L 18 U 202/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 U 67/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 202/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 24/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.05.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Unfall vom 21.07.1999 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Der als Kfz-Mechaniker beschäftigte Kläger fuhr am 21.07.1999 in seiner Vesperpause zu einem Getränkemarkt, um Getränke zu holen, die während der Arbeitszeit getrunken werden sollten. Nach dem Durchschreiten einer Glasschiebetür platzte beim Abstellen des Leerguts eine schon vorher dort abgestellte Flasche und verletzte den Kläger am Auge so schwer, dass dieses erblindete.

Die Beklagte lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil der Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentüre des Geschäfts geendet habe (Bescheid vom 26.10.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2000).

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Nürnberg hat der Kläger weiterhin die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall begehrt. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.05.2001 abgewiesen und ist den Bescheiden der Beklagten gefolgt.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und - wie schon vor dem SG - die Auffassung vertreten, er habe beim Abstellen des Leerguts noch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, da er sich noch im Wegebereich befunden habe. Der Bereich, in dem das Leergut abgestellt werde, sei deutlich sichtbar von dem Verkaufsraum abgetrennt gewesen.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.05.2001 und den Bescheid vom 26.10.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 21.07.1999 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.05.2001 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Unfallakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Unfall des Klägers vom 21.07.1999 ist von der Beklagten nicht als Arbeitsunfall zu entschädigen.

Der Kläger hat keinen Arbeitsunfall bei einer versicherten Tätigkeit erlitten (§ 8 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII). Er stand nur bis zum Betreten des Getränkemarkts unter Versicherungsschutz. Zum Zeitpunkt des Unfalls befand er sich nicht auf einem mit einer versicherten Tätigkeit als Kraftfahrzeug-Mechaniker zusammenhängenden unmittelbaren W e g nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII). Zwar steht auch der Weg zur Beschaffung von Getränken oder Lebensmitteln, die während der Arbeit verzehrt werden sollen, unter Versicherungsschutz (BSG HV-Info 1993, 2311). Hierzu gehört auch die Entsorgung von Leergut als eine mit dem Einkauf von Getränken zusammenhängende Nebenverrichtung (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Komm § 8 SGB VII RdNr 7.33.3 für den Fall der Essenseinnahme). Versicherungsschutz besteht aber nicht für den Einkauf (Entsorgung) als solchen, da die Vorschrift des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB VII nur W e g e versichert (Kasseler Komm., Sozialversicherungsrecht Band II Anm 195). Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die zum Versicherungsschutz auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme ergangen ist (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 15 mwN), ist auf den Einkauf von Lebensmitteln entsprechend anzuwenden. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme bestehende Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentüre des Hauses, in dem die Wohnung oder die Gaststätte liegt, endet bzw wieder beginnt. Der Versicherungsschutz erstreckt sich damit nicht auf Unfälle beim Aufenthalt an der zur Einnahme des Essens aufgesuchten Stelle, sei es die eigene Wohnung, eine Gaststätte oder Kantine (aaO). Das BSG weicht von dieser auf objektiven Merkmalen abgestellten Abgrenzung zwischen der privaten und der betrieblichen Sphäre - auch nicht ausnahmsweise - ab. Mit dem Betreten des dem ö f f e n t l i c h e n Verkehrsraum durch die Außentüre erkennbar entzogenen Bereichs gelangt der Versicherte in eine private Sphäre, die er aufsucht, um dort eine Mahlzeit einzunehmen. Sein weiterer Weg innerhalb des Hauses weist einen ebenso intensiven Bezug zum unversicherten privaten Bereich der Essenseinnahme auf, wie der Weg des von seiner versicherten Tätigkeit zurückkehrenden Bewohners eines Mehrfamilienhauses, der von der Außentür des Mehrfamilienhauses bis zu seiner Wohnungstür innerhalb des Gebäudes n i c h t unter Versicherungsschutz steht. Die Außentür eines Gebäudes als Grenze des Versicherungsschutzes dient der klaren Grenzziehung zwischen versichertem und unversichertem Bereich im Interesse der Rechtssicherheit (aaO).

Nichts anderes gilt für den E i n k a u f von Lebensmitteln in einem Gebäude. Auch hier endet der Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes. Nach den Feststellungen des SG handelt es sich bei dem Getränkemarkt um ein geschlossenes Gebäude mit einer Glasschiebetür. Nach Durchschreiten dieser Glasschiebetür kann das Leergut auf der rechten Seite abgestellt werden. Von dort gelangt man durch eine Eingangsklappe in den Verkaufsbereich. In entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des BSG zur Nahrungsaufnahme endete der versicherungsrechtlich geschützte Weg mit dem Durchschreiten der Glasschiebetür des Gebäudes. Der weitere Weg innerhalb des Gebäudes und das Abstellen des Leerguts sind dem öffentlichen Verkehrsraum erkennbar entzogen und stellen daher keinen geschützten Weg iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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