L 12 KA 68/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 232/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 68/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) und 4) wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. März 2000 abgeändert. Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) geregelten Praxisbudgets in den Quartalen 1/98 und 2/98.

Der Kläger nahm im streitigen Zeitraum als Nervenarzt in C. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheiden vom 21. Juli 1998 und 27. Oktober 1998 setzte die Beklagte ein Honorar von 176.405,66 DM für das 1. Quartal 1998 bzw. von 153.296,84 DM für das 2. Quartal 1998 fest. Im Rahmen der Berechnung der Praxis- und Zusatzbudgets wurden beim 269.922,9 Punkten sowie eine Quote des anerkannten Gesamtpunktzahlvolumens von 79,4809 % bzw. 86,0493 % ermittelt. Zur Begründung seiner gegen die Honorarbescheide eingelegten Widersprüche verwies der Kläger auf die Begründung der Widersprüche, die Quartale 3/97 und 4/97 betreffend. Darin hatte er im Wesentlichen ausgeführt, dass die Praxisbudgets keine Rechtsgrundlage hätten und dass die regional geltenden Fallpunktzahlen zu niedrig fixiert seien. Die festgesetzten durchschnittlichen Betriebskosten der Arztgruppe (Praxiskosten) seien für sämtliche Arztgruppen fehlerhaft berechnet worden. Mit Widerspruchsbescheiden vom 22. Juli 1999 (1/98) und 21. Oktober 1999 (2/98) wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die durch den ab 1. Juli 1997 geltenden EBM-Ä eingeführten Praxisbudgets stellten zulässige fallzahlbegrenzende Maßnahmen dar, die von § 87 Abs.2 SGB V gedeckt seien. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beschränke sich der EBM-Ä nicht auf die Funktion eines bloßen Leistungs- und Bewertungsverzeichnisses, sondern schließe die Möglichkeit ein, über die Definition und Bewertung ärztlicher Verrichtungen auch eine Steuerung des Leistungsverhaltens zu bewirken. Diesbezüglich habe der Bewertungsausschuss einen weiten Gestaltungsspielraum. Im Hinblick auf diese Steuerungsfunktion sei es zulässig, über ergänzende Bewertungsformen die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern und Verteilungsefekte mit dem Ziel der angemessenen Vergütung der ärztlichen Leistungen, auch im Verhältnis der Arztgruppen zueinander, anzustreben. Bundesweit einheitlich vorgegeben sei der durchschnittliche Anteil der Praxiskosten am Umsatz einer Arztgruppe in Tabelle 8 der Anlage 3 zu den Allgemeinen Bestimmungen A 1 Teil B.

Gegen diese Bescheide erhob der Kläger am 24. August 1999 bzw. am 17. November 1999 jeweils gesondert Klage zum Sozialgericht München (Az.: S 32 KA 2122/99 und S 32 KA 2839/99). In den Klageschriften beantragte er, das Ruhen der Verfahren anzuordnen.

In der mündlichen Verhandlung, zu der der Kläger nicht erschien, verband das Sozialgericht die beiden vorerwähnten Klagen mit den Rechtsstreitigkeiten, das 3. und 4. Quartal 1997 betreffend. Die erschienene Beklagte beantragte, die Klagen abzuweisen.

Mit Urteil vom 8. März 2000 hob das Sozialgericht die Widerspruchsbescheide vom 22. Juli 1999 (1/98) und 21. Oktober 1999 (2/98) auf und verurteilte die Beklagte, über die Widersprüche des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen (3/97 und 4/97) wies es die Klagen ab. Diese Entscheidung stützte es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen: Die Honorarbescheide für die Quartale 3/97 und 4/97 seien rechtmäßig. Der nach Anlage 3 des EBM zu ermittelnde Kostensatz für die Fachgruppe der Nervenärzte sei unter dem Gesichtspunkt einer Anfangsregelung rechtmäßig festgesetzt worden. Die Einführung von Praxisbudgets sei dem Grunde nach durch § 87 Abs.2 und Abs.2 a SGB V gedeckt. Auch die Festsetzung der Fallpunktzahlen für die Fachgruppe der Nervenärzte halte für das 3. und 4. Quartal 1997 einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Einstellung eines Kostensatzes von 55,2 % in die vorgegebene Formel nach Anlage 3 des EBM sei zur Berechnung der Fallpunktzahlen als Anfangsregelung nicht zu beanstanden. Die Kammer gehe davon aus, dass der Kostensatz der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliege, weil er als Tatbestandsmerkmal im EBM sowie in die Gebührenordnungen BMÄ und EGO Aufnahme gefunden habe. Es handele sich nicht um bloße tatsächliche Feststellungen, denen nur der Charakter von Gesetzesmaterialien zuzusprechen wäre. Der Bewertungsausschuss habe mit einer Regelung beginnen können, die entsprechende gröbere Typisierungen und Generalisierungen in sich trage. Am 1. Juli 1997 habe als Datengrundlage allein die Kostenstrukturanalyse der Honorarabteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Verfügung gestanden. Die KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft habe zu diesem Zeitpunkt den Auftrag der Erhebung neuer Daten noch nicht abgeschlossen. Der Bewertungsausschuss habe jedoch eine Nachermittlungs- und Reaktionspflicht gehabt, im Rahmen des Zumutbaren geeignete Ermittlungen anzustellen, um Defizite in der Datengrundlage, insbesondere durch Gewinnung neuer repräsentativer Daten, möglichst zu elimenieren, die Richtigkeit der getroffenen Bestimmungen zu überprüfen und gegebenenfalls diese zu korrigieren. Dem sei er durch die Einholung des Gutachtens der KPMG Deutschen Treuhand-Gesellschaft über die Auswirkung der empirischen Erhebung und der Praxis- und Kostenstruktur nachgekommen. Anders sei die Rechtslage ab 1998 zu beurteilen. Als Konsequenz der Überprüfungspflicht hätte der Bewertungsausschuss für die Arztgruppe der Nervenärzte einen höheren Kostensatz zugrunde legen müssen. Es erscheine unerfindlich, warum der Bewertungsausschuss anläßlich der Überprüfung der Kostensätze in seiner Sitzung am 3. Dezember 1997 für die Gruppe der Nervenärzte zu dem Ergebnis gekommen sei, die Datenbasis der KPMG sei nicht hinreichend repräsentativ, um den Kostensatz für die Arztgruppe der Nervenärzte, gestützt auf die Kostenstrukturanalyse der KBV, unverändert zu belassen. Dieses Gutachten habe ihre Daten durch Auswertung von selbst entworfenen und nach repräsentativen Gesichtspunkten versandten Fragebogen gewonnen und den Rücklauf einer Repräsentativitätsanalyse unterzogen. Es erscheine möglich, dass eine nochmalige Überprüfung anhand von genauerem Zahlenmaterial eine höhere Betriebskostenfestsetzung ergebe.

Gegen das ihnen am 14. bzw. 17. Juli 2000 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 1. August 2000, der Beigeladene zu 2) am 26. Juli 2000 und der Beigeladene zu 4) am 27. Juli 2000 Berufung eingelegt.

In ihrer Berufungsschrift vom 18. Juli 2001 weist die Beklagte auf das Urteil des Senats vom 27. Juni 2001, Az.: L 12 KA 74/00, mit der die Rechtmäßigkeit des EBM-Praxisbudgets für Dermatologen bis zum Quartal 2/98 bestätigt worden sei. Im Üb- Kostensatz für Nervenärzte mit 55,2 % sogar um 5 % höher liege, als er für diese Arztgruppe in der Kostenstrukturanalyse der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft ermittelt worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. März 2000 in Ziffer I. und III. abzuändern und die Klagen insgesamt abzuweisen.

Der Beigeladene zu 2) vertritt in seiner Berufungsbegründung vom 11. Dezember 2000 die Auffassung, dass das Sozialgericht unzulässigerweise in die dem Bewertungsausschuss zugewiesene Regelungshoheit eingegriffen habe. Dem Bewertungsausschuss komme nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein weiter Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum zu. Gerichte dürften in diesen nur ausnahmsweise und in Grenzen eingreifen, wenn der Bewertungsausschuss seinen Regelungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt habe. Dies sei nur der Fall, wenn die Regelung des Bewertungsausschusses willkürlich erscheine, weil sie nicht durch vernünftige, sich aus der Natur der Sache ergebende oder sonst wie sachlich einleuchtende Gründe gerechtfertigt sei. Davon könne hier keine Rede sein. Die Ermittlung des Kostensatzes als Grundlage für die Berechnung der Praxisbudgets für Nervenärzte sei nicht in sach- widriger Weise erfolgt. Insoweit werde auf die Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) verwiesen.

Der Beigeladene zu 4) hat sich mit Schriftsatz vom 3. Januar 2001 den Ausführungen des Beigeladenen zu 2) angeschlossen.

Die Beklagten zu 2) und 4), die zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind, beantragen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. März 2000 abzuändern und die Klagen insgesamt abzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) hat in ihrer Stellungnahme vom 17. November 2000 Folgendes ausgeführt: Die Regelungen des Praxisbudgets könnten auf eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gestützt werden. Insoweit werde auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 8. März 2000 (Az.: B 6 KA 7/99) verwiesen. Auch die Festsetzung des Praxisbudgets für Nervenärzte begegne keinen rechtlichen Bedenken. Unmittelbar nach Vorlage der Erhebung zur Praxiskostenstruktur Ärzte in freier Praxis durch die KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft am 30. Juli 1997 habe die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit der Analyse der bundesweit gültigen Kostensätze, die in der Anlage 3 im EBM niedergelegt seien, begonnen. Die KPMG-Erhebung und -Auswertung habe nur bei den Allgemeinmedizinern und praktischen Ärzten, den Hautärzten und den Nervenärzten signifikante Unterschiede geben, die auch durch eine Zeitlängsschnitterhebung des Zentralinstituts verifiziert worden seien. Da die Kostenstrukturanalyse des Zentralinstituts im Längsschnitt keine Angaben zur Facharztgruppe der Nervenärzte enthalten habe, wäre eine Herabsetzung des Kostensatzes dieser Arztgruppe auf das Niveau des Kostensatzes aus der KPMG-Studie lediglich auf eine Hochrechnung der Zahlen des Statistischen Bundesamtes zurückzuführen gewesen. Demnach sei eine Änderung für die Arztgruppe der Nervenärzte nicht begründet gewesen. Dieser Analyse habe sich der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ebenso wie der Länderausschuss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung angeschlossen. Nachdem die Kassenseite die Aussagekraft der KPMG-Erhebung im Hinblick auf die Arztgruppe der Hautärzte kritisch gewürdigt habe, habe es der Arbeitsausschuss des Bewertungsausschusses am 3. Dezember 1997 für geboten erachtet, die Gesamterhebung der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft nochmals durch die Daten des Statistischen Budnesamtes zu überprüfen. Damit sei zunächst für das 1. und 2. Quartal 1998 eine Beibehaltung des vom Bewertungsausschuss in Anlage 3 festgelegten Kostensatzes akzeptiert worden. Die Entscheidung des Sozialgerichts, wonach eine Anpassung des Kostensatzes nach dem KPMG-Gutachten zwingend geboten sei, sei rechtsfehlerhaft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dürften Gerichte in die vom Bewertungsausschuss getroffenen Entscheidungen nur ausnahmsweise und in engen Grenzen eingreifen, wenn der Bewertungsausschuss seinen Regelungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenzen missbräuchlich ausgenutzt habe. Davon könne ausgegangen werden, wenn die Regelung des Bewertungsausschusses willkürlich erscheine. Dies treffe für die Festlegung der Kostensätze für Nervenärzte in keiner Weise zu. Der Bewertungsausschuss sei seiner Aufgabe, die vorliegenden Tatsachen zu analysieren und zu bewerten, nachgekommen und habe in einer wissenschaftlich vertretbaren Weise alle vorliegenden Gutachten und Berechnungen verglichen und bewertet. Er sei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Anpassung der Kostensätze aus den dargelegten Gründen nicht zu erfolgen habe. Eine zwingende Verpflichtung des Bewertungsausschusses, einem Gutachten zu folgen, könne es nur in den Fällen geben, in denen die anderen Bewertungen zu offensichtlich unvertretbaren Ergebnissen geführt hätten. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Nach allen vorliegenden Gutachten hätte die Erhebung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf einem ausreichenden und validierten Datensatz gestützt werden können, der auch den Anforderungen einer repräsentativen Erhebung genüge. Der KPMG-Studie sei eine andere Stichprobe zugrunde gelegt worden. Bei zwei unterschiedlichen Datengrundlagen gebe es nach statistischen Grundsätzen zwangsläufig zwei unterschiedliche Ergebnisse. Unter Zugrundelegung der wissenschaftlichen Grundsätze habe der Bewertungsausschuss im Rahmen seines normativen Beurteilungsspielraums entscheiden können, ob er der gutachtlichen Stellungnahme der KPMG folge oder an den im EBM festgelegten Kostensätzen festhalte, ohne dadurch rechtliche Vorschriften zu verletzen. Auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist der Normgeber nicht bereits im 2. Quartal nach Einführung der Praxisbudgets verpflichtet, eine Anpassung vorzunehmen. Es müsse ihm zugestanden werden, die tatsächlichen Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung zu analysieren und zu bewerten. Es handele sich zudem um eine Regelung, die nicht ausschließlich begünstigende Wirkung habe. Jeder Eingriff führe zu Verschiebungen in allen Arztgruppen. Würden in einer Arztgruppe die Kostensätze angehoben, so verminderten sich die zur Verfü- Arztgruppen.

Der Kläger, der zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, beantragt sinngemäß,

die Berufungen der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 2) und 4) gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. März 2000 zurückzuweisen.

Er hat sich zur Sache nicht geäußert, sondern lediglich um Zusendung des in den Verwaltungsakten enthaltenen Urteils der 42. Kammer vom 8. Februar 2000, Az.: S 42 KA 1923/98 u.a., gebeten. Dieses ist ihm vom Gericht zusammen mit einer Kopie des Urteils des Bundessozialgerichts vom 8. März 2000, Az.: B 6 KA 7/99, übersandt worden.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten (Praxisbudget 1/98 und 2/98), die Klageakten Az.: S 32 KA 232/99 - Quartal 3/97; Az.: S 32 KA 2121/99 - Quartal 4/97; Az.: S 32 KA 2122/99 - Quartal 1/98 und Az.: S 32 KA 2839/99 - Quartal 2/98) sowie die Berufungsakten (Az.: L 12 KA 68/00 und L 12 KA 69/00) vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) und 4) sind auch im Übrigen zulässig. Die Beigeladenen zu 2) und 4) sind als Partner der Bundesmantelverträge, deren Bestandteil der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) ist (§ 87 Abs.1 SGB V) und um dessen Rechtmäßigkeit es im vorliegenden Fall geht, materiell beschwert.

Die Berufungen der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 2) und 4) sind auch begründet, denn das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 8. März 2000 die Widerspruchsbescheide vom 22. Juli 1999 (1/98) und 21. Oktober 1999 (2/98) zu Unrecht aufgehoben und die Beklagte zur Neuverbescheidung verpflichtet. Die diesen Bescheiden zugrunde liegenden Regelungen über das Praxisbudget im EBM-Ä sind rechtlich nicht zu beanstanden. Wie das Bundessozialgericht mittlerweile entschieden hat, ist die Einführung von Praxisbudgets im EBM-Ä zum 1. Juli 1997 rechtmäßig, insbesondere von § 87 Abs.2 i.V.m. Abs.2 a) Satz 1 und 2 SGB V Gedeckt und mit höherrangigem Recht (Art.12 Abs.1 GG) vereinbar (vgl. Urteil vom 8. März 2000, Az.: B 6 KA 7/99 R, SozR 3-2500 § 87 Nr.23).

Auch die Berechnung der regionalen Fallpunktzahlen gemäß Abschnitt 1 Teil B Nr.3 des EBM-Ä nach der Formel in Anlage 3 ist in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erfolgt. Der Bewertungsausschuss hat bei der Festlegung des bundesdurchschnittlichen arztgruppenbezogenen prozentualen Kostensatzes des Jahres 1994 gemäß der Tabelle in Anlage 3 (Nervenärzte: 55,2 %) seinen Bewertungsspielraum nicht überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt, indem er etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung bewusst benachteiligt hat oder sich sonst erkennbar von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.14 S.53; LSG Niedersachsen, Urteil vom 25. April 2001, Az.: L 3/5 KA 65/00 S.14 ff.). Der Senat hat bereits mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 27. Juni 2001, Az.: L 12 KA 74/00 entschieden, dass er nicht der Auffassung der 42. Kammer (vgl. Urteil vom 1. Dezember 1999, Az.: L 42 KA 1507/99 u.a., mit Sprungrevision Az.: B 6 KA 21/00) und der 32. Kammer des Sozialgerichts München folgt, wonach die Festsetzung des Kostensatzes der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliege, sondern diese wertende Entscheidung des Normgebers nur für beschränkt gerichtlich überprüfbar hält. Auf die ausführliche Begründung dieser Entscheidung wird verwiesen. Eine Benachteiligung der Gruppe der Nervenärzte ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil das Gutachten der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft, davon ausgeht, dass - anders als bei den Hautärzten (Bewertungsausschuss: 54,1 %; KPMG: 59,4 %; Abweichung: + 5,3 %) - bei Nervenärzten der vom Bewertungsausschuss festgelegte Kostensatz von 55,2 % um 5 % über dem von der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft ermittelten Kostensatz 50,2 % liegt (vgl. Gutachten S.2). Aus demselben Grunde war auch der Bewertungsausschuss nicht zur Anpassung verpflichtet. Eine Nachbesserungspflicht des Normgebers besteht nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur, wenn sich im Vollzug von ursprünglich gerechtfertigten Regelungen herausstellt, dass die die Norm legitimierenden Gründe weggefallen oder die Auswirkungen für einzelne betroffene Normadressaten unzumutbar geworden sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr.12 S.80 f.; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.15 S.60 f.). Dies lässt sich vorliegend nicht zweifelsfrei feststellen.

Aus diesen Gründen ist auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) und 4) das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. März 2000 abzuändern. Die Klagen sind insgesamt abzuweisen.

Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs.2 Nr.1 SGG) zugelassen. Er hält es nicht für ausgeschlossen, dass das Bundessozialgericht der Auffassung der 42. und 32. Kammer des Sozialgerichts München folgt (volle gerichtliche Überprüfbarkeit des Kostensatzes). Dies könnte auch für die Gruppe der Nervenärzte Auswirkungen haben.
Rechtskraft
Aus
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