L 12 KA 522/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 5256/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 522/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. April 2000 in Ziffer II und die Bescheide der Beklagten vom 16. September 1998, vom 14. Dezember 1998, vom 20. Januar 1999 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17. November 1999 hinsichtlich der Nr.Ä 5 aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Bema-Nr.61 (Dia) anstelle der geltend gemachten Ä 245 zu vergüten.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten wegen der von der Beklagten im Quartal 2/98 vorgenommenen sachlich-rechnerischen Berichtigungen der GOÄ-Nrn.Ä 5 und Ä 245 der Gebührenordnung Ärzte vom 18.03. 1965 in zwei Fällen (insgesamt fünf Absetzungen der Nr.Ä 5 und eine Absetzung der Nr.Ä 245).

Der Kläger ist als Zahnarzt und Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in M. niedergelassen und zur vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.

Die Beklagte hat im Quartal 2/98 mit Bescheid vom 16. September 1998 über sachlich-rechnerische Richtigstellung von der Abrechnung der konservierend-chirurgischen Leistungen u.a. im Fall (W.K.) fünfmal die GOÄ-Nr.Ä 5 (Visite im Krankenhaus) und im Fall (S.A.R.) die GOÄ-Nr.Ä 245 (Knochenaufmeißelung, Nekrotomie, bei kleinen Knochen) abgesetzt.

Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12. Oktober 1998 "Einspruch" eingelegt. In den allgemeinen Bestimmungen, Teil 1, der Anlage A zum BMV-Z heiße es unter Abs.3 Satz 1: "Zahnärztliche Leistungen, die nicht in diesem Bewertungsmaßstab enthalten seien, werden nach dem Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 (BGBl.I S.89 ff.) bewertet". Hierbei handele es sich um vertragliche Regelungen auf Bundesebene, die von keiner KZV, auch nicht von der KZVB, einseitig außer Kraft gesetzt werden könnten. Die Aufstellung im Rundschreiben Nr.1/97 vom 10. Februar 1997 könne nicht ausschließlich sein. Bei den streitigen Nrn.Ä 5 und Ä 245 handele es sich um Leistungen, die im Rahmen der vertragszahnärztlichen Tätigkeit unter entsprechender Indikation von MKG-Chirurgen als medizinisch notwendige Leistungen tatsächlich erbracht und gemäß den oben genannten allgemeinen Bestimmungen korrekt und vertragsgerecht abgerechnet worden seien. Selbstverständlich könnten Leistungsziffern aus der GOÄ 65 im Rahmen der KCH-Abrechnung von MKG-Chirurgen abgerechnet werden. Der Leistungstext der Nr.Ä 5 sei eindeutig. Leistungsausschlüsse oder Einschränkungen seien nicht aufgeführt. Die KZVB sei auch nicht befugt, solche nachträglich einzuführen. Die Leistung sei in allen angeführten Fällen medizinisch notwendig gewesen und sei in vollem Umfang tatsächlich erbracht worden. Die Abrechnung sei korrekt und vertragsgerecht erfolgt. Gleiches gelte für die Nr.Ä 245. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 14. Dezember 1998 den Einspruch des Klägers bezüglich der Nrn.Ä 5 und Ä 245 zurückgewiesen. Die streitigen GOÄ-Leistungen seien keine vertragszahnärztlichen, sondern ärztliche Leistungen. Aus diesem Grunde sei eine Abrechnung über die KZVB nicht möglich. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 1999 Widerspruch eingelegt. Er trägt nochmals vor, dass es sich bei den Nrn.Ä 5 und Ä 245 um Leistungen handele, die im Rahmen der vertragszahnärztlichen Tätigkeit unter entsprechender Indikation von MKG-Chirurgen bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen als notwendige Leistungen tatsächlich erbracht und gemäß den oben genannten allgemeinen Bestimmungen korrekt und vertragsgerecht abgerechnet worden seien. Das OLG Zweibrücken habe in seinem Urteil vom 21. August 1998 (Az.: 2 U 29/97) entschieden, dass zum Gebiet der Zahnheilkunde auch weitergehende als von der KZVB angegebene chirurgische Behandlungen gehörten. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 20. Januar 1999 den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Abrechnung von GOÄ-Leistungen aus der GOÄ 65 habe sich der Vorstand der Beklagten nochmals eingehend beraten. Wie den Rundschreiben Nr.6 vom 21. Oktober 1997 und Nr.2 vom 5. Mai 1998 zu entnehmen sei, seien nachträglich noch einzelne Leistungen in den Leistungskatalog für vertragszahnärztliche Leistungen aufgenommen worden. Die abgerechneten GOÄ-Nrn.5 und 245 würden nicht in den vertragszahnärztlichen Bereich fallen, so dass dem Einspruch vom 11. Januar 1999 nicht stattgegeben werden könne. Derartige Leistungen könnten entweder über die Kassenärztliche Vereinigung oder im Rahmen der Kostenerstattung privat mit den Patienten vereinbart und abgerechnet werden. Hiergegen hat der Kläger wiederum mit Schreiben vom 26. Januar 1999 Widerspruch eingelegt. Die Widerspruchsbegründung entspricht den vorhergehenden Widersprüchen bzw. Einsprüchen. Der Kläger erbittet einen klagefähigen Widerspruchsbescheid. Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 1999 den Widerspruch zurückgewiesen. Es sei ausführlich diskutiert worden, ob es sich bei den GOÄ-Nrn.Ä 5 und Ä 245 um ärztliche oder zahnärztliche Leistungen handele und ob eine Abrechnung über die KZVB möglich sei. Der Vorstand der Beklagten habe nach eingehender fachlicher Überprüfung in einem Leistungskatalog festgelegt, welche Leistungen der GOÄ 1965 dem vertragszahnärztlichen Bereich zuzuordnen seien. Mit Rundschreiben Nr.1 vom 10. Februar 1997, Anlage 3, habe die Beklagte die abrechenbaren Leistungsnummern des einheitlichen Bewertungsmaßstabes bekannt gegeben. Die GOÄ Nrn.5 und 245 seien in dem Leistungskatalog nicht enthalten und seien somit nicht als vertragszahnärztliche Leistungen abrechenbar. Die Widerspruchsstelle sei mit dem Vorstand der Beklagten der Meinung, dass die oben genannten Leistungen ärztliche Leistungen darstellten, die nicht im vertragszahnärztlichen, sondern ausschließlich im vertragsärztlichen Bereich abgerechnet werden könnten.

Hiergegen richtet sich die Klage zum Sozialgericht München vom 23. November 1999. Mit Schriftsatz vom 12. April 2000 hat der Klägerbevollmächtigte noch auf ein Verfahren vor dem Sozialgericht Kiel hingewiesen (Az.: S 13 KR 194/99).

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 12. April 2000 u.a. in Ziffer II die Klage im Verfahren mit dem Az.: S 32 KA 5256/99 abgewiesen und die Sprungrevision zugelassen. In diesem Verfahren sei die Beklagte zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung des Klägers zuständig gewesen (Hinweis auf § 19a BMV-Z, § 13 Abs.2, § 16 Abs.2, 3 BayGV-Z für den Primärkassenbereich bzw. § 12 Ziffer 1 Satz 1 EKV-Z Beschlüsse Nrn.103 und 86 der AG vom 16. Februar 1984 bzw. 27. Juni 1979 für den Ersatzkassen-Bereich). Die Kammer schließe sich dem wohl begründeten Widerspruchsbescheid der Beklagten an, § 136 Abs.3 SGG. Insoweit werde auch Bezug genommen auf das bereits zitierte Urteil der Kammer vom 21. April 1999 (Az.: S 32 KA 5025/99, nicht rechtskräftig), dessen Begründungen auch für die GOÄ-Nrn.Ä 5 und Ä 245 entsprechend gelten würden. Die Sprungrevision sei zuzulassen gewesen, da es sich bei der Abgrenzung von GOÄ-Nummern und BEMA-Nummern um grundsätzliche Angelegenheiten handele, § 161 Abs.2, § 160 Abs.2 Nr.1 SGG.

Hiergegen richtet sich die Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht vom 28. September 2000. Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte die Rundschreiben Nr.6 vom 21. Oktober 1997 und Nr.2 vom 5. Mai 1998 und die Anlage 3 zum Rundschreiben Nr.1 vom 10. Februar 1997 übersandt. Die Berufung wurde mit Schriftsatz vom 20. November 2001 näher begründet. Die Beklagte verweigere in großem Umfang die Abrechnung über die allgemeinen Bestimmungen Nr.3 des Bema-Z nach der GOÄ 65. Im vorliegenden Fall seien die Nrn.Ä 5 (Visite im Krankenhaus) und Ä 245 (Knochenaufmeißelung) betroffen. Diesbezüglich werde Bezug genommen auf die Entscheidung des Senats vom 13. Juni 2001 (Az.: L 12 KA 513/99) mit ähnlicher Problematik für die Ziffern Ä 738 (Osteotomien zur Beseitigung der Progenie) und Ä 203 (offene Sehnen- oder Muskeldurchschneidung). Die Beklagte bestreite in der Regel bei den Leistungen, die nach GOÄ 65 abgerechnet würden, dass es sich um zahnärztliche Leistungen handle und sei der Meinung, die belegzahnärztlichen Leistungen könnten nur ärztlich abgerechnet werden. Dem widerspreche § 85 BMV-Z, in dem die stationäre kassenzahnärztliche Behandlung geregelt sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 28. November 2001 wurde vorgetragen, dass es sich bei der Ziffer Ä 5 (Visite im Krankenhaus) wegen der zugrunde liegenden Diagnose um eine zahnärztliche Leistung handle. Es habe die Notwendigkeit einer belegzahnärztlichen Leistung wegen der intermaxillären Fixation bei Kieferbruchgefahr bestanden. Der Kläger sei belegärztlich/zahnärztlich im P.P. tätig, mit dem ein Vertrag bestehe. Tatsächlich gebe es auch Zahnärzte, die ausschließlich über die zahnärztliche Zulassung verfügten, belegzahnärztliche Leistungen erbrächten und über die Beklagte abrechnen würden. Aufgrund ihrer Zulassung könnten sie diese Leistungen nur über die Beklagte abrechnen. Es liege damit das gleiche Problem in Bayern vor wie bei den ambulanten Leistungen, dass die Beklagte bei den zugleich ärztlich als Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen zugelassenen Ärzten versuche, Leistungen auszugliedern und diese zu zwingen, über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) abzurechnen. In diesem Zusammenhang werde auf § 25 BMV-Z hingewiesen. Die belegzahnärztliche Versorgung habe demnach keine weiteren Voraussetzungen wie einen Belegzahnarztvertrag oder die Genehmigung durch die KZV. Konsequenterweise gehörten nach Informationen des Klägers zur zahnärztlichen Behandlung nach § 2 Abs.2b des HVM der Beklagten im Rahmen der kassenzahnärztlichen Versorgung auch die stationäre kassenzahnärztliche Versorgung gemäß § 368g Abs.6 RVO. Damit sei die belegzahnärztliche Vergütung in der Gesamtvergütung der niedergelassenen Zahnärzte entsprechend wie bei den niedergelassenen Ärzten eingeschlossen.

Der Kläger stellt sinngemäß den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. April 2000 in Ziffer II aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 16. September 1998, 14. Dezember 1998 und 20. Januar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 1999 hinsichtlich der abgesetzten Nrn.Ä 5 und Ä 245 aufzuheben und die abgesetzten Nrn.Ä 5 und Ä 245 nachzuvergüten, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte und der Beigeladene haben beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte mit dem Az.: S 32 KA 5256/99 sowie die Akte des BayLSG, Az.: L 12 KA 522/00, zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist kraft Zulassung gemäß §§ 144, 161 SGG statthaft und gemäß § 151 Abs.1 SGG auch form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Zulassung der Sprungrevision durch das Sozialgericht liegt zugleich die Zulassung der Berufung. Die Berufung ist im Sinne des Ausspruches im Tenor der Entscheidung auch begründet. Die Beklagte hat dem Kläger mit den streitgegenständlichen Bescheiden zum einen zu Unrecht in einem Fall fünfmal die Nr.Ä 5 nach dem Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 (BGBl.I S.89 ff.) abgesetzt. Anstelle der vom Kläger angesetzten Nr.Ä 245 ist dem Kläger die Bema-Nr.61 (Dia) zu vergüten.

Bei der Nr.Ä 5 handelt es sich nach Auffassung des Senats vorliegend um eine vertragszahnärztliche Visite.

Gemäß der Nr.3 der Allgemeinen Bestimmungen zum Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) werden zahnärztliche Leistungen, die nicht in diesem Bewertungsmaßstab enthalten sind, nach dem Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 (BGBl.I S.89 ff.) bewertet. Der Bema-Z enthält zwar grundsätzlich alle für einen Vertragszahnarzt abrechnungsfähigen zahnärztlichen Leistungen (vgl. Nr.1 der Allgemeinen Bestimmungen zum Bema-Z). Dieser Grundsatz wird aber durch die oben zitierte Nr.3 der Allgemeinen Bestimmungen insoweit modifiziert, als den Vertragszahnärzten ein Rückgriff auf das Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 gestattet ist mit der Einschränkung, dass es sich um zahnärztliche Leistungen handeln muss. Diese Regelung gilt auch im Ersatzkassenbereich (vgl. Anlage 1 zum Vertrag zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) sowie dem Verband der Arbeiter-Ersatzkassen e.V. (AEV). Die Visite der Nr.Ä 5 kann für sich alleine gesehen weder dem vertragsärztlichen noch dem vertragszahnärztlichen Bereich zugeordnet werden. Die Zuordnung der Nr.Ä 5 zum einen oder anderen Bereich hängt vielmehr davon ab, welchem Bereich die Hauptleistung, wegen der die Visite nach der Nr.Ä 5 erbracht und abgerechnet wurde, zuzuordnen ist. Diesbezüglich ist in einem ersten Schritt der in dem streitgegenständlichen Fall maßgebliche (zahn-)medizinische Sachverhalt festzustellen, um sodann zu prüfen, ob der so festgestellte Sachverhalt innerhalb der Grenzen des Tätigkeitsbereiches eines Zahnarztes liegt, mithin "zahnärztlich" im Sinne der Nr.3 der Allgemeinen Bestimmungen zum Bema-Z ist. In tatsächlicher Hinsicht handelte es sich bei dem Patienten W.K. um folgende klinische Diagnose: "Tief retinierte und verlagerte Zähne 18/28/38/48, nicht erhaltungswürdiger Zahn 37, ausgedehnte folikuläre Zyste linker Unterkiefer". Als Therapie hierfür war vorgesehen und wurde durchgeführt eine Kieferbruchschienung im Ober- und Unterkiefer, eine operative Entfernung der Zähne 37/38, eine Zystektomie und eine Neurolyse und Verlagerung des Nervus alveolaris links. Die Hauptleistung bei diesem operativen Eingriff bestand in der Nr.Ä 736 (besonders schwierige und umfangreiche Osteotomie zur Entfernung verlagerter oder retinierter Zähne mit partieller Kieferresektion). Insgesamt sind für den mit zwei Zahnärzten als ehrenamtliche Richter fachkundig besetzten Senat die vom Kläger in dem Behandlungsfall W.K. ausgehend von der klinischen Diagnose gewählte Therapie und die dabei unter anderem zum Ansatz gebrachten Leistungs-Nrn.Ä 736 und fünfmal Ä 5 uneingeschränkt schlüssig nachvollziehbar. Der Leistungsinhalt der Nrn.Ä 736 und der Nr.Ä 5 wurde vom Kläger in den abgerechneten Fällen erfüllt. Der fachkundig mit zwei Zahnärzten besetzte Senat hat keinen Zweifel, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen nach den Nrn.Ä 736 und Ä 5 typischerweise in das Gebiet der Oralchirurgie fallen, von der Weiterbildung auf diesem Gebiet umfasst werden und der Kläger sich damit insgesamt innerhalb des Tätigkeitsbereiches des Vertragszahnarztrechts hält. Der Senat stützt diese Überzeugung vorliegend - wie dies auch sonst bei der Abgrenzung der Fachgebietsgrenzen eines Gebietsarztes geschieht (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 29. September 1999, SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr.21 S.85/86) - auf die Weiterbildungsordnung für die bayerischen Zahnärzte, beschlossen in der Vollversammlung der Bayerischen Landeszahnärztekammer am 25. November 1994. Das zahnärztliche Berufsrecht kennt zwei Arten der Weiterbildung, die zum Führen einer Gebietsbezeichnung berechtigen (vgl. für Bayern, § 1 Abs.2 der Bayerischen Weiterbildungsordnung): zum einen den "Zahnarzt für Kieferorthopädie" bzw. "Kieferorthopäden" (vgl. § 18 Abs.1 Satz 1 der BayWBO: wer diese Gebietsbezeichnung führt, darf grundsätzlich nur in diesem Gebiet tätig werden), zum anderen den "Zahnarzt, Oralchirurgie" (vgl. § 23 Abs.1 BayWBO; wer die Gebietsbezeichnung "Zahnarzt, Oralchirurgie" führt, braucht sich in seiner Tätigkeit nicht auf das Gebiet der zahnärztlichen Chirurgie zu beschränken). Gemäß § 24 der BayWBO umfassen das Gebiet der Oralchirurgie und die Weiterbildung auf diesem Gebiet die Erkennung und Behandlung von Erkrankungen der Mundschleimhaut, der Kiefer und Zähne sowie des stomatognaten Systems als Ganzes, soweit eine chirurgische Therapie ansteht. Gemäß § 24 Abs.2 sind im Rahmen der Weiterbildung die in der Anlage 2 aufgeführten Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln. Gemäß der Anlage 2 zu § 24 Abs.2 BayWBO werden Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt in der Erkennung und chirurgischen Behandlung von Veränderungen der Mundschleimhaut unter besonderer Berücksichtigung der Präcancerosen, von hyperblasiogenen Atypien, der benignen Tumore, von Stoffwechsel- und Blutsystemerkrankungen mit oraler Symptomatik, von allen Veränderungen des Kieferskelettes im Zuge von Systemerkrankungen und Fehlbildungen, durch perapikale Entzündungen, Zysten, odontogene Tumore, spezifische Erkrankungen wie Aktiomykose, Tuberkulose etc., Osteomyelitis, Erkrankungen der Kaumuskulatur und Nervenerkrankungen der Kiefer-, Gesichtsregion, der forensischen Pathologie und der Begutachtung in der Zahn-, Mund-, Kieferregion. Besondere Bedeutung kommt der Traumatologie der Zähne und Kiefer zu. Im Rahmen der Therapie sind auch Kenntnisse zu vermitteln zur Schnittführung unter Beachtung anatomischer Strukturen, zur Nahttechnik, zur Versorgung von Blutungen, zur Biopsietechnik, zur präprothetischen Chirurgie sowie zu oralchirurgischen Aufgaben in Zusammenarbeit mit dem Kieferorthopäden, zu Methoden der oralen Implantologie unter Wertung biomedizinischer Gesichtspunkte, zu alternativen Schienungsverfahren bei Frakturen durch dentoalveoläre Drahtnähte, Plattenosteosynthese, prothetische Behelfe im Verbund mit transkutanen Drahtfixationen. Das Wissen um Risiken basierend auf allgemein-medizinischen Erkrankungen und von Maßnahmen der Notfallmedizin sind Bestandteil der Weiterbildung.

Auf der Grundlage dieses Weiterbildungsinhaltes für das Gebiet "Zahnarzt, Oralchirurgie" steht für den Senat fest, dass die beim Patienten W.K. dargelegte klinische Diagnose und deren Therapie zum Kernbereich dieses Gebietes gehören, deren Erkennung und chirurgische Behandlung im Rahmen der Weiterbildung erlernt werden. Die Verweigerung der Abrechnung der Nrn.Ä 736 und Ä 5 würde den weitergebildeten "Zahnarzt, Oralchirurgie" von für sein Gebiet wesentlichen Leistungen abschneiden, wobei die Möglichkeit des Ausweichens auf die Abrechnung über die KVB mangels Doppelzulassung grundsätzlich ausscheidet. Die zahnärztliche Chirurgie des Gebietes "Zahnarzt, Oralchirurgie" wird nicht dadurch zur ärztlichen Chirurgie, dass die streitgegenständlichen Leistungen nicht von einem weitergebildeten Zahnarzt, Oralchirurgie, sondern vorliegend von einem Zahnarzt/Arzt für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie vorgenommen werden. Hierbei ist insbesondere in statusrechtlicher Hinsicht auch zu berücksichtigen, dass das Berufsbild des MKG-Chirurgen entscheidend dadurch geprägt ist, dass er in seiner Praxis ärztliche und zahnärztliche Tätigkeiten anbietet. MKG-Chirurgen müssen daher schon seit 75 Jahren sowohl ärztlich als auch zahnärztlich ausgebildet sein. Auch nach der neuesten Muster-Weiterbildungsordnung (§ 4 Abs.1 Halbsatz 2 der vom 95. Deutschen Ärztetag 1992 in Köln beschlossenen Fassung, Beiheft zum Deutschen Ärzteblatt 1992) setzt die Weiterbildung zum MKG-Chirurgen die Approbation zugleich als Zahnarzt voraus oder entsprechend § 1 Abs.1 Satz 3 des Gesetzes über die Ausbildung der Zahnheilkunde (vom 31. März 1952, BGBl.I, S.221 mit weiteren Änderungen) die Erlaubnis des zahnärztlichen Berufes (Gleiches gilt für Bayern: § 4 Abs.1 Halbsatz 2 der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns, zuletzt i.d.F. vom 11. Oktober 1998). Die Doppelqualifikation ist Ausdruck des gewachsenen Berufsbildes des MKG-Chrirugen. Dessen Besonderheit besteht darin, dass die MKG-Chirurgie die Bereiche der Chirurgie und der Zahnheilkunde zu einem einheitlichen Beruf verbindet. Die Berufsausübung schließt typischerweise auch Leistungen ein, die sonst nur Zahnärzte erbringen dürfen. Das gewachsene Berufsbild des MKG-Chirurgen ist nach alledem durch die Doppelqualifikation und durch die Gestattung der ärztlichen als auch der zahnärztlichen Berufsausübung geprägt (vgl. zum Ganzen: BSG SozR 3-5525, § 20 Zahnärzte-ZV Nr.1 S.3; vom gleichen Tage: BSG vom 17. November 1999, Az.: B 6 KA 28/99 R; B 6 KA 29/99 R; B 6 KA 30/99 R). Vor diesem rechtlichen und tatsächlichen Hintergrund hält auch die Beklagte die Nr.Ä 736 für eine zahnärztliche Leistung im Sinne der Nr.3 der Allgemeinen Bestimmungen zum Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z), was sich allgemein durch die Aufnahme in dem sogenannten "Leistungskatalog für vertragszahnärztliche Leistungen" (vgl. Rundschreiben der Beklagten vom 21. Oktober 1997 und 5. Mai 1998) und im konkreten Fall durch die Vergütung der Leistung ergibt. Wenn es sich aber bei der Hauptleistung der Nr.Ä 736 um eine vertragszahnärztliche Leistung handelt, so gilt dies ebenso für die wegen und in engem Zusammenhang mit der Nr.Ä 736 erbrachten Visiten der Nr.Ä 5. Die Vergütung der Nr.Ä 5 ist nach Auffassung des Senats auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die streitige Nr.Ä 5 im Rahmen der belegärztlichen Tätigkeit des Klägers erbracht worden ist. Der als Zahnarzt und Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zugelassene Kläger ist als Belegarzt am P.P. tätig. Die als Belegarzt verrichtete belegärztliche Tätigkeit gehört dabei zur vertragsärztlichen Versorgung, für die die sich aus dem Vertragsarztrecht ergebenden Rechte und Pflichten gelten (BSG, SozR 3-2500 § 87 Nr.14 S.56). Deshalb werden - wie § 121 Abs.3 Satz 1 SGB V klarstellt - die belegärztlichen Leistungen aus der Gesamtvergütung vergütet. Die belegärztliche Tätigkeit stellt regelmäßig eine Fortsetzung der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit dar, weil das Schwergewicht der Gesamttätigkeit bei der ambulanten Tätigkeit verbleibt. Art und Umfang der belegärztlichen Tätigkeit sind dabei weit auszulegen. Zu den nach den Grundsätzen des Vertragsarztrechts zu honorierenden belegärztlichen Leistungen gehören nicht nur die unmittelbar von den Belegärzten selbst erbrachten Leistungen, sondern auch die vom Belegarzt veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (vgl. hierzu BSG, SozR 3-2500 § 121 Nr.3). Auch die vom Belegarzt veranlasste Tätigkeit niedergelassener Vertragsärzte anderer Fachrichtungen ist der belegärztlichen Tätigkeit zuzuordnen (vgl. Hess in Kasseler Kommentar, § 121 SGB V Rdnr.5; Henke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd.3, § 121 SGB V Rdnr.9). Dies gilt grundsätzlich auch bei der Heranziehung eines Zahnarztes durch den Belegarzt. Die insoweit von einem Vertragszahnarzt erbrachten Leistungen sind dem ambulanten vertragszahnärztlichen Bereich zuzuordnen und entsprechend über die Kassenzahnärztliche Vereinigung abzurechnen (vgl. hierzu Tiemann, Kommentar zum Bundesmantelvertrag-Zahnärzte, § 2 Rdnr.9). Die vorgenannten Grundsätze gelten gemäß § 72 Abs.1 Satz 2 SGB V auch bei einer belegzahnärztlichen Tätigkeit. Um eine solche belegzahnärztliche Tätigkeit handelt es sich vorliegend allerdings nicht. Der Kläger ist (nur) Belegarzt und nicht zugleich auch Belegzahnarzt. Eine Anerkennung als Belegzahnarzt am P.P. wäre im Übrigen gar nicht möglich, weil es dort keine belegzahnärztliche Abteilung mit belegzahnärztlichen Betten gibt. Von daher ist der Kläger - was die Abrechnung der Nrn.Ä 5 und Ä 736 anbelangt - nicht als Belegzahnarzt tätig geworden, sondern hat diese Leistungen im Rahmen seiner Belegarzttätigkeit erbracht. Auf der Grundlage der dargestellten besonderen Situation des MKG-Chirurgen/Zahnarztes mit seiner Doppelqualifikation und der Gestattung der Erbringung und Abrechnung von vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen ist dieser Personenkreis und damit der Kläger hinsichtlich der Erbringung von zahnärztlichen Leistungen einem von einem Belegarzt hinzugezogenen Zahnarzt rechtlich gleichzustellen. Deswegen bedarf es für die Erbringung und Abrechnung von zahnärztlichen Leistungen im Rahmen der belegärztlichen Tätigkeit durch einen Zahnarzt/MKG-Chirurg nicht der weiteren Anerkennung als Belegzahnarzt in Analogie zu den für das Vertragsarztrecht geltenden §§ 39 ff. BMV-Ä, 30 ff. EKV-Ä.

Anders stellt sich der tatsächliche und rechtliche Sachverhalt im Falle der Patientin S.A.R. dar. Bei dieser Patientin lag ein ausgesprägtes Diasthema mediale im Oberkiefer vor mit bis nach palatinal reichendem Lippenbändchen und dadurch bestehender Einengung des Mundvorhofes. Die Behandlung bestand in der Excision des Lippenbändchens, der partiellen Vestibulumplastik im Frontzahnbereich und einer von buccal nach palatinal durchgreifenden Osteotomie zwischen den beiden Frontzähnen auf der Länge der Zahnwurzeln. Für diesen Eingriff bedarf es nicht des Rückgriffes auf das Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 (BGBl.I, S.89 ff.), weil nach Auffassung des mit zwei Zahnärzten fachkundig besetzten Senates anstelle der vom Kläger angesetzten Nr.Ä 245 (Knochenaufmeißelung, Nekrotomie, bei kleinen Knochen) die im Bema-Z enthaltene Nr.61 (Dia - Lösen, Verlegen und Fixieren des Lippenbändchens und Durchtrennen des Septums bei echtem Diasthema) in Verbindung mit der abgerechneten Nr.59 Bema-Z (Pla 2, Mundboden- oder Vestibulumplastik im Frontzahnbereich oder in einer Kieferhälfte) anzusetzen ist, womit der gesamte Behandlungsvorgang abgedeckt wird.

Nach alledem waren das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. April 2000 und die Bescheide der Beklagten vom 16. September 1998, vom 14. Dezember 1998, vom 20. Januar 1999 und der Widerspruchsbescheid der Beigeladenen vom 17. November 1999 im Sinne des Ausspruchs im Tenor aufzuheben bzw. abzuändern.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.1 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 160 Abs.2 Nr.1 SGG zugelassen. Die Auslegung des Begriffs "zahnärztliche Leistungen" im Sinne der Nr.3 der Allgemeinen Bestimmungen zum Bema-Z und die dabei zur Anwendung kommenden Kriterien sind bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das Bundessozialgericht hat sich in einer Entscheidung (vgl. BSGE 31, 33, 36) zwar mit dem Begriff der zahnärztlichen Leistung befasst und ihn vom Anspruch des Versicherten auf zahnärztliche Behandlung her ausgelegt. Es hat jedoch keine Aussagen zur Abgrenzung der hier streitigen Frage "zahnärztliche oder ärztliche Leistung" gemacht. Die Revision wird auch zur Klärung der weiteren Rechtsfrage zugelassen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Zahnarzt und Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, der zur vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen ist, vertragszahnärztliche Leistungen, die er im Rahmen seiner belegärztlichen Tätigkeit erbracht hat, über die Kassenzahnärztliche Vereinigung abrechnen kann. Auch diese Frage ist nach Auffassung des Senats trotz der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27. Juni 2001, Az.: B 6 KA 43/00 R, noch nicht abschließend geklärt.
Rechtskraft
Aus
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