L 11 KA 117/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KA 124/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 117/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 51/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05.04.2001 abgeändert. Die Bescheide der Beklagten vom 29.10.1999 und 25.01.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2000 werden aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind sachlich-rechnerische Berichtigungen in den Quartalen II und III/1999, und zwar die Umwandlung der Nrn. 5409 und 5410 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) in die Nr. 5411 EBM-Ä und die Streichung der Nr. 5467 EBM-Ä.

Mit den Nrn. 5409 bis 5411 EBM-Ä wird die szintigrafische Untersuchung des Herzmuskels erfasst. Bis zum 30.09.1994 enthielten die Leistungslegenden den Zusatz "mit myokardaffinen radioaktiv markierten Substanzen", wobei Nr. 5410 EBM-Ä die Untersuchung in Ruhe und Nr. 5411 EBM-Ä die Untersuchung unter Belastung und in Ruhe erfasste. Zum 01.10.1994 wurde mit Nr. 5409 EBM-Ä ein neuer Tatbestand für die Untersuchung unter Belastung eingeführt. Nach dem ausdrücklichen Zusatz hinter Nr. 5411 EBM-Ä waren die Leistungen nicht nebeneinander berechnungsfähig. Vom 01.01.1996 bis zum 30.06.1996 konnte die Untersuchung in Ruhe und/oder unter Stufenbelastung allein nach Nr. 5408 EBM-Ä abgerechnet werden. Vom 01.07.1996 bis zum 31.12.1998 regelten Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä die Untersuchung mit 99 mTc-markierten Perfusionsmarkern, wobei Nr. 5409 EBM-Ä die Ruhe- und Nr. 5410 EBM-Ä die Belastungsuntersuchung betraf. Dagegen erfasste Nr. 5411 EBM-Ä die Untersuchung mit myokardaffinem, radioaktivem Thallium in Ruhe und unter Stufenbelastung. Seit dem 01.01.1999 regeln die Nrn. 5409 bis 5411 EBM-Ä die Untersuchung mit myokardaffinen Perfusionsmarkern, wobei Nr. 5409 EBM-Ä die Untersuchung unter Stufenbelastung, Nr. 5410 EBM-Ä die Untersuchung in Ruhe und Nr. 5411 EBM-Ä die Untersuchung in Ruhe und unter Stufenbelastung betrifft. Seit dem 01.07.1996 bestimmt der Zusatz hinter Nr. 5411 EBM-Ä: "Die Leistungen nach den Nrn. 5409 und 5410 sind an demselben Tag nicht nebeneinander berechnungsfähig. Die Leistungen nach Nrn. 5409 und 5410 sind nicht neben einer Leistung nach Nr. 5411 berechnungsfähig." Soweit die Leistungen differenziert aufgeführt waren, war die Leistung nach Nr. 5409 EBM-Ä in den zitierten Fassung jeweils mit 3.500, Nr. 5410 EBM-Ä mit 2.500 und Nr. 5411 EBM-Ä mit 4.650 Punkten bewertet. Im gesamten Zeitraum erfasste die Nr. 5467 EBM-Ä den "Zuschlag für die Single-Photonen-Emissions-Computertomographie (SPECT) als Schnittbildtechnik in drei Ebenen" und war mit 2.300 Punkten bewertet. Sie war mit dem Zusatz "Der Zuschlag nach Nr. 5467 ist zusätzlich zu einer anderen Leistungsposition nur einmal berechnungsfähig" versehen.

Die Klägerin ist als Fachärztin für Nuklearmedizin in D niedergelassen und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung Teil. Bei der szintigrafischen Untersuchung des Herzmuskels wandte sie in den Streitquartalen jeweils das sog. Zwei-Tages-Protokoll an. Danach wird die Untersuchung unter Belastung an einem Tag und die Untersuchung in Ruhe üblicherweise im Abstand von einem, unter Umständen jedoch auch mehrerer Werktage durchgeführt. Hierfür setzte die Klägerin im Quartal II/1999 in 72 und im Quartal III/1999 in 54 Fällen jeweils die Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä an und für jeden Ansatz zusätzlich die Nr. 5467 EBM-Ä. Hiervon kürzte die Beklagte jeweils die Nr. 5409 EBM-Ä sowie pro Fall einen Ansatz der Nr. 5467 EBM-Ä, während sie die Nr. 5410 EBM-Ä in die Nr. 5411 EBM-Ä umwandelte (Bescheide vom 29.10.1999 und 25.01.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2000).

Mit der Klage zum Sozialgericht Dortmund (SG) hat die Klägerin vorgetragen: Die Leistungen nach Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä seien nebeneinander ansetzbar, weil sie nicht an einem Tag erbracht worden seien. Nur hierauf komme es nach der Leistungslegende an. Dem könne die Beklagte nicht entgegenhalten, dass beide Leistungen Teil der Leistungslegende nach Nr. 5411 EBM-Ä seien. Denn die zeitliche Trennung der Leistungen sei medizinisch notwendig. Im Gegensatz zum früher im Rahmen des Ein-Tages-Protokolls eingesetzten Thallium verwende sie nunmehr einen Technecium-markierten Perfusionsmarker, der eine schonende, auf zwei Tage verteilte Untersuchung ermögliche. Hierdurch reduziere sich der Aufenthalt der Patienten in der Praxis von früher vier bis fünf auf nunmehr insgesamt nur noch zweieinhalb Stunden. Zudem sei die Strahlenbelastung im Verhältnis zum Ein-Tages-Protokoll sowohl mit Thallium als auch mit Technecium geringer. Der Ansatz von Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä sei auch aus wirtschaftlichen Gründen geboten, da beim Ein-Tages-Protokoll eine höhere Menge Technecium benötigt werde als beim Zwei-Tages-Protokoll. Da mithin beide Leistungsziffern angesetzt werden könnten, falle auch zweimal die Nr. 5467 EBM-Ä an.

Die Klägerin hat beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 29.10.1999 und 25.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2000 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ebenso wie die beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung vorgetragen: Nr. 5411 EBM-Ä sei auch bei einem zeitlichen Auseinanderfallen der Untersuchungen anzusetzen. Denn die Leistungsziffer enthalte keinen Hinweis darauf, wieviel Zeit zwischen den Untersuchungen vergehen dürfe. Mit dem Zusatz, die Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä dürften nicht an einem Tag angesetzt werden, habe der Bewertungsausschuss ausdrücken wollen, dass bei einer Kombinationsuntersuchung immer nur Nr. 5411 EBM-Ä abrechnungsfähig sei. Neben dieser könnten die Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä jedoch nicht angesetzt werden, weil der Berechnungsausschluss "nebeneinander" im Sprachgebrauch des EBM-Ä immer alle Ansätze im Rahmen einer Konsultation meine. Dass nunmehr zur Umgehung der genannten Ausschlüsse die Untersuchungen zeitlich auseinander gezogen würden, habe der Bewertungsausschuss nicht vorhersehen können. Vielmehr sei die Nr. 5409 EBM-Ä gerade auf Betreiben des Bundesverbandes der Nuklearmediziner geschaffen worden, der darauf hingewiesen habe, dass gelegentlich nur eine Belastungsuntersuchung notwendig sei und durchgeführt werde, für die es einen gesonderten Abrechnungstatbestand geben müsse.

Mit Urteil vom 05.04.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Nr. 5411 EBM-Ä sei immer dann anzuwenden, wenn die Erbringung des Leistungskomplexes (Untersuchung in Belastung und in Ruhe) von vornherein feststehe. Dieses Verständnis trage dem Gebot Rechnung, ärztliche Leistungen im EBM-Ä in Leistungskomplexen zusammenzufassen. Hiervon sei der Bewertungsausschuss durch die Schaffung von Einzeltatbeständen ab dem 01.07.1996 nicht abgerückt. Vielmehr habe er nur der Möglichkeit Rechnung getragen, dass im Einzelfall nur eine der beiden Untersuchungen notwendig sein könne. In dieser Auslegung sei Nr. 5411 EBM-Ä rechtmäßig. Zwar sei nicht auszuschließen, dass sie wieder zu einem verstärkten Einsatz von Thallium und damit einer für die Versicherten höheren Strahlenbelastung führe. Die Kammer halte diese jedoch nicht für unzumutbar. Im Hinblick hierauf erweise sich auch die Streichung der Nr. 5467 EBM-Ä als rechtmäßig.

Mit ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, das SG habe die streitigen Gebührentatbestände zu Unrecht teleologisch ausgelegt statt sich an ihrem Wortlaut zu orientieren. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass Nr. 5411 EBM-Ä ursprünglich ersichtlich auf das Ein-Tages-Protokoll mit Thallium zugeschnitten gewesen sei. Hieran habe sich durch die Neufassung nichts geändert.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05.04.2001 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält ebenso wie die Beigeladene das Urteil des SG für im Ergebnis zutreffend.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, weil sie mit der ordnungsgemäßen Terminsbenachrichtigung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Die Klägerin durfte bei Anwendung des Zwei-Tages-Protokolls die Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä nebeneinander ansetzen und für jeden dieser Ansätze zusätzlich die Nr. 5467 EBM-Ä.

Der Senat folgt für die Auslegung der Gebührentatbestände des EBM-Ä den vom BSG in ständiger Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen. Danach ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Vertragspartner der vertragsärztlichen Versorgung durch den Bewertungsausschuss den Wortlaut des EBM-Ä im Wege des Ausgleichs ihrer unterschiedlichen Standpunkte und Interessen vereinbart haben und dass es vorrangig ihre Sache ist, einen unklaren oder in der Praxis missverstandenen Wortlaut zu ändern oder zu präzisieren. Dementsprechend haben sich die Gerichte in erster Linie an den Wortlaut der maßgeblichen Bestimmung zu halten. Eine systematische Interpretation dürfen sie nur im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührentatbeständen vornehmen. Eine ausdehnende, an Sinn und Zweck orientierte, Auslegung der Leistungsbeschreibungen oder -bewertungen ist demgegenüber unzulässig (BSG, SozR 3-5533 Nr. 100 Nr. 1; SozR 3-5533 Nr. 75 Nr. 1; SozR 3-5533 Nr. 2449 Nr. 1 m.w.N).

Gemessen daran, sind zunächst die Leistungsbeschreibungen der Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä in allen betroffenen Fällen dem Wortlaut nach in vollem Umfang erfüllt. Die Klägerin hat bei den Versicherten jeweils eine szintigrafische Untersuchung des Herzmuskels mit myokardaffinen, Technecium-markierten Perfusionsmarkern unter Belastung und eine entsprechende Untersuchung in Ruhe durchgeführt.

Den damit an und für sich möglichen Ansatz beider Gebührenziffern hat der Bewertungsausschuss nicht wirksam ausgeschlossen.

Er scheitert nicht schon an dem Zusatz, wonach beide Leistungen nicht an demselben Tag nebeneinander berechnungsfähig sind. Denn die Klägerin hat sie an verschiedenen Tagen erbracht. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig, ergibt sich aber auch aus den vorliegenden Behandlungsscheinen.

Ebenso wenig ist die Abrechnung von Nrn. 5409 oder 5410 EBM-Ä neben Nr. 5411 EBM-Ä nach der allgemeinen Regelung in Abschn. A.I. Teil A Nr. 1 Satz 2 EBM-Ä ausgeschlossen, wonach eine Leistung dann nicht neben oder anstelle einer anderen Leistung berechnet werden kann, wenn sie Teil des Leistungsinhalts der anderen Leistung oder eines Leistungskomplexes ist. Denn das Verhältnis von Nrn. 5409 bis 5411 EBM-Ä zueinander ist durch die gesonderten Zusätze nach den Leistungsziffern geregelt. Es bestehen keine Anhaltspunkte anzunehmen, dass diese Regelungen nicht abschließend sein sollen. Damit gehen sie den allgemeinen Vorschriften nach dem Prinzip des Vorrangs der spezielleren Norm vor.

Der gemeinsame Ansatz von Nrn. 5409, 5410 EBM-Ä ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil diese Leistungen nicht neben Nr. 5411 EBM-Ä berechnungsfähig sind. Denn Nr. 5411 EBM-Ä betrifft nur das Ein-Tages-Protokoll. Das von der Klägerin praktizierte Zwei-Tages-Protokoll unterfällt dagegen Nrn. 5409, 5410 EBM-Ä.

Der Wortlaut der Nr. 5411 EBM-Ä ist zwar nicht eindeutig, spricht aber eher für die Annahme, das Untersuchungen an mehreren Tagen nicht erfasst werden sollen. Vielmehr legt der in der Einzahl gebrauchte Begriff der "Untersuchung" die Annahme nahe, dass Belastungs- und Ruheuntersuchung eine diagnostische Einheit bilden müssen, so wie dies insbesondere beim Ein-Tages-Protokoll der Fall ist. Dies gilt umso mehr, als dem EBM-Ä die Pluralform "Untersuchungen" auch im Rahmen von Komplexleistungen durchaus geläufig ist (vgl. z.B. Nr. 604 EBM-Ä). Dass Nr. 5411 EBM-Ä demgegenüber auch mehrere Arzt-Patient-Kontakte an verschiedenen Tagen abdeckt, ist dem Wortlaut zumindest nicht ohne weiteres zu entnehmen, zumal es im EBM-Ä unüblich ist, über einen Behandlungstag hinausgehende Leistungen ohne ausdrücklichen Hinweis im Rahmen einer Komplexziffer zu erfassen, wenn daneben die Einzelleistungen jeweils für sich genommen berechnungsfähig sind. Schließlich bietet die Formulierung auch keine geeignete Stütze für die Überlegung des SG, Nr. 5411 EBM-Ä nur dann eingreifen zu lassen, wenn die zweite Untersuchung von vornherein geplant war und nur aus organisatorischen Gründen an einem anderen Tag stattfindet.

Gegen die Einbeziehung auch des Zwei-Tages-Protokolls in den Tatbestand der Nr. 5411 EBM-Ä spricht darüber hinaus, dass in diesem Fall der Zusatz, wonach Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä "an demselben Tag" nicht nebeneinander berechnungsfähig sind, keinen Anwendungsbereich mehr hätte. Denn nach dem Verständnis der Beklagten und der Beigeladenen müsste ein Ansatz dieser Gebührentatbestände nebeneinander immer ausscheiden. Sie ergäbe sich bereits zwangsläufig aus dem Zusatz, wonach Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä nicht neben Nr. 5411 EBM-Ä berechnungsfähig sind. Im Hinblick darauf vermag auch der Vortrag der Beklagten und der Beigeladenen nicht zu überzeugen, der Bewertungsausschuss habe mit der Wendung "an demselben Tag" lediglich klarstellen wollen, dass bei einer Kombinationsuntersuchung immer nur Nr. 5411 EBM-Ä zum Tragen komme.

Die Entwicklung der streitigen Abrechnungsziffern stützt die hier vertretene Auffassung. Bis zum 30.09.1994 war das Zwei-Tages-Protokoll unzweifelhaft lediglich nach Nr. 5411 EBM-Ä abzurechnen. Denn nach dieser, auch der Entscheidung des BSG vom 18.10.1995 (Az 6 RKa 53/94 - SozR 3-5533 Nr. 5411 Nr. 1) zu Grunde liegenden, Fassung gab es keinen eigenen Gebührentatbestand für die Belastungsuntersuchung. Dieser wurde erstmals zum 01.10.1994 in Gestalt von Nr. 5409 EBM-Ä eingeführt, ohne dass Nr. 5411 EBM-Ä geändert worden wäre. Ob danach in der Zeit vom 01.10.1994 bis zum 31.12.1995 das Zwei-Tages-Protokoll nach Nr. 5411 EBM-Ä abzurechnen war, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ab dem 01.07.1996 ist das Abrechnungssystem der Herzmuskelszintigrafie maßgeblich umgestellt worden. Entscheidend war nun nicht mehr allein die Art der Untersuchung, sondern vor allem das verwendete Material. Lediglich die Untersuchung mit Thallium unterfiel danach Nr. 5411 EBM-Ä, während für die Untersuchung mit Technecium die Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä zur Verfügung standen. Dies bestätigt den Vortrag der Klägerin, wonach beim Ein-Tages-Protokoll in erster Linie Thallium eingesetzt worden ist, während Technecium vor allem im Rahmen des Zwei-Tages-Protokolls Verwendung findet. Die streitige Leistung hätte danach in der Zeit vom 01.07.1996 bis zum 31.12.1998 schon wegen des Einsatzes der Perfusionsmarker nur nach Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä abgerechnet werden können. Dass die erneute Reformierung der Gebührentatbestände zum 01.01.1999 hieran etwas ändern sollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Beigeladene dargelegt, dass die Neufassung nur den Einsatz weiterer Perfusionsmarker ermöglichen sollte.

Der weiter gehende Vortrag der Beigeladenen, ein "Auseinanderziehen" der den Gebührentatbeständen zu Grunde liegenden Leistungen sei für den Bewertungsausschuss nicht vorhersehbar gewesen, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen. Insofern gilt hier anderes als in der Entscheidung des BSG vom 25.08.1999 (Az B 6 KA 32/98 R - SozR 3-5533 Nr. 2449 Nr. 1), in der das BSG mit Hilfe einer ähnlichen Auskunft der Beigeladenen die Nrn. 2445, 2449 und 2460 EBM-Ä interpretiert hat. Derartige zeitnah entstandene Dokumente, die den Vortrag der Beklagten oder der Beigeladenen bestätigen würden, sind dem Senat hingegen im vorliegenden Fall nicht vorgelegt worden.

Im Hinblick hierauf kann Nr. 5411 EBM-Ä auch nach Sinn und Zweck nicht dahingehend ausgelegt werden, dass eine zeitliche Trennung der Untersuchungsleistungen nicht zu einer Erhöhung des berechnungsfähigen Punktevolumens führen darf. Wie bereits dargelegt, ist eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung von Gebührentatbeständen unzulässig. Denn der Bewertungsausschuss hat es in der Hand, durch eine Änderung der Leistungslegende bzw. der Zusätze hierzu einen von ihm befürchteten Abrechnungsmissbrauch zu verhindern. Im Übrigen bestehen aber für den Senat auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass das Zwei-Tages-Protokoll von der Klägerin oder anderen Nuklearmedizinern in erster Linie aus abrechnungstechnischen Gesichtspunkten durchgeführt würde. Denn die von der Klägerin vorgetragenen medizinischen Gründe, die für die Handhabung dieses Protokolls sprechen, erscheinen zumindest nicht unvertretbar.

Da die Klägerin sowohl Nr. 5409 als auch Nr. 5410 EBM-Ä berechnen durfte, konnte sie auch jeweils die Zuschlagsziffer nach Nr. 5467 EBM-Ä ansetzen. Diese ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift "zusätzlich zu einer anderen Leistungsposition nur einmal berechnungsfähig". Da der Begriff "Leistungsposition" ersichtlich auf die jeweilige Grundleistung abhebt, fällt der Zuschlag mit jeder SPECT-Leistung an, die im Rahmen einer berechnungsfähigen Grundleistung erbracht wird (vgl. bereits BSG, SozR 3-5533 Nr. 5411 Nr. 1). Soweit diese nicht in der Nr. 5411 EBM-Ä, sondern in den Nrn. 5409 und 5410 EBM-Ä besteht, ist Nr. 5467 EBM-Ä - abweichend von der für die zitierte Entscheidung des BSG maßgeblichen Rechtslage - zweifach berechnungsfähig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung.

Der Senat misst der Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung zu und hat daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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