L 12 KA 60/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 1205/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 60/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. April 1999 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 1. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 1998 abgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte rechtsfehlerhaft den Antrag des Klägers auf eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gemäß Abschnitt A I (Allgemeine Bestimmungen) Teil B Ziffer 4.3 des ab dem 3. Quartal 1997 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) abgelehnt hat.

Der Kläger nimmt als Frauenarzt in S. an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Mit Bescheid vom 11. September 1991 wurde er als onkologisch verantwortlicher Arzt anerkannt. Mit diesem Bescheid sowie einen weiteren Bescheid vom 20. April 1995 wurde ihm die Genehmigung zur Abrechnung der Gebührenordnungsnummern 8650 und 8651 BMÄ sowie 8652 bis 8654 E-GO erteilt. Im letztgenannten Bescheid wurde er außerdem darauf hingewiesen, dass für die Durchführung der intravasalen (intravenös/intraarteriell) zytostatischen Polychemotherapie nach Nr.8655 E-GO der Nachweis einer weitergehenden fachlichen Befähigung erforderlich sei und zwar gemäß der Übergangsbestimmung (§ 10 Abs.2) der Nachweis einer intravasalen Zytostatika-Polychemotherapie bei mindestens 30 Patienten und die erfolgreiche Teilnahme an einem fachonkologischen Kolloquium. Werde dieser Nachweis nicht erbracht, ende die Abrechnungsberechtigung für die Nr.8655 E-GO zum 30. September 1995.

Am 20. Juni 1997 stellte der Kläger einen Antrag auf Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gemäß Abschnitt A I (Allgemeine Bestimmungen) Teil B Ziffer 4.3 des ab 1. Juli 1997 geltenden EBM wegen der Betreuung von onkologisch erkrankten Patienten. Diesen stützte er darauf, dass er als onkologisch verantwortlicher Arzt gegenüber anderen Frauenärzten einen ho- ambulanter Chemotherapien, habe.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 1997 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Laut Abschnitt A I (Allgemeine Bestimmungen) Teil B Zif- fer 4.3 des EBM könne im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarf eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gewährt werden. In der "Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997" werde diese Bestimmung dahingehend ausgelegt, dass die Budgets dann erweitert oder ausgesetzt werden könnten, wenn die dort genannten Krankheitsfälle oder spezifischen Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellten. Ein Schwerpunkt der Praxistätigkeit für onkologische Erkrankungen liege dann vor, wenn eine Genehmigung für die intravasale Polychemotherapie gemäß § 3 Abs.1 Nr.4.1 der Onkologie-Vereinbarung mit den Ersatzkassen erteilt worden sei. Eine diesbezügliche Genehmigung sei vorliegend nicht erteilt worden. Dem Antrag sei deshalb nicht stattzugeben.

Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen wie folgt: Seiner Abrechnung könne entnommen werden, dass er eine große Anzahl von onkologischen Patientinnen betreue, die wesentlich über den Durchschnitt aller anderen Kassenärzte liege. Eine einseitige Auslegung auf die Genehmigung der Ersatzkassen für die Polychemotherapie finde er absolut unsinnig. Kollegen, die keine Chemotherapie durchführen könnten, dürften danach keine besonderen Regelungen hinsichtlich ihrer Praxistätigkeit in Anspruch nehmen und zwar unabhängig von der Zahl onkologisch zu betreuender Patientinnen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach Abschnitt A I (Allgemeine Bestimmungen) Teil B Ziffer 4.3 des EBM könne die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gewähren. Die Budgets könnten insbesondere dann erweitert oder ausgesetzt werden, wenn die in der "Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997" (DÄ Heft 7/1997) genannten Krankheitsfälle oder spezifischen Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellten. Bei der Betreuung von onkologischen Erkrankungen werde nach den vom Vorstand festgelegten Kriterien eine Erweiterung oder Aussetzung des Praxisbudgets dann gewährt, wenn die Genehmigung für die intravasale Polychemotherapie (Nr.8655 E-GO) gemäß § 3 Abs.1 Nr.4.1 der Onkologie-Vereinbarung mit den Ersatzkassen erteilt worden sei. Diese Genehmigung sei vorliegend nicht erteilt worden. Die geltend gemachte Betreuung von Onkologie-Patienten außerhalb der oben genannten Qualifikation könne demgemäß nicht berücksichtigt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 20. Juli 1998 Klage zum Sozialgericht München (Az.: S 38 KA 1205/98). Die Ablehnung der Erweiterung des Praxis- und Zusatzbudgets sei rein formal erfolgt. Es werde einseitig nur die Chemotherapie beachtet und nicht die Zahl der operierten und betreuten Karzinompatientinnen. Rein formal habe er zwischenzeitlich die Anzahl der Zyklen für die Anerkennung der Ersatzkassen erfüllt.

In der mündlichen Verhandlung teilte die Beklagte ergänzend mit, dass der Anteil der vom Kläger onkologisch betreuten Patientinnen gemessen an der Gesamtzahl zwischen 3,2 % und 3,4 % in den Quartalen 3/97 bis einschließlich 1/98 betragen habe. Daraufhin vertrat der Vorsitzende laut Niederschrift die Auffassung, dass ein Schwerpunkt nicht ersichtlich sei. Allerdings sei nicht zu übersehen, dass im angefochtenen Widerspruchsbescheid primär darauf abgestellt worden sei, dass der Kläger keine Genehmigung zur Abrechnung der Leistungen nach Nr.8655 EBM i.V.m. § 3 Abs.1 Nr.4.1 der Onkologie-Vereinbarung besitze.

Der Kläger beantragte, den Bescheid vom 1. Oktober 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 1998 aufzuheben Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seinen Widerspruch zu entscheiden.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Sie verwies in ihrer Klageerwiderung vom 26. August 1998 auf den Widerspruchsbescheid.

Mit Urteil vom 15. April 1999 hob das Sozialgericht den Bescheid vom 1. Oktober 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 1998 auf und verpflichtete die Beklagte, entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Widerspruch zu entscheiden. Diese Entscheidung stützt es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen: Gegen die Einführung des Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 bestünden grundsätzlich keine Bedenken. Der Beklagte stehe ein Ermessensspielraum zu, wenn es darum gehe, gemäß Abschnitt A I (Allgemeine Bestimmung) Teil B Ziffer 4.3 des EBM Praxis- bzw. Zusatzbudgets zu erweitern. Dies ergebe sich aus dem Wort "kann" der EBM-Regelung. Zudem handele es sich bei der Vereinbarung um eine beispielhafte Aufstellung. Bei den genannten Erkrankungen sei zu vermuten, dass im abstrakten Sinn ein besonderer Versorgungsbedarf bestehe. Dies entbinde die Kassenärztliche Vereinigung jedoch nicht von der Verpflichtung, jeweils im Einzelfall diesen besonderen Versorgungsbedarf zu prüfen. An diese Vorgaben sei auch die Beklagte gebunden. Wenn sie lediglich unter Hinweis auf die vom Vorstand festgelegten Kriterien bei Betreuung von onkologischen Erkrankungen nur dann eine Erweiterung des Praxisbudget gewähre, wenn eine Genehmigung für die intravasale Polychemotherapie nach der Nr.8655 erteilt worden sei (§ 3 Abs.1 Nr.4.1 der Onkologie-Vereinbarung), so sei dies unvereinbar mit dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab und der Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets. Gerade diese Begrenzung zeige, dass weder eine Einzelfallentscheidung, noch eine Ermessensentscheidung statt- gefunden habe. Die Beklagte habe einzig und allein darauf abgestellt, ob der Kläger die vorgenannte Genehmigung besitze. Es sei der Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheids nicht zu entnehmen, dass eine Ermessensentscheidung stattgefunden habe. Im Hinblick auf die Tatsache, dass eine Ermessensentscheidung zu treffen gewesen sei, habe das Gericht sein Ermessen nicht an die Stelle des Ermessens der Beklagten setzen können. Diese sei daher unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Widerspruch des Klägers zu entscheiden. Bei einer Neuverbescheidung werde die Beklagte ermitteln müssen, ob für onkologischer Erkrankungen ein besonderer Versorgungsbedarf im Einzugsbereich der klägerischen Praxis bestehe und ob die Behandlung onkologische Erkrankungen einen Schwerpunkt der Praxistätigkeit des Klägers darstelle. Ein solcher Schwerpunkt liege dann vor, wenn ein nicht unerheblicher Anteil der Praxistätigkeit auf onkologische Erkrankungen entfalle. Dabei biete sich an, zu ermitteln, welcher Anteil am Gesamthonorar auf onkologische Erkrankungen falle. Ohne sich auf einen bestimmten Prozentsatz festlegen zu wollen, vertrete das Gericht die Auffassung, dass bei einem Anteil von mehr als 15 % von einem Schwerpunkt gesprochen werden könne.

Gegen das ihr am 1. Juni 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. Juni 1999 Berufung eingelegt. Diese begründet sie im Wesentlichen wie folgt: Sie sei unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu Unrecht zur Neuverbescheidung verpflichtet worden. Die Regelung in Abschnitt A I Teil B Ziffer 4.3 des EBM sei ein Ausnahmetatbestand, weshalb geringfügige Besonderheiten einer Praxis keinen besonderen Versorgungsbedarf im Sinne dieser Regelung begründeten. Nach Nr.4 der Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 müssten die darin genannten Krankheitsfälle oder spezifischen Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellen. Onkologische Erkrankungen zählten zu den genannten Krankheitsfällen, die - sofern sie den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellten - die Erweiterung und Aussetzung von Praxis- bzw. Zusatzbudgets begründen könnten. Vorliegend stelle die Behandlung onkologischer Patientinnen keinen Praxisschwerpunkt dar. Ein solcher sei auch aus den nachfolgenden Gründen nicht zu erwarten: Die ambulante Behandlung krebskranker Frauen beträfen zwei Vereinbarungen, Anlage 1 zum Bayer. Gesamtvertrag vom 15. März 1989 sowie als die Anlage 7 zum Arzt/Ersatzkassenvertrag, am 1. Juli 1995 in Kraft getretene "Onkologie-Vereinbarung". Ziel dieser Vereinbarungen sei es gewesen - wie hier -, eine qualifizierte ambulante Behandlung kranker Patientinnen in der vertragsärztlichen Versorgung zu fördern. Es sei deshalb eine entsprechende besondere fachliche Befähigung des Vertragsarztes, die Beschäftigung onkologisch qualifizierten Personals, die Einrichtung spezieller Behandlungsplätze sowie die Koordination mit Ärzten verschiedener Fachbereiche verlangt worden. Die onkologische Behandlung umfasse nach § 3 der Onkologie-Vereinbarung u.a. die Durchführung der Tumortherapie einschließlich der intravasalen (intravenös/intraarteriell) zytostatischen Chemotherapie bei malignen hämatologischen Systemerkrankungen, die intravasale (intravenös/intraarteriell) zytostatischen Chemotherapie bei soliden Tumoren, die endokrine Behandlung sowie die orale zytostatische Behandlung und die Behandlung mit Zytokinen, außerdem die intrakavitäre (intravesikal, intrapleural, intraabdominal, intrathekal) zytostatische Behandlung. Die Teilnahme an den vorgenannten Vereinbarungen und damit die Berechtigung zur Abrechnung der betreffenden Nummern nach BMÄ und E-GO bedürfe nach der Onkologie-Vereinbarung der Genehmigung. Sofern ein Vertragsarzt über eine Genehmigung verfüge, umfasse diese regelmäßig die gesamte oben dargestellte Behandlung. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Vertragsarzt schwerpunktmäßig Onkolgie-Patienten behandle, sei deshalb als Aufgreifkriterium das Verfügen über die Genehmigung für die Durchführung der intravasalen Polychemotherapie (Nr.8655 E-GO) gemäß 3 Abs.1 Nr.4.1 der Onkologie-Vereinbarung festgelegt worden. Über eine entsprechende Genehmigung verfüge der Kläger nicht. Als onkologisch verantwortlicher Arzt sei er lediglich zur Abrechnung der Nrn. 8650 und 8651 BMÄ sowie 8652 bis 8654 E-GO berechtigt. Abgesehen davon betreue er, bezogen auf seine gesamte Vertragsarzttätigkeit, nur eine verhältnismäßig kleine Zahl an Onkolo- in seiner Praxis habe bezogen auf die Gesamtfallzahl in den Quartalen 3/97 bis 1/00 zwischen 3,2 % und 4,7 % gelegen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte noch ergänzend ausgeführt, dass bei der Ermittlung des Schwerpunkts (Behandlung onkologischer Erkrankungen) keine hinreichenden quantitativen Anhaltspunkte bestanden hätten. Der Vorstand habe deshalb auf die Genehmigung zur Durchführung der intravasalen zytostatischen Chemotherapie abgestellt, weil der damit verbundene erhebliche Behandlungs- und Betreuungsaufwand ein Indiz für eine onkologische Schwerpunktpraxis sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. April 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger, der zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, beantragt sinngemäß,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. April 1999 zurückzuweisen.

Er hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte (Az.: S 38 KA 1205/98) sowie die Berufungsakte (Az.: L 12 KA 60/99) vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 1. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 1998 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat deshalb diesen Bescheid zu Unrecht aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist Ziffer 4.3 des Abschnitts A I (Allgemeine Bestimmungen) Teil B des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) in der ab 1. Juli 1997 geltenden Fassung. Danach kann die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs eine Erweiterung der Praxis- und/ oder Zusatzbudgets gewähren.

Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob, wie das Sozialgericht meint, aufgrund der Wortwahl "kann" die Gewährung einer Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets im Ermessen der Beklagten steht, oder ob ein Anspruch auf Erweiterung besteht, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. November 1999, Az.: L 5 KA 440/99 - noch nicht rechtskräftig; vgl. dazu auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Befreiung von den im Zeitraum 3/96 bis 2/97 geltenden Teilbudgets: Urteile vom 6. September 2000, Az.: B 6 KA 40/99 R, B 6 KA 41/99 R und B 6 KA 37/99 R), denn hier sind die tatbestandlichen Voraussetzungen schon nicht gegeben. Die Beklagte hat im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Sozialgerichts den für die Ablehnung der tatbestandlichen Voraussetzungen entscheidungserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig ermittelt. Es haben sich auch im Klage- und Berufungsverfahren keine weiteren Gesichtspunkte ergeben, die es notwendig erscheinen ließen, den

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 26. Juli 2000, Az.: L 12 KA 136/99, entschieden, dass die tatbestandliche Voraussetzung "zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" im Sinne der vorgenannten Regelung des EBM als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und zwar ihrem Sinn und Zweck entsprechend als Härtefallregelung. Einzelne Ärzte der Arztgruppe mit einem speziellem Leistungsspektrum, das den Schwerpunkt der Praxis bildet, und die deshalb durch die Budgetierung besonders betroffen werden, können durch ein zusätzliches bedarfsabhängiges Praxis- und/oder Zusatzbudget einen Ausgleich erhalten, der verhindert, dass sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Über die Nrn.4.1 und 4.2 des Abschnitts A I Teil B des EBM hinaus soll die Regelung der Nr.4.3 einer atypischen, aber versorgungsgerechten Ausrichtung einer Arztpraxis Rechnung tragen. Diese Regelung ist von den Partnern der Bundesmantelverträge in Ziffer 4 der "Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997" (vgl. DÄ 1997, A 403 f.) dahingehend ausgelegt worden, dass die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes die Budgets insbesondere dann erweitern oder aussetzen kann, wenn nachfolgend genannte Krankheitsfälle oder spezifische Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellen: Betreuung von HIV-Patienten; onkologische Erkrankungen; Diabetes; Mukoviszidose; Schmerztherapie (Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung); kontinuierliche Patientenbetreuung in beschützenden Einrichtungen; erheblich über dem Arztgruppendurchschnitt liegender Überweisungsanteil. Entsprechend den Charakter dieser Vereinbarung als Interpretation haben die Vertragspartner beispielhaft Fallgruppen bestimmter spezifischer Schwerpunktsetzungen genannt, bei denen im Einzelfall ein konkret nachgewiesener besonderer Versorgungsbedarf angenommen werden kann. Dazu gehört auch die Behandlung von onkologischen Erkrankungen, sofern diese den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellt.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger seinen Antrag auf Erweiterung bzw. Aussetzung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets darauf gestützt, dass die Behandlung onkologischer Erkrankungen den Schwerpunkt seiner Praxistätigkeit darstellt. Die Beklagte hat in zutreffender Auslegung und Anwendung der vorgenannten vertraglichen Bestimmungen diesen Antrag abgelehnt.

Dabei kann es der Senat im vorliegenden Fall offen lassen, ob es sich bei den vom Vorstand festgelegten Kriterien um weitere norminterpretierende Verwaltungsvorschriften oder bereits um die Anwendung der vorgenannten Bestimmungen auf den konkreten Fall handelt, also um eine Tatsachenermittlung und -feststellung und deren Subsumtion unter den im vorgenannten Sinne ausgelegtem Normsetzungsvertrg mit dem Ziel einer gleichmäßigen Rechtsanwendung.

Geht man von Letzterem aus, so hat die Beklagte die vorgenannten Bestimmungen, den vom Vorstand festgelegten Kriterien folgend, zutreffend angewandt, wenn sie annimmt, dass eine nicht erteilte Genehmigung zur Inanspruchnahme der Kostenerstattung für die intravasale Polychemotherapie (Nr.8655 E-GO) gemäß § 3 Abs.1 Nr.4.1 der ab 1. Juli 1995 geltenden Vereinbarung über besondere Maßnahmen zur Verbesserung der onkologischen Versorgung (Onkologie-Vereinbarung = Anl.7 zum Arzt-/Ersatzkassenvertrag) in der Regel ein geeignetes Indiz ist, die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung ("besonderer Versorgungsbedarf", hier: Behandlung von onkologischen Erkrankungen der Schwerpunkt der Praxistätigkeit) zu verneinen.

Die tatsächliche Feststellung, dass im konkreten Fall die Behandlung onkologischer Erkrankungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellt, fordert zunächst in qualitativer Hinsicht den Nachweis eines umfassenden onkologischen Leistungsspektrums. Dieser Nachweis wird nicht bereits dadurch erbracht, dass der Vertragsarzt - wie der Kläger - als onkologisch verantwortlicher Arzt anerkannt ist, sondern erst dadurch, dass er eine Genehmigung zur Inanspruchnahme der Kostenerstattung für die intravasale zytostatische Chemotherapie bei malignen hämatologischem Systemerkrankungen gemäß § 3 Abs.1 Nr.4.1 der Onkologie-Vereinbarung besitzt. § 3 Abs.1 der Onkologie-Vereinbarung regelt den Umfang der onkologischen Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bei Ersatzkassenpatienten. Danach umfasst die Behandlung krebskranker Patienten verschiedene Maßnahmen, wozu auch die Durchführung der Tumortherapie mittels intravasaler (intravenös/intraarteriell) zytostatischer Chemotherapie bei malignen hämatologischen Systemerkrankungen, abrechenbar nach Nr.8655 E-GO, gehört. Nach § 9 Abs.1 der Onkologie-Vereinbarung erhält die Genehmigung zur Inanspruchnahme der Kostenerstattung nach Nr.8655 E-GO nicht bereits der Arzt, der gemäß §§ 2 Abs.4, 4 Abs.1 der Onkologie-Vereinbarung als onkologischer verantwortlicher Arzt anerkannt ist, sondern nur derjenige der einen darüber hinausgehenden Nachweis einer besonderen fachlichen Befähigung, speziell eingerichteter Behandlungsplätze und der Beschäftigung besonders qualifizierten Personals gemäß §§ 2 Abs.5 bzw. Abs.7, 4 Abs.2 der Onkologie-Vereinbarung führt. Nur bei der letztgenannten Gruppe kann von einer onkologischen Schwerpunktpraxis mit umfassendem onkologischen Tätigkeitsfeld ausgegangen werden. Zu dieser Gruppe gehört der Kläger nicht. Er ist ausweislich der Bescheide vom 11. September 1991 und 20. April 1995 nur als onkologisch verantwortlicher Arzt anerkannt, aber nicht berechtigt, die Kostenerstattung nach Nr.8655 E-GO in Anspruch zu nehmen, weil er von der Übergangsregelung des § 10 Abs.2 der am 1. Juli 1995 in Kraft getretenen Onkologie-Vereinbarung (Nachweis einer intravasalen Zytostatika-Polychemotherapie bei mindestens 30 Patientinnen; erfolgreiche Teilnahme an einem fachonkologischen Kolloquium) keinen Gebrauch gemacht hat.

Es haben sich im vorliegenden Fall im Klage- und Berufungsverfahren keine weiteren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das alleinige Abstellen auf die Genehmigung für die intravasale Polychemotherapie (Nr.8655 E-GO) bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ausnahmsweise rechtsfehlerhaft ist. Denn die onkologische Tätigkeit des Klägers dürfte auch abgerechneten Gesamthonorarvolumens (vgl. BSG, Urteile vom 6. September 2000, Az.: B 6 KA 40/99 R, B 6 KA 41/99 R und B 6 KA 37/99 R) ausmachen. Ein solcher ist weder vom Kläger geltend gemacht worden, noch aus den sich in der Verwaltungsakte befindlichen Abrechnungsunterlagen (Häufigkeitsstatistiken und Gesamtübersichten von 3/97 bis 1/99) klar und eindeutig erkennbar, so dass weder die Beklagte noch das Gericht gehalten waren, dem näher nachzugehen. Der Kläger beschränkte sein Vorbringen im Verwaltungs- und Klageverfahren im Wesentlichen darauf, dass er gegenüber anderen Frauenärzten einen hohen Anteil an Karzinompatientinnen betreue, ohne im Einzelnen darzulegen, welche besonderen Leistungen er im Rahmen dieser Behandlungen abrechnet. Zudem hat die Beklagte bereits im Klageverfahren in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Anteil onkologisch betreuter Patientinnen beim Kläger gemessen an seiner Gesamtfallzahl zwischen 3,2 % und 3,4 % in den Quartalen 3/97 bis 1/98 betragen hat. Diese Ausführungen hat sie in der Berufungsbegründung dahingehend ergänzt, dass dieser Anteil bis zum Quartal 1/00 auf maximal 4,7 % (2/99) gestiegen ist. Auch den Häufigkeitsstatistiken lässt sich nicht entnehmen, dass die Honoraranforderungen des Klägers für die onkologischen Behandlungen nach den Nrn.8650 ff. in den Quartalen 3/97 bis 1/99 bezogen auf das insgesamt abgerechnete Gesamthonorarvolumen merklich ins Gewicht fallen. Die Anforderung für diese Leistungen macht maximal DM 3.600 pro Quartal aus, bei etwa 800.000 bis 950.000 pro Quartal abgerechneten Punkten. Der Anteil onkologischer Behandlungen am Gesamthonorarvolumen des Klägers dürfte demnach deutlich unter 10 % liegen, so dass wohl nicht von einer onkologischen Schwerpunktpraxis gesprochen werden kann, die die Gewährung einer Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets nach Abschnitt A I Teil B Nr.4.3 des ab 1. Juli 1997 geltenden EBM rechtfertigen könnte.

Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man im vorliegenden Fall, wenn man annimmt, dass es sich bei dem vom Vorstand festgelegten Kriterien um für Gerichte grundsätzlich irrelevante, norminterpretierende Verwaltungsvorschriften handelt (dazu: Ossenbühl in Erichsen/Mertens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7.Aufl., § 7 IV 4d) und man darüber hinaus der Beklagten ausnahmsweise bei der Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" (hier: Behandlung onkologischer Erkrankungen der Schwerpunkt der Praxistätigkeit) einen Beurteilungsspielraum zugesteht (verneinend: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. November 1999, Az.: L 5 KA 440/99 - noch nicht rechtskräftig; sowie die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Ausnahmeregelung von den Teilbudgets: BSG, Urteile vom 6. September 2000, Az.: B 6 KA 40/99 R, B 6 KA 41/99 R und Az.: B 6 KA 37/99 R). Denn auch bei Annahme eines Beurteilungsspielraums kann vom Gericht überprüft werden, ob der Sachverhalt von der Verwaltung richtig und vollständig ermittelt wurde (vgl. etwa BSG SozR 3-2500 § 101 Nr.1 S.5). Dies ist nach den vorhergehenden Ausführungen vorliegend der Fall.

Aus diesen Gründen ist auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. April 1999 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 1. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 1998 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.1 und Abs.4 Satz 2 SGG in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes und beruht auf Erwägung, dass die Beklagte letztlich in beiden Rechtszügen obsiegt hat.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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