L 14 RJ 462/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 1331/97 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 462/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 23. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1947 geborene Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige mit Wohnsitz in ihrer Heimat. Sie hat dort eine Ausbildung zur Kellnerin durchlaufen und war anschließend als Kellnerin und Bedienung tätig. In der Bundesrepublik Deutschland erwarb sie zwischen Februar 1972 und April 1978 75 Monate an Versicherungszeiten als Kellnerin/Bedienung, in ihrer Heimat war sie zwischen 1968 und 1972 sowie von 1978 bis 1996 tätig. Seitdem erhält sie dort eine Invalidenrente der I. Kategorie.

Die Beklagte lehnte ihren am 22.11.1995 gestellten Rentenantrag mit Bescheid vom 22.05.1996 ab, da die Klägerin trotz gesundheitlicher Einschränkungen durch "Herzleistungsminderung bei Bluthochdruck, Missbildung der rechten Niere, Krampfaderleiden, Funktionsminderung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen, Stressinkontinenz" noch in der Lage sei, vollschichtig leichte Arbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, in trockener, normal temperierter Umgebung, ohne besonderen Zeitdruck und nicht auf Leitern und Gerüsten zu verrichten und somit mindestens die Hälfte des für sie vergleichsweise heranzuziehenden Arbeitseinkommens einer gesunden Vergleichsperson zu erzielen.

Grundlage dieses Bescheids war ein Gutachten der jugoslawischen Invalidenkommission in Belgrad vom 07.02.1996, die die Klägerin als Kellnerin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für weniger als zwei Stunden täglich einsatzfähig gehalten hatte. Der Prüfarzt der Beklagten, Dr.D. , hatte sich in seiner Stellungnahme vom 08.05.1996 dieser Beurteilung für den Beruf der Kellnerin angeschlossen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aber noch vollschichtige Einsatzfähigkeit gesehen.

Mit ihrem Widerspruch verwies die Klägerin auf die Entscheidung der Invalidenkommission, die sie für keinerlei Arbeit mehr einsatzfähig gehalten habe. Sie übersandte eine fachärztliche Bescheinigung vom 07.06.1996 über die bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen. Die Beklagte wies den Widerspruch nach einer Stellungnahme des Dr.D. vom 18.09.1996 ("keine Änderung") mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.1996 unter Bezugnahme auf §§ 43 Abs.1 und 2, 44 Abs.1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zurück. Die Klägerin könne aufgrund der bestehenden Gesundheitsstörungen noch vollschichtig leichte Arbeiten mit gewissen Einschränkungen verrichten. Die Beklagte ging dabei von einer zuletzt in Deutschland nicht nur vorübergehend ausgeübten ungelernten Tätigkeit aus und hielt die Klägerin deshalb für verweisbar auf alle ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es einer konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht bedürfe. Sie verwies darauf, dass die Bewilligung einer Invalidenrente durch den jugoslawischen Versicherungsträger keinen Einfluss auf die Entscheidung über einen Rentenanspruch nach den deutschen Vorschriften habe, und dass die jugoslawischen Versicherungsfälle der Invalidität I. und II. Kategorie nicht mit den Begriffen der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit im deutschen Recht identisch seien.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) betonte die Klägerin, in Deutschland - ebenso wie in ihrer Heimat - als gelernte Kellnerin eingesetzt gewesen zu sein. Sie übersandte das am 02.09.1968 nach dreijähriger Ausbildung ausgestellte Zeugnis über die Abschlussprüfung zur Kellnerin im Gastgewerbefach sowie drei Entgeltnachweise aus der Zeit ihrer Tätigkeit im "Haus K.". Diese enthalten kein Ausstellungsdatum, beziehen sich aber offensichtlich auf die Monate Juli, August und November eines nicht aufgeführten Jahres und weisen für die Monate Juli und August einen steuer- und sozialpflichtigen Bruttobetrag von DM 1.992,00, für den Monat November einen steuerpflichtigen Bruttobetrag von DM 3.910,00 aus. Das SG ermittelte bei der Personalabteilung der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands in Frankfurt bezüglich der zuletzt von der Klägerin im Eisenbahnerschulungs- und Erholungsheim in K. ausgeführten Tätigkeit, dass hier eine interne Bezahlungsregelung galt, die auf einer Gesamtbetriebsvereinbarung beruhte, ferner, dass Angaben über die monatlichen Entgelte nicht mehr möglich seien, da Personalakten aus den Jahren 1973 bis 1978 oder ein Gehaltskonto der Klägerin nicht mehr vorhanden seien.

Das SG erhob Beweis über den Gesundheitszustand und die Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch Einholung von Gutachten auf neuropsychiatrischem und allgemeinärztlichem Fachgebiet. Der Nervenarzt Dr.W. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 12.10.1998 bei der Klägerin einen hypertensiven Kopfschmerz, der auf der nicht ausreichend behandelten Grunderkrankung (hoher Blutdruck) beruhe, daneben ein Wirbelsäulenaufbrauchsyndrom der HWS und LWS ohne Nervenwurzelreizerscheinung. Eine psychiatrische Störung von Gewicht fand der Gutachter entgegen einer früheren Diagnose der jugoslawischen Invalidenkommission ("psychisch stark deprimiert, fixiert auf die subjektiven Beschwerden") nicht. Er ging von einer wesentlichen Besserungsfähigkeit bei dringend gebotener Neueinstellung des Blutdrucks in einem Krankenhaus aus und hielt die Klägerin für leichte Arbeiten, ohne besondere Belastung des Achsenskelettes, ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne starke körperliche Beanspruchung zur Vermeidung von Blutdruckanhebung, ohne Schicht-, Akkord- oder Nachtarbeit, besonders im Sitzen in geschlossenen Räumen vollschichtig für einsatzfähig. Ein die Annahme einer zeitlichen Verkürzung der verbliebenen Leistungsfähigkeit rechtfertigendes Krankenbild konnte er nicht verifizieren.

Die Gutachterin Dr.T. , Ärztin für Sozialmedizin, erhob in ihrem Gutachten vom 13.10.1998 nach umfangreichen Voruntersuchungen die Diagnosen: Bauchaortensklerose, 2. Senkniere rechts, Verdacht auf Doppelniere rechts, Harnwegsinfekt bei Stressinkontinenz nach operativ behandelter Beckenbodensenkung, 3. Adipositas mit Fettleber, Fettstoffwechselstörung, 4. rezidivierende Gelenkbeschwerden ohne wesentliche Funktionseinschränkung, Varikosis beidseits mit Ödemen, 5. Wirbelsäulenbeschwerden bei Fehlhaltung, Überlastung und Umbauveränderungen.

Nach ihren Ausführungen war die Leistungsfähigkeit der Klägerin in erster Linie durch den als schlecht eingestellt bezeichneten Bluthochdruck eingeschränkt. Im Hinblick auf seine Rückwirkung auf das Herz und auf die Gefäße ohne Einschränkung der gesamten Nierenfunktion nahm die Gutachterin derzeitige Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung an und empfahl dringend eine bessere Blutdruckeinstellung; eine quantitative Leistungseinschränkung auf Dauer sah sie jedoch nicht als gegeben an, da keinerlei Hinweise auf beginnende hirnorganische Beeinträchtigungen gegeben waren. Hierzu heißt es im Gutachten, die Klägerin sei weder in der Merk- noch in der Denk- und Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt, sie sei wendig und von rascher Auffassungsgabe. Auch die übrigen Gesundheitsstörungen konnten nach den weiteren Ausführungen eine quantitative Leistungseinschränkung nicht auf Dauer begründen. Durch die Stressinkontinenz waren Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten, in Nässe und Kälte ausgeschlossen; es muss die Möglichkeit bestehen, während der Arbeit rasch eine Toilette aufsuchen zu können. Von Seiten des Bewegungsapparates waren der Klägerin keine schweren und keine mittelschweren körperlichen Arbeiten zumutbar, ebenso keine Arbeiten mit dauerndem Stehen und Gehen sowie Heben und Tragen von Lasten. Insgesamt waren der Klägerin danach leichte Arbeiten zu ebener Erde, in wohltemperierten Räumen, ohne Heben und Tragen von Lasten, überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit, immer wieder umher zu gehen, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Wechsel- und Nachtschicht noch vollschichtig möglich. Tätigkeiten als Kellnerin waren demgemäß nicht mehr zumutbar, wohl aber Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit den genannten Einschränkungen. Die Umstellungsfähigkeit der Klägerin wurde, ebenso wie im psychiatrischen Gutachten, als nicht eingeschränkt angesehen.

Das SG wies die Klage nach knapper Anhörungsmitteilung an die Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 23.02.1999 ab. Es legte unter Bezugnahme auf § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dar, dass es der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 11.11.1996 folge und daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehe. Ohne besondere Würdigung des Ergebnisses seiner Beweisaufnahme fügte es lediglich ergänzend die in der Beweisaufnahme erhobenen Gesundheitsstörungen und die festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen an.

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Sie verweist auf ihren beeinträchtigten Gesundheitszustand, der ihr schon das Leben ohne jegliche Arbeit erschwere, sowie darauf, dass ihre anteilsmäßige Rente in Jugoslawien für die Grundlebensbedürfnisse nicht ausreiche.

Der Senat ermittelte bei der AOK Königstein/Taunus, die die seinerzeitige Mitglieder- und Leistungskarte der Klägerin übersandte, dass diese während ihrer Tätigkeit beim Arbeitgeber E. G. in K. als Arbeiterin in der Kurschänke mit der Schlüsselzahl 912/17 und im "Haus K." mit der Schlüsselzahl 912/11 gemeldet und verzeichnet gewesen war.

Die Klägerin gab auf weiteres Befragen an, ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert, sie könne u.a. wegen ständiger Kopfschmerzen und häufiger Schwindelanfälle ohne Begleitung ihr Blutdrucks häufig den Notarzt. Sie übersandte fachärztliche Bescheinigungen vom 21.02.2000 und 30.03.2000, die Diagnosen und (erhöhte) Blutdruckwerte bei vier verschiedenen Messungen zwischen dem 11.01. und 30.03.2000 enthielten. Nach einer Stellungnahme des Prüfarztes der Beklagten vom 05.06.2000 ergab sich aufgrund dieser Befunde kein grundsätzlich neuer medizinischer Sachverhalt oder eine bedeutsame medizinische Verschlechterung.

Im Hinblick auf eine offensichtlich bisher nicht erfolgreiche, im erstinstanzlichen Gutachten Dr.T. vorausgesetzte Neueinstellung des Blutdrucks und wegen des in den jugoslawischen ärztlichen Unterlagen erstmals (ohne nähere Angaben) bescheinigten Fundus hypertonicus und einer hypertensiven Encephalopathie beauftragte der Senat den Gutachter Dr.P. mit der Erstellung eines erneuten internistischen Gutachtens mit Zusatzuntersuchungen auf augenfachärztlichem, röntgenologischem und nephrologischem Gebiet. In seinem Gutachten vom 20.06.2001 erhob Dr.P. nach ausführlicher Anamnese, körperlicher Untersuchung und einer Vielzahl von technischen Untersuchungen (Röntgen-Thorax in zwei Ebenen, Röntgen beider Hände in zwei Ebenen, Röntgen beider Füße in zwei Ebenen, Röntgen der Halswirbelsäule in zwei Ebenen, Ruhe-EKG, Belastungs-EKG, Echokardiographie, Lungenfunktionsuntersuchung, Oberbauchsonogramm, Schilddrüsensonogramm, Duplexuntersuchung der Nierenarterien, augenärztlicher Befund der ophtalmologischen Klinikabteilung, Labor) folgende Diagnosen: 1. Seit etwa 1992 bekannte, medikamentös behandelte, arterielle Hypertonie ohne sicheren Hinweis auf sekundäre Genese oder hypertensive Herzerkrankung. 2. Seit ca. 1997 bekannte rezidivierende, belastungsabhängige linksseitige Thoraxschmerzen ohne ausreichenden Anhalt für coronare Herzkrankheit, differenzialdiagnostisch am ehesten im Rahmen von 1. 3. Metabolisches Syndrom mit arteriellem Hypertonus, diätpflichtigem Diabetes mellitus Typ 2 b, Hyperlipoproteinämie mit Hypertriglyceridämie und Hypercholesterinämie und Adipositas permagna. 4. Senkniere und Doppelniere rechts ohne fassbare Nierenfunktionsstörung. 5. Zustand nach zweifacher Operation einer Zystorektozele 1988 wegen Harninkontinenz; seit 1994 erneut Stressinkontinenz mit Verdacht auf Rezidiv-Zystorektozele. 6. Rezidivierende symptomatische Harnwegsinfekte, am ehesten im Rahmen von 5. 7. Unterschenkelvarikosis beidseits mit milder chronisch venöser Insuffizienz Grad II. 8. Mäßiggradiges Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit glaubhaften Beschwerden, aber ohne aktuelle Wurzelreizsymptomatik. 9. Chronische Hüftschmerzen beidseits bei vorbeschriebener Gonarthrose rechts (anamnestisch auch links). 10. Arthralgien bei Heberden-Arthrose des distalen Interphalangealgelenkes II rechts. 11. Metatarsophalangialgelenksarthrose beidseits bei Hallux valgus beidseits. 12. Leichtes unspezifisches Sicca-Syndrom an beiden Augen ohne nachweisbare Keratokonjunktivitis.

Eine relevante Leistungseinschränkung sah der Gutachter vor allem im Hinblick auf die Diagose zu 1.; aus sozialmedizinischer Sicht sind danach in Vollschicht nur noch leichte körperliche Tätigkeiten zumutbar, wobei Wechsel- und Nachtschicht auf Dauer entfallen müssen. Aus der Diagnose zu 2. ergeben sich bei fehlendem Nachweis einer coronaren Herzkrankheit keine zusätzlichen Leistungseinschränkungen, grundsätzlich wären sogar leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Wechsel- und Nachtschicht und ohne hohe Anforderungen an die Stresstoleranz vollschichtig zumutbar. Im Hinblick auf die Diagnose zu 3. (metabolisches Syndrom, derzeit allenfalls milder, nur diätpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2 b) ergeben sich nur Einschränkungen für Tätigkeiten mit Nacht- und Wechselschicht, zusätzliche Pausen sind nicht erforderlich. Bezüglich der Diagnose 5. und 6. sollte sichergestellt sein, dass das Aufsuchen einer Toilette während der Arbeit uneingeschränkt möglich ist; entfallen sollten Arbeiten bei Nässe und Kälte sowie das Heben und Tragen von schweren Lasten. Bezüglich der Diagnose 7. resultiert eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit insofern, als Tätigkeiten mit Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen gegenüber Tätigkeiten mit dauerndem Stehen bzw. Sitzen zu bevorzugen sind. Schließlich sind von Seiten der Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden vor allem Heben und Tragen schwererer Lasten über 10 kg, häufiges Bücken und Arbeiten in Zwangshaltungen nicht mehr zumutbar. Bei Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass der Klägerin weiterhin leichte körperliche Arbeiten zumutbar sind, möglichst im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen (Ausschluss von dauerndem Stehen oder Sitzen); auszuschließen sind Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und mit Absturzgefahr und an gefährdenden Maschinen, Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit, Tätigkeiten mit Heben und Tragen von schweren Lasten über 10 kg, Arbeiten in körperlichen Zwangshaltungen, Arbeiten bei Nässe, Kälte und extremer Hitze. Die Fähigkeit der Klägerin zur Umstellung auf andere als bisher verrichtete Tätigkeiten hält der Gutachter grundsätzlich für unproblematisch. Auch sieht er keine relevante Einschränkung hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte. Insgesamt konnte der Gutachter damit eine wesentliche Verschlechterung gegenüber den Vorgutachten nicht feststellen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides vom 23.02.1999 sowie des Bescheides der Beklagten vom 22.05.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.11.1996 zu verurteilen, ihr Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogene Rentenakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet.

Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung durch den ergangenen Gerichtsbescheid ist zwar wegen mehrfacher wesentlicher Verfahrensverstöße fehlerhaft - die bloße Mitteilung des beabsichtigten Erlasses eines Gerichtsbescheides ohne Hinweis auf die dadurch unterbleibende mündliche Verhandlung erfüllte nicht die Anforderungen einer nach § 105 SGG vorgeschriebenen Anhörungsmitteilung und stellte einen Verstoß gegen § 62 SG (rechtliches Gehör) dar; ein Verstoß gegen § 128 SGG liegt in dem Fehlen jeglicher Würdigung des Ergebnisses der durch Begutachtung auf zwei verschiedenen Fachgebieten doch relativ umfangreichen Beweisaufnahme in den Urteilsgründen; zugleich liegt darin ein Verstoß gegen § 136 Abs.1 Nr.6 SGG, da die Beweiswürdigung als wesentlicher Teil der Entscheidungsgründe im Urteil enthalten sein muss; der Senat hat aber von der Möglichkeit einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht nach § 159 Abs.1 SGG abgesehen und nach erneuter Beweisaufnahme in der Sache entschieden. Der Klägerin steht auch nach Überzeugung des Senats eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu.

Gemäß § 43 Abs.2 Sätze 1 und 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der hier noch anzuwendenden, vor dem 01.01.2001 gültigen Fassung sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist; der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Nach § 44 Abs.2 Satz 1 in der entsprechenden Fassung sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. monatlich 630,00 DM übersteigt.

Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin ebenso wie die für die Zeit ab 01.01.2001 auf Grund einer Gesetzesänderung geltenden Voraussetzungen einer teilweisen Erwerbsminderung für Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.1 SGB VI n.F.), noch nicht vor.

Bereits nach den Ermittlungen des Erstgerichts (Gutachten Dr.T. , Gutachten Dr.W.) war die Klägerin wegen der dort erhobenen Diagnosen zwar deutlich in der Leistungsfähigkeit eingeschränkt, sie war aber grundsätzlich in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte körperliche Arbeiten mit gewissen qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig zu verrichten. Dieses medizinische Ergebnis hat sich durch die weitere Beweisaufnahme in der zweiten Instanz, die im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Verschlechterung und die damit vorgelegten ärztlichen Befunde angeordnet wurde, bestätigt. Auf Grund der von Dr.P. festgestellten Gesundheitsstörungen ist sie auch weiterhin noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten auf dem Arbeitsmarkt in Vollschicht zu verrichten, lediglich qualitative Leistungseinschränkungen (Ausschluss von dauerndem Stehen oder Sitzen, kein Heben und Tragen von schweren Lasten über 10 kg, keine Zwangshaltungen, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr und an gefährdenden Maschinen, keine Tätigkeiten bei Kälte, Nässe oder Hitze sowie keine Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit) müssen unterbleiben. Die Möglichkeit zum Aufsuchen einer Toilette muss gegeben sein. Dieses Leistungsbild ist auch für den Senat nachvollziehbar. Es steht durchaus in Einklang mit den erneut festgestellten überhöhten Blutdruckwerten, den von der Klägerin anamnestisch geschilderten hypertensiven Krisen und mit den geklagten belastungsabhängigen Thoraxschmerzen. Es fanden sich nämlich bei der Untersuchung entgegen den Erwartungen bei derartig hohen Werten bei der ophtalmologischen Untersuchung kein Fundus hypertonicus und echokardiographisch keine Zeichen einer hypertensiven Herzerkrankung. Von einer malignen Hypertonie ist daher nicht auszugehen. Nach Darlegung des Gutachters können durch konsequente antihypertensive und diätetische Therapie (z.B.Gewichtsreduktion) zusammen mit Allgemeinmaßnahmen i.S.v. körperlichem Training Beschwerden wie Palpationen, Dyspnoe und Kopfschmerzen gebessert werden. Für die bereits bei geringer Belastung (Gehen in der Ebene) auftretenden Thoraxbeschwerden fand sich bei den Untersuchungen (Ruhe- und Belastungs-EKG) kein funktionelles kardiales Korrelat - es zeigte sich im Gegenteil im Rahmen des Belastungs-EKG sogar eine Besserung der bereits bei Untersuchungsbeginn bestehenden Beschwerden bei Belastung. Dies macht eine coronare Herzerkrankung sehr unwahrscheinlich.

Der Senat schließt sich insgesamt den überzeugenden Ausführungen des erfahrenen Gutachters Dr.P. an.

Mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen ist die Klägerin in ihrem erlernten Beruf bzw. den in Deutschland verrichteten Tätigkeiten einer Bedienung nicht mehr einsetzbar. Dies ist für eine Rentengewährung aber nicht allein entscheidend. Vielmehr ist zu prüfen, ob ihr auch die ihrem bisherigen Berufsbild entsprechenden Verweisungstätigkeiten nicht mehr zumutbar sind. Dabei ist auf die in Deutschland versicherungspflichtig verrichteten Tätigkeiten abzustellen. Die Klägerin war hier zwischen 1973 und 1978 in drei verschiedenen Stellungen als Kellnerin/Bedienung tätig, zuletzt im "Haus K.", einem von der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands betriebenen Erholungsheim. Letztere konnte auf Befragen zu dem Beschäftigungsverhältnis nur noch mitteilen, dass Personalunterlagen aus der damaligen Zeit nicht mehr vorhanden seien und die Bezahlung außertariflich gemäß Betriebsvereinbarung erfolgt sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann insoweit eindeutig nicht von einem Einsatz als Facharbeiterin (Kellnerin) ausgegangen werden, obwohl sie im Klageverfahren eine dreijährige Ausbildung in ihrer Heimat als Kellnerin mit Abschluss im Jahre 1968 durch Vorlage des Zeugnisses nachgewiesen hat. In Deutschland war sie von den beiden letzten Arbeitgebern bei der zuständigen Krankenkasse mit den Schlüsselzahlen 912/17 bzw. 912/11 gemeldet worden. Während die erste Zahl 912 den Tätigkeitsbereich angibt (912: Kellner jeder Art, auch Aushilfen), kennzeichnet die nach dem Schrägstrich folgende erste Ziffer die Stellung im Beruf (1 = "Nichtfacharbeiter") und die zweite Ziffer die Berufsausbildung (1 = "ohne abgeschlossene Berufsausbildung", 7 = "Ausbildung unbekannt" bzw. "keine Angabe möglich"). Daraus ergibt sich, dass die Klägerin nicht als Facharbeiterin gemeldet und mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht als Facharbeiterin eingesetzt war. Möglicherweise hatte sie bei ihrer Einstellung ein Zeugnis nicht vorgelegt, oder es wurde die ausländische Ausbildung nicht anerkannt, etwa, weil sie wegen mangelnder ausreichender Sprachkenntnisse keine vollwertige Fachkraft darstellen konnte. Vermutlich handelte es sich aber auch nur um eine Stelle im Anlernbereich. Laut gabi (Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen der Bundesanstalt für Arbeit), Heft 912a S.45 werden gerade in einfacheren Restaurants und Gastwirtschaften, in denen nicht alle der in der Ausbildung zur "Restaurantfachkraft/Fachgehilfe im Gastgewerbe" (heutige Bezeichnung für den entsprechenden Ausbildungsberuf, frühere Bezeichnung bis etwa 1980 "Kellner/Kellnerin") zu erlernenden Kenntnisse und Fähigkeiten Anwendung finden, Tätigkeiten der Servicekräfte häufig von angelernten Kräften ausgeführt.

Die Klägerin ist nach alledem im Rahmen des vom Bundessozialgericht entwickelten Berufsgruppenschemas ("Facharbeiter - angelernter Arbeiter mit einer Ausbildung oder einer Anlern- bzw. Einarbeitungszeit von 3 bis 24 Monaten -ungelernter Arbeiter") in die Gruppe der Angelernten einzuordnen, und zwar mangels anderer Anhaltspunkte im unteren Bereich (Ausbildung oder Anlernzeit von 3 bis 12 Monaten). Damit ist sie auf alle ihr zumutbaren Tätigkeiten des darunter liegenden Bereichs der ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes der gesamten Bundesrepublik Deutschland verweisbar, sofern diese nicht nur ganz geringen qualitativen Wert haben; ein gewisser sozialer Abstieg ist hierbei zumutbar. Ein konkreter Verweisungsberuf ist der Klägerin nicht zu benennen, weil trotz der zahlreichen aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Die Einschränkungen stehen insgesamt körperlich leichten und fachlich einfachen Arbeiten, z.B. im Büro- und Verwaltungsbereich, nicht entgegen.

Es liegt nach alledem weder Berufsunfähigkeit noch teilweise Erwerbsminderung und erst recht nicht volle Erwerbsminderung vor, so dass der Klägerin kein Rentenanspruch zustehen kann. Hieran ändert die Tatsche nichts, dass die Klägerin in ihrem Heimatland Rente wegen Invalidität bezieht. Abgesehen davon, dass die mitgeteilten Diagnosen der jugoslawischen Unterlagen sich teilweise nicht bestätigt haben, erfolgte die Beurteilung der Invalidität in der Heimat der Klägerin nach anderen rechtlichen Maßstäben als in der Bundesrepublik Deutschland und ist auch nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 nicht als verbindlich zu übernehmen.

Daher war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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