L 6 RJ 734/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 905/99 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 734/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Halbwaisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus.

Die Klägerin, die am ...1968 geboren und Staatsangehörige der Republik Bosnien und Herzegowina ist, erhielt aufgrund ihres Antrags vom 22.7.1996 von der Beklagten aus der Versicherung ihres am ...1994 verstorbenen Vaters, des Versicherten I.T ..., vom 1.3.1994 bis 28.2.1995, d.h. bis zum Ablauf des Monats der Vollendung ihres 27. Lebensjahres, aufgrund ihrer Behinderung Halbwaisenrente gemäß § 48 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b SGB VI (Bescheid vom 7.8.1996, Widerspruchsbescheid vom 13.1.1997, Ausführungsbescheid vom 30.1.1997, Widerspruchsbescheid vom 4.8.1997).

Am 30.4.1998 stellte die Klägerin sinngemäß einen Antrag nach § 44 SGB X des Inhalts, ihr unter Abänderung der früheren Entscheidungen Halbwaisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus zu zahlen. Mit Schreiben vom 13.5.1998 lehnte dies die Beklagte unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid vom 4.8.1997 ab.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Landshut (Az.: S 11 RJ 940/98 A) schlossen die Beteiligten am 8.1.1999 einen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, die am 2.7.1998 erhobene Klage als Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.5.1998 zu behandeln und über ihn mit Widerspruchsbescheid zu entscheiden; die Klägerin nahm im Gegenzug die Klage zurück.

In Ausführung des Vergleichs wies die Beklagte den Widerspruch vom 2.7.1998 gegen den Bescheid vom 13.5.1998 mit Widerspruchsbescheid vom 25.1.1999 zurück, da ein Halbwaisenrentenanspruch über das 27. Lebensjahr hinaus nicht bestehen könne.

Mit Schreiben vom 15.2.1999, beim SG am 24.2.1999 eingegangen, und mit Schreiben vom 10.5.1999 erklärte die Klägerin, sie nehme ihre Zustimmung zu dem Vergleich zurück und wende sich gegen die Entscheidung der Beklagten vom 8.1.1999; das SG solle mit Urteil über ihren Halbwaisenrentenanspruch entscheiden.

Das SG führte das Klageverfahren unter einem neuen Aktenzeichen (S 11 905/99 A) fort und wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30.3.2000 ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, es sei festzustellen, daß der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 8.1.1999 erledigt sei. Gleichzeitig könne das SG aber auch über die materielle Rechtsfrage entscheiden, da zugunsten der Klägerin davon auszugehen sei, daß sie auch den Widerspruchsbescheid vom 25.1.1999 überprüft haben wolle. Diese Überprüfung ergebe, daß der begehrte Anspruch auf Halbwaisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus nicht zustehe.

Am 27.2.2001 ging die von ihrer Prozeßbevollmächtigten unterschriebene Berufung der Klägerin gegen diesen ihr am 30.11.2000 im Ausland zugestellten Gerichtsbescheid beim Bayer. Landessozialgericht ein. Sie sei der Ansicht, Anspruch auf Halbwaisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus zu haben.

Die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 30.3.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.5.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.1.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 28.2.1995 hinaus Halbwaisenrente aus der Versicherung des I.T ... zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 30.3.2000 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, da die Klägerin gegen die Beklagte über die Vollendung des 27. Lebensjahres hinaus keinen Anspruch auf Halbwaisenrente hat.

Aus dem gesamten Vorbringen und aus dem objektiven Befund ergibt sich, daß die Klägerin den Vergleich, der von den Parteien am 8.1.1999 in dem Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 11 RJ 940/98.A geschlossen worden ist, nicht anfechten wollte, sondern gegen den Widerspruchsbescheid vom 25.1.1999 vorgehen wollte, um ihr eigentliches Ziel - Halbwaisenrente über die Vollendung des 27. Lebensjahres hinaus - zu erreichen. Die Klägerin hat sich nämlich erst nach Erhalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.1999 gegen den Vergleich gewendet, weil sie ihr materielles Ziel nicht erreicht hatte; sie macht demgemäß vor allem Ausführungen zur materiellen Rechtslage. Tatsächlich will sie offenbar gegen den Inhalt des Widerspruchsbescheides vorgehen, nicht gegen den die materielle Rechtslage nicht regelnden Vergleich. Die Prozeßerklärungen der rechtsunkundigen Klägerin müssen dahingehen ausgelegt werden, daß sie dasjenige erklären will, was dem von ihr erstrebten Ziel am ehesten dienlich ist. Dies ist vorliegend die sinngemäß mit Schreiben vom 15.2.1999 am 24.2.1999 rechtzeitig erhobene Klage gegen den Bescheid vom 13.5.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.1.1999.

Diese Klage hat das SG zutreffend als unbegründet abgewiesen, da in den Fällen der Behinderung keine Möglichkeit besteht, eine (Halb-)Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus zu beziehen. Der klare und völlig eindeutige Wortlaut des § 48 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b SGB VI besagt nämlich, daß der Waisenrentenanspruch längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres besteht, wenn die Waise wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Es gibt in diesen Fällen keine gesetzlichen Verlängerungstatbestände. § 48 Abs. 5 SGB VI verlängert die Bezugsdauer der Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus nur dann und auch nur zeitlich begrenzt, wenn - und dies kommt bei der Klägerin ersichtlich nicht in Betracht - eine Ausbildung durch den gesetzlichen Wehrdienst, Zivildienst oder gleichgestellten Dienst verlängert wird. Wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 25.1.1999 zutreffen ausführt, sieht das deutsche Rentenrecht keine lebenslange Waisenrente vor; dies gilt für deutsche wie für ausländische Waisen.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 30.3.2000 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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