L 6 RJ 266/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 113/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 266/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27. März 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung.

Die am 1949 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Nach ihren Angaben hat sie nach dem Besuch der Hauptschule zwei Jahre die Haushaltungsschule besucht und war anschließend ab 01.09.1964 als Haushaltshilfe und Zimmermädchen, ab 1966 für ein Jahr als Bandarbeiterin und ab 1967 bis 1969 als angelernte Lebensmittelverkäuferin beschäftigt. Nach einer Pause wegen Kindererziehung hat sie zum 01.04.1988 eine Beschäftigung in der Gastronomie als Thekenhilfe und Bedienung angenommen, ab 01.02.1990 bis 09.04.1995 war sie Wäscherin in einem Altenheim. Diese Tätigkeit beendete sie wegen Arbeitsunfähigkeit. Seitdem ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig erkrankt.

In der Zeit vom 16.08.1995 bis 27.09.1995 hat ihr die Beklag- te in der F. Klinik B. ein stationäres Heilverfahren gewährt. Im Entlassungsbericht sind als Diagnosen ein Zustand nach subtotaler Kreuzbandruptur und Innenbandruptur im linken Knie, ein Lendenwirbelsäulensyndrom, ein Übergewicht, Psoriasis vulgaris und arterielle Hypertonie genannt. Sie wurde als arbeitsunfähig für eine Tätigkeit als Wäscherin jedoch zu einer vollschichtigen Tätigkeit überwiegend im Sitzen ohne Heben und Tragen und Bewegen schwerer Lasten, ohne einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, Klettern oder Steigen, entlassen.

Am 19.08.1997 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Diese ließ sie darauf am 23.10.1997 in der ärztlichen Gutachterstelle in Regensburg untersuchen und ihr berufliches Leistungsvermögen beurteilen. Als Gesundheitsstörungen wurden belastungsabhängige Kniebeschwerden beidseits mit mäßiggradiger Instabilität bei Zustand nach operativer Versorgung einer subtotalen Kreuzband-Innenbandruptur rechts nach arthroskopischer Intervention im Bereich des linken Kniegelenks, Lendenwirbelsäulenbeschwerden bei Lumbalsyndrom, Abnutzungserscheinungen und Funktionsminderung, behandelte Schuppenflechte ohne Gelenkbeteiligung sowie behandelter Bluthochdruck bei Übergewicht ohne Ausgleichsstörungen des Kreislaufs festgestellt. Zu einer Tätigkeit als Wäscherin sei die Klägerin überhaupt nicht mehr in Lage, zu leichten Arbeiten sei sie vollschichtig ohne dauerndes Gehen und Stehen und ohne häufiges Bücken fähig.

Mit Bescheid vom 12.11.1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag darauf ab. Die Klägerin sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.1998 zurück.

Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Landshut Klage er- hoben. Sie sei aus gesundheitlichen Gründen zu keinerlei Erwerbstätigkeit von wirtschaftlichem Wert in der Lage.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie eine Auskunft des letzten Arbeitsgebers, des Senioren- und Pflegeheims Kurhaus A. , vom 17.12.1998 eingeholt, wonach die Klägerin dort als Wäscherin in der Waschküche beschäftigt gewesen sei und die anfallende Bewohnerwäsche dort gewaschen, getrocknet, gebügelt, gemangelt und zusammengelegt worden sei. Diese Tätigkeit sei in einer Anlernzeit von ca. zwei Wochen zu erlernen und dementsprechend entlohnt gewesen.

Das Sozialgericht hat zunächst ein orthopädisches Fachgutachten von Dr.S. vom 22.02.1999 mit ergänzender Stellungnahme vom 17.05.1999 eingeholt. Als Gesundheitsstörungen wurden darin eine Kniegelenksarthrose links und beginnende Retropatellararthrose rechts, lumbale Fehlstatik der Wirbelsäule bei Abnutzungserscheinungen, Verschleißerscheinungen der Sprunggelenke und der Halswirbelsäule, eine Psoriasis vulgaris und ein Bluthochdruck festgestellt. Im Vordergrund des Krankheitsbildes stünden die von seiten des orthopädischen Fachgebietes zu beurteilenden Gesundheitsstörungen. Mit Rücksicht auf diese sei der Klägerin ihr zuletzt ausgeübten Beruf als Wäscherin nicht mehr zumutbar, andere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne sie jedoch vollschichtig verrichten, soweit es sich dabei um leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen, ohne Zwangshaltungen, wie in gebückter, kniender oder hockender Haltung handeln würde. Sie benötige zusätzliche Arbeitspausen von mehr als zweimal eine viertel Stunde täglich, um ihr linkes Knie zu entlasten. Dazu hatte die Ärztin für Chirurgie Dr.P. für die Beklagte in ihrer sozialärztlichen Stellungnahme vom 31.03.1999 ausgeführt, dass die Einschätzung des Dr.S. hinsichtlich weiterer Arbeitspausen nicht nachvollziehbar sei. Bei frei wählbarem Wechselrhythmus zwischen sitzen, gehen und stehen seien betriebsunübliche Pausen nicht erforderlich, da die Klägerin die Möglichkeit habe, beim Auftreten von Beschwerden die Körperhaltung zu wechseln. Damit seien die notwendigen Entlastungsphasen und die notwendigen Bewegungsphasen des Kniegelenkes in ausreichendem Maße berücksichtigt. Dazu hat Dr.S. am 17.05.1999 ausgeführt, er halte weiterhin an der Notwendigkeit längerfristiger Pausen von mindestens zehn bis 20 Minuten fest, da eine kurzfristige Änderung der Körperhaltung längerfristige Schmerzphasen nicht beseitigen könnten. In ihrer weiteren Stellungnahme vom 01.06. 1999 hat Dr.P. ausgeführt, dass aufgrund der erhobenen Befunde keine Arthritis psoriatica vorliegen würde und sie weiterhin der Ansicht sei, dass die Möglichkeit einer wechselnden Körperhaltung ausreiche, um Beschwerden vorzubeugen und damit zusätzliche Arbeitspausen bei vollschichtiger Beschäftigung nicht erforderlich seien.

Auf den Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG hat Dr.G. am 15.05.1999 ein weiteres orthopädisches Fachgutachten zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin erstattet. Darin hat er als Gesundheitsstörungen eine fortgeschrittene Gonarthrose, Meniskusschaden, Instabilität des linken Kniegelenkes, mäßige Gonarthrose recht, degeneratives Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Fingergelenkspolyarthrose mit Funktionsminderung, Periarthropathia humeroscapularis rechts, Ansatztendinose epicondylus humeroradialis rechts, Bursitis trochanterica rechts bei beginnender Coxarthrose beidseits, Arthrose oberes Sprunggelenk, Schuppenflechte und Hypertonus festgestellt. Der Klägerin könnten nur noch Gelegenheitsarbeiten zugemutet werden von nicht mehr als zwei Stunden täglich unter den bereits von den Vorgutachtern festgestellten Einschränkungen der Arbeitsbedingungen.

In ihrer weiteren Stellungnahme vom 08.11.1999 hat Dr.P. die von G. festgestellten Gesundheitsstörungen von ihrem Schweregrad als leicht eingeschätzt, die in der Gesamtschau die von Dr.G. getroffene Leistungseinschätzung nicht begründeten. Die Klägerin sei noch vollschichtig in der Lage körperlich leichte Arbeiten im Wechsel zwischen sitzen, stehen und gehen, jedoch überwiegend im Sitzen durchzuführen. Diese Tätigkeiten sollten zu ebener Erde ohne häufige Zwangshaltungen und in temperierten trockenen Räumen erfolgen.

Dazu führt Dr.S. in seiner weiteren Stellungnahme vom 02.12.1999 aus, dass er der Beurteilung des Dr.G. nicht folgen könne, die Veränderungen der Hand-, Fingertätigkeit und die Einschränkungen durch Schulter- und Ellenbogengelenksstörungen rechts und einer Haltungspersistenz der Halswirbelsäule seien nicht geeignet eine derartige Leistungseinschränkung zu begründen. In einer weiteren Stellungnahme vom 03.02.2000 hat Dr.P. erneut darauf hingewiesen, dass unter den einschränkenden Arbeitsbedingungen eine vollschichtige Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Pausen für die Klägerin zuzumuten sei.

Auf die weitere Nachfrage des Gerichts hat Dr.S. in seiner Stellungnahme vom 18.05.2000 ausgeführt, dass bei Tätigkeiten die überwiegend im Sitzen ausgeführt werden könnten und einen Wechselrhythmus nicht erforderten, zusätzliche Arbeitspausen von ein- bis zweimal einer viertel Stunde täglich genügen müssten.

Im Auftrag des Sozialgerichts hat sodann Dr.P. ein weiteres orthopädisches Gutachten vom 18.10.2000 mit einer ergänzenden Stellungnahme vom 26.01.2001 erstattet. Dieser bestätigt im Wesentlichen die von Dr.P. vertretene Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin. Danach sei diese noch zu einer regelmäßigen Tätigkeit vollschichtig in der Lage, ohne Zwangshaltungen, Bücken, Knien, Hocken oder Überkopfarbeiten, zu ebener Erde und in temperierten, trockenen Räumen. Dazu hat die Klägerin eine weitere ärztliche Bescheinigung des Dr.D. vom 10.11.2000 vorgelegt, worin dieser ausführt, dass zusätzliche Arbeitspausen erforderlich seien, um bei akuten Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparates entsprechende Erholungspausen zu ermöglichen. Dazu äußert sich Dr.P. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26.01.2001, dass bei der Möglichkeit eines Positionswechsels während der Arbeit keine weiteren Pausen erforderlich seien.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. März 2001 die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei noch zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit mit körperlich leichten Arbeiten ohne zusätzliche Pausen in der Lage, soweit die Berufstätigkeit ihr die Möglichkeit zum Positionswechsel biete. Dies sei bei einer Vielzahl von Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die vorwiegend im Sitzen ausgeführt würden, möglich.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie weiter Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrt. Zur Begründung verweist sie auf die Beurteilung ihres beruflichen Leistungsvermögens durch die Dres.G. und D ...

Der Senat hat ein Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet durch Dr.F. vom 20.12.2001 eingeholt. Als Gesundheitsstörungen hat er darin bestätigt: Spondylochondrose C 5 bis C 7, Spondylarthrose, Uncovertebralarthrose der Halswirbelsäule. Erhebliche Spondylochondrose L 4/L 5, leichte Osteochon- drose L 5/S 1, Baastrup-Syndrom. Torsionsskoliose der Lendenwirbelsäule. Geringe Coxarthrose beidseits. Gonarthrose links mehr als rechts, geringe Kreuzbandschwäche des linken Kniegelenks. Polyarthrose der Fingergelenke, leichte Rhizarthrose links. Als Nebendiagnosen mäßige Varikose, erhebliche Übergewichtigkeit, initiale Sprunggelenkarthrose. Die körperliche Belastbarkeit der Klägerin sei einerseits durch deutliche Bandscheibenschäden an der Hals- und Lendenwirbelsäule insoweit eingeschränkt, als Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten in gebückter Haltung oder pausenloses Stehen oder ununterbrochenes Sitzen nicht mehr zumutbar seien. Der Befund an den oberen Extremitäten schränkte das Leistungsvermögen insoweit ein, als permanent kraftfordernde Arbeiten wegen mäßiger Verschleißerscheinungen an den Fingergelenken nicht zumutbar seien. Ebenso sei eine deutliche Geh- und Stehbehinderung, vor allem aus dem fortgeschrittenen Verschleiß des linken Kniegelenks begründbar. Die Klägerin solle deshalb nicht auf Leitern oder Treppen, nicht in kniender oder hockender Stellung arbeiten, die degenerativen Veränderungen der Kniegelenke seien jedoch nicht so ausgeprägt, dass nicht ein gelegentlicher Wechsel zwischen sitzen und stehen möglich wäre. Demnach sei die Klägerin noch zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit mit leichten Arbeiten in der Lage. Soweit die Möglichkeit des Wechsels der Körperposition bestehe, sei ihr diese Arbeit ohne weitere zusätzliche Einschränkungen unter betriebsüblichen Bedingungen und ohne zusätzliche Pausen möglich.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27. März 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.09.1997, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Landshut auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit gemäß §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozial- gesetzbuch (SGB VI) - in der bis 31.12.2000 gültigen Fassung - hat. Ebensowenig besteht ab 01.01.2001 ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbs- fähigkeit vom 20.12.2000.

Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs.2 des Sozialgerichts- gesetzes (SGG) den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts an und sieht deshalb insoweit von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit entsprechend dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der geltenden Rechtslage entschieden.

Dazu ist lediglich ergänzend auszuführen, dass das vom Senat eingeholte weitere Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet, das vom Sozialgericht zu seiner Entscheidung zugrunde gelegte Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt. Auch der vom Senat beauftragte ärztliche Sachverständige Dr.F. kommt zu dem Ergebnis, dass die bei der Klägerin feststellbaren Gesundheitsstörungen weder von ihrer Art noch von ihrem Ausmaß her Einschränkungen der Arbeitsbedingungen begründen könnten, die es der Klägerin unmöglich machen würde, zu den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes eine vollschichtige Erwerbstätigkeit auszuüben. Der Senat schließt sich deshalb den für ihn überzeugenden Ausführungen des Dr.F. an, der ihm durch seine langjährige Gutachtertätigkeit als besonders erfahren in der Beurteilung der Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf das berufliche Leistungsvermögen bekannt ist. Die insbesondere von Dr.G. und Dr.D. getroffene Beurteilung zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin sind nicht durch die objektiven Befunde und damit wissenschaftlich begründet. Die angesichts ihres beruflichen Werdeganges auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbare Klägerin erfüllt deshalb mit ihrem verbliebenen Leistungsvermögen weder die gesetzlichen Voraussetzungen der Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit oder der Erwerbsminderung.

Die Klägerin hat daher keinen Rentenanspruch.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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