B 11 AL 35/01 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 35/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 6. April 2001 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. August 2000 geändert und im Kostenpunkt aufgehoben: Der Bescheid vom 17. Mai 1999 wird aufgehoben. Der Bescheid vom 18. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 1999 wird aufgehoben, soweit er die rückwirkende Entziehung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1999 betrifft; soweit die Entziehung für Mai 1999 betroffen ist, wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Gründe:

I

Der Rechtsstreit betrifft die Entziehung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach Bewilligung von Altersrente aus der Rentenversicherung der Angestellten.

Die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) bewilligte dem am 17. Februar 1939 geborenen Kläger mit Bescheid vom 19. Oktober 1998 Alhi bis einschließlich 30. November 1999 in Höhe von zuletzt 222,48 DM wöchentlich. Mit Schreiben vom 20. Januar 1999 forderte sie den Kläger auf, innerhalb eines Monats Altersrente zu beantragen; falls er den Antrag nicht stelle, ruhe sein Alhi-Anspruch. Der Kläger beantragte am 1. Februar 1999 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Altersrente. Er unterrichtete die BA am 22. Februar 1999 und betonte, er stelle den Rentenantrag nur gezwungenermaßen. Die BA zeigte mit Schreiben vom 24. Februar 1999 der BfA an, sie habe an den Kläger Leistungen erbracht, und kündigte einen Erstattungsanspruch an. Mit Bescheid vom 30. April 1999 bewilligte die BfA dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. März 1999 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 661,35 DM. Den Beginn der laufenden Zahlung setzte sie auf den 1. Juni 1999 fest und behielt die Nachzahlung für die Monate März bis Mai 1999 zunächst zur Befriedigung von Erstattungsansprüchen ein.

Mit Bescheid vom 18. Mai 1999 hob die BA die Bewilligung von Alhi wegen des Anspruchs des Klägers auf Altersrente ab 1. März 1999 auf. In einem weiteren Bescheid unter dem 17. Mai 1999 berief sie sich auf den Entziehungsbescheid und teilte mit, die Bewilligung werde "zusätzlich ab 1. März 1999 ganz aufgehoben". Wegen der Überzahlung von 1.322,70 DM habe sie die BfA zur Erstattung aufgefordert. Der Kläger müsse den überzahlten Betrag nur zurückzahlen, wenn und soweit ein Erstattungsanspruch gegen die BfA nicht bestehe oder nicht erfüllt werde.

Der BfA teilte der Kläger mit Schreiben vom 4. Juni 1999 mit, er ziehe seinen Rentenantrag zurück. Gegen die Bescheide vom 17. und 18. Mai 1999 erhob er Widerspruch und machte geltend, es liege ein atypischer Fall vor, weil er erheblich weniger Rente als zuvor Alhi erhalte.

Die BA teilte der BfA auf deren Anfrage mit, sie könne der Rücknahme des Rentenantrags nicht zustimmen, weil ab Beginn der Rente ein Anspruch auf Alhi nicht mehr bestehe. Die Tatsache, daß die Rente niedriger sei als die zuvor gezahlte Alhi, sei rechtlich ohne Belang. Die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 17. und 18. Mai 1999 wies die BA mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 1999 zurück.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22. August 2000). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 6. April 2001). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, in den Verhältnissen, die bei Bewilligung der Alhi vorgelegen hätten, sei durch die Rentenbewilligung eine wesentliche Änderung eingetreten. Der Anspruch auf Alhi ruhe während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt sei. Dem stehe auch die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Juni 2000 - B 7 AL 42/99 R -, wonach die Aufforderung zur Rentenantragstellung möglicherweise wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig gewesen sei, nicht entgegen. Auch wenn die Altersrente geringer sei als die Alhi ändere dies nichts daran, daß der Kläger - anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall - Rente beantragt habe. Entscheidend für das Ruhen des Anspruchs auf Alhi sei die Zuerkennung der Rente, welcher Tatbestandswirkung zukomme. Die Rücknahme des Rentenantrags habe die BfA nicht veranlaßt, die Rentenbewilligung aufzuheben. Ob die Rente zu Recht bewilligt und weiterhin gezahlt werde, sei danach unerheblich. Auch als sozialrechtlicher Herstellungsanspruch sei das Anliegen des Klägers nicht begründet. Die Entziehung und Rückforderung der Alhi ab 1. März 1999 seien rechtmäßig, soweit ein Erstattungsanspruch gegen die BfA nicht bestehe.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung des § 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) iVm §§ 142 und 202 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III). Er macht geltend, die Entscheidung des LSG werde der Rechtsansicht des BSG im Urteil vom 27. Juli 2000 - B 7 AL 42/99 R - nicht gerecht. Das BSG habe ausgeführt, die Aufforderung der BA an Bezieher von Alhi, einen Rentenantrag zu stellen, erfordere in atypischen Fällen eine Ermessensentscheidung. Ein atypischer Fall sei auch gegeben, wenn die Rente geringer sei als die Alhi. Die Aufforderung des Klägers durch die BA beruhe nicht auf einer Ermessensentscheidung und sei damit rechtswidrig. Die Ausführungen des LSG zum Herstellungsanspruch seien unzutreffend.

Der Kläger beantragt,

die Urteile der Vorinstanzen sowie die Bescheide vom 17. Mai 1999 und 18. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 1999 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Entscheidung des LSG sei zutreffend. Das Urteil des BSG vom 27. Juli 2000 - B 7 AL 42/99 R - betreffe einen abweichenden Sachverhalt. Im übrigen unterliege es rechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber habe die Nachrangigkeit der Alhi unabhängig vom Zahlbetrag von Versicherungsleistungen verwirklichen wollen. Die vom BSG geforderten Ermessenserwägungen führten zu einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand. Diesen habe der Gesetzgeber zur Ordnung von Massenerscheinungen ausschließen wollen.

II

Die Revision des Klägers ist nur teilweise begründet. Die Entziehung der Alhi ist für die Zeit der laufenden Zahlung der Altersrente ab 1. Juni 1999 rechtlich nicht zu beanstanden. Für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1999 verletzt die Entscheidung des LSG § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III, weil die Altersrente für diesen Zeitraum nicht iS des § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III zuerkannt ist; für Mai 1999 reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG für eine abschließende Entscheidung des Senats nicht aus.

1. Ohne Erfolg bleibt die Revision, soweit das LSG die mit Bescheid vom 18. Mai 1999 getroffene Entscheidung der Beklagten, die frühere Alhi-Bewilligung (Bescheid vom 19. Oktober 1998) für die Zeit ab Beginn der laufenden Rentenzahlung (1. Juni 1999) aufzuheben, als rechtmäßig angesehen hat. Denn die Beklagte war nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X berechtigt, die Alhi-Bewilligung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Bewilligung von Alhi mit Bescheid vom 19. Oktober 1998 bis einschließlich 30. November 1999 enthält einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Maßgebend für die Dauerwirkung eines Verwaltungsakts sind seine rechtlichen Wirkungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw Bindungswirkung hinaus (BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48 mwN; BSG Urteil vom 20. Juni 2001 - B 11 AL 10/01 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Wesentlich iS des § 48 Abs 1 SGB X ist jede für die bewilligte Leistung rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (BSG aaO). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung richtet sich damit nach dem für die Leistung maßgeblichen Recht. Eine solche Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist jedenfalls in der Zeit ab 1. Juni 1999 eingetreten.

Maßgebend für die Rechtmäßigkeit der Entziehung von Alhi sind die am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Vorschriften des SGB III. Nach §§ 198 Satz 2 Nr 6, 142 Abs 1 Nr 4 SGB III, die den vor dem 1. Januar 1998 geltenden §§ 134 Abs 4 und 118 Abs 1 Nr 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entsprechen, ruht der Anspruch auf Alhi während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt ist. Zuerkannt iS des § 142 Abs 1 SGB III ist ein Anspruch dann, wenn der Leistungsträger infolge der Zuerkennung Zahlungen zu erbringen hat (BSGE 70, 51, 52 = SozR 3-4100 § 118 Nr 3 mwN). Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls ab 1. Juni 1999, dem Beginn der laufenden Rentenzahlung nach der Rentenbewilligung, vor. Der Zweck der Ruhensregelung, eine Doppelversorgung aus öffentlichen Kassen zu verhindern (BSGE 70, 51, 53 = SozR 3-4100 § 118 Nr 3), rechtfertigt die Rechtsfolge des Ruhens in dem Sinne, daß der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem aus der Bewilligung folgenden Anspruch auf Alhi zusteht. Dieser Umstand enthält deshalb eine rechtserhebliche und damit wesentliche Änderung in den Verhältnissen iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X. Das Ruhen nach § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III erfaßt den Anspruch auf Alhi in vollem Umfang unabhängig von der Höhe der Rente. Damit kommt es für die Anwendung der Ruhensregelung nicht darauf an, ob die Altersrente den Lebensunterhalt des Klägers tatsächlich sicherstellt (vgl BSGE 60, 180, 182 = SozR 1300 § 48 Nr 26; BSGE 73, 10, 17 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4).

Dagegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, er sei durch eine rechtswidrige Aufforderung der Beklagten zur Rentenantragstellung veranlaßt worden. Richtig ist zwar, daß es sich bei der Aufforderung der BA gemäß § 134 Abs 3c Satz 1 AFG bzw § 202 Abs 1 Satz 1 SGB III, einen Rentenantrag zu stellen, um einen Verwaltungsakt handelt, und daß bei - im Vergleich zur Alhi - zu erwartender niedrigerer Rente ein atypischer Fall vorliegt, der die BA vor der Aufforderung zur Ausübung von Ermessen verpflichtet (BSGE 87, 37 ff = SozR 3-4100 § 134 Nr 22). Ermessen hat die BA vor der Aufforderung - nach ihrer von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Rechtsansicht folgerichtig - nicht ausgeübt. Dies ist jedoch für den Eintritt des Ruhens unerheblich, denn diese Rechtsfolge knüpft nicht an die Aufforderung zur Rentenantragstellung an, sondern ausschließlich an die Zuerkennung der Rente. Eine Rechtswidrigkeit der Aufforderung, Rente zu beantragen, oder Vorbehalte des Klägers bei der Rentenantragstellung begründen jedenfalls nicht die Nichtigkeit des Zuerkennens von Rente (vgl § 40 SGB X). Selbst wenn aber eine Rechtswidrigkeit der Aufforderung, Rentenantrag zu stellen, die Fehlerhaftigkeit des Zuerkennens von Rente bewirkte, stände dies der Ruhensfolge nicht entgegen. Zutreffend hat das LSG erkannt, daß der Rentenzuerkennung Tatbestandswirkung zukommt (BSGE 70, 51, 53 f = SozR 3-4100 § 118 Nr 3). Rechtsfolge der Tatbestandswirkung ist, daß die Entscheidung der BfA über die Zuerkennung von Altersrente ohne Rücksicht auf ihre Rechtmäßigkeit von der BA wie eine unbestrittene Tatsache zu beachten ist (BSG aaO; BSGE 76, 224, 226 = SozR 3-8120 Kap VIII E III Nr 5 Nr 4). Für die Entscheidung der BA sind deshalb nur Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Zuerkennens von Rente durch die BfA, nicht aber solche Einwendungen erheblich, die nur die Rechtmäßigkeit der Rentenbewilligung in Frage stellen können. Die Rechtswidrigkeit der Aufforderung, einen Rentenantrag zu stellen, ist somit für die Rechtmäßigkeit der Entziehung von Alhi nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III ohne Bedeutung und kann die Ruhensfolge nicht beseitigen. Eine von der Revision erwogene Auslegung "im Lichte der atypischen Situation" scheidet angesichts des klaren Wortlautes sowie nach Sinn und Zweck des § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III aus.

Wegen der Tatbestandswirkung der Rentenzuerkennung läßt sich ein für den Kläger günstigeres Ergebnis auch nicht aus der nachträglich gegenüber der BfA erklärten Rücknahme des Rentenantrages herleiten. Hierzu hat das LSG zutreffend darauf hingewiesen, daß die BfA der Rücknahme nicht entsprochen hat, so daß die Tatbestandswirkung weiterhin besteht (vgl BSGE 70, 51, 54 = SozR 3-4100 § 118 Nr 3). Zwar stand dem Kläger nach Erhalt des Rentenbescheides jedenfalls bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung eines Widerspruchs die Möglichkeit einer Zurücknahme des Rentenantrages offen (vgl BSGE 76, 218, 221 f = SozR 3-2500 § 50 Nr 3). Unabhängig davon, ob die mit Schreiben vom 4. Juni 1999 erklärte Zurücknahme noch innerhalb der Widerspruchsfrist bei der BfA eingegangen ist oder nicht - insoweit hat das LSG keine Feststellungen getroffen -, bleibt es bei der Tatbestandswirkung der Rentenzuerkennung jedoch schon deswegen, weil die BfA die Antragsrücknahme nicht zum Anlaß genommen hat, die Rentenbewilligung aufzuheben. Es widerspräche dem Sinn der Ruhensregelung des § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III, wenn die BA bei Entscheidungen über Ansprüche auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit Bescheide anderer Sozialleistungsträger auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen könnte (BSGE 70, 51, 54 = SozR 3-4100 § 118 Nr 3). Offen bleiben kann deshalb, ob der Anspruch auf Alhi nicht ohnehin nach § 202 Abs 1 Satz 3 SGB III (der dem vor dem 1. Januar 1998 geltenden § 134 Abs 3c Satz 3 AFG entspricht) selbst bei nachträglicher Beseitigung der Tatbestandswirkung infolge Antragsrücknahme oder Verzichts weiterhin ruhen würde (vgl Gagel/Ebsen, AFG, § 134 RdNr 188n, o - Stand Januar 1998).

Nicht durchdringen kann der Kläger mit seinem Vortrag zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Dieses richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut begründet sekundäre Einstandspflichten von Sozialleistungsträgern, wenn wegen Verletzung der behördlichen Pflicht zu verständnisvoller Förderung primäre Ansprüche nicht mehr zu verwirklichen sind. Die Beseitigung von Fehlern mit Hilfe des Herstellungsanspruches findet jedoch ihre (selbstverständliche) Grenze in Gestaltungsmöglichkeiten, die nach materiellem Sozialrecht zulässig sind; Rechtsfolgen, die "ihrer Art nach" in der Rechtsordnung nicht vorgesehen sind, können auch nicht Inhalt des Herstellungsanspruchs sein (vgl BSGE 71, 17, 22 f = SozR 3-4100 § 103 Nr 8 mwN; SozR 3-4100 § 134 Nr 14; SozR 3-4100 § 249e Nr 4). Das Begehren des Klägers ist aber, solange die Rente weiter "zuerkannt" ist, auf eine nach § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III gerade ausgeschlossene Rechtsfolge gerichtet.

Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, daß der Bezug einer niedrigeren Altersrente zum vollständigen Ruhen des Alhi-Anspruchs führt, bestehen auch im vorliegenden Fall nicht. Zur Ruhensvorschrift des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG, die dem nunmehr geltenden § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III entspricht, hat das BSG bereits näher ausgeführt, daß die Regelung nicht verfassungswidrig ist (BSGE 73, 10, 17 f = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Der Senat geht auch weiterhin von der Befugnis des Gesetzgebers aus, iS einer typisierenden Betrachtung Ruhensregelungen zu normieren, die eine Prüfung der Bedürftigkeit schon vom Ansatz her überflüssig machen (vgl BSGE aaO S 118). Keine durchgreifenden Bedenken bestehen auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes; insoweit ist der Einwand des Klägers, er könne sich gegen eine rechtswidrige Aufforderung zur Rentenantragstellung nicht wehren, unzutreffend. Hinzuweisen ist auf die Möglichkeiten des Widerspruchs gegen die Aufforderung zur Rentenantragstellung (vgl BSGE 87, 31, 35 = SozR 3-4100 § 134 Nr 22) und des Widerspruches gegen eine evtl Entziehung der Alhi nach § 202 Abs 1 Satz 2 SGB III sowie in diesem Zusammenhang eines Antrages auf Anordnung der einstweiligen Aussetzung des Vollzuges des die Leistung entziehenden Bescheides (§ 97 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz).

2. Begründet ist die Revision, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 1. März 1999 bis 30. April 1999 richtet. Für diesen Zeitraum war die Beklagte nicht zur Aufhebung der Alhi-Bewilligung berechtigt; denn es fehlt insoweit bereits mangels "Zuerkennung" iS des § 142 Abs 1 SGB III an einer wesentlichen Änderung iS des § 48 Abs 1 SGB X.

Eine Rente ist - wie ausgeführt - iS des § 142 Abs 1 SGB III zuerkannt, wenn der Leistungsträger infolge der Zuerkennung Leistungen an den Berechtigten zu erbringen hat. Dies ist bei Rentennachzahlungen, die zur Befriedigung von Ersatzansprüchen einbehalten werden, regelmäßig nicht der Fall. Denn der Zweck der Ruhensvorschrift besteht - wie bei der inhaltsgleichen Regelung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG - darin, nicht nur Doppelleistungen auszuschließen, sondern auch nahtlose Leistungen verschiedener Sozialleistungsträger zu gewährleisten (BSG SozR 4100 § 118 Nr 10; BSG SozR 1300 § 48 Nr 22; BSGE 70, 51, 54 = SozR 3-4100 § 118 Nr 3).

Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, daß die BfA dem Kläger die Rente zwar mit Wirkung ab 1. März 1999 bewilligt, jedoch den Beginn der laufenden Rentenzahlung auf den 1. Juni 1999 gelegt und für die Zeit davor einen Betrag zur Nachzahlung vorbehaltlich eines Erstattungsanspruches der BA festgesetzt hat. Nach den Feststellungen des LSG ist weiter davon auszugehen, daß der Kläger für die Monate März und April 1999 noch Alhi erhalten hatte, weshalb der auf diese Monate entfallende Nachzahlungsbetrag von 1.322,70 DM von der BfA an die Beklagte und nicht an den Kläger ausbezahlt worden ist. Damit ist die Rente dem Kläger für die genannten zwei Monate nicht iS des § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III zuerkannt worden, weshalb ein Ruhen des Alhi-Anspruchs insoweit ausscheidet. Das gleiche Ergebnis folgt aus der Überlegung, daß der Anspruch des Klägers auf Altersrente für die Monate März und April 1999 gemäß § 107 Abs 1 SGB X als erfüllt gilt, soweit der Erstattungsanspruch der BA besteht, weshalb die BfA insoweit die Rente nicht zuzuerkennen hat (vgl BSG SozR 3-1300 § 107 Nr 10 mwN).

3. Hinsichtlich der Aufhebung der Alhi-Bewilligung für den Monat Mai 1999 lassen die Feststellungen des LSG eine abschließende Entscheidung nicht zu. Insoweit ist zunächst unklar, ob bzw wann dem Kläger die Rente "zuerkannt" worden ist. Soweit eine Zuerkennung vorliegen sollte, kann nicht entschieden werden, ob die Beklagte für Mai 1999 zur vollständigen Aufhebung der Alhi-Bewilligung berechtigt war.

Den tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht entnommen werden, wie die BfA mit dem auf den Monat Mai fallenden Anteil des im Rentenbescheid ausgewiesenen Nachzahlungsbetrages verfahren ist. Da die Beklagte nach den Ausführungen in ihren Bescheiden dem Kläger Alhi für Mai nicht mehr gezahlt hat, ist zwar anzunehmen, daß der Kläger den Rentennachzahlungsbetrag für diesen Monat später erhalten hat; von einer "Zuerkennung" iS des § 142 Abs 1 SGB III kann aber erst ab Zahlungseingang ausgegangen werden bzw ab Eingang einer eindeutigen Mitteilung, die bewilligte Rente sei auch für den Monat Mai an den Kläger auszuzahlen. Das LSG wird deshalb noch festzustellen haben, ob bzw ab welchem Zeitpunkt die Rente für Mai 1999 dem Kläger mit der Ruhensfolge des § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III zuerkannt worden ist.

Sollte der Zeitpunkt der Zuerkennung des auf Mai 1999 entfallenden Rentenbetrages erst nach Bekanntgabe des Aufhebungsbescheides vom 18. Mai 1999 liegen (vgl BSGE 61, 189, 190 = SozR 1300 § 48 Nr 31), ist im übrigen fraglich, ob die Beklagte insoweit nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X zur Aufhebung der Alhi-Bewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit berechtigt war. Die vom LSG herangezogene Regelung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X rechtfertigt die vollständige Aufhebung der Alhi-Bewilligung für Mai 1999 nicht.

Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hätte. Die Vorschrift schränkt den Vertrauensschutz in den Verwaltungsakt ein, aber nur, "soweit" nachträglich Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist. Der Betroffene soll also nur in dem Umfang, in dem er eine "doppelte" Zahlung erhalten hat, der Aufhebung einer Bewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit ausgesetzt sein. Dies bedeutet, daß das Aufhebungsrecht der Beklagten nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auf die Höhe der bewilligten Rente beschränkt ist (BSG SozR 1300 § 48 Nr 22; BSGE 60, 180, 184 f = SozR 1300 § 48 Nr 26).

Ob die vollständige rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung in Anwendung eines weiteren Tatbestandes des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X in Betracht kommt, läßt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Denkbar wäre ein Eingreifen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X, denn dem Kläger könnte möglicherweise vorgehalten werden, er habe gewußt oder wissen müssen, daß sein Alhi-Anspruch zum Ruhen gekommen war. Insoweit reicht allerdings nicht die Erkenntnis, es werde in Zukunft ein Ruhen eintreten (vgl BSG SozR 1300 § 48 Nr 22; BSGE 60, 180, 184 = SozR 1300 § 48 Nr 26).

4. Begründet ist die Revision, soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 17. Mai 1999 verlangt. Dieser Bescheid ist inhaltlich nicht hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X) und damit rechtswidrig. Denn in ihm hat die Beklagte zunächst nach Hinweis auf einen bereits erhaltenen Aufhebungsbescheid ausgeführt, die Entscheidung werde "zusätzlich" ab dem 1. März 1999 "ganz aufgehoben", was nicht verständlich ist, weil auch der im übrigen ergangene Aufhebungsbescheid bereits eine Aufhebung der Bewilligung von Alhi ab 1. März 1999 enthält. Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, welche Regelungen die Beklagte gegenüber dem Kläger mit den Ausführungen treffen wollte, der Rentenversicherungsträger werde zur Verrechnung mit "sonstigen Ansprüchen" ermächtigt und der Kläger müsse den überzahlten Betrag zurückzahlen, "wenn und soweit ein Erstattungsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger nicht besteht oder nicht erfüllt wird und er meinem Verrechnungsersuchen nicht nachkommt". Damit kann der Kläger dem Bescheid vom 17. Mai 1999 nicht entnehmen, ob er einem Rückforderungsanspruch ausgesetzt ist oder nicht. Der Bescheid kann deshalb keinen Bestand haben.

Das LSG wird die noch notwendigen Feststellungen zu treffen und auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Rechtskraft
Aus
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