L 11 KA 57/98

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 Ka 250/96
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 57/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28. Januar 1998 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise für die Quartale II/1993 und III/1993 sowie III/1994 bis I/1995.

Der Kläger ist als HNO-Arzt in M. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seine Fallzahlen lagen in allen streitigen Quartalen deutlich über den Durchschnitt. Die Honorarforderungen des Klägers überschritten die der Vergleichsgruppe im Quartal II/1993 um 85,5 %. Es ergaben sich bei den Sonderleistungen Überschreitungen von 106 % und bei den Röntgenleistungen Überschreitungen von 1139,86 %. Mit Bescheid vom 08.11.1993 nahm der Prüfungsausschuß im Bereich der Sonderleistungen bei den Primärkassen eine Kürzung in Höhe von 27,2 % vor, bei den Ersatzkassen in Höhe von 32 %. Bei den Röntgenleistungen erfolgte bei den Primärkassen eine Kürzung von 55,4 %, bei den Ersatzkassen von 64,4 %.

Der Kläger legte Widerspruch ein und trug vor, bei 25 % seiner Patienten handele es sich um allergologische Problempatienten. Als einziger HNO-Arzt im Großraum M. verfüge er über die Zusatzbezeichnung "Allergologie". Dadurch erhöhe sich die Notwendigkeit der Abrechnung der Ziffern 353, 359, 350, 1400, 1409, 5011, 1597, 1445 und 1410. Er habe weiterhin die Zusatzbezeichnung "Stimm- und Sprachstörungen". Dementsprechend habe er im Quartal II/1993 insgesamt 230 Patienten mit Sprachstörungen sowie 174 Patienten mit Stimmstörungen behandelt. Daraus ergäben sich die erhöhten Abrechnungen der Ziffern 1500, 401, 1530, 1533, 1531 und 1534. Außerdem habe er 303 Patienten mit akutem Hörsturz/Tinnitus bzw. akutem Vertigo behandelt. Ihre ambulante Behandlung habe jeweils einen stationären Aufenthalt eingespart. Durch eine regelmäßige Diagnostik vor, während und nach oraler bzw. Infusionstherapie sei es zu Überschreitungen bei den Ziffern 1591, 1592, 1597, 805, 5012, 1586 und 272 gekommen. Er habe im Quartal II/1993 insgesamt 39 Kinder in Narkose adenotomiert. Dadurch habe auf einen jeweils dreitägigen stationären Aufenthalt verzichtet werden können. Bei jedem Kind, das mit der Frage einer Operation der Rachenmandeln vorgestellt werde, müsse zuvor eine umfangreiche Diagnostik zum Ausschluß einer Innenohrschwerhörigkeit bzw. zur Dokumentation der Hörschwelle durchgeführt werden. Aufgrund seines großen diagnostischen Potentials weise er 80 % weniger Patienten als seine Kollegen in ein Krankenhaus ein.

Im Quartal III/1993 ergab sich eine Überschreitung des Falldurchschnitts der Vergleichsgruppe um 42 %. In seinem Bescheid vom 21.02.1994 berücksichtigte der Prüfungsausschuß als objektive Praxisbesonderheiten zunächst den unterdurchschnittlichen Anteil an Notdienst- und Vertretungsfällen sowie den erhöhten Anteil an ambulanten Operationen. Nach Berücksichtigung des Einflusses dieser Praxisbesonderheiten ergab sich bei den Sonderleistungen eine Überschreitung von 47 % und bei den Röntgenleistungen von 165 %. Der Prüfungsausschuß kürzte die Sonderleistungen um 4,77 % und die Röntgenleistungen um 46, 66 %. In seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid machte der Kläger geltend, es ergäben sich Besonderheiten daraus, daß allergologische Problempatienten einen großen Teil seines Klientels, nämlich mittlerweile über 30 % ausmachen würden. Er müsse hinsichtlich der allergologischen Testverfahren in erster Linie mit Kollegen verglichen werden, die ebenfalls über eine entsprechende Zusatzbezeichnung verfügten. 15 % seiner Patienten seien wegen Stimm- oder Sprachstörungen zu behandeln. Auch insofern könne ein Vergleich nur mit Kollegen mit gleicher Zusatzbezeichnung angestellt werden. Im Quartal III/1993 hätten sich 347 Patienten mit akutem Hörsturz/Tinnitus bzw. akuten Vertigo vorgestellt. Nahezu alle Patienten seien ausschließlich von ihm ambulant behandelt und nicht in die nahegelegene Klinik eingewiesen worden. Die von ihm ambulant durchgeführten Adenotomien hätten zu Einsparungen geführt.

Im Quartal III/1994 überstieg die gesamte Honoraranforderung des Klägers den Fachgruppendurchschnitt um 44 %. Bei den Sonderleistungen ergab sich eine Überschreitung von 60 %, bei den Röntgenleistungen um 105 %. Der Prüfungsausschuß nahm im Bescheid vom 31.01.1995 eine Kürzung der Sonderleistungen um 12,5 % und eine Kürzung der Röntgenleistung um 30 % vor. Der Kläger begründete seinen hiergegen eingelegten Widerspruch damit, daß keine geeignete Vergleichsgruppe gebildet worden sei. Eine eindeutige Einordnung seiner Praxis mit den Zusatzbezeichnungen "Allergologie, Stimm- und Sprachstörungen" sowie mit dem Schwerpunkt des ambulanten Operierens sei nicht möglich. Jede Eingruppierung bringe zwangsläufig eine Benachteiligung der weiteren Praxisbesonderheiten mit sich. Der Kläger verwies erneut darauf, daß sein Patientengut mittlerweile zu 35 % aus allergologischen Problempatienten bestehe und daß 20 bis 25 % der Patienten ihn wegen Stimm- oder Sprachstörungen aufsuchten. Er erfahre außerdem einen erhebliche Zuwachs an Überweisungen kinderärztlicher Patienten, die mit dem Verdacht einer frühkindlichen Sprachstörung vorgestellt würden. Schließlich habe er zu 15 % Tinnitus- und Hörsturzpatienten. Bei diesen Patienten könne durch die Durchführung einer Hörschwellenbestimmung und die Anfertigung einer Röntgenaufnahme nach Schüller und Stenvers unter Umständen eine kostspielige Kernspintomographie vermieden werden.

Im Quartal IV/1994 ergab sich eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 42 %. Bei den Sonderleistungen betrug die Überschreitung 57 % und bei den Röntgenleistungen 83 %. Der Prüfungsausschuß kürzte mit Bescheid vom 03. Mai 1995 die Sonderleistungen um 10,5 % und die Röntgenleistungen um 23,5 %. Auch hier legte der Kläger mit der schon zum Quartal III/1994 vorgetragenen Begründung Widerspruch ein.

Für das Quartal I/1995 ergab sich eine Honorarmehranforderung von 63 %. Bei den Sonderleistungen wurde der Fachgruppendurchschnitt um 81 % überschritten, bei den physikalisch-medizinischen Leistungen um 107 % und bei den Röntgenleistungen um 80 %. Als objektive Praxisbesonderheit wurde bei den Sonderleistungen das ambulante Operieren berücksichtigt. Dementsprechend ergab sich eine reduzierte Überschreitung bei den Sonderleistungen um 78 %. Der Prüfungsausschuß kürzte mit Bescheid vom 18.07.1995 die Sonderleistungen um 21 %, die physikalisch-medizinischen Leistungen um 32 % und die Röntgenleistungen um 22 %. Auch hiergegen legte der Kläger aus den bereits genannten Gründen Widerspruch ein.

Der Prüfungsausschuß half den Widersprüchen nicht ab. Im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuß trug der Kläger ergänzend vor, das Leistungsbild seiner Praxis weiche von einer üblichen HNO-Praxis derart ab, daß eine Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben sei. Der Anteil der allergologischen Problempatienten betrage über 35 %. Zwischen 15 und 20 % aller Patienten hätten Stimm- und Sprachstörungen. Er habe in erheblichem Umfang Überweisungen kinderärztlicher Patienten, die mit dem Verdacht einer Hörminderung vorgestellt würden. Seine radiologische Zusatzausbildung versetze ihn in die Lage, sämtliche HNO-spezifischen Bilder in der eigenen Praxis zu erstellen. Damit werde eine Überweisung zum Radiologen überflüssig. Durch die Infusionsbehandlungen bei Hörsturz-Patienten würden stationäre Aufenthalte vermieden. Er erbringe im Vergleich zu seinen Fachkollegen sehr spezielle Leistungen. Das zeige sich auch daran, daß von den im Quartal II/1994 abgerechneten 2.096 Fällen 1484 Überweisungen waren. Wenn man die Praxisbesonderheiten herausrechne, ergebe sich eine Unterschreitung des Vergleichsgruppendurchschnitts von 60,4 Punkten.

Mit Bescheid vom 24.05.1996 reduzierte der Beschwerdeausschuß die Kürzung der Sonderleistungen im Quartal II/1993 auf insgesamt 21 %, die Kürzung der Sonderleistungen im Quartal III/1993 auf 3 % und die der Röntgenleistungen auf 42 %. Für das Quartal III/1994 reduzierte der Ausschuß die Kürzung der Sonderleistungen auf 4 % und die der Röntgenleistungen auf 27 %. Für das Quartal IV/1994 wurde die Kürzung der Sonderleistung aufgehoben und die Kürzung der Röntgenleistungen auf 17 % reduziert. Für das Quartal I/1995 wurde die Kürzung der Sonderleistungen auf 16 %, der physikalischen-medizinischen Leistungen auf 28 %, der Röntgenleistungen auf 17 % korrigiert. Im übrigen wurden die Widersprüche des Klägers zurückgewiesen. Als Praxisbesonderheiten seien von Amts wegen die abweichenden Anteile von Notdienst/Vertreterfällen in den Quartalen II/1993, III/1993, II/1994, IV/1994 und die ambulanten Operationen in den Quartalen II/1993 bis IV/1993 und II/1994 bis I/1995 zu berücksichtigen. Allergologische Behandlungen und die Behandlungen von Stimm- und Sprachstörungen sowie von Hörstürzen würden in der Praxis aller HNO-Ärzte durchgeführt. Seit dem Quartal III/1993 erfolge ein anwenderbezogener Vergleich, sodaß das jeweilige Leistungsspektrum keine Rolle mehr spiele. Durch die verbleibenden Kürzungen sei der Kläger nicht beschwert, da nach Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten und nach den Kürzungen Überschreitungen in Bereich des offensichtlichen Mißverhältnisses verblieben.

Am 22.07.1996 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung im wesentlichen erneut auf die bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Besonderheiten verwiesen. Er stellte insbesondere heraus, daß er einen überdurchschnittlichen Anteil an Überweisungen habe. Die Überschreitung im Bereich der physikalisch-medizinischen Leistungen erkläre sich durch die Polarisierung der Stimmproblempatienten.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 24.05.1996 zu verurteilen, über die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 08.11.1993, 21.02.1994, 31.01.1995, 03.05.1995 und 18.07.1995 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 28.01.1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Eingruppierung in eine andere Vergleichsgruppe. Ein Vertragsarzt müsse sich grundsätzlich mit seiner eigenen Fachgruppe vergleichen lassen, wobei sich die Gebietszugehörigkeit nach dem ärztlichen Berufsrecht bestimme. Ab dem Quartal III/1993 sei das Leistungsspektrum des Klägers und seine apparative Ausstattung bereits bei der Eingruppierung in eine besondere Untergruppe berücksichtigt worden. Der Kläger habe sich nicht soweit von der Typik einer HNO-ärztliche Praxis entfernt, daß der mit der Zulassung verbundene Versorgungsauftrag nicht mehr wahrgenommen werde. Über den im angefochtenen Bescheid dargelegten Umfang hinaus bestünden keine berücksichtigungsfähigen Praxisbesonderheiten oder kompensatorische Einsparungen. Soweit der Kläger geltend mache, überdurchschnittlich viele Überweisungen zu haben, sei nicht erkennbar, inwieweit dieser Umstand für die Überschreitungen in den geprüften Sparten ursächlich bzw. verantwortlich sei. Auch die Angaben zur Patientenstruktur ließen nicht erkennen, inwieweit hinsichtlich der Morbiditätsstruktur der Patienten Abweichungen gegenüber der Fachgruppe bestünden, die in einem bestimmten Umfang ebenfalls Patienten mit derartigen Erkrankungen behandele. Die geltend gemachten Einsparungen bei den Krankenhauseinweisungen seien nicht quantifiziert worden.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Es seien bei der Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis Leistungen berücksichtigt worden, die als Praxisbesonderheit aus der Leistungsanforderung hätten herausgerechnet werden müssen. Als Inhaber der Zusatzbezeichnungen "Allergologie, Stimm- und Sprachstörungen" sowie "Teilradiologie" seien ihm mittlerweile Zusatzbudgets zuerkannt worden. Die Überschreitungen in den einzelnen Sparten ergäben sich zwangsläufig aus den Zusatzqualifikationen, die dazu führten, daß er auch von einem entsprechenden Patientenklientel aufgesucht werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.01.1998 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch des Vortrags der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Deren wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten nicht beschwert i.S. des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil dieser nicht rechtswidrig ist.

Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten geprüft. Die Prüfung erfolgt danach durch Gegenüberstellung der durchschnittlichen Fallkosten des geprüften Arztes einerseits und der Gruppe vergleichbarer Ärzte andererseits. Die Behandlungsweise ist dann als unwirtschaftlich anzusehen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegt, daß sich die Mehraufwendungen nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise geschlossen werden kann (BSG, SozR 3-2500 § 106 Nrn. 23, 25, 26). Wann die Überschreitung diesen als offensichtliches Mißverhältnis bezeichneten Überschreitungsgrad erreicht, richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Prüfgegenstandes und den konkreten Umständen des Einzelfalls. Den Prüfgremien kommt, weil die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit von der Beurteilung zahlreicher, nicht exakt quantifizierbarer Einzelfaktoren abhängt und letztlich eine wertende Betrachtung erfordert, ein Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 25; BSG, Urteil vom 15.01.1995 - 6 RKa 58/94 -). Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich auf die ordnungsgemäße Durchführung des Verwaltungsverfahrens, die richtige und vollständige Ermittlung des Sachverhaltes sowie die Frage, ob die Verwaltung die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, daß die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe nachvollziehbar ist.

Die Entscheidung des Beklagten ist danach rechtmäßig. Im angefochtenen Beschluss ist ausdrücklich die angewandte Prüfmethode, nämlich die statistische Vergleichsprüfung genannt. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, daß das Verfahren des Beklagten bei der zusammenführung und Gewichtung der Durchschnittswerte der Primär- und Ersatzkassen im Quartal II/1933 nicht zu beanstanden ist. Der Beklagte hat auch zu Recht für das Quartal II/1993 die Vergleichsgruppe der HNO-Ärzte herangezogen, die nicht beteiligte oder ermächtigte Krankenhausärzte waren. Ab dem Quartal III/1993, ab dem eine weitere Differenzierung erfolgte und nunmehr 7 Untergruppen zur Verfügung standen, ist der Kläger zutreffend in die Gruppe 2 der Vertragsärzte mit Sonographien und/oder Röntgenleistungen eingruppiert worden. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, daß der Kläger Röntgenleistungen erbringt. Die Voraussetzungen der Untergruppen 3 (Verträgsärzte mit ambulantem Operieren in einer Häufigkeit von mehr als 2 je 100 Behandlungsfällen) und 5 (Vertragsärzte, die überwiegend allergologisch tätig sind) erfüllt der Kläger unstreitig nicht. Maßgeblich für die Zuordnung zu einer Arztgruppe ist grundsätzlich, für welches Fachgebiet der Vertragsarzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sofern die Vergleichsgruppe hinreichend groß und in sich homogen ist (BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 -, ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Urteile vom 24.04.1996 - L 11 Ka 82/95 - und vom 26.06.1996 - L 11 Ka 57/96 -). Beides trifft hier zu. Ausreichende Größe und Homogenität sind aus der Häufigkeitsstatistik ersichtlich. Der Kläger hatte keinen Anspruch darauf, nur mit denjenigen Ärzten verglichen zu werden, die über die gleichen Zusatzbezeichnungen verfügen wie er selbst. Die Notwendigkeit der Bildung engerer Vergleichsgruppen ist allenfalls dann begründet, wenn sich die Praxisstruktur im Einzelfall sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung des Patientenklientels als auch des ärztlichen Diagnose- und Behandlungsspektrums so weit von der Typik der Vergleichsgruppe entfernt hat, daß der Versorgungsauftrag nicht mehr umfassend wahrgenommen wird (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 -). Wie sich aus der Frequenztabelle ergibt, erbringt der Kläger aber das gesamte hno-ärztliche Leistungsspektrum und beschränkt sich nicht ausschließlich auf einen bestimmten umgrenzten Leistungsbereich. Der Beklagte hat im übrigen ab dem Quartal II/1993 einen anwenderbezogenen Vergleich durchgeführt, bei dem der Kläger nur mit solchen Hals-, Nasen- und Ohrenärzten verglichen wurde, die auch die bei ihm gekürzten Leistungen erbracht haben. Damit ist bereits eine "individualisierte" Vergleichsgruppe zugrundegelegt worden.

Der Beklagte hat erkennbar die Gesamtfallwerte in seine Überlegungen miteinbezogen. Die Einbeziehung der Gesamtfallwerte dient dazu, die Prüfgremien anzuhalten, sich mit dem gesamten Behandlungsverhalten auseinanderzusetzen, um so den Gesichtspunkt der "Gesamtwirtschaftlichkeit" nicht aus den Augen zu verlieren (vgl. BSG SozR 2200 § 368n RVO Nrn. 27 und 48). Der Beklagte hat die Überschreitungen von 85,5% (II/1993), 42,2% (III/1993), 44 % (III/1994), 42% (IV/1944), 63% (I/1995) in seinem Bescheid dokumentiert und berücksichtigt.

Praxisbesonderheiten hat der Beklagte in gebotenem Umfang berücksichtigt. Als untypische, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende Umstände hat der Beklagte bereits anerkannt die geringen Notdienst-/Vertreterfälle in den Quartalen II/1993 und III/1993 sowie die ambulanten Operationen in allen streitigen Quartalen. Er hat diese Besonderheiten quantifiziert und die Überschreitungen entsprechend gekürzt.

Die Anerkennung weiterer Praxisbesonderheiten hat der Beklagte zu Recht abgelehnt. Insbesondere können aus der Frequenztabelle keine Besonderheiten hergeleitet werden. Praxisbesonderheiten sind nur solche Umstände, die aus der Patientenstruktur herrühren und nicht arztbezogen sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 27; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteile vom 24.04.1996 - L 11 Ka 82/95 - und vom 12.06.1996 - L 11 Ka 42/95 -). Inwiefern die Orientierung am Behandlungsbedarf der Patienten durch die Einführung der Versichertenkarte in Frage gestellt worden sein soll, ist nicht ersichtlich. Allein aus der überdurchschnittlichen Abrechnungsfrequenz einzelner Ziffern kann weder auf ein spezifisches Qualitätsmerkmal noch auf eine Praxisbesonderheit geschlossen werden. Die Aussagekraft einer Anwendungsfrequenztabelle ist schon deshalb begrenzt, weil die eigenen Angaben des Arztes die unwirtschaftliche Behandlungsweise verdecken können (vgl. BSG SozR 2200 § 368n RVO Nr. 31; SozR 3-2500 § 106 Nr. 33; Senats urteil vom 24.04.1996 - L 11 Ka 2/95 -). Zusatzbezeichnungen stellen ebenso wie eine besondere apparative Ausstattung grundsätzlich keine Praxisbesonderheit dar, weil es sich nicht um aus der Morbiditätsstruktur herrührende Umstände handelt (vgl. Senats urteil vom 24.04.1996 - L 11 Ka 82/95 -). An dieser Beurteilung ändert auch die Zuweisung von Zusatzbudgets nichts. Darin liegt schon deswegen keine von der Typik der Arztgruppe abweichende Besonderheit, weil alle Ärzte der Vergleichsgruppe bei entsprechender Leistungserbringung das Zusatzbudget erhalten. Die Frage der Honorierung einer Leistung ist unabhängig von der Frage der wirtschaftlichen Behandlungsweise zu sehen. Zwar ist es möglich, daß sich die Patientenstruktur und damit der jeweilige Behandlungsbedarf infolge der Spezialisierung oder der Erlangung von Zusatzqalifikationen ändert und in eine rechtserhebliche Praxisbesonderheit einmündet. Diese liegt dann aber allein in einem atypischen Behandlungsbedarf des Patientenklientels. Der Vortrag des Klägers, er betreue überdurchnittlich viele allergologische Problempatienten sowie Patienten mit Sprach- oder Stimmstörungen, ist nicht in der erforderlichen Weise quantifiziert. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, daß Allergien, Stimm- und Sprachstörungen sowie Hörstürze von allen Hals-, Nasen- und Ohrenärzten behandelt werden. Der Kläger hat seiner Darlegungs- und Beweislast nicht dadurch genügt, daß er die von ihm geschätzten Prozentsätze bestimmter Erkrankungsbilder in seinen Behandlungsfällen angegeben hat. Er hätte vielmehr zahlenmäßig spezifiziert darlegen müssen, wie sein Patientengut sich in der Zusammensetzung von dem der Vergleichsgruppe unterscheidet und wie sich dies konkret auf die gekürzten Leistungssparten auswirkt.

Eine Praxisbesonderheit ergibt sich auch nicht aus einer überdurchschnittlich hohen Zahl an Überweisungen. Hierbei handelt es sich nicht um einen Umstand, der sich aus der Morbiditätsstruktur der Patienten ergibt. Dem Kläger ist durch die Überweisung auch kein bestimmtes Leistungsbild vorgegeben.

Der Umstand, daß der Kläger seine Praxis am Mittwoch bis 18.00 Uhr geöffnet hat, kann lediglich zu einer höheren Fallzahl führen. Ein Zusammenhang mit dem Fallwert ist nicht erkennbar. Eher wäre bei einer hohen Fallzahl ein entsprechend niedrigerer Fallwert zu erwarten.

Ebensowenig wie weitere Praxisbesonderheiten hat der Kläger eine Kausalität zwischen den ambulanten Operationen bzw. den Infusionstherapien und Einsparungen bei den stationären Aufenthalten nachweisen können. Hierzu hätte er vortragen müssen, durch welche vermehrten Leistungen er in welcher Art von Behandlungsfällen aus welchem Grund welche Einsparungen erzielt hat (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 42 m.w.N.). Alle niedergelassenen Ärzte sind verpflichtet, Patienten nur dann zur stationären Behandlung einzuweisen, wenn ambulante ärztliche Behandlung zur Erreichung des Behandlungsziels nicht ausreichend ist (§ 39 Abs. 1 SGB V). Der Kläger hätte hier darlegen müssen, durch welche ambulanten ärztlichen Maßnahmen er in Behandlungsfällen, in denen typischerweise die Ärzte mit vergleichbarem Leistungsspektrum Patienten zur stationären Behandlung einweisen, Krankenhausbehandlung vermieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94). Hier kommt hinzu, daß im Bereich der stationären Einweisungen nur in den Quartalen II/1993 und III/1993 ( - 75,3 % und - 25,9%) Unterschreitungen vorlagen, i.ü. aber Überschreitungen ( + 29 %, + 30,50 % und + 100 %). Die Entwicklung der Überschreitungen bei den Sonderleistungen einerseits und den Krankenhauseinweisungen andererseits läßt in den streitigen Quartalen keine Korrelation erkennen. Auch relevante Einsparungen im Bereich der Arzneimittelverordnung lagen in keinem Quartal vor.

Der Beklagte hat schließlich vertretbar die Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis bei etwa 50% gezogen und fehlerfrei sein Kürzungsermessen ausgeübt. Da dem Kläger in allen gekürzten Sparten Überschreitungen im Bereich des offensichtlichen Mißverhältnisses verbleiben, war eine weitere detaillierte Begründung der Kürzungshöhe nicht erforderlich (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 41).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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