L 12 AL 66/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 3 (10) AL 67/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 66/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 40/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28. März 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist, ob dem Kläger ab dem 25.05.1996 oder ab einem späteren

Zeitpunkt ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld von maximal 638 Leistungstagen zu gewähren ist.

Der am ...1942 geborene Kläger meldete sich am 13.09.1995 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Zuvor war er bei einer GmbH vom 03.01.1983 bis 06.09.1995 als Geschäftsführer tätig gewesen. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch Konkurs der Firma. Bei der Antragstellung wurde dem Kläger das Merkblatt für Arbeitslose Nr. 1 in der damals gültigen Fassung ausgehändigt. Dieses Merkblatt enthält ausführliche Hinweise dafür, wie sich ein Arbeitsloser im Leistungsbezug, z. B. bei einer Arbeitsaufnahme oder einer Leistungsunterbrechung, durch eine Fortbildungsmaßnahme zu verhalten habe, insbesondere dass er sich unmittelbar nach Beendigung der Leistungsunterbrechung erneut arbeitslos melden müsse.

Mit Bescheid vom 17.10.1995 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld mit der Begründung ab, er habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, da er zuvor nicht in einer abhängigen Beschäftigung gestanden habe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.1996 als unbegründet zurück. Hieran schloss sich ein Klageverfahren an, das vor dem Sozialgericht Detmold unter dem Aktenzeichen S 3 AR 57/96 und als Be rufungsverfahren vor dem LSG NRW unter dem Aktenzeichen L 9 AL 87/98 geführt wurden. Streitgegenstand dieses Verfahrens war allein die Frage, ob der Kläger als Geschäftsführer versicherungspflichtig abhängig beschäftigt gewesen war oder nicht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG NRW am 09.12.1999 wurden die Beteiligten vom Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass der Kläger nach dem Gesamtbild des Akteninhalts als Arbeitnehmer anzusehen sei. Daraufhin erklärte der Vertreter der Beklagten, dass sie den Bescheid vom 10.10.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.02.1996 aufhebe und dem Kläger auf seinen Antrag vom 13.09.1995 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen gewähre. Der Kläger hat dieses Anerkenntnis angenommen.

Während des Verfahrens, ob der Kläger nun als Arbeitnehmer anzusehen sei oder nicht und ob ihm Arbeitslosengeld zustehe oder nicht, nahm der Kläger vom 27.11.1995 bis 24.05.1996 auf seinen eigenen Antrag hin an einer beruflichen Bildungsmaßnahme in Vollzeit teil, wofür ihm Unterhaltsgeld nach dem europäischen Sozialfonds gezahlt worden ist. Nach Abschluss dieser Bildungsmaßnahme ist zunächst keine erneute Arbeitslosmeldung aktenkundig geworden.

In Ausführungen des Anerkenntnisses vom 09.12.1999 bewilligte die Be klagte dem Kläger Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 19.10.1995 bis zum 24.11.1995 und Unterhaltsgeld für die Zeit vom 27.11.1995 bis 24.05.1996. Mit Bescheid vom 24.05.2000 wurde dem Kläger Arbeitslosen geld für 28 Leistungstage von max. 676 möglichen Leistungstagen zu er kannt in Höhe von 104,40 DM pro Tag. Der Kläger nahm diese Leistungsbewilligung zunächst hin, weil er eigenen Angaben zu Folge davon aus ging, dass automatisch auch für die Zeit ab dem 25.05.1996 eine Lei stungsbewilligung durch die Beklagte erfolgen werde. Als dies nicht geschah, sprach der Kläger am 20.06.2000 bei der Beklagten vor und beantragte sinngemäß, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit ab dem 25.05.1996 zu gewähren.

Mit Bescheid vom 16.02.2001 teilte die Beklagte mit, dass seinem Antrag nicht entsprochen werden könne, da er sich nach Ablauf der Fortbildungsmaßnahme nicht wieder persönlich arbeitslos gemeldet habe. Mit seinem rechtzeitig eingelegten Widerspruch wies der Kläger darauf hin, dass sein Anspruch aus dem vor dem LSG NRW am 09.12.1999 erklärten Anerkenntnis der Beklagten folge. Er sei seinerzeit davon ausgegangen, dass sich dieses Anerkenntnis auch auf die Zeit nach Beendigung der Maßnahme ab dem 25.05.1996 beziehe. Diese Auffassung teilte die Be klagte nicht und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2001 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 14.03.2001 Klage beim Sozialgericht in Detmold erhoben und zur Begründung hat er vorgetragen: Die Beklagte habe ihn nicht darauf aufmerksam gemacht, dass bei einer Ablehnung des Leistungsanspruchs die gleichen Voraussetzungen gelten, wie bei einer Leistungsgewährung. Seiner Meinung nach wirke seine Arbeitslosmeldung trotz Aufnahme der Bildungsmaßnahme weiter fort. Im Übrigen habe er sich eine Woche nach Beendigung der Bildungsmaßnahme tatsächlich beim Arbeitsamt gemeldet.

Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.02.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2001 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab dem 25.05.1996 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten. Aus den dem Kläger ausgehändigten Merk blättern ergebe sich eindeutig, dass er sich nach Ablauf einer Bildungsmaßnahme erneut arbeitslos melden müsse. Eine solche sei jedoch nicht aktenkundig geworden und die entsprechende Behauptung des Klägers sei nicht glaubhaft und nicht nachgewiesen.

Mit Urteil vom 28.03.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Ar beitslosengeld ab dem 25.05.1996, da er sich nach Ablauf der Bildungs maßnahme nach dem 24.05.1996 nicht erneut arbeitslos gemeldet habe. Etwas anderes folge auch nicht aus dem am 09.12.1999 vor dem LSG NRW abgegebenen Anerkenntnis. Das Anerkenntnis der Beklagten habe sich eindeutig nur auf den Antrag des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosengeld vom 13.09.1995 bezogen. Man habe allein darüber gestritten, ob der Kläger nun als Arbeitnehmer anzusehen sei oder nicht. Der weitere Versicherungsfall ab dem 25.05.1996 sei ersichtlich nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gewesen. Die Formulierung "nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen" könne sich nur auf die Zeit beziehen, für die unstreitig die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld ununterbrochen vorgelegen hätten. Auf einen sozialrecht lichen Herstellungsanspruch könne sich der Kläger nicht stützen, da der Beklagten kein Fehlverhalten vorzuwerfen sei. Die Hinweise in den dem Kläger ausgehändigten Merkblättern seien eindeutig gewesen. Im Üb rigen könne mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine fehlende Arbeitslosmeldung nicht ersetzt werden.

Gegen dieses ihm am 11.04.2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 12.04.2002 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 25.05.1996 bereits aus dem Anerkenntnis vom 09.12.1999 folge. Vor dem Anerkenntnis sei er gefragt worden, ob er noch arbeitslos sei, was er bejaht habe. Für ihn sei deshalb klar gewesen, dass Arbeitslosengeld auch für die Zeit ab dem 25.05.1996 zu zahlen sei. Im Übrigen sei er etwa eine Woche nach Abschluss der Maßnahme beim Arbeitsamt gewesen und habe sich darüber informiert, wie es weiter gehen solle, nachdem eine Leistungsgewährung abgelehnt worden sei und man ihn an das Sozi alamt verwiesen habe. Von der Notwendigkeit einer erneuten Antragstellung sei nicht die Rede gewesen. Zwei Tage später habe er einen Urlaub angetreten, den er der Beklagten nicht mitgeteilt habe. Beweise über die Vorsprache habe er nicht. Jedenfalls müsse die Beklagte die Vorsprache als erneute Arbeitslosmeldung werten.

Zumindest aber sei es der Beklagten nach Treu und Glauben oder wegen fehlerhafter Aufklärung und Beratung verwehrt, sich auf die fehlende erneute Arbeitslosmeldung zu berufen. Die Merkblätter der Beklagten bezögen sich nur auf Leistungsbezieher. Mit keinem Wort werde darauf hingewiesen, wie sich Personen zu verhalten hätten, deren Leistungsan spruch zu Unrecht abgelehnt worden seien und die erst im gerichtlichen Instanzenzug Recht bekämen. Er habe darauf vertraut, den Ausgang des Prozesses abwarten zu können, ohne dass ihm hierdurch Nachteile ent stünden. Da das Arbeitsamt ihn ja gerade nicht als Leistungsbezieher anerkannt und kundgetan habe, für ihn nichts tun zu können, sei es für ihm als juristischen Laien geradezu unverständlich, wenn gleichwohl von ihm verlangt werde, sich erneut nach einem Unterbrechungstatbe stand für Leistungsbezieher arbeitslos melden oder sich einen Urlaub genehmigen lassen zu müssen, obwohl er ja nach Ansicht der Beklagten überhaupt keinen Anspruch habe und dies eigentlich überflüssig sei.

Der Kläger hat mitgeteilt, vom 01.01. bis 30.04.1998 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden zu haben. Er beschränke sein Begehren auf die Zeit bis zum 31.12.1997. Einer An regung des Senates, einen Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 08.01.1997 vergleichsweise als Arbeitslosmeldung anzusehen, könne er hilfsweise näher treten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28.03.2002 zu ändernund nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtenen Urteil für zutreffend. Ein Anspruch aufgrund des Anerkenntnisses sei ab dem 25.05.1996 aus dem vom Sozialgericht genannten Gründen nicht gegeben. Eine Arbeitslosmeldung sei bis zum 20.06.2000 nicht aktenkundig. An diesem Tag sei der am 19.10.1995 entstandene Leistungsanspruch aber bereits nach § 125 Abs. 2 AFG erloschen gewesen. Eine fehlerhafte Aufklärung durch die Merk blätter sei nicht erkennbar, da der Kläger durch seine Klage gegen die Ablehnung sich selbst als Leistungsberechtigter gesehen habe. Darum habe er sich auch an die Hinweise für Leistungsbezieher halten müssen. Der gerichtlichen Anregung vom 05.08.2002 könne sie nicht nachkommen. Ein gerichtlicher Erörterungstermin sei ein Prozesstermin, der grund sätzlich eine persönliche Meldung beim Arbeitsamt nicht ersetzen könne, soweit man nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbare.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Vorstreitakte des LSG NRW - L 9 AL 87/98 - und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger ab dem 25.05.1996 kein Arbeitslosengeld zusteht.

Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt sowohl nach dem Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) wie auch nach dem im Jahr 1996 noch anwendbaren § 105 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) eine persönliche Arbeitslosmeldung beim zuständigen Arbeitsamt voraus. Die Wirkung der Arbeitslosmeldung erlischt mit der Aufnahme einer Beschäftigung dem Beginn einer Fortbildungsmaßnahme oder auch einer eigenen Abmeldung (vgl. BSG vom 14.12.1995 - 11 RAr 75/95 -; vom 06.11.1997 - 11 RAr 77/76 - und zuletzt vom 07.09.2000 - B 7 AL 2/00 R -).).

Daraus folgt, dass die am 13.10.1995 erfolgte Arbeitslosmeldung Wir kung nur bis zum Beginn der Fortbildungsmaßnahme am 27.11.1995 entfal ten konnte. Nach Beendigung der Bildungsmaßnahme am 24.05.1996 hätte somit eine erneute Arbeitslosmeldung stattfinden müsse. Eine solche ist bis zum 20.06.2000 nicht aktenkundig. Damit stand dem Kläger ab dem 25.05.1996 mangels Arbeitslosmeldung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zu, wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat.

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Anerkenntnis der Beklagten vom 09.12.1999 in dem Rechtsstreit - L 9 AL 87/98 -. Die Beklagte hat die ses Anerkenntnis mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.02.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2001 zutreffend ausge führt. Die Beklagte hat sich verpflichtet, dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 19.10.1995 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Genau dies hat die Beklagte getan, indem sie Arbeitslosengeld ab Antragstellung bis zur Beendigung der Arbeitslosigkeit am 26.11.1995 gewährt hat. Dies ist Bestandteil der allgemein üblichen Formulierung "nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen". Hätte man für spätere Zeiten z. B. nach Beendigung der Fortbildungsmaßnahme einen Anspruch begründen wollen, hätte man dies ausdrücklich in das Protokoll aufneh men müssen. Die Beklagte hat sich insbesondere nicht verpflichtet, dem Kläger für die zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses noch mögliche Restanspruchsdauer von 638 Leistungstagen Arbeitslosengeld zu zahlen. Zwar lag das Anerkenntnis im Jahr 1999, ohne einen entsprechenden Zu satz kann jedoch nicht angenommen werden, dass sich die Beklagte ver pflichten wollte, Arbeitslosengeld ohne weitere Prüfung nach ihr nicht bekannten Unterbrechungen (Maßnahme ab 27.11.1995, Urlaub im Juli 1996, Beschäftigungsverhältnis ab 01.01.1998) weiter zu gewähren. Da all diese Umstände im Zeitpunkt des Anerkenntnisses dem Kläger, aber nicht der Beklagten bekannt waren, hätte es nahe gelegen, dass der Kläger darauf gedrungen hätte, dies im Protokoll klarzustellen. Es fragt sich aber, ob die Beklagte bei einer entsprechenden Erklärung zu einem anderen Anerkenntniswortlaut wie abgegeben bereit gewesen wäre. Man hätte dies z. B. dadurch sicherstellen können, dass der Kläger die "Fehlzeiten" angegeben hätte und die Beklagte sich verpflichtet hätte, Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewäh ren und dabei von einer Arbeitslosmeldung auszugehen. Damit hätte man dem Zeitablauf bis 1999 Rechnung tragen können. Dies ist aber gerade nicht geschehen.

Eine Arbeitslosmeldung nach Ablauf der Fortbildungsmaßnahme ist nicht nachgewiesen. Der Kläger selbst behauptet eine Vorsprache beim Arbeitsamt in der ersten Woche nach Beendigung der Maßnahme, ohne dies nachweisen zu können. Inhalte des Gespräches waren aber nach eigenen Angaben die möglichen Folgen seines fehlenden Leistungsbezuges, insbe sondere die Notwendigkeit, Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Selbst wenn man in dieser nicht bewiesenen Vorsprache zu Gunsten des Klägers eine Arbeitslosmeldung sehen würden, so würde dies dem Kläger nicht viel nützen, da er ebenfalls eigenen Angaben zu Folge zwei Tage später in einen der Beklagten nicht mitgeteilten Urlaub gestartet ist, der erneut die Arbeitslosmeldung außer Kraft setzen würde. Der Überle gung des Berichterstatters, einen Erörterungstermin beim Sozialgericht als Arbeitslosmeldung anzusehen, konnte der Senat nicht folgen. Eine solche Lösung kann im Wege eines Vergleichs zu einer sachgerechten Lö sung führen, ein Erörterungstermin vor einem Gericht, bei dem auch über die Gewährung von Arbeitslosengeld gestritten wird, kann zur Überzeugung des Senats eine persönliche Arbeitslosmeldung beim Ar beitsamt jedoch nicht ersetzen.

Der Kläger kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungs anspruchs oder nach Treu und Glauben verlangen, dass die Beklagte sich nicht auf die fehlende Arbeitslosmeldung nach Beendigung der Maßnahme berufen darf. Die Beklagte muss darüber hinaus nicht wegen fehlender oder falscher Beratung in ihren Merkblättern von der Fortgeltung der Arbeitslosmeldung vom 13.09.1995 ausgehen. Wegen der Rechtsprechung des BSG zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nimmt der Senat zu nächst Bezug auf die vom Sozialgericht zutreffend zitierten BSG-Urteile. Es kann hier dahinstehen, ob man bei einem eklatanten Beratungs- oder Aufklärungsfehler die Rechtsprechung des BSG dahin fortentwickeln müsste, dass auch ausnahmsweise eine Arbeitslosmeldung fingiert werden könnte oder zumindest nach Treu und Glauben ein Beru fen auf die fehlende erneute Meldung als rechtsmissbräuchlich anzuse hen wäre. Eine fehlerhafte Beratung oder Aufklärung durch die Beklagte liegt nämlich nicht vor, so dass sich das Problem nicht stellt.

Dem Kläger sind bei seiner Arbeitslosmeldung am 13.09.1995 und vor seiner Fortbildungsmaßnahme am 21.11.1995 jeweils Merkblätter ausgehändigt worden. Aus dem Merkblatt 6 für berufliche Fortbildung und Umschulung ergibt sich aus Punkt 14 auf Seite 13, dass eine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich war. Aus dem Merkblatt 1 für Arbeitslose ergibt sich aus Nr. 1 "Arbeitslosmeldung und Antragstellung" auf Seite 6, dass nach einer Unterbrechung des Arbeitslosengeldbezuges durch eine Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme ein neuer Antrag ge stellt werden muss und dass erst vom Tag der Antragstellung an wieder Arbeitslosengeld gezahlt werden könnte. Der Kläger argumentiert nun dahin, dass sich diese Merkblätter auf Leistungsbezieher bezögen, er aber keine Leistungen erhalte habe. Die Beklagte habe ihm vielmehr rechtswidrig die Gewährung von Leistungen verweigert. Wie sich Perso nen in einem solchen Fall zu verhalten hätten, ergäbe sich aus keinem Merkblatt. Da die Beklagte ihn gerade nicht als Leistungsbezieher gesehen habe, könnten die Merkblätter auf ihn auch nicht angewendet wer den. Es sei widersinnig zu verlangen, sich erneut arbeitslos zu melden oder einen Urlaub genehmigen zu lassen, obwohl die Beklagte selbst davon ausgehe, dass dies alles mangels Erfüllung der Anspruchsvoraus setzungen nicht erforderlich sei. Er habe deshalb davon ausgehen dür fen, Zunächst den Ausgang des angestrengten Prozesses abwarten zu kön nen. Werde dieser Prozess erfolgreich abgeschlossen - hier nach vier Jahren - so läge eine Verstoß gegen Treu und Glauben vor, mit der Maß gabe, dass dem Kläger Versäumnisse, die nach den Merkblättern für Leistungsbezieher anspruchsschädlich seien, bis zum Abschluss des Pro zesses nicht vorgeworfen werden dürften. Ob dies im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs oder nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen von Treu und Glauben geschehe, sei im Ergebnis nicht entscheidend.

DieseR Argumentation des Klägers vermag der Senat nicht zu folgen. Der Kläger hat Merkblätter für den Fall erhalten, dass er Leistungen zuerkannt bekommt. Zwar ist die Leistung abgelehnt worden, der Kläger hat aber Klage erhoben und damit dokumentiert, dass er die Entscheidung für falsch hält und sich als rechtmäßiger Leistungsbezieher füh lt. Dann muss er sich nach der Auffassung des Senats auch so behandeln lassen, wenn er den Prozess gewinnt und die Entscheidung der Beklagten sich im Nachhinein tatsächlich als rechtswidrig herausstellt. Da der Kläger selbst der Meinung war, rechtmäßiger Leistungsbezieher zu sein, musste er sich auch an die Hinweise für Leistungsbezieher halten und durfte nicht erst den Prozessverlauf abwarten. Der Senat zieht Paral lelen zum Insolvenzgeldrecht. Wer meint, Anspruch auf Insolvenzgeld zu haben, der muss den erforderlichen Antrag innerhalb der Frist des § 324 Abs 3 SGB III stellen und darf nicht abwarten, ob evtl. ein einge leitetes Arbeitsgerichtsverfahren nach § 613 a BGB gegen einen Betriebsübernehmer, Erfolg hat oder nicht (vgl. zur arbeitsrechtlichen Problematik insoweit in diesem Sinne BAG vom 12.12.2000 - 9 AZR 1/00 -).

Soweit der Kläger seine Auffassung durch das Urteil des BSG vom 29.08.2002 - B 11 AL 87/01 R - bestätigt sieht, wo im Zusammenhang mit einem nicht mitgeteilten Steuerklassenwechsel strenge Maßstäbe an den Inhalt von Merkblättern der Beklagten aufgestellt worden sind, so ver mag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Im Fall des BSG ging es um die Frage, ob dem Kläger grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden konnte. Das BSG hat dies im Hinblick auf den Wortlaut der maßgeblichen Merkblätter verneint. Hier aber geht es nicht um den Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Für die Verneinung eines Arbeitslosengeldanspruches ist es unerheblich, ob die Antragstellung bewusst, fahrlässig oder un verschuldet unterblieben ist. Eine Übertragung auf den vorliegenden Fall ist nach der Überzeugung des Senats selbst dann nicht möglich, wenn man die Merkblätter einmal mit dem Kläger für unvollständig hal ten sollte. Eine Fingierung der Arbeitslosmeldung oder ihre Weitergeltung auf unbestimmte Zeit lässt sich aus dem zitierten BSG-Urteil nicht herleiten.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Der Senat sieht keine Abweichungen von der BSG-Rechtsprechung zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch oder zum Urteil vom 29.08.2002 - B 11 AL 87/01 R -. Aber möglicherweise deuten die dortigen Ausführungen zum Inhalt von Merkblättern doch auf eine Trendwende hin, die über die Beurteilung grober Fahrlässigkeit hinausgehen könnte. Wenn man entgegen der Auffassung des Senats die Merkblätter bei abgelehnten Antragstellern für nicht ausreichen halten sollte, dann könnte sich in der Tat die Frage stellen, ob man in Fällen wie den vorliegenden nicht doch Abhilfe schaffen muss und sei es, wie es dem Kläger vorschwebt, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben.
Rechtskraft
Aus
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