L 20 RJ 548/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 9 RJ 715/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 548/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.09.2001 werden zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der am 11.07.2000 vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) erklärten Klagerücknahmen.

Der am 1940 geborene Kläger hat in der zurückliegenden Zeit gegenüber der Beklagten die Feststellung von Versicherungszeiten betrieben und am 24.03.1994 einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufs-(BU) bzw Erwerbsunfähigkeit(EU) gestellt.

Der Rentenantrag wurde mit Bescheid der Beklagten vom 28.10.1994 und Widerspruchsbescheid vom 15.05.1995 zurückgewiesen. Die dagegen zum SG Bayreuth erhobene Klage ist mit Urteil vom 17.10.1995 abgewiesen worden (Az: S 4 RJ 393/95). Im Rahmen der Feststellung von Versicherungszeiten (Berücksichtigungszeiten wegen Pflege der Eltern vom 24.12.1983 bis 30.04.1994) hat der Kläger am 05.02.1998 Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 23.07.1997 (an ihn zugestellt am 30.01.1998) erhoben. Er habe in den genannten Zeiten seine Eltern gepflegt und bitte um vollständige Berücksichtigung in seinem Versicherungsverlauf. Diese Klage (Az: S 9 RJ 105/98) hat der Kläger am 11.07.2000 im Termin vor dem SG zurückgenommen. Laut Niederschrift ist die Erklärung vorgelesen und genehmigt worden.

Am 19.09.2000 hat der Kläger zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des SG Bayreuth erklärt: "Ich komme zurück auf die Klagen, die ich am 11.07.2000 mündlich zurückgenommen habe. Ich bin der Auffassung, dass ich mit der Klagerücknahme einen großen Fehler gemacht habe." Mit Urteil vom 11.09.2001 hat das SG in der wieder aufgenommenen Klagesache (neues Az: S 9 RJ 715/2000) festgestellt, dass der Rechtsstreit durch die Klagerücknahme am 11.07.2000 erledigt ist. Die Erklärung über die Rücknahme der Klage sei wirksam erfolgt und könne weder frei widerrufen noch entsprechend bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung angefochten werden. Auch liege kein Wiederaufnahmegrund nach den §§ 179 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG), 578 ff Zivilprozessordnung (ZPO) vor.

Dagegen richtet sich die am 21.09.2001 beim SG Bayreuth eingelegte Berufung des Klägers (Az: LSG L 20 RJ 548/01), mit der er weiterhin die Anerkennung der Zeit vom 24.12.1983 bis 30.04.1994 als Berücksichtigungszeit wegen Pflege begehrt.

Am 10.11.1998 hat der Kläger beim SG Bayreuth auch Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 08.10.1998 erhoben mit dem Antrag, ihm Rente wegen EU bzw BU ab Antragstellung zu gewähren. Der Versicherungsfall sei bereits in der Zeit vor dem 01.01.1985 eingetreten; seine gesundheitlichen Probleme hätten 1981 begonnen.

Diese Klage (Az des SG Bayreuth S 9 RJ 1017/98) hat der Kläger ebenfalls am 11.07.2000 (in einem von dem anderen Verfahren getrennten Erörterungstermin) zurückgenommen. Die Niederschrift hierzu enthält wiederum den Vermerk, dass die Erklärung vorgelesen und genehmigt wurde.

Auch diese Rücknahmeerklärung hat der Kläger am 19.09.2000 zu Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim SG Bayreuth (mit gleichlautender Erklärung wie im Parallelverfahren) angefochten.

Mit Urteil vom 11.09.2001 (Az des SG S 9 RJ 716/2000) hat das SG festgestellt, dass der Rechtsstreit durch die Klagerücknahme vom 11.07.2000 erledigt sei. Die Begründung entspricht in vollem Umfang der Entscheidung in der Streitsache S 9 RJ 715/2000.

Auch gegen dieses Urteil hat der Kläger am 21.09.2001 beim SG Bayreuth Berufung eingelegt (Az des LSG R 20 RJ 549/01). Entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG seien die Voraussetzungen für die Gewährung von EU-Rente erfüllt. Der Kläger beantragt hierzu, das Urteil des SG Bayreuth vom 11.09.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen EU zu gewähren.

In der mündlichen Verhandlung am 30.01.2002 sind die Berufungsstreitsachen L 20 RJ 548/01 und L 20 RJ 549/01 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.

Dem Senat haben die Prozessakten des SG Bayreuth mit den Aktenzeichen S 9 RJ 715/00 und S 9 RJ 716/00 sowie eine Anzahl älterer Prozessakten des SG Bayreuth und des Bayer. Landessozialgericht (LSG) sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen des Klägers sind form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig; Ausschlussgründe des § 144 Abs 1 SGG liegen nicht vor. Die Rechtsmittel betreffen allein die Wirksamkeit der am 11.07.2000 vor dem SG Bayreuth abgegebenen Erklärungen über die Klagerücknahme. In der Sache können die Berufungen keinen Erfolg haben, da die Wirksamkeit der Prozesserklärungen nicht in Zweifel zu ziehen ist. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufungen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidungen zurückweist, § 153 Abs 2 SGG.

Im Übrigen ist nach wie vor davon auszugehen, dass beim Kläger Geschäftsfähigkeit gegeben ist. Frau Dr.F. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten hat den Kläger am 10.10.1994 untersucht und im Gutachten vom 11.10.1994 festgehalten, dass zwar eine hirnorganische Wesensänderung unklarer Genese bestehe; Geschäftsfähigkeit für Rentenangelegenheiten sei jedoch erhalten. In einem Bericht des Klinikums Bayreuth vom 17.04.2001 (über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 31.03. bis 10.04.2001) ist ua ausgeführt, dass eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis weitgehend ausgeschlossen werden konnte. In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Kläger durchaus den Eindruck vermittelt, dass er in der Lage ist, seine Ansprüche zu bezeichnen und zu formulieren und seine Angelegenheiten zu besorgen.

Die Berufungen des Klägers waren deshalb zurückzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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