L 12 KA 517/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 21 KA 5252/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 517/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufungen der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. März 1999 werden mit der Maßgabe, dass der Beklagte seiner Entscheidung die Rechtsauffassung des Senats zugrunde zu legen hat, zurückgewiesen.
II. Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben die außergerichtlichen Kosten der Kläger und des Beklagten für das Berufungsverfahren zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist eine Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch den Beklagten hinsichtlich der vertragszahnärztlichen Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) im Quartal 2/96 streitig.

Die Beigeladene zu 2) ist als Zahnärztin - Kieferorthopädin - in M. niedergelassen und als Vertragszahnärztin und Kieferorthopädin zugelassen.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 1996 beantragten die Kläger zu 1) bis 3) sowie die Beigeladene zu 3) und der Landesverband der Landwirtschaftlichen Krankenkassen eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit vertragszahnärztlicher Versorgung nach § 106 SGB V bezüglich der Honorarabrechnung der Beigeladenen zu 2) im Quartal 2/96. Sie baten insbesondere die Abrechnung der Bema-Nrn.8, 105 und 107 zu überprüfen, da die Höhe der prozentualen Abweichung im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses bei diesen Nummern liege. Dieser Antrag wurde der Beigeladenen zu 2) zur Stellungnahme übersandt.

Mit Bescheid vom 17. Oktober 1997, beschlossen in der Sitzung am 30. Juli 1997, setzte der Prüfungsausschuss KFO Bayern für das Quartal 2/96 folgende Honorarkürzung fest: 40 % der Leistungen nach der Bema-Nr.8 (ViPr.), 30 % der Leistungen nach der Bema-Nr.105 (Mu) und 20 % der Leistungen nach der Bema-Nr.107 (Zst). In der Entscheidungsbegründung wurde zunächst festgestellt, dass die sich aus den Unterlagen ergebende Unterschreitung des Gesamtfallwertes mit - 17 % bei den zu prüfenden Positionen nicht relevant sei, da sich der Großteil der Behandlungsleistungen von Kieferorthopäden auf die von den Krankenkassen genehmigten kieferorthopädischen Leistungen beziehe, auf die der Behandler keinen Einfluss habe. Bei den zur Prüfung anstehenden Positionen handele es sich ausnahmslos um so genannte Begleitleistungen, deren wirtschaftlicher Einsatz sehr wohl vom Kieferorthopäden beeinflusst werden könne. Es wurde dann ausgeführt, dass die Beigeladene zu 2) bei der Bema-Nr.8 den Vergleichswert um 4.900 % überschreite. Praxisbesonderheiten, die diese Abrechnungswerte erklären könnten, seien von der Beigeladenen zu 2) nicht vorgetragen worden. Es werde deshalb eine Kürzung beschlossen, obwohl sich die Beratung der Vorquartale noch nicht habe auswirken können, die Abrechnungswerte dieser Bema-Nummern seien aber drastisch angestiegen. Nach Kürzung verbleibe eine Restüberschreitung von ca. 3.000 %. Diese hohe Restüberschreitung werde nur deshalb belassen, weil sich die Beratungen der Vorquartale noch nicht auswirken konnten. Bei den Bema-Nrn.105 und 107 überschreite die Beigeladene zu 2) den Vergleichswert jeweils um 663 % bzw. 515 %. Sie bringe die Bema-Nrn.105 und 107 bei einem sehr großen Teil ihrer Gesamtpatienten zum Ansatz. Dieser schematische Ansatz könne, vor allem wegen der fehlenden Stellungnahme, nicht nachvollzogen werden. Kürzungen beliefen sich auf 2.285,11 DM.

Gegen diesen Bescheid legte die Beigeladene zu 2) Widerspruch ein, den sie schriftlich nicht begründete. An der Sitzung des Beschwerdeausschussesnahm die Beigeladene zu 2) persönlich teil, die antragstellenden Krankenkassen nahmen den Termin dagegen nicht wahr. Mit Bescheid vom 23. September 1998, beschlossen in der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1998, hob der Beschwerdeausschuss Südbayern auf den Widerspruch den Bescheid des Prüfungsausschusses auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beigeladene zu 2) habe in ihrer persönlichen Stellungnahme ausgeführt, dass sie es für notwendig erachte, sowohl vor und nach Bebänderung Vitalitätsprüfungen durchzuführen. Dort wo sie es für notwendig erachte, würde zum Teil mehrfach im Quartal Zahnstein entfernt. Auch in diesen Fällen käme jedoch der Zahnstein nur einmal pro Quartal zur Abrechnung. Der Beklagte stellte zunächst die Überschreitungswerte übereinstimmend mit dem Prüfungsausschuss fest und führte aus, da aufgrund der Anzahl der abgerechneten Leistungen eine Einzelfallprüfung nicht möglich und zumutbar sei, werde die statistische Prüfmethode gewählt. Dabei sei zu prüfen, ob Gründe vorlägen, die diese Überschreitung rechtfertigten. Es werde jedoch von einer Vergütungsberichtigung abgesehen, da sich die Beratung (4/95 und 1/96) noch nicht habe auswirken können. Außerdem liege der Gesamtfallwert mit - 17 % unter dem Landesdurchschnitt.

Gegen diesen Bescheid erhoben der VdAK, der BKK-Landesverband und der Landesverband der Innungskrankenkassen Klage, die am 20. Oktober 1998 beim Sozialgericht München einging. In ihrer Klagebegründung machen die Kläger geltend, dass sich der Beklagte bezüglich seiner Entscheidung darauf berufe, dass sich die Beratung für die Quartale 4/95 und 1/96 noch nicht habe auswirken können und der Gesamtfall mit - 17 % unter dem Landesdurchschnitt liege. Der Prüfungsausschuss habe in seiner Entscheidungsbegründung jedoch dargestellt, dass die Unterschreitung des Fallwertes bei den zu prüfenden Positionen (Begleitleistungen) nicht relevant sei, da sich bei Kieferorthopäden der Großteil der Behandlungsleistungen auf die von den Krankenkassen genehmigten kieferorthopädischen Leistungen beziehe, auf die der Behandler keinen Einfluss habe. Der Beklagte habe den weiteren Anstieg zu den Vorquartalen, die fachliche Nichtnachvollziehbarkeit bei der Bema-Nr.8 und den schematischen Ansatz der Bema-Nrn.105 und 107 nicht berücksichtigt. Die in dem streitbefangenen Bescheid des Beklagten erwähnten "Beratungen" seien als Bescheide ergangen und am 8. Januar 1997 und 13. Juni 1997 ausgefertigt worden. Die Kläger beantragten, den Bescheid des Beklagten vom 23. September 1998 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) vom 7. März 1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) und 2) beantragten, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 24. März 1999 hob das Sozialgericht den Bescheid des Beklagten vom 23. September 1998 auf und verurteilte den Beklagten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) vom 7. November 1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden. Die Klage sei begründet, da der angefochtene Widerspruchsbescheid nicht den Rechtsanforderungen entspreche, die an die im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfung ergangenen Entscheidungen zu stellen seien. Insbesondere sei die äußerst knappe Begründung der Entscheidung des Beklagten für das Gericht nicht nachvollziehbar und somit nicht mit § 35 Abs.1 SGB X in Einklang zu bringen. Nach § 17 Abs.1 der Prüfungsvereinbarung könnten die Prüfungseinrichtungen als Ergebnis des Prüfverfahrens 1. keine Maßnahmen, 2. Beratungen und 3. Vergütungsberichtigungen bzw. Regresse beschließen. Eine Vergütungsberichtigung solle dabei frühestens in dem Quartal erfolgen, in dem sich die Beratung auswirken könne. Der Beklagte habe zwar die Überschreitungswerte bei der Bema-Nr.8 mit 4.900 %, bei der Bema-Nr.105 mit 663 % und bei der Bema-Nr.107 mit 515 % festgestellt. Ob Gründe vorgelegen haben, die diese Überschreitung rechtfertigen würden, habe der Beklagte nicht nachgeprüft, obwohl er selbst von einer entsprechenden Pflicht ausgegangen sei. Damit habe der Beklagte keine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Behandlungsweise der Beigeladenen zu 2) im Sinne des § 106 SGB V durchgeführt. Er habe deshalb auch nicht zu dem Ergebnis kommen können, dass von einer Vergütungsberichtigung abzusehen sei, weil sich eine frühere Beratung noch nicht habe auswirken können. Von einer Vergütungsberichtigung könne erst dann abgesehen werden, wenn eine Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise festgestellt werde. Zudem müsse das Absehen von einer Vergütungsberichtigung besonders begründet werden. Diese unverzichtbaren Erwägungen fehlten in dem Widerspruchsbescheid. Dem Umstand, dass der Gesamtfallwert um - 17 % unter dem Landesdurchschnitt liege, komme bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Behandlungsweise einer Kieferorthopädin nach Auffassung der fachkundig besetzten Kammer keine entscheidende Bedeutung zu.

Gegen das den Beigeladenen am 5. Juli 1999 zugestellte Urteil legten die Beigeladene zu 2) am 28. Juli 1999 und die Beigeladene zu 1) am 2. August 1999 Berufung ein.

Die Beigeladene zu 1) führt zur Begründung ihrer Berufung aus, das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung vom 19. Juni 1996, Az.: 6 RKa 40/95, dargelegt, dass die Prüfgremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Rahmen ihres Ermessensspielraums zu entscheiden hätten, ob eine Beratung im Sinne von § 106 Abs.5 Satz 2 SGB V statt einer Honorarkürzung in Betracht komme. Das Sozialgericht sei in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil mit keinem Wort auf diese Rechtsprechung eingegangen, obwohl der Beklagte diese zum Ausgangspunkt seiner Entscheidung gemacht habe. Die Frage der Vorrangigkeit einer Beratung vor Honorarkürzung sei besonders relevant in den Fällen, in denen sich eine bereits durchgeführte Beratung in den Vorquartalen noch nicht auf die Abrechnung der Folgequartale habe auswirken können. Im vorliegenden Fall sei die Beigeladene zu 2) hinsichtlich der Abrechnungsquartale 4/95 und 1/96 durch die Prüfgremien zielgerichtet auf die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise bei kieferorthopädischer Behandlung beraten worden. Hinsichtlich der Abrechnung des Quartals 2/96 habe sich diese Beratung aber noch nicht auswirken können. Folgerichtig sei vom Beklagten unter Berücksichtigung dieses Umstandes eine erneute Beratung beschlossen worden. Dies entspreche nicht zuletzt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Beklagte habe zudem seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Gesamtfallwert bei der Abrechnung der Beigeladenen zu 2) nicht im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses liege, sondern sogar unter dem Landesdurchschnitt. Die Berücksichtigung des Gesamtfallwertes sei seit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 31. Juli 1991, Az.: 6 RKa 12/89, zwingend gefordert. Dieser Verpflichtung sei der Beklagte erkennbar nachgekommen. Das Sozialgericht habe dies ohne nähere Begründung nicht für relevant erachtet. Auch im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung sei der Gesamtfallwert ein aussagekräftiges Indiz für die Wirtschaftlichkeit der Abrechnungsweise des von der Prüfung betroffenen Vertragszahnarztes. Bei der Beigeladenen zu 2) liege der Gesamtfallwert - trotz der beanstandeten Überschreitungen bei den Bema-Nrn.8, 105 und 107 um 17 % unter dem Landesdurchschnitt. Wenn ungeachtet dessen trotzdem eine Vergütungsberichtigung erfolgen solle, müsse dies im Einzelnen dargelegt werden. Damit erweise sich die Entscheidung des Beklagten trotz ihrer Kürze als zutreffend.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. März 1999 aufzuheben und die Klagen abzuweisen. Hilfsweise beantragt sie, die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Die Beigeladene zu 2), die in der mündlichen Verhandlung entschuldigt nicht anwesed war, schließt sich der Begründung der Beigeladenen zu 1) an. Bei der statistischen Betrachtung sei zu Patienten generell zum Zahnarzt überwiesen würden, wenn Zahnstein zu entfernen sei. Damit hätte die Statistik nicht die Aussagekraft, die ihr die Kläger beimessen wollten. In ihrer Praxis würden aus Gründen der Zeitersparnis und als Serviceleistungen für den Patienten z.B. der Zahnstein sofort entfernt. Da für die Zahnsteinentfernung 27,51-DM pro Patient honoriert werde, decke diese Summe in keiner Weise die entstandenen Praxiskosten.

Die Kläger und die Beigeladene zu 3) beantragen,

die Berufungen zurückzuweisen.

Das Sozialgericht habe folgerichtig festgestellt, dass der Beschwerdeausschuss nicht nachgeprüft habe, ob Gründe vorlägen, die die Abrechnungshöhe der vom Prüfungsausschuss beanstandeten Positionen rechtfertigten. Damit habe der Beklagte keine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchgeführt und habe somit auch nicht zu dem Schluss gelangen können, dass von einer Vergütungsberichtigung abzusehen sei. Der Gesamtfallwert sei für Begleitleistungen bei Kieferorthopäden nicht relevant, da dieser durch die kieferorthopädischen Leistungen bestimmt werde. Der Umfang der kieferorthopädischen Leistungen werde durch die Schwierigkeit der kieferorthopädischen Behandlungen vorgegeben und könne somit vom Behandler nicht beeinflusst werden. Zudem werde der Umfang dieser Leistungen im Einzelfall von den Krankenkassen genehmigt und unterliege insofern nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Bei den beanstandeten Positionen handele es sich dagegen um so genannte "KFO-Begleitleistungen", die nicht der Genehmigung unterlägen. Der Prüfungsausschuss habe diesen Sachverhalt in seinem Bescheid ausgeführt, der Beschwerdeausschuss habe dies jedoch total unberücksichtigt gelassen. Die Entscheidung des Beschwerdeausschusses sei auch deshalb fehlerhaft, da die Entscheidungsbegründung nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernissen entspreche. Der Beschwerdeausschuss zitiere nur kurz die Aussagen der Beigeladenen zu 2) bei ihrer persönlichen Stellungnahme und stelle dann lapidar fest, dass keine Vergütungsberichtigung erfolge, da sich die Beratung der Quartale 4/95 und 1/96 noch nicht habe auswirken können. Er sei auch nicht darauf eingegangen, dass sich die Abrechnungswerte im Vergleich zu diesen Quartalen weiter erhöht hätten.

Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen des Beklagten sowie die Klageakte, Az.: S 21 KA 252/98 sowie die Berufungsakte mit dem Az.: L 12-KA 517/99 vor. Auf den Inhalt dieser Unterlagen, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und den zur Niederschrift erfolgten Feststellungen, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegten (§ 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) sowie statthaften (§ 143 SGG) Berufungen der Beigeladenen zu 1) und 2) sind auch im Übrigen zulässig. Die Beigeladene zu 1) ist aufgrund ihrer Mitverantwortung für die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen auch immer materiell beschwert (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.12 S.64; BSG SozR 3-2500, § 106 Nr.42 S.231; Urteil des Senats vom 26. Januar 2000, Az.: L 12 KA 510/98). Die Beigeladene zu 2) ist als betroffene Vertragszahnärztin durch die Entscheidung des Sozialgerichtes unmittelbar beschwert.

Die danach zulässigen Berufungen der Beigeladenen zu 1) und 2) sind jedoch unbegründet; der Bescheid des Beklagten vom 23. September 1998 (beschlossen am 8. Juli 1998), der allein Gegenstand des Rechtsstreites aus dem Bereich der vertrags- (zahn-)ärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.22 S.118), hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Sozialgericht hat deshalb zu Recht der gegen diesen Bescheid erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage stattgegeben und den Bescheid des Beklagten vom 23. September 1998 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 17. Oktober 1997 erneut zu entscheiden. Er hat dabei jedoch die Rechtsauffassung des Senates zu berücksichtigen.

Der Beklagte hat in seinem Bescheid ausdrücklich angegeben, dass er zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnungsweise der Beigeladenen zu 2) im Quartal 2/96 die statistische Prüfmethode gewählt hat. Rechtsgrundlage für die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten ist § 106 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB V. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die bis zum 1. Januar 1989 lediglich durch Richterrecht sanktionierte Methode des statistischen Kostenvergleichs als Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Tätigkeit anerkannt und als Regelprüfmethode übernommen. Er hat damit zugleich die zur Legitimation einer statistischen Vergleichsprüfung unerlässlichen Annahme gebilligt, dass die Gesamtheit aller (Zahn-)Ärzte im Durchschnitt gesehen wirtschaftlich behandelt, jedenfalls das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen nicht unterschreitet und dass deshalb der durchschnittliche Behandlungsaufwand der Arztgruppe grundsätzlich ein geeingeter Maßstab für die Wirtschaftlichkeitsprüfung eines Angehörigen dieser Arztgruppe ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.23 S.124).

Die gesetzliche Regelung wurde im streitigen Zeitraum (Quartal 2/96) ergänzt durch § 20 des Bundesmantelvertrages - Zahnärzte (BMV-Z) vom 13. November 1985 sowie der zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Verbänden der Krankenkassen als Anlage 4 a zum bayerischen Gesamtvertrag geschlossenen ab 1. Januar 1995 gültigen Prüfvereinbarung.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stellt im Rahmen der Prüfmethode nach Durchschnittswerten die statistische Diese muss durch eine intellektuelle Prüfung und Entscheidung ergänzt werden, bei der die für die Frage der Wirtschaftlichkeit (zahn-)medizinisch - (zahn-)ärztlichen Gesichtspunkte wie das Behandlungsverhalten und die Behandlungsweisen innerhalb der Arztgruppe und die bei dem geprüften (Zahn-)Arzt vorhandenen Praxisbesonderheiten in Rechnung zu stellen sind. Diese Gesichtspunkte sind bereits auf der ersten Prüfungsstufe von Amts wegen mitzuberücksichtigen, also bereits vor der Feststellung eines offensichtlichen Missverhältnisses (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.23 S.125 f; Nr.26 S.147 f; Nr.27 S.154; Nr.41 S.226, s.a. Urteile des Senates vom 20. September 2000, Az.: L 12 KA 511/99 und L 12 KA 528/99 sowie vom 10. November 1999, Az.: L 12 KA 501/98 und L 12 KA 502/98).

Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass der Beklagte aufgrund eines Widerspruches gegen einen Bescheid des Prüfungsausschusses - KFO Bayern tätig wurde, der sich bereits mit der Unterschreitung des Gesamtfallwertes der Beigeladenen zu 2) gegenüber den durchschnittlichen Abrechnungswerten der Kieferorthopäden in Bayern auseinandergesetzt hatte und bei der Festsetzung der Vergütungsberichtigung auch bereits berücksichtigt hatte, dass die Beigeladene zu 2) in den Vorquartalen beraten wurde und sich diese Beratung noch nicht auswirken konnte. Der Beklagte hat dagegen in dem angefochtenen Bescheid von einer Vergütungsberichtigung abgesehen, weil sich die Beratung noch nicht auswirken konnte und der Gesamtfallwert der Beigeladenen zu 2) mit 17 % unter dem Landesdurchschnitt gelegen hat. Er hat sich mit den Ausführungen des Prüfungsausschusses in seiner Entscheidung in keiner Weise auseinandergesetzt. Es ist zwar zutreffend, dass nach § 8 Abs.2 der Anlage 4 a zum GVZ (Prüfvereinbarung) eine Vergütungsberichtigung auf ausschließlich statistischer Grundlage im Regelfall nicht stattfindet, wenn eine Beratung im Sinne des § 17 Abs.1 Nr.2 noch nicht erfolgt ist und soweit Praxisbesonderheiten oder kompensatorische Einsparungen erkennbar sind. Vorliegend wurde zwar eine Beratung in den beiden Vorquartalen in Form der schriftlichen Bescheide vom 8. Januar 1997 und 13. Juni 1997 bereits durchgeführt, sie konnte sich allerdings auf das Abrechnungsverhalten der Klägerin im 2. Quartal 1996 noch nicht auswirken. Das BSG hat jedoch in der auch von der Beigeladenen zu 1) zitierten Entscheidung vom 19. Juni 1996 (SozR 3-2500 § 106 Nr.35) ausdrücklich dargelegt, dass dem Wortlaut des § 106 Abs.2 Satz 2 SGB V ein genereller Grundsatz, wonach jeder Honorarkürzung eine gezielte Beratung im Sinne eines Rechtmäßigkeitserfordernisses vorauszugehen habe, nicht zu entnehmen sei. Dagegen spreche schon, dass nach der Formulierung des Gesetzes gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen vorausgehen "sollen" und dies nur "in der Regel" zu gelten habe. Jedenfalls bei Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses sei aber eine "Abmahnung" des betroffenen Vertragsarztes hinsichtlich der einzelnen Fallüberschreitungen nicht erforderlich, weil dieses Missverhältnis so sehr ins Auge falle, dass der Arzt es entweder erkannt haben müsse oder hätte erkennen müssen. Lediglich für den Fall, dass Kürzungsmaßnahmen bei Überschreitungen unterhalb der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis vorgenommen werden sollen, sei eine vorausgehende Beratung vor Honorarkürzungsmaßnahmen erforderlich.

Der Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid die erheblichen Überschreitungswerte bei den zu prüfenden Bema-Nrn.8 mit 4.900 %, 105 mit 663 % und 107 mit 515 % ausdrücklich angeführt. Er hat auch ausgeführt, dass er seiner Prüfung der Wirtschaftlichkeit die statistische Prüfmethode zugrunde legen werde. Er hat es dann aber unterlassen, im Rahmen einer ergänzenden intellektuellen Prüfung die Ausgangsüberschreitungen zu würdigen. Es ist zwar möglich, dass der Beklagte auch bei Vorliegen derart exorbitanter Überschreitungswerte von Honorarkürzungsmaßnahmen absieht. Hierzu hätte es jedoch, vor allem wegen der Festsstellungen des Prüfungsausschusses in seinem Bescheid vom 17. Oktober 1997, der bei Vorliegen derselben Umstände zu einem anderen Ergebnis kam, einer weiteren Begründung der Entscheidung des Beklagten bedurft. Der Beklagte hat zunächst nicht festgestellt, ob er die Abrechnungsweise der Beigeladenen zu 2) als unwirtschaftlich ansieht. Dies kann lediglich unterstellt werden, da er in seinem Bescheid ausführt, dass er von einer Vergütungsberichtigung absehe, da sich die Beratung in den Vorquartalen noch nicht habe auswirken können. Eine Vergütungsberichtigung wäre nämlich nur dann überhaupt angezeigt, wenn er von einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise ausgeht.

Dass der Beklagte auf den unter dem Durchschnitt liegenden Gesamtfallwert hingewiesen hat, stellt noch keine Reflexion des Gesamtwertes dar, wie sie z.B. der Prüfungsausschuss zuvor vorgenommen hatte. Eine Unterschreitung des Gesamtfallwertes wäre nur dann in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, wenn die Beigeladene zu 2) auch allein bei den Begleitleistungen ebenfalls unter dem Gesamtfallwert der Vergleichsgruppe liegt. Kieferorthopädische Leistungen unterliegen nach § 1 Abs.2 nämlich nicht mehr der Wirtschaftlichkeitsprüfung, soweit sie Gegenstand eines vorausgegangenen Genehmigungsverfahrens waren. Nur wenn die erhöhte Anforderung für die beanstandeten Leistungen zu einer Minderanforderung bei anderen Leistungen führt und deshalb beim Gesamtfallwert eine Unterschreitung zur Folge hat, ist es gerechtfertigt, von Honorarmaßnahmen abzusehen. Insoweit bedeutet die Reflektierung des Gesamtfallwertes in einem Bescheid, wie sie das Bundessozialgericht fordert, eben mehr als nur die Wiedergabe des Gesamtfallwertes.

Insgesamt gesehen erweist sich damit die Berufung der Beigeladenen als unbegründet und ist deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufungen ohne Erfolg bleiben.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 oder 2 SGG liegen nicht vor, insbesondere kommt dem Rechtsstreit nach Auffassung des Senates keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Rechtskraft
Aus
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