L 6 RJ 7/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 92/00 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 7/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger, der am 1939 geboren und Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien ist, hat in seinem Herkunftsland in den Jahren 1958/59, von 1961 bis 1969, von September 1981 bis Juni 1984 (aus dem jugoslawischen Versicherungsverlauf ist ersichtlich, dass der 01.07.1984 nicht als Beitragstag gezählt wird) und vom Dezember 1984 bis März 1985 Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt.

In der Bundesrepublik Deutschland weist er Pflichtbeitragszeiten von Dezember 1969 bis Juni 1981 auf, wobei die Beiträge ab 31.10.1980 solche aufgrund Bezugs von Sozialleistungen wegen Arbeitslosigkeit sind. Unbelegt (sowohl in Deutschland als auch in Jugoslawien) ist insbesondere die Zeit von August 1984 bis November 1984 sowie die Zeit ab April 1985.

Seit 24.03.1987 bezieht der Kläger in seiner Heimat Invalidenrente der I. Kategorie.

Einen ersten auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit gerichteten Antrag des Klägers vom 17.07.1985 hat die Beklagte abgelehnt (Bescheid vom 5.10.1987; Widerspruchsbescheid vom 19.2.1988). Im anschließenden Klageverfahren (Az. S 10 Ar 5662/88.Ju) hat das Sozialgericht Landshut (SG) von dem Arbeitgeber, bei dem der Kläger in Deutschland immer beschäftigt gewesen war, der Firma W. GmbH & Co. KG (Fa.S.), eine Auskunft (vom 11.10.1988) erholt. Darin ist ausgeführt, der Kläger sei als Zerleger beschäftigt worden (fachgerechte Zerlegung und Klassifizierung des für die Wurstproduktion erforderlichen Fleisches einschließlich des Herauslösens der Knochen und des Entfernens der Sehnen); der Kläger habe dabei eine Facharbeitertätigkeit verrichtet, die dementsprechend nach Lohngruppe I (Facharbeiter) des Lohn- und Gehaltstarifvertrags für die Westfälische Fleischwarenindustrie entlohnt worden sei. Nach ihrer - der Fa.S. - Kenntnis, sei der Kläger gelernter Fleischer und besitze die Qualifikation, die durch eine entsprechende Berufsausbildung erworben werde.

Des weiteren hat das SG von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. ein medizinisches Sachverständigengutachten vom 13.04.1989 eingeholt, in dem dieser beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt hat: I. Psychovegetatives Syndrom. II. Übergewicht ohne Ausgleichsstörungen. III. Wirbelsäulenbeschwerden bei einsetzenden degenerativen Veränderungen. IV. Subklinischer Diabetes mellitus. V. Alkoholabusus mit diskreten Zeichen einer chronischen Schädigung der peripheren Nerven an Armen und Beinen. Zum beruflichen Leistungsvermögen hat Dr.M. ausgeführt, der Kläger könne vollschichtig mittelschwere Arbeiten ohne qualitative Einschränkungen verrichten; insbesondere auch seine zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit als Metzger sei ihm noch möglich.

Hierauf hat das SG die Klage mit Urteil vom 25.08.1989 abgewiesen.

Im Berufungsverfahren (Az. L 5 Ar 1091/89) hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) ein Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. (vom 02.08.1991) erholt. Dieser hat ausgeführt, der Kläger, der sehr adipös, aber ansonsten in durchaus gutem Allgemein- und Ernährungszustand sei, weise an wesentlichen Gesundheitsstörungen ein psychovegetatives Syndrom bei einer selbstunsicheren, depressiven Persönlichkeitsstruktur mit einer Neigung zu ängstlich-hypochondrischer Selbstbeobachtung auf. Er könne aus allen Ausgangslagen mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten, wobei Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten ebensowenig zumutbar seien wie Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sowie Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit oder Ausdauer. Merk- und Konzentrationsfähigkeit, Verantwortungsbewußtsein, Gewissenhaftigkeit sowie Selbständigkeit des Denkens und Handelns seien normal. Auch Unterscheidungs- und Beurteilungsvermögen sowie Reaktionsvermögen und Umstellungsfähigkeit seien im Grunde genommen nicht wesentlich reduziert. Praktische Anstelligkeit und Findigkeit seien gut. Die Ausdauer sei leicht reduziert, die Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel sei nicht erkennbar gestört.

Mit Urteil vom 12.11.1991 hat das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung sei er weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinn der §§ 1246 Abs. 2, 1247 Abs. 2 RVO; er könne nämlich zum Beispiel als Fleischverkäufer noch vollschichtig arbeiten.

Ein sodann vom Kläger am 21.04.1994 bei der Beklagten gestellter Antrag auf Beitragserstattung ist von dieser mit Bescheid vom 06.06.1994 und Widerspruchsbescheid vom 30.09.1994 abgewiesen worden, da der Kläger zur freiwilligen Versicherung berechtigt sei.

Am 25.05.1998 stellte der Kläger erneut Antrag auf Zahlung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte lehnte diesen mit Bescheid vom 18.11.1998, Widerspruchsbescheid vom 02.11.1999 und Bescheid vom 18.11.1999 ab, da der Versicherte zwar seit 25.05.1998 zumindest berufsunfähig sei, beim Eintritt der Erwerbsminderung in diesem Zeitpunkt aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nicht mehr erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar seien.

Mit der am 27.01.2000 zum SG erhobenen Klage verfolgte der Kläger seinen Rentenanspruch weiter. Er begehre aufgrund seines Antrags vom 25.05.1998 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Klage wurde vom SG mit Urteil vom 16.10.2000 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente, da er jedenfalls bis 12.11.1991 weder berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (sc. in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung - a.F. -) noch erwerbsunfähig im Sinne der (bis 31.12.2000 geltenden) Vorschrift des § 44 Abs. 2 SGB VI gewesen sei. Beim späteren Eintritt der Erwerbsminderung scheitere der Rentenanspruch an den nicht mehr herstellbaren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Am 21.11.2000 ging die Berufung des Klägers gegen dieses ihm in seiner Heimat zugestellte Urteil beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung trug er vor, er habe aus gesundheitlichen Gründen 1982 Deutschland verlassen und sei nach Jugoslawien zurückgekehrt, wo er dann bis 1985 gearbeitet habe. Von 1985 bis 1987 habe er auf die Vorladung zur Invalidenkommission gewartet. Am 24.3.1987 sei er dann ärztlich untersucht und als Invalide der I. Kategorie anerkannt worden.

Bezüglich des in Deutschland ausgeübten Berufs des Klägers erhob der Senat Beweis durch Beiziehung von Ausbildungsunterlagen der Industrieschule für Landwirtschaft in K. und durch Einholung einer berufskundlichen Stellungnahme der Handwerkskammer für Niederbayern und Oberpfalz (vom 09.04.2003). Letztere kam zum Ergebnis, dass die Ausbildung des Klägers zum Metzger im früheren Jugoslawien der Ausbildung zum Metzger in Deutschland zum damaligen Zeitpunkt entsprochen habe. Er sei während seiner Tätigkeit in Deutschland einem in Deutschland ausgebildeten Metzgergesellen gleichzustellen gewesen.

Der Kläger wurde vom Senat darauf hingewiesen, dass er keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit habe, da er im November 1986 zumindest noch als Fleisch- und Wurstwarenverkäufer habe arbeiten können und bei einem späteren Eintritt der Erwerbsminderung der Rentenanspruch an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen scheitere.

Der Senat hat den Beteiligten Gutachten (vom 24.09.1998 und 04.10.2002) zur Kenntnis gegeben, die er in den Berufungen L 6 RJ 626/97 und L 6 RJ 237/01 ZVW von Rechtsanwalt P. , Institut für Ostrecht, M. , zur Frage eingeholt hat, ob eine Möglichkeit bestanden hat bzw. besteht, freiwillige Rentenversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der früheren SFRJ bzw. der heutigen Bundesrepublik Jugoslawien zu entrichten. Weiterhin ist den Beteiligten eine Auskunft des Versicherungsträgers in Novi Sad vom 9.5.2002 zur Kenntnis gegeben worden, wonach während des Bezugs einer jugoslawischen Invalidenrente keine Möglichkeit mehr besteht, sich in der gesetzlichen Rentenversicherung auf irgendeine Weise zu versichern.

Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16.10.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.1999 sowie den Bescheid vom 18.11.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrags vom 25.05.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten - Klageakten des SG Landshut S 10 Ar 5662/88 Ju und S 5 RJ 92/00.A; Berufungsakte des Bayer. Landessozialgerichts L 5 Ar 1091/89; Verwaltungsakten der Beklagten - und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG Landshut vom 16.10.2000 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Die Rechtslage beurteilt sich gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI noch nach den §§ 43, 44 SGB VI in der vom 1.1.1992 bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung - alte Fassung (a.F.) - , da ein Leistungsbeginn vor dem 01.01.2001 im Streit steht; eine Änderung zugunsten des Klägers in dem Sinn, dass ab 01.01.2001 ein Rentenanspruch bestehen könnte, ist durch die zum 01.01.2001 erfolgte Rechtsänderung (insbesondere §§ 43, 240, 241 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) nicht eingetreten.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nur dann Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie u.a. berufsunfähig im Sinn des zweiten Absatzes der Vorschrift sind und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (dieselben Voraussetzungen gelten bei der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.). Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht gegeben.

Drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit lägen im Fall des Klägers nämlich nur dann vor, wenn die Erwerbsminderung spätestens noch im November 1986 eingetreten wäre: Der Zeitraum November 1981 bis März 1985 enthält 36 Pflichtbeiträge (aus dem jugoslawischen Versicherungsverlauf ist ersichtlich, dass der 1.7.1984 nicht als Beitragstag gezählt wird, was von der Beklagten in ihrem Schreiben an das SG vom 15.6.2000 nicht beachtet wird); der Zeitraum November 1981 bis Oktober 1986 umfasst fünf Jahre.

Im November 1986 ist der Kläger jedoch noch nicht berufsunfähig im Sinn des zweiten Absatzes des § 43 SGB VI a.F. gewesen. Hiernach sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit haben beim Kläger im November 1986 noch nicht vorgelegen.

Das nach Satz 1 dieser Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ist damals nämlich kaum eingeschränkt gewesen, da er zumindest mittelschwere Arbeiten noch vollschichtig hat verrichten können, wobei qualitative Einschränkungen nicht zu beachten gewesen sind. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte haben ebenfalls nicht vorgelegen (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10).

Dieses berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich vor allem aus dem zeitnächsten gerichtlichen Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. vom 13.4.1989. Der Senat schließt sich den Aussagen dieses schlüssigen und überzeugenden Gutachtens an. Es wird im übrigen durch das spätere Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. vom 02.08.1991 in seinen wesentlichen Ergebnissen bestätigt, wobei allerdings zuzugestehen ist, dass Dr.K. das berufliche Leistungsvermögen des Klägers etwas ungünstiger beurteilt. Da es aber vorliegend um die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers im November 1986 geht (fünf Jahre vor der Begutachtung durch Dr.K.) und mit einem allmählichen Altersabbau zu rechnen ist, ist dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr.M. im Hinblick auf die Projektion in die Vergangenheit der Vorzug zugeben.

Auch wenn der Kläger seinen in Deutschland ausgeübten Beruf als Metzger mit dem von Dr.M. festgestellten Leistungsvermögen im November 1986 bereits nicht mehr hätte ausüben können, so wäre er dennoch nicht berufsunfähig gewesen. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 1246 RVO Nr. 138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbi1dungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren), des ange1ernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu 2 Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließ1ich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbi1dung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren) zuzuordnen, wie sich aus der überzeugenden berufskundlichen Stellungnahme der Handwerkskammer für Niederbayern und Oberpfalz ergibt.

Als Metzger-Facharbeiter ist der Kläger nach seinem qualitativ uneingeschränkten beruflichen Leistungsvermögen im November 1986 noch ohne weiteres auf den sozial zumutbaren Beruf eines Fleisch- und Wurstwarenverkäufers verweisbar gewesen; hierauf hat der Senat den Kläger hingewiesen. Sogar als Metzger in Gestalt eines Verkaufsmetzgers hätte der Kläger bei seinem guten körperlichen Zustand noch arbeiten können. Damit ist der Kläger im November 1986 noch nicht berufsunfähig gewesen. Erst recht ist er nicht erwerbsunfähig gewesen im Sinn der noch strengeren Vorschrift des § 44 Abs. 2 SGB VI.

Sofern Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach November 1986 eingetreten sein sollte, sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentenleistung nicht mehr erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar.

Zunächst steht fest, dass keine Tatbestände im Sinn der §§ 53, 245 SGB VI vorliegen, durch die die Wartezeit vorzeitig erfüllt wäre, und die eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren vor dem Leistungsfall nach § 43 Abs. 4, 44 Abs. 4 SGB VI a.F. entbehrlich machen würden. Es gibt nämlich insbsondere keinen Hinweis darauf, dass der Kläger einen in der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall erlitten hätte bzw. unter einer in der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Berufskrankheit leiden würde, § 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI (vgl. dazu KassKomm-Niesel § 53 SGB VI Rdnr. 8); die übrigen in § 53 Abs. 1 SGB VI genannten Tatbestände kommen ohnehin offensichtlich nicht in Betracht. Auch kann die Erwerbsunfähigkeit nach November 1986 nicht mehr innerhalb von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eingetreten sein, vgl. § 53 Abs. 2 SGB VI, weil der Kläger seine Berufsausbildung, die einzige Ausbildung, die aus dem gesamten Sachverhalt ersichtlich ist, bereits 1958 abgeschlossen hat.

Wie bereits oben ausgeführt, wäre das Erfordernis der §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 44 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a.F. von drei Jahren Pflichtbeitragszeit in den letzten Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung letztmalig erfüllt, wenn diese im November 1986 eingetreten wäre, was aber nicht der Fall ist. Zeiten nach § 43 Abs. 3, 44 Abs. 3 SGB VI a.F., durch die der Zeitraum von fünf Jahren verlängert wird, so dass im Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung auch noch weiter zurückliegende Pflichtbeitragszeiten in den (verlängerten) Fünf-Jahres-Zeitraum fallen würden, liegen jedenfalls im Zeitraum August bis November 1984 nicht vor, so dass es auf Verlängerungstatbestände außerhalb dieses Zeitraums nicht mehr ankommen kann.

So liegen in diesem Zeitraum keine Rentenbezugszeiten und keine Anrechnungszeiten im Sinn der §§ 58, 252 SGB VI vor, vgl. § 43 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI a.F. Insbesondere ist der Kläger nicht beginnend im Anschluß an seine Berufstätigkeit in Deutschland über den 31.12.1983 hinaus arbeitsunfähig krank gewesen (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 22.04.1992 - 5 RJ 74/91 = SozR 3-2200 § 1259 Nr. 12), wie sich aus seiner kontinuierlichen Arbeitsleistung u.a. von September 1981 bis Juni 1984 ergibt. Ohnehin wäre im Fall des Klägers eine in Deutschland eingetretene Arbeitsunfähigkeit durch Aufnahme der neuen Berufstätigkeit in der früheren SFRJ beendet worden, weil sich der Kläger nach den Gesamtumständen von der in Deutschland zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit erkennbar gelöst hat, indem er auf Dauer in seine Heimat zurückgekehrt ist und dort durch Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit eine Lebensgrundlage geschaffen hat. Eine nach dem 31.12.1983 auftretende neue Erkrankung im Ausland wäre keine Anrechnungszeit, weil der Kläger die dafür zusätzlich erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt hat (vgl. hierzu das o.g. BSG-Urteil vom 22.04.1992 a.a.O. Seite 52). Auch die sonstigen Anrechnungszeiten sind erkennbar nicht gegeben.

Die weiteren in den §§ 43 Abs. 3 SGB VI a.F. aufgeführten Verlängerungstatbestände liegen ganz offensichtlich nicht vor.

Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen der §§ 240 Abs. 2, 241 Abs. 2 SGB VI a.F., weil er wegen der Unterbrechung im Jahr 1984 in der Zeit vom 01.01.1984 bis zum Eintritt des Leistungsfalls nicht mehr jeden Monat mit Anwartschaftserhaltungszeiten - in Betracht kommen nach den vorliegenden Umständen nur freiwillige Beiträge, § 240 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F. - belegen kann.

Eine Zahlung von freiwilligen Beiträgen für 1984 ist nach § 197 Abs. 2 SGB VI nicht mehr möglich, weil hiernach freiwillige Beiträge bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden müssen, d.h. sie wären bis 31.03.1985 zu zahlen gewesen bzw. - nach dem damals geltenden Recht der RVO (§ 1418 Abs. 1 RVO) - sogar schon bis 31.12.1984.

In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI die Zahlung freiwilliger Beiträge auch nach Ablauf der in § 197 Abs. 2 genannten Frist (31. März des Folgejahrs) zuzulassen, wenn der Versicherte an der rechtzeitige Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert gewesen ist. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Kläger an der rechtzeitigen Beitragszahlung schuldlos verhindert gewesen sein könnte. Kannte er die gesetzlichen Vorschriften inhaltlich, hätte er sich, um an der fehlenden Beitragszahlung schuldlos zu sein, an die Beklagte wenden müssen. Wußte er von der Notwendigkeit nichts, freiwillige Beiträge zur Aufrechterhaltung der Rentenanwartschaft zu zahlen, so kann dies nicht zur Schuldlosigkeit führen. Dies folgt aus dem Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen (vgl. dazu BSG-Urteil vom 9.2.1993 - 12 RK 28/92 = SozR 3-1300 § 27 Nr. 3), der seinen Niederschlag in Art. 82 GG gefunden hat, und nach dem für die Bekanntmachung von Gesetzen, die sich an einen unbekannten Kreis von Personen richten, die Verkündung im Bundesgesetzblatt genügt. Der Kläger ist also so zu behandeln, als habe er von den einschlägigen Rechtsvorschriften Kenntnis gehabt. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Kläger von der Beklagten anläßlich des Bescheides vom 05.10.1987 sowohl im Bescheid selbst als auch durch Übersendung des Merkblatts 6 über die Anwartschaftsproblematik aufgeklärt worden ist; dennoch hat sich der Kläger damals nicht zum Zweck der Beratung an die Beklagte gewandt.

Auch ein Beratungsfehler der Beklagten, der zu einer besonderen Härte im Sinn des § 197 Abs. 2 SGB VI oder zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch führen könnte (welche der beiden Möglichkeiten heranzuziehen wäre, kann unentschieden bleiben), kann nicht vorliegen, weil sich der Kläger erstmals mit seinem auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit gerichteten Antrag vom 17.7.1985 an die Beklagte gewandt hat, also zu einem Zeitpunkt, als es für eine Beratung wegen Ablaufs der Beitragszahlungsfrist für 1984 sowohl nach § 197 Abs. 2 SGB VI als auch nach § 1418 Abs. 1 RVO bereits zu spät gewesen ist.

Zwar könnte eine Entrichtung von freiwilligen Beiträgen zu einem vom Abk Jugoslawien SozSich erfaßten ausländischen Rentenversicherungssystem zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 240 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F. ebenfalls ausreichen (vgl. BSG-Urteil vom 11.5.2000 - B 13 RJ 85/98 R = SozR 3-5750 Art. 2 § 6 Nr. 18 mit weiteren Nachweisen), sie ist jedoch im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus den Gutachten, die in den Berufungen L 6 RJ 626/97 und L 6 RJ 237/01 ZVW vom Senat von Rechtsanwalt P. , Institut für Ostrecht, M. , eingeholt worden sind, und aus der Tatsache, dass während des Bezugs einer jugoslawischen Rente nach Auskunft des Versicherungsträgers in Novi Sad vom 9.5.2002 keine Möglichkeit mehr besteht, sich in der gesetzlichen Rentenversicherung auf irgendeine Weise zu versichern.

Auch nach den §§ 43, 240 SGB VI n.F. hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, weil auch dort das Erfordernis der Erfüllung der behandelten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen besteht.

Da der Kläger somit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und auch für eine Rente wegen Erwerbsminderung bei einem Eintritt des Leistungsfalls nach November 1986 nicht mehr erfüllt und auch nicht mehr nachträglich erfüllen kann, war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Landshut vom 16.10.2000 zurückzuweisen.

Daß der Kläger nach dem Recht seines Herkunftslandes Anspruch auf Invalidenrente hat, führt nicht zwingend dazu, dass er auch in der Bundesrepublik Deutschland Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen könnte. Der Anspruch auf eine deutsche Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung ist nämlich unabhängig davon allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hiesigen sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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