L 4 KR 53/96

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 Kr 315/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 53/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Januar 1996 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage gegen die Bescheide vom 20. Juni 1996, 27. Dezember 1996 und 29. Juli 1998 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenübernahme für nicht vertragszahnärztliche Behandlungen.

Der am ...1933 geborene Kläger, von Beruf Diplom-Ingenieur, war zunächst seit 1968 bei der Beklagten freiwillig versichertes Mitglied. Vom 01.06.1991 bis 31.05.1993 bestand Versicherungspflicht als Leistungsempfänger nach dem Arbeitsförderungsgesetz und danach Formalversicherung wegen Stellung eines Rentenantrages am 25.11.1992. Der Kläger erhält seit 01.06.1996 Altersrente und wird seitdem in der Krankenversicherung der Rentner geführt. Die Beklagte erstattete dem Kläger auch nach dem 01.06.1991 die Kosten ärztlicher Behandlungen.

Mit Schreiben vom 28.09.1993 wies sie den Kläger auf die Änderung der Kostenerstattungsregelung durch das Gesundheitsstrukturgesetz ab 01.01.1993 hin. Danach seien versicherungspflichtige Mitglieder und ihre familienversicherten Angehörigen nicht kostenerstattungsberechtigt. Die Satzung werde der neuen Rechtslage zum 01.10.1993 angepaßt. Die geplante Erprobungsregelung für versicherungspflichtige Mitglieder und deren familienversicherte Angehörige sehe Kostenerstattung für Behandlungen und Verordnungen nur vor, wenn ein Vertragsbehandler in Anspruch genommen werde. Von den Erstattungsbeträgen werde ein Abschlag für die mit dem Verwaltungsaufwand verbundenen Kosten und die fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung vorgenommen. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 03.01.1994 Kostenerstattung für die privatzahnärztliche Behandlung durch Dr ... (153,01 DM) und erhob am 28.01.1994 Einwendungen gegen die nochmalige Erläuterung der neuen Rechtslage durch die Beklagte mit Schreiben vom 10.01.1994. Mit den Bescheiden vom 17.02. und 20.04.1994 lehnte sie Kostenerstattung wegen der fehlenden Zulassung des Zahnarztes ab und wies am 06.07.1994 den Widerspruch des Klägers mit der gleichen Begründung zurück.

Der Kläger hat mit der Klage vom 19.07.1994 beim Sozialgericht München (SG) geltend gemacht, er könne aufgrund seines Alters nicht zu einer privaten Krankenkasse wechseln und auch ein Arztwechsel sei ihm und seiner mitversicherten Ehefrau wegen schlechter Erfahrungen mit anderen Zahnärzten unzumutbar. Die Neuregelung der Kostenerstattung durch das Gesundheitsstrukturgesetz verstoße wegen einer fehlenden Besitzstands- und Übergangsregelung gegen den Gleichheitssatz sowie das Rechts- und Sozialstaatsprinzip. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 25.01.1995 Kostenerstattung auch für die weiteren Rechnungen des Dr ... vom 17.06.1994 (65,73 DM) und 02.01.1995 (65,73 DM) abgelehnt. Mit Urteil vom 11.01.1996 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf zahnärztliche Behandlung nach dem Sachleistungsprinzip durch zugelassene Ärzte. Die ab 1993 geltende Neuregelung der Kostenerstattung sei im Hinblick auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.05.1995 (1 RK 14/94), das eine Kostenerstattung bei Inanspruchnahme von Nichtvertragsärzten ausgeschlossen habe, nicht zu beanstanden. Eine Verletzung von Verfassungsrecht sei nicht gegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 30.04.1996, mit der er sich auch gegen die weitere Ablehnung der Kostenerstattung durch die Bescheide vom 20.06.1996, 27.12.1996 und 29.07.1998 wendet; sie betreffen Rechnungen des Dr ... in Höhe von 126,14 DM, 98,36 DM, 167,33 DM und dessen Heil- und Kostenplan in Höhe von 3.989,56 DM. Darüberhinaus begehrt er die Feststellung, daß die Beklagte auch die künftigen Behandlungskosten des Zahnarztes Dr ... zu erstatten habe. Er macht geltend, die gesetzliche Neuregelung habe in das besondere Vertrauensverhältnis zu diesem Zahnarzt eingegriffen und verletze wegen einer fehlenden Übergangsregelung das Rechts- und Sozialstaatsprinzip. Außerdem greife diese Regelung in die Berufsfreiheit des Arztes ein. Nach einer verfassungskonformen Auslegung der Kostenerstattungsregelungen müsse auch die Wahl von nicht zugelassenen Ärzten möglich sein. Das BSG berufe sich im Urteil vom 10.05.1995 zu Unrecht auf den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz, da auch bei einer Kostenerstattung gegebenenfalls Honorarkürzungen durchgeführt werden könnten. Der Gesetzgeber hätte für die Personengruppe, der der Kläger zugehörte, eine Ausnahmeregelung bezüglich des Verbots der Kostenerstattung schaffen müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.01.1996 sowie den Bescheid vom 20.04.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.1994 und die Bescheide vom 20.06.1996, 27.12.1996 und 29.07.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, insgesamt DM 4.207,38 an den Kläger als Kostenerstattung für privatzahnärztliche Behandlung durch Dr ..., wie bis September 1993, im Wege der Kostenerstattung zu bezahlen und festzustellen, daß die Beklagte auch künftig verpflichtet ist, die Kosten zahnärztlicher Behandlungen durch Zahnarzt Dr ..., wie bis September 1993, im Wege der Kostenerstattung zu vergüten hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, daß sie aufgrund der 1993 eingetretenen Neuregelung der Kostenerstattung privatärztliche Kosten nicht mehr erstatten dürfe.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt zwar nicht 1.000,00 DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG), da die geltend gemachte Kostenerstattung im erstinstanzlichen Verfahren nicht diesen Betrag erreicht. Das SG hat aber die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung in den Entscheidungsgründen zugelassen (§ 144 Abs.2 Nr.1 SGG). Die nach Einlegung der Berufung ergangenen ablehnenden Bescheide sind gemäß §§ 96, 153 Abs.1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl.Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 96 Rn.7). In diesem Fall entscheidet der Senat allerdings auf die Klage und nicht auf die Berufung.

Ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung der künftigen Leistungspflicht der Beklagten ist gegeben (§ 55 Abs.1 SGG). Das Feststellungsinteresse muß sich auf ein konkretes Rechtsverhältnis beziehen, eine Rechtsposition oder ein allgemeiner Rechtszustand genügt nicht, solange sie sich nicht zu einem Rechtsverhältnis verdichtet haben. Unter Rechtsverhältnis versteht man die Rechtsbeziehungen zwischen Person oder Personen und Gegenständen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Ein derartiges konkretes Rechtsverhältnis liegt dem Feststellungsantrag zugrunde, da der Kläger ein rechtliches und wirtschaftliches Interesse daran hat, ob die Beklagte die Kosten der weiteren privatzahnärztlichen Behandlungen durch Dr ... auch künftig zu erstatten hat. Das Rechtsverhältnis ist somit ausreichend konkretisiert. Der Senat sieht in dem erst mit der Berufung gestellten Feststellungsantrag eine sachdienliche Klageänderung (§ 99 Abs.1 SGG).

Die Berufung ist unbegründet und die Klage abzuweisen. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist aufgrund der im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide geltenden Rechtslage nicht verpflichtet, die Kosten der privatzahnärztlichen Behandlungen zu erstatten.

Gemäß Art.61 Gesundheits-Reformgesetz - GRG - vom 20.12.1988 (BGBl.I S.2477) konnten Krankenkassen, die aufgrund ihrer Satzung und in rechtlich zulässiger Weise Kostenerstattung durchführen, dies nach dem 31.12.1988 in dem Umfang fortsetzen, wie es die Satzung am 31.12.1988 vorsah. Diese Bestimmung wurde durch Art.25 Nr.2 Gesundheitsstrukturgesetz - GSG - vom 21.12.1992 (BGBl.I S.2266) mit Wirkung vom 01.01.1993 (Art.35 Abs.1 GSG) gestrichen.

Somit ist § 13 Abs.1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) anzuwenden, wonach die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs.2 SGB V) Kosten nur erstatten darf, soweit es dieses Buch vorsieht. Diese Bestimmung beruht auf dem Sachleistungsprinzip (§ 2 Abs.2 Satz 1 SGB V), das vorschreibt, daß die Versicherten die Leistungen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen erhalten. Im Umkehrschluß ist dieser Vorschrift das generelle Verbot einer Kostenerstattung zu entnehmen. Das Sachleistungsprinzip besagt im wesentlichen, daß die Versicherten die medizinischen Leistungen in natura erhalten und die Krankenkassen sie in dieser Form zur Verfügung stellen müssen. Damit sind die Versicherten der Notwendigkeit enthoben, sich die Leistungen selbst auf dem Markt der medizinischen Güter zu beschaffen und vorzufinanzieren. Diese gesetzliche Vorschrift ist ein Grundprinzip der sozialen Krankenversicherung, da Behandlungskosten einen kranken Versicherten nicht von einer notwendigen ärztlichen Behandlung abhalten sollen.

Beschaffen sich die Versicherten Leistungen außerhalb der vom Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehenen Wege und Verfahren, dürfen die Krankenkassen die dabei entstehenden Kosten generell nicht erstatten. Denn das Leistungssystem in Form von Sach- und Dienstleistungen kann seine Aufgaben nur dann erfüllen, wenn die Personen und Einrichtungen, deren Hilfe sich die Krankenkassen bei der Erbringung der Leistungen bedienen, von den Versicherten in Anspruch genommen werden. Eine rechtswidrige Zulassung der Kostenerstattung würde im übrigen auch zu einem Ergebnis führen, daß Regelungen des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes (§§ 12, 70 SGB V) und der Budgetierung der ambulanten Leistungen (§ 85 SGB V) sowie sonstige vertragsärztliche Leistungsanforderungen (Qualitätssicherung, §§ 135 ff. SGB V) unterlaufen werden könnten.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hat in zahlreichen Entscheidungen den Sachleistungsgrundsatz und die nur ausnahmsweise zulässige Kostenerstattung bekräftigt. Es hat mit Urteil vom 09.09.1981 (USK 81170) für Recht erkannt, daß die Krankenkassen und Ersatzkassen ihren Pflichtmitgliedern, wozu der Kläger gehört, ärztliche und zahnärztliche Behandlungen als Sachleistungen zur Verfügung zu stellen haben; eine Kostenerstattung kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Mit dem weiteren Urteil vom 10.02.1993 (USK 9349) hat es festgestellt, daß ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht besteht, wenn ein Nichtvertragsarzt in Anspruch genommen wurde. Es hat ferner mit Urteil vom 16.12.1993 (SozR 3-2500 § 13 Nr.4) u.a. für Recht erkannt, daß das gesetzliche Naturalleistungsgebot (§ 2 Abs.2 Satz 1 SGB V) für alle in der Krankenversicherung Versicherten die krankenversicherungsrechtliche ausschließt. Die von den Beteiligten und dem SG zitierte Entscheidung des BSG vom 10.05.1995 - 1 RK 14/94 (SozR 3-2500 § 13 Nr.7) hat eine Kostenerstattung ausgeschlossen, wenn sich das (freiwillige) Mitglied durch einen zu vertragsärztlichen bzw. vertragszahnärztlichen Versorgung nicht zugelassenen Arzt hat behandeln lassen. Obwohl sich diese Entscheidung mit freiwilligen Mitgliedern befaßt, ist sie auch hier anzuwenden; denn die Bindung der Pflichtversicherten an den Sachleistungsanspruch ist stärker als bei freiwillig Versicherten, da das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung in erster Linie für die Pflichtversicherten geschaffen wurde. Die weitere Entscheidung des BSG vom 12.03.1996 (1 RK 13/95) befaßt sich gleichfalls mit der Frage der Kostenübernahme bzw. der Kostenerstattung durch nicht zugelassene Leistungserbringer. Das BSG hat hierin für Recht erkannt, daß das Recht der freien Arztwahl (§ 76 Abs.1 SGB V) nur innerhalb des Sachleistungsanspruch verwirklicht werden kann. Denn nach dieser Bestimmung können die Versicherten (nur) unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den ermächtigten Ärzten, ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, deren Eigeneinrichtungen, den vertraglich zu ärztlichen Behandlungen verpflichteten Ärzten und Zahnärzten (§ 72a Abs.3 SGB V) sowie den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern und den Einrichtungen nach § 75 Abs.9 SGB V frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden.

Auch die Rechtsprechung des EuGH führt nicht zu einer Leistungsverpflichtung der Beklagten (EuGH vom 28.04.1998 - C - 120/95 und C 198/96, vgl. z.B. KrV 1998, 187). Denn diese Entscheidungen befassen sich mit der grenzüberschreitenden Inanspruchnahme von ganz bestimmten, im Ausland bezogenen Leistungen (Brille bzw. Zahnregulierung, für die nach inländischem Recht die aufgewandten Kosten erstattet werden), während im vorliegenden Fall eine Behandlung im Inland streitig ist. Daraus kann aber nicht mit Recht der Schluß gezogen werden, daß es für inländische Behandlungen auf die Zulassung der Leistungserbringer nicht mehr ankommt. Der EuGH hat seine Entscheidungen im wesentlichen auf den Grundsatz des freien Verkehrs von Dienstleistungen ohne die Notwendigkeit, vorher eine Genehmigung einholen zu müssen, gestützt und zudem ausgeführt, daß das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt läßt.

An dem grundsätzlichen Erfordernis der Behandlung durch zugelassene Ärzte ändert auch der Einwand des Klägers nichts, daß im Verfahren der Kostenerstattung Abschläge wegen fehlender Wirtschaftlichkeit vorgenommen werden können. Denn das Wirtschaftlichkeitsgebot hat im System der Sachleistungen eine größere Bedeutung. Das Wirtschaftlichkeitsgebot erschöpft sich hier nicht in Honorarkürzungen und Regressen (§ 106 SGB V), sondern verpflichtet die zugelassenen Zahnärzte in erster Linie zu wirtschaftlicher Behandlung (§ 70 i.V.m. § 28 Abs.2 SGB V). Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot hat auch noch andere Konsequenzen, wie z.B. Disziplinarmaßnahmen (§ 81 Abs.3 SGG oder als "ultima ratio" den Entzug der Kassenzulassung (§ 95 Abs.6 SGB V). Der Gesetzgeber hat in den Neufassungen des SGB V nach 1993 den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz (§§ 12, 70 SGB V) und die darauf beruhenden gesetzlichen Konkretisierungen nicht eingeschränkt, sondern verstärkt (vgl. z.B. § 135 SGB V idF des Gesetzes vom 23.06.1997, BGBl.I S.1520). Dem hat auch die höchstrichterliche Rechtsprechung durch eine Hervorhebung der Bedeutung der Beschlüsse des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Rechnung getragen (BSG vom 16.09.1997, 1 RK 32/95 (BSGE 81, 73) u.a.). Die unmittelbaren Folgen des Wirtschaftlichkeitsprinzips in Form von Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Rahmen des Systems der Behandlungen durch zugelassene Leistungserbringer entweder vor der Behandlung (in Form der Prüfung der Heil- und Kostenpläne) oder nach der Behandlung in Form von Honorarkürzungen oder Regressen gehen in der Regel zu Lasten des Zahnarztes und haben über die Beratung des Vertragsarztes auch eine Steuerungsfunktion. Dies gilt erst recht für Disziplinarmaßnahmen und Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung infolge andauernder und gravierender Verstöße gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz. Bei einer Kostenerstattung für eine privatzahnärztliche Behandlung würde die Beanstandung der Wirtschaftlichkeit allein den Versicherten treffen und hätte keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen für den Zahnarzt. Im übrigen ist ein nicht zugelassener Arzt nicht an die aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots ergangenen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, die auch eine Qualitätssicherung zum Gegenstand haben, gebunden (§§ 92, 135 SGB V). Diese Regelungen sind zum Schutze der Versicherten ergangen, damit diese die Leistungen einerseits ausreichend und entsprechend dem Qualitätsstandard sowie den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft erhalten. Andererseits sollen sie die Versichertengemeinschaft vor unvertretbaren Kosten bewahren.

Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist auch nicht nach den jeweiligen Fassungen des § 13 Abs.2 SGB V gegeben. Gemäß § 13 Abs.2 in der Fassung des GSG vom 21.12.1992 (aaO) können freiwillige Mitglieder sowie ihre nach § 10 SGB V versicherten Familienangehörigen für die Dauer der freiwilligen Versicherung anstelle der Sach- oder Dienstleistungskosten Erstattung wählen. Diese Bestimmung kommt für den pflichtversicherten Kläger nicht in Frage. Das Gesetz vom 23.06.1997 (BGBl.I S.1520) enthält mit Wirkung vom 01.07.1997 die Möglichkeit der Kostenerstattung für alle Versicherten. Diese Regelung ändert aber nichts daran, daß eine Kostenerstattung nur für die Inanspruchnahme zugelassener Leistungserbringer in Betracht kommt.

Ebensowenig ergibt sich ein Anspruch aus § 13 Abs.3 SGB V. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Wie bereits ausgeführt worden ist, hat die Beklagte den Kläger zu Recht auf seinen Sachleistungsanspruch verwiesen, so daß eine Kostenerstattung nach der 2. Alternative ausscheidet. Außerdem liegt auch eine unaufschiebbare Leistung, die zur Kostenerstattung berechtigen würde (1. Alternative), nicht vor.

Hierzu gehören Notfälle gemäß § 76 Abs.1 Satz 2 SGB V und andere dringliche Bedarfslagen, wie z.B. Systemsstörungen oder Versorgungslücken. Ein Notfall im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein an der Versorgung teilnahmeberechtigter Arzt nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Dies ist vor allem anzunehmen, wenn ohne eine sofortige Behandlung durch einen Nichtvertragsarzt Gefahren für Leib und Seele entstehen oder heftige Schmerzen unzumutbar lange andauern würden (BSG vom 24.05.1972, BSGE 34, 172 ff.; Kasseler Kommentar - Höfler, § 13 SGB V, RdNr.8; Kasseler Kommentar - Hess, § 76 SGB V, RdNr.11 ff. m.w.N.). Umgekehrt liegt ein Notfall nicht vor, wenn die fragliche Behandlung objektiv auch durch einen Vertragsarzt möglich war oder ist. Ein Notfall wird von dem Kläger nicht geltend gemacht und ist nach Lage der Akten auch nicht ersichtlich. Im übrigen ist bezüglich der Systemsstörungen und Versorgungslücken festzuhalten, daß dem Kläger in München eine große Zahl zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Zahnärzte sowie Kliniken zur Verfügung steht. Das hier vorhandene Leistungsangebot durch zugelassene Leistungserbringer ist quantitativ und qualitativ ausreichend, um den Krankenbehandlungsanspruch (§§ 27, 28 SGB V), wie er nach den Regelungen des SGB V vorgesehen ist, zu erfüllen. Da die Beklagte zudem nicht bestreitet, daß der Kläger bei einem Notfall auch einen nicht zugelassenen Zahnarzt aufsuchen kann, erübrigt sich eine gesonderte Feststellung im Urteil.

Das angeblich besondere Vertrauensverhältnis des Klägers zu Dr ... reicht gleichfalls nicht für die Annahme einer unaufschiebbaren Leistung aus. Denn ein Vertrauensverhältnis ist die Grundlage nahezu jeder Arzt-Patienten-Beziehung, d.h. auch gegenüber zugelassenen Ärzten (Uhlenbruck in Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 39, Rn.2 ff. mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG und BGH). Es ist somit auch die Grundlage des gesetzlich zugesicherten Wahlrechts unter den zugelassenen Leistungserbringern im Sinne von § 76 SGB V. Dieses Vertrauensverhältnis zum Arzt ist aber von vornherein keine auf Dauer angelegte Beziehung, da es z.B. durch die Praxis- bzw. Berufsaufgabe oder den Wegzug des Arztes oder des Versicherten beendet werden kann. Das Vertrauensverhältnis zu Dr ... wird durch die angefochtenen Bescheide nicht beeinträchtigt, da es dem Kläger unbenommen ist, weiterhin sich von diesem Zahnarzt behandeln zu lassen. Die Bescheide schließen lediglich eine Kostenerstattung aus. Soweit dieses Vertrauensverhältnis die Rechtsbeziehungen des Klägers zur Beklagten berührt, ergibt sich daraus gleichfalls nicht eine Verpflichtung der Beklagten zur Kostenerstattung entgegen den gesetzlichen Regelungen. Denn die Beklagte hat dem Kläger eine "faktische" Übergangsregelung insoweit gewährt, als sie trotz Änderung der Rechtslage zum 01.01.1993 erst ab 01.10.1993 eine Kostenerstattung abgelehnt und den Kläger vor diesem Zeitpunkt auf die geänderte Rechtslage hingewiesen hat.

Entgegen der Ansicht des Klägers sieht der Senat weder in der Änderung der Rechtslage noch in der Rechtsanwendung einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art.20 Abs.3 Grundgesetz - GG -), das den Staat bei Gesetzesänderung in bestimmten Fällen zum Erlass von Übergangsregelungen verpflichten kann (Jarass/Pieroth, GG, 4. Auflage, Art.20, Rn.54). Der Ausschluß der Kostenerstattung für den Kläger beruht aber nicht auf der Änderung des SGB V durch das Gesundheitsstrukturgesetz zum 01.01. 1993, sondern bereits früher auf dem Eintritt der Versicherungspflicht wegen Bezugs von Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz ab 01.06.1991 bzw. auf der Mitgliedschaft von Rentenantragstellern (§§ 5 Abs.1 Nr.2, 189 SGB V), die durch den Wegfall der Übergangsvorschrift des Art.61 GRG zum 01.01.1993 "durchgeschlagen" hat. Damit hatte der Kläger bereits vor dem 01.01.1993 eine schwächere Rechtsposition im Sinne des Bestandsschutzes, die eine Verlängerung der Übergangsregelung bzw. eine weitere Übergangsvorschrift verfassungsrechtlich nicht erforderlich machte. Abgesehen davon hat die Beklagte ihm, wie bereits ausgeführt, faktisch die Umstellung auf die neue Rechtslage insoweit erleichtert, als sie die Rechtsänderung erst ab 01.10.1993 angewendet und den Kläger ab diesem Zeitpunkt auf die Behandlung durch zugelassene Ärzte bzw. Zahnärzte verwiesen hat. Daran ändert auch die vom Kläger gerügte zwangsweise Einbeziehung in die Versicherungspflicht nichts, da diese lediglich Folge eines sozialrechtlichen Leistungsvorteils und damit von geringer Eingriffsintensität ist.

Der Ausschluß der Kostenerstattung verletzt nicht das Sozialstaatsprinzip. Zwar ist das Sozialstaatsprinzip (Art.20 Abs.1 GG) kein unverbindlicher Programmsatz, sondern eine verbindliche Bestimmung, die bei schwerwiegenden Versäumnissen des Gesetzgebers auch individuelle Rechtspositionen des Bürgers begründen kann. Wegen seiner Unbestimmtheit bedarf es im besonderen Maße der Konkretisierung. Subjektive Rechte ergeben sich aus dem Sozialstaatsprinzip allein in der Regel nicht. Es besteht insbesondere kein Anspruch auf bestimmte soziale Regelungen. Wesentliches Element des Sozialstaatsprinzips ist die Fürsorge für Hilfsbedürftige, wie sie durch das Bundessozialhilfegesetz geschaffen worden ist. Über den Schutz sozial besonders Schwacher hinaus enthält das Sozialstaatsprinzip den Auftrag zur Schaffung sozialer Sicherungssysteme gegen die Wechselfälle des Lebens. Aus dem Sozialstaatsprinzip ergibt sich aber keine Garantie bestehender Versicherungssysteme und erst recht nicht einzelner Vergünstigungen. Ferner folgt aus diesem Prinzip generell und prinzipiell der Auftrag an den Gesetzgeber, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen. Dem Gesetzgeber steht bei der Durchführung dieses Auftrags aber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Auch der Abbau bzw. der Eingriff in Sozialleistungen ist nicht ausgeschlossen, wobei allerdings der Bestandsschutz und der rechtsstaatliche Vertrauensschutz - wie oben ausgeführt wurde - gewisse Grenzen setzen. Eine weitere vom Gesetzgeber zu beachtende Maxime ist die Systemgerechtigkeit sowie die finanzielle Stabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung, die sich zu einem Verfassungsauftrag zur Kostendämpfung verdichten kann (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art.20, Rn.72 ff., 84 ff.; Knieps in von Maydell u.a., Sozialrechtshandbuch, C, Kapitel 14, Rn.70; Badura, Die Sozialgerichtsbarkeit 1980, 1 ff., jeweils m.w.N. auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts).

Der Gesetzgeber ist mit dem Wegfall der Übergangsregelung des Art.61 GRG zur Systemgerechtigkeit zurückgekehrt, so daß die Rechtsänderung angesichts des geringen Vertrauensschutzes, den der Kläger hat, nicht zu beanstanden ist. Denn das System der Realisierung des Sachleistungsanspruchs durch die vertragsärztliche bzw. vertragszahnärztliche Versorgung, das im Interesse der Versicherten geschaffen ist, läßt sich nur aufrechterhalten, wenn die zugelassenen Leistungserbringer von den Versicherten im Bedarfsfall auch in Anspruch genommen werden. Die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung mit Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen der verschiedenen Fachrichtungen erfordert ein hohes Maß an finanziellen Aufwendungen durch die Krankenkassen. Wären die Versicherten bei der Arztwahl grundsätzlich nicht auf die zugelassenen Leistungserbringer beschränkt, könnte entweder die ärztliche Versorgung im genannten Umfange nicht gewährleistet werden oder die Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen müßten erhöht werden. Damit besteht auch unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ein Grund, die Ausnahmen von der Verpflichtung zur Inanspruchnahme zugelassener Leistungserbringer möglichst eng zu fassen. Daher führt auch die vom Kläger geltend gemachte verfassungskonforme Auslegung der Kostenerstattungsregelung und der Erprobungsregelungen im Sinne des § 64 SGB V a.F. nicht zu einem Anspruch auf Kostenerstattung.

Der Gesetzgeber war auch nicht verpflichtet, für die Gruppe von Versicherten, der der Kläger angehört, eine Sonderregelung zu schaffen, die zur Kostenerstattung bei Inanspruchnahme nicht zugelassener Leistungserbringer berechtigt. Entgegen der klägerischen Meinung ist der Gleichheitssatz nicht verletzt (Art.3 GG). Der Gleichheitssatz bedeutet in der Fassung als Willkürverbot, daß es dem Gesetzgeber untersagt ist, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Willkür liegt dann vor, wenn bezogen auf den jeweiligen in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt. Die sogenannte "neue Formel" bei der Prüfung einer Verletzung des Art.3 GG verlangt, daß die gesetzliche Ungleichbehandlung das Ausmaß der Ungleichheit berücksichtigen müsse. Nicht jeder beliebige, sondern nur der den Unterschieden angemessene Grund, legitimiert die Ungleichbehandlung (Bieback, SGb 1989, 46 ff. m.w.N. auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Nach dieser neuen Formulierung ist Art.3 GG vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (Bieback, a.a.O.; Umbach/Clemens, VSSR 1992, 265 ff.; Jarass/Pieroth, a.a.O., Art.3, Rn.5, 11). Es fehlt an einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen Versicherten, da sowohl die übrigen Pflichtversicherten als auch die freiwilligen Versicherten bei der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen grundsätzlich nur unter den zugelassenen Leistungserbringern wählen können (§ 76 SGB V).

Im Zusammenhang des Gleichheitssatzes mit dem Sozialstaatsprinzip ist der Gesetzgeber nicht zum Erlaß der vom Kläger angestrebten Sonderregelung verpflichtet. Denn unter diesem Aspekt hat der Gesetzgeber einen großen Handlungsfreiraum bei der Gestaltung des Sozialrechts. Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet ihn, eine gerechte Sozialordnung anzustreben, läßt aber für die Erreichung des Ziels alle Wege offen (Umbach/Clemens, a.a.O., S.275 m.w.N.). Hierbei kann der Gesetzgeber, insbesondere im Bereich der Massenverwaltung, wozu auch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, mit Typisierungen arbeiten, so daß die vom Kläger erwartete Differenzierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Abgesehen davon, steht der oben genannte Gesichtspunkt der Systemkonformität der begehrten Sonderregelung entgegen. Die Bindung des Gesetzgebers an die Gestaltungstradition und die eigene Gestaltungsentscheidung ermöglicht erst Rechtssicherheit und Vertrauensschutz im sozialen Rechtsstaat. Auch wenn daraus nicht folgt, daß der Gesetzgeber an die von ihm etablierte Sachgesetzlichkeit eines Systems für alle Zeiten gebunden wäre (Bieback a.a.O.), d.h. im vorliegenden Fall an das Sachleistungsprinzip, kann aber umgekehrt nicht angenommen werden, daß die Streichung der Übergangsregelung und damit das Hervorheben der Systemgerechtigkeit gegen den Gleichheitssatz verstößt.

Schließlich kann sich der Kläger nicht mit Recht auf die Verletzung der ärztlichen Berufsfreiheit im Sinne von Art.12 GG stützen. Denn es fehlt aus drei Gründen an einem hoheitlichen Eingriff in den Schutzbereich dieser Norm. Die fehlende Zulassung des Zahnarztes Dr ... beruht zum einen allein auf dessen freiwilliger Entscheidung, nicht mehr am System der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen teilnehmen zu wollen. Er hat nach der Auskunft der KZV Bayern die vertragszahnärztliche Tätigkeit freiwillig beendet. Zum anderen würde die fehlende Abrechnungsmöglichkeit des Zahnarztes im System der gesetzlichen Krankenversicherung sich nicht zwangsläufig auf das Verhältnis des Klägers zur Beklagten auswirken. Denn aus § 13 Abs.3 1.Alternative SGB V ergibt sich, daß auch das Fehlen einer Zulassung unter den o.g. Umständen, die aber im vorliegenden Falle nicht gegeben sind, einer Leistungspflicht der Krankenkasse nicht entgegensteht. Schließlich ist der Kläger in seiner Eigenschaft als Patient nicht Normadressat der dem Arzt zustehenden, grundgesetzlich geschützten Berufsfreiheit des Art.12 GG. Somit würden ihm aus einer (unterstellten) Verletzung der Berufsfreiheit des Arztes keine Rechte gegenüber der Beklagten erwachsen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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