L 3 U 145/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 357/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 145/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 13. März 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Bandscheibenschaden des Klägers als Folge seines Wegeunfalls am 15.01.1997 anzuerkennen und zu entschädigen.

Der am 1951 geborene Kläger besuchte zum Unfallzeitpunkt die Fachschule für Altenpflege. Am 15.01.1997 stürzte er auf dem Weg zur Schule beim Überqueren einer Straße und fiel dabei auf den Rücken bzw. den Hinterkopf. Am 22.02.1997 will er beim Heben eines Patienten im Altenheim W. eine Verschlimmerung der Schmerzen bemerkt haben. Der Beklagten ging am 24.07.1997 ein Hausarztbericht von Dr.S. über eine Behandlung des Klägers am 25.02.1997 zu. Darin heißt es, beim Heben eines Patienten habe der Kläger einen Schmerz in der Halswirbelsäule verspürt, er habe die Arbeit eingestellt und sich in ärztliche Behandlung begeben. Seither bestünden starke Schmerzen im Halswirbelsäulenbereich. Es handele sich nach neurologischer und orthopädischer Abklärung um einen kräftigen medio-lateralen Bandscheibenvorfall in Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers - C 6/C 7 - rechts. Ein Unfall im Sinne des Gesetzes liege nicht vor. Die DAK machte der Beklagten gegenüber am 04.07.1997 einen Ersatzanspruch geltend, weil der Kläger seit 03.03.1997 arbeitsunfähig sei und seit 14.04.1997 Krankengeld beziehe. Nach seinen Angaben habe sich der Unfall am 25.02.1997 beim Heben einer pflegebedürftigen Person im Altenheim ereignet. Mit Schreiben vom 19.11.1998 machte der Kläger seinerseits Ansprüche wegen der Folgen seines Sturzes am 15.01.1997 geltend. Er führte ferner an, am 22.02.1997 hätten sich seine Rückenbeschwerden beim Heben eines hilfsbedürftigen Patienten verstärkt. Zugleich legte er einen Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Regensburg vom 05.05.1998 vor. Darin wurde ihm ein GdB von 30 v.H. wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen und Bandscheibenschäden zugebilligt. Die Beklagte nahm daraufhin Ermittlungen auf. Sie stellte fest, dass der Kläger erstmals am 16.01.1997 von Dr.S. wegen der Folgen des Sturzes am 15.01.1997 behandelt worden war. Dabei hätten sich keine neurologischen Ausfälle, keine Hinweise auf eine Commotio cerebri und keine Paresen gezeigt. In Röntgenaufnahmen, welche der Orthopäde Dr.R. am 12.03.1997 gefertigt hatte, habe sich eine HWS-Steilstellung und eine Osteochondrose bei C 5/C 6 gezeigt. Er habe eine Computertomographie - CT - veranlasst. Im spinalen CT vom 17.03.1997 habe sich eine radikulitische Schwellung der Wurzel C 6 und ein Bandscheibenvorfall in Höhe C6/C7 gezeigt. Dr.R. gab der Beklagten gegenüber die Auskunft, er habe den Kläger erstmals am 11.03.1997 behandelt. Der Kläger habe ihm gegenüber geschildert, die Beschwerden seien vor ca. zwei Wochen nach einem Verhebetrauma aufgetreten. Die letzte Vorstellung bei ihm sei am 29.11.1997 gewesen. Die Beklagte zog die Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung bei. Darin befindet sich ein von Prof.Dr.H. für die Bayernversicherung am 21.07.1998 erstattetes Gutachten. U.a. wird ein degeneratives Halswirbelsäulenleiden mit Bandscheibenvorfall bei C 5/6 und daraus resultierender dezenter Nervenwurzelsymptomatik bei C 6 rechts diagnostiziert. Im Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 19.03.1999 ist zudem eine Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen beidseits als Behinderung festgestellt.

Die Beklagte beauftragte die Neurologin Dr.K. mit der Erstattung eines Gutachtens. Sie führte am 02.02.2000 aus, bei dem Unfall vom 15.01.1997 sei es wahrscheinlich zu einer Prellung des Schädels und der Wirbelsäule gekommen. Diese Verletzungen seien inzwischen folgenlos ausgeheilt. Strukturelle Nervenschäden bestünden nicht. Dass es durch den bloßen Sturz auf Rücken und Hinterkopf zu einem cervikalen Bandscheibenvorfall gekommen wäre, sei nicht vorstellbar. Das "Verhebetrauma" vom 25.02.1997 habe auch nicht zu einer Verschlimmerung vorbestehender Unfallfolgen geführt. Denn Verletzungen seitens des Unfalls vom 15.01.1997 seien zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeheilt gewesen. Der cervikale Bandscheibenvorfall rechts sei unfallunabhängig und verursache derzeit keine Wurzelirritationen. Ab dem Tag des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit, das sei der 18.01.1997, habe die unfallbedingte MdE 10 v.H. betragen, ab 15.02.1997 und weiterhin liege sie unter 10 v.H. In einem orthopädischen Gutachten vom 10.02.2000 legte Dr.H. dar, dass der beschriebene Bandscheibenvorfall im Segment C 6/7 Folge einer Schädelprellung gewesen sein soll, werde durch kein Indiz unterstützt, nicht einmal durch erkennbare Zeichen einer äußeren Gewalteinwirkung im Befundbericht des erstuntersuchenden Arztes. Im Übrigen würde nach ärztlicher Erfahrung bei einer äußeren Gewalteinwirkung zunächst einmal der Wirbelkörper brechen, bevor die Bandscheibe betroffen werde. Ein ursächlicher Zusammenhang sei nicht zu begründen. Im Übrigen lasse der gesamte Verlauf erkennen, dass es sich um ein unfallunabhängiges Leiden handle, zumal bereits 1994 Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen einer Cephalgie dokumentiert seien. Mit Bescheid vom 28.03.2000 lehnte die Beklagte die Entschädigung der beim Kläger aufgetretenen Beschwerden an der Halswirbelsäule sowie die Schwerhörigkeit beidseits mit Tinnitus als Folge des Arbeitsunfalls vom 15.01.1997 ab. Leistungen seien aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zu gewähren. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17.10.2000).

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Regensburg Klage erhoben. Dieses hat ohne weitere Ermittlungen nach Anhörung die auf Entschädigung gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.03.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf die im Verwaltungsverfahren erstellten, im Urkundenbeweis zu verwertenden Gutachten der Dres.K. und H. gestützt. Danach stehe fest, dass weder aus dem Ereignis vom 15.01.1997, noch aus dem späteren "Verhebetrauma" vom 22. oder 25.02.1997 Unfallfolgen resultierten. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 20.03.2001 mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Per Fax vom 20.04.2001, eingegangen bei der gemeinsamen Einlaufstelle der Justizbehörden Schweinfurt, hat der Kläger Berufung eingelegt. Das Fax wurde als Irrläufer behandelt und vom Amtsgericht Schweinfurt am 23.04.2001 an die Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts in Schweinfurt weitergeleitet. Der Kläger hat seine Berufung nicht begründet; im Termin zur mündlichen Verhandlung ist er nicht erschienen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Regensburg vom 13.03.2001 und des Bescheids vom 28.03.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.10.2000 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen seines Unfalls vom 15.01.1997 dem Grunde nach Entschädigungsleistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 13.03.2001 zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist rechtzeitig gem. § 151 Abs. 1 SGG durch das Fax, welches bei der Einlaufstelle der allgemeinen Justizbehörden in Schweinfurt eingegangen war, eingelegt worden. Zwar gilt im Berufungsverfahren § 91 SGG nicht entsprechend (Meyer-Ladewig, SGG, 6.Aufl., § 151 Anm.2 a). Diese Vorschrift lässt es zur Fristwahrung einer Klageerhebung gelten, wenn die Klageschrift innerhalb der Frist statt bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit bei einer anderen inländischen Behörde oder bei einem Versicherungsträger oder bei einer deutschen Konsularbehörde eingegangen ist. Jedoch ist in der Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts nur die postalische Anschrift des Bayerischen Landessozialgerichts in München und der Zweigstelle in Schweinfurt angegeben, nicht aber eine Fax-Nummer. Das Fax vom 20.04.2001 ist an das Bayer. Landessozialgericht in Schweinfurt gerichtet und bei der gemeinsamen Einlaufstelle der Justizbehörden in Schweinfurt eingegangen. Von dort ist es am 23.04.2001 an die Zweigstelle des Bayerischen Landessozialgericht weitergeleitet worden und am selben Tag eingegangen. Die Frist des § 151 SGG ist damit nicht gewahrt. Der Senat hat dem Kläger gem. § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, weil ihm die unrichtige Angabe der Fax-Nummer nicht zur Last gelegt werden kann. Denn für einen Laien ist nicht erkennbar, dass eine als gemeinsame Einlaufstelle bezeichnete Adresse im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zutreffend sein soll. Damit ist die Berufung zulässig (§§ 143, 151 SGG); sie ist aber nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen gemäß der §§ 8, 56 des 7.Sozialgesetzbuchs - SGB VII -, da keine Folgen seines Unfalls zurückgeblieben sind. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist lediglich streitig, ob der Unfall vom 15.01.1997 Folgen hinterlassen hat. Über etwaige Folgen eines Verhebetraumas am 22.02. oder 25.02.1997 hat die Beklagte nicht entschieden. Im angefochtenen Bescheid wird nur das Ereignis vom 15.01.1997 erwähnt. Das Vorbringen des Klägers ist zudem dahin zu verstehen, dass nach seinem Sturz vom 15.01.1997 Gesundheitsstörungen aufgetreten seien, welche sich anläßlich des Hebens eines Patienten am 22./25.02.1997 verschlimmert hätten. Das Sozialgericht hat bereits eingehend dargelegt, dass nach den Gutachten von Dr.K. und Dr.H. , welche es im Urkundenbeweis verwerten konnte, keinerlei Folgen des Sturzes vom 15.01.1997 zurückgeblieben waren. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem im CT vom 17.03.1997 gesicherten Bandscheibenvorfall und dem Sturz ist nicht zu begründen. Es handelt sich vielmehr um den typischen Verlauf degenerativer Veränderungen, welche bereits vor dem angeschuldigten Ereignis behandlungsbedürftig waren, 1994 zu einer Arbeitsunfähigkeit geführt hatten und sich im Januar, Februar 1997 durch verstärkte Beschwerden bemerkbar gemacht haben. Ein Anspruch des Klägers auf Entschädigung ist somit nicht zu begründen. Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt der Senat gem. § 153 Abs.2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 13.03.2001 mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da hierfür keine Gründe nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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