Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2513/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4797/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24. September 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit diese über das angenommene Teilanerkenntnis hinausgeht.
Die Klägerin trägt vier Fünftel, die Beklagte trägt ein Fünftel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 1.125,52 festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsansprüche für physiotherapeutische Behandlungsleistungen in Höhe von zuletzt noch insgesamt EUR 903,18 zuzüglich Zinsen im Streit.
Die Klägerin ist als nach § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassene Physiotherapeutin in Freiburg im Breisgau tätig. Sie ist Mitglied in einem Berufsverband, der u.a. mit der Beklagten am 16. Juli 2002 den am 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 wieder gekündigten "Rahmenvertrag nach § 125 SGB V" (im Folgenden RV) geschlossen hat.
Der RV regelt die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen, die Vergütung der Leistungen und deren Abrechnung, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie die Folgen von Vertragsverstößen (§ 2 Ziff. 1 RV). Nach § 16 Ziff. 1 RV erfolgt die Vergütung der vertraglich erbrachten Leistungen nach einer sich in Anlage 5 befindlichen Preisvereinbarung. Der Preisvereinbarung ist eine Preisliste beigefügt, aus der sich die Preise für die jeweiligen Leistungen unter Angabe der Behandlungsdauer ergeben. Nach § 3 Ziff. 1 Satz 1 RV bestimmt Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt. Zur Abgabe dieser Leistungen ist der Leistungserbringer im Rahmen der sich aus Anlage 3 ergebenden Leistungsbeschreibungen berechtigt und verpflichtet (§ 3 Ziff. 1 Satz 2 RV). In Anlage 3 sind die einzelnen Leistungen beschrieben, wobei in den Grundsätzen vereinbart ist, dass die Leistungsbeschreibung die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Heilmittel-Richtlinien, im Folgenden HMR) berücksichtigt. Bei Änderungen der HMR sollen Anpassungen erfolgen. Die Leistungsbeschreibungen enthalten auch Ausführungen zur Regelbehandlungszeit, die als Richtwerte gelten sollen. In § 4 RV ist die "Verordnung/Kooperation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt/Behandlungsdurchführung" geregelt. Nach Ziff. 1 der Regelungen dürfen Vertragsleistungen der Anlage 3 nur ausgeführt werden, wenn sie von einem Vertragsarzt verordnet sind. Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen ergeben sich nach Ziff. 3 der Regelung aus der vom Vertragsarzt ausgestellten Verordnung. Weiter heißt es: "Die vertragsärztliche Verordnung kann nur ausgeführt werden, wenn diese für die Behandlung erforderlichen Informationen enthalten sind. Dem Leistungserbringer obliegt insoweit jedoch keine Prüfpflicht." Nach Ziff. 7 des § 4 RV ist der Leistungserbringer nicht berechtigt, vertragsärztliche Verordnungen außer nach Ziff. 8 zu ändern oder zu ergänzen, es sei denn es wurde zuvor telefonische Rücksprache mit dem zuständigen Vertragsarzt genommen und von dort genehmigte Änderungen wurden auf der Verordnung mit Datum und Handzeichen des Leistungserbringers auf dem Verordnungsblatt vermerkt. In Ziff. 8 sind u.a. Fälle geregelt, in denen bei verspätetem Beginn oder überlanger Behandlungsunterbrechung die Verordnung ungültig wird. Nach Ziff. 10 besteht für Leistungen auf der Basis einer ungültigen Verordnung im Sinne der Ziff. 8 kein Vergütungsanspruch. Bei einer Kündigung bzw. Teilkündigung des RV bestehen die Regelungen des RV bzw. der jeweiligen Anlage bis zu einer neuen vertraglichen Regelung unverändert weiter (§ 23 Ziff. 4).
Mit einer Verordnung, die die Beklagte nicht mehr vorlegen konnte, wurden für den bei der Beklagten versicherten B. Z. zehn Heilmittel verordnet. Die Klägerin stellte der Beklagten am 20. Februar 2006 u.a. diese Heilmittelverordnung mit einem Betrag von EUR 119,60 in Rechnung. Mit Schreiben vom 10. März 2006 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung in Höhe von EUR 51,84 mit der Begründung ab, die Verordnung enthalte einen offensichtlichen Verstoß gegen die HMR. Bei WS2a seien nur sechs Behandlungen vorgesehen.
Am 20. März und 24. Mai 2006 verordneten die Ärzte der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg im Breisgau (Unterschrift nicht leserlich) für den bei der Beklagten versicherten B. Z. zehnmal krankengymnastische Übungen ein- bis zweimal wöchentlich. In allen Verordnungen wurde als Indikationsschlüssel WS2a angegeben, als Diagnose LWS-Syndrom bei Poliomyelitis sowie Folgeverordnung angekreuzt. Nicht angekreuzt war in allen Verordnungen die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles." Unter "Medizinische Begründung bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles" war in allen Verordnungen angegeben "zur Minderung einer Progression bei Poliomyelitis." Die Klägerin stellte der Beklagten mit Rechnungen vom 27. Mai und 27. Oktober 2006 hierfür jeweils einen Betrag von EUR 119,60 (EUR 144,00 abzüglich EUR 24,40 Zuzahlung des Versicherten) in Rechnung. Mit Schreiben vom 09. Juni und 08. November 2006 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnungen in Höhe von jeweils EUR 51,84 mit der Begründung ab, die Verordnungen enthielten einen offensichtlichen Verstoß gegen die HMR. Bei WS2a seien nur sechs Behandlungen vorgesehen.
Am 09. Januar, 03. April und 06. Juni 2006 verordnete Internist Dr. E. für die bei der Beklagten versicherte H. U. jeweils zehnmal Krankengymnastik (KG) ein- bis zweimal wöchentlich sowie zehnmal Manuelle Therapie (MT) ein- bis zweimal wöchentlich. In allen Verordnungen wurde als Indikationsschlüssel WS2a angegeben, als Diagnosen Schulter-Arm-Syndrom, Zustand nach Bypass-Operation, schmerzhafte Bewegungseinschränkung sowie Folgeverordnung angekreuzt. Die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles" war in der Verordnung vom 09. Januar 2006 nicht, in den beiden weiteren Verordnungen angekreuzt. Weiter wurde in allen Verordnungen ausgeführt, das Therapieziel sei mit der Verordnungsmenge im Regelfall nicht zu erreichen. Als medizinische Begründung bei Verordnung außerhalb des Regelfalles wurde angegeben, eine kontinuierliche weitere Behandlung ohne Unterbrechung sei für die Funktionsverbesserung notwendig. Weiter ist auf der Verordnung vom 09. Januar 2006 handschriftlich vermerkt, der Indikationsschlüssel sei nach telefonischer Rücksprache geändert worden. Die Klägerin stellte hierfür der Beklagten mit Rechnungen vom 20. April, 21. Juni und 18. August 2006 jeweils einen Betrag von EUR 314,50 in Rechnung. Mit Schreiben vom 16. Mai, 13. Juli und 11. September 2006 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnungen in Höhe von jeweils EUR 170,50 mit der Begründung ab, die Verordnungen enthielten einen offensichtlichen Verstoß gegen die HMR. Bei WS2a könne nur ein vorrangiges Heilmittel bezahlt werden.
Am 04. Oktober 2005 verordneten Ärzte für Allgemeinmedizin Dres. H.-C. und B. in Freiburg im Breisgau der bei der Beklagten versicherten V. E. zwanzigmal Krankengymnastik und Extension im Schlingentisch sowie zwanzigmal "KMT" (Klassische Massagetherapie). Als Indikationsschlüssel wurde WS2b angegeben, als Diagnosen eine schwere Wirbelsäulenskoliose doppelbogig, Zustand nach Harrington-Spondylose, 1989 Metallentfernung und vierfache dorsa Osteotomie und ventrale Keilkolumnotomie. Als Leitsymptomatik wurde eine Funktionsstörung/Schmerzen durch Fehl- oder Überlastung diskoligamentärer Strukturen angegeben. Angekreuzt war weder die Rubrik Erst- noch die Rubrik Folgeverordnung, allerdings die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles." Unter "Medizinische Begründung bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles" wurde angegeben: "wegen der Schwere der Erkrankung indiziert." Die Versicherte bestätigte unterschriftlich jeweils zehn Behandlungen in der Zeit vom 22. Februar bis 28. Juni 2006 erhalten zu haben. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür mit Rechnung vom 27. Oktober 2006 den Betrag von EUR 578,00 in Rechnung. Mit Schreiben vom 08. November 2006 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung insoweit in Höhe von EUR 288,00 mit der Begründung ab, die Verordnung enthalte einen offensichtlichen Verstoß gegen die HMR. Es könnten keine zwei vorrangigen Heilmittel verordnet werden.
Am 19. Februar 2007 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG; S 1 KR 963/07) und begehrte Zahlung der abgesetzten Beträge in Höhe von insgesamt EUR 955,02. Sie machte geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten sei sie nicht verpflichtet zu prüfen, ob der Vertragsarzt die formalen Vorgaben der HMR beachtet habe. Der für ihre Tätigkeit gültige RV vom 01. Dezember 2002 sehe keine Prüfpflicht vor. Eine von der Beklagten geforderte formelle Prüfpflicht ergebe sich auch aus keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt. Weder die HMR noch die sogenannten gemeinsamen Rahmenempfehlungen würden unmittelbar für sie gelten und eine dynamische Verweisung auf diese Rechtsnormen enthalte der maßgebende RV nicht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Beschluss vom 17. April 2007 ordnete das SG das Ruhen des Verfahrens an, nachdem die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt hatten.
Die Klägerin erbrachte aufgrund einer Verordnung, die die Beklagte nicht mehr vorlegen konnte, für die bei der Beklagten versicherte H. U. Leistungen und stellte der Beklagten hierfür mit Rechnung vom 20. April 2007 den Betrag von EUR 314,50 in Rechnung. Mit Schreiben vom 08. Mai 2007 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung in Höhe von EUR 170,50 insoweit ab mit der Begründung, bei WS2a sei als vorrangiges Heilmittel entweder MT oder KG möglich.
Am 13. Mai 2008 rief die Klägerin das Verfahren wieder an und erweiterte die Klage um den Betrag von EUR 170,50 zuzüglich Zinsen, dessen Begleichung die Beklagte mit dem Schreiben vom 08. Mai 2007 (Rechnung vom 20. April 2007) abgelehnt hatte. Sie machte ergänzend geltend, allein entscheidend sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 15. November 2007 - B 3 KR 4/07 R - = SozR 4-2500 § 125 Nr. 4), welchen Inhalt der RV zu der Frage habe, welche inhaltlichen Voraussetzungen eine vertragsärztliche Verordnung erfüllen müsse. Die maßgebenden Verordnungen, deren Bezahlung durch die Beklagte verweigert werde, entsprächen den rahmenvertraglichen Vorgaben in vollem Umfang. Damit habe sie (die Klägerin) mit der jeweiligen Verordnung ein wirksames Angebot zum Abschluss eines Behandlungsvertrages erhalten, dieses angenommen, vertragsgerechte Behandlungsleistungen abgegeben und einen Zahlungsanspruch erworben.
Die Beklagte trug vor, sie habe eine Liste mit 26 Punkten erstellt, aus der sich die Prüfungspunkte zu unvollständigen und inhaltlich fehlerhaften Heilmittelverordnungen für die Leistungserbringer ergäben. Die offensichtlichen Verstöße seien in der Zusammenstellung so konkret beschrieben, dass eine positive Kenntnis der HMR nicht vorausgesetzt werde. Auch seien grundlegende Kenntnisse der HMR zweifellos bei allen Leistungserbringern vorhanden. So sei jedem Leistungserbringer sicherlich bekannt, dass eine Verordnung über zehn Behandlungen nach den HMR nur in absoluten Ausnahmefällen vorgesehen sei, also eine Beschränkung im Regelfall auf sechs Behandlungen die Obergrenze darstelle. Gleiches gelte für die vorrangigen bzw. ergänzenden Heilmittel. Eine Überprüfung medizinischer Bewertungen werde nicht gefordert. Nach den HMR seien die Krankenkassen verpflichtet darauf hinzuwirken, dass eine Kommunikation der sonstigen Leistungserbringer mit dem verordnenden Vertragsarzt stattfinde. Eine formelle Prüfpflicht auf offensichtliche Fehler der Verordnung ergebe sich für physiotherapeutische Heilmittelerbringer bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V, ebenso aus den HMR, dem RV und der Regelung des § 18 der Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer vom 25. September 2006. Auch sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass es für Leistungserbringer eine Verpflichtung zur Überprüfung vertragsärztlicher Verordnungen sogar dann gebe, wenn sie grundsätzlich formal ordnungsgemäß ausgestellt worden seien. Insgesamt sei festzustellen, dass der Therapeut rein tatsächlich in der Lage sei, Verordnungen, die nicht mit den Vorgaben der HMR übereinstimmten, zu erkennen und damit die Qualität der Heilmittelbehandlung durch Rückkopplung mit dem Arzt sicherzustellen.
Nach Erteilung des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung verurteilte das SG mit Urteil vom 24. September 2009 ohne mündliche Verhandlung die Beklagte, an die Klägerin insgesamt EUR 1.125,52 nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von EUR 51,84 seit dem 10. März 2006, aus einem Teilbetrag von EUR 170,50 seit dem 16. Mai 2006, aus einem Teilbetrag von EUR 51,84 seit dem 09. Juni 2006, aus einem Teilbetrag von EUR 170,50 seit dem 13. Juli 2006, aus einem Teilbetrag von EUR 170,50 seit dem 11. September 2006, aus einem Teilbetrag in Höhe von EUR 339,84 seit dem 08. November 2006 und aus einem Teilbetrag in Höhe von EUR 170,50 seit dem 08. Mai 2007 zu zahlen. Zur Begründung führte es aus, der Zahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus den der Behandlung der Versicherten der Beklagten zugrunde liegenden Behandlungsverträgen in Verbindung mit dem RV. Mit der Übergabe einer vertragsärztlichen Verordnung an einen zugelassenen Leistungserbringer wie die Klägerin überbringe ein Versicherter der Krankenkassen ein Angebot der Krankenkasse auf Abschluss eines Behandlungsvertrages, das vom Leistungserbringer bei Übernahme der Behandlung angenommen werde. In den Rahmenverträgen nach § 125 SGB V würden die Einzelheiten der Versorgung, die Preise und deren Abrechnung geregelt. Die Rahmenverträge legten damit den Inhalt des im Einzelfall zustande kommenden Behandlungsvertrages fest. Mängel der vertragsärztlichen Verordnungen stünden einem wirksamen Angebot auf Abschluss eines Behandlungsvertrages nicht entgegen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RV bestimme der Vertragsarzt Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen. Aus der Verordnung des Vertragsarztes ergäben sich die Diagnose, die Art und die Anzahl der Leistungen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 RV). Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 RV könnte die vertragsärztliche Verordnung zwar nur ausgeführt werden, wenn die Verordnung die nach § 4 Abs. 3 Satz 1 RV enthaltenen Informationen enthalte. Dem Leistungserbringer obliege insoweit nach der eindeutigen vertraglichen Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 3 RV jedoch keine Prüfpflicht. Aus dem RV ergebe sich damit auch keine Verpflichtung des Leistungserbringers zur Überprüfung der Vereinbarkeit der Verordnung hinsichtlich der Vorgaben der HMR. Hieraus folge eine Bindung des Physiotherapeuten an die sich aus der Verordnung ergebenden Anweisungen des Vertragsarztes. Diese Regelung entspreche der durch das Gesetz begründeten Verantwortung des Vertragsarztes bei der Heranziehung von Angehörigen nichtärztlicher Heilberufe im Rahmen der ärztlichen Behandlung (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Hilfeleistungen von Angehörigen nichtärztlicher Heilberufe müssten vom Vertragsarzt nach den Erfordernissen des Einzelfalles angeleitet und überwacht werden. Der Leistungserbringer sei zur Abgabe der vom Vertragsarzt der Art und dem Umfang nach verordneten Leistungen im Rahmen der als Anlage 3 dem RV beigefügten Leistungsbeschreibung berechtigt und auch verpflichtet (§ 3 Abs. 1 Satz 2 RV). Mit der Erbringung der Leistungen, bei denen es sich vorliegend unstreitig um Leistungen im Rahmen der Leistungsbeschreibung der Anlage 3 handele, habe die Klägerin deshalb den sich nach dem Rahmenvertrag ergebenden Vergütungsanspruch erworben.
Am 19. Oktober 2009 hat die Beklagte gegen das ihr am 28. September 2009 zugestellte Urteil des SG Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, die Klägerin hätte bei Überprüfung der Verordnungen erkennen können, dass die Verordnungen durch den Vertragsarzt nicht korrekt ausgefüllt worden seien. Sie hätte deshalb mit dem verordnenden Vertragsarzt Kontakt aufnehmen müssen. Sie - die Beklagte - habe im Jahr 2005 eine an sämtliche Leistungserbringer in Baden-Württemberg kommunizierte Liste erstellt, aus der sich die Prüfungspunkte bei unvollständigen und inhaltlich fehlerhaften Heilmittelverordnungen für Leistungserbringer ergäben. Grundlage der Überprüfungspflicht des Leistungserbringers sei die Konformität der Verordnung mit den HMR nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V. Die HMR seien für den Leistungserbringer verbindlich. Diese Auslegung durch das BSG im Urteil vom 15. November 2007 (aaO) sei noch zur Rechtslage des § 91 Abs. 9 SGB V alte Fassung (a.F.) ergangen. Zwischenzeitlich ergebe sich die Verbindlichkeit für Leistungserbringer unzweifelhaft aus § 91 Abs. 6 SGB V. Aus den vom BSG in diesem Urteil angestellten allgemeinen vertragsrechtlichen Überlegungen ergebe sich, dass bei einer für den Leistungserbringer offensichtlichen Abweichung vom Regelfall und keiner weiteren Begründung des Vertragsarztes auf der Verordnung eine Kontaktaufnahme zum Verordner zwingend wäre. Erfolge diese nicht, könne nach den Informationen an die Leistungserbringer vom 25. Februar, 18. April und 04. Mai 2005 nicht von einer wirksamen Vertretungsmacht des Vertragsarztes ausgegangen werden. Sei aber von einer "Ungültigkeit" der Verordnung auszugehen, schließe dies auch einen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers aus. Sie - die Beklagte - könne insoweit auch nicht auf die Regressmöglichkeiten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V verwiesen werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss sei berechtigt, verbindliche Vorgaben zu machen. Deshalb sei die Festlegung, dass bei Maßnahmen der physikalischen Therapie die jeweilige Verordnung nicht mehr als sechs Einzelbehandlungen umfassen solle und die Verordnung längerer Behandlungsserien einer besonderen Begründung bedürfe, eine für die wirtschaftliche Leistungserbringung notwendige Voraussetzung. Dies bedeute, dass sie - die Beklagte - sich zur Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsprinzips nicht allein auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V verweisen lassen müsse, sondern bereits ein entsprechendes Verhalten der Leistungserbringer zur Umsetzung von HMR-konformen Verordnungen bei den Leistungserbringern einfordern dürfe. Die Klägerin könne sich gegen eine ihr obliegende Prüfpflicht auch nicht mit Erfolg auf § 4 Ziff. 3 RV berufen. Zwar sei eine übergangsweise Fortgeltung des bereits zum 31. Dezember 2006 gekündigten RV in § 23 Ziff. 4 RV geregelt. Eine solche Fortsetzungsklausel könne aber nur für einen Übergangszeitraum gelten. Da wegen des Streits über die Prüfpflicht nicht absehbar sei, wann sich die Parteien über einen neuen RV würden einigen können, könne deshalb nur von einer zeitlich begrenzten Nachwirkung ausgegangen werden. Selbst wenn man aber § 4 Ziff. 3 RV als wirksam anerkennen würde, könnte diese Regelung einer formellen Prüfpflicht der Leistungserbringer nicht entgegengehalten werden. Andernfalls liege ein Verstoß gegen das in § 12 SGB V normierte Wirtschaftlichkeitsgebot vor. Dieses begrenze den Leistungsanspruch des Versicherten, der nur Leistungen beanspruchen könne, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich seien. Im Regelfall könne ein Versicherter daher keinen Versorgungsanspruch geltend machen, wenn eine vertragsärztliche Verordnung vorliege, die über den Leistungsinhalt der HMR hinausgehe. Gleiches gelte auch in den Fällen, in denen vertragsärztliche Verordnungen vorlägen, die nicht den Anforderungen der HMR entsprächen. Habe der Versicherte in diesen Fällen keinen Leistungsanspruch, dürfe aber auch der Leistungserbringer eine solche Leistung nicht bewirken. Dies setze zwingend voraus, dass sich der Leistungserbringer darüber im Klaren sei, ob ein Anspruch des Versicherten bestehe und er damit eine Leistung erbringen könne oder nicht erbringen dürfe. In Fällen wie dem vorliegenden erfordere dies eine Rückfrage beim verordnenden Vertragsarzt, um abzuklären, ob es sich um einen Regelfall oder um eine Abweichung mit entsprechender Begründung handle. Auch die HMR selbst enthielten eine entsprechende Kommunikationsforderung zwischen Leistungserbringer und verordnendem Vertragsarzt. Außerdem sei in § 4 Ziff. 3 Satz 2 RV geregelt, dass die vertragsärztliche Verordnung nur dann ausgeführt werden könne, wenn die für die Behandlung erforderlichen Informationen (Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen) in der Verordnung enthalten seien. Schon der Wortlaut des RV gehe deshalb eindeutig von einer formellen Überprüfung der vertragsärztlichen Verordnung aus. Nach § 3 Ziff. 1 RV bestimme zwar der Vertragsarzt Art und Umfang der Leistung. Zur Abgabe der Leistung sei der Leistungserbringer aber nur im Rahmen der Leistungsbeschreibung (Anlage 3 des RV) berechtigt und verpflichtet, wenn verordnungsfähige Maßnahmen der Physiotherapie gemäß den HMR vorlägen (Anlage 3 Ziff. 1, Grundsätze). Dies setze eine Prüfpflicht des Leistungserbringers auf Vollständigkeit und Plausibilität im Hinblick auf die HMR voraus. Der Ausschluss einer Prüfpflicht in § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV beziehe sich allein auf den medizinisch-materiellen Bereich der Verordnung, der unstreitig nicht zum Verantwortungsbereich des Leistungserbringers gehöre. Schließlich sei auch im RV an mehreren Stellen eine gesteigerte Kommunikation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt gefordert (vgl. § 4 Ziff. 6 und Ziff. 8 sowie § 11 Ziff. 2 RV). Auch im Urteil vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R = SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) habe das BSG entschieden, dass der Heilmittelerbringer den Inhalt der ärztlichen Verordnung insoweit zu prüfen habe, als er Leistungen zu Lasten der Krankenkassen nur auf Basis einer gültigen Verordnung erbringen dürfe, welche die für eine wirksame und wirtschaftliche Heilmitteltherapie notwendigen ärztlichen Angaben enthalte. Ein Vergütungsanspruch könne weder unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 677 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) noch aus §§ 812 ff. BGB hergeleitet werden. Zum einen stelle die Vergütungsvereinbarung eine erschöpfende Regelung dar, die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließe. Zum anderen habe die Leistungserbringung der Klägerin nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot in der gesetzlichen Krankenversicherung entsprochen, sodass die Geschäftsführung nicht in ihrem Interesse liege. Die vorliegenden streitgegenständlichen Verordnungen hätten diese formellen Voraussetzungen nicht erfüllt, sodass für die Klägerin kein Vergütungsanspruch entstanden sei. In den streitgegenständlichen Verordnungen für den Versicherten B. Z. liege der Fehler darin, dass gemäß Teil II Ziff. 11.2.3 des Kataloges über die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V (Heilmittel-Katalog), der Bestandteil der HMR sei, die maximale Verordnungsmenge bei Erst- und Folgeverordnungen bis zum Erreichen der Gesamtverordnungsmenge jedes Regelfalls bis zu sechs Einheiten betrage. Bei den streitgegenständlichen Verordnungen für die Versicherte H. U. sei nach den HMR bei gleicher Indikation eine gleichzeitige Abgabe von Krankengymnastik und Manueller Therapie nicht möglich, sodass keine gültigen Verordnungen vorlägen. Vorstehendes gelte auch für die gleichzeitige Verordnung von Krankengymnastik und Klassischer Massagetherapie, sodass auch die Verordnung für die Versicherte V. E., mit der gleichzeitig Krankengymnastik und Klassische Massagetherapie verordnet worden seien, ungültig sei.
Die Beklagte hat die mit Schreiben vom 10. März 2006 und 08. Mai 2007 abgesetzten Beträge von EUR 51,84 und EUR 170,50 anerkannt, weil sie die entsprechenden Verordnungen nicht hat vorlegen können. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit diese über das angenommene Teilanerkenntnis hinausgeht.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, ihr obliege keine Prüfpflicht hinsichtlich der ihr vorgelegten Heilmittelverordnungen. Auch die Entscheidung des BSG vom 27. Oktober 2009 stütze die Auffassung der Beklagten nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft, zulässig und begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin die geltend gemachten weiteren Vergütungen für physiotherapeutische Leistungen in Höhe von EUR 903,18 (EUR 1.125,52 abzüglich des anerkannten Betrags von EUR 222,34) zu zahlen.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zulässigerweise als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG. Es war weder ein Widerspruchsverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist einzuhalten (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. September 2002, B 3 KR 2/02 R in Juris = SozR 3-2500 § 132a Nr. 3).
Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Klägerin ist § 125 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 15 Ziff. 1 des zum 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen RV sowie der in Anl. 5 zu diesem RV enthaltenen Preisvereinbarung. Die von der Klägerin abgerechneten (zuletzt noch streitigen) Leistungen wurden im Jahre 2006 erbracht. Zwar wurde der RV vom 01. Dezember 2002 zum 31. Dezember 2006 gekündigt. Eine neue vertragliche Regelung ist seither jedoch nicht erfolgt, sodass der RV auch über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus nach der Fortgeltungsklausel des § 23 Ziff. 4 RV weiter gilt und dem Begehren der Klägerin zugrunde zu legen ist.
Voraussetzung des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist (neben der Leistungserbringung), dass ein Leistungsanspruch des Versicherten nach § 32 SGB V in der ab 01. April 2004 geltenden Fassung bestanden hat und das Heilmittel vertragsärztlich verordnet worden ist (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5). Das Bestehen des Leistungsanspruchs setzt voraus, dass die vertragsärztliche Verordnung gültig bzw. wirksam ist. Davon gehen auch die Vertragspartner des RV aus, wie sich aus § 4 Ziff. 10 RV ergibt. Dort ist bestimmt, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn eine (ursprünglich gültige) Verordnung gemäß § 4 Ziff. 8 Buchstabe a) und b) RV ungültig geworden ist. Nichts anderes kann gelten, wenn von vornherein gar keine gültige Verordnung vorlag. Eine vertragsärztliche Verordnung von Heilmitteln ist ungültig bzw. unwirksam, wenn sie gegen geltendes Recht verstößt. Bei der Verordnung von Heilmitteln gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V hat der Vertragsarzt die vom Gemeinsamen Bundesausschuss auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erlassenen HMR zu beachten. Die HMR legen nicht nur den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich fest, sie sind auch für die Heilmittelerbringer unmittelbar geltendes Recht (BSG a.a.O.).
Heilmittel sind nur nach Maßgabe der HMR nach pflichtgemäßem Ermessen verordnungsfähig (Teil 1 Abschnitt II Nr. 8 Satz 1 HMR). Zwar ist der Therapeut grundsätzlich (vorbehaltlich anderer Bestimmungen in den HMR) an die ärztliche Verordnung gebunden (Teil 1 Abschnitt II Nr. 9 Satz 2 HMR). Dies bedeutet aber nur, dass er weder andere noch weitere Leistungen als die vom Vertragsarzt verordneten erbringen und abrechnen darf, nicht aber, dass er berechtigt oder gar verpflichtet ist, jede Verordnung ohne weitere Prüfung auszuführen. Da die HMR auch gegenüber der Klägerin verbindlich und daher von ihr zu beachten sind, ist ihr die Berufung auf den Inhalt der ärztlichen Verordnung verwehrt, wenn sie erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass die vertragsärztliche Verordnung nicht mit den HMR übereinstimmt. Denn nach § 2 Abs. 4 SGB V haben auch die Leistungserbringer darauf zu achten, dass Leistungen nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Daraus sowie aus dem in § 12 SGB V geregelten Wirtschaftlichkeitsgebot und der sich aus den HMR ergebenden Pflicht zur engen Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt ergibt sich eine Pflicht der Heilmittelerbringer, die Verordnung des Vertragsarztes auf aus ihrer professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit zu überprüfen (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5; vgl. hierzu auch Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 26. Oktober 2010 - L 11 KR 1322/09 und L 11 KR 690/10 jeweils in juris sowie Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08, nicht veröffentlicht). Gleiches würde gelten, wenn auf die Leistungserbringung die Vorschriften des Zivilrechts (analog) anzuwenden wären. Denn mit Verordnungen, die mit den HMR nicht übereinstimmen, überschreitet der Vertragsarzt die ihm eingeräumte Befugnis, den Versicherten Sachleistungen auf Kosten der Krankenkasse zu verschaffen. Insoweit ist sein Handeln dem eines Vertreters ohne Vertretungsmacht vergleichbar und nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB würde in einem solchen Fall selbst eine Haftung des ohne Vertretungsmacht handelnden Vertreters ausscheiden (Urteile des LSG vom 26. Oktober 2010 a.a.O.).
Im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln gehört es daher zur Aufgabe des Leistungserbringers, zusammen mit dem Vertragsarzt eine im Rahmen der HMR erfolgende Heilmittelversorgung zu gewährleisten. Dies setzt auch voraus, dass der Leistungserbringer den Vertragsarzt auf von ihm festgestellte Abweichungen der Verordnung von den Vorgaben der HMR hinweist und dies ebenso wie eventuelle Änderungen der Verordnung dokumentiert. Von einer im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln liegenden Zusammenarbeit der Vertragsärzte und Heilmittelerbringer gehen auch die HMR und der RV aus (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -, auch zum Folgenden). Die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen dem Therapeuten als Leistungserbringer und dem Vertragsarzt sowie Vorgaben für die Art und Weise ihres Zusammenwirkens ergeben sich aus VII Ziff. 26 ff der HMR, §§ 17, 18 der Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene und aus dem RV. Zwar ist in § 3 Ziff. 1 RV bestimmt, dass Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt bestimmt. Nach § 3 Ziff. 6 RV sind die Leistungen aber auch ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen. Im Interesse einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung mit Heilmitteln kooperieren nach § 4 Ziff. 6, 7 und 8 RV die Leistungserbringer und ihre Mitarbeiter mit dem verordnenden Vertragsarzt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ihre Prüfpflicht auch nicht nach § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV, wonach dem Leistungserbringer keine Prüfpflicht obliegt, ausgeschlossen, so dass die Klägerin sich nicht auf § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV berufen kann. Denn die aufgrund gesetzlicher Normen bestehende Verpflichtung der Klägerin als Leistungserbringer vermag diese vertragliche Regelung nicht aufzuheben. Die Prüfpflicht beruht, wie das BSG in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) ausdrücklich klargestellt hat, auf höherrangigem Recht und zwar den § 2 Abs. 4 und 12 Abs.1 Satz 2 SGB V. Da somit die Regelung des § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV mit höherrangigem Recht nicht im Einklang steht, ist sie unwirksam.
Der Klägerin muss nicht zugestanden werden, dass sie Verordnungen, die nicht den HMR entsprechen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer den HMR entsprechenden Weise umsetzen dürfe und damit ihren Vergütungsanspruch begründe, da sie nicht bloße Weisungsempfängerin des Vertragsarztes sei. Abgesehen davon, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Vertragsarzt und dem Heilmittelerbringer wie ausgeführt in den HMR, in den Gemeinsamen Rahmenempfehlungen und den Rahmenverträgen ausdrücklich geregelt ist, und ein "eigenmächtiges" Vorgehen des Leistungserbringers dem nicht entspricht, ist dem entgegenzuhalten, dass im Falle des Versicherten B. Z. durch die Erbringung von jeweils zehn und damit die Erst- bzw. Folgeverordnungsmenge jeweils um vier übersteigenden Einheiten durch die Klägerin die Umsetzung der Verordnung eben gerade nicht den HMR entspricht. Es handelt sich um keine der HMR entsprechende Behandlung.
Der indikationsbezogene Katalog verordnungsfähiger Heilmittel nach § 92 Abs. 6 SGB V (Heilmittelkatalog), der Bestandteil der HMR ist, regelt nach Teil 1 Abschnitt II Ziff. 8 Satz 2 HMR &61485; die Indikationen, bei denen Heilmittel verordnungsfähig sind, &61485; die Art der verordnungsfähigen Heilmittel bei diesen Indikationen &61485; die Menge der verordnungsfähigen Heilmittel je Diagnosegruppe und &61485; die Besonderheiten bei Wiederholungsverordnungen (Folgeverordnungen). Den Heilmittelverordnungen liegt in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkatalogs ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Behandlungsziel erreicht werden kann. Die Gesamtverordnungsmenge und die Anzahl der Behandlungen (Einheiten) je Verordnung im Regelfall ergeben sich aus dem Heilmittelkatalog (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11 HMR).
Im Heilmittelkatalog unter WS2 sind jeweils diagnosebezogene vorrangige Heilmittel sowie standardisierte Heilmittelkombinationen aufgeführt. Hierfür sind in Teil 1 Abschnitt VI Ziff. 24 HMR Auswahlkriterien aufgestellt, etwa die vorrangige Verordnung von im Heilmittelkatalog als vorrangiges Heilmittel genannten Maßnahmen, die Voraussetzungen für standardisierte Heilmittelkombinationen oder die Unzulässigkeit der gleichzeitigen Verordnung einer standardisierten Heilmittelkombination mit einem weiteren Einzelheilmittel.
Auf der Grundlage dieser Vorschriften und Grundsätze ist der von der Klägerin geltend gemachte weitere Vergütungsanspruch zu verneinen.
Die Klägerin hat die physiotherapeutischen Leistungen für den Versicherten der Beklagten B. Z., deren Vergütung die Beklagte abgelehnt hat, auf der Grundlage der vertragsärztlichen Verordnungen der Ärzte der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg im Breisgau vom 20. März und 24. Mai 2006 ausgeführt. Diese Verordnungen waren als Folgeverordnung für eine Indikation der im Heilmittelkatalog aufgeführten Diagnosegruppe WS2a ausgestellt. Die Diagnosegruppe WS2 umfasst Wirbelsäulenerkrankungen mit prognostisch längerdauerndem Behandlungsbedarf (insbesondere Einschränkungen von relevanten Aktivitäten des täglichen Lebens, multistrukturelle oder funktionelle Schädigung). Nach Buchst. a ist Leitsymptomatik (Schädigung, Funktionsstörung): Funktionsstörungen/Schmerzen durch Gelenkfunktionsstörung, Gelenkblockierung (auch ISG oder Kopfgelenke). Die Verordnungsmenge belief sich jeweils auf zehn Einheiten. Für die Diagnosegruppe WS2 ist für die Folgeverordnung im Heilmittelkatalog die Verordnungsmenge mit ( = sechs Einheiten angegeben. Auch nach den allgemeinen Bestimmungen in den HMR (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11.2.3) beträgt die maximale Verordnungsmenge bei Folgeverordnungen jedes Regelfalles in der physikalischen Therapie bis zu sechs Einheiten. Ausnahmen müssen im Heilmittelkatalog aufgeführt werden, was aber hier nicht der Fall ist. Daher besteht ein Vergütungsanspruch jeweils nur für sechs Einheiten, nicht aber für zehn. Da die Beklagte den jeweils für sechs Einheiten bestehenden Vergütungsanspruch erfüllt hat, besteht kein weiterer Vergütungsanspruch der Klägerin mehr.
Die Beklagte hat von den Vergütungsansprüchen der Klägerin auch in nicht zu beanstandender Weise Beträge jeweils in der rechnerisch richtigen Höhe in Abzug gebracht. Der Nettobetrag der Verordnung vom 20. März und 24. Mai 2006 für zehn Einheiten belief sich jeweils auf EUR 119,60. Hierzu ist die Zuzahlung des Versicherten in Höhe von jeweils EUR 10,00 für die Verordnung zu addieren (§ 61 Abs. 3 SGB V). Unter Zugrundelegung eines Betrags von jeweils EUR 129,60 dividiert durch zehn Einheiten ergibt sich für eine Einheit ein Betrag von EUR 12,96 und für vier Einheiten in Höhe von EUR 51,84.
Die Klägerin hat die physiotherapeutischen Leistungen für die bei der Beklagten Versicherte H. U., deren Vergütung die Beklagte abgelehnt hat, auf der Grundlage der vertragsärztlichen Verordnungen des Dr. E. vom 09. Januar, 03. April und 06. Juni 2006 ausgeführt. Mit den genannten Verordnungen verordnete Dr. E. jeweils zehnmal Krankengymnastik und zehnmal Manuelle Therapie, wiederum zum Indikationsschlüssel WS2a. Auch hier hätten grundsätzlich entsprechend den obigen Ausführungen bei den jeweils als Folgeverordnung gekennzeichneten Verordnungen nur je bis zu sechs Einheiten verordnet werden dürfen. Hinzu kommt ein weiterer für die Klägerin erkennbarer Fehler: Bei gegebener Indikation richtet sich die Auswahl der zu verordnenden Heilmittel nach dem jeweils therapeutisch im Vordergrund stehenden Behandlungsziel (Teil 1 Abschnitt VI Nr. 24 HMR). Dabei soll vorrangig eine im Heilmittelkatalog als "vorrangiges Heilmittel" genannte Maßnahme zur Anwendung kommen. Soweit medizinisch erforderlich kann zu einem "vorrangigen Heilmittel" (A) nur ein weiteres im Heilmittelkatalog genanntes "ergänzendes Heilmittel" (C) verordnet werden. Sowohl bei der verordneten Krankengymnastik als auch bei der Manuellen Therapie handelt es sich aber um ein "vorrangiges Heilmittel" (A). Auch dies ergibt sich aus dem Heilmittelkatalog. Der Vertragsarzt hätte in diesem Fall zwei getrennte Verordnungen ausstellen müssen.
Dr. E. hat die genannten Verordnungen - auch wenn er in der Verordnung vom 09. Januar 2006 die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles" nicht angekreuzt hatte - jeweils als Verordnung außerhalb des Regelfalles angesehen. Dies folgt aus seinen Angaben, das Therapieziel sei mit der Verordnungsmenge im Regelfall nicht zu erreichen sowie der von ihm gegebenen medizinischen Begründung für diese Verordnung außerhalb des Regelfalles, kontinuierliche weitere Behandlung ohne Unterbrechung sei für die Funktionsverbesserung notwendig. Der Heilmittelverordnung nach den HMR liegt in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkatalogs ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Therapieziel erreicht werden kann (Teil 1 Abschnitt II Nr. 11 Satz 1 HMR). Heilmittelverordnungen außerhalb des Regelfalls sind bis auf die in den Richtlinien genannten Ausnahmen nicht zulässig (Teil 1 Abschnitt II Nr.11.1 Satz 4 HMR). Lässt sich die Behandlung mit der nach Maßgabe des Heilmittelkatalogs bestimmten Gesamtverordnungsmenge nicht abschließen, sind weitere Verordnungen möglich (Verordnungen außerhalb des Regelfalles, insbesondere längerfristige Verordnungen). Solche Verordnungen bedürfen einer besonderen Begründung mit prognostischer Einschätzung. Dabei sind die Grundsätze der Verordnung im Regelfall mit Ausnahme der Nr.11.2.3 (maximale Verordnungsmenge) anzuwenden. Die Verordnungsmenge ist abhängig von der Behandlungsfrequenz so zu bemessen, dass mindestens eine ärztliche Untersuchung innerhalb einer Zeitspanne von zwölf Wochen nach der Verordnung gewährleistet ist (Teil 1 Abschnitt II Nr. 11.3 HMR). Insbesondere bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls hat der Vertragsarzt störungsbildabhängig eine weiterführende Diagnostik durchzuführen, um auf der Basis des festgestellten Therapiebedarfs, der Therapiefähigkeit, der Therapieprognose und des Therapieziels die Heilmitteltherapie fortzuführen oder andere Maßnahmen einzuleiten (Teil 1 Abschnitt II Nr. 11.4 HMR). Nach dem klaren Wortlaut der HMR besteht damit bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles ausdrücklich die Möglichkeit des Vertragsarztes, dass die Verordnungsmenge je einzelner Verordnung und auch die Gesamtverordnungsmenge über die für den Regelfall geltenden Begrenzungen hinaus erweitert werden. Auch bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles ist es jedoch nicht zulässig, zwei vorrangige Hilfsmittel in einer Verordnung zu verordnen. Die Beklagte hat die Vergütung der von der Klägerin erbrachten Leistungen jedoch bezüglich der Verordnungen für die Versicherte H. U. nicht wegen Überschreitung der Höchstmenge der einzelnen Verordnung verweigert. Vielmehr hat die Beklagte gemäß der Anlage 5 zum RV jeweils zehn Einheiten Krankengymnastik vergütet, also jeweils EUR 144,00 (zehnmal EUR 14,40). Verweigert hat sie nur die Zahlung für die entgegen den HMR erfolgte Anwendung eines zweiten vorrangigen Heilmittels (hier Manuelle Therapie) aufgrund derselben Verordnung. Dies führt jeweils zur Kürzung der Forderung der Klägerin von EUR 314,50 um EUR 170,50. Auch insoweit gelten die obigen Grundsätze, dass ohne medizinische Bewertung im Einzelfall der Leistungserbringer ohne Weiteres feststellen kann, dass die HMR auch für den Fall von Verordnungen außerhalb des Regelfalles keine gleichzeitige Verordnung zweier vorrangiger Heilmittel vorsehen.
Gleiches gilt für die Verordnung der Dres. H.-C. und B. für die Versicherte der Beklagten V. E ... Auch hier handelt es sich um eine Verordnung außerhalb des Regelfalles. Auch hier hat die Beklagte nicht die Zahl der durchgeführten Behandlungen beanstandet, sondern nur die gleichzeitige Verordnung zweier vorrangiger Heilmittel. Sie hat dementsprechend die Rechnung der Klägerin vom 27. Oktober 2006 von EUR 578,00 um EUR 288,00 gekürzt.
Die Abweichungen vom Heilmittelkatalog waren für die Klägerin auch jeweils erkennbar. Die HMR und der Heilmittel-Katalog sind ihr aufgrund ihrer in der Ausbildung erworbenen Fachkompetenz vertraut und als Grundlage ihrer beruflichen Tätigkeit im einzelnen bekannt.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) das Argument, dass die Auswirkung auf den Zahlungsanspruch von der Art des konkreten Mangels abhinge, im Zusammenhang mit der Frage herangezogen, ob für die dortige Klägerin, eine Leistungserbringerin, ein Feststellungsbegehren ausnahmsweise gegenüber einer Leistungsklage zulässig sein könnte. Das BSG geht an dieser Stelle davon aus, dass Mängel der Verordnung grundsätzlich Auswirkungen auf den Zahlungsanspruch haben, wobei die genaue Höhe des unter Berücksichtigung entsprechender Mängel zu berechnenden Vergütungsanspruchs zweifelsohne von der Art des Mangels abhängt, also etwa von der Frage, ob die vorgegebene Verordnungsmenge überschritten wurde oder ein nicht verordnungsfähiges Heilmittel verordnet wurde. Im Falle der Klägerin sind mit der Absetzung der streitgegenständlichen Beträge die Auswirkungen der mängelbehafteten Verordnungen von der Beklagten unter Berücksichtigung des konkreten Mangels umgesetzt worden (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG).
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a SGG, §§ 52 Abs. 1 und 3, 47, 63 Abs.2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Nachdem bei Einlegen der Berufung durch die Beklagte über den feststehenden Betrag von EUR 1.125,52 zu befinden war, ist dieser Betrag maßgeblich.
Die Klägerin trägt vier Fünftel, die Beklagte trägt ein Fünftel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 1.125,52 festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsansprüche für physiotherapeutische Behandlungsleistungen in Höhe von zuletzt noch insgesamt EUR 903,18 zuzüglich Zinsen im Streit.
Die Klägerin ist als nach § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassene Physiotherapeutin in Freiburg im Breisgau tätig. Sie ist Mitglied in einem Berufsverband, der u.a. mit der Beklagten am 16. Juli 2002 den am 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 wieder gekündigten "Rahmenvertrag nach § 125 SGB V" (im Folgenden RV) geschlossen hat.
Der RV regelt die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen, die Vergütung der Leistungen und deren Abrechnung, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie die Folgen von Vertragsverstößen (§ 2 Ziff. 1 RV). Nach § 16 Ziff. 1 RV erfolgt die Vergütung der vertraglich erbrachten Leistungen nach einer sich in Anlage 5 befindlichen Preisvereinbarung. Der Preisvereinbarung ist eine Preisliste beigefügt, aus der sich die Preise für die jeweiligen Leistungen unter Angabe der Behandlungsdauer ergeben. Nach § 3 Ziff. 1 Satz 1 RV bestimmt Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt. Zur Abgabe dieser Leistungen ist der Leistungserbringer im Rahmen der sich aus Anlage 3 ergebenden Leistungsbeschreibungen berechtigt und verpflichtet (§ 3 Ziff. 1 Satz 2 RV). In Anlage 3 sind die einzelnen Leistungen beschrieben, wobei in den Grundsätzen vereinbart ist, dass die Leistungsbeschreibung die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Heilmittel-Richtlinien, im Folgenden HMR) berücksichtigt. Bei Änderungen der HMR sollen Anpassungen erfolgen. Die Leistungsbeschreibungen enthalten auch Ausführungen zur Regelbehandlungszeit, die als Richtwerte gelten sollen. In § 4 RV ist die "Verordnung/Kooperation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt/Behandlungsdurchführung" geregelt. Nach Ziff. 1 der Regelungen dürfen Vertragsleistungen der Anlage 3 nur ausgeführt werden, wenn sie von einem Vertragsarzt verordnet sind. Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen ergeben sich nach Ziff. 3 der Regelung aus der vom Vertragsarzt ausgestellten Verordnung. Weiter heißt es: "Die vertragsärztliche Verordnung kann nur ausgeführt werden, wenn diese für die Behandlung erforderlichen Informationen enthalten sind. Dem Leistungserbringer obliegt insoweit jedoch keine Prüfpflicht." Nach Ziff. 7 des § 4 RV ist der Leistungserbringer nicht berechtigt, vertragsärztliche Verordnungen außer nach Ziff. 8 zu ändern oder zu ergänzen, es sei denn es wurde zuvor telefonische Rücksprache mit dem zuständigen Vertragsarzt genommen und von dort genehmigte Änderungen wurden auf der Verordnung mit Datum und Handzeichen des Leistungserbringers auf dem Verordnungsblatt vermerkt. In Ziff. 8 sind u.a. Fälle geregelt, in denen bei verspätetem Beginn oder überlanger Behandlungsunterbrechung die Verordnung ungültig wird. Nach Ziff. 10 besteht für Leistungen auf der Basis einer ungültigen Verordnung im Sinne der Ziff. 8 kein Vergütungsanspruch. Bei einer Kündigung bzw. Teilkündigung des RV bestehen die Regelungen des RV bzw. der jeweiligen Anlage bis zu einer neuen vertraglichen Regelung unverändert weiter (§ 23 Ziff. 4).
Mit einer Verordnung, die die Beklagte nicht mehr vorlegen konnte, wurden für den bei der Beklagten versicherten B. Z. zehn Heilmittel verordnet. Die Klägerin stellte der Beklagten am 20. Februar 2006 u.a. diese Heilmittelverordnung mit einem Betrag von EUR 119,60 in Rechnung. Mit Schreiben vom 10. März 2006 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung in Höhe von EUR 51,84 mit der Begründung ab, die Verordnung enthalte einen offensichtlichen Verstoß gegen die HMR. Bei WS2a seien nur sechs Behandlungen vorgesehen.
Am 20. März und 24. Mai 2006 verordneten die Ärzte der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg im Breisgau (Unterschrift nicht leserlich) für den bei der Beklagten versicherten B. Z. zehnmal krankengymnastische Übungen ein- bis zweimal wöchentlich. In allen Verordnungen wurde als Indikationsschlüssel WS2a angegeben, als Diagnose LWS-Syndrom bei Poliomyelitis sowie Folgeverordnung angekreuzt. Nicht angekreuzt war in allen Verordnungen die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles." Unter "Medizinische Begründung bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles" war in allen Verordnungen angegeben "zur Minderung einer Progression bei Poliomyelitis." Die Klägerin stellte der Beklagten mit Rechnungen vom 27. Mai und 27. Oktober 2006 hierfür jeweils einen Betrag von EUR 119,60 (EUR 144,00 abzüglich EUR 24,40 Zuzahlung des Versicherten) in Rechnung. Mit Schreiben vom 09. Juni und 08. November 2006 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnungen in Höhe von jeweils EUR 51,84 mit der Begründung ab, die Verordnungen enthielten einen offensichtlichen Verstoß gegen die HMR. Bei WS2a seien nur sechs Behandlungen vorgesehen.
Am 09. Januar, 03. April und 06. Juni 2006 verordnete Internist Dr. E. für die bei der Beklagten versicherte H. U. jeweils zehnmal Krankengymnastik (KG) ein- bis zweimal wöchentlich sowie zehnmal Manuelle Therapie (MT) ein- bis zweimal wöchentlich. In allen Verordnungen wurde als Indikationsschlüssel WS2a angegeben, als Diagnosen Schulter-Arm-Syndrom, Zustand nach Bypass-Operation, schmerzhafte Bewegungseinschränkung sowie Folgeverordnung angekreuzt. Die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles" war in der Verordnung vom 09. Januar 2006 nicht, in den beiden weiteren Verordnungen angekreuzt. Weiter wurde in allen Verordnungen ausgeführt, das Therapieziel sei mit der Verordnungsmenge im Regelfall nicht zu erreichen. Als medizinische Begründung bei Verordnung außerhalb des Regelfalles wurde angegeben, eine kontinuierliche weitere Behandlung ohne Unterbrechung sei für die Funktionsverbesserung notwendig. Weiter ist auf der Verordnung vom 09. Januar 2006 handschriftlich vermerkt, der Indikationsschlüssel sei nach telefonischer Rücksprache geändert worden. Die Klägerin stellte hierfür der Beklagten mit Rechnungen vom 20. April, 21. Juni und 18. August 2006 jeweils einen Betrag von EUR 314,50 in Rechnung. Mit Schreiben vom 16. Mai, 13. Juli und 11. September 2006 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnungen in Höhe von jeweils EUR 170,50 mit der Begründung ab, die Verordnungen enthielten einen offensichtlichen Verstoß gegen die HMR. Bei WS2a könne nur ein vorrangiges Heilmittel bezahlt werden.
Am 04. Oktober 2005 verordneten Ärzte für Allgemeinmedizin Dres. H.-C. und B. in Freiburg im Breisgau der bei der Beklagten versicherten V. E. zwanzigmal Krankengymnastik und Extension im Schlingentisch sowie zwanzigmal "KMT" (Klassische Massagetherapie). Als Indikationsschlüssel wurde WS2b angegeben, als Diagnosen eine schwere Wirbelsäulenskoliose doppelbogig, Zustand nach Harrington-Spondylose, 1989 Metallentfernung und vierfache dorsa Osteotomie und ventrale Keilkolumnotomie. Als Leitsymptomatik wurde eine Funktionsstörung/Schmerzen durch Fehl- oder Überlastung diskoligamentärer Strukturen angegeben. Angekreuzt war weder die Rubrik Erst- noch die Rubrik Folgeverordnung, allerdings die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles." Unter "Medizinische Begründung bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles" wurde angegeben: "wegen der Schwere der Erkrankung indiziert." Die Versicherte bestätigte unterschriftlich jeweils zehn Behandlungen in der Zeit vom 22. Februar bis 28. Juni 2006 erhalten zu haben. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür mit Rechnung vom 27. Oktober 2006 den Betrag von EUR 578,00 in Rechnung. Mit Schreiben vom 08. November 2006 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung insoweit in Höhe von EUR 288,00 mit der Begründung ab, die Verordnung enthalte einen offensichtlichen Verstoß gegen die HMR. Es könnten keine zwei vorrangigen Heilmittel verordnet werden.
Am 19. Februar 2007 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG; S 1 KR 963/07) und begehrte Zahlung der abgesetzten Beträge in Höhe von insgesamt EUR 955,02. Sie machte geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten sei sie nicht verpflichtet zu prüfen, ob der Vertragsarzt die formalen Vorgaben der HMR beachtet habe. Der für ihre Tätigkeit gültige RV vom 01. Dezember 2002 sehe keine Prüfpflicht vor. Eine von der Beklagten geforderte formelle Prüfpflicht ergebe sich auch aus keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt. Weder die HMR noch die sogenannten gemeinsamen Rahmenempfehlungen würden unmittelbar für sie gelten und eine dynamische Verweisung auf diese Rechtsnormen enthalte der maßgebende RV nicht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Beschluss vom 17. April 2007 ordnete das SG das Ruhen des Verfahrens an, nachdem die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt hatten.
Die Klägerin erbrachte aufgrund einer Verordnung, die die Beklagte nicht mehr vorlegen konnte, für die bei der Beklagten versicherte H. U. Leistungen und stellte der Beklagten hierfür mit Rechnung vom 20. April 2007 den Betrag von EUR 314,50 in Rechnung. Mit Schreiben vom 08. Mai 2007 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung in Höhe von EUR 170,50 insoweit ab mit der Begründung, bei WS2a sei als vorrangiges Heilmittel entweder MT oder KG möglich.
Am 13. Mai 2008 rief die Klägerin das Verfahren wieder an und erweiterte die Klage um den Betrag von EUR 170,50 zuzüglich Zinsen, dessen Begleichung die Beklagte mit dem Schreiben vom 08. Mai 2007 (Rechnung vom 20. April 2007) abgelehnt hatte. Sie machte ergänzend geltend, allein entscheidend sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 15. November 2007 - B 3 KR 4/07 R - = SozR 4-2500 § 125 Nr. 4), welchen Inhalt der RV zu der Frage habe, welche inhaltlichen Voraussetzungen eine vertragsärztliche Verordnung erfüllen müsse. Die maßgebenden Verordnungen, deren Bezahlung durch die Beklagte verweigert werde, entsprächen den rahmenvertraglichen Vorgaben in vollem Umfang. Damit habe sie (die Klägerin) mit der jeweiligen Verordnung ein wirksames Angebot zum Abschluss eines Behandlungsvertrages erhalten, dieses angenommen, vertragsgerechte Behandlungsleistungen abgegeben und einen Zahlungsanspruch erworben.
Die Beklagte trug vor, sie habe eine Liste mit 26 Punkten erstellt, aus der sich die Prüfungspunkte zu unvollständigen und inhaltlich fehlerhaften Heilmittelverordnungen für die Leistungserbringer ergäben. Die offensichtlichen Verstöße seien in der Zusammenstellung so konkret beschrieben, dass eine positive Kenntnis der HMR nicht vorausgesetzt werde. Auch seien grundlegende Kenntnisse der HMR zweifellos bei allen Leistungserbringern vorhanden. So sei jedem Leistungserbringer sicherlich bekannt, dass eine Verordnung über zehn Behandlungen nach den HMR nur in absoluten Ausnahmefällen vorgesehen sei, also eine Beschränkung im Regelfall auf sechs Behandlungen die Obergrenze darstelle. Gleiches gelte für die vorrangigen bzw. ergänzenden Heilmittel. Eine Überprüfung medizinischer Bewertungen werde nicht gefordert. Nach den HMR seien die Krankenkassen verpflichtet darauf hinzuwirken, dass eine Kommunikation der sonstigen Leistungserbringer mit dem verordnenden Vertragsarzt stattfinde. Eine formelle Prüfpflicht auf offensichtliche Fehler der Verordnung ergebe sich für physiotherapeutische Heilmittelerbringer bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V, ebenso aus den HMR, dem RV und der Regelung des § 18 der Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer vom 25. September 2006. Auch sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass es für Leistungserbringer eine Verpflichtung zur Überprüfung vertragsärztlicher Verordnungen sogar dann gebe, wenn sie grundsätzlich formal ordnungsgemäß ausgestellt worden seien. Insgesamt sei festzustellen, dass der Therapeut rein tatsächlich in der Lage sei, Verordnungen, die nicht mit den Vorgaben der HMR übereinstimmten, zu erkennen und damit die Qualität der Heilmittelbehandlung durch Rückkopplung mit dem Arzt sicherzustellen.
Nach Erteilung des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung verurteilte das SG mit Urteil vom 24. September 2009 ohne mündliche Verhandlung die Beklagte, an die Klägerin insgesamt EUR 1.125,52 nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von EUR 51,84 seit dem 10. März 2006, aus einem Teilbetrag von EUR 170,50 seit dem 16. Mai 2006, aus einem Teilbetrag von EUR 51,84 seit dem 09. Juni 2006, aus einem Teilbetrag von EUR 170,50 seit dem 13. Juli 2006, aus einem Teilbetrag von EUR 170,50 seit dem 11. September 2006, aus einem Teilbetrag in Höhe von EUR 339,84 seit dem 08. November 2006 und aus einem Teilbetrag in Höhe von EUR 170,50 seit dem 08. Mai 2007 zu zahlen. Zur Begründung führte es aus, der Zahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus den der Behandlung der Versicherten der Beklagten zugrunde liegenden Behandlungsverträgen in Verbindung mit dem RV. Mit der Übergabe einer vertragsärztlichen Verordnung an einen zugelassenen Leistungserbringer wie die Klägerin überbringe ein Versicherter der Krankenkassen ein Angebot der Krankenkasse auf Abschluss eines Behandlungsvertrages, das vom Leistungserbringer bei Übernahme der Behandlung angenommen werde. In den Rahmenverträgen nach § 125 SGB V würden die Einzelheiten der Versorgung, die Preise und deren Abrechnung geregelt. Die Rahmenverträge legten damit den Inhalt des im Einzelfall zustande kommenden Behandlungsvertrages fest. Mängel der vertragsärztlichen Verordnungen stünden einem wirksamen Angebot auf Abschluss eines Behandlungsvertrages nicht entgegen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RV bestimme der Vertragsarzt Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen. Aus der Verordnung des Vertragsarztes ergäben sich die Diagnose, die Art und die Anzahl der Leistungen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 RV). Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 RV könnte die vertragsärztliche Verordnung zwar nur ausgeführt werden, wenn die Verordnung die nach § 4 Abs. 3 Satz 1 RV enthaltenen Informationen enthalte. Dem Leistungserbringer obliege insoweit nach der eindeutigen vertraglichen Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 3 RV jedoch keine Prüfpflicht. Aus dem RV ergebe sich damit auch keine Verpflichtung des Leistungserbringers zur Überprüfung der Vereinbarkeit der Verordnung hinsichtlich der Vorgaben der HMR. Hieraus folge eine Bindung des Physiotherapeuten an die sich aus der Verordnung ergebenden Anweisungen des Vertragsarztes. Diese Regelung entspreche der durch das Gesetz begründeten Verantwortung des Vertragsarztes bei der Heranziehung von Angehörigen nichtärztlicher Heilberufe im Rahmen der ärztlichen Behandlung (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Hilfeleistungen von Angehörigen nichtärztlicher Heilberufe müssten vom Vertragsarzt nach den Erfordernissen des Einzelfalles angeleitet und überwacht werden. Der Leistungserbringer sei zur Abgabe der vom Vertragsarzt der Art und dem Umfang nach verordneten Leistungen im Rahmen der als Anlage 3 dem RV beigefügten Leistungsbeschreibung berechtigt und auch verpflichtet (§ 3 Abs. 1 Satz 2 RV). Mit der Erbringung der Leistungen, bei denen es sich vorliegend unstreitig um Leistungen im Rahmen der Leistungsbeschreibung der Anlage 3 handele, habe die Klägerin deshalb den sich nach dem Rahmenvertrag ergebenden Vergütungsanspruch erworben.
Am 19. Oktober 2009 hat die Beklagte gegen das ihr am 28. September 2009 zugestellte Urteil des SG Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, die Klägerin hätte bei Überprüfung der Verordnungen erkennen können, dass die Verordnungen durch den Vertragsarzt nicht korrekt ausgefüllt worden seien. Sie hätte deshalb mit dem verordnenden Vertragsarzt Kontakt aufnehmen müssen. Sie - die Beklagte - habe im Jahr 2005 eine an sämtliche Leistungserbringer in Baden-Württemberg kommunizierte Liste erstellt, aus der sich die Prüfungspunkte bei unvollständigen und inhaltlich fehlerhaften Heilmittelverordnungen für Leistungserbringer ergäben. Grundlage der Überprüfungspflicht des Leistungserbringers sei die Konformität der Verordnung mit den HMR nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V. Die HMR seien für den Leistungserbringer verbindlich. Diese Auslegung durch das BSG im Urteil vom 15. November 2007 (aaO) sei noch zur Rechtslage des § 91 Abs. 9 SGB V alte Fassung (a.F.) ergangen. Zwischenzeitlich ergebe sich die Verbindlichkeit für Leistungserbringer unzweifelhaft aus § 91 Abs. 6 SGB V. Aus den vom BSG in diesem Urteil angestellten allgemeinen vertragsrechtlichen Überlegungen ergebe sich, dass bei einer für den Leistungserbringer offensichtlichen Abweichung vom Regelfall und keiner weiteren Begründung des Vertragsarztes auf der Verordnung eine Kontaktaufnahme zum Verordner zwingend wäre. Erfolge diese nicht, könne nach den Informationen an die Leistungserbringer vom 25. Februar, 18. April und 04. Mai 2005 nicht von einer wirksamen Vertretungsmacht des Vertragsarztes ausgegangen werden. Sei aber von einer "Ungültigkeit" der Verordnung auszugehen, schließe dies auch einen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers aus. Sie - die Beklagte - könne insoweit auch nicht auf die Regressmöglichkeiten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V verwiesen werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss sei berechtigt, verbindliche Vorgaben zu machen. Deshalb sei die Festlegung, dass bei Maßnahmen der physikalischen Therapie die jeweilige Verordnung nicht mehr als sechs Einzelbehandlungen umfassen solle und die Verordnung längerer Behandlungsserien einer besonderen Begründung bedürfe, eine für die wirtschaftliche Leistungserbringung notwendige Voraussetzung. Dies bedeute, dass sie - die Beklagte - sich zur Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsprinzips nicht allein auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V verweisen lassen müsse, sondern bereits ein entsprechendes Verhalten der Leistungserbringer zur Umsetzung von HMR-konformen Verordnungen bei den Leistungserbringern einfordern dürfe. Die Klägerin könne sich gegen eine ihr obliegende Prüfpflicht auch nicht mit Erfolg auf § 4 Ziff. 3 RV berufen. Zwar sei eine übergangsweise Fortgeltung des bereits zum 31. Dezember 2006 gekündigten RV in § 23 Ziff. 4 RV geregelt. Eine solche Fortsetzungsklausel könne aber nur für einen Übergangszeitraum gelten. Da wegen des Streits über die Prüfpflicht nicht absehbar sei, wann sich die Parteien über einen neuen RV würden einigen können, könne deshalb nur von einer zeitlich begrenzten Nachwirkung ausgegangen werden. Selbst wenn man aber § 4 Ziff. 3 RV als wirksam anerkennen würde, könnte diese Regelung einer formellen Prüfpflicht der Leistungserbringer nicht entgegengehalten werden. Andernfalls liege ein Verstoß gegen das in § 12 SGB V normierte Wirtschaftlichkeitsgebot vor. Dieses begrenze den Leistungsanspruch des Versicherten, der nur Leistungen beanspruchen könne, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich seien. Im Regelfall könne ein Versicherter daher keinen Versorgungsanspruch geltend machen, wenn eine vertragsärztliche Verordnung vorliege, die über den Leistungsinhalt der HMR hinausgehe. Gleiches gelte auch in den Fällen, in denen vertragsärztliche Verordnungen vorlägen, die nicht den Anforderungen der HMR entsprächen. Habe der Versicherte in diesen Fällen keinen Leistungsanspruch, dürfe aber auch der Leistungserbringer eine solche Leistung nicht bewirken. Dies setze zwingend voraus, dass sich der Leistungserbringer darüber im Klaren sei, ob ein Anspruch des Versicherten bestehe und er damit eine Leistung erbringen könne oder nicht erbringen dürfe. In Fällen wie dem vorliegenden erfordere dies eine Rückfrage beim verordnenden Vertragsarzt, um abzuklären, ob es sich um einen Regelfall oder um eine Abweichung mit entsprechender Begründung handle. Auch die HMR selbst enthielten eine entsprechende Kommunikationsforderung zwischen Leistungserbringer und verordnendem Vertragsarzt. Außerdem sei in § 4 Ziff. 3 Satz 2 RV geregelt, dass die vertragsärztliche Verordnung nur dann ausgeführt werden könne, wenn die für die Behandlung erforderlichen Informationen (Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen) in der Verordnung enthalten seien. Schon der Wortlaut des RV gehe deshalb eindeutig von einer formellen Überprüfung der vertragsärztlichen Verordnung aus. Nach § 3 Ziff. 1 RV bestimme zwar der Vertragsarzt Art und Umfang der Leistung. Zur Abgabe der Leistung sei der Leistungserbringer aber nur im Rahmen der Leistungsbeschreibung (Anlage 3 des RV) berechtigt und verpflichtet, wenn verordnungsfähige Maßnahmen der Physiotherapie gemäß den HMR vorlägen (Anlage 3 Ziff. 1, Grundsätze). Dies setze eine Prüfpflicht des Leistungserbringers auf Vollständigkeit und Plausibilität im Hinblick auf die HMR voraus. Der Ausschluss einer Prüfpflicht in § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV beziehe sich allein auf den medizinisch-materiellen Bereich der Verordnung, der unstreitig nicht zum Verantwortungsbereich des Leistungserbringers gehöre. Schließlich sei auch im RV an mehreren Stellen eine gesteigerte Kommunikation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt gefordert (vgl. § 4 Ziff. 6 und Ziff. 8 sowie § 11 Ziff. 2 RV). Auch im Urteil vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R = SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) habe das BSG entschieden, dass der Heilmittelerbringer den Inhalt der ärztlichen Verordnung insoweit zu prüfen habe, als er Leistungen zu Lasten der Krankenkassen nur auf Basis einer gültigen Verordnung erbringen dürfe, welche die für eine wirksame und wirtschaftliche Heilmitteltherapie notwendigen ärztlichen Angaben enthalte. Ein Vergütungsanspruch könne weder unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 677 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) noch aus §§ 812 ff. BGB hergeleitet werden. Zum einen stelle die Vergütungsvereinbarung eine erschöpfende Regelung dar, die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließe. Zum anderen habe die Leistungserbringung der Klägerin nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot in der gesetzlichen Krankenversicherung entsprochen, sodass die Geschäftsführung nicht in ihrem Interesse liege. Die vorliegenden streitgegenständlichen Verordnungen hätten diese formellen Voraussetzungen nicht erfüllt, sodass für die Klägerin kein Vergütungsanspruch entstanden sei. In den streitgegenständlichen Verordnungen für den Versicherten B. Z. liege der Fehler darin, dass gemäß Teil II Ziff. 11.2.3 des Kataloges über die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V (Heilmittel-Katalog), der Bestandteil der HMR sei, die maximale Verordnungsmenge bei Erst- und Folgeverordnungen bis zum Erreichen der Gesamtverordnungsmenge jedes Regelfalls bis zu sechs Einheiten betrage. Bei den streitgegenständlichen Verordnungen für die Versicherte H. U. sei nach den HMR bei gleicher Indikation eine gleichzeitige Abgabe von Krankengymnastik und Manueller Therapie nicht möglich, sodass keine gültigen Verordnungen vorlägen. Vorstehendes gelte auch für die gleichzeitige Verordnung von Krankengymnastik und Klassischer Massagetherapie, sodass auch die Verordnung für die Versicherte V. E., mit der gleichzeitig Krankengymnastik und Klassische Massagetherapie verordnet worden seien, ungültig sei.
Die Beklagte hat die mit Schreiben vom 10. März 2006 und 08. Mai 2007 abgesetzten Beträge von EUR 51,84 und EUR 170,50 anerkannt, weil sie die entsprechenden Verordnungen nicht hat vorlegen können. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit diese über das angenommene Teilanerkenntnis hinausgeht.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, ihr obliege keine Prüfpflicht hinsichtlich der ihr vorgelegten Heilmittelverordnungen. Auch die Entscheidung des BSG vom 27. Oktober 2009 stütze die Auffassung der Beklagten nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft, zulässig und begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin die geltend gemachten weiteren Vergütungen für physiotherapeutische Leistungen in Höhe von EUR 903,18 (EUR 1.125,52 abzüglich des anerkannten Betrags von EUR 222,34) zu zahlen.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zulässigerweise als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG. Es war weder ein Widerspruchsverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist einzuhalten (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. September 2002, B 3 KR 2/02 R in Juris = SozR 3-2500 § 132a Nr. 3).
Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Klägerin ist § 125 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 15 Ziff. 1 des zum 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen RV sowie der in Anl. 5 zu diesem RV enthaltenen Preisvereinbarung. Die von der Klägerin abgerechneten (zuletzt noch streitigen) Leistungen wurden im Jahre 2006 erbracht. Zwar wurde der RV vom 01. Dezember 2002 zum 31. Dezember 2006 gekündigt. Eine neue vertragliche Regelung ist seither jedoch nicht erfolgt, sodass der RV auch über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus nach der Fortgeltungsklausel des § 23 Ziff. 4 RV weiter gilt und dem Begehren der Klägerin zugrunde zu legen ist.
Voraussetzung des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist (neben der Leistungserbringung), dass ein Leistungsanspruch des Versicherten nach § 32 SGB V in der ab 01. April 2004 geltenden Fassung bestanden hat und das Heilmittel vertragsärztlich verordnet worden ist (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5). Das Bestehen des Leistungsanspruchs setzt voraus, dass die vertragsärztliche Verordnung gültig bzw. wirksam ist. Davon gehen auch die Vertragspartner des RV aus, wie sich aus § 4 Ziff. 10 RV ergibt. Dort ist bestimmt, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn eine (ursprünglich gültige) Verordnung gemäß § 4 Ziff. 8 Buchstabe a) und b) RV ungültig geworden ist. Nichts anderes kann gelten, wenn von vornherein gar keine gültige Verordnung vorlag. Eine vertragsärztliche Verordnung von Heilmitteln ist ungültig bzw. unwirksam, wenn sie gegen geltendes Recht verstößt. Bei der Verordnung von Heilmitteln gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V hat der Vertragsarzt die vom Gemeinsamen Bundesausschuss auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erlassenen HMR zu beachten. Die HMR legen nicht nur den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich fest, sie sind auch für die Heilmittelerbringer unmittelbar geltendes Recht (BSG a.a.O.).
Heilmittel sind nur nach Maßgabe der HMR nach pflichtgemäßem Ermessen verordnungsfähig (Teil 1 Abschnitt II Nr. 8 Satz 1 HMR). Zwar ist der Therapeut grundsätzlich (vorbehaltlich anderer Bestimmungen in den HMR) an die ärztliche Verordnung gebunden (Teil 1 Abschnitt II Nr. 9 Satz 2 HMR). Dies bedeutet aber nur, dass er weder andere noch weitere Leistungen als die vom Vertragsarzt verordneten erbringen und abrechnen darf, nicht aber, dass er berechtigt oder gar verpflichtet ist, jede Verordnung ohne weitere Prüfung auszuführen. Da die HMR auch gegenüber der Klägerin verbindlich und daher von ihr zu beachten sind, ist ihr die Berufung auf den Inhalt der ärztlichen Verordnung verwehrt, wenn sie erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass die vertragsärztliche Verordnung nicht mit den HMR übereinstimmt. Denn nach § 2 Abs. 4 SGB V haben auch die Leistungserbringer darauf zu achten, dass Leistungen nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Daraus sowie aus dem in § 12 SGB V geregelten Wirtschaftlichkeitsgebot und der sich aus den HMR ergebenden Pflicht zur engen Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt ergibt sich eine Pflicht der Heilmittelerbringer, die Verordnung des Vertragsarztes auf aus ihrer professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit zu überprüfen (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5; vgl. hierzu auch Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 26. Oktober 2010 - L 11 KR 1322/09 und L 11 KR 690/10 jeweils in juris sowie Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08, nicht veröffentlicht). Gleiches würde gelten, wenn auf die Leistungserbringung die Vorschriften des Zivilrechts (analog) anzuwenden wären. Denn mit Verordnungen, die mit den HMR nicht übereinstimmen, überschreitet der Vertragsarzt die ihm eingeräumte Befugnis, den Versicherten Sachleistungen auf Kosten der Krankenkasse zu verschaffen. Insoweit ist sein Handeln dem eines Vertreters ohne Vertretungsmacht vergleichbar und nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB würde in einem solchen Fall selbst eine Haftung des ohne Vertretungsmacht handelnden Vertreters ausscheiden (Urteile des LSG vom 26. Oktober 2010 a.a.O.).
Im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln gehört es daher zur Aufgabe des Leistungserbringers, zusammen mit dem Vertragsarzt eine im Rahmen der HMR erfolgende Heilmittelversorgung zu gewährleisten. Dies setzt auch voraus, dass der Leistungserbringer den Vertragsarzt auf von ihm festgestellte Abweichungen der Verordnung von den Vorgaben der HMR hinweist und dies ebenso wie eventuelle Änderungen der Verordnung dokumentiert. Von einer im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln liegenden Zusammenarbeit der Vertragsärzte und Heilmittelerbringer gehen auch die HMR und der RV aus (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -, auch zum Folgenden). Die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen dem Therapeuten als Leistungserbringer und dem Vertragsarzt sowie Vorgaben für die Art und Weise ihres Zusammenwirkens ergeben sich aus VII Ziff. 26 ff der HMR, §§ 17, 18 der Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene und aus dem RV. Zwar ist in § 3 Ziff. 1 RV bestimmt, dass Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt bestimmt. Nach § 3 Ziff. 6 RV sind die Leistungen aber auch ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen. Im Interesse einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung mit Heilmitteln kooperieren nach § 4 Ziff. 6, 7 und 8 RV die Leistungserbringer und ihre Mitarbeiter mit dem verordnenden Vertragsarzt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ihre Prüfpflicht auch nicht nach § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV, wonach dem Leistungserbringer keine Prüfpflicht obliegt, ausgeschlossen, so dass die Klägerin sich nicht auf § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV berufen kann. Denn die aufgrund gesetzlicher Normen bestehende Verpflichtung der Klägerin als Leistungserbringer vermag diese vertragliche Regelung nicht aufzuheben. Die Prüfpflicht beruht, wie das BSG in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) ausdrücklich klargestellt hat, auf höherrangigem Recht und zwar den § 2 Abs. 4 und 12 Abs.1 Satz 2 SGB V. Da somit die Regelung des § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV mit höherrangigem Recht nicht im Einklang steht, ist sie unwirksam.
Der Klägerin muss nicht zugestanden werden, dass sie Verordnungen, die nicht den HMR entsprechen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer den HMR entsprechenden Weise umsetzen dürfe und damit ihren Vergütungsanspruch begründe, da sie nicht bloße Weisungsempfängerin des Vertragsarztes sei. Abgesehen davon, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Vertragsarzt und dem Heilmittelerbringer wie ausgeführt in den HMR, in den Gemeinsamen Rahmenempfehlungen und den Rahmenverträgen ausdrücklich geregelt ist, und ein "eigenmächtiges" Vorgehen des Leistungserbringers dem nicht entspricht, ist dem entgegenzuhalten, dass im Falle des Versicherten B. Z. durch die Erbringung von jeweils zehn und damit die Erst- bzw. Folgeverordnungsmenge jeweils um vier übersteigenden Einheiten durch die Klägerin die Umsetzung der Verordnung eben gerade nicht den HMR entspricht. Es handelt sich um keine der HMR entsprechende Behandlung.
Der indikationsbezogene Katalog verordnungsfähiger Heilmittel nach § 92 Abs. 6 SGB V (Heilmittelkatalog), der Bestandteil der HMR ist, regelt nach Teil 1 Abschnitt II Ziff. 8 Satz 2 HMR &61485; die Indikationen, bei denen Heilmittel verordnungsfähig sind, &61485; die Art der verordnungsfähigen Heilmittel bei diesen Indikationen &61485; die Menge der verordnungsfähigen Heilmittel je Diagnosegruppe und &61485; die Besonderheiten bei Wiederholungsverordnungen (Folgeverordnungen). Den Heilmittelverordnungen liegt in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkatalogs ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Behandlungsziel erreicht werden kann. Die Gesamtverordnungsmenge und die Anzahl der Behandlungen (Einheiten) je Verordnung im Regelfall ergeben sich aus dem Heilmittelkatalog (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11 HMR).
Im Heilmittelkatalog unter WS2 sind jeweils diagnosebezogene vorrangige Heilmittel sowie standardisierte Heilmittelkombinationen aufgeführt. Hierfür sind in Teil 1 Abschnitt VI Ziff. 24 HMR Auswahlkriterien aufgestellt, etwa die vorrangige Verordnung von im Heilmittelkatalog als vorrangiges Heilmittel genannten Maßnahmen, die Voraussetzungen für standardisierte Heilmittelkombinationen oder die Unzulässigkeit der gleichzeitigen Verordnung einer standardisierten Heilmittelkombination mit einem weiteren Einzelheilmittel.
Auf der Grundlage dieser Vorschriften und Grundsätze ist der von der Klägerin geltend gemachte weitere Vergütungsanspruch zu verneinen.
Die Klägerin hat die physiotherapeutischen Leistungen für den Versicherten der Beklagten B. Z., deren Vergütung die Beklagte abgelehnt hat, auf der Grundlage der vertragsärztlichen Verordnungen der Ärzte der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg im Breisgau vom 20. März und 24. Mai 2006 ausgeführt. Diese Verordnungen waren als Folgeverordnung für eine Indikation der im Heilmittelkatalog aufgeführten Diagnosegruppe WS2a ausgestellt. Die Diagnosegruppe WS2 umfasst Wirbelsäulenerkrankungen mit prognostisch längerdauerndem Behandlungsbedarf (insbesondere Einschränkungen von relevanten Aktivitäten des täglichen Lebens, multistrukturelle oder funktionelle Schädigung). Nach Buchst. a ist Leitsymptomatik (Schädigung, Funktionsstörung): Funktionsstörungen/Schmerzen durch Gelenkfunktionsstörung, Gelenkblockierung (auch ISG oder Kopfgelenke). Die Verordnungsmenge belief sich jeweils auf zehn Einheiten. Für die Diagnosegruppe WS2 ist für die Folgeverordnung im Heilmittelkatalog die Verordnungsmenge mit ( = sechs Einheiten angegeben. Auch nach den allgemeinen Bestimmungen in den HMR (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11.2.3) beträgt die maximale Verordnungsmenge bei Folgeverordnungen jedes Regelfalles in der physikalischen Therapie bis zu sechs Einheiten. Ausnahmen müssen im Heilmittelkatalog aufgeführt werden, was aber hier nicht der Fall ist. Daher besteht ein Vergütungsanspruch jeweils nur für sechs Einheiten, nicht aber für zehn. Da die Beklagte den jeweils für sechs Einheiten bestehenden Vergütungsanspruch erfüllt hat, besteht kein weiterer Vergütungsanspruch der Klägerin mehr.
Die Beklagte hat von den Vergütungsansprüchen der Klägerin auch in nicht zu beanstandender Weise Beträge jeweils in der rechnerisch richtigen Höhe in Abzug gebracht. Der Nettobetrag der Verordnung vom 20. März und 24. Mai 2006 für zehn Einheiten belief sich jeweils auf EUR 119,60. Hierzu ist die Zuzahlung des Versicherten in Höhe von jeweils EUR 10,00 für die Verordnung zu addieren (§ 61 Abs. 3 SGB V). Unter Zugrundelegung eines Betrags von jeweils EUR 129,60 dividiert durch zehn Einheiten ergibt sich für eine Einheit ein Betrag von EUR 12,96 und für vier Einheiten in Höhe von EUR 51,84.
Die Klägerin hat die physiotherapeutischen Leistungen für die bei der Beklagten Versicherte H. U., deren Vergütung die Beklagte abgelehnt hat, auf der Grundlage der vertragsärztlichen Verordnungen des Dr. E. vom 09. Januar, 03. April und 06. Juni 2006 ausgeführt. Mit den genannten Verordnungen verordnete Dr. E. jeweils zehnmal Krankengymnastik und zehnmal Manuelle Therapie, wiederum zum Indikationsschlüssel WS2a. Auch hier hätten grundsätzlich entsprechend den obigen Ausführungen bei den jeweils als Folgeverordnung gekennzeichneten Verordnungen nur je bis zu sechs Einheiten verordnet werden dürfen. Hinzu kommt ein weiterer für die Klägerin erkennbarer Fehler: Bei gegebener Indikation richtet sich die Auswahl der zu verordnenden Heilmittel nach dem jeweils therapeutisch im Vordergrund stehenden Behandlungsziel (Teil 1 Abschnitt VI Nr. 24 HMR). Dabei soll vorrangig eine im Heilmittelkatalog als "vorrangiges Heilmittel" genannte Maßnahme zur Anwendung kommen. Soweit medizinisch erforderlich kann zu einem "vorrangigen Heilmittel" (A) nur ein weiteres im Heilmittelkatalog genanntes "ergänzendes Heilmittel" (C) verordnet werden. Sowohl bei der verordneten Krankengymnastik als auch bei der Manuellen Therapie handelt es sich aber um ein "vorrangiges Heilmittel" (A). Auch dies ergibt sich aus dem Heilmittelkatalog. Der Vertragsarzt hätte in diesem Fall zwei getrennte Verordnungen ausstellen müssen.
Dr. E. hat die genannten Verordnungen - auch wenn er in der Verordnung vom 09. Januar 2006 die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles" nicht angekreuzt hatte - jeweils als Verordnung außerhalb des Regelfalles angesehen. Dies folgt aus seinen Angaben, das Therapieziel sei mit der Verordnungsmenge im Regelfall nicht zu erreichen sowie der von ihm gegebenen medizinischen Begründung für diese Verordnung außerhalb des Regelfalles, kontinuierliche weitere Behandlung ohne Unterbrechung sei für die Funktionsverbesserung notwendig. Der Heilmittelverordnung nach den HMR liegt in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkatalogs ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Therapieziel erreicht werden kann (Teil 1 Abschnitt II Nr. 11 Satz 1 HMR). Heilmittelverordnungen außerhalb des Regelfalls sind bis auf die in den Richtlinien genannten Ausnahmen nicht zulässig (Teil 1 Abschnitt II Nr.11.1 Satz 4 HMR). Lässt sich die Behandlung mit der nach Maßgabe des Heilmittelkatalogs bestimmten Gesamtverordnungsmenge nicht abschließen, sind weitere Verordnungen möglich (Verordnungen außerhalb des Regelfalles, insbesondere längerfristige Verordnungen). Solche Verordnungen bedürfen einer besonderen Begründung mit prognostischer Einschätzung. Dabei sind die Grundsätze der Verordnung im Regelfall mit Ausnahme der Nr.11.2.3 (maximale Verordnungsmenge) anzuwenden. Die Verordnungsmenge ist abhängig von der Behandlungsfrequenz so zu bemessen, dass mindestens eine ärztliche Untersuchung innerhalb einer Zeitspanne von zwölf Wochen nach der Verordnung gewährleistet ist (Teil 1 Abschnitt II Nr. 11.3 HMR). Insbesondere bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls hat der Vertragsarzt störungsbildabhängig eine weiterführende Diagnostik durchzuführen, um auf der Basis des festgestellten Therapiebedarfs, der Therapiefähigkeit, der Therapieprognose und des Therapieziels die Heilmitteltherapie fortzuführen oder andere Maßnahmen einzuleiten (Teil 1 Abschnitt II Nr. 11.4 HMR). Nach dem klaren Wortlaut der HMR besteht damit bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles ausdrücklich die Möglichkeit des Vertragsarztes, dass die Verordnungsmenge je einzelner Verordnung und auch die Gesamtverordnungsmenge über die für den Regelfall geltenden Begrenzungen hinaus erweitert werden. Auch bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles ist es jedoch nicht zulässig, zwei vorrangige Hilfsmittel in einer Verordnung zu verordnen. Die Beklagte hat die Vergütung der von der Klägerin erbrachten Leistungen jedoch bezüglich der Verordnungen für die Versicherte H. U. nicht wegen Überschreitung der Höchstmenge der einzelnen Verordnung verweigert. Vielmehr hat die Beklagte gemäß der Anlage 5 zum RV jeweils zehn Einheiten Krankengymnastik vergütet, also jeweils EUR 144,00 (zehnmal EUR 14,40). Verweigert hat sie nur die Zahlung für die entgegen den HMR erfolgte Anwendung eines zweiten vorrangigen Heilmittels (hier Manuelle Therapie) aufgrund derselben Verordnung. Dies führt jeweils zur Kürzung der Forderung der Klägerin von EUR 314,50 um EUR 170,50. Auch insoweit gelten die obigen Grundsätze, dass ohne medizinische Bewertung im Einzelfall der Leistungserbringer ohne Weiteres feststellen kann, dass die HMR auch für den Fall von Verordnungen außerhalb des Regelfalles keine gleichzeitige Verordnung zweier vorrangiger Heilmittel vorsehen.
Gleiches gilt für die Verordnung der Dres. H.-C. und B. für die Versicherte der Beklagten V. E ... Auch hier handelt es sich um eine Verordnung außerhalb des Regelfalles. Auch hier hat die Beklagte nicht die Zahl der durchgeführten Behandlungen beanstandet, sondern nur die gleichzeitige Verordnung zweier vorrangiger Heilmittel. Sie hat dementsprechend die Rechnung der Klägerin vom 27. Oktober 2006 von EUR 578,00 um EUR 288,00 gekürzt.
Die Abweichungen vom Heilmittelkatalog waren für die Klägerin auch jeweils erkennbar. Die HMR und der Heilmittel-Katalog sind ihr aufgrund ihrer in der Ausbildung erworbenen Fachkompetenz vertraut und als Grundlage ihrer beruflichen Tätigkeit im einzelnen bekannt.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) das Argument, dass die Auswirkung auf den Zahlungsanspruch von der Art des konkreten Mangels abhinge, im Zusammenhang mit der Frage herangezogen, ob für die dortige Klägerin, eine Leistungserbringerin, ein Feststellungsbegehren ausnahmsweise gegenüber einer Leistungsklage zulässig sein könnte. Das BSG geht an dieser Stelle davon aus, dass Mängel der Verordnung grundsätzlich Auswirkungen auf den Zahlungsanspruch haben, wobei die genaue Höhe des unter Berücksichtigung entsprechender Mängel zu berechnenden Vergütungsanspruchs zweifelsohne von der Art des Mangels abhängt, also etwa von der Frage, ob die vorgegebene Verordnungsmenge überschritten wurde oder ein nicht verordnungsfähiges Heilmittel verordnet wurde. Im Falle der Klägerin sind mit der Absetzung der streitgegenständlichen Beträge die Auswirkungen der mängelbehafteten Verordnungen von der Beklagten unter Berücksichtigung des konkreten Mangels umgesetzt worden (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG).
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a SGG, §§ 52 Abs. 1 und 3, 47, 63 Abs.2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Nachdem bei Einlegen der Berufung durch die Beklagte über den feststehenden Betrag von EUR 1.125,52 zu befinden war, ist dieser Betrag maßgeblich.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved