L 12 AL 92/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 12 AL 173/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 92/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 103/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 20.11.2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit.

Der 1957 geborene Kläger stammt aus Kasachstan. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bezog er zunächst seit dem 19.09.1990 Eingliederungsgeld bis zum 14.01.1993. Im Anschluss an eine beitragspflichtige Beschäftigung vom 08.03.1993 bis 30.04.1994 bezog er vom 01.06. bis 29.11.1994 Arbeitslosengeld und danach Arbeitslosenhilfe vom 30.11.1994 bis zum 04.03.2001. Am 29.01.2001 bot die Beklagte dem Kläger schriftlich mit Rechtsfolgenbelehrung für den Fall der Ablehnung oder des Abbruchs unter Zusage von Unterhaltsgeld mindestens in Höhe der bisher bezogenen Arbeitslosenhilfe der Übernahme der Lehrgangsgebühren und Fahrtkosten eine Bildungsmaßnahme: "Integration in gewerbliche Berufe" bei der T ... T ... C ... in D ... an. Am 06.02.2001 beantragte der Kläger die Förderung der Teilnahme an dieser Maßnahme beginnend am 05.03.2001 für die Dauer von 8 Monaten.

Am 05.03.2001 erschien der Kläger zum Maßnahmebeginn, nahm jedoch nicht aktiv an der Maßnahme teil und verließ nach einigen Stunden den Maßnahmeort, ohne den Lehrgangsvertrag zu unterschreiben. Am 05.03.2001 meldete er sich sodann erneut arbeitslos und beantragte die Wiederbewilligung von Arbeitslosenhilfe. Zu seinem Verhalten erklärte er, er habe nicht an einer Maßnahme teilgenommen, weil diese ihm branchenfremd sei und er leider z. Zt. kein Interesse daran habe.

Mit Bescheid vom 08.03.2001 und Widerspruchsbescheid vom 24.04.2001 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe mit Wirkung vom 05.03.2001 wegen eines am 05.03.2001 bestehenden Anspruchs auf Unterhaltsgeld auf. Mit Bescheid vom 06.04.2001 bewilligte sie dem Kläger Unterhaltsgeld für den 05.03.2001. Mit Bescheid vom 11.04.2001 und Widerspruchsbescheid vom 11.06.2001 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen für die Zeit vom 06.03. bis 28.05.2001 fest. In der Begründung legte sie unter an derem dar: Es könne dahinstehen, ob eine Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 3 (Sperrzeit wegen Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme) oder Nr. 4 (Sperrzeit wegen Abbruchs einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme) SGB III eingetreten sei. Entweder habe der Kläger eine ihm zumutbare Maßnahme ohne wichtigen Grund abgelehnt oder sie ohne wichtigen Grund abgebrochen. Er sei am Eröffnungstag zur Maßnahme erschienen und habe sich auch nach der Begrüßungsveranstaltung in den Räumlichkeiten des Maßnahmeträgers aufgehalten, ohne jedoch an der eigentlichen Fortbildung teilzunehmen und ohne den Maßnahmevertrag zu unterschreiben. Für sein Verhalten habe er keinen wichtigen Grund. Die Teilnahme an der Maßnahme sei ihm zumutbar gewesen. Er verfüge lediglich über eine Ausbildung als technischer Zeichner. Diesen Beruf könne er aus gesundheitlichen Gründen wegen einer Sehstörung nicht mehr ausüben. Für Tätigkeiten im kaufmännischen Bereich sei er nach Persönlichkeit und Intellekt nicht geeignet. Das Ziel der beruflichen Eingliederung müsse daher im gewerblichen Bereich gesucht werden. Solche Tätigkeiten seien ihm auch gesundheitlich zumutbar, denn er könne nach arbeitsamtsärztlichem Gutachten vollschichtig leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in abwechselnder Arbeitshaltung verrichten.

Mit Bescheid vom 18.04.2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab 29.05.2001.

Der Kläger hat am 22.05.2001 vor dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben und ausgeführt: Es sei zwar richtig, dass er am 05.03.2001 zur Tertia gefahren und sich dort auch aufgehalten habe. An der Maßnahme habe er jedoch nicht teilgenommen, weil sie für ihn nicht das Richtige sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2001 zu verurteilen, ihm ab 05.03.2001 weiterhin Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.11.2001 unter anderem mit folgender Begründung abgewiesen: Die Klage sei nicht begründet. Die Beklagte habe zu Recht den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit vom 06.03. bis 28.05.2001 festgestellt und dem Kläger erst nach Ablauf der Sperrzeit Arbeitslosenhilfe wieder bewilligt. Der Kläger habe den Sperrzeittatbestand des § 144 Abs. 1 Nr. 4 SGB III verwirklicht. Er habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung abgebrochen, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Er habe die Teilnahme an der Maßnahme selbst beantragt und sei über den Maßnahmeinhalt informiert gewesen. Er habe an der Maßnahme auch teilgenommen, denn er sei zur Eröffnungsveranstaltung erschienen. Dass er nach der Eröffnungsveranstaltung den Maßnahmevertrag nicht unterschrieben und sich nur noch einige Zeit beim Maßnahmeträger aufgehalten habe, ohne sich einer der neu gebildeten Gruppen anzuschließen, stehe dem nicht entgegen. Das Erscheinen zur Eröffnungsveranstaltung begründe den Maßnahmebeginn. Für den Abbruch der Maßnahme habe der Kläger keinen wichtigen Grund. Er gehöre zu den Langzeitarbeitslosen. Seit seiner Einreise in das Bundesgebiet im September 1990 habe er lediglich vom 03.08.1993 bis zum 30.04.1994 gearbeitet. In der übrigen Zeit habe er Leistungen bezogen. Seinen Beruf als technischer Zeichner könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Im Übrigen sei er aber leistungsfähig. Zu Recht verweise die Beklagte darauf, seine schriftlichen Äußerungen ließen erkennen, dass er für eine Tätigkeit im Bürobereich nicht in Frage komme. Der Kläger formuliere schriftlich unvollständige Sätze und beherrsche im Übrigen auch jetzt die deutsche Sprache noch nicht vollständig, wovon die Kammer sich im Termin zur mündlichen Verhandlung habe überzeugen können. Aufgrund der Dauer seiner Arbeitslosigkeit sei ihm ausgehend vom ursprünglichen Beruf eine Weiterbildung in einem gewerblichen Beruf zumutbar. Es sei unerheblich, dass er daran "zur Zeit leider kein Interesse" habe.

Gegen dieses ihm am 26.11.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.12.2001 Berufung eingelegt und vorgebracht: Er habe am 05.03.2001 an keiner Weiterbildung teilgenommen und habe an diesem Tag auch keine Weiterbildung abgebrochen. Die genannten Weiterbildung sei keine Weiterbildung zu seinem Beruf. Sie sei ihm branchenfremd. Die Sperrzeit sei ihm zu Unrecht auferlegt worden.

Der - im Termin zur mündlichen Verhandlung am 09.04.2003 trotz ordnungsgemäßer Zustellung (vgl. Zustellungsurkunde vom 29.02.2003) weder erschienene noch vertreten gewesene - Kläger hat beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 20.11.2001 zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Leistungsakten der Beklagten (Kundennummer: 938 130) und der Streitakten SG Duisburg - S 12 AL 147/01 -, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte die Streitsache im Termin zur mündlichen Verhandlung am 09.04.2003 entscheiden, obwohl der Kläger weder erschienen noch vertreten gewesen ist. Der Kläger ist nämlich mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11.04.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2001 ist nämlich rechtmäßig und beschwert dem Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat bei dem Kläger zu Recht eine Sperrzeit von 12 Wochen für die Zeit vom 06.03. bis 28.05.2001 festgestellt.

Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Im Berufungsverfahren haben sich für den Senat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass für eine andere Beurteilung des Sachverhalts sind. Der Kläger wiederholt vielmehr sein schon bisher bekanntes Vorbringen, er habe eine Weiterbildungsmaßnahme weder abgebrochen noch habe er an einer solchen teilgenommen. Der Senat kann nur wiederholen, dass diese Sichtweise des Klägers unrichtig ist. Zutreffend ist vielmehr - wie das Sozialgericht bereits ausgeführt hat - dass der Kläger am 05.03.2001 an einer Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen hat, weshalb ihm die Beklagte auch für diesen Tag Unterhaltsgeld, Fahrtkosten und Maßnahmekosten zu Recht bewilligt hat. Nach Beginn der Maßnahme, nämlich nach der Teilnahme an der Eröffnungsveranstaltung sowie dem weiteren Aufenthalt am 05.03.2001 im Gebäude des Maßnahmeträgers, hat der Kläger die Maßnahme abgebrochen. Die Weiterbildungsmaßnahme im gewerblichen Bereich war für den Kläger angesichts der vom Sozialgericht in den Entscheidungsgründen dargestellten Sachlage zumutbar. Der Abbruch der Weiterbildungsmaßnahme durch den Kläger geschah ohne wichtigen Grund. Ein wichtiger Grund ist insbesondere nicht darin zusehen, dass die Weiterbildungsmaßnahme für den Kläger "branchenfremd" war. Der Kläger irrt, wenn er annimmt, eine Weiterbildung komme für ihn nur in seinem Beruf in Frage. Dies ist schon deshalb unrichtig, weil der Kläger seinen bisherigen Beruf als technischer Zeichner wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr verrichten kann. Im Übrigen stellt es auch keinen wichtigen Grund dar, wenn der Kläger "zur Zeit leider kein Interesse" an der Maßnahme hat.

Die Sperrzeit kann auch nicht auf 6 Wochen herabgesetzt werden, weil eine besondere Härte nicht vorliegt (§ 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte sind nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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