L 16 RJ 381/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 1410/96 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 381/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.09.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab 17.11.1994. Der am 1947 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger und wohnt seit Ende 2000 bei seinem Sohn in Perugia. Jugoslawische Versicherungszeiten hat er zuletzt von Mai 1975 bis September 1990 zurückgelegt. Die Beschäftigung als Bergmann endete durch fristlose Kündigung. Seit 17.11.1994 hat er Anspruch auf jugoslawische Invalidenrente. Deutsche Versicherungszeiten hat er von April 1969 bis Februar 1974 erworben. Er war als Bauarbeiter beschäftigt und zuletzt von September 1972 bis Februar 1974 als Städtischer Arbeiter im Bauhof bei der Müllabfuhr tätig. Die Stadt S. bezeichnete ihn als ungelernten Arbeiter, entlohnt nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter der Gemeinden in der Lohngruppe 3.3. Am 22.05.1995 beantragte der Kläger deutsche Versichertenrente. Laut Gutachten der jugoslawischen Invalidenkommission vom 30.03.1995 war der Kläger aufgrund einer Herz-Kreislauferkrankung, Bronchitis, Lendenwirbelsäulensyndrom, Übergewicht und Pseudoneurasthenie für die bisherige Bergmannstätigkeit ungeeignet. Die Beklagte hielt den Kläger nach Anhörung ihres beratenden Arztes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig einsatzfähig und lehnte den Rentenantrag am 30.05.1996 ab. Der Kläger sei weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig, und im Übrigen fehlten die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung. Auf den Erlass des Widerspruchsbescheids vom 29.08.1996 erhob der Kläger am 07.11.1996 Klage und machte unter anderem TBC und Diabetes geltend. Die Beklagte wandte ein, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien zum Zeitpunkt der Demgegenüber vertrat der Kläger die Ansicht, er sei bereits seit 1990 Invalide. Er übersandte Unterlagen von 1997, in denen anamnestisch von einer langjährigen Krankheitsdauer die Rede ist. Im Auftrag des Gerichts erstellte der Allgemeinarzt Dr.Z. am 07.09.1998 ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung. Trotz Herzminderleistung bei Bluthochdruck und Übergewicht, chronischer Bronchitis, Wirbelsäulenbeschwerden, psychovegetativem Syndrom und Diabetes mellitus hielt er leichte Arbeiten für vollschichtig zumutbar. Voraussetzung sei, dass die Arbeiten nicht mit großer Anforderung an die nervliche Belastbarkeit, mit schwerem Heben und Tragen von Lasten und mit Rauch und Staubbelastung verbunden seien. Gestützt hierauf wies das Sozialgericht am 09.09.1998 die Klage ab. Gegen das am 11.10.1998 zugestellte Urteil legte der Kläger am 30.10.1998 Berufung ein und machte eine wesentliche Verschlimmerung seines Gesundheitszustands geltend. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Internist Dr.E. kam nach ambulanter Untersuchung in seinem Gutachten vom 15.04.2001 zu dem Ergebnis, es sei gegenüber 1998 eine deutliche Verschlimmerung eingetreten. Schlechte Blutzuckerwerte und ein ungenügend behandelter Hypertonus erlaubten seit ca. zwei bis drei Monaten keine vollschichtige Tätigkeit mehr. Durch konsequente Therapie sei aber eine Änderung des Leistungsvermögens innerhalb von drei Monaten möglich. Danach seien wieder leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen, ohne Zeitdruck, Wechsel- und Nachtschicht, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen und ohne Einwirkung von Kälte, Hitze, Nässe und starken Temperaturschwankungen möglich. Unzumutbar seien weiterhin Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen. 1990 habe zwar bereits ein Hochdruckleiden vorgelegen, die Herzschädigung habe sich aber erst im Laufe der Jahre entwickelt. 1990 habe noch kein Diabetes bestanden und die Adipositas sei wesentlich geringer ausgeprägt gewesen als jetzt. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29.06.2001 wiederholte der Sachverständige die Überzeugung, dass das die Zuckererkrankung angehende Fehlverhalten mit zumutbarer Willensanstrengung überwunden werden könne. Die Beklagte forderte den Kläger am 10.08.2001 auf, die Zuckerkrankheit entsprechend behandeln zu lassen, um eine Verbesserung des Leistungsvermögens zu erzielen. In der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, nachdem er in Jugoslawien alles verloren habe und nur noch wenige Jahre zu leben habe, sei er auf die Rente angewiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.09.1998 und den Bescheid der Beklagten vom 30.05.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.08.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund des im Mai 1995 gestellten Antrags zu gewähren.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.09.1998 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 30.05. 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.1996. Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit. Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fhigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 1 und 2 in der vom 01.01. 1992 bis 31.12.1995 geltenden Fassung). Zwar ist das Leistungsvermögen des Klägers soweit beeinträchtigt, dass er seinen in der Bundesrepublik ausgeübten Beruf als städtischer Arbeiter im Bauhof nicht mehr ausüben kann. Sein Restleistungsvermögen ist jedoch der Gestalt, dass er noch zumutbar auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Die soziale Zumutbarkeit der Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe in Gruppen eingeteilt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. Bundessozialgerichtsentscheidungen in SozR 2200 § 1246 RVO Nrn.138 und 140). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Dabei ist allein auf das Erwebsleben in der Bundesrepublik Deutschland abzustellen. Dem Versicherten ist die Verweisung auf die im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nächstniedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung u.a. BSG in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.5). Ausgangspunkt für die Bewertung der Berufsunfähigkeit des Klägers ist die in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt ausgeübte Tätigkeit als städtischer Arbeiter bei der Müllabfuhr. Dazu hat der Arbeitgeber mitgeteilt, es handele sich dabei um Arbeiten, die im Allgemeinen von ungelernten Arbeitern nach einer Anlernzeit von weniger als drei Monaten verrichtet werden. Dementsprechend war der Kläger in die Tariflohngruppe 3.3 des Bundesmanteltarifvertrags für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31.01.1962 eingestuft. Der einschlägige Rahmentarifvertrag zu § 20 BMT-G enthält keinen Anhaltspunkt dafür, den städtischen Bauhofarbeiter einer höheren Tariflohngruppe zuzuordnen. Als Ungelernter kann der Kläger daher auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Das beim Kläger vorhandene Restleistungsvermögen reicht auch aus, derartige Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die überzeugenden und ausführlichen Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen E. und Z. , die den Kläger im Berufungs- bzw. Klageverfahren persönlich und umfassend untersucht und ihre Beurteilung schlüssig begründet haben. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Sachverständige im Bereich der bayerischen Sozialgerichtsbarkeit verfügen sie sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen. Zu berücksichtigen war, dass von Seiten der Ärztekommission in Pristina ab 17.11.1994 Invalidität bejaht worden ist. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sind jedoch allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hier entwickelten sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas Anderes, insbesondere eine Bindung an die Entscheidungen anderer Rentenversicherungsträger ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen. Die von der Invalidenkommission und den behandelnden Ärzten genannten Gesundheitsstörungen schränken das Leistungsvermögen des Klägers nicht soweit ein, dass er keinerlei Erwerbstätigkeit mehr vollschichtig verrichten könnte. Zwar besteht das Vollbild eines massiven metabolischen Syndroms mit arteriellem Hypertonus, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen und Adipositas. Sowohl das Hochdruckleiden als auch die Zuckererkrankung haben bereits zu Organschädigungen geführt. Folge des Hochdruckleidens ist eine hypertensive Herzerkrankung und die Folge davon zumindest eine Belastungsinsuffizienz. Als Organkomplikation des Diabetes mellitus vom Typ II stellt sich der Verdacht auf beginnende Polyneuropathie, auf beginnende Nephropathie und auf beginnende Makroangyopathie dar. Insoweit ist gegenüber 1998, dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr.Z. , eine deutliche Verschlechterung eingetreten. Der schlechte Blutzuckerstoffwechsel wie auch der ungenügend behandelte Hypertonus mit Herzleistungsminderung lassen derzeit keine vollschichtige Tätigkeit zu. Einen Berentungsgrund stellt diese eingeschränkte Leistungsfähigkeit deshalb nicht dar, weil der Zustand nicht von Dauer ist und dem Kläger eine Mitwirkung an der Besserung seines Leistungsvermögens zumutbar ist. Das langjährige Hochdruckleiden wird medikamentös völlig unzureichend behandelt. Die Dr.E. gegenüber angegebene Zweierkombination aus einem blutdrucksenkenden Medikament und einem Diuretikum ist nicht ausreichend. Hinzu kommt, dass auch der seit mindestens vier Jahren bekannte Diabetes mellitus völlig unzureichend therapiert wird. Das betrifft nicht nur die medikamentöse Therapie, sondern auch die diätetischen Maßnahmen. Unter konsequenter Therapie und bei entsprechender Mitarbeit des Klägers kann im Verlauf von maximal drei Monaten eine deutliche Besserung erreicht werden. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hegt keinen Zweifel, dass der Kläger sein die Zuckererkrankung angehendes Fehlverhalten mit zumutbarer Willensanstengung überwinden kann. Nachdem er hierzu von der Beklagten mit Schreiben vom 10.08.2001 auch aufgefordert worden ist, bestehen keine Bedenken, von einem fiktiven Leistungsvermögen auszugehen. Neben dem besserungsfähigen metabolischen Syndrom stehen heftige Kopfschmerzen im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik. Dieser ist am ehesten als Spannungskopfschmerz zu diagnostizieren, der therapeutisch gut angehbar ist. Darüber hinaus kann der Kopfschmerz auch Folge des schlecht eingestellten Hypertonus sein. Die übrigen nebenbefundlich erhobenen Diagnosen spielen für die Leistungsbeurteilung keine Rolle. Durch die Erkrankungen auf dem internistischen Fachgebiet ist der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit bereits deutlich beeinträchtigt. Auch unter konsequenter Therapie und bei entsprechender Mitarbeit des Klägers wird das Leistungsvermögen auf leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen beschränkt bleiben. Die Arbeiten sollten überwiegend in geschlossenen Räumen und im Sitzen verrichtet werden. Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeit sind ebensowenig möglich wie Schichtarbeit. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit Heben und Tragen von schweren Lasten, mit häufigem Bücken, in Zwangshaltungen, auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen. Ausgeschlossen sind Tätigkeiten bei Kälte, Hitze, Nässe und starken Temperaturschwankungen. Im Positiven kann der Kläger noch leichte und ruhige Arbeiten in geschlossenen, temperierten und sauberen Räumen überwiegend im Sitzen vollschichtig verrichten. Mit diesem Restleistungsvermögen ist der Kläger in der Lage, eine Vielzahl von Tätigkeiten zu verrichten, wie sie üblicherweise von ungelernten Arbeitern gefordert werden. Mangels eingeschränkten Gehvermögens, bei ausreichendem Seh- und Hörvermögen, uneingeschränkter Gebrauchsfähigkeit der Hände und ausreichender Belastbarkeit von Wirbelsäule und Psyche erscheinen typische Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Ver- packen, Aufsicht und Kontrolle möglich. Die Prüfung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erübrigt sich daher. Der Kläger, der keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, weil er zumutbare Verweisungstätigkeiten verrichten kann, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs.1 SGB VI, weil er die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinn des 2. Absatzes dieser Vorschrift nicht erfüllt. Das vorhandene Restleistungsvermögen gestattet es ihm, mittels einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr als geringfügige Einkünfte zu erzielen. Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz tatsächlich vermittelt werden kann, ist rechtlich unerheblich, weil vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt offen steht und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung getragen wird. Insoweit muss sich der in Italien wohnhafte Kläger wie ein in der Bundesrepublik lebender Versicherter behandeln lassen. Entscheidend ist, dass der Kläger die vollschichtige Tätigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen erbringen kann, weil zusätzliche Pausen nicht erforderlich sind und dass die Anmarschwege zur Arbeit problemlos zurückgelegt werden können. Selbst wenn Zweifel daran bestehen sollten, dass der Kläger bei zumutbarer Willensanstrengung die notwendige Krankheitseinsicht aufbringt bzw. nach der fiktiven Besserung seines Gesundheitszustands über die ausreichende Umstellungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit für einen anderen Beruf verfügt - eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung hat nicht stattgefunden und Dr.E. konnte sich bei seiner orientierenden Einschätzung nur auf seine langjährige allgemeinärztliche Erfahrung stützen -, ist ein Rentenanspruch abzulehnen. Wie die Beklagte im Schriftsatz vom 22.07.1997 an das Sozialgericht Landshut dargestellt hat, wären die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen selbst dann nicht erfüllt, wenn man mit dem jugoslawischen Rentenversicherungsträger von einem Eintritt des Versicherungsfalls am 17.11.1994 ausgehen würde. Ein noch früherer Eintritt des Versicherungsfalls, wie vom Kläger behauptet, ist nach den detaillierten Ausführungen Dr.E. zum Gesundheitszustand 1990 nicht diskutabel.

Der für den Rentenanspruch des Klägers maßgebliche § 44 SGB VI setzt neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und dem Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit voraus (§ 44 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB VI). Im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 17.11.1989 bis 16.11.1994 kann der Kläger statt der erforderlichen 36 Pflichtmonatsbeiträge lediglich elf Monate an jugoslawischen Versicherungszeiten vorweisen. Der Fünfjahreszeitraum lässt sich auch nicht durch etwaige Streckungstatbestände ausdehnen, weil insbesondere eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit (§ 44 Abs.4, 43 Abs.3 Nr.1 in Verbindung mit §§ 58 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB VI) nicht gegeben ist. Trotz mehrfacher Aufforderung konnte der Kläger keine medizinischen Unterlagen aus der Zeit bis 1994 vorlegen, so dass eine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit als Müllwerker nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass der Kläger seine Tätigkeit als Bergmann nicht wegen Krankheit aufgegeben hat, sondern fristlos entlassen worden ist. Den Rentenantrag hat er schließlich erst am 17.11.1994 gestellt. Die Beitragslücke von Oktober 1990 bis Oktober 1994 kann der Kläger durch freiwillige Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr vollständig schließen, so dass ihm insoweit auch die Regelung des § 241 Abs.2 Satz 2 SGB VI nicht zugute kommt. Dies gilt selbst dann, wenn dem Kläger die Voraussetzungen einer Anwartschaftserhaltung nach § 241 Abs.2 SGB VI unbekannt waren. Wie das Bundessozialgericht am 01.02. 2001 (Az.: B 13 RJ 1/00 R) entschieden hat, mangelt es in einem derartigen Fall an einem Beitragszahlungswillen. Auch könne aus einer etwaigen unzureichenden Information der jugoslawischen Bevölkerung über die Auswirkungen des Haushaltbegleitgesetzes 1984 nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geschlossen werden. Auch an der Verfassungskonformität des Haushaltbegleitgesetzes sind keine Zweifel mehr angebracht. Dass die materielle Lage des Klägers verzweifelt ist und er seine Lebenserwartung nur noch gering einschätzt, kann keine Änderung der Beurteilung des Rentenanspruchs bewirken. Die in Anspruch genommene deutsche Rentenversicherung ist zwar eine Solidargemeinschaft, tritt aber nur für die oben dargelegten Wechselfälle des Lebens ein; keinesfalls kann sie die Folgen kriegerischer Ereignisse im Ausland auffangen und im Bedarfsfall versicherungsrechtliche Grundsätze aufgeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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