L 2 U 180/96

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 280/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 180/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Fleischzerleger, die von einer Unternehmerin eingesetzt werden, die sich ihrerseits durch Werkvertrag verpflichtet hat, für ein fleischverarbeitendes Unternehmen Fleisch zu zerlegen, sind auch dann versicherungspflichtige Arbeitnehmer, wenn das Direktionsrecht der Klägerin nicht regelmäßig in Gestalt ausdrücklicher Weisungen in Erscheinung tritt und sie eigenes Arbeitsgerät benutzen. Entscheidend ist, ob eine Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers erfolgt, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.03.1996 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit Schreiben vom 22.07.1985 teilte die Klägerin unter der Firmenbezeichnung " ... Dienstleistungsbetrieb für Rinderzerlegung" der Beklagten mit, sie habe zum 01.07.1985 einen Fleischzerlegebetrieb eröffnet. Beschäftigt seien 10 Fleischzerleger und 4 Verpacker. Zum 30.06.1985 hatte der Ehemann der Klägerin, ..., seinen Betrieb "Fleischzerlegerarbeiten" aufgegeben. Die Klägerin gab an, sie selbst sei nur im Büro beschäftigt. Mit Aufnahmebescheid vom 11.09.1985 wurde die Klägerin mit Rechtswirkung vom 01.07.1985 in das Unternehmerverzeichnis eingetragen.

Zum 30.06.1987 meldete die Klägerin das Gewerbe "Industrielle Fleischzerlegung" ab, da die Voraussetzungen nach der Handwerkordnung fehlten. Als zukünftiger Betriebsinhaber wurde ... bezeichnet. Zum 01.07.1987 meldete die Klägerin einen neuen Betrieb: "Buchhaltungsarbeiten sowie Fakturierung und Schreibarbeiten" an. In der Anmeldung zur Unfallversicherung vom 12.01.1988 gab sie an, sie übe den Gewerbszweig Buchhaltung und Lohnverteilung für Dienstleistungen Fleischzerlegung aus. Im Gesamtunternehmen seien ihr Ehemann sowie 10 Beschäftigte, teilweise seit 1985, tätig.

Die Klägerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 30.11.1991 mit, der Betrieb " ... Fleischzerlegung" habe ab 01.09.1991 keine Beschäftigten mehr. Alle Unternehmer hätten ein eigenes Gewerbe angemeldet. Der Betrieb habe nur noch kaufmännische Funktion (Verteilung des Verdienstes auf die verschiedenen Gewerbetreibenden etc.) und gehöre somit nicht mehr zur Fleischerei-BG. Der Vorschussbescheid 1991 sei daher zu berichtigen. Auf Anfrage der Beklagten erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 11.02.1992, die Fleischzerlegergruppe arbeite in den Räumen der Firma ... im Auftrag dieser Firma. Sie rechne mit der Firma ... ab und stelle anschließend jedem Fleischzerleger einen Scheck über den auf ihn entfallenen Betrag aus.

Im Prüfbericht vom 30.10.1992 wurde festgestellt, dass im Laufe des Kalenderjahres 1991 alle bisherigen Arbeitnehmer mit Ausnahme des Ehemannes ... ausgeschieden seien. Die angeblichen Subunternehmer würden nicht in einem Werkvertragsverhältnis, sondern in einem Dienstvertragsverhältnis zum Zerlegebetrieb ... tätig. Sie seien in eine Arbeitskolonne eingegliedert, den Weisungen des Zerlegebetriebes unterworfen und hätten keine Dispositionsfreiheit in der Gestaltung der Arbeit und Arbeitszeit. Die Bezahlung erfolge nach dem täglichen Gewicht mal Preis durch Anzahl der Anwesenden. Dies stelle eine leistungsbezogene Entlohnung dar. Die bisherigen Beschäftigten meldeten sämtlich ein Gewerbe an.

Vorgelegt wurde der Werkvertrag zwischen der Firma ... und der Firma ..., Dienstleistungsbetrieb für Rinderzerlegung, vom 10.07.1985. Die Klägerin verpflichtete sich darin, für die Firma ... Auslöse-, Zerschneide- und Sortierarbeiten von Rind- und Kalbfleisch durchzuführen (§ 2). Die Firma ... habe der Klägerin rechtzeitig Art und Umfang des Auftrags sowie die verlangte Schnittführung bekanntzugeben (§ 2 Abs.2). Die von der Klägerin erbrachte Leistung werde vom zuständigen Abteilungsleiter der Firma ... abgenommen, es erfolge eine Kontrolle im Hinblick auf Mängel und Qualität. Die Klägerin hafte auch für Verschnitt. Wenn eine Nachbesserung nicht möglich sei, mindere sich die der Klägerin zustehende Vergütung entsprechend (§ 3). Die Klägerin bediene sich zur Erfüllung des Vertrags ihrer eigenen Arbeitnehmer. Die Firma ... stelle ihr für die Abwicklung der Werkleistung entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung (§ 4). Rechtliche Beziehungen zwischen den Arbeitnehmern der Klägerin und der Firma ... bestünden nicht. Es obliege ausschließlich der Klägerin, Weisungen bezüglich der Arbeitsleistung (Pünktlichkeit, Ordnungsmäßigkeit) zu geben. Die Firma ... oder deren Arbeitnehmer seien nicht berechtigt, den Arbeitnehmern der Klägerin Weisungen zu erteilen (§ 5).

Mit Schreiben vom 25.11.1992 kündigte die Beklagte einen Nachforderungsbescheid an.

Die Klägerin wandte mit Schreiben vom 04.12.1992 ein, alle Unternehmer seien den Weisungen der Firma ... unterworfen. Zwischen ihr und den Unternehmern bestehe ein Vertragsverhältnis insoweit, als sie die Abrechnungen vornehme.

Mit Bescheid vom 19.01.1993 führte die Beklagte aus, die Klägerin sei Unternehmer eines Dienstleistungsbetriebes für Ausbein-, Zerlege- und Schlachtarbeiten. Der einzige werkvertragliche Auftraggeber sei die Firma ... Bei den von der Klägerin so bezeichneten Unternehmern handle es sich in Wirklichkeit um Beschäftigte der Klägerin. Zwischen ihnen und der Firma ... bestünden keine rechtlichen Beziehungen. In der Anlage zu diesem Schreiben wurde eine Beitragsnachberechnung in Höhe von 31.281,20 DM festgestellt.

In Erklärungen vom 28.01.1993 erklärten die bisherigen Beschäftigten, sie seien für die Firma ... als Subunternehmer auf eigene Rechnung tätig, hafteten für Verschnitt und selbst, beschafften sich selbst Kleidung, Werkzeuge und sonstige Gerätschaften, würden Arbeitszeit und Arbeitsumfang dem Grunde nach auf Abruf selbst bestimmen, trügen Unkosten aller Art selbst und stellten der Firma ... für geleistete Arbeit eine monatliche Rechnung. Steuern und Abgaben würden durch sie selbst entrichtet.

Mit Widerspruch vom 05.02.1993 erklärte die Klägerin nochmals, in ihrem Betrieb sei lediglich ... beschäftigt. Die sonstige Arbeit werde durch Subunternehmer erledigt.

Bei einer Besprechung zwischen der Beklagten und dem Geschäftsstellenleiter der Firma ... vom 12.03.1993 wurde festgestellt, die Tätigkeit könne nur innerhalb der Zeiten, an denen die Firma ... geöffnet habe, ausgeübt werden. Die Auswahl der Mitarbeiter erfolge durch die Firma ... Weisungsbefugnisse durch die Firma ... seien nicht gegeben. Die Vergütung richte sich nach Gewicht, wobei die Gruppenleistung vergütet werde.

Vorgelegt wurde der modifizierte Werkvertrag, in dem jeweils nach dem Wort Arbeitnehmer eingefügt ist "bzw. anderer Unternehmer oder Subunternehmer".

Zum 30.04.1993 meldete die Klägerin ihr Gewerbe ab. Ihr Ehemann meldete zum 01.05.1993 als Gewerbe eine Fleischerei an.

Am 04.11.1993 teilte die Firma ... mit, die Gruppe ... sei unter der Leitung von ... wie bisher tätig. In der Abrechnungsweise habe sich nichts geändert. Die Rechnung laute nach wie vor auf ...

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.1994 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19.01.1993 zurück. Gegenstand der Überprüfung des angefochtenen Nachforderungsbescheides sei der Ansatz der Bruttoarbeitsentgelte der Arbeitnehmer. Zwar seien im Laufe des Kalenderjahres 1991 alle bisherigen Arbeitnehmer ausgeschieden und hätten eine selbstständige Gewerbstätigkeit angemeldet. Für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses seien aber nicht die rechtlichen sondern die tatsächlichen Beziehungen zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber maßgebend. An den tatsächlichen Verhältnissen hätten sich keine Änderungen ergeben. Es seien lediglich formalrechtliche Voraussetzungen geschaffen worden, um die bisherigen Arbeitnehmer zu Subunternehmern zu machen. Die vorgelegten Erklärungen der einzelnen Beschäftigten seien offenkundig einheitlich erstellt worden und zielten auf die Anerkennung einer selbstständigen Tätigkeit ab. Gerade die Durchführung eines Gruppenakkordes am Band spreche für eine weisungsgebundene Tätigkeit, die eine persönliche Abhängigkeit begründe. Hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort des Arbeitseinsatzes seien die einzelnen Mitarbeiter an die werkvertraglichen Vorgaben der Widerspruchsführerin gebunden gewesen. Die monatliche Vergütung sei keine Bezahlung von selbständigen Subunternehmern, sondern eine Entlohnung nach Gruppenakkord, so dass diese Beträge als beitragspflichtiges Entgelt dem Nachforderungsbescheid hätten zu Grunde gelegt werden müssen.

Mit der Klage vom 12.09.1994 hat die Klägerin eingewandt, sie sei nicht Unternehmerin im Sinne der RVO, da sie keine Arbeitnehmer beschäftige. Die Fleischzerleger führten eine selbstständige Tätigkeit aus. Sie seien allenfalls untereinander verpflichtet, die von der Firma ... vorgegebene Arbeitszeit einzuhalten. Zwar gebe es einen bestimmten Arbeitsablauf, jedoch sei jeder Fleischzerleger in der Lage, jede anfallende Verrichtung auszuführen. Im Übrigen fehle es an der Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Die Fleischzerleger würden ausschließlich in den Räumlichkeiten der Firma ... tätig und beschafften sich die zur Arbeit notwendigen Kleidungsstücke und Werkzeuge selbst. Mit der Klägerin stünden sie nur insofern in Verbindung, als die Klägerin bei der Firma ... für die gesamte Arbeitsgruppe abrechne.

Das SG hat den Ehemann der Klägerin, ..., am 02.06.1995 vernommen. Er hat angegeben, die Arbeitspositionen seien so verteilt, dass jeder immer die gleiche Tätigkeit verrichte. Wenn die Firma ... mit der Arbeitsausführung nicht zufrieden sei, könne es sein, dass sie für die betreffende Woche etwas abziehe. Regelmäßige Arbeitszeiten gebe es nicht. Tatsächlich werde am Montag gelegentlich nicht gearbeitet. Sonst sei der Beginn regelmäßig morgens um 04.00 Uhr.

Die Klägerin hat in diesem Termin erklärt, dass sie 1991 monatlich pro Person 30,00 DM Unkostenpauschale für ihre Tätigkeit berechnet habe.

Im Termin vom 29.03.1996 hat das SG die Mitglieder der Zerlegegruppe ..., ..., ..., ... und ... als Zeugen vernommen. Sie haben angegeben, auch nach der Gewerbeanmeldung zum 01.09.1991 die gleiche Arbeit wie vorher geleistet zu haben. Allerdings hätten sie als Arbeitnehmer Werkzeuggeld und einen Fahrtkostenzuschuss erhalten. Herr ... habe für den reibungslosen Ablauf gesorgt. Er habe die Rechnungen erstellt und die Verteilung entsprechend der Anwesenheit vorgenommen. Bezüglich des Urlaubs habe man sich gemeinsam abgesprochen und bei Herrn ... abgemeldet. Herr ... sei auch für die Arbeitseinteilung zuständig gewesen.

Mit Urteil vom 29.03.1996 hat das SG die Klage abgewiesen. Gegenstand des Rechtsstreits sei, ob die Beklagte zu Recht nachträglich den Beitragsbescheid für das Jahr 1991 gemäß § 749 Nr.3 RVO habe ändern dürfen. Eine Eingriffsbefugnis sei gegeben, denn der Lohnnachweis habe sich als unrichtig erwiesen. Ausschlaggebend sei, wer als Versicherter im Sinne des § 725 Abs.1 RVO gegolten habe und ob die Klägerin alle Entgelte dieser Personen aufgeführt habe. § 539 Abs.1 Nr.1 RVO bestimme als Versicherte in der gesetzlichen Unfallversicherung diejenigen, die auf Grund eines Arbeits-, Dienst oder Lehrverhältnisses beschäftigt sind. Maßgeblich sei danach der Status des Beschäftigten, der in § 7 Abs.1 SGB IV definiert sei. Beschäftigung sei die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Zerleger seien dem Geschäftsführer der Klägerin, dem Zeugen ..., weisungsunterworfen gewesen. Die Prüfung des Arbeitserfolgs durch den Abteilungsleiter der Firma ... widerspreche nicht einer Eingliederung und Abhängigkeit gegenüber der Klägerin, denn diese habe einen Werkvertrag mit der Firma ... geschlossen. Freie Disposition der Gruppenmitglieder hinsichtlich Arbeitszeit habe nicht bestanden. Es sei regelmäßige Anwesenheit erwartet worden. Die Gruppenmitglieder hätten nur die Freiheit gehabt, die Arbeit ganz aufzugeben. Die Eingliederung in den Betrieb habe sich als bedingungslose Angewiesenheit auf die Sachmittel des Arbeitgebers geäußert. Dass die Zerleger Werkzeuge selbst gestellt hätten, sei im Handwerk durchaus üblich. Die Klägerin habe dagegen das Unternehmerrisiko getragen, eine eigene Organisation gehabt, Mitarbeiter beschäftigt und sei am Markt aufgetreten. Maßgebend sei die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse.

Die Klägerin wendet mit der Berufung vom 28.05.1996 ein, die Fleischzerleger seien nicht in ihren Betrieb eingegliedert gewesen. Sie habe lediglich ein Dienstleistungsunternehmen betrieben, das mit der Tätigkeit der Fleischzerlegung keine Verbindung habe. Ihr Ehemann habe keine Vorgesetzten- oder gar Arbeitgeberfunktion gehabt. Man habe sich nur des erfahrensten und ältesten Mitarbeiters bedient, um die Zerlegergruppe zu organisieren. Jeder der Fleischzerleger sei selbst in der Lage gewesen, seine Arbeit zu bestimmen und sämtliche Arbeitsabläufe zu erledigen. Dies zeige, dass tatsächlich keine Weisungsgebundenheit vorgelegen habe. Wegen des Werkvertrages mit der Firma ... sei die Klägerin auf die Arbeitserbringung der Fleischzerleger angewiesen gewesen. Die Zerleger hätten lediglich Vermittlungstätigkeiten der Klägerin in Anspruch genommen, seien im Übrigen für sich selbst verantwortlich gewesen.

Die Beklagte macht dagegen geltend, die Klägerin verkenne, dass sie werkvertragliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit den ihr übertragenen Zerlege- und Verpackungsarbeiten gehabt habe, nicht die für sie tätigen Fleischzerleger. Herr ... sei für die Organisation und Arbeitseinteilung der Zerlegegruppe verantwortlich gewesen. Zwar handele es sich bei den Zerlegern um Fachkräfte, doch hätten sie sich den Weisungen der Klägerin unterworfen. Bei Störungen habe die Klägerin gehaftet. Sie habe die Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer werkvertraglichen Obliegenheiten eingesetzt.

Die Klägerin stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 23.05.1996.

Die Beklagte stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 08.07.1996.

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Die Entscheidung richtet sich nach den Vorschriften der RVO, da streitig die Beiträge für das Haushaltsjahr 1991 sind (§ 219 Abs.1 Satz 2 SGB VII).

Zu Recht hat die Beklagte die Entgelte für die Mitglieder der Zerlegergruppe der Beitragsberechnung zu Grunde gelegt, da die Zerleger als abhängig Beschäftigte der Klägerin tätig waren.

Der von der Klägerin vorlegte Lohnnachweis war insofern unrichtig, als die Angaben der Beschäftigten und ihrer Entgelte fehlten. Die Mitglieder der Zerlegergruppe waren Beschäftigte im Sinne des § 7 SGB IV. Beschäftigung ist nach dieser Vorschrift die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Ob dies der Fall ist, richtet sich nach dem durch die Besonderheiten des Einzelfalles gekennzeichneten Gesamtbild der Tätigkeit und der Stellung des Betroffenen. Maßgeblich ist die Art der tatsächlich geleisteten Arbeit (Lauterbach, Unfallversicherung § 539 Anmerkung 9).

Die Klägerin ist als Unternehmerin gemäß § 658 RVO Mitglied der Beklagten. Eine Beschäftigung von Versicherten ist für die Unternehmereigenschaft und Mitgliedschaft nicht erforderlich, wohl aber für die Beitragspflicht (vgl. Ricke, Kasseler Kommentar, § 658 RVO Randnr.2). Gemäß § 741 Abs.1 RVO haben die Unternehmer der Berufsgenossenschaft einen Nachweis für die Berechnung der Umlage (Lohnnachweis) einzureichen und die Zahl der Arbeitsstunden anzugeben. Die Höhe der Beiträge richtet sich gemäß § 725 Abs.1 RVO nach dem Entgelt der Versicherten und nach dem Grade der Unfallgefahr. Nach Zustellung des Beitragsbescheides darf die Berufsgenossenschaft den Beitrag zu Ungunsten des Beitragsschuldners nur noch dann anders feststellen, wenn der Lohnnachweis sich als unrichtig ergibt (§ 749 Nr.3 RVO). Ob der Unfallversicherungsträger die Unrichtigkeit rechtzeitig hätte erkennen können, ist unbeachtlich, ebenso, ob er sie selbst verursacht hat (Kasseler Kommentar a.a.O., § 749 Randnr.3).

Bei Gesamtwürdigung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, wie sie sich aus den Akten ergeben, ist der Senat der Überzeugung, dass die Zerleger 1991 in einem Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden haben.

Versicherungspflichtiger Arbeitnehmer ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Auch wenn das Weisungsrecht vor allen bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt sein kann, darf es nicht vollständig entfallen. Dem gegenüber wird die selbstständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko und durch das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen (BSG vom 08.12.1994 SozR 3-4100 § 168 AFG Nr.18 m.w.N.). In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht, die allerdings zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend davon abweichen (BSG a.a.O. S.45).

Die Einzelfallentscheidung nach den jeweils bestehenden tatsächlichen Verhältnissen, die im Rahmen der Anwendung des § 7 SGB IV erforderlich ist, ist verfassungsrechtlich unbedenklich, da gewisse Unsicherheiten und auch eine dem jeweiligen Rechtsgebiet spezifische unterschiedliche Auslegung bestimmter Vorschriften durch die Gerichte jeder Auslegung von Rechtsvorschriften immanent ist (vgl. BVerfG Beschluss vom 20.05.1996 SozR 3-2400 § 7 SGB IV Randnr.11).

Die Zerleger haben ihre Tätigkeit zwar nicht in einer Betriebsstätte der Klägerin verrichtet, sondern in den Räumen der Firma ... Trotzdem waren sie in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Gemäß § 658 Abs.2 Nr.1 RVO ist Unternehmer derjenige, für dessen Rechnung das Unternehmen (Betrieb, Einrichtung oder Tätigkeit) geht. Ein Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung setzt eine planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten voraus, die auf ein einheitliches Ziel gerichtet sind und mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt werden. Dabei brauchen nicht alle Merkmale des Unternehmerbegriffes bei einer unternehmerähnlichen Tätigkeit vorzuliegen. Entscheidend ist vielmehr, ob nach dem Gesamtbild der Tätigkeit diese wie ein Beschäftigter oder wie ein Unternehmer ausgeübt wurde (vgl. BSG Urteil vom 17.03.1992, Breithaupt 1992, 895). Das Fehlen der eigenen Betriebsstätte bedeutet also nicht, dass die Klägerin nicht Unternehmerin wäre, in deren Betrieb, d.h. in die organisatorische Einheit, innerhalb der ein Unternehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die Zerleger als Beschäftigte eingegliedert waren.

Die Klägerin stand in einer regelmäßigen Geschäftsbeziehung zu der Firma ... , mit der sie einen Werkvertrag bezüglich des Zerlegens des von der Firma ... gelieferten Fleisches geschlossen hatte. Das Zerlegen führte die Klägerin auf Grund des Werkvertrages als eigenes Geschäft für eigene Rechnung aus. Sie setzte zu diesem Zweck die Zerleger ein. Sie war nicht Eigentümerin der für die Erbringung der Arbeiten erforderlichen Betriebsmittel; dies hindert nicht den von ihr verfolgten Zweck des Zerlegens von Schlachtvieh (vgl. hierzu BSG vom 04.06.1998 SozR 3-2400 § 7 SGB IV Nr.13). Dass die Zerleger eigenes Arbeitsgerät benutzten, macht sie nicht zu Unternehmern, denn dies ist auch bei beschäftigten, handwerklich Arbeitenden, z.B. im Baugewerbe, üblich (vgl. BSG vom 31.01.1973 USK 7311).

Die Zerleger waren in den Betrieb der Klägerin funktionell eingegliedert und ihren Weisungen unterworfen. Der aus den Aussagen der Klägerin und der Zerleger dargestellte Umfang der Weisungsbefugnis genügt für die Annahme der Beschäftigteneigenschaft. Die Zerleger konnten nicht im Wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten oder ihre Arbeitszeit bestimmen, sondern unterlagen einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht. Ihre Arbeit erhielt ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wurde. Zwar trat das Direktionsrecht der Klägerin nicht regelmäßig in Gestalt ausdrücklicher Weisungen in Erscheinung, denn die Zerleger wussten, welche Tätigkeit von ihnen erwartet wurde. Es bedurfte daher keiner Weisungen der Klägerin oder ihres Ehemannes, um den Zerlegern zu sagen, was sie im einzelnen zu tun hatten. Hier, wie auch bei den sogenannten Diensten höherer Art, war deshalb das Weisungsrecht eingeschränkt und zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert (Schulin, Unfallversicherungsrecht, § 14 Rdnr.17; vgl. BSG vom 29.03.1962 = BSGE 16, 289).

Bezüglich der Arbeitszeit waren die Zerleger an die durch den Betriebsablauf vorgegebenen Zeiten gebunden und nicht frei in ihrer Zeiteinteilung (vgl. BayLSG vom 22.10.1992 L 4 KR 78/88). Gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit der Zerleger spricht auch die Direktionsbefugnis des Herrn ..., der von den Zerlegern, wie sie selbst bekundet haben, als "Vorarbeiter" oder "Kapo" angesehen wurde und ihr Ansprechpartner für organisatorische Fragen war. So wurde auch die Urlaubsregelung mit ihm besprochen.

Weiter fehlt für die Zerleger das Unternehmerrisiko, wobei maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird und der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel ungewiss ist. Die Belastung mit Risiken in Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft spricht nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr eine größere Freiheit bei der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht. Dass die Zerleger in der Regel anteilig nach dem Gewicht des von der Kolonne bearbeiteten Fleisches und nach dem Kilopreis vergütet wurden, zeigt, dass sie für die von ihnen geleistete Arbeit entlohnt wurden. Die Klägerin hat als Arbeitgeberin die Weisungen der Firma ... an die Zerleger weiter gegeben, wobei aber nach dem mit der Firma ... geschlossenen Werkvertrag sie selbst bei Schlechterfüllung haftete, nicht die Zerleger. Selbst wenn eine Haftung für eine fehlerhafte Arbeitsausübung vereinbart gewesen wäre oder wenn die Klägerin ihre Haftung auf die Zerleger abgewälzt hätte, würde sich allein hieraus kein Unternehmerrisiko der Zerleger ergeben. Eine Haftung für schuldhaftes Verhalten trifft auch Arbeitnehmer. Insgesamt ergibt sich kein Anhalt für einen den Zerlegern eingeräumten unternehmerischen Gestaltungsspielraum (BSG vom 04.06.1998 SozR 3-2400 § 7 SGB IV Nr.13).

Insgesamt spricht also mehr für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als für die Annahme der Unternehmereigenschaft der Zerleger. Da sowohl die Klägerin als auch die Zerleger deren Tätigkeit als selbstständige Arbeit darstellen wollten, sind die auf dieses Ziel gerichteten Maßnahmen wie Gewerbeanmeldung, Abführung der Mehrwertsteuer, Zahlung der Einkommenssteuer, fehlender Urlaubsanspruch, fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall unbeachtlich, da es sich hierbei um formelle Voraussetzungen handelt, denen die tatsächlichen Verhältnisse gegenüberstehen.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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