L 4 KR 138/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 214/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 138/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. September 2000 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten gegenüber der Klägerin vom 28. Juli 1998 wird insoweit aufgehoben, als darin das Bestehen von Beitrags- bzw. Versicherungspflicht zur Klägerin verneint wird.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Vorstand der Beklagten (der Beigeladene zu 1)) in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig ist.

Der Beigeladene zu 1) ist seit dem 01.01.1996 als Vorstand der Beklagten tätig, die Rechtsnachfolgerin der bis zum 30.06.1997 bestehenden Betriebskrankenkasse Thyssen Stahl AG ist.

Mit Bescheid vom 29.07.1998 stellte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1) fest, dass seine Tätigkeit ab dem 01.01.1996 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege; dieser Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung. Der Bescheid wurde mit Schreiben gleichen Datums auch an die Klägerin gesandt, allerdings ohne eigene Rechtsbehelfsbelehrung, dort ging er nach Auskunft der Klägerin am 31.07.1998 ein.

Mit der am 09.10.1998 vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, der Beigeladene zu 1) sei versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung gemäß § 168 Abs.1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) bzw. nach § 25 Abs.1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ab dem 01.01.1998. Die Vorschriften, die die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften (AG) von der Versicherungspflicht freistellten (§ 168 Abs.6 Satz 1 AFG bzw. § 27 Abs.1 Nr.5 SGB III), seien nicht anwendbar. Demgegenüber trug die Beklagte vor, die Regelungen für Vorstände gesetzlicher Krankenkassen entsprächen den Regelungen für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28.09.2000 als unzulässig abgewiesen. Der Bescheid vom 29.07.1998 habe gegenüber der Klägerin Bindungswirkung erlangt habe. Die Bindungswirkung nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) folge daraus, dass von der Klägerin gegen den Bescheid vom 29.07.1998 bis zum 31.08. 1998 kein Widerspruch eingelegt worden sei. Damit sei auch der Antrag der Klägerin auf Feststellung der Beitrags- bzw. Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) ab dem 01.01.1996 unzulässig, da es auf Grund der Bindungswirkung des Bescheides an dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehle.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor, das Schreiben der Beklagten an sie sei ohne Rechtsbehelfsbelehrung ergangen, damit sei die Jahresfrist des § 68 Abs.2 SGG anzuwenden. Die Klage sei fristgerecht erhoben worden. Im Übrigen sei ein Vorverfahren nach § 78 Abs.1 Nr.3 SGG nicht erforderlich. Damit sei auch die in dem zugesandten Bescheid enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig, was ebenfalls zur Anwendung der Jahresfrist führen würde. Die Klägerin trägt weiter vor, der Beigeladene zu 1) sei bei der Beklagten abhängig beschäftigt. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis könne auch bei Diensten höherer Art bei einer weitgehend frei gestalteten Tätigkeit vorliegen, weil der Beigeladene zu 1) funktionsgerecht in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sei. Er könne seine Tätigkeit auch nicht außerhalb dieser vorgegebenen Organisation verrichten. Weiter unterliege der Vorstand gemäß § 197 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) den Bindungen, die der Verwaltungsrat durch Satzung vorgegeben habe, dieser treffe auch alle Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung. Nach dem Anstellungsvertrag erhalte der Beigeladene zu 1) ein Jahresfestgehalt, habe bei Arbeitsunfähigkeit einen Entgeltfortzahlungsanspruch von 12 Monaten, einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen und sei verpflichtet, seine gesamte Arbeitskraft der Beklagten zu widmen, dies seien Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Auch habe der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko zu tragen. Die Vorschrift des § 168 Abs.6 AFG sei nicht analog anzuwenden, dies werde durch die Rechtssprechung des BSG bestätigt; auch gingen die Rechte des Verwaltungsrates weit über die Rechte hinaus, die der Aufsichtsrat einer AG habe. Auch ergebe sich aus dem Anstellungsvertrag, dass der Beigeladene keinen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen habe, damit lägen auch die Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs.1 Nr.1 SGB III nicht vor.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.09.2000 vollständig und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 29.07. 1998 insoweit aufzuheben, als damit die Beitrags- bzw. Versicherungspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit verneint worden war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sei nicht beizuladen gewesen, sie sei gemäß § 77 SGG an den Verwaltungsakt der Einzugstelle gebunden und ihre Belange würden durch den Rechtsstreit nicht berührt. Der Beigeladene zu 1) sei in der Arbeitslosenversicherung nicht versicherungspflichtig. Zwar hätten sich die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung auf Grund der Besprechung vom 02. und 03.05.1995 darüber geeinigt, dass Vorstandsmitglieder von gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung unterliegen, jedoch entfalte diese Auffassung keine Bindungswirkung. Der Beigeladene zu 1) gestalte die Ordnung des Betriebes weitgehend selbst. Er weise Aufgaben zu und stelle Mitarbeiter ein. Soweit die Handlungsmöglichkeiten des Vorstandes begrenzt seien, beruhe dies auf generell-abstrakten Leitlinien. Die Tätigkeit des Beigeladenen erfülle damit nicht die Kriterien eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern sei mit der eines Vorstandes einer AG vergleichbar, was zur Anwendung des § 168 Abs.6 Satz 1 AFG führe. Auch dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft seien Grundlagengeschäfte wie Satzungsänderungen vorbehalten, die Bereiche seien im Vergleich zum Verwaltungsrat damit deckungsgleich, es bestünden keine wesentlichen Kompetenzunterschiede. Der Verwaltungsrat sei nur Kontrollorgan und die Tätigkeitsbereiche der Vorstände ähnlich. Auch entspreche der Anstellungsvertrag des Beigeladenen vom 23.03.1998 den Verträgen, wie sie bei Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft üblicherweise abgeschlossen werden. Dass in dem Vertrag von einer bestehenden Rentenversicherungspflicht ausgegangen werde, schade nicht. Weiterhin wurde auf die BSG-Rechtssprechung zu Vorstandsmitgliedern von größeren Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit hingewiesen. Auch ohne einen direkten Verweis im SGB IV und SGB V auf die Vorschriften des Aktiengesetzes sei die Stellung des Vorstandes einer gesetzlichen Krankenkasse mit der Stellung des Vorstandes einer Aktiengesellschaft durchaus vergleichbar.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig und begründet (§ 151 SGG).

Das Sozialgericht hat zu Unrecht in der Sache nicht entschieden und die Klage in fälschlicher Annahme einer Bindungswirkung des Bescheides vom 28.07.1998 als unzulässig abgewiesen.

Die Beklagte hat als Einzugsstelle gemäß § 28h des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung entschieden. Der Bescheid vom 29.07. 1998 hat gegenüber der Klägerin jedoch keine Bindungswirkung gemäß § 77 SGG erlangt. Die Klägerin hat diesen Verwaltungsakt angefochten, indem sie innerhalb eines Jahres nach Zugang des Bescheides Klage zum Sozialgericht erhoben hat. Da der Bescheid gegenüber der Klägerin keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, galt nach § 66 Abs.2 SGG diese Frist. Auch bedurfte es nach § 78 Abs.1 Nr.3 SGG keines Vorverfahrens.

Wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat (Urteil vom 27.07. 1998 - SozR 3-2400 § 7 Nr.4), kann zwar eine Bindungswirkung gegen einen Versicherungsträger angenommen werden, wenn die Einzugsstelle hierüber einen Bescheid erlassen und bekannt gegeben hat; jedoch gilt dies nur in den Fällen, in denen ein derartiger Bescheid auch Bestandskraft erlangt hat und damit nach § 77 SGG bindend geworden ist (vgl. hierzu auch BSG SozR 3-2400 § 28h Nr.9). Nur in diesen Fällen kann auf die Rechtssprechung des BSG (vgl. u.a. BSGE 15, 118) zurückgegriffen werden. Auf Grund der fristgerecht erhobenen Klage hätte das SG in der Sache entscheiden müssen.

Die Versicherungspflicht (bzw. Beitragspflicht) des Beigeladenen zu 1) in der Arbeitslosenversicherung ist gegeben, weil er als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigter anzusehen ist (§ 24 Abs.1, § 25 Abs.1 SGB III bzw. bis zum 31.12.1997 § 168 Abs.1 AFG). Die Normen, die eine Versicherungsfreiheit regeln, sind nicht anzuwenden. Nach § 7 Abs.1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Es muss eine persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber vorliegen (vgl. BSGE 13, 196, 197). Nach der ständigen Rechtssprechung des BSG setzt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber voraus (vgl. u.a. BSGE 20, 6, 8 = SozR Nr.41 zu § 165 RVO; BSGE 35, 20, 21 = SozR Nr.34 zu § 539 RVO; SozR 2200 § 1227 Nrn.4 und 8). Persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in einen fremden Betrieb und eine Unterordnung unter ein umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf die Zeit, die Dauer, den Ort und die Art der Ausführung der Tätigkeit (BSGE 13, 196, 201 ff. = SozR Nr.5 zu § 1 AVG; SozR Nr.68 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 1227 Nr.4). Dieses Weisungsrecht kann allerdings - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (BSG SozR 3-2940 § 3 Nrn.1 und 2; BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr.30 zu § 165 RVO), sodass auch Personen abhängig beschäftigt sein können, die an der Willensbildung einer juristischen Person beteiligt sind und dadurch von Weisungen weitgehend frei sind (BSG SozR 3-2940 § 3 Nr.1; SozR 2400 § 2 Nr.19). Andererseits sind als Anzeichen für eine selbstständige Tätigkeit anzusehen die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und den Arbeitsort und die Befugnis, die Tätigkeit und die Arbeitszeit im Wesentlichen frei zu gestalten (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr.5; SozR 2400 § 2 Nr.25; SozR 2100 § 7 Nr.7), weiterhin das eigene Unternehmerrisiko.

Ob jemand unter Anwendung der genannten Kriterien als abhängig beschäftigt oder als selbstständig tätig zu beurteilen ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen; maßgebend hat stets das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Beachtung der Verkehrsanschauung zu sein (BSG SozR 3-2940 § 3 Nrn.1 und 2). Bei der Beurteilung des Gesamtbildes ist im Übrigen von den tatsächlich Verhältnissen auszugehen. Die Bestimmungen eines Vertrages sind zwar ebenfalls von Bedeutung, jedoch dann unbeachtlich, wenn sie den tatsächlichen Verhältnissen widersprechen.

Prüfungsmaßstab zur Feststellung, ob der Beigeladene nicht selbstständig oder selbstständig tätig war, sind die im Anstellungsvertrag getroffenen Regelungen daher ebenso wie die Regelungen des SGB IV und des § 197 SGB V und die Satzung der Beklagten.

Nach den Regelungen im Anstellungsvertrag bezieht der Beigeladene ein festes Jahresgehalt, hat einen Urlaubsanspruch und ist verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft der Beklagten zu widmen. Er verrichtet seine Tätigkeiten zumindest im Verwaltungs- und Organisationsbereich der Beklagten. Er kann damit hinsichtlich seiner Arbeitskraft, ebenso wie grundsätzlich hinsichtlich seines Arbeitsortes und seiner Arbeitszeit nicht frei verfügen. Gemäß § 35a Abs.1 SGB IV verwaltet der Vorstand die Krankenkasse und vertritt die Krankenkasse gerichtlich und außergerichtlich, weiterhin erlässt er die Verwaltungsrichtlinien. Direkten Weisungen des Verwaltungsrates ist er nicht unterworfen. Jedoch hat er keinerlei Entscheidungsbefugnis für grundsätzliche Fragen, die die Krankenkasse betreffen, und ist an die Vorgaben des Haushaltsplanes gebunden, die der Verwaltungsrat feststellt (vgl. § 197 Abs.1 Nr.1b und 2 SGB V). Der Verwaltungsrat ist weiterhin nach § 197 Abs.1 Nr.1a SGB V befugt, den Vorstand zu überwachen. Er ist zwar nicht befugt, im Einzelfall eine Verwaltungssache an sich zu ziehen und selbst zu entscheiden (vgl. hierzu Hauck/Noftz, K § 35a Rdnr.8), jedoch ist hier das Weisungsrecht des Verwaltungsrates verfeinert zu funktionsgerecht dienender Teilhabe des Vorstandes am Arbeitsprozess. Auch trägt der Vorstand einer Krankenkasse kein Unternehmerrisiko. Zwar haftet der Vorstand gemäß § 42 Abs.2 SGB IV für den Schaden, den er dem Versicherungsträger aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner obliegenden Pflichten zufügt. Jedoch besteht die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit grundsätzlich bei allen Dienst- und Arbeitsverträgen (vgl. § 276 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Auch das BSG hat entschieden, dass von einem Unternehmerrisiko der Vorstandsmitglieder bei Angestellten einer Anstalt des öffentlichen Rechts nicht ausgegangen werden kann (SozR 3-2940 § 3 Nr.2). Nach alldem ist der Beigeladene als Beschäftigter der Krankenkasse anzusehen.

Er könnte jedoch in der Arbeitslosenversicherung dann versicherungsfrei sein, wenn ab 01.01.1998 § 27 Abs.1 Nr.5 SGB III bzw. bis 31.12.1997 § 168 Abs.6 Satz 1 AFG in seinem Fall analog anzuwenden sind. Nach diesen Bestimmungen sind versicherungsfrei Personen in einer Beschäftigung als Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören.

Das BSG hat die analoge Anwendung dieser Befreiung von der Versicherungspflicht auf größere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit bejaht (BSG SozR 2400 § 3 Nr.4). Die analoge Anwendung wurde damit begründet, dass nach dem Versicherungsvertragsgesetz direkt auf die Vorschriften des Aktiengesetzes verwiesen wird und damit die Vorstände von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit den Vorständen von Aktiengesellschaften rechtlich gleichgestellt sind. Bei Vorständen von öffentlich-rechtlichen Sparkassen hat das BSG die analoge Anwendung der Befreiungsvorschrift abgelehnt, weil Verweisungen auf das Aktiengesetz fehlen und sich die jeweils geltenden Bestimmungen nicht unerheblich unterscheiden (BSG SozR 3-2940 § 3 Nr.1).

In der Entscheidung vom 19.06.2001 (B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr.18), auf die der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung verwiesen hat, hat das BSG erneut die analoge Anwendung verneint, und zwar auf die Vorstandsmitglieder eingetragener Vereine. In dieser Entscheidung führt das BSG aus, dass es bei der Abgrenzung auf die Rechtsform der Gesellschaft und nicht auf eine tatsächliche Vergleichbarkeit mit Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften ankommt.

Der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass Vorstände einer Krankenkasse mit Vorständen einer Aktiengesellschaft bezüglich ihrer rechtlichen Regelung nicht gleichzustellen sind. Zwar mögen ähnliche Anstellungsverträge vorliegen, der grundliegende Unterschied besteht jedoch hinsichtlich des Kompetenzbereichs und der Haftung. Während der Vorstand einer Aktiengesellschaft verantwortlich ist für die Geschäftspolitik und grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung, Investitions- und Personalplanung (s. § 90 Abs.1 Nr.1 Aktiengesetz), ist bei den Krankenkassen der Verwaltungsrat für grundsätzliche Entscheidungen zuständig. Insbesondere fehlen in dem SGB IV bzw. im SGB V Regelungen hinsichtlich der Verpflichtung eines Vorstands bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 92 Aktiengesetz) und hinsichtlich besonderer Verantwortlichkeiten, wie sie für Vorstände einer AG in § 93 Abs.3 und § 91 Abs.2 Aktiengesetz vorgesehen sind. § 27 Abs.1 Nr.5 SGB III kann deshalb nicht analog angewendet werden.

Dieses Ergebnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der für die Rentenversicherung und die Arbeitslosenversicherung davon ausgeht, dass Vorstandsmitglieder grundsätzlich als Beschäftigte versicherungspflichtig sind (BSG a.a.O.). Versicherungsfreiheit soll die Ausnahme sein. Diese Ausnahmeregelung ausgerechnet auf Vorstände von Sozialversicherungsträgern anzuwenden, ist unangemessen.

Auch eine Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs.1 Nr.1 SGB III liegt bei dem Beigeladenen zu 1) nicht vor. Nach dieser Vorschrift besteht Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung, wenn die Personen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Wie sich aus dem Anstellungsvertrag ergibt, hat der Beigeladene zu 1) nur einen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge für 12 Monate, diese Begrenzung entspricht nicht beamtenrechtlichen Vorschriften.

Die Beklagte hat daher zu Unrecht die Versicherungsfreiheit des Beigeladenen in der Arbeitslosenversicherung festgestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.4 SGG in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Senat weicht nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts ab (§ 160 Abs.2 Nr.2). Außerdem sieht er in der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs.2 Nr.1), weil von den anderen gesetzlichen Krankenkassen die Versicherungspflicht ihrer Vorstände nicht bezweifelt wird.
Rechtskraft
Aus
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