L 9 AL 291/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 AL 75/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 291/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 09.07.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des ab 12.12.2000 gewährten Arbeitslosengeldes (Alg) streitig.

I.

Die am 1945 geborene Klägerin, auf deren Lohnsteuerkarte die Steuerklasse I ohne berücksichtigungsfähige Kinder eingetragen war, hatte aufgrund eines Antrages vom 08.07.1997 bereits ab 22.07.1997 sowie ab 13. mit 31.03.1998 im Leistungsbezug der Beklagten gestanden. Im Zeitraum vom 16.09.1997 mit 12.03.1998 hat sie eine berufliche "Maßnahme zur kaufmännischen Sachbearbeiterin mit EDV-Anwendung" erfolgreich absolviert. Zugrunde lagen seinerzeit mehrere Beschäftigungen im Bemessungszeitraum 01.01. mit 21.07.1997, in denen sie als Buchhalterin (tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit: 35 Stunden) vom 01.01. mit 31.03.1997 monatlich je DM 4.909,60 und als Chefsekretärin vom 01.04.mit 30.06.1997 (tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit: 40 Stunden) monatlich je DM 5.572,-, schließlich als Chefsekretärin (tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit: 40 Stunden) vom 1. mit 21.07.1997 DM3.725,81 brutto erzielt hatte. Darüber hinaus hatte sie neben einer Nachzahlung von DM 2.627,60 eine Überstundenvergütung in Höhe von DM 412,62, eine Urlaubsabgeltung in Höhe von DM 761,76 sowie Urlaubsgeld in Höhe von DM 1.269,60 erhalten, auf die Beiträge zur Sozialversicherung und Arbeitlosenversicherung zu entrichten waren.

Dementsprechend wurde durch Bescheide vom 06.04.1998 Alg ab 22.07.1997 in Höhe von DM 399,00 wöchentlich gewährt (BE DM 1.220,-; Leistungssatz 60 v.H.; Leistungsgruppe A/0) bzw. ab 13.03.1998 in Höhe von DM 401,66 (auf derselben Grundlage).

Sie meldete sich am 25.10.2000 erneut arbeitslos und begehrte die Bewilligung von Alg. Vorausgegangen war eine Beschäftigung als Buchhalterin (01.04.1998 mit 30.06.1999), in der sie bei einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden im Bemessungszeitraum (01.07.1998 mit 30.06.1999) monatlich je DM 4.432,- brutto erzielt hatte, im Juli 1998 daneben Urlaubsgeld in Höhe DM 1.230,-, im Dezember 1998 Weihnachtsgeld in Höhe von DM 2.065,30 sowie im Juli 1999 Urlaubsgeld in Höhe von DM 820,-. In den Zeiträumen 01.07.1999 mit 17.01.2000, 13.03. mit 12.01. und 13.11. mit 11.12.2000 erhielt sie Krankengeld, in der Zeit vom 08.01. mit 12.03.2000 Übergangsgeld.

Durch Bescheid vom 10.01.2001 wurde ihr die Leistung ab 12.12. 2000 in Höhe von DM 438,90 wöchentlich bewilligt (BE DM1.340,- Leistungssatz 60 v.H.; Leistungsgruppe A/0) sowie durch Änderungsbescheid vom 10.01.2001 ab 01.01.2001 in Höhe von DM 433,58 wöchentlich. Hiergegen wandte die Klägerin ein, die Bescheide berücksichtigten lediglich eine 10 %-ige Erhöhung der Einmalzahlungen, welche tatsächlich jedoch 24 % ausge- macht hätten. Durch Widerspruchsbescheide vom 28.02.2001 wurden die Rechtsbehelfe im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, der Gesetzgeber habe per 01.01.2001 die Regelung des § 434 c SGB III geschaffen, die ab 01.01.1997 das Bemessungsentgelt um 10 % erhöht habe. Infolge der Aufhebung der Vorschrift des § 134 Abs.1 Satz 3 Nr.1 SGB III komme eine individuelle Berücksichtigung der Einmalzahlungen erst bei ab 01.01.2001 entstandenen Ansprüchen in Frage. Die pauschale Erhöhung sei demgegenüber entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für sämtliche Übergangsfälle maßgebend.

Während des sozialgerichtlichen und des Berufungsverfahrens sind weitere Bescheide vom 16.11.2001, 04.01.2002, 26.11.2002 und 07.01.2003 ergangen, mit denen die Leistungen aufgrund der jeweiligen Leistungsverordnungen bzw. Dynamisierungstermine angepasst worden sind. Auf deren Einzelheiten wird Bezug genommen.

II.

Mit der zum Sozialgericht Regensburg erhobenen Klage wurde die Verfassungswidrigkeit des § 434 c SGB III geltend gemacht. Die pauschale Erhöhung um 10 % werde der tatsächlichen Größenordnung im Bemessungszeitraum von ca. 24 % nicht gerecht, insoweit sei das Willkürverbot tangiert. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber abweichend von der Entscheidung des BVerfG vom 24.05.2000 die Übergangsregelung über den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung am 21.06.2000 hinaus bis zum 31.12.2000 ausgedehnt und hinsichtlich des Stichtages auf die Entstehung eines Anspruches abgestellt. Die Ungleichbehandlung liege darin, dass den nach diesem Stichtag entstandenden Ansprüchen auf Dauer konkret erzielte Einmalzahlungen zugrunde gelegt würden, während davor entstandene Ansprüche gleichfalls auf Dauer lediglich die pauschale Erhöhung berücksichtigten. Die Vorlage an das BVerfG wurde ausdrücklich angeregt.

Demgegenüber verwies die Beklagte darauf, dass im Bemessungszeitraum im Wesentlichen Krankengeld bezogen und wegen der Bestandsschutzregelung des § 133 Abs.1 SGB III insoweit das höhere Bemessungsentgelt des Vorbezuges herangezogen worden sei. Die vom BVerfG geforderte Neuregelung habe der Gesetzgeber zwischenzeitlich mit dem Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz geschaffen, welches ab 01.01.2001 in Kraft getreten sei. Entsprechend der Regelung des § 434 c Abs.1 SGB III sei das maßgebliche Bemessungsentgelt auf DM 1.340,- angehoben und die Leistung insoweit erhöht worden.

Durch Gerichtsbescheid vom 09.07.2001 wies die 12. Kammer des SG Regensburg die Klage ab. Sie hielt die Regelung des § 434 c SGB III nicht für verfassungswidrig, sondern sah insbesondere hinsichtlich der Stichtagsregelung keinen Verstoß gegen Art.3 GG oder sonstige höherrangige Rechtsnormen.

III.

Mit der zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung rügt die Klägerin weiterhin einen Verstoß gegen Art.3 GG, da die Definition des Altfalles maßgeblich auf die Entstehung des Anspruchs auf Alg abstelle. Es hätten sich sachgerechtere Lösungen angeboten, die eine individuelle Feststellung des Bemessungsentgeltes zugelassen hätten. Mit dem BVerfG sollte die Beklagte ihrer Auffassung nach nicht vor jedweden, sondern nur vor rückwirkenden Neuberechnungen für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Neuregelungsgesetzes geschützt werden. Demgegenüber verweist die Beklagte darauf, dass die angefochtenen Bescheide der gesetzlichen Regelung entsprächen, und regt hinsichtlich der ergangenen Entscheidung des BSG vom 20.02.2002 die Rücknahme des Rechtsmittels an. Immerhin habe das BSG die Vorschrift des § 434 c SGB III für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt. Der erstgenannten Entscheidung des 11. Senates habe sich der 7. Senat in seiner Entscheidung vom 25.03. 2003 angeschlossen.

Der Senat hat neben den Streitakten des ersten Rechtszuges die Leistungsakte der Beklagten beigezogen und Prozesskostenhilfe versagt (Beschluss vom 05.05.2004).

Die Klägerin stellt den Antrag, den Gerichtsbescheid des SG Regensburg vom 09.07.2001 sowie die Bescheide vom 10.01.2001 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.02.2001 insoweit aufzuheben, als das Bemessungsentgelt lediglich um 10 % erhöht worden sei, und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 12.12.2000, hilfsweise ab 01.01.2001 Alg unter Berücksichtigung der tatsächlichen Höhe der Einmalzahlungen zu gewähren.

Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Regensburg vom 09.07.2001 zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakten beider Rechtszüge und der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die mangels einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, im Übrigen form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung der Klägerin, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet.

Der Senat entscheidet aufgrund der Einverständniserklärungen der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 124 Abs.2 SGG.

Zu Recht hat das SG die gegen die Bewilligungsbescheide vom 10.01.2001 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.02. 2001 sowie die Folgebescheide vom 16.01.2001 und 04.01.2002 gerichtete Anfechtungs- und Leistungsklage abgewiesen. Auch die Folgebescheide vom 26.11.2002 sowie vom 07.01.2003 sind nicht zu beanstanden.

Die Höhe des an die Klägerin in der Zeit vom 12.12.2000 zu zahlenden Alg, dessen Anspruchsvoraussetzungen unstreitig erfüllt sind, bestimmt sich nach § 129 SGB III i.d.F. des zweiten SGB III Änderungsgesetzes vom 21.07.1999 (BGBl I S.1648). Danach beträgt das Alg für Arbeitslose ohne Kinder wie die Klägerin 60 v.H. des pauschalierten Nettoentgelts, das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die Arbeitslose im Bemessungszeitraum (BZ) erzielt hat (Bemessungsentgelt - BE -).

Der BZ umfasst nach § 130 SGB III die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs enthalten sind, in denen Versicherungspflicht bestanden hat, und die beim Ausscheiden der Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren. Das BE im vorgenannten Sinne ist dabei das im BZ durchschnittlich auf die Woche entfallene Entgelt, von dem Beiträge erhoben worden sind, § 132 SGB III. Die konkrete Berechnung des BE folgt der Regelung des Absatzes 2 der Vorschrift. Die Klägerin hat durch die Beschäftigung vom 01.04. 1998 mit 30.06.1999 und den Krankengeldbezug vom 01.07.1999 mit 17.01.2000 sowie vom 13.03. mit 11.12.2000 einen neuen Anspruch auf Alg erworben, so dass grundsätzlich nicht auf die frühere Festsetzung zurückgegriffen werden durfte. Im BZ (14.12.1999 mit 11.12.2000) hat sie in der Zeit vom 14.12.1999 mit 17.01. 2000 und vom 13.03. mit 11.12.2000 Krankengeld nach einem ungekürzten Regelentgelt von kalendertäglich DM 146,87 bezogen, insgesamt an 309 Kalendertagen DM 45.382,83 erzielt, was ein wöchentliches BE von DM 1.028,15 ergibt.

Aufgrund des Bestandsschutzes des § 133 Abs.1 SGB III war jedoch das - höhere - BE des Vorbezuges in Höhe von DM 1.220,- heranzuziehen, welches sich aus den im seinerzeitigen BZ in insgesamt 1.092,42 Stunden erzielten Bruttoarbeitsentgelt von 35.371,61 DM bei einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,78 Stunden errechnete. Gemäß § 134 Abs.1 SGB III in der vor dem 01.01.2001 (bzw. § 112 AFG in der bis 31.12.1997) geltenden Fassung war seinerzeit einmalig gezahltes Arbeitsentgelt unberücksichtigt geblieben. Aufgrund der am 01.01.2001 in Kraft getretenen Übergangsregelung des § 434 c SGB III ist § 134 Abs.1 Satz 3 Nr.1 SGB III zu diesem Zeitpunkt außer Kraft getreten.

Die Beklagte hat bei der ab 12.12.2000 gewährten Lohnersatzleistung wegen des vor 2001 entstandenen Anspruchs entsprechend der durch den Beschluss des BVerfG vom 24.05.2000 geforderten Neuregelung durch das am 01.01.2001 in Kraft getretene Einmal-zahlungs-Neuregelungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl I S.1971) zu Recht das oben genannte wöchentliche BE von DM 1.120,- pauschal um 10 % erhöht, so dass dieses gerundet auf DM 1.340,- angehoben wurde, § 434 c Abs.1 SGB III. Insoweit ergibt sich ab 12.12.2000 ein Alg in Höhe von DM 438,90, ab 01.01.2001 in Höhe von DM 453,38, ab 13.11.2001 in Höhe von DM 458,57, ab 01.01. 2002 in Höhe von Euro 234,29, ab 13.11.2001 in Höhe von Euro 237,65, schließlich ab 01.01.2003 in Höhe von Euro 235,90.

Wie das BSG in zwei Entscheidungen vom 20.02.2002, B 11 AL 61/01 R, und vom 25.03.2003, B 7 AL 114/01 R, dargelegt hat, die zwar keinen dem streitgegenständlichen Verfahren vergleichbaren Sachverhalt betreffen, handelt es sich bei der Vorschrift des § 434 c SGB III um eine pauschalierende und typisierende Regelung, die, auch soweit sie in Einzelfällen mit Härten verbunden sein mag, als notwendig und damit als verfassungsrechtlich unbedenklich anzusehen ist, vgl. BT-Drs. 14/4371 S.14 sowie Schlegel in Hennig und andere, SGB III, § 434 c RdNr.31.

Mit seiner Entscheidung vom 24.05.2000, SozR 3-2400 § 23 a Nr.1 hat das BVerfG unter anderem die Regelung des § 112 Abs.1 Satz 2 AFG in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung und die Nachfolgeregelung des § 134 Abs.1 Satz 3 Nr.1 SGB III in der vor dem 01.01.2001 geltenden Fassung für mit Art.3 Abs.1 GG unvereinbar erklärt, soweit nach diesen Regelungen einmalige und wiederkehrende Zuwendungen (AFG) bzw. einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (SGB III) bei der Bemessung des Alg außer Betracht geblieben sind. In der zitierten Entscheidung hat das Verfassungsgericht gleichzeitig ausgesprochen, der Gesetzgeber habe durch geeignete Regelungen sicherzustellen, dass einmalig gezahlte Arbeitsentgelte bei den Lohnersatzleistungen berücksichtigt würden, über deren Gewährung für die Zeit ab 01.01. 1997 noch nicht bestandskräftig entschieden worden sei. Dem Gesetzgeber bleibe es insoweit unbenommen, statt einer individuellen Neuberechnung der Altfälle aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die Bemessungsentgelte pauschal um 10 v.H. anzuheben. Das BVerfG hat mithin eine rückwirkende Korrektur nur für nicht bestandskräftige Altfälle angeordnet, vgl. BSG vom 25.03.2003, a.a.O. Diese das Verhalten des Gesetzgebers steuernden Hinweise des Verfassungsgerichts im Sinne eines Rechtsfolgen-Managements, vgl. BSG SozR 3-8570 § 8 Nr.7 S.42, hat der Gesetzgeber mit der - schon deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden (vgl. zum Stichtag 1. Januar 1997 und zur Pauschalierung BSG, Urteil vom 20.02.2002, B 11 AL 61/01 R) - Vorschrift des § 434 c Abs.1 SGB III in vollem Umfang aufgegriffen und umgesetzt. In Abs.1 des mit dem Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl I S.1971) mit Wirkung ab 01.01.2001 in das SGB III eingefügten § 434 c wird angeordnet, dass eine pauschale - keine individuelle - Erhöhung des Bemessungsentgelts ab 1. Januar 1997 um 10 % vorzunehmen ist (Satz 1), dass dies aber nur für Ansprüche gilt, über die am 21. Juni 2000 noch nicht unanfechtbar entschieden war; anderenfalls erfolgt die Erhöhung erst vom 22. Juni 2000 an (Satz 2). § 434 c Abs.1 SGB III stellt damit eine spezielle Übergangsvorschrift dar, soweit es um die Korrektur des BE wegen nicht berücksichtigter Einmalzahlungen für die Zeit vom 1. Januar 1997 mit 31. Dezember 2000 geht; diese spezielle Regelung geht den allgemeinen Regelungen der §§ 44, 48 SGB X gemäß § 37 SGB I vor, vgl. BSG vom 25.03.2003, a.a.O.

Erst sie hat den aufgrund der Unvereinbarkeitserklärung des BVerfG zunächst bestehenden Schwebezustand beendet und entscheidungskonform konkretisiert, was der Klägerin vor dem 01.01.2001 rechtmäßig zugestanden hat.

Mit Schlegel in Hennig, a.a.O., Rdnrn.1 ff. ist die pauschale Erhöhung des BE für diejenigen Fälle, in denen das Recht auf Alg zwischen dem 01.01.1997 und dem 31.12.2000 entstanden ist, und zwar auch dann, wenn sich der Bezugszeitraum über den 31.12.2000 hinaus erstreckt, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. § 434 c Abs.1 Satz 1 SGB III modifiziert § 112 AFG bzw. § 134 Abs.1 SGB III. Die Vorschrift ordnet für die Berechnung der Höhe des Alg die pauschale Erhöhung des BE im Sinne des § 134 Abs.1 in seiner bis 31.12.2000 geltenden Fassung vor dessen Rundung an. Das BE wird im Regelfall um 10 % erhöht. Das geht nur dann nicht, wenn die Leistungsbemessungsgrenze überschritten wird, vgl. § 136 Abs.2 Nr.8 i.V.m. § 141 Abs.4 SGB III.

Diese Regelung lässt es zu, dass die pauschale Erhöhung unabhängig davon stattfindet, ob der Bezieher von Alg in der Vergangenheit überhaupt, ggf. in welcher konkreten Höhe beitragspflichtige Einmalzahlungen erhalten hat. Es kann durchaus vorkommen, dass Leistungsbezieher, die sehr hohe beitragspflichtige Einmalzahlungen gehabt haben, gleich behandelt werden wie Bezieher von Alg, bei denen im Bemessungszeitraum keine oder nur geringe Einmalzahlungen zu berücksichtigen waren. Auch insoweit ist der 10 %-ige Zuschlag grundsätzlich nicht zu beanstanden. Denn es liegen Härten und Ungerechtigkeiten vor, die im Rahmen zulässiger Pauschalierungen hinzunehmen sind, vgl. Schlegel, a.a.O.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG sind insbesondere im Sozialrecht typisierende Regelungen allgemein als notwendig anerkannt und im Grundsatz als verfassungsrechtlich unbedenklich behandelt worden. Gewisse Härten und Ungerechtigkeiten, die mit einer typisierenden Regelung notwendig verbunden sind, müssen danach hingenommen werden. Dies setzt voraus, dass 1. die durch eine typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar 2. wäre, die durch die typisierende Regelung entstehenden Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen treffen und 3. der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Diese Voraussetzungen liegen mit Schlegel im konkreten Fall vor. Zwar ist von der Regelung nicht nur eine zu vernachlässigende Zahl von Personen betroffen. Benachteiligt werden jedoch nur diejenigen, bei denen die Pauschale der Höhe nach hinter dem Betrag zurückbleibt, der sich bei einer konkreten Nachberechnung des BE unter Berücksichtigung von Einmalzahlungen ergeben würde. Die Zahl derjenigen dürfe jedoch ausweislich der Expertenanhörung im Gesetzgebungsverfahren zum Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz gering sein, vgl. BT-Drs. 13. Wahlperiode, Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Protokolle Nr.71 S.18, 19, BVerfG SozR 3-2400 § 23 a Nr.1 Seite 5, und der Unterschiedsbetrag zur Pauschale unerheblich sein. Entscheidend ist jedoch, dass Entgeltbescheinigungen der Arbeitgeber in der Vergangenheit keine Angaben zu Einmalzahlungen enthalten haben. Wollte man herausfinden, ob und in welcher Höhe seinerzeit in den BZ Einmalzahlungen tatsächlich beitragspflichtig gewesen sind, wäre es erforderlich, den Sachverhalt nachträglich mit unverhältnismäßigem Aufwand insoweit einer erstmaligen Klärung zuzuführen, vgl. Expertenanhörung, a.a.O., BT-Drs. 14/4743, S.16 f.

In der Begründung des Gesetzes wird insoweit darauf hingewiesen, dass in etwa 1,4 Millionen Leistungsfällen Angaben nacherhoben werden müssten (vgl. BT-Drs., a.a.O., Seite 14). Insoweit müssten von den ehemaligen Arbeitgebern neue Fragebögen über die früheren BZ und über den auf diese Zeiträume entfallenden Anteil an Einmalzahlungen ausgefüllt werden. Dies dürfte in einer Vielzahl von Fällen schwierig oder gar nicht mehr möglich sein, weil Lohnunterlagen nicht mehr verfügbar sind oder die Arbeitgeber nicht mehr existieren. Weitere Erhebungen müssten dann für zusätzlich 1,3 Millionen Leistungsansprüche erfolgen, die im Übergangszeitraum bis zum Inkrafttreten der Neuregelung entstehen, vgl. BT-Drs., a.a.O., Seite 15. Insgesamt rechtfertigt der mit den entsprechenden Erhebungen verbundene Verwaltungsaufwand in etwa 2,7 Millionen Leistungsfällen die pauschalierenden Regelungen, wie Wissing und andere, SGB III, § 434 c Rdz.12, gleichfalls ausführen.

Die Höhe des Vomhundertsatzes als Alternative zur individuellen Neuberechnung hat im Übrigen das BVerfG in seinem Beschluss vom 24.05.2000 vorgegeben, weil sich die Lohnersatzleistungen bei Berücksichtigung einmalig gezahlter Arbeitsentgelte um 10 % erhöhen würden, wenn bei ganzjähriger Beschäftigung davon auszugehen sei, dass die Mehrzahl der Versicherten ein Weihnachts- und ein Urlaubsgeld erhalten, vgl. BVerfGE a.a.O., Ziffer III 3 der Gründe. Insgesamt ist das erstinstanzielle Urteil, dem sich der Senat vollinhaltlich anschließt, ebensowenig zu beanstanden wie die streitgegenständlichen Bescheide, so dass dem Rechtsmittel der Klägerin der Erfolg versagt bleiben muss.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang konnte die Beklagte, welche für das Berufungsverfahren keine Veranlassung gegeben hat, nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen verpflichtet werden, die der Klägerin zu deren Rechtsverfolgung entstanden sind.

Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 160 Abs.1, 2 Satz 1 Ziff.1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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