L 16 RJ 489/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 Ar 243/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 489/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Beurteilung eines Berufschutzes für die Frage der Berufsunfähigkeit im Sinn des § 43 Abs. 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen. Auch wenn diese schon drei Tage nach ihrem Beginn vom Arbeitgeber gekündigt worden ist, weil nach dessen Angaben der Versicherte nicht die seinem Entgelt entsprechenden Leistungen erbracht hat, ist diese Beschäftigiung der "bisherige Beruf" im Sinn des § 43 aaO, wenn davor über einen nennenswerten Zeitraum bei anderen Arbesitgebern eine gleichwertige Beschäftigung vollwertig ausgeübt worden ist.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Antragstellung am 25.11.1994.

Der am 1952 geborene Kläger hat nach einer abgebrochenen Werkzeuglehre und verschiedenen Hilfsarbeitstätigkeiten im Juli 1988 die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Gärtner/Garten- und Landschaftsbau bestanden und im Januar 1992 die Prüfung zum Fachagrarwirt Baumpflege abgelegt. Von Juli 1980 bis 21.10.1986 war er selbstständig tätig, ebenso von August 1992 bis 31.03. 1993. Seit 13.04.1993 übt er eine selbständige Tätigkeit als Gutachter für Baumpflege aus.

Nach den vom LSG eingeholten Auskünften verschiedener Arbeitgeber wurde der Kläger vom 01.09. bis 28.09.1988, vom 20.11. bis 13.12.1989, vom 19.07. bis 31.07.1990 und vom 28.09. bis 17.12. 1990 Landschaftsgärtner beschäftigt und entlohnt. Vom 01.03. 1990 bis 18.07.1990 und vom 25.03. bis 20.09.1991 war er als Landschaftsgärtner-Vorarbeiter beschäftigt und tariflich entlohnt. Die letzte Beschäftigung als Gärtner ab 01.04.1993 wurde nach drei Tagen beendet, weil die Leistungen laut Auskunft des Arbeitgebers nicht dem Entgelt entsprochen haben.

Nach dem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 03.05.1994 beantragte der Kläger am 25.11.1994 Rente. Laut MDK-Gutachten und dem Bericht des behandelnden Psychiaters litt der Kläger unter einem chronisch psychogenen Schmerzsyndrom auf dem Boden einer depressiv-neurotischen Entwicklung.

Der Nervenarzt Dr.R. , der den Kläger am 20.02.1995 im Auftrag der Beklagten untersuchte, verneinte eine depressive Symptomatik und diagnostizierte eine hypochondrische Neurose. Bei der internistischen Begutachtung im Auftrag der Beklagten wurden neben dem Zustand nach Entfernung der linken Ohrspeicheldrüse rezidivierende Perianalfistel, Zustand nach Tuberkulose, orthostatische Beschwerden, Leberschädigung, mäßige Vorhoferweiterung links und Schluckbeschwerden berücksichtigt. Der Internist hielt den Kläger entsprechend seinem Gutachten vom 20.03. 1995 auch als Gärtner für vollschichtig einsatzfähig. Daraufhin wurde der Rentenantrag am 27.04.1995 abgelehnt.

Während des Widerspruchsverfahrens unterzog sich der Kläger ab 08.08.1995 einer psychosomatischen Behandlung in Bad Dürkheim, die er am 07.09.1995 abbrach. Die Ärzte diagnostizierten eine hypochondrische Neurose und anankastische Persönlichkeit und beurteilten ihn auch als Gärtner für arbeitsfähig. Im Widerspruchsbescheid vom 24.01.1996 heißt es, es liege weder Erwerbs- noch Berufsunfähigkeit vor und im Übrigen fehlten die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Ausgehend von der Antragstellung seien im Fünf-Jahreszeitraum nur 34 Pflichtbeiträge enthalten und es fehle eine volle Belegung ab 01.01.1984.

Mit seiner am 19.02.1996 erhobenen Klage machte der Kläger eine Herabsetzung der Leistungsfähigkeit durch ein Druckgefühl im Bereich des linken Kiefergelenks, Müdigkeit und Benommenheit geltend. Die Diffamierung als Hypochonder werde durch einen geplanten diagnostischen Eingriff am linken Trommelfell entlarvt werden. Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien wegen der Arbeitsunfähikeit bereits ab April 1993 gegeben. Nach Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte lehnte der Kläger eine psychiatrische Begutachtung mangels Wissenschaftlichkeit des Gewerbes ab, ließ sich dann aber nach Belehrung in eingeschränktem Umfang untersuchen. Im psychiatrischen Gutachten Dr.V. vom 03.03.1997 heißt es, die hypochondrische Störung des Klägers erlaube eine Tätigkeit als Gärtner und leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig. Besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit seien nicht zumutbar.

Der Kläger lehnte das Gutachten als unschlüssig ab und verwahrte sich gegen die Verwertung psychiatrischer Aussagen. Er behauptete auch, dass seit seiner Prozessdrohung gegen einen HNO-Arzt im Klinikum rechts der Isar kein Arzt mehr bereit sei, organische Ursachen seiner Krankheit abzuklären. Dennoch unterzog er sich einer Begutachtung durch den HNO-Arzt und Allergologen Dr.K. , der nach ambulanter Untersuchung am 10.04.1997 ein Gutachten erstellte. Er fand eine geringfügige Schleimhautschwellung im Bereich der Siebbeinzellen und Kiefernhöhle links und eine behinderte Nasenatmung, die seines Erachtens die gehäufte Anfälligkeit für Erkältungen erklären und Arbeiten unter Zugluft unzumutbar machen.

Das Sozialgericht München wies die Klage am 23.07.1997 ab, lehnte weitere Aufklärung ab und ordnete den Kläger dem Angelerntenstatus zu, weil die letzte Beschäftigung nicht dem eines gelernten Gärtners entsprochen habe.

Gegen das am 14.08.1997 abgesandte Urteil des Sozialgerichts legte der Kläger am 05.09.1997 Berufung ein, wiederholte seine Bedenken gegenüber den Gutachtern, stellte zahlreiche Beweisanträge und verwies auf seine Beschäftigung als Gärtner von 1988 bis 1991. Der Senat holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein. Unter anderem wurde der Kläger vom 04.08.1997 bis 25.08. 1998 vom Orthopäden Dr.D. wegen einer komplexen Fuß- und Zehenfehlstellung, einem Sehnenansatzdruckschmerz an der linken Hüfte und einem Diskusprolaps behandelt. Dr.K. berichtete über drei Operationen zwischen Oktober 1997 und April 1999 im HNO-Bereich ohne subjektive Besserung.

Im Auftrag des Senats erstellte der Lungenarzt und Allergologe Dr.H. nach ambulanter Untersuchung am 10.05.2000 ein Gutachten. Seines Erachtens verbietet eine leichtgradige bronchiale Hyperreagibilität schwere körperliche Arbeit, insbesondere im Freien und die Belastung mit bronchialen Reizen. Mittelschwere Arbeiten seien jedoch auch im Freien zumutbar. Als selbständiger Gutachter arbeite der Kläger nicht auf Kosten der Gesundheit.

Verschiedene HNO-Ärzte, die anschließend um eine Begutachtung nach ambulanter Untersuchung gebeten wurden, lehnte der Kläger als befangen ab. Daraufhin wurde erneut der bis April 2000 behandelnde HNO-Arzt Dr.K. um einen Bericht gebeten. Er hatte den Kläger wegen eines Ulcus im Bereich der linken Wange behandelt. Zahlreiche Gewebeproben waren ohne Anhalt für Malignität oder Parasit- oder Fremdkörperbefall. Dr.K. übersandte zahlreiche Befunde, u.a. den Entlassungsbericht des Bezirkskrankenhauses Haar, wo der Kläger im Anschluss an einen Suizidversuch vom 28.07. bis 06.09.1999 wegen einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie behandelt worden ist. Der HNO-Arzt Dr.K. wurde um eine Begutachtung nach Aktenlage gebeten. Er sah durch die zwischenzeitlich eingetretenen Erkrankungen keine wesentliche Änderung gegenüber seiner Beurteilung im Klageverfahren und hielt eine Tätigkeit als Gärtner nur für bedingt zumutbar, da der Kläger nur noch leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, in geschlossenen Räumen, ohne Witterungseinflüsse vollschichtig ausführen könne. Er sah keinen Anhalt dafür, dass der Kläger als selbständiger Gutachter für Baumpflege auf Kosten der Gesundheit arbeitet.

In seiner Stellungnahme vom 12.11.2001 zu dem am 21.06.2001 übersandten Gutachten machte der Kläger geltend, nun seien neue Befunde erhoben worden bzw. zu erwarten, die die erhebliche und in den letzten Monaten verstärkte Leistungseinschränkung belegten. Er beantragte eine ergänzende Stellungnahme des Dr.K. , das Abwarten einer weiteren Untersuchung und die Anhörung der behandelnden Ärzte. In der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2001 beantragt der Kläger, das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.1997 und den Bescheid der Beklagten vom 27.04.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund des Antrags vom 25.11.1994 zu gewähren. Hilfsweise stellt er die Anträge aus dem Schriftsatz vom 12.11.2001.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Klageakten sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, in der Hauptsache jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.1997 ist im Ergebnis ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 27.04.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.1996. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Er ist weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 2 und 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Zwar ist das Leistungsvermögen des Klägers soweit beeinträchtigt, dass er seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Landschaftsgärtner nicht mehr ausüben kann. Sein Restleistungsvermögen ist jedoch noch dergestalt, dass er auf die selbständige Tätigkeit als Baumgutachter verwiesen werden kann. Diese tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit stellte zumindest bis ca. 1997 eine ausreichend sichere Existenzgrundlage dar.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren), und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. Bundessozialgerichtsentscheidungen in SozR 2200 § 1246 RVO Nr.138 und 140). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Dem Versicherten ist die Verweisung auf die im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nächst- niedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung u.a. in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.5).

Entgegen der Ansicht der Beklagten und des Sozialgerichts ist dem Kläger Berufsschutz als Gärtner zuzuerkennen. Zwar ist versicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen, die vorliegend bereits nach drei Tagen gekündigt worden ist, weil die Leistungen des Klägers nach den Angaben des Arbeitgebers nicht seinem Entgelt entsprochen haben. Die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung ist aber nicht immer "bisheriger Beruf" im Sinne des § 43 SGB VI. Ein derart starkes Gewicht hat die Rechtsprechung der letzten Beschäftigung nur dann beigelegt, wenn sie zugleich die qualitativ höchste gewesen ist. In anderen Fallgestaltungen ist diejenige Berufstätigkeit zugrunde zu legen, die der Versicherte bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt hat (BSG vom 16.10. 1986, Az.: 5b RJ 44/85 m.w.N.). Die qualitativ höchstwertige Beschäftigung hat der Kläger aber nach den vorliegenden Arbeitgeberbescheinigungen vom 01.03. bis 18.07.1990 als Vorarbeiter und vom 25.03. bis 20.09.1991 ebenfalls als Vorarbeiter im Garten- und Landschaftsbau ausgeübt. Nachdem dieser Zeitraum immerhin 12 Monate umfasst, und sich der Kläger anschließend keiner ausbildungsfremden Tätigkeit zugewandt hat, sondern 1993 wieder versucht hat, als Gärtner abhängig beschäftigt zu werden, kann die Einstufung als Facharbeiter nicht bestritten werden. Entscheidend ist, dass der Kläger den Ausbildungsberuf des Landschaftsgärtners erlernt und mit einer Prüfung abgeschlossen hat. Er war entsprechend beschäftigt und entlohnt. Der Kläger ist daher dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob das beim Kläger vorhandene Restleistungsvermögen ausreicht, um die erlernte Tätigkeit als Landschaftsgärtner weiterhin auszuüben. Zweifel ergeben sich daran, weil der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr.K. die Eignung als Gärtner eingeschränkt sieht. Er hält Arbeiten unter Zugluft für ebensowenig zumutbar wie solche mit raschem Wechsel von Wärme und Kälte. Weil auf Arbeiten mit starker Staubentwicklung, mit Reizstoffen für die Atemwege, bei Hitze oder Kälteentwicklung verzichtet werden muss, sieht der Sachverständige lediglich eine Tätigkeit in der Gartenplanung oder im Verkauf für geeignet an. Entscheidend ist jedoch, dass der Kläger die Tätigkeit als selbständiger Baumgutachter ausübt, er auf diese Tätigkeit auch zumutbar verwiesen werden kann und diese Tätigkeit nicht auf Kosten der Gesundheit geht.

Im letzten Punkt stützt sich der Senat auf die überzeugenden und ausführlichen Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen im Berufungs- und Klageverfahren, die die zahlreich vorhandenen Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und ihre Beurteilung schlüssig begründet haben. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Sachverständige im Bereich der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit verfügen sie sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen. Mit ihrer Würdigung befinden sich die Dres. V. , K. und H. in Übereinstimmung mit der Beklagten, die den Kläger im Verwaltungsverfahren nervenärztlich und internistisch begutachten ließ. Auch die Ärzte in Bad Dürckheim hielten den Kläger nach dem Versuch einer stationären psychosomatischen Behandlung für vollschichtig arbeitsfähig. Einwände gegen die im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten sind von Klägerseite nicht erhoben worden und die Einwände gegen das Gutachten Dr.V. sind vom Sozialgericht zutreffend zurückgewiesen worden - hierauf wird gemäß § 153 Abs.3 SGG Bezug genommen - bzw. wurden durch die Diagnose im Bezirkskrankenhaus Haar mit der Beschreibung einer paranoid halluzinatorischen Schizophrenie entkräftet. Auf eine neuerliche HNO-ärztliche Untersuchung konnte im Berufungsverfahren verzichtet werden, nachdem der behandelnde Hals-, Nasen-, Ohrenarzt Dr.K. umfangreiche ärztliche Unterlagen übersandt hat und der aktuelle Gesundheitszustand wegen der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur eine sekundäre Rolle spielt. Der letztgenannte Gesichtspunkt macht auch ergänzende Stellungnahmen überflüssig, wie sie in der mündlichen Verhandlung beantragt wurden.

Zum Zeitpunkt der ambulanten Untersuchung durch Dr.K. am 08.04.1997 waren als organische Ursachen der Beschwerden im Bereich der linken Kopfhälfte lediglich ein Zustand nach Entfernung der linken Ohrspeicheldrüse mit reizlosen Wundverhältnissen, eine Behinderung der Nasenatmung links und eine geringfügige Schleimhautschwellung im Bereich der linken Siebbeinzellen und der linken Kiefernhöhle feststellbar. Diese Gesundheitsstörungen erklären eine gehäufte Anfälligkeit für Erkältungen, weshalb der Kläger auf Arbeiten unter Zugluft verzichten sollte.

Nach der Untersuchung durch Dr.K. ließ der Kläger mehrere operative Eingriffe vornehmen, so im Oktober 1997 eine Thornwaldt sche Drüse entfernen, am 07.05.1998 eine Revision der Mandelloge links vornehmen, im November 1998 eine stationäre Nasenmuschelkappung beidseits und im August 1999 eine Nasenpolypenentfernung vornehmen. Im weiteren Verlauf wurden zahlreiche Gewebeproben aus der Wangenschleimhaut links entnommen, die sämtlich ulceröse Entzündungen ergaben und antibiotisch behandelt wurden. Insgesamt haben diese Erkrankungen nur vorübergehende und keine dauerhaften Änderungen der Leistungsbeurteilung von 1997 ergeben.

Es ist durchaus möglich, dass bereits 1994 eine bronchiale Hyperreagibilität bestanden hat. Weil aber weder Lungenfunktionsprüfungen noch die Messung einer bronchialen Reaktion durchgeführt worden sind, ist eine Quantifizierung dieser Hyperreagibilität rückwirkend nicht möglich. Es ist davon auszugehen, dass schwere körperliche Arbeiten, insbesondere im Freien unter Belastung mit ungünstigen Witterungsbedingungen, mit Belastung durch Dampf, Rauch, Staub und andere bronchiale Reize nicht zumutbar erscheinen. Leichte und mittelschwere Tätigkeiten sind aber durchaus auch im Freien durchführbar, so dass der Kläger als selbständiger Gutachter für Baumpflege nicht auf Kosten der Gesundheit arbeitet. Der Kläger begutachtet Pflanzen und Bäume in der freien Natur und fertigt hierüber anschließend schriftliche Gutachten an. In der Eigenschaft als selbständiger Unternehmer ist der Kläger anders als ein abhängig beschäftigter Gärtner nicht gezwungen, den im Freien durchzuführenden Teil seiner Arbeit bei jeder Witterung zu verrichten. Die Arbeitsperioden im Freien kann er täglich den Witterungsbedingungen anpassen.

Jedenfalls bis 1997 war der Kläger trotz eindringlich geschilderter Beschwerden und häufiger Arztbesuche in der Lage, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Kläger war und ist anhaltend davon überzeugt, dass als Ursache für die von ihm geschilderten Symptome eine ernsthafte körperliche Erkrankung vorhanden ist, obwohl wiederholt Untersuchungen keine ausreichende körperliche Erklärung erbracht haben. Gleichzeitig weigert er sich, den Rat und die Versicherung mehrerer Ärzte zu akzeptieren, dass den Symptomen keine entsprechende körperliche Erkrankung zugrunde liegt. Weil bis zum Suizidversuch am 22.07. 1999 depressive Störungen, Angst und Panikstörungen sowie eine schizophrene Erkrankung auszuschließen waren, war auf neuro-psychiatrischem Fachgebiet eine hypochondrische Störung zu diagnostizieren. Im Zusammenhang damit konnten besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit nicht mehr gestellt werden, hingegen wurde der Kläger noch für fähig erachtet, vollschichtig mit üblichen Arbeitspausen zu arbeiten.

Versicherte sind unter der Voraussetzung auf eine tatsächlich ausgeübte selbständige Tätigkeit verweisbar, dass diese bereits eine sichere Erwerbsgrundlage darstellt, in der Regel schon seit längerer Zeit in nennenswertem Umfang und mit wirtschaftlichem Erfolg betrieben wurde und nur fortzusetzen ist (Niesel in KassKomm § 43 SGB VI Rdz.116). Voraussetzung der Verweisbarkeit ist weiter, dass mit der selbständigen Tätigkeit die gesetzliche Lohnhälfte erzielbar ist. Der Kläger war bereits vor der Aufgabe seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung von 1980 bis 1986 und von August 1992 bis März 1993 selbständig tätig gewesen. Auch vor der Antragstellung im November 1994 bestritt der Kläger sein Auskommen durch die Tätigkeit als selbständiger Baumgutachter. Anhaltspunkte dafür, dass das Einkommen hieraus geringfügig war, ergeben sich erst aus dem Entlassungsbericht des Bezirkskrankenhauses Haar von 1999, worin es heißt, es sei ihm in den letzten Jahren nur eine unregelmäßige berufliche Tätigkeit möglich gewesen, so dass er mit inzwischen 20.000,00 DM verschuldet sei. Jedenfalls hat er lediglich bis 29.09.1995 Krankengeld bezogen, anschließend keine öffentlichen Leistungen bezogen und auch gegenüber den Gutachtern immer angegeben, als Gutachter für Baumpflege tätig zu sein.

Es mag sein, dass sich 1997 auf orthopädischem Fachgebiet eine Verschlimmerung eingestellt hat, nachdem in diesem Jahr erstmals auch auf diesem Fachgebiet nennenswerte Störungen diagnostiziert worden sind. So berichtete Dr.D. , behandelnder Arzt ab 04.08.1997, über eine komplexe Fußfehlstellung und Zehenfehlstellung sowie einen Diskusprolaps. Diese Leidensverschlimmerung ist jedoch deshalb unerheblich, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei der Unterstellung eines Versicherungsfalls Mitte 1997 nicht mehr vorgelegen haben. Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit steht nur zu, wenn in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls drei Jahre Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt worden sind und die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§§ 43 Abs.1, 44 Abs.1 SGB VI). Der maßgebende Zeitraum rechnet unter Berücksichtigung von Verlängerungstatbeständen vom 01.07. 1992 bis 30.06.1997. Darin sind lediglich zwei Monate Pflichtbeitragszeiten vorhanden. Die Arbeitsunfähigkeit vom 03.05.1994 bis 29.09.1995 hat keine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen, so dass sie nicht als Anrechnungszeit im Sinn des § 58 SGB VI berücksichtigt werden kann. Versicherte selbständige Tätigkeiten im Sinne des § 58 Abs.2 SGB VI sind Zeiten, für die gemäß § 2 kraft Gesetzes oder gemäß § 4 Abs.2 auf Antrag Versicherungspflicht besteht (Niesel in KassKomm § 58 Rdz.97).

Es besteht auch kein Rentenanspruch nach den Sonderregelungen der §§ 240 Abs.2, 241 Abs.2 SGB VI. Vor dem 01.01.1984 ist zwar vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor dem Eintritt der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ist aber nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Insbesondere sind hier die Lücken vom 01.01.1984 bis September 1986, vom August 1992 bis März 1993 und die Lücke ab Mai 1993 anspruchshindernd.

Mit der Ablehnung eines Anspruchs auf Berufsunfähigkeitsrente steht auch fest, dass die strengeren Voraussetzungen für die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente gemäß § 44 SGB VI nicht erfüllt sind. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt (§ 44 Abs.2 Satz 2 Ziff.1 SGB VI i.d.F. des Gesetzes vom 02.05.1996). Der Kläger war nicht infolge von Krankheit gehindert, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und dadurch mehr als geringfügige Einkünfte zu erzielen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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