L 7 P 41/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 2 P 102/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 41/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 05.04.2001 und unter Aufhebung von Punkt III. dieses Urteils verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.12.1996 bis 30.09.2001 2.973,72 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Beigeladenen zu 1) die außergerichtlichen Kosten zu erstatten, im Übrigen sind solche nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Erstattung der von der Klägerin seit 01.12.1996 bis 30.09.2001 getragenen Aufwendungen für die Unterbringung der Beigeladenen zu 1) in einer Behinderteneinrichtung streitig.

Die am 1981 geborene Beigeladene zu 1) ist geistig behindert. Sie befindet sich seit 24.02.1993 in der Einrichtung S. für behinderte Menschen gGmbH. Während der Ferien hält sie sich im Haushalt ihrer Mutter, die mit der Beklagten einen privaten Pflegeversicherungsvertrag abgeschlossen hat, auf.

Mit Schreiben vom 18.04.1996 teilte der Kläger der Beklagten mit, er leite hiermit die Ansprüche der Beigeladenen zu 1) auf Pflegeleistungen für stationäre Pflege entsprechend § 43 SGB XI, hilfsweise für häusliche Pflege entsprechend § 36 SGB XI, gemäß § 90 des Bundessozialhilfegesetzes (BHSG) auf sich über; er sei damit einverstanden, wenn die Entscheidung so lange zurückgestellt werde, bis geklärt sei, welche Pflegeleistungen, ambulante oder stationäre, von den Pflegekassen für die Unterbringung in stationären Behinderteneinrichtungen zu gewähren seien.

Nachdem die Mutter der Beigeladenen zu 1) für diese einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung gestellt hatte, beauftragte die Beklagte Dr.B. von der Gesellschaft für Medizinische Gutachten M. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser hielt in seinem Gutachten vom 13.11. 1996 einen Hilfebedarf in Form der Kontrolle beim Waschen, beim Duschen, der Aufforderung bei der Zahnpflege, beim Kämmen sowie gelegentlich bei der Blasenentleerung für erforderlich; bei der Aufnahme der Nahrung sei ebenfalls wegen des Übergewichts gelegentliche Kontrolle notwendig. Angaben zum zeitlichen Umfang der jeweiligen Hilfeleistungen wurden in dem Gutachten nicht gemacht, sondern pauschal der tägliche Pflegebedarf als nicht ausreichend für die Annahme von Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 1 Abs.6 der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung MB/PPV 1996 angesehen. Nachdem der Kläger der Beklagten einen von dem Heim S. ausgefüllten, Fragebogen zum Umfang des Pflegebedarfes, in dem ein täglicher Bedarf in der Grundpflege von 132 Minuten genannt wurde, übersandt hatte, holte die Beklagte ein weiteres Gutachten des Arztes für Sozialmedizin N. vom 11.02.1998 ein, der den Zeitaufwand für die Grundpflegeverrichtungen auf 37 Minuten täglich einschätzte. Mit Schreiben vom 03.03.1998 lehnte die Beklagte daraufhin unter Hinweis auf dieses Gutachten eine Leistung aus der Pflegeversicherung ab.

Am 20.03.1998 hat der Kläger zum Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben , die mit Beschluss vom 29.06.1998 an das örtlich zuständige Sozialgericht München (SG) verwiesen worden ist. Auf den Vortrag der Beklagten hin, es fehle an einer wirksamen Überleitung eines Leistungsanspruches, da in dem Bescheid vom 18.04.1996 Leistungen für stationäre Pflege entsprechend § 43 SGB XI übergeleitet worden seien, während mit der Klage nun Leistungen nach § 43a SGB XI geltend gemacht würden, hat der Kläger ausgeführt, erst mit dem Änderungsgesetz zum SGB XI vom 14.06.1996 sei mit Wirkung zum 01.07.1996 die Regelung des § 43a SGB XI eingeführt worden. Die allgemeine Überleitung vom 18.04.1996 umfasse den ab 01.07.1996 gegebenen Anspruch auf stationäre Pflegeleistungen.

Das SG hat einen Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr.S. und einen Bericht des S. , das einen Grundpflegebedarf von 158 Minuten und insgesamt einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung einen Aufwand von 381 Minuten benennt, eingeholt. Es hat den Internisten Dr.R. zum Sachverständigen bestellt, der nach Untersuchung der Beigeladenen zu 1) in der Einrichtung am 27.07.1999 in seinem Gutachten vom 01.08.1999 einen Grundpflegebedarf von 52 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von mehr als 45 Minuten für erforderlich hält.

Mit Urteil vom 05.04.2001 hat das SG die Beklagte verurteilt, an den Kläger vertragliche Leistungen der stationären Pflegeversicherung nach Tarif PV Nr.7.2 unter Anwendung der Tarifstufe PVB zu zahlen, so lange die Beigeladene zu 1) in der Einrichtung untergebracht ist und bei ihr mindestens Pflegestufe I vorliegt. Der Überleitungsbescheid sei hinreichend bestimmt. Die vertraglichen Voraussetzungen für eine Pflegestufe seien ab dem 01.12.1996 nach dem Gutachten des Dr.R. , der die gegenteiligen Feststellungen in dem Gutachten des Sachverständigen N. entkräftet habe, erfüllt. Die Verurteilung habe dem Grunde nach entsprechend dem Antrag des Klägers erfolgen können. Der Beklagten seien Gerichtskosten in Höhe von 500,00 DM aufzuerlegen gewesen, da sie sich bereits im Schriftsatz vom 30.08.1999 geäußert habe, sie köne sich nicht auf Vergleichsverhandlungen einlassen, sondern müsse auf einer gerichtlichen Entscheidung bestehen.

Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, gegen sie als privatrechtliches Unternehmen sei die einzig mögliche Klageart die reine Leistungsklage nach § 54 Abs.5 SGG, eine Verurteilung in Form einer unbezifferten Feststellung dagegen unzulässig. Entgegen der Ansicht des SG liege keine wirksame Überleitung vor. Nach wie vor werde der Anspruch dem Grunde nach bestritten. Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten habe das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten, das kein Parteigutachten sei, nicht entkräftet. Auch habe der Kläger seine Forderung nicht nachvollziehbar beziffert. Bei der zunächst vorgelegten Aufstellung der monatlich geltend gemachten Beträge seien die Tage nicht abgezogen worden, an denen sich die Beigeladene zu 1) nicht in der Einrichtung, sondern im Haushalt der Mutter befunden habe; die sodann nachgereichte handschriftliche Aufstellung halte sie für unzumutbar und bestreite deren Richtigkeit mit Nichtwissen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG München vom 05.04.2001 aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte für die Zeit vom 01.12.1996 bis 30.09.2001 zur Zahlung von 2.973,72 EUR zu verurteilen.

Die Rechnungen für die Zeit nach dem 30.09.2001 würden später geltend gemacht, da sie erst vor kurzem eingegangen seien. Sie habe für den Dezember 1996 monatlich 5.814,00 DM an das S. aufgrund des geltenden Einheitspflegesatzes gezahlt, 1997 habe der von ihr abgegoltene Pflegesatz monatlich 5.865,00 DM, 1998 sowie bis 31.03.1999 monatlich 5.925,00 DM betragen. Vom 01.04.1999 bis 31.05.1999 habe sich das Heimentgelt auf 4.747,20 DM reduziert, vom 01.06.1999 bis 14.09.2000 auf 4.832,70 DM; ab 15.09.2000 seien wiederum 5.098,20 DM monatlich angefallen. Die Beklagte sei entsprechend ihrem Tarif grundsätzlich zu einer Erstattung von 10 v.H. dieser monatlichen Beträge, jedoch zu nicht mehr als 500,00 DM monatlich, verpflichtet. Hiervon trage sie einen Anteil von 20 %, da das Landesamt für Besoldung und Versorgung 80 v.H. erstatte. Die dreiseitige handschriftliche Aufstellung über die von der Beklagten für die einzelnen Monate zu erstattenden Beträge sei anhand der bereits vorgelegten Heimkostenrechnungen nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt worden, insbesondere seien die von der Beklagten bemängelten Abwesenheitstage berücksichtigt worden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, ein Ausschließungsgrund (§ 44 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als teilweise begründet.

Die Beklagte macht zu Recht geltend, dass innerhalb zivilrechtlicher Rechtsverhältnisse grundsätzlich nur ein Rechtsschutzinteresse an gerichtlichen Entscheidungen mit vollstreckungsfähigem Inhalt besteht (BSG SozR 3-3300 § 38 Nr.2). Aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass ihm für die Zeit vom 01.12.1996 bis 30.09.2001 ein Erstattungsanspruch in Höhe von insgesamt 2.973,72 EUR zusteht. Er hat durch Vorlage der entsprechenden Abrechnungen (Bl.33 bis 37 Berufungsakte) nachgewiesen, dass der tägliche Pflegesatz im Dezember 1996 193,80 DM, im Jahr 1997 195,50 DM, im Jahr 1998 und bis 31.03. 1999 197,50 DM, ab 01.04.1999 bis 14.09.2000 158,23 DM und ab 15.09.2000 von 169,94 DM bzw. ab Juli 2001 173,19 DM betragen hat. In seiner korrigierten Abrechnung (Bl.70 bis 72 Berufungsakte) hat er für den Januar 1997 einen Abwesenheitstag, für den März 1997 vier Tage, für den April 1997 fünf Tage, für Dezember 1997 zwölf, für den Mai 1998 vier, für August 1998 sechs, für den September 1998 drei, für den Oktober 1998 vier, für den Mai 2000 neun Abwesenheitstage berücksichtigt. Diese ergeben sich aus den vom Kläger mit Schreiben vom 05.02.2002 vorgelegten Abrechnungen der S. gGmbH. Diese in der korrigierten Abrechnung (Bl.70 bis 72 Berufungsakte) aufgeführten Beträge sind somit zutreffend und ergeben für den streitigen Zeitraum den Betrag von 2.971,72 EUR.

Die Beklagte ist entsprechend Ziffer 7.2 ihres Tarifes PV verpflichtet, bei Pflege in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe, in der die Beigelade zu 1) untergebracht ist, 10 v.H. des nach § 93 Abs.2 BSHG vereinbarten Heimentgelts, im Einzelfall höchstens 500,00 DM bzw. 20 v.H. hiervon je Kalendermonat abzugelten.

Zu Unrecht wendet die Beklagte ein, ihre Leistungspflicht sei deshalb nicht gegeben, weil nicht wenigstens Pflegebedürftigkeit nach Stufe I im Sinne des § 1 Abs.6 i.V.m. Abs.8 MB/PPV 1996 gegeben sei; danach muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen. Denn für die Beigeladene zu 1) ist ein Pflegeaufwand dieses Umfangs erforderlich.

Gemäß § 6 Abs.2 Satz 1 MB/PPV 1996 sind Eintritt, Stufe und Fortdauer der Pflegebedürftigkeit durch einen durch den Versicherer beauftragten Arzt festzustellen. Für diesen Fall bestimmt § 64 Abs.1 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), dass in Fällen, in denen nach dem Vertrag einzelne Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden, die getroffene Feststellung nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Die Feststellungen der von der Beklagten beauftragten Sachverständigen weichen offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich ab, so dass sie im Sinne dieser Vorschrift nicht verbindlich sind. So kann dem von der Beklagten zunächst eingeholten Gutachten des Dr.B. vom 13.11.1996 schon deshalb keine Verbindlichkeit zukommen, weil in diesem Gutachten die Frage nach dem Umfang der Pflegebedürftigkeit nicht in dem Sinne beantwortet wird, dass sich hieraus entnehmen ließe, ob die nach § 1 Abs.6 i.V.m. Abs.8 MB/PPV 1996 erforderlichen 90 Minuten erreicht sind oder nicht. Denn der Sachverständige trifft pauschal und nicht nachvollziehbar die Feststellung, der tägliche Pflegebedarf reiche für das Vorliegen der Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 1 Abs.6 MB/PPV 1996 nicht aus, beziffert aber weder bei den einzelnen Verrichtungen noch insgesamt den täglich durchschnitt- lich anfallenden Hilfebedarf. Wegen dieses wesentlichen Mangels weicht dieses Gutachten im Sinne des § 64 Abs.1 Satz 1 VVG "von der wirklichen Sachlage erheblich" zumindest in dem Sinne ab, dass entsprechend dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist.

Dies gilt auch für das von der Beklagten eingeholte "Obergutachten" des Arztes und Sozialmediziners N. vom 11.02. 1998, auch wenn in diesem Gutachten für einzelne Verrichtungen ein Zeitaufwand angegeben wird. Denn es ist nicht erkennbar, dass sich der Sachverständige bei der Einschätzung des Zeitbedarfs an den maßgebenden Vorgaben orientiert hat. So gibt er bei der Schilderung der Körperhygiene den tatsächlichen Ablauf im Heim wieder und stellt dar, welche Hilfen in Form von Aufforderungen und Kontrollen tatsächlich erbracht werden. Offensichtlich hat er den von dem Pflegepersonal im Heim tatsächlich getätigten Zeitaufwand geschätzt. Dies kann aber nicht die alleinige Beurteilungsgrundlage sein. Denn maßgebend ist nach § 1 Abs.8 des Tarifes der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausbildete Pflegeperson benötigt. Im Falle einer stationären Pflege ist für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit der - fiktive - Bedarf an häuslicher Pflege maßgebend, das heißt, der Zeitaufwand, der anfallen würde, wenn der Pflegebedürftige im häuslichen Bereich von einer durchschnittlichen Laienpflegekraft betreut würde (BSG SozR 3-3300 § 43 Nr.1). Deshalb kann man sich nicht an den in einem Pflegeheim existierenden Bedingungen orientieren und hierbei stattfindende "Rationalisierungseffekte" (BSG a.a.O.) berücksichtigen. Diesem Umstand hat aber Dr.R. in seinem Gutachten ausdrücklich Rechnung getragen. Da auch seine übrigen Feststellungen schlüssig sind, ergibt sich aus diesem Gutachten zur Überzeugung des Senats, dass bei der Beigeladenen zu 1) ein Pflegeaufwand erforderlich ist, der wenigstens das in § 1 Abs.6 des Tarifes genannten Ausmaß erreicht.

Danach ist die Beigeladene zu 1) zwar in der Lage, alle relevanten Alltagsverrichtungen ohne Hilfe zu vollbringen. Ihre Probleme in den lebenspraktischen Dingen beruhen aber auf Interesselosigkeit, hoher Ablenkbarkeit, fehlender Frustrationstoleranz, Affektlabilität und niedriger Belastbarkeit. Die fehlende Selbständigkeit in den für die Beurteilung der Pflegedürftigkeit relevanten Verrichtungen basiert auf Defiziten in der Handlungssteuerung. Aufgabe der Behinderteneinrichtung ist es, ihr größere Selbständigkeit in diesen Dingen zu vermitteln und sie möglichst weit an ein selbstbestimmtes Leben heranzuführen. Bei den Verrichtungen der Körperpflege ist von einem Zeitbedarf auszugehen, der über den der reinen Aufforderung, Anleitung und Erledigungskontrolle hinaus geht, wobei die pädagogischen Mittel nicht auf die rationale Erklärung mit dem Ziel der vernunftgemäßen Einsicht beschränkt werden können, sondern die Pflegekräfte das ganze Repertoire erzieherischer Möglichkeiten nutzen müssen.

Hilfen in diesem Sinne sind notwendig beim Waschen, Duschen, bei der Zahnpflege, beim Kämmen und der Intimhygiene. Hierbei kann unter den Bedingungen der Wohngruppe ein Betreuer vier Behinderte beaufsichtigen mit einem entsprechend anteiligen Zeitaufwand. Unter den Bedingungen einer durchschnittlichen häuslichen Wohnsituation ist hingegen der Zeitaufwand entsprechend höher. Hieraus ergibt sich, dass für die Hilfe bei der Morgentoilette 20 Minuten, für die Abendtoilette (zusätzlich duschen) 25 Minuten anfallen. Für die Aufforderung beim Aufstehen und zu Bett gehen sind zwei Minuten anzusetzen, für die Hilfe beim Ankleiden fünf Minuten, während im Bereich der Ernährung von Selbständigkeit auszugehen ist. Somit liegt in der Grundpflege der Bedarf bei 52 Minuten, in der hauswirtschaftlichen Versorgung bei mehr als 45 Minuten.

Den Anspruch der Beigeladenen zu 1) hat der Kläger mit Bescheid vom 18.04.1996 wirksam übergeleitet. Zu Unrecht wendet die Beklagte ein, der Bescheid sei insoweit zu unbestimmt und leite einen anderen Anspruch über. Wesentlich und ausreichend ist, dass aufgrund des in der Überleitungsanzeige genannten Lebenssachverhaltes, nämlich die Unterbringung der Beigeladenen zu 1) in einer Behinderteneinrichtung, der hieraus sich ergebende Anspruch eindeutig individualisierbar ist. Unerheblich ist insoweit, wenn der Kläger die rechtliche Grundlage für diesen Anspruch falsch bezeichnete bzw. noch nicht richtig bezeichnen konnte, da § 43a SGB XI bzw. die entsprechende Regelung des § 4 Abs.12 MB/PPV 1996 i.V.m. Tarif PV 7.2 erst ab 01.07.1996 in Kraft getreten sind. Da es sich bei der Überleitungsanzeige um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, hat sie den ab 01.07.1996 - hier wegen der späteren Antragstellung ab 01.12. 1996 - entstandenen Anspruch erfasst, da, wie bereits dargelegt wurde, der diesem Anspruch zugrundeliegende Lebenssachverhalt eindeutig bezeichnet ist, und dieser Lebenssachverhalt auch nur diesen Anspruch begründet.

Somit war die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 05.04.2001 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 01.12.1996 bis 30.09.2001 2.973,72 EUR zu erstatten. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; auch wenn gegenüber dem Kläger eine Kostenerstattungspflicht gemäß § 193 Abs.4 SGG nicht besteht, ist eine solche gegenüber der Beigeladenen zu 1. gegeben.

Die Voraussetzungen für die Auferlegung von Gerichtskosten gemäß § 192 SGG sind hingegen nicht erfüllt. Da die Beklagte den geltend gemachten Anspruch dem Grunde nach bestreitet, und ihr nicht nachgewiesen werden kann, dass sie insoweit wider besseren Wissen handelt, kann eine fehlende Vergleichsbereitschaft nicht die Auferlegung von Gerichtskosten rechtfertigen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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