L 11 B 35/98 KA

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 KA 59/98 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 B 35/98 KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.05.1998 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe:

Die Beteiligten streiten darum, ob die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Aufsichtsanordnung des Antragsgegners (S 25 KA 60/98 SG Düsseldorf) wiederherzustellen ist.

In der Hauptsache ist die Rechtmäßigkeit der Aufsichtsanordnung vom 28.01.1998 streitig. Hiermit hatte der Antragsgegner § 2 Abs. 2 Satz 2 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Antragstellerin in der von der Vertreterversammlung am 21.05.1997 beschlossenen Fassung beanstandet.

Die Regelung lautet:

Ärztliche Leistungen, die vom einzelnen Vertragsarzt nicht kostendeckend erbracht werden können, müssen von ihm nicht angeboten werden.

Mit der Aufsichtsanordnung verpflichtete der Antragsgegner die Antragstellerin, die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM als nichtig anzusehen, entsprechend aus dem HVM zu streichen und ihre Mitglieder entsprechend zu unterrichten. In den Amtlichen Bekanntmachungen im Rheinischen Ärzteblatt 7/1998 (S. 54) hat die Antragstellerin ihre Mitglieder über den Tenor der Aufsichtsverfügung unterrichtet.

Der beanstandeten Fassung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM ging der Beschluss der Vertreterversammlung vom 30.11.1996 voraus. Danach wurde § 2 Abs. 2 HVM um einen Satz 2 ergänzt, nämlich: "Ärztliche Leistungen, die vom einzelnen Vertragsarzt nicht kostendeckend erbracht werden können, müssen von ihm nicht erbracht werden." Mit Bericht vom 09.12.1996 hat die Antragstellerin dem Antragsgegner diese Fassung vorgelegt. Unter dem 07.01.1997 wiesen die Landesverbände der Krankenkassen, die Bundesknappschaft sowie der VdAK/AEV den Antragsgegner darauf hin, daß sie zu diesem Punkt im Vorfeld nicht informiert worden seien und kein Benehmen hergestellt sei. Mit Erlassen vom 18.12.1996 und 30.01.1997 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, über den Beschluss der Vertreterversammlung zu § 2 HVM zu berichten. Am 30.01.1997 räumte die Antragstellerin ein, daß das Benehmen nicht hergestellt worden sei und sich die Vertreterversammlung mit der Problematik nochmals befassen werden.

Am 21.05.1997 hat die Vertreterversammlung § Abs. 2 Satz 2 HVM sodann in der vom Antragsgegner beanstandeten Fassung beschlossen. Die Änderung ist zum 01.07.1997 in Kraft getreten. Mit Erlaß vom 18.06.1997 wies der Antragsgegner darauf hin, daß diese Regelung rechtswidrig sei und das Benehmen nicht hergestellt worden sein dürfte. Unter dem 03.07.1997 vertrat die Antragstellerin die Auffassung , § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM sei nicht zu beanstanden, da ein Arzt unstreitig nicht sämtliche Leistungen seines Fachgebietes anbieten müsse; das Benehmen sei zunächst nicht hergestellt gewesen, für den Beschluss vom 21.05.1997 seien die Einwendungen der Krankenkassen allerdings berücksichtigt worden. Denn § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM sei dahin geändert worden, daß nunmehr nicht mehr die einzelfallbezogene ärztliche Leistung, sondern das grundsätzlich zu verstehende Angebot gemeint sei. Am 12.09.1997 erging das Beratungsschreiben des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin. Das Benehmen sei weder vor der Beschlussfassung noch nachträglich hergestellt worden. Der Beschluss sei deswegen nichtig. Im übrigen verstoße § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM gegen den Sicherstellungsauftrag und sei rechtswidrig. Am 18.11.1997 teilte die Antragstellerin mit, daß der Vorstand keine Möglichkeit gesehen habe, die "in Zweifel gezogene Vorschrift als nichtig anzusehen". Nunmehr erließ der Antragsgegner unter dem 28.01.1998 die angefochtene Aufsichtsanordnung. Den Sofortvollzug begründete er damit, nur so könne erreicht werden, daß die ärztliche Versorgung weiterhin sichergestellt werde. Ansonsten bestehe die Gefahr, daß Vertragsärzte rechtswidrig Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgrenzen. Die Formulierung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM sei geeignet, Vertragsärzte zu der rechtsirrigen Auffassung zu verleiten, bestimmte vertragsärztliche Leistungen bräuchten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr erbracht zu werden. § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM sei überdies rechtswidrig, weil die Regelung nicht von der Ermächtigungsnorm des § 85 Abs. 4 SGB V gedeckt sei.

Mit dem hiergegen gerichteten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat die Antragstellerin geltend gemacht: Der Antragsgegner habe nicht das nach § 97 Abs. 5 SGG notwendige besondere Interesse an der Aufsichtsverfügung schriftlich begründet. Die Begründung sei formelhaft und genüge nicht den rechtlichen Anforderungen. Die Auffassung des Antragsgegners, § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM sei rechtswidrig, stehe im Widerspruch zur Entscheidung des BSG vom 17.09.1997 - 6 RKa 36/97 -. Danach obliege es der Entscheidung des Arztes, ob und ggf. welche Leistungen er erbringe. Das durch § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorgeschriebene Benehmen beziehe sich nur auf materielle Honorarverteilungsregelungen. Hierzu rechne § 2 HVM nicht.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung gemäß § 97 Abs. 5 Satz 2 SGG wiederherzustellen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Sofortvollzug sei rechtmäßig angeordnet und hinreichend begründet worden. Allein durch den Sofortvollzug könnten ansonsten vollendete oder irreversible Folgen zum Nachteil der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung verhindert werden. Die Auffassung, § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM sei rechtswidrig, widerspreche nicht der Entscheidung des BSG vom 17.09.1997. Das BSG habe hierin vielmehr klargestellt, daß die Bewältigung der Probleme, die durch ein nach Arztgruppen unterschiedliches Abrechnungsverhalten der Vertragsärzte aufgetreten seien, in die Regelungskompetenz der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) falle. Durch § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM werde diese Regelungskompetenz ausgehebelt, denn sie überlasse es allein der Einschätzung des Vertragsarztes, ob und ggf. an wen er bestimmte Leistungen erbringen wolle oder nicht. Das Benehmen sei nicht hergestellt worden. Für eine Differenzierung zwischen materiellen Honorarverteilungsregelungen und solchen, für die kein Benehmen erforderlich sei, finde sich im Gesetz kein Anhalt.

Durch Beschluss vom 27.05.1998 hat das Sozialgericht Düsseldorf den Antrag zurückgewiesen. Nach kursorischer Prüfung habe die Klage keine Aussicht auf Erfolg. § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM könne nicht auf § 85 Abs. 4 SGB V gestützt werden und sei mangels Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Hierdurch würden Grundpflichten des Vertragsarztes geregelt, nämlich welche Leistungen er im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen müsse. Derart grundlegende Fragen könnten jedoch nur vertraglich zwischen den KVen bzw. der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen geregelt werden. Die Herstellung des Benehmens genüge insoweit nicht. Auch materiell sei § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM rechtswidrig. Zwar könne ein Vertragsarzt nicht dazu verpflichtet werden, jede vertragsärztliche Leistung anzubieten. Allerdings seien üblicherweise zum Fachgruppenstandard gehörende Leistungen einschränkungslos Teil der vertragsärztlichen Versorgung. Leistungen, die ein Arzt privat erbringe und für die er eine Abrechnungsgenehmigung der Antragstellerin besitze, seien im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen. Ohne Anordnung des Sofortvollzugs bestehe die Gefahr, daß Ärzte vertragsärztliche Leistungen rechtswidrig und nur aus monetären Gründen aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgrenzen und unmittelbar vom Patienten eine Honorierung verlangen. Schützenwerte Interesse der Vertragsärzte und der Antragstellerin seien nicht zu erkennen.

Mit Beschwerde trägt die Antragstellerin vor: Das Sozialgericht hätte den Beschluss nur mit der gesamten Kammer als Spruchkörper und nicht durch die Vorsitzende allein treffen können. Der Beschluss verkenne überdies, daß § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM lediglich die im Bundesmantelvertrag geregelte Behandlungspflicht konkretisiere. Das sei von der Rechtsprechung auch in anderen Fällen anerkannt worden. Hiernach dürfe der Vertragsarzt grundsätzlich entscheiden, welche diagnostischen und therapeutischen Verfahren er anbiete. Das spezielle öffentliche Interesse am Sofortvollzug sei nicht erkennbar.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss vom 27.05.1998 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 28.01.1998 wieder herzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der zuständige Spruchkörper des SG Düsseldorf habe zutreffend nur durch die Vorsitzende entschieden. Im übrigen entspreche die Entscheidung des Gericht der Sach- und Rechtslage.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Anordnung des Sofortvollzugs der Aufsichtsanordnung ist rechtmäßig. Zutreffend hat das Sozialgericht den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgewiesen.

Die Aufsichtsanordnung beruht auf § 78 Abs. 3 SGB V i.V.m. § 89 Abs. 1 SGB IV. Hiernach erstreckt sich die Aufsicht auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht. Die Antragstellerin hat das Recht verletzt (§ 89 Abs. 1 SGB IV). § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM in der Fassung vom 21.05.1997 ist rechtswidrig.

a) Die Vertreterversammlung der Antragstellerin ist nicht befugt, eine derartige Regelung im HVM zu beschließen.

b) Die Vorschrift ist materiellinhaltlich rechtswidrig. Es ist unzulässig, einem Vertragsarzt generell die Möglichkeit einzuräumen, nach eigener Entscheidung allein aus monetären Gründen vertragsärztliche Leistungen nicht zu erbringen.

c) Ob die Vorschrift nichtig ist, weil das Benehmen nicht hergestellt worden ist, kann dahinstehen.

zu a) Es fehlt an einer Ermächtigungsgrundlage. Wegen Verstoßes gegen höherrangigen Rechts ist die Vorschrift nicht wirksam zustandegekommen.

aa) Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte. Sie wendet nach Satz 2 der Vorschrift den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung sind nach Satz 3 Art und Umfang der Leistungen des Vertragsarztes zugrundezulegen. Ziel der Vorschrift ist eine gleichmäßige Honorierung ärztlicher Leistungen. Welche anderen Zwecke eine KV im Rahmen ihres insoweit bestehenden Gestaltungsermessens mit der Verteilung der Gesamtvergütung verfolgen darf, ist nicht abschließend entschieden. Neben der Befugnis, durch Honorarbegrenzungsmaßnahmen wie Kürzungen, Abstaffelungen u.a. eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes zu verhüten, hat es das BSG in mehreren Entscheidung als zulässig angesehen, die auf gesamtvertraglicher Ebene in den Vergütungsbeziehungen zwischen KV und Krankenkassen getroffenen strukturellen Entscheidungen zur Vergütung, insbesondere dort vereinbarten Leistungsmengenbegrenzungen, über die Honoraverteilung in geeigneter Weise an die betroffenen Ärzte weiterzugeben. Ob außerdem noch andersgeartete Zielsetzungen, etwa eine Verhinderung überproportionaler Einkommenssteigerungen bei bestimmten Leistungsarten oder gar generelle Maßnahmen der Einkommensentwicklung mit der Absicht, möglichst vielen Vertragsärzten einen angemessenen Anteil an der Gesamtvergütung zu sichern, erlaubt sind und wo die Grenzen des der KV als HVM-Normgeberin zustehenden Gestaltungsermessens zu ziehen sind, blieb in der Entscheidung des BSG vom 29.09.1993 - 6 RKa 65/91 - (SozR 3-2500 § 85 Nr. 4) offen.

bb) Selbst wenn generelle Maßnahmen der Einkommenslenkung als noch von § 85 Abs. 4 SGB V gedeckt angesehen werden, würde § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die beanstandete Regelung findet in § 85 Abs. 4 SGB V weder nach Wortlaut noch nach Zielrichtung eine Grundlage. Die dem Vertragsarzt hierdurch eingeräumte Befugnis, von ihm nicht kostendeckend zu erbringende Leistungen nicht anbieten zu müssen, knüpft an die individuelle Einkommenssituation an. Ausgehend hiervon könnte jeder Vertragsarzt allein aus monetären Gründen und aufgrund einer individuellen, nicht objektivierbaren und nicht nachprüfbaren Entscheidung in jedem Einzelfall bestimmen, ob er die Leistung anbieten und erbringen will. Mit der Verteilung der Gesamtvergütung steht dies ersichtlich in keinerlei Zusammenhang. Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, daß die beanstandete Vorschrift den Umfang der Grundpflichten des Vertragsarztes regelt. Kann nämlich der einzelne Vertragsarzt allein aus monetären Gründen entscheiden, welche Leistungen er anbietet, legt er den Umfang der vertragsärztlichen Leistungen fest, indem er bestimmt, welche Leistungen von ihm im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden. Das Sozialgericht hat hierzu ausgeführt, derart grundlegende Fragen der vertragsärztlichen Versorgung seien nach §§ 72 Abs. 2, 82 Abs. 1 SGB V zwischen den Kassenärztlichen Vereinigung bzw. der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Verbänden der Krankenkassen bzw. Spitzenverbänden der Krankenkassen vertraglich zu regeln; so hätten die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen denn auch in §§ 2,3 BMV-Ä bzw. § 2 EKV geregelt, was zum Umfang der vertragsärztlichen Versorgung gehört, welche Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden und in welchen Ausnahmefällen ein Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung fordern kann (§ 18 BMV-Ä, § 21 EKV). Der Senat tritt dem bei. Das BSG hat im übrigen am 24.08.1994 - 6 RKa 15/93 - (SozR 3-2500 § 85 Nr. 7) zu § 85 Abs. 4 SGB V a.F. entschieden, daß die Einkommenssituation des abrechnenden Arztes nicht über eine HVM-Regelung berücksichtigt werden darf. Das von der Antragstellerin zitierte Senatsurteil vom 18.03.1998 - L 11 Ka 131/97 - steht dem nicht entgegen. Der Senat nimmt in entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die den Beteiligten mitgeteilten Gründen der Nichtabhilfeentscheidung des Sozialgerichts vom 05.08.1998.

zu b) Ob das Fehlen der Rechtsgrundlage allein den angeordneten Sofortvollzug rechtfertigt, kann dahingestellt bleiben. Die Regelung des § 2 Satz 2 Satz 2 HVM ist auch materiell rechtswidrig und gefährdet in ihrer Anwendung die Sicherstellung der Versorgung. Denn sie beansprucht nach ihrem Inhalt Geltung für alle ärztlichen Leistungen ohne Differenzierung.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats und des BSG kann weder aus § 72 Abs. 2 SGB V (angemessene Vergütung) noch aus sonstigen Normen ein Anspruch des Vertragsarztes auf Vergütung in bestimmter Höhe der von ihm erbrachten Leistungen hergeleitet werden. Aus der mangelnden Rentabilität einer einzelnen Arztpraxis oder eines Behandlungsbereichs lassen sich keine Rückschlüsse auf die generelle Angemessenheit der Honorierung ziehen. Die Rentabilität der Leistungserbringung wird von zahlreichen Faktoren, wie der Organisation der Praxis, den Anschaffungskosten und dem Auslastungsgrad der verwendeten Geräte sowie der Arbeitsweise und den individuellen Fähigkeiten des jeweiligen Arztes beeinflußt, die kaum hinreichend zu objektivieren sind (BSG vom 07.02.1996 - 6 RKa 6/95 - in SozR 3 - 5533 Nr. 763 BMÄ Nr. 1; hierzu im einzelnen Fiedler in VSSR 5/1995, 360,361; Schilling in Berliner Ärzteblatt 1998, 67: Gewinnstrategien taugen nichts für die Arztpraxis; a.A. Maaß in NZS 1998, 13 ff; Senatsurteile vom 18.05.1998 - L 11 KA 22/98 - und vom 09.03.1998 - L 11 Ka 161/97 -). Die Rentabilität der Praxis zählt zum Berufsrisiko des freiberuflich tätigen Vertragsarztes (BSG SozR 5530 Allg. Nr. 1; BSG vom 12.10.1994 - 6 RKa 5/94 -). Deswegen trägt auch der Vertragsarzt allein die Verantwortung für die Kostenstruktur seiner Praxis und seiner unternehmerischen Entscheidungen).

Daraus folgt:

(1) Das Sozialgericht hat bereits zutreffend dargelegt, daß üblicherweise zum Fachgruppenstandard und zum Kernbereich einer Vertragsarztpraxis gehörende Leistungen Inhalt der vertragsärztlichen Versorgung sind und vom Vertragsarzt als Sachleistung angeboten werden müssen - unbeschadet der Frage, welche im Einzelfall dazu gehören. Ausnahmen von der Verpflichtung, dem Fachgruppenstandard zuzurechnende Leistungen anbieten zu müssen könnten allenfalls quantitativ in Betracht kommen, z.B. wenn der Vertragsarzt infolge übermäßiger Ausdehnung der Tätigkeit (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V) einer Kürzung nach § 7 HVM der Antragstellerin unterworfen wird. Hierzu hat der Senat mehrfach entschieden, daß der Vertragsarzt dann seine Leistungen einschränken darf und ggf. muß (vgl. nur Senatsurteile vom 29.04.1994 - L 11 Ka 127/92 - und vom 19.02.1997 - L 11 Ka 175/96 - zu Laborärzten; Senatsurteil vom 10.1.1996 - L 11 Ka 2/95 - zu Kinderkardiologen). Soweit der Senat in den Urteilen vom 18.12.1996 (z.B. Az. L 11 Ka 201/95, L 11 Ka 21/96) im Zusammenhang mit der Frage, ob die Budgetierung des § 85 Abs. 3a SGB V durch den HVM der KZV Nordrhein rechtmäßig umgesetzt worden ist, ausgeführt hat, jeder Kassenärztlichen Vereinigung Vertrags(zahn)arzt sei grundsätzlich berechtigt, die ihm geeignet erscheinenden Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anzuwenden, ergibt sich nichts anderes. Ersichtlich hat der Senat diese Aussage allein im Zusammenhang damit getroffen, daß es jedem Vertragszahnarzt trotz Kontingentierung möglich sein muß, seine Patienten durchgehend zu behandeln: denn er muß seine bisherigen Behandlungsmethoden und den jeweiligen Behandlungsumfang nötigenfalls kritisch darauf überprüfen, ob alle Leistungen wirtschaftlich sind. Auch aus der Entscheidung des BSG vom 17.09.1997 - 6 RKa 36/97 - läßt sich nicht herleiten, daß der einzelne Vertragsarzt befugt ist, aus monetären Gründen zum Fachgruppenstandard gehörende Leistungen nicht anzubieten. Das hat das Sozialgericht bereits dargelegt. Auch das Bundessozialgericht hat die Ausrichtung der Leistungserbringung in jedem einzelnen Behandlungsfall allein an den objektiven Maßstäben der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit für zulässig und monetäre Gesichtspunkte für "regelmäßig unbeachtlich" gehalten (Seite 14 des Urteils). Dieses Angebot von Standardleistungen aus dem Kernbereich des Fachgebietes gehört nach Auffassung des Senats zu den Grundpflichten des Vertragsarztes, nämlich nicht nur seiner Berechtigung, sondern Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung aus § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Erfüllung des Sicherstellungsauftrages seiner KV aus §§ 75 Abs. 1, 73 Abs. 2 SGB V. Sollte ein Vertragsarzt dazu persönlich, organisatorisch, kalkulatorisch, betriebswirtschaftlich usw. nicht in der Lage sein, diese dem Kernbereich des Fachgebietes zuzuordnenden Leistungen Leistungen kostendeckend in seiner Praxis als Sachleistung anzubieten und zu erbringen, ist er als Vertragsarzt nicht geeignet. Denn die Zulassung als Vertragsarzt erfolgt zum Zwecke der selbständigen Ausübung eines freien Berufs.

(2) Andererseits ist der Vertragsarzt nicht gehalten, alle im Rahmen seines Fachgebietes zulässigerweise erbringbaren, im EBM als abrechnungsfähig bezeichneten Leistungen in seiner Praxis vorzuhalten, um sie im Einzelfall bei medizinischer Indikation einsetzen zu können (BSG vom 17.09.1997, a.a.O., Seite 15 des Urteils). Dies gilt selbstverständlich für den großen Bereich von Leistungen, die besondere Fähigkeiten, Spezialisierungen, Einrichtungen oder apparative Ausstattungen verlangen, erst recht, wenn der Arzt persönlich nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügt oder unwirtschaftliche Investitionen sich für seine Praxis nicht rentieren.

Deswegen erscheint die streitige Aussage in § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM vordergründig selbstverständlich.

Der Senat unterstellt der Vertreterversammlung der Antragstellerin aber nicht, solche Gemeinplätze in § 2 Satz 2 Satz 2 HVM "geregelt" haben zu wollen, vielmehr zeigt gerade die Ernsthaftigkeit der Beibehaltung die ihr zugewiesene Bedeutung. Diese liegt zur Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit dem Antragsgegner in der vermeintlichen Legitimation oder Provokation des Verhaltens einzelner Vertragsärzte und ganzer Fachgebiete, vertragsärztliche Leistungen aus vorgeblichen Honorargründen generell den Versicherten als Sachleistung zu verweigern und - sie nur privatärztlich anzubieten und zu liquidieren oder - den Versicherten zur Kostenerstattung (§ 13 Abs. 2 SGB V in der noch geltenden Fassung) zu veranlassen.

Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegte Schriftwechsel belegt diese Intention. Solche Verhaltensweisen sind für Vertragsärzte rechtswidrig und pflichtwidrig.

bb) Daß das System der gesetzlichen Krankenversicherung dadurch unterlaufen wird, liegt auf der Hand. Nach § 18 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Ärzte-ZV wird der Vertragsarzt für einen bestimmten Vertragsarztsitz und mit einer Arztbezeichnung zugelassen. Mit der Zulassung wird der Vertragsarzt am umfassenden System der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligt, das beitragsfinanziert existiert und größere wirtschaftliche Sicherheit vermittelt als ein freies Konkurrenzsystem (BVerfGE, 70, 1, 30 f. zu Heil- und Hilfsmittelberufen; BVerfGE 68, 193, 221 zu Zahntechnikern). Hierdurch wird der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht nur berechtigt; gleichermaßen wird er hierzu verpflichtet (§ 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V), um den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung (§§ 72 Abs. 2, 73 Abs. 2 und 75 Abs. 1 SGB V) zu erfüllen. Der Senat hat schon mehrfach ausgesprochen, daß Vertragsärzte als Beteiligte an diesem fein ausdifferenzierten öffentlich-rechtlichen Sicherungssystem verstärkt Maßnahmen des Gesetzgebers, die auf die Sicherung eben dieses Systems hinwirken, hinzunehmen haben (z.B. Senatsurteile vom 21.02.1996 - L 11 Ka 108/95 - und vom 09.03.1998 - L 11 Ka 160/97 -). So liegt es auch hier. Ist der Vertragsarzt mit einzelnen Elementen des auch ihn finanziell sichernden Systems unzufrieden, bleibt es ihm unbenommen, auf seine Zulassung zu verzichten (§ 95 Abs. 7 SGB V) oder sich hiergegen in rechtlich zulässiger Weise zu wenden. Demgemäß mag er gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und/oder versuchen, über seine Vertreter in der Vertreterversammlung der KV bzw. über Berufsverbände auf eine ihn begünstigende Regelung hinzuwirken. Gelingt dies aus seiner Sicht nicht oder nur unzureichend und versucht er dann mittels Abdingung vertragsärztliche Leistungen privat zu liquidieren oder im Wege der Kostenerstattung abzurechnen, wird die Situation des Patienten willkürlich und rechtswidrig ausgenutzt. Dem einzelnen Vertragsarzt ist es schlechthin untersagt, vertragsärztliche Leistungen aus monetären Gründen aus der gesetzlichen Krankenversicherung als Sachleistung auszugliedern, um sie nunmehr gegenüber gesetzlich Versicherten privat anzubieten und zu erbringen. Bietet er die entsprechende Leistung privat an, so belegt er, daß er aus seiner Sicht über entsprechende Fähigkeiten und Einrichtungen verfügt, um die Leistung auch im System der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen. Infolge der ihn bindenden gesetzlichen und vertraglichen Regelungen ist er verpflichtet, an der Erfüllung des Sicherstellungsauftrags mitzuwirken. Er muß diese Leistungen dann im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung als Sachleistung anbieten. Die Regelung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BMV-Ä steht dem nicht entgegen. Hiernach darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung (nur) fordern, wenn und soweit der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden, und dieses dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt. Diese Vorschrift setzt voraus, daß der Vertragsarzt die Behandlung als Sachleistung anbietet und als solche bereit ist zu erbringen. Entscheidet sich der Versicherte dann autonom und nicht auf Drängen oder mittels Einflußnahme des Vertragsarztes z.B. auch durch Anbieten eines zeitnahen Termins zur ambulanten Operation dazu, die ärztliche Behandlung auf eigen Kosten durchführen zu lassen, liegt ein Fall des § 18 BMV-Ä vor. Diese Abdingung wäre rechtmäßig. Darum geht es der strittigen HVM-Regelung indessen ersichtlich nicht. Denn hiernach wird der einzelne Vertragsarzt berechtigt, die vertragsärztliche Leistung schon nicht als Sachleistung anzubieten, im Ergebnis damit auszugliedern und nunmehr auch den gesetzlich Versicherten eine "Abdingung" aufzuzwingen. Eine solche "Abdingung" ist nichtig, denn sie verstößt gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB). Ob die Nichtigkeit auch aus § 138 BGB folgt, weil es sich um ein sittenwidriges Rechtsgeschäft handelt, indem der Vertragsarzt die Zwangslage des Patienten ausbeutet, kann im Einzelfall hinzukommen. Zutreffend hat das BSG im übrigen im Urteil vom 14.05.1997 - 6 Ra 25/96 - (S. 13) ausgeführt, im Bereich des Gesundheitswesens könne nicht ernsthaft vermutet werden, daß die Nachfragesteuerung durch den mündigen Bürger in einem marktwirtschaftlichen System hinreichende Qualität garantierte. Demgemäß kann gleichermaßen nicht ernsthaft erwogen werden, der Patient könne autonom und gleichrangig mit dem Arzt die Vertragsbedingungen aushandeln, wenn z.B. eine dringende Operation durchgeführt werden muß. Im Regierungs-/Fraktionsentwurf für das GRG vom 29.04.1988 bzw. 03.05.1988 (BR-Drucks. 200/88 bzw. BT-Drucks. 11/2237) ist dies zutreffend wie folgt beschrieben: "Konsumentensouveränität - eine elementare Voraussetzung für einen funktionierenden Marktmechanismus - ist in weiten Bereichen der gesundheitlichen Versorgung nicht voll erreichbar."

cc) Ob die Voraussetzungen für die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V vorliegen, braucht in diesem Zusammenhang nicht geprüft zu werden. Die Vorschrift betrifft nur das Verhältnis zwischen dem Versicherten und seiner Krankenkasse und gibt dem Vertragsarzt kein Recht, als Sachleistung zu erbringende ärztliche Leistungen zu verweigern und den Patienten in die Kostenerstattung "zu zwingen". Ein solches Verhalten wäre rechtswidrig und müßte disziplinarrechtlich geahndet werden bzw. bei fortwährenden Verstößen zum Zulassungsentzug führen.

dd) Die KVen sind nicht generell verpflichtet, den mit einer Punktwertminderung einhergenden Honorarrückgängen durch Anhebung des Punktwertes für einzelne Arztgruppen oder durch die Leistung von Ausgleichszahlungen entgegenzutreten. Dagegen spricht bereits, daß dies ein - weiteres - Herabsinken des Punktwertes bei den übrigen Arztgruppen nach sich zöge mit der Folge, daß diese wiederum Ansprüche auf Vergütung nach einem höheren Punktwert geltend machen könnten (so BSG vom 12.10.1994 - 6 RKa 5/94 - SozR 3 2500 § 71 Nr. 5). Unter welchen Voraussetzungen eine Ausnahme hiervon zu machen ist, wenn ohne die Leistung von Ausgleichszahlungen oder die Anhebung des Punktwertes bei einer Arztgruppe die Versorgung der Versicherten in einem Teilbereich der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet wäre, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die beanstandete Regelung will - völlig undifferenziert - jedem Vertragsarzt die Möglichkeit einräumen, individuell nicht kostendeckende Leistungen nicht anbieten zu müssen. Daß die Vertragsärzteschaft insgesamt ein unzureichendes, nämlich nicht kostendeckendes Honorar erzielt, hat die Antragstellerin nicht behauptet. Eine solche Behauptung wäre auch abwegig. Aus den Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung der KBV (1997) folgt, daß die Vertragsärzteschaft im Jahresdurchschnitt 1993 - 1995 Überschuß von 185.800 DM erzielt hat.

Nötigenfalls wird die Antragstellerin objektiv unzureichende Vergütungsstrukturen mittels entsprechender HVM-Regelungen verbessern müssen. Ist dies aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht möglich, wird sie aufgrund des ihr übertragenen Sicherstellungsauftrags gezwungen sein, auf Ermächtigungen von Krankenhausärzten hinzuwirken, um einem Versorgungsdefizit entgegenzutreten (vgl. Senatsurteil vom 03.12.1997 - L 11 Ka 16/97 -). Der Senat hat im übrigen schon mehrfach darauf hingewiesen, daß das Vertragsarztrecht (Leistungserbringerrecht) dienende Funktion hat und sicherstellen soll, daß die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung mit ärztlichen Leistungen versorgt werden; es ist kein Selbstzweck und nicht dazu geschaffen worden, ein angemessenes ärztliches Einkommen zu sichern (vgl. Senatsurteil vom 09.03.1998 - L 11 Ka 161/97 -).

zu c) Die Herstellung des Benehmens gem. § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V erfordert, daß die Kassenärztliche Vereinigung die betroffenen Krankenkassenverbände über die anstehenden Änderungen des HVM informiert, diesen die Möglichkeit der Stellungnahme gibt, um sodann erhobene Einwände oder Bedenken vor der Beschlussfassung über den HVM zur Kenntnis zu nehmen oder ggf. zu berücksichtigen (BSG vom 24.08.1994 - 6 RKa 15/93 -; BSG vom 07.02.1996 - 6 RKa 68/94 - und 6 RKa 83/95; vgl. auch BSG vom 14.05.1992 - 6 RKa 41/91 - SozR 3.2500 § 122 SGB V Nr. 3). Die Herstellung des Benehmens setzt außer der Information über das Sachproblem sowie der Abgabe und Entgegennahme der Stellungnahme des Beteiligten stets zugleich eine Fühlungnahme voraus, die von dem Willen des Entscheidenden getragen ist, auch die Belange der anderen Seite zu berücksichtigen und sich mit ihr zu verständigen. Erhebliche Einwände oder Bedenken des Beteiligten dürfen nicht achtlos übergangen werden; aufgetretene Differenzen sind nach Möglichkeit in beiderseitigem Zusammenwirken, u.U. sogar nach gemeinsamer Beratung zu bereinigen (BSGE 29, 111, 113 = SozR Nr. 12 zu § 368 f RVO; BSG vom 24.08.1994 - 6 RKa 15/93 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 7 ; vgl. auch BSG vom 14.05.1992 - 6 RKa 41/91 -). Als derart spezifische Form eines Zusammenwirkens hat das Benehmen schon bei der zu treffenden Sachentscheidung vorzuliegen, d.h. seine bestimmenden Merkmale - Informierung, Abgabe und Entgegennahme der Äußerung, ggf. Bemühung um Konsens - müssen als äußere Akte prinzipiell bereits vor der entsprechenden Beschlussfassung der Vertreterversammlung erfolgen, soll § 85 Abs. 4 S 2 SGB V nicht verletzt werden. Die Krankenkassenverbände müssen dem HVM mithin nicht zustimmen, sie müssen ihn aber vor der Verabschiedung kennen (vgl. Wiegand in GKV-Komm. zu § 85 SGB V Rdn. 35).

Zutreffend hat die Antragstellerin erkannt, daß jedenfalls für § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM in der Fassung vom 30.11.1996 das Benehmen nicht hergestellt war (Schreiben vom 30.01.1997). Soweit es um den inhaltlich nur in Nuancen abgeänderten Beschluss vom 21.05.1997 geht, meint die Antragstellerin, das Benehmen sei hergestellt worden; demgegenüber vertritt der Antragsgegner die gegenteilige Auffassung und hat seine Aufsichtsanordnung vornehmlich auch hierauf gestützt. Den Krankenkassenverbänden ging es darum, daß die Vertreterversammlung § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM in der Fassung vom 30.11.1996 aufhebt. Mit Schreiben vom 17.04.1997 hat die Antragstellerin zumindest den Eindruck vermittelt, § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM würde in der Sitzung vom 21.05.1997 gestrichen. Hierzu war das Benehmen hergestellt, wie aus dem Schreiben der AOK Rheinland vom 16.05.1997 folgt. Da die Benehmensherstellung einem Einverständnis nicht gleichzusetzen ist, könnte dies mit der Folge ausreichen, daß die Vertreterversammlung der Antragstellerin nunmehr am 21.05.1997, zwar unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Krankenkassen, aber dennoch inhaltlich völlig frei entscheiden konnte. Damit ist über die Rechtsfrage zu entscheiden, ob das Benehmen hergestellt ist, wenn dieses sich auf die Regelung X bezieht, indessen die Vertreterversammlung nunmehr die diametral entgegenstehende Regelung Y beschließt. Nicht zu verkennen ist, daß mittels einer derartigen Verfahrensweise die Benehmensherstellung jederzeit unterlaufen werden kann und zu einem rein formalen Akt degradiert wird. Überdies wird der mit der Regelung des § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V verfolgte Zweck, den beteiligten Krankenkassenverbänden eine sachangemessene Einflußnahme auf den HVM zu ermöglichen (hierzu BSG SozR 3.2500 § 85 Nr. 7 und BSG vom 07.02.1996 - 6 RKa 83/95 - zur nachträglichen Benehmensherstellung) verfehlt, wenn diese keine Möglichkeiten hatten, zu dem konkreten Beschluss Stellung zu nehmen. Daß der entgegengesetzte Beschluss "auch die Belange der anderen Seite berücksichtigt" und von einem Willen zur Verständigung getragen wird, bzw. in einem solchen Fall auch nur der Versuch unternommen worden ist, aufgetretene Differenzen nach Möglichkeit in beiderseitigem Zusammenwirken zu bereinigen, erscheint ohnehin schwerlich vorstellbar. Dies spricht dafür, daß sich die Benehmensherstellung auf die konkrete Fassung der verabschiedeten HVM-Regelung beziehen muß. Nur hierdurch wird sichergestellt, daß das Verfahren auf Herstellung des Benehmens den zuvor aufgezeigten Anforderungen im Sinn eines koorperativen Verhaltens von Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkassen genügt. Die Vertreterversammlung wird hierdurch nicht gebunden; ihre Entscheidungsautonomie bleibt gewahrt. Trotz des vorangegangenen Verfahrens auf Herstellung des Benehmens, kann sie einen gegenteiligten Beschluss fassen. Hierzu bedarf es dann allerdings einer nachträglichen Benehmensherstellung. Gelingt dies nicht, trägt die Vertreterversammlung das Risiko, daß der Beschluss nichtig ist (zur Nichtigkeit: BSGE 29, 111, 114 m.w.N. und BSG vom 24.08.1996 - 6 RKa 15/93 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 7). Will sie dem aus dem Weg gehen, bleibt es ihr unbenommen, die Beschlussfassung zu vertagen, sodann das Verfahren auf Benehmensherstellung einzuleiten, um anschließend in einer neuen Sitzung den von ihr gewünschten Beschluss unter Berücksichtigung der Einwände der Krankenkassen dennoch zu fassen. Der Senat neigt nach derzeitigem Erkenntnisstand dazu, letztgenannter Lösung den Vorzug zu geben. Im Rahmen der kursorischen Prüfung kann dies indessen im Ergebnis offenbleiben, denn der Sofortvollzug der Aufsichtsanordnung erweist sich bereits aus den zu 1 b) genannten Gründen als rechtmäßig.

2.

a) Die Anordnung des Sofortvollzugs gem. § 97 Abs. 1 Nr. 6 SGG ist nicht zu beanstanden. Die sofortige Vollziehung der Aufsichtsanordnung liegt im öffentlichen Interesse. Dieses ist mehr als das für den Erlaß der Aufsichtsanordnung erforderliche Interesse. Notwendig ist ein zusätzliches öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug, so daß die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlaßt des Verwaltungsaktes nicht zu Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ausreichen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 5. Auflage, § 978 Rdn. 9c m.w.N. sowie Zeihe, SGG, §97 Rdn. 13). Sofortvollzug kann angeordnet werden, wenn der Allgemeinheit, aber auch den Interessen einer kleineren Personengesamtheit erhebliche Gefahren oder Nachteile drohen würden (vgl. Zeihe a.a.O.; Senatsbeschluß vom 29.07.1998 - L 11 B 32/98 KA-). Ausgehend hiervon hat das Sozialgericht das vom Antragsgegner auf Seite 9 der Aufsichtsanordnung dargelegte besondere Vollzugsinteresse zutreffend bejaht. Der Senat nimmt insoweit in entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der sozialgerichtlichen Entscheidung Bezug und bemerkt ergänzend: Für das besondere Vollzugsinteresse kann auch von Bedeutung sein, ob der Rechtsbehelf Aussicht auf Erfolg hat oder nicht (Meyer-Ladewig a.a.O. m.w.N.). Vorliegend ist eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache - vorbehaltlich weiterer Darlegungen der Antragstellerin - zu verneinen.

aa) Nach § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV steht es im Ermessen der Aufsichtsbehörde, eine Aufsichtsanordnung zu erlassen. Dies bedeutet, daß für den Verpflichtungsbescheid in vollem Umfang das Opportunitätsprinzip gilt und die Aufsichtsbehörde nur gegen solche Rechtsverletzungen einschreiten muß, die sich zum Nachteil der Bürger auswirken (Hauck/Haines, SGB IV § 89 Rdn. 5). Letzteres ist der Fall. Das Entschließungsermessen ist auf Null reduziert. Denn wäre die Antragstellerin erfolgreich mit ihrem Versuch, dem einzelnen Vertragsarzt generell die Möglichkeit einzuräumen, von ihm nicht kostendeckend zu erbringende Leistungen nicht anzubieten, würde dies zu finanziellen Mehrbelastungen der Patienten führen, ohne daß hierfür ein Rechtsgrund vorhanden wäre. Daß sich diese Gefahr bereits realisiert hat, belegen verschiedene, vor dem Senat anhängig gewesene Streitverfahren, in denen um die Angemessenheit der Vergütung für ambulante Operationen gestritten wurde. Darin haben die dortigen Kläger vorgetragen, sie und eine Reihe ihrer Kollegen würden mit Unterstützung des Bundesverbandes für ambulantes Operieren zur Kostenerstattung oder Abdingung übergehen (hierzu z.B. Senatsurteile vom 09.03.1998 - L 11 Ka 160/97 - und L 11 Ka 161/97). Auch das Schreiben des Vorsitzenden des Bundesverbandes für Ambulantes Operieren e.V. vom 05.08.1997 zeigt, daß das Entschließungsermessen auf Null reduziert ist. Denn zur Begründung der in diesem Schreiben geäußerten rechtsirrigen Ansichten bezieht sich der Vorsitzende dieses Verbandes ausdrücklich auch auf die strittige HVM-Regelung. Bei dieser Sachlage muß die Aufsichtsbehörde einschreiten, weil sie sich nicht einer eigenen Rechtsverletzung schuldig machen.

bb) Die Rechtswidrigkeit der Aufsichtsanordnung ergibt sich nicht aus etwaigen Begründungsfehlern. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben; bei Ermessensentscheidungen müssen die Gesichtspunkte erkennbar sein, von denen die Behörde bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB X). Diesen Anforderungen genügt die Aufsichtsanordnung. Der Antragsgegner hat umfassend dargelegt, daß die strittige Vorschrift mangels Benehmensherstellung nichtig ist. Ausgehend davon, daß sich die vorgängige oder nachträgliche Benehmensherstellung immer auf die konkrete Fassung beziehen muß, treffen diese Erwägungen zu. Im Rahmen der kursorischen Prüfung hat der Senat diese Rechtsfrage aber offen gelassen und statt dessen den Sortvollzug als gerechtfertigt angesehen, weil die inhaltlich rechtswidrige Vorschrift sofort "auszusetzen" ist und nur so ein nicht rückgängig zu machender Schaden von den Patienten abgewendet werden kann. Mit der inhaltlichen Rechtswidrigkeit der HVM-Regelung setzt sich die Aufsichtsanordnung im eigentlichen Begründungsteil (Ziffer II und III) nicht auseinander. Aufhebbar ist die Aufsichtsanordnung dennoch nicht, denn eine andere Entscheidung in der Sache hätte nicht getroffen werden können (§ 42 SGB X). Infolge Ermessensreduzierung auf Null mußte die Aufsichtsbehörde einschreiten. Im übrigen enthält die Aufsichtsanordnung zu Ziffer IV die nach Auffassung des Senats maßgebenden Erwägungen. Der Antragsgegner hat hier dargelegt, daß § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM nicht durch § 85 Abs. 4 SGB V gedeckt wird und die Antragstellerin auch ansonsten keine Kompetenz hat, eine derartige Regelung zu beschließen. Diese Begründung hat der Antragsgegner zwar im Zusammenhang mit der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung gegeben. Sie ist jedoch Inhalt des angefochtenen Bescheides insgesamt und ist daher auch zur Begründung der Verpflichtungsanordnung im übrigen mit heranzuziehen (BSG vom 19.12.1995 - 4 RlW 2/95 - SozR 3-5868 § 85 ALG Nr. 1). Das genügt den Begründungsanforderungen des § 35 SGB X. Denn alle den Sofortvollzug rechtfertigende Umstände sind gleichermaßen solche, die das Entschließungsermessen auf Null verdichten.

b) Zutreffend folgt das besondere Vollzugsinteresse auch daraus, daß die Antragstellerin ihren Sicherstellungsauftrag verletzt, wenn sie ihren Mitgliedern die Möglichkeit einräumt, "nach eigenem Gutdünken und allein aus monetären Gründen" vertragsärztliche Leistungen auszugrenzen und rechtswidrig unmittelbar Honorar von Patienten zu fordern. Insoweit sind die Versicherten vor rechtswidrigen Honorarforderungen zu schützten. Das Schreiben des Vorsitzenden des Bundesverbandes für Ambulantes Operieren e.V. vom 05.08.19978 an den seinerzeitigen Bundesminister Seehofer belegt für den Senat eindrucksvoll, in welchem Umfang Vertragsärzte ihre Pflichten verkennen und versuchen, rechtsirrige Auffassungen rechtswidrig gegenüber Patienten nur aus monetären Gründen durchzusetzen. Die Anordnung des Sofortvollzug ist allein schon gerechtfertigt, um solchen Auswüchsen vorzubeugen. Dies gilt umsomehr, als die Antragstellerin keine Möglichkeiten hat, das Honorar, das ihre Mitglieder rechtswidrig gefordert und erlangt haben, den benachteiligten Patienten wieder zukommen zulassen. Irreparable Folgen auf seiten der Antragstellerin bzw. ihrer Mitglieder sind überdies zu verneinen. Es fehlt schon an vermögenswerten Nachteilen, denn sie werden, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist, hinsichtlich der zu erbringenden und der zu vergütenden Leistungen lediglich auf den Status quo verwiesen und angehalten, ihre den Patienten gegenüber bestehenden Pflichten zu erfüllen.

Die Voraussetzungen des § 97 Abs. 5 Satz 1 SGB V sind erfüllt. Die Antragsgegnerin hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich begründet.

Das BSG hat auf der Grundlage von § 89 SGB IV die von der Aufsichtsbehörde bei der Entscheidung zu beachtenden formellen Kriterien in der Entscheidung vom 20.06.1990 - 1 RR 4/89 (SGb 1991, 141) wie folgt herausgearbeitet (hierzu auch Senatsurteil vom 10.07.1991 - L 11 Ka 21/90 -):

- dem Verpflichtungsbescheid muß als Ausdruck des Bemühens um eine partnerschaftliche Kooperation zwischen Selbstverwaltung und Aufsicht in der Regel eine Beratung vorangehen;

- Inhalt der Beratung ist zum einen die individualiserte Darlegung der Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde und zum anderen eine Empfehlung an die Selbstverwaltungskörperschaft, die Rechtsverletzung zu beheben;

- der Selbstverwaltungskörperschaft muß die Möglichkeit eingeräumt werden, den ggf. abweichenden Rechtsstandpunkt darzulegen;

- die Aufsichtsbehörde muß im Rahmen der Beratung darauf hinwirken, daß die Selbstverwaltungskörperschaft die Rechtsverletzung behebt, indem die hierzu möglichen Maßnahmen aufgezeigt werden;

- ggf. muß das Entschließungsermessen dargelegt werden.

Ausgehend hiervon ist das zur Aufsichtsanordnung führende Verfahren nicht zu beanstanden.

Der Antragsgegner ist seiner Pflicht, sich um partnerschaftliche Kooperation zu bemühen, hinreichend nachgekommen. Er hat der Antragstellerin im Schreiben vom 18.12.1996 um Bericht gebeten, wie § 2 HVM vom 30.11.1996 zu verstehen ist und darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung der Vertragsarzt keinen Anspruch auf ein konkretes Honorar hat. Mit Erlaß vom 30.01.1997 hat der Antragsgegner die Antragstellerin an die Erledigung erinnert. Deren Vertreterversammlung hat sodann am 21.05.1997 § 2 Abs. 2 Satz 2 HVM geändert. Darauf hat der Antragsgegner unter dem 18.06.1997 die nach seiner Ansicht maßgebende Rechtslage nochmals zusammengefaßt und einen Bericht zum 30.06.1997 angefordert. Im Bericht vom 03.07.1997 hat die Antragstellerin an ihrer Rechtsauffassung festgehalten und ihren abweichenden Rechtstandpunkt dargelegt. Das Beratungsschreiben vom 12.09.1997 enthält die individualisierte Darlegung der Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde und die Empfehlung an die Antragstellerin, die Rechtsverletzung bis zum 30.10.1997 zu beheben. Nachdem die Antragstellerin unter dem 18.11.1997 erklärt hatte, sich der Rechtsauffassung des Antragsgegners nicht anschließen zu können, stand fest, daß eine nochmalige mündliche oder schriftliche Beratung entbehrlich war und nur zu zeitlichen Verzögerungen geführt hätte.

Deswegen war es gerechtfertigt, nunmehr die Aufsichtsanordnung vom 28.01.1998 zu erlassen.

Die Beschwerde der Antragstellerin konnte nach alledem keinen Erfolg haben.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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