L 8 AL 98/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 Al 873/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 98/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine von der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt bewilligte Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ist eine ähnliche Leistung öffentlichrechtlicher Art i.S. des § 118 Abs.1 Nr.4 AFG.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.10.1997 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 11.07.1995 wegen Bezugs einer vorzeitigen Alterspension aus Österreich streitig.

Der am 1938 geborene Kläger war vom 26.07.1988 bis 27.02.1993 bei der Firma L. M. als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt. Er meldete sich am 18.02.1993 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin Alg ab 01.03.1993 mit einer Unterbrechung wegen Krankengeldbezugs vom 31.05. bis 24.10.1993 bis zum 20.05.1995. Ab 01.08.1993 erhielt er zusätzlich eine Rente wegen Berufsunfähigkeit von der LVA Oberbayern. Mit Wirkung vom 01.09.1993 wurde ihm außerdem eine vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter - Landesstelle Wien - in Höhe von 286,50 Österreichische Schilling = 54,92 DM gewährt.

Am 11.07.1995 meldete sich der Kläger erneut bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Wiederbewilligung von Alg. Mit Bescheid vom 08.08.1995 lehnte die Beklagte die Wiederbewilligung von Alg ab, da der Anspruch auf Alg nach § 118 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) wegen der Gewährung der vorzeitigen Alterspension aus Österreich ruhe. Dagegen erhob er Widerspruch und trug vor, er habe beantragt, den Rentenbeginn der österreichischen vorzeitigen Alterspension bis zum Beginn der deutschen Altersrente aufzuschieben. Auf eine entsprechende Anfrage der Beklagten bei der LVA Oberbayern vom 12.09.1995 teilte diese zunächst telefonisch am 19.10.1995 mit, die österreichische Pension sei nicht erwerbsfreundlich. Sie werde nicht ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgelts gezahlt (500,00 DM Hinzuverdienstgrenze). Eine weitere Stellungnahme würde erfolgen, sobald eine Antwort des zuständigen Referenten in Österreich vorliege. Mit Schreiben vom 24.10.1995 verwies die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Wien auf ihr Schreiben an den Kläger vom 24.10.1995 sowie auf eine beigefügte Broschüre und dabei insbesondere auf die Seiten 13 bis 15. In diesem als Anlage beigefügten Schreiben vom 24.10.1995 an den Kläger heißt es: "Bezugnehmend auf ihre Vorsprache bei der LVA Oberbayern bezüglich des Aufschubs des österreichischen Pensionsbeginns teilen wir ihnen mit, dass dies leider nicht möglich ist, da unser Bescheid vom 14.04.1995 bereits rechtskräftig ist."

Mit Schreiben vom 23.04.1996 teilte die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Wien mit, dass gemäß § 253 d Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit für weibliche und männliche Versicherte nach Vollendung des 55.Lebensjahres (ab 01.09.1996 57.Lebensjahr für männliche Versicherte) bestehe. Grundsätzlich könne bejaht werden, dass die vorzeitige Alterspension ihrer Gesamtkonzeption nach so bemessen sei, dass sie im Regelfall den Lebensunterhalt des Empfängers sicherstelle, unabhängig davon, ob die gewährte Leistung diesem Zweck im Einzelfall tatsächlich gerecht werde, da die aus der österreichischen Pensionsversicherung gewährten Leistungen das durch Alter, Invalidität oder Tod entfallene Erwerbseinkommen eines Versicherten in angemessener Art ersetzen sollen. Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit habe ein Versicherter nach Vollendung des 55.Lebensjahres, wenn er die Wartezeit erfüllt habe, innerhalb der letzten 36 Kalendermonate vor dem Pensionsbeginn zumindestens 24 Beitragsmonate der Pflichtversicherung oder innerhalb der letzten 180 Kalendermonaten vor dem Pensionsstichtag mindestens 36 Beitragsmonate der Pflichtversicherung zurückgelegt habe und während der letzten 15 Jahre vor dem Pensionsstichtag in mindestens der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG eine gleiche oder gleichartige Tätigkeit ausgeübt wurde und der Versicherte infolge des geistigen oder körperlichen Zustands nicht mehr im Stande sei, durch diese Tätigkeit wenigstens die Hälfte des Entgelts zu erwerben, das ein körperlich oder geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflege. Vorzeitige Alterspensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit fielen mit dem Tage weg, an dem der Versicherte eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit in Österreich ausübe oder das aus einer selbständigen bzw. unselbständigen Erwerbstätigkeit erzielte (österreichische und ausländische) Einkommen einen bestimmten Grenzbetrag, der im Jahre 1996 monatlich 3600 Österreichische Schilling betrage, übersteige. Im Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt für Arbeiter in Wien vom 23.04.1996 wurde zudem auf ein Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit vom 18.08.1994 über die Auswirkungen der Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen Arbeitsfähigkeit gemäß § 253 d ASVG verwiesen. In dem genannten Schreiben vom 18.08.1994 heißt es: "Nach Abstimmung mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ist die österreichische vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit eine der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art im Sinne des § 118 Abs.1 Nr.4 AFG. § 118 Abs.1 Nr.4 AFG ist unmittelbar auch auf ausländische Sozialleistungen anzuwenden und habe das Ruhen des Anspruches auf Alg zur Folge. Die Gleichstellungsvorschrift des Art.10 des österreichisch-deutschen Abkommens ist demnach für die Anwendung des § 118 Abs.1 Nr.4 AFG ohne Bedeutung."

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.1996 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, die österreichische vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit sei eine der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art im Sinne des § 118 Abs.1 Nr.4 AFG und sei unmittelbar auch auf diese ausländische Sozialleistung anzuwenden mit der Folge des Ruhens des Anspruchs auf Alg. Der Alg-Anspruch ruhe auch nicht nur bis zur Höhe der zuerkannten Leistung, da die vorzeitige Alterspension während einer Beschäftigung nicht ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgelts gewährt werde. § 118 Abs.2 Nr.2 b AFG greife nicht. Die österreichische vorzeitige Alterspension sei aus mehreren Gründen eine der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art.

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, seiner Meinung nach sei es nicht richtig, dass er wegen Bezugs der österreichischen vorzeitigen Alterspension, keinen Anspruch mehr auf die Bewilligung von Alg habe, da er der Arbeitsvermittlung weiterhin zur Verfügung gestanden habe.

Mit Urteil vom 31.10.1997 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 08.08.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1996 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg ab dem 11.07.1995 dem Grunde nach zu gewähren. Bei der dem Kläger nach österreichischem Recht unter Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über soziale Sicherheit vom 22.12.1996 erfolgten Zuerkennung einer Teilrente handele es sich nicht um eine dem vorgezogenen Altersruhegeld nach deutschem Recht vergleichbare Leistung im Sinne von § 118 Abs.1 Satz 1 Nr.4 AFG. Erfasst würden nämlich nur solche Leistungen, die die gleichen gemeinsamen und typischen Merkmale aufweisen würden wie die in dieser Vorschrift genannten Altersruhegelder aus der Rentenversicherung oder die Knappschaftsausgleichsleistung. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.02.1984 - 7 RAr 55/82) würden hierunter nur Leistungen öffentlich-rechtlicher Art fallen, die als Lohnersatz gedacht und ihrer Gesamtkonzeption nach so bemessen seien, dass sie allgemein den Lebensunterhalt des Berechtigten sicherstellen würden, gleich ob dies im Einzelfall dann auch verwirklicht werde (Urteil des BSG vom 03.11.1976 - 7 RAr 104/75). Entscheidend sei weiter, dass das Ruhegeld bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gewährt werde. Diese Voraussetzungen würden von der vorzeitigen Alterspension nach § 253 d des ASVG erfüllt, wie dem Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Wien vom 28.04.1996 zu entnehmen sei. Dies gelte jedoch nicht für die dem Kläger ab dem 01.09.1993 gewährte Teilrente in Höhe von 386,50 österreichische Schillinge monatlich. Als österreichische Leistung gebühre jener Teil, der dem Verhältnis der österreichischen Versicherungszeiten zur Gesamtversicherungszeit entsprechen würde. Damit reiche aber die österreichische Teil-Alterspension des Klägers nicht nur ihrer Höhe nach zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht aus, sondern sie sei auch ihrer Art nach nicht auf die Sicherung des Lebensunterhalts abgestellt, insofern nämlich als für die Berechnung der Rente in der Pension des Klägers nicht die Bedingungen gegeben seien und auch nicht gegeben sein müssten, unter denen allgemein im deutschen wie im österreichischen Rentenrecht die Lohnersatzfunktion des vorgezogenen Altersruhegeldes bzw. der vorzeitigen Alterspension verwirklicht werde, nämlich die Erfüllung einer Mindestversicherungszeit (Urteil des BSG vom 24.07.1997 - 11 RAr 95/96).

Zur Begründung der Berufung hat die Beklagte im Wesentlichen vorgetragen, sie vermöge der Argumentation des Urteils nicht zu folgen. Die österreichische vorzeitige Alterspension sei eine der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art. Bei dieser Rente handele es sich nicht um eine Teil-Pension, sondern um eine volle Rente aus der österreichischen Versicherungslast, deren Höhe nur als Vertragsverhältnisrente entsprechend berechnet werde (vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 06.12.1984 - L 9 AL 251/83 sowie auch Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30.11.1984 - L 6 AR 64/84). Es sei auch unerheblich, dass die Leistung des österreichischen Pensionsträgers hier der "angemessenen Ersetzung" von Erwerbseinkommen nicht gerecht werde, weil der Kläger nur in geringem Umfang österreichische Versicherungszeiten und dadurch den geringen Pensionsanspruch habe.

Der vonseiten des Gerichts von der Pensionsversicherungsanstalt in Wien angeforderte Versicherungsverlauf des Klägers wies 22 Monate der Pflichtversicherung und 71 neutrale Monate auf.

Die Beklagte führte mit Schriftsatz vom 14.02.2000 im Wesentlichen aus, eine der deutschen Altersrente entsprechende Leistung werde nicht nur dann angenommen, wenn die Voraussetzungen der deutschen Altersrente zu Grunde liegen würden, sondern vielmehr schon dann, wenn eine fremde Altersrente ihrem Kerngehalt nach der deutschen Altersrente entspreche (Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 06.12.1984 - L 9 AL 251/83).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.10.1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet. Zu Recht hat die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Alg ab 11.07.1995 wegen Bezugs einer vorzeitigen Alterspension aus Österreich festgestellt.

Gemäß § 118 Abs.1 Nr.4 AFG ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art zuerkannt ist.

Die ruhensbegründende Wirkung ausländischer Leistungen richtet sich nach § 142 AFG (eingeführt durch das Gesetz vom 18.12.1992, BGBl I 2044, mit Wirkung vom 01.01.1993).

Danach ruht ein Leistungsanspruch, wenn eine ausländische Leistung bezogen wird, die den in § 118 Abs.1 Nr.1 bis 4 genannten Leistungen vergleichbar ist, und zwar in dem Umfang, in dem auch die inländische Leistung ein Ruhen verursachen würde. Bei dem Anspruch auf die ausländische Leistung muss es sich um einen der deutschen Leistung vergleichbaren Anspruch handeln.

Zu Recht hat hier die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Alg festgestellt, weil die dem Kläger von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Wien ab dem 01.09.1993 bewilligte vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit in Höhe von 386,50 Österreichische Schilling = 54,92 DM einen der deutschen Altersrente vergleichbaren Anspruch darstellt.

Bei der Beurteilung, ob eine ausländische Leistung den in § 118 Abs.1 Nr.4 AFG genannten Altersrenten vergleichbar ist, geht es darum, den Inhalt fremder Sozialrechtsvorschriften auf Sozialrechtsverhältnisse zu inländischen Sozialleistungsträgern zu übertragen. Die Anwendung des § 142 AFG erfordert damit eine rechtsvergleichende Qualifizierung von Funktion und Struktur der beiden Leistungsarten. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSGE 98, 184, 186; BSGE 73, 10, 16) ist Vergleichbarkeit dann anzunehmen, wenn die ausländischen Leistungen in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entsprechen, d.h. nach Motivation und Funktion gleichwertig sind. Nachdem eine völlige Identität kaum denkbar ist, beschränkt sich diese Beurteilung notwendigerweise auf bestimmte Eigenschaften beider Leistungsarten. Andere unwesentliche Eigenschaften beider Leistungsarten müssen bei diesem Vergleich ausscheiden. Maßgeblicher Gesichtspunkt ist die Wesentlichkeit der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis (vgl. BSGE 68, 184, 187).

Die vorzeitige österreichische Alterspension ist ein ähnlicher Bezug öffentlich-rechtlicher Art vor Vollendung des 65.Lebensjahres. Um Bezüge öffentlich-rechtlicher Art handelt es sich dann, wenn die Leistung von einem öffentlichen Träger gewährt wird, wobei es nach Sinn und Zweck der Ruhensvorschrift nicht darauf ankommt, ob die Bezüge auf öffentlichem oder privatem Recht beruhen. Diese Voraussetzungen treffen auf die dem Kläger gewährte Altersrente nach § 253 d ASVG zu. Des Weiteren sind auch die weiteren maßgeblichen Kriterien erfüllt. Die Gewährung der vorzeitigen Altersrente wegen geminderter Arbeitsfähigkeit stellt weiter auf ein bestimmtes Lebensalter ab, d.h. der zur Leistung führende Versicherungsfall tritt demzufolge erst dann ein, wenn der in seiner Arbeitsfähigkeit geminderte Versicherte ein Lebensalter von 55 Jahren (bzw. seit 01.09.1996 57 Jahre bei Männern) erreicht hat. Auch diese Voraussetzung ist beim Kläger gegeben. Des Weiteren müssen bei der Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach § 253 d ASVG strengere Voraussetzungen vorliegen als nach § 254 i.V.m. § 255 ASVG, der die Invaliditätspension regelt. Der Zweckbestimmung dieser Leistung entsprechend wird sie durch eine ausgeübte Erwerbstätigkeit beeinflusst. Wie bei allen vorzeitigen Alterspensionen nach §§ 253 bis 254, 258 ff AVSG fällt bei einem Erwerbseinkommen über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus die Pension weg.

Konzeptionell ist der vorzeitigen Alterspension die Funktion der Sicherstellung des Lebensunterhalts immanent. Ob die Leistung individuell den Lebensunterhalt tatsächlich sicherstellt, ist für die Ruhensregelung ohne Belang (vgl. BSG-Urteil vom 08.07.1993 - 7 RAr 64/92 - BSGE § 118 Nr.3 unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung des BSG). Hinzuweisen ist auch darauf, dass Hinzuverdienstmöglichkeiten die "Ähnlichkeit" nicht ausschließen (vgl. Düe in Niesel, AFG-Kommentar, § 118 Rdnr.23). Von daher spielt also die geringe Höhe des dem Kläger gewährten Betrags in Höhe von umgerechnet 54,92 DM keine Rolle.

Den genannten Kriterien sind nun die Vorschriften des deutschen Rentenrechts gegenüberzustellen und auf ihre Vergleichbarkeit bzw. Ähnlichkeit hin zu prüfen. Auch nach dem deutschen Rentenrecht werden Unterscheidungen getroffen zwischen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und zwischen Renten wegen Alters, wenn auch die Anspruchsvoraussetzungen teilweise unterschiedlich sind. Während deutsche Versicherte erst dann einen Anspruch auf eine Altersrente wegen Berufs-/Erwerbsunfähigkeit haben, wenn sie das 60.Lebensalter vollendet und eine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben, ist ein Anspruch nach österreichischem Recht bereits mit Erreichen des 55.Lebensjahres bzw. seit 01.09.1996 des 57.Lebensjahres bei einer Wartezeit von 15 Jahren gegeben. Das ändert aber nichts an dem zu Grunde liegenden Grundkonzept beider Versicherungsträger. Fest steht damit, dass das Grundkonzept der vorzeitigen Altersrente, auch bei verminderter Arbeitsfähigkeit, eine Versorgung Versicherter für den Fall des Alters darstellt, wobei vom Regelfall der Alterspension nach § 253 ASVG abweichende bzw. abgeminderte Voraussetzungen gegeben sein müssen. Grundvoraussetzung ist der Eintritt eines bestimmten Lebensalters, während ein solcher bei der Invaliditätsrente nach § 154 ASVG nicht erforderlich ist. Der Charakter einer "reinen Berufsunfähigkeitsrente" tritt von daher bei der vorzeitigen Altersrente bei verminderter Arbeitsfähigkeit klar zurück, wodurch in den Vordergrund die Versorgung für den Fall des Alters tritt. Damit weist die vorzeitige Alterspension wegen verminderter Arbeitsfähigkeit die typischen Merkmale der Altersrente auf, die Abhängigkeit vom Erreichen eines bestimmten Lebensalters, Sicherstellung des Lebensunterhalts und Gewährung durch einen öffentlichen Träger.

Beide Rentenarten, die vorzeitige Altersrente bei verminderter Arbeitsfähigkeit nach § 253 d ASVG und die deutsche Altersrente für Berufs- und Erwerbsunfähige nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind erwerbsfeindlich. Die Bezieher einer Altersrente gelten aus dem Erwerbsleben als ausgeschieden und stehen somit der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung. Nach der Intention des Gesetzgebers sollten zum einen Personen, die das 65.Lebensjahr vollendet haben, gänzlich von Ansprüchen auf Alg und Alhi ausgeschlossen werden und zum anderen sollten diesen allein aufgrund des Alters aus dem Leistungsbezug ausscheidenden Arbeitnehmern (§ 100 Abs.2 AFG) diejenigen gleichgestellt werden, die Altersruhegeld schon vor Vollendung des Regelalters von 65 Jahren in Anspruch nehmen und damit typischerweise dokumentieren, dass sie aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind (vgl. BSG vom 29.10.1997 - 7 RAr 10/97).

Daraus folgt auch, dass die nach § 253 a bis d ASVG gezahlten Renten ebenso wie die Rentenleistungen nach §§ 26 bis 40 SGB VI zum vollen Ruhen des Alg-Anspruchs führen, auch wenn dieser höher ist. Selbst beim Bezug einer Teilrente gilt der Grundsatz des § 118 Abs.1 Nr.4 AFG, dass Bezieher einer "nicht erwerbsfreundlichen" Altersrente bei Bedürftigkeit zusätzlich auf Sozialhilfe angewiesen sind, die zumindest das Existenzminimum sichert (vgl. BSG a.a.O.).

Im Hinblick auf § 142 AFG erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit eventuell bestehenden abkommensrechtlichen Besonderheiten.

Nachdem zwar beim Kläger die allgemeinen Voraussetzungen nach § 100 AFG für den Bezug von Alg vorliegen, der Anspruch aber wegen des Bezugs der vorzeitigen Alterspension aus Österreich ruht, war somit das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.10.1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war gemäß § 116 Abs.2 Nr.1 SGG die Revision zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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