L 3 U 161/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 139/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 161/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin wegen Folgen des Unfalls vom 16.03.1994, insbesondere wegen chronischer Kopfschmerzen, eines chronischen Cervikalsyndroms, wegen Bandscheibenveränderungen der Halswirbelsäule - HWS - sowie wegen eines chronischen Lumbalsyndroms Verletztenrente zu gewähren.

Die am ...1961 geborene Klägerin fuhr am 16.03.1994 zu ihrer Arbeitsstätte. Sie hielt mit ihren PKW an einer roten Ampel an; ein nachfolgender LKW fuhr mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/h auf ihr Fahrzeug auf. Die Klägerin konnte anschließend ihr Fahrzeug verlassen, die notwendigen Formalitäten zur Abwicklung des Unfalls erledigen und zu ihrer Arbeitsstelle fahren. Erst am 18.03.1994 will sie nach ihren eigenen Angaben so starke Nackenschmerzen bemerkt haben, dass sie sich zu ihrem Hausarzt Dr.W ... in Behandlung begab. Dieser verwies sie an den Durchgangsarzt Dr.K ... Dieser kam nach klinischer und röntgenologischen Untersuchung in seinem Bericht vom 23.03.1994 zu der Diagnose einer Schädelprellung und Halswirbelsäulendistorsion. Bei den nachfolgenden Kontrolluntersuchungen vom 29.03.1994, 15.04.1994 und 22.04.1994 gab die Klägerin gegenüber Dr.K ... anhaltende Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule an. Die nachfolgende Behandlung übernahmen Dres. A ... und G ... Sie verordneten Krankengymnastik und führten eine manuelle Deblockierung der Halswirbelsäule bei C6 durch. Trotzdem hielten die Halswirbelsäulenbeschwerden und Kopfschmerzen an, wie den Berichten der Dres.A ... und G ... vom 06.02.1995 und 25.09.1995 zu entnehmen ist. Die Beklagte holte von der zuständigen Krankenkasse eine Auskunft über Vorerkrankungen ein. Daraus ergibt sich eine Behandlung der Klägerin wegen Halswirbelsäulenbeschwerden im Jahre 1991. Die Beklagte beauftragte Dr.Gr ... mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser veranlaßte eine kernspintomographische Untersuchung (Befund der Röntgenpraxis Dr.R ... vom 13.12.1996). Am 16.12.1996 kam er zu der Auffassung, das schmerzfreie Intervall von zwei Tagen zwischen der Verletzung und den ersten Beschwerden spreche gegen eine schwerere Verletzung der Halswirbelsäule. Zudem seien Vorschäden bekannt. Die Röntgenaufnahmen und das MRT habe keine Verletzung aufgezeigt. Insgesamt müsse man davon ausgehen, dass es bei dem Unfall nur zu einer leichten Zerrung der Halswirbelsäule gekommen war, die wegen der degenerativen Vorschäden zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - sei nicht zurückgeblieben. Mit Bescheid vom 16.02.1997 erkannte die Beklagte den Arbeitsunfall an. Sie lehnte jedoch Verletztenrente ab, weil die Folgen des Unfalls die Erwerbsfähigkeit nicht in rentenberechtigendem Grade minderten. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 25.03.1997 zurück.

Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht Regensburg Klage erhoben. Dieses hat nach Beiziehen der einschlägigen Unterlagen auf Antrag der Klägerin (§ 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) Dr.G ... zum Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 11.02.1999 hat dieser einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den anhaltenden Beschwerden bejaht. Die unfallbedingte MdE hat er auf 10 vH geschätzt. Das Sozialgericht hat sich veranlaßt gesehen ein Gutachten von Amts wegen von Dr.W ..., orthopädische Klinik Bad Abbach, einzuholen. Der Sachverständige hat am 20.12.1999 dargelegt, die Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1991 zeigten bereits eine Fehlstatik der Halswirbelsäule. Durch den Unfall sei es zu keiner schweren Verletzung gekommen, sondern nur zu einer Halswirbelsäulendistorsion ohne Dauerschaden. Ab der 13. Woche nach dem Unfall bestehe keine MdE. Mit Urteil vom 25.02.2000 hat das Sozialgericht die auf Entschädigung gerichtete Klage abgewiesen. Es hat sich auf das Gutachten von Dr.W ... gestützt. Den Ausführungen von Dr.G ... vermochte es sich nicht anzuschließen.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie hat verlangt ein neurootologisches Gutachten, möglichst von Prof.Dr.C ... einzuholen. Nur ein solches sei in der Lage die in bildgebenden Verfahren nicht darstellbaren Verletzungen zu belegen. Der Senat ist dieser Anregung nicht gefolgt.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 25.02.2000 sowie unter Abänderung des Bescheids vom 06.02.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.1997 zu verurteilen, chronische Kopfschmerzen, ein chronisches Cervikalsyndrom, teilweise in den Kopf ausstrahlend, Bandscheibenveränderungen der Halswirbelsäule sowie ein chronisches Lumbalsyndrom als Unfallfolgen anzuerkennen und ihr Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25.02.2000 zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gem. § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten (Unfall-Nr. 804/ 1207359/94) sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.

Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil an und kommt zum Ergebnis, dass der Klägerin wegen Folgen ihres Unfalls vom 16.03.1994 keine Verletztenrente gemäß der hier nach §§ 212, 214 Abs. 3 des 7. Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VII - noch anzuwendenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung - RVO - nach §§ 550, 580, 581 RVO zusteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt er auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug.

Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren, bei ihr habe vor dem Unfall kein Schaden an der Halswirbelsäule bestanden und eine neurologische/neurootologische Untersuchung müsse zur Aufdeckung des Unfallschadens veranlaßt werden, kann nicht zu einer anderen Entscheidung führen. Zum einen verkennt die Klägerin, dass der Röntgenbefund aus dem Kreiskrankenhaus Kehlheim vom 27.11.1991, wie vom Sachverständige Dr.W ... dargelegt, eindeutig eine Fehlstellung der Halswirbelsäule im Bereich C4 bis C7 und eine leichte Bandscheibenchondrose im unteren Halswirbelsäulenbereich dokumentiert. Auch die kurze Zeit nach dem Unfall veranlaßten röntgenologischen Untersuchungen belegen einen im wesentlichen unveränderten Befund in dem vorgenannten Bereich der Halswirbelsäule. Damit steht fest, dass bereits 1991 eine über das altersnormale Maß der damals 30-jährigen Klägerin hinausgehende Veränderung an der Halswirbelsäule bestanden haben. Eine über den zu erwartenden Verlauf hinausgehende Beschleunigung der degenerativen Veränderungen ist aus den späteren Röntgenaufnahmen von 1994 bis 1999 nicht zu erkennen. Die Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule geben keinen Hinweis auf segmentale Instabilitäten. Von gewisser Bedeutung sind die Beobachtungen des Sachverständigen, der eine extreme Hypermobilität der Klägerin nicht nur der Wirbelsäule, sondern auch der Extremitätengelenke beschreibt. Damit sind die Beschwerden der Klägerin durch endogene Veränderungen zu erklären. Einer weiteren Aufklärung, durch ein neurootologisches Gutachten bedurfte es bei dieser Sachlage nicht. Hinzukommt, dass gerade das beschwerdefreie Intervall zwischen dem Unfall und den ersten Beschwerden beweist, dass eine wesentliche strukturelle Verletzung an der Halswirbelsäule nicht abgelaufen ist. Denn eine Schädigung wesentlicher Bandstrukturen hätte ohne Zweifel zu einem sofortigen Schmerz, häufig auch verbunden mit einem Instabilitätsgefühl geführt. Die Klägerin wäre dann auch nicht mehr in der Lage gewesen, selbständig das Fahrzeug zu verlassen. Der Senat sieht daher keine Veranlassung zu einer weiteren Beweiserhebung. Aus dem zuletzt von der Klägerin gestellten Antrag wird ersichtlich, dass sie ihre gesamten Beschwerden dem Unfall anlasten will. Es besteht überhaupt kein Anhalt für eine Verletzung im Lendenwirbelsäulenbereich. Ein Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem von ihr geltend gemachten Lumbalsyndrom läßt sich nicht begründen. Hinsichtlich der von ihr weiter angeführten Gesundheitsstörungen, wie dem chronischen Kopfschmerz, dem Cervikalsyndrom und den Bandscheibenveränderungen an der Halswirbelsäule gelten die obigen Ausführungen. Der Klägerin steht demnach kein Anspruch auf Verletztenrente wegen Folgen ihres Unfalls vom 16.03.1994 zu. Ebensowenig kann sie die Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen verlangen. Ihre Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25.02.2000 war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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