L 5 RJ 195/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 1001/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 195/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 10.02.2000 abgeändert und die Klage gegen den Bescheid vom 15.10.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.1997 sowie den Bescheid vom 17.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.1997 in vollem Umfang abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

In diesem Rechtsstreit geht es um die Anerkennung der Zeit vom 01.11.1954 bis 31.12.1956 auf die Altersrente des Klägers.

Der am ...1930 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.11.1954 bis 31.12.1956 Justizassistentenanwärter beim Amtsgericht F ... Danach wurde er zum Beamten im mittleren Justizdienst ernannt und mit Ablauf des 31.05.1974 in den Ruhestand versetzt.

Auf Antrag vom 31.07.1996 erhielt der Kläger von der Beklagten Regelaltersrente ab 01.07.1996. Die Zeit vom 01.11.1954 bis 31.12.1956 scheint im Bescheid nicht auf. Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 26.11.1996 Widerspruch eingelegt, bei dem es unter anderem um einen früheren Rentenbeginn sowie um die Anrechnung der Zeit vom 01.11.1954 bis 31.12.1956 geht. Während dieser Zeit sei er von seinem damaligen Arbeitgeber, dem Amtsgericht F ..., bei der AOK gemeldet worden. Zum Nachweis legte der Kläger eine An- und eine Abmeldebescheinigung der AOK K ... vor und führte aus, da er bei der gesetzlichen Krankenversicherung gemeldet gewesen sei, sei zu unterstellen, dass auch Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet worden seien. Ferner wies er darauf hin, dass diese Zeit bei seiner Beamtenversorgung nicht als ruhegehaltsfähig gelte, und verwies auf den Bescheid der Bezirksfinanzdirektion Augsburg vom 15.07.1974. Nach Art.100 des Bayerischen Beamtengesetzes 1946 blieben Zeiten des Vorbereitungsdienstes vor Vollendung des 30.Lebensjahres unberücksichtigt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.1997 zurück. Zu der streitgegenständlichen Zeit führte sie aus, es habe sich offensichtlich um die Ausbildung für die spätere Berufslaufbahn gehandelt. Wie auch nach der derzeitigen Rechtslage seien Beamte der Bundesländer, solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet wurden, versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen (§ 1235 Reichsversicherungsordnung - RVO -, § 12 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - alter Fassung). Aus der vom Kläger vorgelegten Anmeldebescheinigung zur AOK ergebe sich nichts anderes, denn in der Mitgliedskarte der AOK aus der damaligen Zeit werde lediglich der Eintritt und der Austritt bestätigt. Angaben über die Beitragsgruppe fehlten gänzlich, so dass davon ausgegangen werden könne, dass durch die Anmeldung lediglich die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung bewirkt worden sei. Die streitgegenständliche Zeit könne demnach nicht als Beitragszeit anerkannt werden.

Mit weiterem Bescheid vom 17.01.1997 wurde ein Zuschuss zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung des (privat versicherten) Klägers festgesetzt. Den auch gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.1997 unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid vom 22.09.1997 zurück.

Gegen beide Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben, wiederum mit dem Ziel eines früheren Rentenbeginns bzw. Beginns des Beitragszuschusses sowie der zusätzlichen Anrechnung der Zeit vom 01.11.1954 bis 31.12.1956. Zur Begründung führte der Kläger aus, es habe sich um eine Anwärterzeit gehandelt; er sei damals noch nicht Beamter auf Widerruf gewesen, sondern lediglich Anwärter und als solcher nicht versicherungsfrei. Die Beklagte hielt dem entgegen, offensichtlich seien in dem fraglichen Zeitraum keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden, so dass diese Zeit nicht als Beitragszeit anerkannt werden könne. Es handle sich auch nicht um eine fiktive Beitragszeit nach § 279 Abs.2 a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Zwar sei der Kläger im streitigen Zeitraum unzweifelhaft für einen Beruf ausgebildet worden, doch habe es sich nicht um ein privatrechtliches Ausbildungsverhältnis gehandelt.

Das SG hat nach Verbindung der Streitsachen mit Urteil vom 10.02.2000 die Beklagte verurteilt, die Zeit vom 01.11.1954 bis 31.12.1956 als Pflichtbeitragszeit zu berücksichtigen. Im Übrigen wurden die Klagen abgewiesen. Zwar seien nach § 1235 RVO in der damals geltenden Fassung unter anderem Beamte der Länder versicherungsfrei gewesen, solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet wurden. Diese Freistellung gelte indessen nur für wirkliche Beamte, nicht für Beamtenanwärter, Dienstanwärter und ähnliche Personen, die erst nach Beendigung ihrer Ausbildung in das Beamtenverhältnis übernommen worden seien. Im Wesentlichen habe dies nur Polizeianwärter, Versorgungsanwärter, Militäranwärter und Anwärter des Reichsarbeitsdienstes betroffen. Beamtenanwärter für den mittleren (wie der Kläger) und gehobenen Dienst, die einen Vorbereitungsdienst für eine bestimmte Beamtenlaufbahn zu leisten hatten, seien auch keine "Verwaltungslehrlinge" gewesen und daher auch nicht nach § 172 Abs.1 Nr.4 RVO a.F. versicherungsfrei. Deshalb müsse die Beklagte die Zeit gemäß § 247 Abs.2 a SGB VI als Pflichtbeitragszeit berücksichtigen. Die Rente und der Zuschuss zur Kranken- bzw. Pflegeversicherung seien dementsprechend neu zu berechnen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und zur Begründung auf ein Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 28.08.1961 (3 RK 57/57 = BSGE 15 S.65 ff) verwiesen. Nach Aktenlage sei der Kläger Justizassistentenanwärter gewesen. Damit habe für ihn die gemeinsame Bekanntmachung der bayerischen Staatsministerien vom 19.08.1953 über die Sozialversicherungspflicht der Beamtenanwärter gegolten, wonach Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung bei gleichzeitiger Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden habe.

§ 247 Abs.2 a SGB VI sei nicht anwendbar, wenn keine Versicherungspflicht bestand. Das SG habe zu Unrecht seine Überlegungen auf § 172 RVO abgestellt. Im vorliegenden Fall sei vielmehr § 169 RVO einschlägig. Wie sich aus der gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien vom 19.08.1953 ergebe, sei Beamtenanwärtern mit Wirkung vom 01.07.1952 die Anwart- schaft auf Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet. Lediglich weil diese Bekanntmachung über § 169 Abs.3 RVO keine rückwirkende Kraft hatte, sei vom BSG mit Urteil vom 28.08.1961 entschieden worden, dass im dort streitigen Zeitraum (Juli 1952 bis März 1953) Versicherungspflicht bestanden habe. Im vorliegenden Falle liege das Beschäftigungsverhältnis jedoch nach der Verkündung der Bekanntmachung vom 19.08.1953, so dass Versicherungsfreiheit nach § 169 RVO bestanden habe. Im Übrigen sei die Zeit auch dem Grunde nach bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt worden. Die Tatsache, dass im Fall des Klägers eine Vergleichs- berechnung ohne die streitige Zeit zu einem günstigeren Ergebnis geführt habe, ändere an der Ruhegehaltsfähigkeit dieser Zeit nichts.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 10.02.2000 abzuändern und die Klage gegen den Bescheid vom 15.10.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.09.1997 sowie gegen den Bescheid vom 17.01.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.09.1997 in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 10.02.2000 zurückzuweisen.

Er führt aus, zwar sei durch die gemeinsame Bekanntmachung vom 19.08.1953 die Anwartschaft auf Ruhegehalt für nicht beamtete Beamtenanwärter in Bayern gewährleistet. Diese Gewährleistung habe jedoch bei ihm die Versicherungsfreiheit nicht begründet; er sei von seinem Dienstherrn, nämlich der bayerischen Justiz, vertreten durch das Amtsgericht F ..., wider seinen Willen in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert worden. Er verweist insoweit erneut auf die An- bzw. Abmeldebescheinigung der AOK K ..., Verwaltungsstelle F ... Aus der gemeinsamen Bekanntmachung vom 19.08.1953 ergebe sich in seinem Fall auch deswegen keine Versicherungsfreiheit, weil bei ihm von einem regelmäßigen Verlauf der Berufsausbildung nicht die Rede sein könne.

Beigezogen wurden die Akten der Beklagten sowie des SG Augsburg.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 10.02.2000 ist zulässig und begründet.

Streitig ist nurmehr die Berücksichtigung der Zeit vom 01.11.1954 bis 31.12.1956 als Beitragszeit gemäß § 54 Abs.1 Ziff.1 i.V.m. § 55 Abs.1 SGB VI, in der der Kläger als Justizassistentenanwärter beim Amtsgericht F ... gearbeitet hat.

Nach § 55 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.

Wie auch das Erstgericht zutreffend feststellt, sind im streitigen Zeitraum für den Kläger keine (Pflicht-)Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden. Die Tatsache, dass der Kläger damals in der gesetzlichen Krankenversicherung gemeldet war, wofür eine Anmeldebescheinigung und eine Abmeldebescheinigung vorliegen, steht dem nicht entgegen. Aus der von der Beklagten beigezogenen Versichertenkarte der AOK geht nicht hervor, dass Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt worden wären. Ein versicherungspflichtiges Entgelt ist nicht aufgeführt. Verzeichnet ist nur der Eintritt und der Austritt aus der Versicherung.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichts gelten Pflichtbeiträge auch nicht nach besonderen Vorschriften als gezahlt (§ 55 Abs.1 Satz 2 SGB VI). Insbesondere liegt kein Fall des § 247 Abs.2 a SGB VI vor. Nach dieser Bestimmung sind Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung auch Zeiten, in denen in der Zeit vom 01.06.1945 bis 30.06.1965 Personen als Lehrlinge oder sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren und grundsätzlich Versicherungspflicht bestand, eine Zahlung von Pflichtbeiträgen für diese Zeit jedoch nicht erfolgte (Zeiten einer beruflichen Ausbildung). Zwar war der Kläger zum damaligen Zeitpunkt, wenn auch nicht als Lehrling so doch zu seiner Berufsausbildung, beschäftigt und wäre nach § 1227 Abs.1 Nr.1 RVO bzw. nach § 1 Nr.3 AVG a.F. grundsätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig gewesen (und nach § 165 RVO a.F. auch in der gesetzlichen Krankenversicherung). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 172 RVO a.F., wonach Beamte (§ 172 Abs.1 Nr.1 RVO) und Ver- waltungslehrlinge (§ 172 Abs.1 Nr.4) versicherungsfrei waren, denn der Kläger war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht verbeamtet. Auch war er nicht ein Verwaltungslehrling im Sinne von § 172 Nr.4 RVO a.F., denn das würde voraussetzen, dass für ihn ein Lehrverhältnis ausdrücklich mit dem Ziel, ihn in eine mit Anwartschaft auf Ruhegehalt ausgestattete Stelle hineinwachsen zu lassen, abgeschlossen worden wäre (vgl. Kühne-Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, 1950, § 172 RVO, Anm.3). Das BSG hat mit Urteil vom 28.08.1961 - Az.: 3 RKA 57/57 - entschieden, dass Beamtenanwärter beim Finanzamt Starnberg in der Zeit vom 01.07.1952 bis 31.01.1953 keine Verwaltungslehrlinge im Sinne von § 172 Abs.1 Nr.4 RVO waren, sondern in einem versicherungs- pflichtigen Beschäftigungsverhältnis standen.

Dennoch war der Kläger während der streitgegenständlichen Zeit in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei und zwar gemäß § 169 Abs.1 RVO a.F. Nach dieser Bestimmung sind versicherungsfrei unter anderem auch sonstige Beschäftigte eines Landes, wenn ihnen Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet ist. Eine entsprechende Regelung findet sich in § 11 Abs.1 AVG a.F ... Nach § 11 Abs.3 AVG entscheidet für die Beschäftigten in Betrieben oder im Dienst eines Landes dessen oberste Verwaltungsbehörde darüber, ob eine Anwartschaft als gewährleistet anzusehen ist. Eine solche Entscheidung über die Frage der Sozialversicherungspflicht der Beamtenanwärter in Bayern findet sich in der gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien vom 19.08.1953 Nr.II 84227 XII-17 über die Sozialversicherungspflicht der Beamtenanwärter. In Abschnitt I Abs.1 dieser Bekanntmachung wird festgestellt, dass Beamtenanwärter, die bereits eine Ernennungsurkunde besitzen, versicherungsfrei sind. Nach Abs. 3 beziehen Beamtenanwärter, die nur Unterhaltszuschuss erhalten, kein Entgelt im Sinne des § 1 Abs.3 AVG und sind somit versicherungsfrei. In dem hier einschlägigen Abs.4 schließlich wird festgestellt, dass nach dem regelmäßigen Verlauf ihres beruflichen Werdeganges anzunehmen sei, dass für Beamtenanwärter Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenrente im Mindestbetrag der ihrem Diensteinkommen entsprechenden Höhe später gegeben sein werde. Soweit demnach Versicherungsfreiheit nicht bereits nach Absätzen 1 und 3 besteht, insbesondere wenn Beamtenanwärter ausnahmsweise ein Entgelt erhalten, wird aufgrund von § 11 Abs.3 AVG festgestellt, dass derartigen Beamtenanwärtern mit Wirkung vom 01.07.1952 (Inkrafttreten der Laufbahnverordnung - LVO - vom 23.06.1952) für die Dauer des Beamtenanwärterverhältnisses einschließlich einer Beschäftigung nach § 3 Abs.3 Satz 5 LVO Anwartschaft im Sinne des § 11 Abs.1 AVG gewährleistet ist. Damit waren Beamtenanwärter nach dem Inkrafttreten der Gemeinsamen Bekanntmachung vom 19.08.1953 versicherungsfrei in der Gesetzlichen Rentenversicherung.

Diese Rechtsauffassung wird durch das sowohl vom Erstgericht, als auch vom Kläger und von der Beklagten zitierte Urteil des BSG vom 28.08.1961 (BSGE 15, 65) ausdrücklich bestätigt. Dort heißt es auf Seite 70, dass im Falle der dort betroffenen Beamtenanwärter am Finanzamt Starnberg eine Versicherungsfreiheit aufgrund § 169 Abs.1 RVO (freie Gewährleistung von Versorgungsbezügen) nicht angenommen werden könne. Zwar sei den nicht beamteten Beamtenanwärtern durch Abschnitt 1 Abs.4 der gemeinsamen Bekanntmachung vom 19.08.1953 mit Wirkung vom 01.07.1952 die Anwartschaft auf Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet worden. Diese Gewährleistung habe jedoch sozialversicherungsrechtlich nach § 169 Abs.3 RVO nicht die in der gemeinsamen Bekanntmachung vorgesehene rückwirkende Kraft und habe daher die Versicherungsfreiheit in dem für die Entscheidung des BSG maßgeblichen Zeitraum (01.07.1952 bis 31.03.1953) nicht begründen können. Diese Feststellung des BSG erlaubt den Umkehrschluss, dass aus der gemeinsamen Bekanntmachung für die Zeiten nach ihrer Verkündung, also nach dem 19.08.1953, sehr wohl die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung hervorgeht. Im vorliegenden Fall geht es um Zeiten in den Jahren 1954 bis 1956, die somit eindeutig von der vorgenannten Bekanntmachung erfasst werden. Der Kläger war demnach im streitigen Zeitraum versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung. Beiträge wurden zu Recht nicht entrichtet.

Die Tatsache, dass der Kläger offenkundig bei der AOK gemeldet war, findet ihre Erklärung in Abschnitt II. der o.g. gemeinsamen Bekanntmachung vom 19.08.1953, der die Krankenversicherung betrifft. Hier wird ausdrücklich festgestellt, dass bis zur endgültigen Klärung einer hier nicht interessierenden Rechtsfrage für Beamtenanwärter in der Krankenversicherung eine Versicherungspflicht angenommen werde. Das erklärt, warum der Kläger zwar in der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht aber in der Rentenversicherung versichert war.

Da somit für den Kläger keine Versicherungspflicht bestanden hat, kann auch § 247 Abs.2 a SGB VI keine Anwendung finden, zumal diese Bestimmung von einem privatrechtlichen Lehrverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis ausgeht, und deshalb auf das hier bestehende öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis nicht anwendbar ist (vgl. Verbandskommentar, SGB VI, § 247 Anm. 4.4, Seite 11 unten).

Die Argumentation des Klägers, auf ihn sei die vorgenannte Bekanntmachung nicht anzuwenden, weil bei ihm von einem regelmäßigen Verlauf des beruflichen Werdeganges nicht auszugehen sei, hält einer näheren Überprüfung nicht stand. Im Gegenteil lag beim Kläger genau der normale Werdegang vor. Nach Abschluss der Anwärterzeit wurde er in den mittleren Dienst als Beamter übernommen und war Beamter bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Jahre 1974. Ob während der Anwärterzeit angeblich un- zumutbare Anforderungen an ihn gestellt wurden, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

Die streitgegenständliche Zeit ist entgegen der Auffassung des Klägers auch durchaus bei der Festsetzung des beamtenrechtlichen Ruhegehaltes berücksichtigt worden. Ausweislich des Pensionsfestsetzungsbescheides vom 15.07.1974 wurde die Zeit als Justizassistentenanwärter gemäß Art.208 Abs.4 Nr.4 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) 1960 ausdrücklich anerkannt. Richtig ist allerdings, dass sich diese Zeit auf die Höhe der Pension praktisch nicht ausgewirkt hat, weil nach Art.208 Abs.5 BayBG eine Vergleichsberechnung vorzunehmen war in der Weise, dass alternativ eine Berechnung nach dem alten Recht (BayBG 1946 Art.100) zu erfolgen hatte, bei der nur die nach Vollendung des 30.Lebensjahres zurückgelegten Zeiten zu berücksichtigen waren. Im Fall des Klägers ergab sich bei der nach dem alten Recht berechneten Pension, also bei Berücksichtigung nur der nach Vollendung des 30.Lebensjahres zurückgelegten Zeiten, eine höhere Pension, als bei Berücksichtigung aller Zeiten nach Maßgabe des Art.131 Beamtengesetz 1960. Es kann nicht angehen, dass, wenn zu Gunsten des Klägers eine Berechnungsweise angewendet wird, die zu einer höheren Pension führt, die dadurch nicht mehr relevanten Zeiten aus der Rentenversicherung entschädigt werden.

Schließlich ergibt sich auch nichts anderes aus dem vom Kläger zitierten Urteil des 13.Senates des BSG vom 08.02.1996 (13 RJ 45/94), das zu § 247 Abs.2 a SGB VI ergangen ist, denn dort ging es um einen Lehrvertrag des Maurerhandwerkes, der nach den für das BSG bindenden (§ 163 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ) Feststellungen des Berufungsgerichtes Versicherungspflicht nach § 1227 Abs.1 Nr.1 RVO in der Fassung des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes begründete, so dass die Lehrzeit über § 247 Abs.2 a SGB VI anzuerkennen war, egal, ob die zugesagte "Erziehungsbeihilfe" tatsächlich gezahlt wurde. Das heißt, in dem vom BSG mit Urteil vom 08.02.1996 entschiedenen Fall lag Versicherungspflicht vor, während im vorliegenden Fall gerade keine Versicherungspflicht bestand.

Damit handelt es sich bei der streitgegenständlichen Zeit nicht um eine Beitragszeit gemäß § 54 Abs.1 Nr.1, Abs.2 i.V.m. § 55 SGB VI und ebenso wenig um eine beitragsfreie Zeit nach § 54 Abs.1 Nr.2 i.V.m. Abs.4 SG VI. Sie ist deshalb bei der Festsetzung der Rente nicht berücksichtigungsfähig. Das anders lautende Urteil des SG Augsburg war auf die Berufung der Beklagten hin abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen. An einer grundsätzliche Bedeutung fehlt es schon deswegen, weil das BSG bereits im Jahre 1961 (BSGE 15, 65) festgestellt hat, dass in Fällen der vorliegenden Art Versicherungsfreiheit nach der gemeinsamen Bekanntmachung vom 19.08.1953 ab deren Verkündung bestanden hat (§ 160 Abs.1, 2 Nr.1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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