die Fachgebietsgrenzen nur insoweit, als Vertragsärzte fachfremde Leistungen nicht erbringen und allein aus diesem Grunde auch nicht abrechnen dürfen. Umgekehrt gibt es jedoch keine Verpflichtung des Bewertungsausschusses oder der Partner des Bundesmantelvertrages, allen Ärzten mit gleicher Gebiets-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung ohne Ansehen weiterer Voraussetzungen zwingend gleichen Zugang zur Teilnahme an bestimmten Vereinbarungen zu ermöglichen. Vielmehr obliegt es dem Beurteilungsspielraum der Vertragspartner, ob sie an Vorgaben des Weiterbildungsrechts anknüpfen (wie in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Schmerztherapie-Vereinbarung) oder eigenständig Qualifikationsanforderungen formulieren (wie in §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3, 10 Abs. 2 und 3 Schmerztherapie-Vereinbarung).

Hieraus entsteht auch keine unangemessene Benachteiligung der betroffenen Ärzte und in Sonderheit des Klägers.

Die Schmerztherapie-Vereinbarung schließt keinen Vertragsarzt auf Dauer von der Teilnahmeberechtigung aus. Vielmehr bleibt es grundsätzlich jedem Arzt überlassen, die Teilnahmevoraussetzungen herbeizuführen. Gewiss stellt dies für solche Ärzte, die bereits in freier Praxis niedergelassen sind, vor allem im Hinblick auf das in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung geregelte Erfordernis der zwölfmonatigen Tätigkeit in einer Fortbildungsstätte eine faktisch erhebliche Hürde dar. Die Partner der Schmerztherapie-Vereinbarung waren jedoch vor dem Hintergrund des bei jeder Normgebung bestehenden Gestaltungs- und Typisierungsspielraums nicht gehalten, für jedes individuelle Zugangserschwernis teilnahmeerleichternde Ausnahmetatbestände zu schaffen.

Die bestehenden Übergangsvorschriften lassen einen Missbrauch dieses Spielraums nicht erkennen. Vielmehr ist zum einen dem gewachsenen Besitzstand der bereits an der Schmerztherapie-Vereinbarung 1994 beteiligten Ärzte durch § 10 Abs. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung angemessen Rechnung getragen worden. Für anderweitig schmerztherapeutisch tätige Ärzte ist eine Übergangsregelung von einem Jahr zum Nachweis der Qualifikationsvoraussetzungen geschaffen worden (§ 10 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung). Dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllen konnte, weil er vorübergehend noch in der Reha-Klinik C1 tätig war und sich erst zum 01.01.1999 als Vertragsarzt niedergelassen hat, beruht auf seiner freien, ihm zuzurechnenden beruflichen und unternehmerischen Entscheidung. Eine weitergehende Verfeinerung der Übergangsbestimmungen im Rahmen der Schmerztherapie-Vereinbarung für derartige Fallgestaltungen war jedenfalls nicht veranlasst.

Aus den genannten Gründen liegt auch kein Verstoß gegen den in Art 3 Abs. 1 GG geregelten Gleichheitssatz dahingehend vor, dass §§ 3, 10 Schmerztherapie-Vereinbarung den nicht von ihnen erfassten Ärzten die Teilnahmeberechtigung sachwidrig verwehrten. Vielmehr beinhalten die aufgestellten Qualifikationsanforderungen einleuchtende und sachgerechte Differenzierungskriterien.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung. Anlass, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), besteht nicht. In Bezug auf die Schmerztherapie-Vereinbarung wirft der Fall keine Auslegungsfragen auf, die grundsätzlich klärungsbedürftig wären. Die angesprochenen verfassungsrechtlichen Probleme sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden worden. Im Übrigen handelt es sich um Fragen der Rechtsanwendung im Einzelfall.
Rechtskraft
Aus
Saved