L 3 U 501/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 192/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 501/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
+ S 3 U 268/98, Gerichtsbescheid vom 24.10.2001
I. Die Berufungen des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.11.2001 und den Gerichtsbescheid vom 24.10.2001 werden zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beim Kläger bestehenden Erkrankungen durch den Umgang mit Berufsstoffen verursacht worden sind und ihm deswegen Entschädigung wegen einer Berufskrankheit nach der Nr. 1302 bzw. nach der Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung - BKVO - zusteht.

Der am 1953 geborene Kläger war nach seiner Lehrzeit zum Feinmechaniker (Abschluß 1980) als Fräser und Werkzeugmacher bei verschiedenen Firmen bis September 1989 und ab 01.10.1989 als Betriebsleiter bei der Firma Etiketten R. beschäftigt. Bei letzterer Tätigkeit hatte er nach seinen eigenen Angaben Umgang mit Lösungsmitteln. Darauf führt er seine Erkrankungen, wie Bluthochdruck, operiertes Aneurysma, Polyneuropathie und Encephalopathie zurück. Er kündigte das Beschäftigungsverhältnis zum 30.09.1994. Ab 01.10.1994 war er arbeitslos. Seit 1996 ist er erneut als Fräser beschäftigt.

Zuvor, nämlich am 07.10.1993 war bei ihm eine Subarachnoidalblutung aufgetreten. Diese führte der Kläger zunächst auf einen Arbeitsvorgang am 07.10.1993 zurück, bei dem er eine Materialrolle angehoben habe. Auf ein Gutachten des Prof. Dr.W. vom 23.03.1994 gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31.03.1994 und Widerspruchsbescheid vom 01.09.1994 einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall ab. Im Klageverfahren (Sozialgericht Augsburg; Az.: S 3 U 297/94) gegen diese Bescheide bestätigte der Internist Dr.R. in einem Gutachten vom 16.01.1995 die Auffassung von Prof.Dr.W ... Zu der Hirnblutung sei es in Folge eines angeborenen Aneurysmas, einer Hirnfehlbildung, gekommen. Dem Hebevorgang komme keine wesentliche Bedeutung zu; allenfalls handle es sich um eine austauschbare Gelegenheitsursache. Dies führte zur Klagerücknahme.

Mit Schreiben vom 22.02.1994 machte der Kläger der Beklagten gegenüber eine Berufskrankheit geltend. Es sei in den letzten Monaten bei ihm zu deutlichen Gedächtnisproblemen gekommen. Die Beklagte leitete Ermittlungen ein. Sie befragte die Arbeitgeber, bei denen der Kläger ab 02.11.1976 beschäftigt war (Firma E. vom 2.11.76 bis 15.10.80; Firma S. vom 16.10.80 bis 26.08.81 und vom 01.11.82 bis 31.03.86; Firma D. vom 26.08.81 bis 12.10.82; Firma S. vom 01.04.86 bis 30.09.89; Firma R. vom 1.10.89 bis 30.9.94). Aus den Unterlagen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BfA - Berlin geht hervor, dass der Kläger vom 07.10. bis 16.11.1993 im Bundeswehrkrankenhauses U. wegen der Ruptur eines Aneurysmas behandelt worden war. Der Neurologe Dr.K. bescheinigte eine Behandlung des Klägers ab 09.11.1994; es habe sich um eine Polyneuropathie, möglicherweise durch Lösungsmittel verursacht, gehandelt. Der technische Aufsichtdienst der Beklagten - TAD - stellte bei einer Betriebsbesichtigung am 26.07.1995 die Arbeitsbedingungen bei der Fa.R. fest (Bericht vom 27.09.1995). Es wurden die einschlägigen Sicherheitsblätter beigezogen und eine Stellungnahme des staatlichen Gewerbesarztes Dr.B. vom 27.12.1995 eingeholt. Dieser kam zum Ergebnis, es seien weder die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt, noch sei der zeitliche Zusammenhang zwischen einer möglichen Einwirkung von Berufsstoffen und den vom Kläger angegebenen Beschwerden i. S. einer Polyneuropathie gegeben. Er könne nicht empfehlen, eine Berufskrankheit der Nr. 1302 anzuerkennen. Mit Bescheid vom 27.02.1996 lehnte die Beklagte den Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit - ohne Angabe einer Nummer der Liste der BKVO - ab. Sie stützte sich dabei auf das gewerbeärztliche Gutachten von Dr.B ... Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.05.1996).

Am 01.12.1997 beantragte der Kläger die Anerkennung seiner Erkrankungen als Berufskrankheit nach der auf Grund der Neufassung der BKVO in das Verzeichnis der Berufskrankheiten aufgenommenen Nr. 1317. Die Beklagte holte ein Gutachten des Arbeitsmediziners Dr.H. ein, der keinen ursächlich Zusammenhang zwischen dem Einfluß von Lösungsmitteln und der Polyneuropathie sah und einen Nachweis für das Vorliegen einer Encephalopathie nicht für gegeben hielt. Mit Bescheid vom 07.05.1998 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung der Erkrankungen des Klägers als Berufskrankheit nach der Nr. 1317 ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.07.1998).

Gegen die vorgenannten Bescheide hat der Kläger beim Sozialgericht - SG - Augsburg jeweils Klage erhoben. Das Verfahren gegen den Bescheid vom 27.02.1996 und den Widerspruchsbescheid vom 21.05.1996 ist unter dem Aktenzeichen S 3 U 192/96, das gegen den Bescheid vom 07.05.1998 und den Widerspruchsbescheid vom 22.07.1998 unter dem Aktenzeichen S 3 U 268/98 geführt worden. Der Kläger hat vorgebracht, er sei während seiner Beschäftigung bei der Firma Etiketten R. Lösungsmitteln, Dämpfen, Farben und anderen gefährlichen Berufstoffen ausgesetzt gewesen. Zur Begründung hat er ein Attest des Dr.M. , Dermatologe in Isny, vom 15.08.1996 vorgelegt. Auf Veranlassung des Gerichts hat die Beklagte Auskünfte weiterer TAD`s, nämlich der Süddeutschen Metall Berufsgenossenschaft, der Berufsgenossenschaft für die chemische Industrie und der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik, welche jeweils für die früheren Beschäftigungsbetriebe zuständig sind, und Gutachten zur Exposition des Klägers eingeholt. Die Beiladung der Süddeutschen Metall Berufsgenossenschaft ist mit Beschluss vom 29.07.1997 angeordnet worden. Damit hat das SG dem Antrag der Beklagten entsprochen. Diese hat vorgetragen, der Kläger habe während seiner Beschäftigung bei der Fa.S. , die von der Süddeutschen Metall Berufsgenossenschaft in Versicherung gehalten werde, von April 1986 bis September 1989 Umgang mit halogeniertem Kohlenwasserstoff gehabt, nicht jedoch bei der Fa.R. , für die sie zuständig sei. Das SG hat die Akten des früheren Verfahrens (S 3 U 297/94) mit den darin enthaltenen Gutachten von Prof.Dr.W. und Dr.R. beigezogen und in beiden Verfahren (S 3 U 192/96 und S 3 U 268/98) Dr.H. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 09.09.1998 dargelegt, eine Verursachung der beim Kläger als rein sensible Polyneuropathie beider Beine ohne motorische Ausfälle zu qualifizierende Gesundheitsstörung sei nicht mit Wahrscheinlichkeit durch Halogenkohlenwasserstoffe oder durch organische Lösungsmittel verursacht worden. Insbesondere spreche der zeitliche Verlauf und die Progredienz nach der Berufsaufgabe dagegen. Eine Encephalopathie habe sich nicht nachweisen lassen. Auf Antrag des Klägers hat der Hautarzt Dr.M. am 27.05.2000 - ebenfalls zu beiden Verfahren - ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - erstattet. Er ist zum Ergebnis gekommen, der Bluthochdruck sowie die Aneurysmaruptur im Oktober 1993 seien berufsbedingte Erkrankungen. Es bestehe eine toxische und postoperative Encephalopathie, ein toxisches Parkinson-Syndrom sowie eine toxische Polyneuropathie. Nach den von ihm entwickelten Methoden zur Bestimmung der individuellen Entgiftungsfähigkeit lasse sich eine eingeschränkte Detoxifikationsfähigkeit und die Anlage zum "langsamen Azetylierer" nachweisen. Diese Merkmale hätten zwar in der Bevölkerung eine gewisse Häufigkeit, würden jedoch das Risiko einer Intoxikation weit über den Durchschnitt hinaus erhöhen. Da in den Betrieben, in denen der Kläger gearbeitet habe, keine exakten Messungen der Schadstoffe vorgenommen worden seien und solche nicht nachholbar seien, weil die Örtlichkeiten nach Umbaumaßnahmen nicht mehr in der früheren Gestalt existierten, müssten die Schadstoffexpositionen geschätzt werden. Der Wahrscheinlichkeit komme daher eine zentrale Bedeutung zu. Nach dem Krankheitsverlauf der schweren, arteriellen oder essentiellen Hypertonie müsse von einer Arbeitsplatzbezogenheit ausgegangen werden. Dafür spreche auch, dass sich der zunächst schwer einstellbare Bluthochdruck nach der Berufsaufgabe als gut behandelbar gezeigt habe. Zwar sei ein Aneurysma eine anlagebedingte Erscheinung, jedoch habe der arbeitsplatzbedingte Bluthochdruck entscheidend dazu beigetragen, dass es am 07.10.1993 zu der Ruptur gekommen sei. Eine Polyneuropathie sei erstmals im Mai 1990 von dem behandelnden Neurologen Dr.F. diagnostiziert worden. Sie habe sich typischerweise in engem Zusammenhang mit der Lösungsmittelexposition entwickelt. Andere Ursachen, wie etwa Diabetes mellitus o.a., seien nicht zu erkennen. Zur Bewertung einer möglichen toxischen Encephalopathie seien die in der Akte dokumentierten Befunde zwar zu ungenau abgefaßt. Es handle sich dennoch aus jetziger Erkenntnis um eine toxische Encephalopathie. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - betrage ab dem Auftreten der Polyneuropathie 1990 70 vH, nachfolgend wegen der Ruptur bis 1994 80 vH und ab Juli 1999 (Untersuchungzeitpunkt) 50 vH.

Mit Urteil vom 06.11.2000 hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 27.02.1996 und den Widerspruchsbescheid vom 21.05.1996 bezüglich der Berufskrankheit nach der Nr. 1302 der Anlage 1 abgewiesen. Es hat sich wesentlich auf die Feststellungen von Dr.H. gestützt. Dem Gutachten von Dr.M. vermochte es nicht zu folgen, da dieser gerichtsbekannt eine außerhalb der gegenwärtig herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung stehende Auffassung vertrete. Zudem sei sein Gutachten in sich widersprüchlich und lasse erkennen, dass ihm die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltende Kausalitätlehre unbekannt sei.

Im Verfahren S 3 U 268/98 hat das SG auf den rechtlichen Gesichtpunkt hingewiesen, auch wenn man dem Gutachten von Dr.M. folgen würde, müsse die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr. 1317 an der Rückwirkungsklausel des § 6 Abs. 1 BKVO scheitern. Denn Dr.M. gehe davon aus, dass eine Polyneuropathie schon 1990 bestanden habe, so dass insoweit die Rückwirkungsklausel eingreife, die verlange, dass der Versicherungsfall nach dem 31.12.1992 eingetreten sei. Der Kläger hat daraufhin der Aussage von Dr.M. widersprochen und vorgetragen, Symptome einer Polyneuropathie seien bei ihm erstmals im Januar 1994 aufgetreten und vom Neurologen Dr.K. bestätigt worden. Der Sachverständige Dr.M. müsse ihn insoweit falsch verstanden haben.

Nach Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 24.10.2001 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, die Berufskrankheit der Nr. 1317 sei erst durch die Neufassung der Berufskrankheitenverordnung vom 31.10.1997 mit Wirkung zum 01.12.1997 in die Liste aufgenommen worden. Insoweit greife die Rückwirkungsklausel des § 6 BKVO ein. Voraussetzung sei demnach, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 01.12.1997 an einer Erkrankung im Sinne der Nr. 1317 gelitten habe und der Versicherungsfall nach dem 31.12.1992 eingetreten sei. Nach den Aktenunterlagen, insbesondere nach dem Bericht des Neurologen Dr.F. vom 16.05.1990, stehe fest, dass zu diesem Zeitpunkt bereits Symptome im Sinne einer Polyneuropathie vorgelegen hätten. Es müsse somit davon ausgegangen werden, dass ein eventueller Versicherungsfall vor dem 01.01.1993 eingetreten sei. Aus rechtlichen Gründen komme daher keine Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr. 1317 in Betracht.

Mit seinen sowohl gegen das Urteil vom 06.11.2000 als auch gegen den Gerichtsbescheid vom 24.10.2001 eingelegten Berufungen verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte müsse eine Berufskrankheit der Nr. 1302 und/oder der Nr. 1317 anerkennen und ihm Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 vH zahlen, da das Gutachten von Dr.M. überzeugend sei. Der Senat hat die einschlägigen Computertomographien - CT`s - beigezogen und Prof.Dr.G. , Neurologe in N. , am 05.04.2001 beauftragt, ein Gutachten zu erstatten. Der Sachverständige ist am 10.10.2001 zu der Auffassung gelangt, eine Encephalopathie sei nicht nachweisbar; zwischen den beruflichen Einwirkungen und der sehr leichten Polyneuropathie bestehe kein wahrscheinlicher Zusammenhang, da der Verlauf der Erkrankung dagegen spreche. Die Beigeladene hat sich dadurch in ihrer Meinung bestätigt gesehen; sie hat darauf hingewiesen, dass auch kein ursächlicher Zusammenhang zu dem Aneurysma zu finden sei, wie dem Gutachten von Dr.R. vom 16.01.1995 im Verfahren S 3 U 297/94 zu entnehmen sei.

Die Beklagte hat auf die Abschlussberichte anläßlich der Reha-Maßnahmen 1993 in T. und 1995 in der Klinik S. hingewiesen. Dort sei festgehalten, dass der Kläger seit 10 Jahren an Bluthochdruck leide und eine familiäre Vorbelastung bestehe. Aus der Literatur zur Berufskrankheit der Nr. 1302 sei kein Anhalt zu gewinnen, dass Bluthochdruck durch Kohlenwasserstoffeinwirkung verursacht würde. Zudem werde auf das Gutachten von Dr.R. vom 16.01.1995 verwiesen. Danach handle es sich um einen berufsfremden Bluthochdruck, der die Ruptur des anlagebedingten Aneurysmas begünstigt habe. Auch nach dem Gutachten von Prof.Dr.G. werde außerdem keine rentenberechtigende MdE erreicht.

Auf Antrag des Klägers hat der Senat gem. § 109 SGG ein Gutachten des Arbeitsmediziners Prof.Dr.N. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 04.07.2002 ebenfalls das Vorliegen von Berufskrankheiten nach den Nrn. 1302 und/oder 1317 verneint. Er hat allerdings gemeint, sichere Zeichen einer Polyneuropathie seien erst den ab 1994 durchgeführten Untersuchungen zu entnehmen. Dass die Störungen i.S. einer Polyneuropathie nach dem Ende der Exposition fortbestanden und sich nicht zurückgebildet, sondern sogar zugenommen hätten, spreche deutlich gegen einen ursächlichen Zusammenhang mit einer beruflichen Schadstoffeinwirkung. Der Kläger hat eine Stellungnahme von Dr.M. vom 22.09.2002 vorgelegt, worin dieser der Auffassung von Prof. Dr.N. widersprochen hat. Der Kläger beantragt, die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene, unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 06.11.2000 und des Bescheides vom 27.02.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1996 sowie des Gerichtsbescheides vom 24.10.2001 und des Bescheides vom 07.05.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1998 zu verurteilen, eine Berufskrankheit nach der Nr. 1302 und/oder der Nr. 1317 anzuerkennen und ihm ab März 1988 Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Hilfsweise beantragt er, die mündliche Verhandlung zu vertagen und eine Stellungnahme von Prof.Dr.N. zu der im Termin übergebenen Stellungnahme von Dr.M. einzuholen.

Die Beklagte beantragt, die Berufungen des Klägers gegen das Urteil vom 06.11.2000 und gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 24.10.2001 zurückzuweisen.

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.

Im Übrigen wird gem. § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Akten zu den Verfahren S 8 Vs 870/96, S 13 RA 313/96 und S 3 U 297/94 sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz der beiden mit Beschluss vom 24.09.2002 verbundenen Verfahren Bezug genommen.

II.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen des Klägers sind zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung seiner Erkrankungen, wie Bluthochdruck, Aneurysmaruptur, Polyneuropathie und Encephalopathie als Berufskrankheiten nach der Nr. 1302 bzw. der Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKVO. Bezüglich der Berufskrankheit nach der Nr. 1302 der Anlage 1 der BKVO tritt der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil vom 06.11.2000 im Verfahren S 3 U 192/96 bei. Auf die dortigen Entscheidungsgründe wird gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Das SG hat darin dargelegt, dass das Recht der RVO zur Anwendung kommt. Ferner hat es die in Betracht kommenden Anspruchgrundlagen detailliert beschrieben. Der Senat sieht daher zur Vermeidung von Wiederholungen von weiteren Darlegungen ab.

Soweit das SG im Verfahren S 3 U 268/98 bezüglich der Berufskrankheit der Nr. 1317 darauf abstellt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Berufstätigkeit des Klägers und einer Polyneuropathie oder Encephalopathie nicht wahrscheinlich ist, nimmt der Senat auch auf die Ausführungen im ebenfalls angefochtenen Gerichtsbescheid vom 24.10.2001 Bezug. Auf Grund des Gutachtens von Prof.Dr.N. hält er jedoch nicht für erwiesen, dass bereits 1990, wie der Bericht von Dr.F. vom 16.05.1990 vermuten läßt, eine Polyneuropathie bestanden hat. Vielmehr kann erst ab 1994 von einem solchen Nachweis ausgegangen werden. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist dies ohne Bedeutung, denn weder nach den Gutachten von Dr.H. und Prof.Dr.G. noch nach dem von Prof.Dr.N. läßt sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Aufnahme beruflicher Noxen und dem Krankheitsbild i.S. einer Polyneuropathie mit Wahrscheinlichkeit begründen. Eindeutige diesbezügliche Befunde sind erst in deutlichem Abstand zur Exposition mit toxischen Substanzen, nämlich frühestens zum Zeitpunkt der Aneurysmablutung ab 08.10.1993 dokumentiert. Der zeitliche Verlauf spricht damit nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand über toxische Polyneuropathien nach Expostion von Lösemitteln und deren Gemische eher gegen einen ursächlichen Zusammenhang. Zudem haben frühere Untersuchungen (Dr.K. 10.11.1994; Dr.L. 19.03.1996; Dr.D. 01.07.1996; Dr.A. 14.05.1997 und Dr.H. 09.09.1998) sowie die jetzige Untersuchung im Normbereich liegende Werte für den Nervus peronäus rechts belegt. Bezüglich des nervus tibialis wurden zwar streuende Meßwerte festgestellt. Jedoch gilt auch insoweit, dass nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand lösemittelinduzierte Polyneuropathien in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Expostion aufzutreten pflegen und das anhaltende Fortbestehen ohne Besserungstendenz nicht im Einklang mit dem bei toxischen Polyneuropathien zu erwartenden Verlauf steht. Eine mögliche Mitwirkung beruflicher Schadstoffe kann nicht ausgeschlossen werden, erreicht aber nicht den Rang eines Nachweises im Grad der Wahrscheinlichkeit. Daran scheitert die Anerkennung der Erkrankungserscheinungen in der Art einer Polyneuropathie als Berufskrankheit.

Bezüglich der vom Kläger geltend gemachten Encephalopathie tritt der Senat der Auffassung des SG, welche durch die im Auftrag des Senats eingeholten Gutachten des Neurologen Prof. Dr.G. und des Arbeitsmediziners Prof.Dr.N. bestätigt wird, bei. Mit Prof.Dr.G. ist der Senat der Meinung, dass weder aus dem testpsychologischen noch aus dem psychopathologischen Befund Anhaltspunkte für eine klinisch belangvoll in Erscheinung tretende Encephalopathie zu gewinnen sind. Denn es ist zu einer sehr guten Rückbildung der im Rahmen der am 07.10. 1993 aufgetretenen Durchblutungsstörungen des Gehirns gekommen. Jetzt bestehen nur noch ganz geringe neurologische Resterscheinungen im Sinne einer Berührungsempfindungsstörung mit Überempfindlichkeit am Handrücken links und einer sehr leichten, subjektiv empfundenen Ungeschicklichkeit der linken Hand, für die sich keine weiteren neurologisch eindeutig fassbaren normabweichende Befunde mehr finden lassen. Verblieben sind lediglich äußerlich reizlose Narben mit Knochenunebenheiten im rechten Stirn-Schläfenbereich bei computertomographisch fassbaren Hirnveränderungen und eine leichte Veränderung im EEG neben den vorbeschriebenen geringfügigen neurologischen Störungen. Ein Zustand nach rechtshirniger Durchblutungsstörung im Gefolge einer Subarachnoidalblutung weist eine verminderte Dichte in den rechtsseitigen Basalganglien auf. Dies wird im SPECT vom 24.06.1998 von Dr.L. bestätigt. Der Senat schließt sich der von Dr.H. - und übereinstimmend damit auch - der von Prof. Dr.N. geäußerten Kritik am Gutachten von Dr.M. an. Dessen Schlußfolgerung, die im SPECT erkennbaren Veränderungen seien der Beweis für eine toxische Schädigung der Basalganglien, muss als spekulativ und aus neurologisch-psychiatrischer Sicht nicht nachvollziehbar zurückgewiesen werden. Denn es wäre eher umgekehrt zu fordern, dass die von Dr.M. angeführten (toxischen) Durchblutungsstörungen keine Verminderung der Dichte der Dopamin-D2-Rezeptoren in den Basalganglien aufweisen würden. Differentialdiagnostische Erwägungen stellt er nicht an. Eine kritische Würdigung der Befunde findet nicht statt. Der Senat schließt sich daher der Meinung von Dr.H. , Prof.Dr.G. und Prof.Dr.N. an. Danach kann eine toxische Encephalopathie aus neurologisch-psychiatrischer Sicht nicht bestätigt werden.

Diskutierbar bleibt lediglich die Frage, ob bei einer vorbestehenden Hochdruckneigung durch beruflich bedingte toxische Einwirkungen Hochdruckkrisen entstehen konnten, welche ihrerseits Mitursache einer Subarachnoidalblutung gewesen sein könnten, wie von Dr.M. angenommen. Dies ist eine vom internistischen Gebiet abzuklärende Frage. Insoweit stützt sich der Senat auf die umfangreiche wissenschaftliche Diskussion zur Kausalitätsbeurteilung von Subarachnoidalblutungen, die bereits im Gutachten von Dr.R. vom 16.01.1995 und in der Stellungnahme von Prof.Dr.W. vom 23.03.1994 wiedergegeben wurde. Der Senat verwertet das Gutachten von Dr.R. vom 16.01.1995 und die Stellungnahme von Prof.Dr.W, im Urkundenbeweis. Die Sachverständigen führen darin u.a. aus, ein Aneurysma beruhe auf einer anlagebedingten Gefäßanomalie. Eine Lösemittelexposition könne weder eine solche Gefäßmißbildung verschlimmern noch eine Rupturblutung auslösen. Die Ursachen seien vielmehr anlagebedingter Natur. Ein Bluthochdruck sei zwar als zusätzlicher Risikofaktor anzusehen, sei beim Kläger aber bereits seit 1984 bekannt. Ein Zusammenhang mit dem Einfluss von Berufsstoffen sei nicht erkennbar. Der Senat macht sich die Auffasung von Dr.R. zu eigen. Im Übrigen sieht er dessen Meinung durch das auf Antrag des Klägers von Prof.Dr.N. eingeholte Gutachten bestätigt. Einen Zusammenhang zwischen der Bluthochdruckerkrankung und dem Einwirken beruflicher Soffe vermochte der Sachverständige ebenso wenig zu begründen. Seine Kritik am Gutachten des Dr.M. deckt sich im Übrigen mit den Äußerungen von Dr.H. und Prof.Dr.G ...

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach Auffassung von Prof.Dr.N. ohne Berücksichtigung des ursächlichen Zusammenhangs die Resterscheinung nach der Aneurysmablutung, nämlich die Narben im rechten Scheitelbereich, die anteilig damit in Zusammenhang stehenden Kopfschmerzen und die geringfügigen Resterscheinungen einer zentralen Störung links lediglich mit einer MdE von 10 % zu bewerten wären. Wegen der sensiblen Polyneuropathie mit Reizerscheinungen komme unbeschadet des ursächlichen Zusammenhangs eine MdE von 10 % in Betracht. Auch ohne Rücksicht auf die Ursache ließe sich somit ein rentenberechtigendes Ausmaß der verbliebenen Gesundheitsstörungen nicht begründen. Dass die Auffassung von Dr.M. nicht zu überzeugen vermag, wurde bereits dargelegt. Damit kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Anspruch des Klägers auf Anerkennung und Entschädigung seiner Gesundheitsstörungen als Berufskrankheit nicht besteht.

Dem Hilfsantrag des Klägers, Prof.Dr.N. zur Stellungnahme von Dr.M. vom 22.09.2002 zu hören, war nicht zu entsprechen. Zum einen wiederholt Dr.M. lediglich seine früher vertretene Meinung, auf welche Prof.Dr.N. in seinem Gutachten bereits eingegangen war. Zum anderen berechtigt die Äußerung von Dr.M. nicht zu der Annahme, das Gutachten von Prof.Dr.N. sei ergänzungsbedürftig. Vielmehr treffen unterschiedliche medizinische Meinungen aufeinander, die vom Senat zu würdigen waren.

Die Berufungen waren daher zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus § 193 SGG.

Die Revisionen waren nicht zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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